Chihiros Rückkehr ins Zauberland von abgemeldet ================================================================================ Kapitel 7: Noch eine Chance? ---------------------------- Er rannte, kämpfte sich seinen Weg durch das hohe Gras, stolperte, fiel hin, rappelte sich wieder auf. Es war dunkel, er wusste nicht wohin, nur dass er wieder weiter musste. Weg, fort, egal wie. Seine Lungen protestierten bereits, seine Beine schmerzten so sehr, sodass er glaubte, jemand würde sie ihm ausreißen, seine Gedanken überschlugen sich. Alles war so verwirrend, so surreal, wie ein schlechter Traum. Er hatte immer noch nicht richtig begriffen, was vorgefallen war, vielleicht wollte er es auch gar nicht. Er wusste nur eins, dass er weiter rennen musste und dass er unter keinen Umständen anhalten durfte. Sonst würden sie ihn finden. Er hatte keine Wahl, sein Körper befahl die Flucht. Solange, bis er zusammenbrechen würde. Sie suchten bereits nach ihm, denn er vernahm ein Stimmenwirrwarr in der von Fackeln erleuchteten Ferne. Er wagte es nicht sich umzudrehen. Mit Mühe durchquerte er das Gestrüpp. ‚Nur weiter!’, forderte die Stimme in seinem Kopf und trieb ihn qualvoll voran. Doch er war zu erschöpft, sowohl physisch, als auch psychisch und seine Vorsicht ließ nach. Wieder knickte er um, von einem Schwindelgefühl erfasst, und verlor abermals sein Gleichgewicht. Mit einem überraschten Schrei stürzte er in die Tiefe, überschlug sich mehrfach, obwohl er versuchte sich mehrmals festzuhalten. Dennoch gab es wie so oft keinen rettenden Halt, stattdessen riss er sich die Fingerkuppen und Handflächen nur noch mehr auf. Instinktiv machte er sich mit zugekniffenen Augen auf einen harten Aufprall gefasst, doch wider Erwarten gab der Untergrund unter seinem Gewicht nach. Noch eher er realisierte, was passiert war, spürte er schmerzliche Kälte und dass das Wasser ihn zu Ersticken drohte. Keuchend und hustend durchbrach er den Wasserspiegel mit letzter Kraft wieder und schnappte gierig nach Luft. Während er um sich schlug, um dem unruhigen Wasser zu trotzen, das ihn gewaltvoll zu ertränken versuchte, stieß in etwas von hinten am Rücken an. Gehetzt drehte er sich um, doch schon im nächsten Moment weiteten sich seine Augen vor Freude. Ein rettendes Boot. „Junger Herr…“, murmelte ein alter Mann, der auf ihn hinabblickte und er erkannte sofort seinen alten Diener an dessen Stimme. „Hilf mir hoch!“, bat er ihn und streckte seinen Arm nach ihm aus, doch der Diener machte keine Anstalten ihn hochzuziehen. Stattdessen blickte das mit dem Wasser hadernde Kind seltsam an und legte seine Hand auf dessen Kopf. „Tut mir Leid, Befehl ist Befehl.“, antwortete er kopfschüttelnd und mit seiner ganzen Kraft drückte er ihn unter Wasser. Sein Griff war stark genug dafür zu sorgen, dass ein Wiederauftauchen unmöglich wäre. „Was…tust…du?“, seine entsetzten und ungläubigen Worte wurden vom Wasser verschluckt, welches wieder seine Lungen fluteten. Doch er hatte weder die Kraft, noch die Möglichkeit sich zu wehren. Er hatte seine Grenzen erreicht. In diesem Moment begriff er, dass er sterben würde. Angestrengt öffnete er die Lider. Ein Traum. Er blinzelte schlaftrunken. Alles um ihn herum war dunkel. Er stellte fest, dass er wohl über den Büchern eingeschlafen sein musste. Seine Gedanken kehrten kurz und doch viel zu lange zum Geträumten zurück. Nein, eher einer alten Erinnerung, korrigierte er sich. Ein ungewollter Ausflug in die Vergangenheit. Er richtete sich auf, dabei fiel etwas von seinen Schultern. Seine Stirn legte sich in Falten. Eine Decke. Er konnte sich nicht entsinnen, wann er sie sich übergelegt haben sollte. „Wieder wach?“, durchbrach eine Stimme die Stille. Er hatte sie noch gar nicht bemerkt. Kein gutes Zeichen. „Was machst du hier?“, fragte Haku zurück und drehte langsam seinen Kopf in ihre Richtung. „Ich bin aufgewacht und konnte nicht mehr einschlafen.“, das Mädchen entfernte sich vom Fenster und verschmolz mit der Dunkelheit. Mit ruhigen Schritten kam sie auf ihn zu. „Ich habe gehofft, dass noch jemand wach sein würde.“ „Du solltest nicht einfach so rumspazieren in deinem Zustand. Geh wieder ins Bett.“ Sie setzte sich ihm gegenüber, seine Forderung ignorierend. „Das weiß ich selbst, du brauchst mich nicht zu belehren. Mir geht es besser, zufrieden?“ „Nein. Wenn du nicht völlig gesund bist, dann solltest du dich an meine Belehrungen halten.“ Ihre Sturheit war einfach unglaublich. „Ich will zurück.“, entgegnete sie nur. „Ich weiß.“ „Und?