Entscheidungen von rot (Epilog von Schatten des Lichts) ================================================================================ Kapitel 5: ----------- Teil 5 Kaum noch fähig aufrecht zu stehen, setzte sich Takeru, behäbig wie ein achtzigjähriger, auf einen Stuhl in der Küche. "Ich glaub ich überleb den Tag heute nicht. Gestern im Dojo konnte ich mich kaum bewegen. Die kleinen Scheißer haben mich richtig fertig gemacht und dabei war das nur die Kindergruppe. Heute hab ich die Fortgeschrittenen vor mir. Mir wird schon richtig schlecht, wenn ich nur daran denke." Mitleidig setzte sich Kira zu seinem Freund, der gerade müde seinen Kopf in die Hände stützte. "Ich werde Riku sagen, dass sie heute in ihrem Bett schlafen muss. Dass war jetzt die zehnte Nacht die du auf der Couch verbracht hast. Du musst mal wieder richtig ausschlafen." Kopfschüttelnd rieb er sich die Schläfen und schenkte sich Kaffee ein. "Wir wussten beide, dass es nicht einfach werden würde. Wir können froh sein, dass sie dir soweit vertraut. Wenn sie Alpträume hat, können wir sie nicht einfach wieder in ihr Zimmer schicken." "Und was ist mit dir? Du musst morgen wieder arbeiten. Ich konnte mir einige Zeit freinehmen, auch wenn mein Vater alles andere als glücklich war, nachdem ich mich gerade erst in meiner neuen Position eingearbeitet habe." Kira machte sich inzwischen ernsthaft sorgen um seinen Freund, der vor Müdigkeit kaum noch gerade aussehen konnte. Außerdem vermisste er es sich wenigstens abends an ihn kuscheln zu können, wenn schon der Sex zurzeit nur noch kurz während einer morgendlichen Dusche möglich war. "Ich komm schon klar. Ich bin nur ein wenig verspannt." Während dieser Worte rieb er sich den steifen Nacken, was Kira als indirekte Aufforderung empfand. Sanft rückte er Takeru ihn in die richtige Position, um ihm den Nacken und die Schultern massieren zu können. Dabei hauchte er ihm ab und zu einen Kuss auf einen besonders festen Knoten unter der Haut, die er freigelegt hatte und der sich nicht lösen wollte, bis sich Takeru genießerisch gegen ihn lehnte und sich seinen geschickten Händen ergab. Während alledem bemerkten sie nicht das leise Tappen nackter kleiner Füße auf kaltem Metall, als sich Riku wieder zurück in das warme Bett schlich, um ihre inzwischen ebenso kalten Füße aufzuwärmen und vor allem, um so zu tun, als hätte sie die beiden nicht während des ganzen Gespräches belauscht. Das schlechte Gewissen nagte an ihr, als sie an Takeru dachte, der sich so viel Mühe mit ihr gab und den sie jede Nacht seitdem sie bei den beiden wohnte aus dem Bett getrieben hatte. * Misa scheuchte alle Angestellten wie ein aufgeregtes Huhn umher, ehe sie sich ihre Tochter schnappte und diese mit den anderen Kindern in die erste Klasse der internen Schule setzte. Sie war zwar definitiv einer der jüngsten mit ihren gerade erst vor kurzem erreichten sechs Jahren, aber es war die einzige Möglichkeit sie für eine Weile abzulenken, damit Misa ungestört gewisse Vorbereitungen treffen konnte. Schließlich hatte Misa Pläne für heute Abend. Außerdem schien es Satomi Spaß zu machen, weswegen nichts dagegen sprach, dass sie dem normalen Schulunterricht doch noch in diesem neuen Schuljahr folgte. * Die Dunkelheit brach gerade erst herein, als sich Kira und Takeru schlafen legten, damit letzterer wenigstens ein paar Stunden in Ruhe verbringen konnte, für den Fall das Riku ihn ein weiteres Mal aus dem Bett scheuchte. Doch bereits nach ein bis zwei Stunden hörte Kira, der so früh noch nicht einschlafen konnte und wach lag, die tapsenden Schritte nackter Füße. Seufzend setzte er sich auf und erwartete das kleine Mädchen, das sich alsbald an den Rand seiner Seite des Bettes gesellte. "Kann ich...vielleicht..." Kira lächelte sie nur kurz aufmunternd an und schlug die Decke zurück, ehe er kurz an Takerus Schulter rüttelte. Dieser war wie ein Toter ins Bett gefallen und genauso liegen