NeverSeeMeAgain von abgemeldet ================================================================================ Kapitel 3: Kapitel 3 New Beginning ---------------------------------- Never See Me Again ---~~~---~~~---~~~ Kapitel3 New Beginning ---~~~---~~~---~~~ Schweigend saßen sie sich gegenüber. Yuri verkrampfte sich zunehmest - die Röte in ihrem Gesicht übertrumpfte sogar eine überreife Tomate. Cox ignorierte es gekonnt und blickte abwesenden im Raum herum. Ballon-ähnliche Lampen baumelten über den Tischen. Ein hölzerner, asiatischer Drache schlängelte sich an der gegenüberlegenden Wand entlang. Kleine, schwarzhaarige Damen mit schmalen Augen - typisch asiatisch eben - wuselten durch das Restaurant. Vor ihm, auf dem schmalen Holztisch, stand eine Schüssel Reis. Unangerührt. Kalt. Die Rothaarige ihm gegenüber stocherte schweigend mit den Stäbchen in ihren Nudeln herum. Alex Cox seufzte resignieren. Das hatte er nun davon! Er saß einer beleidigten Furie gegenüber. Dabei hatte er doch nur höflich sein wollen. Verstehe einer die Frauen! Er verdammte sich insgeheim dafür, sie hierher gebracht zuhaben. Der Appetit war ihm nach dieser Szene gehörig vergangen! Natürlich muss es für sie peinlich gewesen sein, als er ihr versehentlich den Sake übers T-Shirt gekippt hatte. Aber warum musste sie ihn dann gleich anfahren wie eine Wilde?! Was konnte er denn dafür? Hatte sie nicht das Glas ruckartig zu sich rangezogen, als er mitten im Einschenken war? "Mein Gott, die hat nicht mehr alle Tassen im Schrank!", schimpfte er innerlich. Wegen eines kleinen, nassen Fleckes auf ihrem Shirt veranstaltete sie ein Chaos. Ihr "bestes T-Shirt hatte er versaut". "Und so was sollte einmal Agentin gewesen sein? Zimperliche Ziege!", fluchte er insgeheim. Er räusperte sich und blickte sie abwartend an. Yuri erwiderte seinen Blick nicht im Mindesten. "Wolltest du mich nicht mit dem Fall vertraut machen, während wir hier sind?", fragte sie spitz. In Cox brodelte wieder eine Wut hoch, doch routinemäßig dämpfte er sie wieder - er durfte sich jetzt keinen Ausraster erlauben. "Eigentlich", begann er, "wollte ich mich mit ihnen über die Nacht vom 31.Oktober zum 1. November unterhalten. Es liegen einige Fakten noch im Dunkeln." Yuri seufzte. Ihre Finger spielten mit einem Reiskorn, was auf der Tischdecke lag. Ihre Augen blickten gelangweilt in die Seinen. "Es tut mir leid. Aber ich kann mich an nichts erinnern!" Cox war wie vor den Kopf geschlagen. "An nichts?", fragte er ungläubig nach. "Wie kann das sein? Es ist erst 4 Tage her!", donnerte seine Stimme durch das Restaurant. Ein Löffel fiel klackernd zu Boden. Erstaunt und wissbegierig, was denn den älteren Mann mit der flotten Begleitung zum Ausrasten gebracht haben könnte, starrte einige Gäste zu Alex und Yuri herüber. Unverhehltes Interesse an wildfremden Menschen - der Neuigkeitsdurst der modernen Gesellschaft. Sie hatten das Restaurant fluchtartig verlassen. Er hatte sie am Arm gepackt und aus dem "Nihong" gezerrt. "Verdammt, Alex!", zeterte sie neben ihm auf dem Beifahrersitz. "Was sollte diese Aktion?" "Wenn ich das wüsste, währe ich im einiges schlauer!", spottete Cox innerlich. Der Teufel musste in ihn gefahren sein! Alex ignorierte ihre Frage sowie ihre Gereiztheit. Seine Gedanken kreisten pausenlos um den einen Satz: "Ich kann mich an nichts erinnern!" Wie konnte es möglich sein, dass sie sich an nichts, an rein gar nichts, erinnerte? Es war absurd! "Überlegen sie bitte noch einmal gründlich - was ist in dieser Nacht passiert?" Yuri hatte sich von ihm abgewandt. In tiefes Schweigen versunken, starrte sie aus dem Autofenster. Ein Lichtermeer ergoss sich über den New Yorker Nachthimmel. Was