“ Sie wusste nicht, was sie ärgerlicher machte, was er antwortete, oder wie er es tat. „Und daraus kann nichts werden, nicht solange du nicht wenigstens gesund bist. Geh schlafen.“, wiederholte er sich und wollte schon aufstehen, als sie sich über den Tisch beugte und ihn am Ärmel festhielt. So leicht ließ sie sich nicht abwimmeln. „Ich will doch nur wissen, was los ist. Ich kann sowieso nicht schlafen.“ Sie machte sich Sorgen, das war ihm bewusst. „Ich kann deine Sorgen durchaus nachvollziehen, aber du machst dir dadurch nur selbst das Leben schwer, Chihiro. Was meinst du, woher dein Fieber kommt? Und wenn du dich nicht ausruhst, wird es nur noch schlimmer. Mach dir lieber darum Gedanken.“ „Also kann ich nicht zurück.“, murmelte sie und ließ ihn los. „Wie kommst du darauf?“, fragte er, während er mit den Fingern schnippte, um den Raum zu erleuchten. „Da fragst du noch? Du weichst meiner eigentlichen Frage dauernd aus, welchen Schluss soll ich schon daraus ziehen? Wohl kaum den, der mir besser gefällt.“ „Ich habe nie behauptet, dass es keine Möglichkeiten mehr gäbe.“ „Drück.dich.bitte.klarer.aus.“ Sie musste sich zusammenreißen, um ihn nicht anzuschreien. Was sollte das, war das hier etwa eine Endlosschleife? Konnte er nicht endlich sagen, was Sache war? Er fuhr sich durch die Haare, kurz mit sich selbst hadernd, da er nicht vorbereitet war. „…Nun gut.“, murmelte er resigniert. „Nur unter einer Bedingung, nämlich, dass du dann ohne Widerworte schlafen gehst.“ Wieso bestand er eigentlich darauf? Er schüttelte leicht den Kopf über sich selbst. Dieser herrische Ton gefiel ihr gar nicht, aber hatte sie denn eine Wahl? Mit einem zögerlichen Nicken erklärte sie sich damit einverstanden. „Ich kann dir nichts versprechen, aber es gibt, glücklicherweise für dich, jemanden, der vielleicht mehr darüber weiß.“, fuhr er fort und beendete den Satz in Gedanken mit ‚und unglücklicherweise für mich.’ „Wir müssten dann ersteinmal mindestens einen halben Tag reisen und das kann ich nur verantworten, wenn du völlig gesund bist.“, erklärte er. „Im Moment brauchst du nicht mehr zu wissen. Es wäre ohnehin Zeitverschwendung dieses Thema jetzt auszuweiten.“ Wieder fragte sie sich, wie lange sie noch in dieser seltsamen Welt bleiben musste. Doch hoffentlich nicht für immer. Dieses ‚vielleicht’ war wirklich nicht vielversprechend. Er faltete die auf der Bank liegende Decke zusammen und legte sie Chihiro in die Hände. „Ich finde, du solltest dich nun an unsere Abmachung halten.“ Er benötigte schnellstens etwas Zeit zum Nachdenken. Am besten an der frischen Luft und in aller Ruhe. Wenn das Ganze ein Omen war, dann war es sicherlich kein Gutes. Mit einem leisen in die Länge gezogenen Knarren öffnete er die Tür nach draußen und verließ Zenibas Anwesen. Vor seinem inneren Auge ließ er den Traum unweigerlich Revue passieren. Sein Bewusstsein driftete langsam ab, sich der verlockenden Dunkelheit hingebend. Was auch immer gerade geschehen ist, es kümmerte ihn nicht mehr. Seine Lungen, die bis eben noch zu platzen drohten, spürte er nicht mehr, genauso wenig die schmerzliche Kälte des pechschwarzen Wassers. Eine seltsame Stille machte sich breit, ein weit entferntes Rauschen war alles, was er noch vernehmen konnte. Sein Körper trieb langsam auf die Oberfläche zu, als würde das Wasser selbst ihn wieder loslassen. Doch mit einem Mal wurde es unruhig und fing an ihn hin und herzuwippen, weniger, um ihn in einen ewigen Schlaf zu schaukeln, sondern vielmehr um ihn wieder wachzurütteln. Die völlige Ruhe verflüchtigte sich. Er registrierte, dass er wieder in der Lage war zu spüren und fühlte förmlich wie sein Geist in seinen Körper zurückzukehren begann. Vor seinem verschwommen Blickfeld schien etwas zu leuchten, sich mehr und mehr auszubreiten und ihn dann, einer Umarmung gleich, ebenfalls in sein grelles Weiß zu ziehen. Ein Gefühl von Befreiung durchströmte ihn, als würde jemand seinen Körper vor seinen Qualen erlösen und ihn wieder Herr seiner Sinne werden lassen. „Menschenkind…“, echote eine Stimme in seinem Kopf. ------------------------------------------------------------------------------- Wie immer ein großes Sorry, dass ich so lange mit dem Schreiben gebraucht habe, aber dieses Kapitel hat mich einige Nerven gekostet und ich hoffe, dass es euch gefallen hat. Vielen Dank an meine lieben Kommischreiber (Ich liebe es, euere Meinungen zu meiner FF zu lesen!) und an meinen Betaleser vilpat! Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)