Uncried Tears von Kunoichi ================================================================================ Kapitel 17: Aufbruch -------------------- Vor ein paar Wochen hätte Sasuke nicht mal in seinen kühnsten Träumen zu glauben gewagt, dass er für eine Frau je solche Gefühle entwickeln könnte. Es war langsam und schleichend passiert; mit jedem Tag spürte er es ein wenig mehr, ohne sich dagegen wehren zu können. Die unbekannten Empfindungen brachten ihn durcheinander und er versuchte, sie von sich zu schieben, um weiterhin nur für seine Rache zu leben, doch es half nicht. Dieses neue Gefühl war da und existierte weiterhin neben dem Hass, der ihn dominierte. Es war für Sasuke ganz unmöglich einzuordnen und er konnte es weder zeigen, noch in Worten ausdrücken, fühlte es dabei jedoch ganz deutlich. Er hatte Sakura Schlimmes angetan; bereute es, ihr immer wieder gewährt zu haben, ihn zu begleiten und wollte auch jetzt nicht, dass sie mit ihm in die Schlacht gegen Itachi zog. Sie hatte sich so viel zugemutet, hatte für ihn gelitten und trotzdem nahm er sie mit. Wenn er sie in Suna, wohlbehütet unter Tsunade doch weit weg von ihm, zurückließ, würde er wohl vor Sehnsucht vergehen. Sasuke wollte sie in seiner Nähe haben; brauchte sie bei sich. Ihre Anwesenheit machte ihn nervös und beruhigte ihn zugleich. Es war vor allem der zarte, schwache Körper neben dieser unbeugsamen Willenskraft, was ihm so sehr imponierte. Er liebte es, sie um sich zu haben, liebte sie … Sasuke lag auf dem Rücken, die Arme hinter dem Kopf verschränkt, und starrte an die graue Zimmerdecke. Das fahle Mondlicht warf dünne Streifen durch die Ritzen der Fensterläden. Erst in ein paar Stunden war der Sonnenaufgang zu erwarten, doch bereits jetzt war die ideale Zeit zum aufbrechen gekommen. Je früher sie flohen, umso später würde man ihr Verschwinden bemerken. Dann würde es bereits unmöglich sein, ihnen zu folgen. Sasuke hatte die ganze Nacht kaum geschlafen, denn die Nervosität gegenüber dem Kommenden machte ihm mehr zu schaffen, als er es sich vorgestellt hatte und er hoffte inständig für diesen Tag genügend Kraft gesammelt zu haben. Lautlos richtete der Junge sich auf und ließ den Blick für einen Moment auf Sakuras schlafendem Gesicht ruhen, horchte ihrem leisen, gleichmäßigen Atem und dachte unwillkürlich an den letzten Abend, der so unglaublich schön gewesen war. „Sakura, es wird Zeit“, flüsterte er, fuhr mit der Hand durch ihr Haar und spürte eine leichte Regung des Kopfes, als sie erwachte. Zaghaft öffnete das Mädchen die Augen und lächelte dem Uchiha müde entgegen. „Guten Morgen“, murmelte sie und für einen kurzen Augenblick überkam Sasuke wieder das heftige Bedürfnis sie einfach so, grundlos zu küssen. „Hast du gut geschlafen?“, erkundigte er sich stattdessen und sie setzte sich langsam auf. Die Bettdecke rutschte ihr von den Schultern und er lenkte den Blick schnell auf seine Hände, die vor ihm auf dem Schoss ruhten, so als wären sie furchtbar interessant. „Nie besser“, entgegnete Sakura schmunzelnd und schien über seine plötzliche Verlegenheit höchst amüsiert, „Und du?“ Der Angesprochene antwortete nicht und sie fasste es als Verneinung auf. Immer noch darauf bedacht, dem Anblick ihres nackten Oberkörpers zu widerstehen, hievte er sich aus dem Bett und suchte seine Kleidung zusammen, während sie ihn dabei interessiert beobachtete. Erst als er zum Duschen im Badezimmer verschwand, stand auch Sakura auf und begann mit den Vorbereitungen für ihren Aufbruch. Sasuke hatte in den letzten Tagen das Nötigste für die Reise besorgt und gleichzeitig die Rundgänge mit Kakashi genutzt, um die Gegend zu inspizieren. In der momentanen Kriegslage mit Kumo waren alle Wege ins