war passiert... "Alex, ich versuche schon seit Tagen, mich daran zu erinnern. Doch ich sehe nur verlassene Straßen. Alles ist durcheinander, ein einziges Wirrwarr! Ich weiß nicht, wo ich war, geschweige denn, was ich getan habe! Das Einzige, was ich noch weiß ist, dass ich am darauffolgenden Morgen mit gottverdammten Kopfschmerzen und einem wunderschönen Veilchen unterm Auge irgendwo im New Yorker Ghetto aufgewacht bin und mich ihre scheiß Bluthunde von der Polizei verfolgt haben." Ein tiefes Seufzen entrann seine Kehle. "Sie lassen sich morgen vom Polizeiarzt untersuchen. Ihre Kopfschmerzen und das Veilchen sind mir nicht ganz geheuer!" Yuri sank auf ihrem Sitz zusammen. Als er die Brooklyn Bridge überquert hatte, hörte er sie leise und gleichmäßig neben sich atmen. Alex konnte sich ein Schmunzeln nicht verkneifen - sogar Wildkatzen brauchen ihren Schlaf. Sie hängte den Mantel über den Haken an der Tür. Sie spazierte durchs Zimmer, langsam und elegant wie eine Katze, zog im Lauf ihr dreckiges Shirt über den Kopf und warf es aufs Sofa. Geschickt löste sie den Zopfgummi aus ihrem Haar und ihre Locken legten sich wie fließendes Wasser über ihre Schultern. Seufzend stützte sie sich auf das kalte Fensterbrett. Das triste, trostlose und unheimatliche Zimmer übte eine Wirkung auf sie aus, die sie augenblicklich nachdenklich und melancholisch werden ließ. Sie wickelte eine Locke um ihren Zeigefinger. Rötlich. Sie schimmerten rötlich im schwachen Schein der Straßenlaternen. Wie hatte sie diese Farbe gemocht... wie ihre Locken geliebt... Und jetzt? Wie konnte sie einfach tot sein? Wie nur? Eine einzelne Träne rollte über ihre Wange und perlte an ihrem Kinn ab. Sie benetzte das kalte Fenster - ein kleiner, salziger Tropfen. "Nanu... so was..." Unwirsch wischte sie die Tränenspur weg. Sie war stark - sie durfte nicht weinen! "Verdammt... es hört nicht mehr auf!" Die Tränen begannen zuströmen - unaufhaltsam rollten sie über ihre Wange hinweg. Sie drehte sich nicht vom Fenster weg, schaffte es nicht mehr, sich ins Bett zuschleifen. Sie drehte sich um und rutschte die Wand hinunter. Halb sitzend halb kniend weinte sie. Nach langer Zeit wieder - wütend, verzweifelt, traurig - wie ein Kind, so hatte sie geweint. Die Tränen versiegten. Nur die Trauer blieb zurück. Sie würde sie nie wiedersehen. Das hatte sie begriffen. Begriffen an dem Tag, als sie vom Bett aufstand, die Puppen zurück aufs Bett setzte und zum Telefon griff, ihre Nummer wählte und nur das mechanische Tuten hörte. Resignierend hatte sie aufgelegt, die Nummer gelöscht und sich auf den Weg gemacht. Sie hätte abgenommen... jedoch nicht, wenn... wenn sie ihren Traum verwirklicht hätte. Der Satz hallte noch immer in Yuris Kopf. "Ihr lebt... glücklich, froh und heiter... und schließlich werdet ihr streben." Sie hatte ihre Loreleihaare hinters Ohr geschoben und todesernst zu Yuri geschaut - ihre meerblauen Augen hatten jeglichen Glanz verloren. "Doch ich... ich muss sterben, um endlich glücklich zuwerden." "Nein! Red nicht solchen Stuss, Minako! Zusammen schaffen wir das!" Yuri hatte ihre Hand genommen und sie fest und bestimmt gedrückt - doch Minako hatte nur gelacht. Laut und kalt. "Nein, Yuri - nein! Ich komm nicht mehr von der Sucht los. Es ist zu spät! Es kontrolliert mich! Ich kann nicht mehr ohne! Es würde mich zerstören." Die Rothaarige schüttelte demonstrativ den Kopf, doch als sie ansetzte, etwas zusagen, unterbrach Minako sie. "Nein, nicht mal ein Neuanfang! Ich habe kein Geld mehr. Ich stehle, um an Stoff zukommen. Verstehst du nicht? Ich bin machtlos!" Und sie lachte wieder, ihr Gesicht war bleich, ihre Pupillen extrem geweitet. Sie riss ihren zerfetzten Hemdsärmel ab und streckte Yuri ihre Armbeuge entgegen. Zerstochen. Blutig. Manche der Stiche schienen vereitert, waren blau oder angeschwollen. Yuri hatte den Kopf geschüttelt. Nein... sie durfte sich nicht das Leben genommen haben. Sie war gerannt, gehetzt und doch... sie fand Minako nicht mehr in ihrem Haus. Sie war verschwunden. Sie würde sie nie wieder sehen. Nie wieder. All diese Gedanken und Bilder spukten durch ihren Kopf. Der schwarze Digitalwecker blinkte auf dem kleinen Tisch. 