geblieben, nachdem ihn seine Fortgeschrittenen Klasse windelweich geklopft hatte. Nur zu ungern weckte er seinen Freund, der nach dem heutigen Tag ein wenig Schlaf mehr als verdient hatte. "Hey Schlafmütze, wir haben Besuch.", hauchte er ihm leise ins Ohr, während er ihn weiter schüttelte. "Hmmm...?" Mit vor Müdigkeit beinahe zugeschwollenen Augen rappelte sich bei Rikus Anblick nun auch Takeru hoch und strich sich dabei die Haare aus dem Gesicht. "Schuldigung...bin noch nicht ganz da." Mit diesen Worten rollte er sich aus dem Bett und fiel wie ein nasser Sack auf den kalten Boden, auf dem er grummelnd liegen blieb. "Momen..noh..." Mitleidig betrachtete Kira seinen Lebensgefährten, der offensichtlich vorhatte so ungemütlich wie er gelandet war auch wieder einzuschlafen. "Hey mein Geliebter, ich würde dich ja gerne in Ruhe lassen, aber da unten wirst du dich nur erkälten. Ganz zu schweigen davon, dass du morgen keinen Schritt mehr gehen wirst können." Brabbelnd richtete sich Takeru auf und schnappte sich einen Kopfpolster, ehe er aus der Tür verschwinden wollte. Doch noch bevor er diese erreichen konnte, hielt in etwas, oder besser gesagt jemand, zurück. Riku die die ganze Szene mit wachsend schlechtem Gewissen beobachtete, hatte sich ein Herz gefasst und ergriff seine Hand, um ihn zurück zum Bett zu führen. "Du...du musst nicht gehen. Ich mach mich ganz klein, versprochen." Erstaunt blieb Takeru wie angewurzelt stehen und beugte sich zu dem kleinen Wirrkopf hinunter. "Bist du sicher?" Heftig mit dem Kopf nickend zog ihn Riku weiter, bis ihn nun auch wie ein Honigkuchenpferd grinsender Kira an der anderen Hand nahm und zurück zum Bett führte. In diesem Moment waren sich Kira und Takeru einig, dass sie es schaffen würden eine richtige Familie zu werden. Komme was wolle. So schnell würden sie die Kleine nicht wieder hergeben. Dafür hatten sie sie schon viel zu sehr ins Herz geschlossen. Selbst wenn die Alpträume noch einige Zeit andauern würden, irgendwann würde sie sich so wohl und sicher bei ihnen fühlen, dass auch diese nur noch eine schlechte Erinnerung sein würden. Und wenn sie diese Hürde überwunden hatten, würden sie wohl auch mit einer Horde protestierender Eltern oder anderer Intoleranz zurechtkommen, wenn es denn sein musste. Sie würden es schon schaffen, wenn Riku es wollte. Und so wie es aussah, standen die Chancen dafür nicht schlecht. * Misa hatte für diesen Abend alles perfekt vorbereitet. Die Kerzen waren auf den Tisch gestellt, die Musik auf eine angenehme Lautstärke gedreht, das Essen sollte in wenigen Minuten fertig sein und das Personal, die Kasuragis und ihre Tochter aus dem Weg geräumt. (Sie greift offensichtlich zu drastischen Maßnahmen... Nein, natürlich hat sie nicht deren Leichen irgendwo im Garten verscharrt.) Jetzt fehlte nur noch die Hauptperson und die sollte ebenfalls jeden Moment durch diese Tür geschneit kommen. Sie hatte sich fest vorgenommen diesen Abend aufs Ganze zu gehen und ihm den Heiratsantrag zu machen. Komme was wolle. Sie hatte sich sogar schon eine elendslange Rede vorbereitet, die sie schon seit Stunden in Gedanken wiederholte und so von ihrer Umgebung den ganzen Tag lang kaum etwas mitbekommen hatte, was die Menschen um sie herum dazu brachte ihr komische Blicke zuzuwerfen und ihr zu einem baldigen Urlaub raten, während sie vor sich hinmurmelte. Sie wurde erst aus ihren Gedanken gerissen, als Kojiro wie aus dem Nichts auftauchte und ihr auf die Schulter tippte, nachdem er sie wohl schon zum hundertsten Mal ohne Erfolg angesprochen hatte. "Alles in Ordnung?" Erschrocken wirbelte sie herum und bekam beinahe einen Herzinfarkt, als der Urheber ihrer Nervosität plötzlich vor ihr stand. "Natürlich! Wieso fragst du?" Mit hochgezogener Augenbraue musterte er sie misstrauisch, bis er anfing seine Nase zu rümpfen. "Riechst du das auch. Es riecht irgendwie verbrannt, findest du nicht?" Mit einem kleinen