Dorf, insbesondere der Haupteingang, übertrieben gut bewacht. Ungesehen kam man weder hinein ins Dorf, noch wieder hinaus, außer mit einer schriftlichen Genehmigung der Hokage oder des Kazekage. Ihre einzige Chance bestand westlich über die Felsen, gegenüber des Haupteingangs im Osten, auszubrechen, wo kaum Ninja positioniert waren, da man aus dieser Richtung keine Angriffe erwartete. Der Umweg über die Felsen und außen um das Dorf herum kostete Zeit und Mühe, war jedoch die einzige Möglichkeit zu entkommen. Die Wachen waren gut ausgebildete Jo-Nin, doch Sasuke hatte jedes einzelne Detail im Kopf und wusste genau, wo die Feinde aufgestellt waren. Wenn alles klappte, wie er es sich vorstellte, waren sie noch vor Sonnenaufgang aus dem Dorf verschwunden. Es schien die schwerste Etappe des Weges zu werden… Wenn auch sehr müde, doch gleichzeitig bis aufs Äußerste angespannt, schulterte Sakura eine halbe Stunde später ihren Rucksack, während Sasuke Naruto auf seinen Rücken lud. An der Tür trafen sich ihre Blicke ein letztes Mal. Sie sagten einander auch ohne Worte, wie sehr einer auf den anderen angewiesen war. Dann verließen die beiden ihr Zimmer, huschten durch die unbeleuchteten Gänge und verschwanden lautlos und schattengleich aus dem Gebäude, als wären sie niemals da gewesen. Alles schien wie an dem Tag, an dem sie nach Suna gekommen waren: Die Straßen waren still und menschenleer, die Luft frisch und das Wetter mild. Für die Verhältnisse einer Wüste würde es ein idealer Tag zum Reisen werden; weder zu heiß, noch zu windig. Sakura schien der Tag ihrer Ankunft eine Ewigkeit her zu sein. Bis jetzt hatte sie bei dem, was sie hier tat, keinen einzigen Zweifel verspürt und Sasuke hatte sie nicht einmal mehr gefragt, ob sie sich wirklich sicher war. Doch nun, wo sie die Straßen des Dorfes entlang hasteten und es langsam ernst wurde, wurde ihr mulmig. Dies war die letzte Gelegenheit abzubrechen, umzukehren… Ihr wurde bewusst, dass ihre Entscheidung jetzt fiel, mit jedem Schritt, den sie Sasuke folgte, und nicht schon seit dem vorigen Abend getroffen war. War sie wirklich bereit alles aufzugeben? Nach Konoha zu gehen und gegen Itachi anzutreten? Noch konnte sie „Nein“ sagen, der Gefahr ausweichen und in die Sicherheit zurückkehren. Sasuke wäre das vielleicht sogar Recht gewesen. Sie wäre ihm keine Last und nicht in Gefahr. Waren da Zweifel ob das, was er gesagt hatte, der Wahrheit entsprach? Ob er ihre gemeinsame Nacht bereits bereute? Er hatte sie oft belogen und enttäuscht, aber wollte er sie diesmal wirklich dabeihaben? Sakura schluckte hart. Er hatte ihr die freie Wahl gelassen, ihn zu begleiten, und das sicherlich nicht umsonst. Lange genug hatte sie um diesen Jungen kämpfen müssen. Sie würde ein Leben ohne ihn nicht mehr ertragen können und hoffte insgeheim, dass er genauso dachte wie sie. Doch waren die Anzeichen nicht eindeutig genug? Seine Gesten, seine Worte… Was zweifelte sie noch daran, dass er sie wirklich liebte? Er war eben nicht der Typ, der seine Gefühle offen zur Schau trug. Das bisschen, was er ihr andeutete, musste ihr genügen. Rasch schüttelte sie ihre Gedanken ab und versuchte sich auf die gewärtige Situation zu konzentrieren. Sasuke hatte angehalten und spähte, hinter einer Hauswand versteckt, um die Ecke. Sie konnte nicht sehen, wen er beobachtete, doch sie nahm an, dass er den Bewegungen der Wachen folgte. Geduldig wartete sie auf sein Zeichen, dass sie keine halbe Minute später bekam und schlüpfte hinter ihm zwischen den Häusern durch. Sakura fühlte nichts außer der Angst, entdeckt oder verfolgt und zurückgeholt zu werden. Sie verließ sich blind auf die Anweisungen ihres Partners und hoffte, dass die Nacht ihnen weiterhin