Black Shot von uteki-chan (Wenn der Tod uns grüßt...) ================================================================================ Kapitel 1: Black Shot I ----------------------- Black Shot I Musik: Within Temptation - Gillean Sie lief, lief um ihr Leben, lief um alles, was ihr etwas bedeutete, denn sie wusste weder ein noch aus. So verzweifelt war sie noch nie gewesen. Wieso auch, hatte sie sich auch noch nie so vor etwas gefürchtet, wie jetzt. Dieses Ding, vor dem sie gerade weglief, konnte doch nur eine Ausgeburt der Hölle oder ihrer Ängste sein. Vielleicht war dies alles auch nur ein Alptraum, der sie gefangen hielt. Aber warum spürte sie dann ihr Herz so schnell schlagen, die Lungen so entsetzlich brennen, die heißen Tränen in den Augen und schließlich den harten Boden, als sie stolperte. Alles, aber auch wirklich alles, entsprach bis ins kleinste Detail der Realität. Sie wusste, wo sie war. Am Strand. Um Mitternacht. Einsam, allein und voller Angst. Sie sah nicht mehr zurück, denn dieses Ding spielte ja doch nur mit ihr. Und nun...? Sie lag noch immer am Boden, zu erschöpft von dem langen Lauf um sich aufzurichten und weiterzulaufen. Sie wollte auch nicht mehr weiterlaufen, war doch alles sinnlos. Sie hatte Angst, ja, aber sie würde nicht mehr vor dem Unbekannten fliehen. Sollte es doch kommen, sie würde sich keinen Zentimeter mehr rühren. Sie wollte nicht mehr weglaufen. Sie schloss die Augen und wartete auf das Unvermeidliche. - Vermutlich ihr Tod. Stumm liefen ihr die Tränen weiterhin aus den Augen, ihr Atem ging schnell und unregelmäßig, wurde ihr Körper doch von Schluchzern geschüttelt. Ihre Gedanken lösten sich auf. Sollte doch kommen was oder wer will. Langsam wurde sie hochgezogen. Der Vollmond brachte ihre Tränen auf den Wangen zum Glitzern, schimmerten wie Silber. Und nun schlug sie doch wieder die Augen auf und wurde richtiggehend hypnotisiert von dem, was sie sah. Fasziniert beobachtet sie, wie er sie ganz hochzog, bis sie wieder von selbst stand, dann lächelte er leicht und entblößte sie, weiß schimmernd, einmalig, lang und gefährlich. - Tödlich. Dieser Vampir würde sie töten, aber nicht qualvoll. Sie schloss langsam die Augen wieder, konnten den Blick aus diesen hypnotisierenden Augen nicht länger ertagen und legte stumm die Kopf zur Seite und wartete auf ihre Erlösung. Jegliche Angst war verschwunden. Irgendwie sehnte sie sich jetzt nach dem Biss... warum, dass wusste sie selbst nicht so genau. Zuerst spürte sie den Atem an ihrem Hals, dann die Hand, die ihre Haare zurück schob und schließlich die langen Eckzähne - das Markenzeichen eines jeden Vampirs. Langsam drangen sie in ihre Haut, bissen sich in ihrer Hauptschlagader fest und löschten jedes Denken aus. Sie würde schnell und ruhig sterben, spürte sie doch jetzt schon nichts mehr, außer dem Gefühl, dass die Wärme sie verließ und mit ihr das Leben... Kapitel 2: Black Shot II ------------------------ Black Shot II Musik: Spiritfall - My Reason Wer wollte schon ein Leben, wie dieses hier?, fragte er sich immer und immer wieder während er mit seinem Motorrad durch die Stadt auf die Autobahn abbog. Kein Job, kein Geld, keine Familie mehr. Er war als Waisenkind in einem Heim aufgewachsen, dort konnte er nie schwach sein, musste alles durchstehen und machen, was sie ihm aufgetragen hatten, aber jetzt... nein, nun nicht mehr. Nun war er zwanzig und hatte sich das Bike gekauft, nachdem er erst einmal ein Jahr jeden Job angenommen hatte. Vom Hot-Dog-Verkäufer bis zum Parkplatzwächter hatte er alles gemacht, bis er sie hatte... sein schwarzes Pferd aus Stahl, das einsam mit ihm am Rücken durch die Straßen glitt. Der Fahrwind wehte ihm die braunen Haare