Schreckensschrei stürmte Misa in die Küche und versuchte das Abendessen, oder was von ihm übrig geblieben war, zu retten. Frustriert musste sie feststellen, dass aus dem inzwischen zu einem verkohlten Brikett verbranntem Essen wohl nichts mehr zu machen sei und warf die kokelnden Reste in den Müll. Grinsend beobachtete er die wohlbekannte Szene, zumindest wenn Misa kochte, bis er die Kerzen bemerkte und er eine schreckliche Vorahnung hatte, dass er einen bestimmten, wichtigen Tag vergessen hatte, an den er sich beim besten Willen nicht mehr erinnern konnte. "Herzlichen Glückwunsch zum...zum.......... Es tut mir wirklich Leid, aber ich habe vergessen, was wir heute feiern." Nach seiner enthusiastisch begonnen Ansprache, die er durch Mangel an Anhaltspunkten abbrechen musste, erwartete er sich bereits einen Ansturm von wüsten Beschimpfungen, der jedoch ausblieb. Schmunzelnd musste Misa ihren Kopf schütteln, als er hilflos in der Tür stand und offensichtlich glaubte, er müsste sich für einen vergessen Jahrestag rechtfertigen. "Du musst dich nicht entschuldigen. Ich wollte ganz einfach einen schönen Abend für zwei mit dir verbringen. Ich hab die anderen weggeschickt, damit wir mal allein sein können und Satomi hab ich ins Bett gesteckt. Aber ich hab's mal wieder vermasselt. Ich kann auch nichts richtig machen." Deprimiert legte sie ihren Kopf auf den Tisch und ließ die Schultern hängen. "Hey, das ist doch nicht der Weltuntergang. Ich mach uns einfach Nudeln." Mit diesen Worten richtete er sie wieder auf, bis er sie in eine sitzende Position gezogen hatte und sich ein schwaches Lächeln auf ihren Lippen zeigte. "Bist der Beste." "Ich weiß." Selbstgefällig grinsend machte er sich an die Arbeit und suchte nach den nötigen Materialien, während sie ihm im Schein des flackernden Kerzenlichts, die inzwischen schon beträchtlich niedergebrannt waren, auf einem Ellbogen gestützt, zusah. In einem Moment wie diesem wurde ihr wieder bewusst wie sehr sie ihn doch liebte und dachte mit einem Lächeln an die kleine blaue Schachtel in ihrer Jacke, die sie vorsichtshalber über die Stuhllehne hinter sich gelegt hatte. Vielleicht war das Essen nicht perfekt verlaufen, aber darum war ihr Zusammenleben auch umso spannender, weil es niemals so kam wie eigentlich geplant. Ein wenig ruhiger geworden, genoss Misa den gemeinsamen Abend. Etwas das inzwischen sehr selten geworden waren, da immer so viele Menschen um die beiden herumschwirrten, dass ein paar Minuten alleine kaum mehr möglich waren. Am Ende des Abendessens suchte Misa nach all ihrem Mut und vor allem den passenden Augenblick, um ihm diese wichtige Frage zu stellen, die ihr schon seit geraumer Zeit durch den Kopf ging. Die vorbereitete Rede hatte sie inzwischen vergessen, weshalb sie nur noch das sagen konnte, was ihr gerade in den Sinn kam. "Kojiro, ich... Danke." Ein wenig überrascht blickte er vom Weinglas auf. "Wofür? Für die paar Nudeln?" Sie holte noch einmal kurz Luft, bevor sie seine Hand ergriff und ihre Finger mit den seinen verflocht. "Auch. Ich meine, du machst das ständig. Wenn ich mal wieder etwas falsch mache, dann machst du dich nicht über mich lustig, sondern hilfst mir es wieder in Ordnung zu bringen. Du setzt dich so selbstlos für diese Kinder ein. Mehr als irgendjemand von dir verlangen könnte. Du bist ein wundervoller Vater. Ich wollte dir einfach einmal danke sagen. Vor allem dafür...dafür, dass du für mich da bist, wenn ich dich brauche. Dass du mich und Satomi so liebst, wie ich es mir vor Jahren noch nicht mal hätte vorstellen können, dass mich jemand so lieben könnte. Dass ich jemanden so lieben könnte. Dass du mich nicht mehr ausschließt und mir vertraust und ich ein Teil in deinem Leben sein darf." Auf Kojiros Wangen zeigte sich bereits eine leichte Röte und er konnte inzwischen nur noch verlegen auf die ineinander verschlungenen Finger sehen. Er wusste nicht so recht, was er