genügend Schutz bieten würde. Die Zeit arbeitete gegen sie und der Morgengrauen rückte unaufhaltsam näher. Die beiden waren zu schwer bepackt um eine Verfolgung zu gewinnen und mussten möglichst ungesehen aus dem Dorf verschwinden. Sasuke winkte Sakura weiter nach links und sie liefen im Schatten eines größeren Gebäudes vor bis zu den Felsen, die Suna von allen Seiten umgaben. Auf der Innenseite der Wand waren keine Wachen stationiert, da die Sicherung des Dorfes nach außen gerichtet war, und Sasuke wusste, dass dieser Fleck auch von Hausdächern aus nur schwer einzusehen war. Das einzige Hindernis würde sich am Gipfel ergeben, da die offene Wüste schlechten Schutz bot und die dortigen Wachen sie sehen würden, selbst wenn sie es auf der Felswand an ihnen vorbeigeschafft hätten. Leise und vorsichtig wagten die beiden Ninja den Aufstieg; setzten ihre Füße mit Bedacht, damit kein Tritt daneben ging oder ein Geräusch machte und erreichten den Gipfel schon innerhalb weniger Minuten. Alles lief so, wie Sasuke es geplant hatte. Von oben aus konnten sie die Wüste überblicken, an dessen Horizont sich bereits ein feiner goldener Streifen gebildet hatte. Auf dem Steilhang befanden sich nur zwei Wachen in ihrer unmittelbaren Nähe, etwas rechts unterhalb von ihrem Standpunkt aus. Eine weitere Wache war einige hundert Meter links positioniert. Sie war weit genug weg, um unten hinter einer der Dünen zu verschwinden, bevor sie die beiden entdeckte. Von dort aus würde es ein leichtes werden, das Dorf zu umkreisen, bis sie wieder auf dem richtigen Weg ankamen. „Okay, du bist dran“, wisperte Sasuke seiner Partnerin zu und Sakura nickte leicht zum Zeichen, dass sie ihn verstanden hatte. Geräuschlos näherte sie sich den Feinden, die mit dem Rücken zu ihr standen und aufmerksam die Umgebung beobachteten. Sakura nutzte die Sicherheit der beiden Ninja, keine Angriffe von hinten erwarten zu müssen, und schloss ein Fingerzeichen. Wie bei der Genjutsu, die sie bei Naruto angewandt hatte, war rein äußerlich nichts zu erkennen. Tatsächlich hielt sie die Wachen in einer Illusion gefangen, in der sie Sasuke und Sakura nicht wahrnehmen würden, bis die beiden sicher im Schutz der Dünen waren. Sasuke war froh, dass Sakura in Genjutsu dermaßen gut ausgebildet war und folgte ihr unauffällig die Felswand hinunter, nachdem sie ihm ein Handzeichen dafür gegeben hatte, dass die Luft rein war. Eilig rannten sie über den weichen Wüstensand, erreichten die ersten höheren Dünen und liefen hinter ihnen einen weiten Bogen um die Felsen herum, bis sie den Haupteingang zum Dorf in der Ferne erspähten und wussten, in welcher Richtung sie sich weiter bewegen mussten. Erst als sie die letzten Felsen so weit hinter sich gelassen hatten, dass ihre Kuppeln nicht mehr zu erkennen waren und die warmen Strahlen der Morgensonne sie aus dem Osten blendeten, atmeten Sasuke und Sakura auf. Der gefährlichste Part war überstanden. Nun ging es daran, der erbarmungslosen Tageshitze zu trotzen und am besten noch vor der Abenddämmerung den Waldrand zu erreichen. Alles lief erstaunlich reibungslos und sie kamen schneller voran als bei ihrer Hinreise, bei der sie gegen den Sandsturm anzukämpfen hatten. Noch vor Sonnenuntergang ging die Wüste in Ödland über und die Temperaturen fielen rapide ab. Eine kühle Brise kam auf und die dunklen Regenwolken kennzeichneten, dass sie bereits die Grenze des Windreiches überschritten hatten und bald in den nahenden Winter des Waldes zurückkehrten. Als ihre Schatten verblassten und die ersten Sterne an den Himmel traten, schlug Sasuke vor, ihr Nachtlager auszubreiten. Sakura hatte diese Pause bitter nötig. Sie hatten zwar den Tag über mehrmals angehalten um zu