aus dem Gesicht - und mit ihnen die heimlichen Tränen, die er sich nur so selten gestattete. Aber jetzt war sowieso alles egal. Jett wollte er einen Neuanfang machen. Irgendwo, weit weg von hier, dort, wo ihn niemand kannte... er und sein Bike. Dann würde vielleicht alles wieder gut. Er schnaubte kurz auf. Tze, nichts würde 'gut' werden... nicht in der Realität, Junge, dachte er. Nicht in der Realität. Langsam bog das schwarze Motorrad auf die Autobahn hinaus, nur um dort mit einem lauten Aufwiehern nahe an die 200-km/h-Grenze zu kommen. Hier war er frei, wenn er den Fahrwind auf seiner Haut spürte, die Umgebung verschwamm und seine Gedanken befreit wurden. Geschmeidig schon fast, legte sich das Bike in die Kurven, beschleunigte immer mehr und wurde wie ein schwarzer Hengst immer weiter von seinem Reiter angetrieben. Weiter und weiter fuhr die schwarze Maschine und glitt nur so dahin, bis es anfing zu regnen. Blitzte zuckten und er sah kurz auf. "Genau meine Stimmung", meinte er leise zu sich selbst. Einige Male donnerte es und der Hagel brach los. Aber er hielt nicht an, gab stattdessen nur noch weiter Gas. Wenn alles keinen Sinn hat, warum dann einen Neuanfang? Warum nicht einen klaren Schlussstrich ziehen? Einmal seufzte er bei diesem Gedanken und erhöhte weiter die Geschwindigkeit, bis die Maschine langsam ins Rutschen geriet. Er verlor die Kontrolle über sein Bike, krachte gegen eine Leitplanke und das Bike schlitterte. Es warf seinen Reiter ab und rutschte auf ihm noch ein Stück dahin. Als sich nichts mehr rührte und nur der Hagel rot vom Boden zurückprasselte, wusste man, dass der Himmel um einen gefallenen Engel weinte, der nie mehr kommen würde. Nochmals schlug ein Blitz seine Arme durch die Nacht und ließ einen Blick auf die blutverschmierte Gestalt zu. Nein, nie mehr... Kapitel 3: Black Shot III ------------------------- Black Shot III Musik: Within Temptation - Never-ending Story Langsam plätschert das warme Wasser auf ihren Körper, schmiegte sich sanft an ihre blasse Haut und brauchte sie zum Glänzen. Manchmal perlte es einfach ab, manchmal rann es wie eine Träne über die weiche Haut und manchmal sammelten sie sich in einer kleinen Mulde wie Gebirgsseen. Sie stand ganz alleine unter der Dusche, ließ das heiße Wasser ihre Muskeln lockern und den Schmutz des Alltags abwaschen. Ihre blonden Locken kringelten sich selbst jetzt noch, wo sie doch schon ganz nass waren. Ihre Augen hielt sie geschlossen, während sie sich einschäumte und den leichten Duft von Zitrone genoss. Abfällig verzogen sich die puppenroten Lippen, als sie an den heutigen Tag dachte, der so organisiert und perfekt abgelaufen war, wie jeder andere auch in ihrem Leben. Ihre Eltern würden auch nie zulassen, dass sie einen Fehler machte, dass sie Gefühle zeigte oder einfach menschliche Schwächen hatte. Sie musste perfekt, unfehlbar und unnahbar sein, sonst war sie ihren Eltern nichts wert, das wusste sie. Doch um welchen Preis erkaufte sie sich die Aufmerksamkeit ihrer Eltern. Ja, die Aufmerksamkeit - nicht die Liebe. Liebe war ein Wort, dass in ihrem gesamten Leben noch nie von ihren Eltern gesagt worden war. Höchstens, dass sie ein so braves und liebes Kind sein, doch nie, dass sie ihre Tochter lieb hatten oder sie geliebt würde. Kein einziges Mal war so eine starke Gefühlsregung von ihren Eltern zu sehen gewesen. Kein Wunder, dass sie ein Einzelkind war... seit sechzehn Jahren. Seit so langer Zeit war sie allein, aufgezogen von Kindermädchen, Privatlehrern und Privattrainern. Nicht einmal schwimmen oder Rad fahren hatte sie von ihren Eltern gelernt. Experten hatten ihr alles beigebracht, was sie bis heute nie verlernen durfte. Eine einsame Träne