darauf sagen sollte, aber das musste er auch noch nicht, wie er nur allzu bald feststellen sollte, als Misa sich nun auch noch vor ihm hinkniete und ihm eine kleine baue Schachtel hinhielt, bevor sie diese öffnete. "Ich könnte mir keinen besseren Mann vorstellen. Und wenn du.... Willst du mich heiraten?" Gespannt hielt Misa den Atem an, als er auf den Ring starrte und mit zitternder Hand berührte, ehe er sie wieder zurückzog. Sie erwartete schon einen entsetzten Aufschrei, doch gerade als sie beginnen wollte zu erklären, dass er natürlich nicht müsste, wenn er nicht wollte, wurde sie von seinen Armen nach oben gezogen und landete nur eine Sekunde später in seinem Schoß. Der daraufhin folgende Kuss war atemberaubend. Von zärtlich sanft bis hin zu einem leidenschaftlichen Verlangen. Mit geröteten Lippen und ein wenig außer Atem lehnte sie sich lächelnd gegen seine Stirn und küsste ihn noch einmal kurz auf die Stelle seiner Augebraue an der die Narbe begann. "Darf ich das als ein ,Ja' auffassen?" Mit geschlossenen Augen stupste er mit seiner Nasenspitze sanft gegen ihre Wange, als er sie plötzlich von seinem Schoß hochhob und sie auf dem Stuhl platzierte, an dem er zuvor gesessen hatte. Räuspernd kniete er sie nun vor sie hin und nahm ihre Hände in die seinen. "Ich denke zwar nicht, dass ich einen so perfekten Antrag hinbekommen werde, aber..." "Du hast schließlich auch nicht monatelang dafür geübt.", warf Misa beiläufig ein. Schmunzelnd küsste er ihre Fingerknöchel und lehnte seine Unterarme auf ihre Oberschenkel. "Monatelang, hum?" Lachend erinnerte sie sich an ihre zuvor verpatzten Versuche, die noch nicht mal einem Heiratsantrag nahe gekommen waren. "Du hast ja keine Ahnung, was ich alles durchgemacht habe." Noch immer grinsend strich er ihr die nach vor fallenden Locken zurück, während er die Innenseite einer ihrer Handflächen küsste. "Im Gegenteil. Ich denke, du bist diejenige, die nicht weiß, wie viel du mir und auch den anderen in all den Jahren gegeben hast. Wenn hier jemand jemandem etwas zu danken hat, dann bin das ich, denn vor dir war mein Leben der reinste Alptraum. Etwas das mir allerdings erst so richtig bewusst geworden ist, als du mir gezeigt hast, wie es sein kann, sein sollte. Ich habe nur durch dich gemerkt, was mir bisher gefehlt hat und du hast mir alles gegeben. Vor allem aber eine Familie, die ich zuerst noch nicht einmal wollte." Die letzten Worte murmelte er beinahe schon beschämt leise vor sich hin, als er sich dieses Mal ein Herz fasste und ihr egal wie rührselig es auch klingen mochte, Gedanken und Gefühle, die er ansonsten für sich behielt, in Worten ausdrückte. "Manchmal wache ich auf und habe Angst, dass das alles nur ein wunderbarer Traum ist und du nicht mehr da bist. Aber du bist da. Immer. Und es gibt nichts Schöneres für mich, als jeden morgen neben dir aufzuwachen. Das würde ich auf nichts in der Welt missen wollen. Ich liebe dich und ja,...ich..ich möchte dich heiraten. Es wäre mir eine große Ehre." Gerührt fiel es ihr schwer die Tränen in ihren Augen wegzublinzeln, als er sie noch einmal zu sich zog und auf den Mund küsste. Schniefend musste sie leicht lachen, als sie ihm den Ring an den Finger steckte. "Dafür, dass du nicht monatelang geübt hast, war das aber verdammt gut." "Bin eben ein Naturtalent.", flüsterte er ihr noch leise zu, bevor er sie, das benutzte Geschirr vergessen, mit sich ins Schlafzimmer zog. Das Warten hatte sich offensichtlich gelohnt. ENDE Ich hoffe, auch für euch hat sich das Warten gelohnt und ihr seid mit dem vielleicht etwas zu kitschig geratenem Ende zufrieden. Denn das wars von Misa, Kojiro und den anderen. (Hat ja schließlich auch schon lange genug gedauert...) Ich bedanke mich noch herzlich bei allen die sich die Zeit genommen haben mir einen Kommentar zu schreiben. Honto ni dômo arigatô gozaimashita. (sich verbeug) Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)