essen und zu trinken oder ihre Beine für ein paar Minuten auszuruhen, doch viel Erholung hatte es nicht gebracht. Auch Sasuke wirkte mitgenommen und beeilte sich, das Zelt aus dem Rucksack zu packen und es aufzubauen, nachdem er Naruto an einen nahe gelegenen Baum gelehnt hatte. Sakura war gerade damit beschäftigt trockene Äste und Zweige zu sammeln, damit sie Feuer für die Nacht entzünden konnten, als jemand leise ihren Namen sagte und sie sich verwundert umsah. Ihr Blick fiel auf Naruto und sie erinnerte sich, dass die Genjutsu, die ihn betäubt hatte, bloß einen Tag anhalten sollte. Das Mädchen trat näher heran und ging vor dem Blonden in die Hocke, während sich Sasuke, der die plötzliche Regung des Bewusstlosen ebenfalls wahrgenommen hatte, mit verschränkten Armen im Hintergrund hielt. Naruto blinzelte ein paar Mal und blickte Sakura noch ein wenig benommen entgegen, bevor er sich sammelte und langsam fragte: „Sakura, was… Wo bin ich?“ „Alles in Ordnung“, antwortete sie sanft, „Wir sind nicht mehr in Suna.“ Naruto runzelte die Stirn und es schien eine Weile zu dauern, bis ihre Worte ihn erreichten. „Nicht mehr in Suna?“, wiederholte er langsam, „Wieso?“ „Hör mir zu Naruto“, entgegnete Sakura leise und hielt den Blick gesenkt, „Es tut mir leid, dir das sagen zu müssen, aber Sasuke und ich sind auf dem Weg nach Konoha. Wir werden dort gegen Itachi kämpfen.“ Naruto schwieg, doch sein Blick sagte Sakura aus, dass er diese Information erstmal zu verarbeiten hatte. „Ich weiß, dass du dich jetzt sicher fragst, was du mit dieser Sache zu tun hast“, erklärte sie weiter, „und ich meine, dass du ein Recht darauf hast, alles zu erfahren… Es gab ein Abkommen mit den Akatsuki, das besagt, dich und somit das Fuchsungeheuer auszuliefern, um im Gegenzug an Sasukes Bruder ranzukommen. Du sollst mit uns kommen, bis wir Konoha erreicht haben, aber ich verspreche, dass dir nichts geschehen wird! Sasuke wird Itachi töten, noch bevor er die Chance haben wird, dir was anzutun. Auf unserem Verhalten steht Hochverrat und wir werden nicht zurückkehren können.“ Naruto sagte auch weiterhin nichts und die Stille wurde durchbrochen vom Aufheulen des Windes und dem damit verbundenem Rauschen der Blätter, die sich von ihren Zweigen lösten und sanft zu Boden schwebten. Dann schnellte der Blondschopf plötzlich hoch und trat auf Sasuke zu. „Was hast du nun wieder getan?“, schrie er dem Uchiha ins Gesicht, krallte seine Hände in dessen Kleidung und presste ihn gegen den Stamm eines Baumes. Endloser Hass und purer Wahnsinn funkelten aus seinen klaren blauen Augen. „Warum, Sasuke? Warum tust du das?“, brüllte er weiter. Sasuke verzog keine Miene und starrte sein Gegenüber eiskalt an. „Krieg dich wieder ein“, wisperte er gefährlich, doch Naruto ließ nicht mehr locker. „Ich dachte, du hättest von der Geschichte mit Orochimaru gelernt, doch du bist kein bisschen klüger geworden! Du begehst immer und immer wieder dieselben Fehler, tust alles nur für deine Rache und denkst dabei bloß an dich, nie an die anderen! Hat eine Niederlage gegen deinen Bruder nicht ausgereicht?“, tobte er, „Vergiss Itachi endlich! Er ist es nicht wert, dass du Konoha, deine Heimat, verrätst!“ „Konoha gibt es nicht mehr“, entgegnete Sasuke kühl und Naruto drückte ihn härter gegen die Rinde des Baumes. „Halt den Rand! Es wird ein neues Konoha geben. Mit mir als neuer Hokage“, zischte der Blonde, doch sein Gegenüber grinste ihm spöttisch ins Gesicht. „Hör auf, von einer Zukunft zu träumen, die nicht existieren kann!“ „Hör auf, von einer Rache zu träumen, die nie vollendet wird!“ Nun verfinsterte sich auch Sasukes Gesichtsausdruck. Das unnachgiebige Verhalten seines Kameraden schien ihn allmählich doch zu verärgern. „Ich glaube nicht, dass du das beurteilen kannst“, sagte er ruhig, „Du weißt nicht, wie stark ich bin.