mischte sich unter die warmen Wassertropfen und verschwand so schnell, wie sie gekommen war. Sie hatte weder Freunde, noch Feinde. Nicht einmal ein Haustier war ihr gegönnt worden. Stattdessen war sie zu Benimm-Kursen und ähnlichem gegangen. Mit einer schnellen Handbewegung drehte sich das Wasser so kalt es ging. Der Schaum verschwand aus ihren Locken, vereinzelt blieben Tropfen an ihren Wimpern hängen... Die perfekt gezupften Augenbrauen, die sich ein kleines Vermögen gekostet hatten, genauso wie der Diätplan, an den sie sich halten musste, waren ihr so egal wie nie zuvor. War es so falsch menschlich zu sein? Geliebt zu werden? Freude am Leben zu haben? Nachdenklich griff sie zu ihrem Rasierer. Kein einziges Haar sollte ihren Körper verunschönen, ihr ein Makel sein und somit den Wert der kleinen Prinzessin im goldenen Käfig mindern. Sie setzte ihn an ihre linke Hand, ritzte kurz und zuckte zusammen. Würde sie es wagen, aus diesem Gefängnis, das sich Leben nennt zu fliehen? Sie drehte das Wasser zu einem harten Strahl aus der Brause werden und richtete den Strahl auf das angeritzte Handgelenk. Langsam bekann es zu kribbeln, dann verschwand jeglicher Tastsinn und alles Fühlen aus der Hand. Erneut setzte sie die scharfe Klinge an und kniff die Augen zu. Mit einem Ruck fügte sie sich einen tiefen Schnitt zu, der ihre Ader durchtrennte. Blut mischte sich mit dem Wasser, färbte es rot. Langsam rutschte sie an der Wand des weißen Bades zu Boden, zog die Knie an und ließ den Kopf darauf sinken. Ein kleines Lächeln schlich sich zu den Tränen auf ihrem Gesicht. Endlich frei wie ein Vogel sein. Kapitel 4: Black Shot IV ------------------------ Black Shot IV Musi: Limp Bizkit - Head for Barricade Wie gewohnt war sie ganz in schwarz gekleidet und die kurzen Haare hatte sie zu dem üblichen Zopf gebunden, der nicht viel länger war, als eine Hasenpfote. Zu ihren Füßen stand ein ebenfalls schwarzer Rucksack mit ein paar Klamotten und Geld und so. Sie war von zuhause weggelaufen. Aber das, wo sie bisher geschlafen hatte, war kein Zuhause mehr für sie gewesen, schon lange nicht mehr. Ihre Eltern hatten sich andauernd gestritten, nannten sie unentwegt als Vorwand für eine Heirat und dass alles mit ihrer Geburt anders geworden war. Nun, sie hatte sich jetzt entschlossen, dass sie getrost auf ihre Erzeuger verzichten konnte. Es war ihr alles egal, was die beiden jetzt noch taten. Sollten sie sich doch jetzt gegenseitig die Köpfe einschlagen. Sie war weg. Und das endgültig. Der Wind wehte ihr ein paar kurze Strähnen ins Gesicht und kühlte ihr heiße Haut. Sie hatte sich abregen müssen, musste ihre Wut und Energie ablassen. Und was wäre da besser gewesen, als ihre langtrainierten Fähigkeiten in Karate. Schnelle Kicks und konzentrierte Übungen hatten sie schnell wieder beruhigt und ihre Gedanken befreit. Und nun stand sie hier, oben am Dach des höchsten Gebäudes der Stadt, und sah über die hell erleuchteten Gebäude hinweg in den schwarzen Himmel auf denen nur einige Sterne funkelten und der Mond seinen sanften Schein verbreitete. Mit einem tiefen Seufzen sprang sie auf den niedrigen Mauervorsprung und balancierte ein paar Schritte hin und her. Hin und wieder schwankte sie bedrohlich, aber das gewohnte Gefühl, wenn sich das Adrenalin dabei durch ihren Körper schoss, fehlte. Was, wenn es einem egal war, ob man aus dieser Höhe fiel, unten aufschlug und nie wieder den Wind im Gesicht fühlen würde? Was, wenn es einem gleichgültig war, dass man dann nie wieder das machen konnte, was einem am meisten Spaß gemacht hatte? Was, wenn man wusste, dass einen niemand vermissen würde? Erneut tapste sie hin und her und schwankte mehrmals. Wenn sie jetzt fiel - oder