“ „Scheinbar nicht stark genug“, entgegnete Naruto wütend, „Ist dir eigentlich klar, was du Sakura damit antust? Wie kannst du ihre Zuneigung so missbrauchen?!“ Noch bevor der Uchiha die Gelegenheit zur Antwort bekam, hatte sich Sakura in die Diskussion eingemischt. Eigentlich hatte sie vorgehabt, die beiden Jungen ihren Streit unter sich austragen zu lassen, doch nun, wo ihr Name gefallen war, konnte sie sich nicht weiter enthalten. „Ich habe mich aus freien Stücken dazu entschlossen, ihn zu begleiten“, sagte sie laut, „Weil ich Sasuke helfen möchte.“ Narutos Kopf wirbelte herum und er starrte das Mädchen ungläubig an. „Sakura, das kannst du nicht ernst meinen! Er hat deine Hilfe nicht verdient! Er benutzt dich nur. Siehst du das denn nicht?“, rief er aufgebracht, doch sie schüttelte verzweifelt den Kopf. „Du irrst dich! Ich liebe ihn!“ „Verdammt, er ist nichts für dich! Er hat dich doch gar nicht verdient!“ „Ach so?“ Es war Sasuke der sprach. „Ich glaube, dass du einfach nur neidisch bist“, wisperte er dem Blonden zu, „weil sie für jemanden wie dich keine Gefühle übrig hat!“ Narutos Reaktion folgte so schnell, dass Sasuke keine Zeit blieb etwas zu unternehmen. Der Schlag traf den Schwarzhaarigen in den Magen und ließ ihn ächzend zu Boden gehen. Im Gegensatz zu ihm, schrie Sakura auf: „NEIN, HÖRT AUF! HÖRT SOFORT AUF!“ Der Blonde packte Sasuke am Kragen und richtete ihn auf. „Herr Obercool, wie willst du deinen Bruder töten, wenn du nicht mal meinem Schlag ausweichen kannst?“ Sasukes Sharingan funkelten ihn wutentbrannt an. „Sag das noch mal!“, fauchte er, packte Naruto an den Haaren und schlug ihm so hart ins Gesicht, dass dieser aufschrie und zurücktaumelte. Er hielt die Hände über Nase und Mund. Blut quoll zwischen seinen Fingern hindurch. „SEID IHR DENN VÖLLIG VERRÜCKT GEWORDEN?“ Sakura stürzte hervor und versuchte sich zwischen die beiden Jungen zu drängen, doch Naruto drückte sie zur Seite und hatte bereits erneut zum Schlag angesetzt. Die Schmerzen hemmten seine Kraft und Sasuke fing seine Faust mühelos ab, drehte ihm den Arm auf den Rücken und zwang Naruto in die Knie. „Ich sagte, dass du keine Ahnung hast, wie stark ich wirklich bin!“, schrie Sasuke den Unterlegenen an, ließ seinen Arm los und trat ihm mit voller Wucht in die Seite. Naruto stöhnte vor Schmerzen auf und kippte seitlich ins Gras. „Leg dich nie wieder mit mir an und behaupte nie wieder, ich könne Itachi nicht töten!“ Der junge Uchiha schien zu schäumen vor Wut. Selbst Sakura hatte dieser heftige Ausbruch überrascht, den sie so bei ihm noch nie gesehen hatte. Bisher hatte sich Sasuke immer beherrscht und distanziert gehalten, war nur selten aus der Haut gefahren und wenn, dann niemals in diesem Ausmaß. Sakura erinnerte sich an ihre Auseinandersetzung im Wald, als sie ihm gefolgt und in Gefahr geraten war. Er war zornig, dass er sie hatte retten müssen, doch er war nicht dermaßen ausgerastet und hatte sich auch niemals nachtragend verhalten. Naruto musste eine sehr empfindliche Stelle getroffen haben. Fassungslos sah sie zu, wie Sasuke über den am Boden kauernden Naruto hinweg stieg und in Richtung des Zeltes davon stapfte, ohne von einem der beiden weiter Notiz zu nehmen. Nur langsam erreichte ihr Bewusstsein, was soeben geschehen war. Aber weswegen war es überhaupt so weit gekommen? Weil Naruto Sasukes Pläne nicht akzeptieren wollte oder weil Sasuke ihm ins Gesicht gesagt hatte, was alle drei bereits wussten? Sakura ging auf den verletzten Jungen zu, hockte sich vor ihn und versuchte ihm aufzuhelfen, doch er drückte ihren Arm weg, hievte sich selbst auf die Beine und taumelte auf den Baum zu, an den er Sasuke noch wenige Minuten zuvor gedrückt hatte. Langsam ließ er sich an dem Stamm hinunter gleiten und wischte sich mit dem Ärmel das Blut vom Gesicht. Sakura folgte ihm, kniete sie sich vor ihn und versuchte seinen Blick aufzufangen, der ihr immer und immer wieder auswich. Seine Gesichtszüge blieben starr und verrieten weder Gedanken noch Gefühle. Sakura biss sich auf die Lippe. „Du blutest noch“, bemerkte sie vorsichtig, um sich ihm langsam wieder anzunähern, doch sie erntete nichts als kalte Abweisung. „Naruto, bitte, das ist doch albern. Sieh mich an, dann heile ich dich!“, sagte sie nun mit festerer Stimme, doch anstatt ihre Anweisung zu befolgen, kam von ihm ein Flüstern: „Du bist schon fast so geworden wie er. Folgst ihm wie ein zahmes Lämmchen überall hin und tust was er sagt, egal ob es falsch oder richtig ist. Ich erkenne dich nicht mehr…“ „Bitte, Naruto“, Sakuras Stimme klang nun wie von Tränen erstickt, „Bitte mach es nicht noch schlimmer. Ich weiß selbst, dass es nicht richtig war, dich da mit rein zu ziehen. Aber ich hatte-“ Sie hielt einen Moment inne. Natürlich hatte sie eine Wahl, sie wurde sogar mehrmals vor sie gestellt. Doch was sollte sie sonst sagen? Es gab keine plausible Erklärung, keine Entschuldigung für das was sie tat, außer die, die Naruto nicht hören wollte: Dass sie aus Liebe handelte. „Komm mit uns, wenigstens bis wir in Konoha sind“, bat sie leise. „Er benutzt mich als Köder für Itachi, so wie er dich als bloße Waffe benutzen und danach fallen lassen wird“, entgegnete der Blonde, „Deine Heilkräfte sind nützlich, sonst nichts. Sollen wir uns das gefallen lassen? Du folgst ihm ins Verderben und verrätst dein Dorf und deine Freunde. Du merkst nicht, dass es der falsche Weg ist.“ „Ich habe lange darüber nachgedacht, aber ich kann nicht anders handeln“, rechtfertigte sie sich, „Natürlich ist Rache immer der falsche Weg, aber Sasuke wird niemals Platz für etwas anderes haben, wenn er diesen Kampf nicht hinter sich bringt. Und ich werde ihm dabei zur Seite stehen.“ „Für was soll er Platz haben?“ Naruto blickte ihr in die Augen und zum ersten Mal sprach er in sanften Ton: „Glaubst du, er wird sich in dich verlieben, nur weil er sein großes Ziel vollendet hat?“ Sakura antwortete nicht und Naruto führte fort: „Du kannst seine Gefühle nicht ändern, ebenso wenig, wie ich deine ändern kann, so sehr ich es auch möchte.“ Sie hätte Naruto gerne die Wahrheit gesagt; hätte ihm gerne erzählt, in wie weit sie das Eis gebrochen hatte, wie weit beide schon gegangen waren… Doch es war besser ihn in einem falschen Glauben zu lassen, als ihn erneut zu verletzen. „Du weißt, was ich für dich empfinde“, sagte er ruhig und eine Spur von Bitterkeit war in seiner Stimme zu hören, „Das mit Hinata tut mir leid, aber es war eine einmalige Sache. Ich kann sie nicht lieben, so wie ich dich liebe, das habe ich nun gemerkt. Und ich kann ihre Gefühle nicht ausnutzen, weil sie mir dazu zu wertvoll ist. So etwas hätte sie nicht verdient.“ Sakuras Mundwinkel verzogen sich zu einem kaum wahrnehmbaren Lächeln. Naruto war kein schlechter Mensch. Warum sonst war er immer nur auf das Wohl anderer bedacht? Er tat alles für die Menschen, die ihm Nahe standen; nahm eigenes Leid hin, solange seinen Freunden nichts geschah. Diesen Charakterzug hatte Sakura früher nie an ihm wahrgenommen. Gegen ihn kam ihr Sasuke schon ein wenig egoistisch vor. „Sakura, ich habe es mir überlegt“, murmelte Naruto leise und riss Sakura aus ihren Gedanken, „Ich werde euch im Kampf gegen Itachi unterstützen… Aber ich tue es nicht für Sasuke, sondern nur dir zuliebe.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)