sprang - würde sie nicht viel merken. Ein paar Sekunden und der schwerelose Flug wäre vorbei und somit auch ihr sinnloses Leben. Sie seufzte noch einmal tief, atmete langsam ein und aus und sah zum Mond hinauf. Er war umlichtet von dunklen Wolken und einzelne Tropfen fielen vom Himmel. Ein kleines Lächeln schlich sich auf ihre Züge, sie hob die Hand und winkte dem einzigem Freund, der ihr nachweinte. Der einsame Mond. Allein am Nachthimmel. Sie ließ sich fallen, schloss die Augen und nur ein paar Tränen lösten sich von ihren Wimpern. Sie flog wie ein Engel mit ausgebreiteten Armen, bis sie landete. Die Welt verließ. Kapitel 5: Black Shot V ----------------------- Black Shot V Musik: No doubt - Hella god Er stand am Strand und betrachtete die Wellen, die sich im Sonnenuntergang am Horizont wie flüssiges Feuer in Gold brachen. Aus Gold wurde Kupfer, wurde Blut, bis die Lichtquelle versiegte. Es war jedes Mal beeindruckend, wie sich die Sonne wandelte. Oder änderten sich einfach seine Sinneswahrnehmungen? Langsam krempelte er die Hose ein Stück hoch und lief bis zu den Knöcheln ins Wasser. Sanft brachen sich die Wellen an seinen Füßen, umschmeichelten und streichelten seine haut, während die letzten Lichtstrahlen sein Gesicht wärmten. Sie hießen ihn willkommen in ihrer Welt. Stück für Stück schritt er weiter ins kühle Nass, spürte den weichen Sand und die rauen Muscheln unter seinen Füßen, schloss die Augen. Oh, wie er es liebte, hier zu sein. Ganz allein in einer sternenklaren Nacht. Ohne Stress, Kummer und Leid. Er wollte einfach nur hier sein, einfach nur seinen Gedanken nachhängen, frei denken, wie er denken wollte. In der Gesellschaft seiner Freunde oder seiner Familie war ihm das nicht möglich, verabscheuten sie doch alle seine Ideale und verletzten sie ihn damit immer wieder, wenn er sich nicht in Acht nahm. Warum? Warum, fragte er sich jedes Mal wieder, konnten sie es einfach nicht akzeptieren, dass er anders war? Dass er nun einmal nicht in ihre Welt passte! - Oder gar in diese Welt. Verschwand er vielleicht deshalb, sobald sich die Sonne am Zenit brach und die ersten Boten der Nacht auftauchten, wie um ihn zu rufen? Weil er nicht zu ihnen passte... ? Weil er sein Leben auf seine Art führen wollte... ? Weil er weiter als sie dachte... ? Weil er anders war...!? Bitter verzogen sich seine Lippen zu einem der seltenen Lächeln. Seine Füße fühlten sich taub an, so taub und kalt wie sein Herz seit Jahren war, war auch das Meer noch einsam und kalt. Niemand war hier, solange nicht der Sommer, die quälende Hitze brachte. Niemand... nur er. Heißt es nicht, dass Meerjungfrauen und Nixen in den sieben Weltmeeren lebten, weil sie Angst vor ihren Gefühlen hatten? Weil sie einmal verletzt worden waren, flohen sie in die Ozeane, das ihr Herz erkalten und vergessen ließ? Langsam ließ er seinen Blick über die Wellen schweifen. Das sanfte Rauschen beruhigte ihn, ließ ihn alles vergessen, was ihn bedrückte... Sollte er dem Stummen ruf folgen? Den klängen der Sirenen? Er watete weiter ins Wasser bis er zu schwimmen begann. Würde ihn jemand vermissen, wenn er jetzt einfach dem Mondschein folgte und seine Seele befreite? Immer weiter schwamm er hinaus, immer schwerer wurden seine Glieder und immer kälter sein Herz. Vielleicht ein oder zwei, wenn sie nicht mehr an ihm nörgeln konnten. Doch das war ihm egal... auf diese freute er sich nicht, wenn er morgens aufwachte. Auf jene wartete er nicht, wenn er einsam in seinem Bett lag. Weiter schwamm er den Horizont entgegen, wurde verschluckt von den Armen des Neptuns, begrüßt von den schönen Wesen der Unterwasserwelt. Sein Herz wurde kalt. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)