1:36 Uhr. Erst jetzt wurde ihr bewusst, wie erschöpft sie eigentlich war. Sie murmelte etwas, stützte sich mit ihren Händen auf den Boden - doch ihr versagten die Kräfte und sie fiel vorn über. Ihr Atem wurde ruhiger. Schließlich strömte die Luft gleichmäßig in ihre Lungen ein und wieder heraus. Sie träumte nicht. Nur ein schwarzer Vorhang der Erschöpfung legte sich über ihre Augen. ---~~~---~~~---~~~ Ché... ---~~~---~~~---~~~ Jetzt warte ich schon 6 Tage - und nichts passiert! Bis auf die Mordkommission ist keiner zur Synagoge gekommen. Vielleicht werden sie den Fall gar nicht weiter verfolgen oder, noch besser, die Polizei würde SIE für den Täter halten! SIE hatte ich auch nicht mehr gesehen. Als ich sie niederschlug und wegrannte, da war ich zu schwach, sie zutöten. Doch jetzt bin ich stark. Stärker als ich eh zuträumen wagte. Wenn sie mir in die Hände fällt und wie eine kleine ängstliche Maus anfängt zufiepen, werde ich ihr den Kehlkopf zerdrücken. Warum schreibe ich das eigentlich auf? Ich weiß es nicht. Das hier ist nicht für die Nachwelt bestimmt. Ich werde es irgendwo in einen Papierkorb werfen. Niemand wird dieses Buch in die Finger bekommen. Eine eisige Wut hat sich in meinem Inneren aufgestaut. Wut - auf SIE, die mir mein Leben zur Hölle gemacht hatte. Sie hat meine Seele zertrümmert, mit einem einzigen Schlag mitten hinein. Dafür wird sie büßen. Diese Philosophen würden meine Wut als "Liebeskummer" bezeichnen, doch das ist es, weiß Gott, nicht! Als sie mir in der Synagoge die Pistole aus der Hand riss und sie in die auflodernden Flammen schmiss und mir damit meine letzte Verteidigung nahm, als sie mich diesem alles verschlingenden Meer aus Hitze überlassen wollte - da zersprang meine Seele. Es ist unbegreiflich. Nicht das "WIE" quält mich lange Nächte lang - sondern das "WARUM". Ich sitze hier in diesem verdreckten Loch wie ein Penner auf der Straße. Meine Hose ist vollkommen verschlissen - von meinem Hemd will ich gar nicht erst anfangen! Meine Wunden wollen nicht verheilen. Ich werde jede Nacht von Krämpfen wachgerüttelt. Gestern hatte ich mich erbrechen müssen - dieser hass auf sie macht das Leben unerträglich! Ich weiß nicht, wo sie ist. Diese Gewissheit, dass sie entkam, treibt mich zum Wahnsinn! Ich werde verrückt, wenn ich hier nicht bald rauskomme! Ein paar streunende Hunde haben sich in mein Heim gewagt - zu ihrem Pech! Der Hunger wurde langsam unerträglich. Jetzt habe ich für ein zwei Tage Verpflegung - doch was dann? Ich kann mich nicht auf die Straße stellen - vielleicht werde ich gesucht. Vielleicht hat diese kleine Schlampe sich bei der Polizei gemeldet und mich angeschwärzt. Vielleicht haben die Bullen ihr sogar geglaubt - dem kleinen Mädchen, dass seine Eltern verloren hat. Ich stinke. Ich kann es nicht anders sagen! ICH STINKE! Seit 12 Tagen kein Wasser! Ich kann mich nicht waschen - meine Haare beginnen zu verflitzen. Keine Frau würde mich wieder so verlangend und heißhungrig ansehen, wenn sie mich JETZT sehen würde. Ich muss hier raus! Diese Enge! In meinem Kopf dreht sich alles. Der Regen drängt den Boden. Alles ist nass und schlammig. Egal, ob mich jemand sieht - ich verschwinde von hier! IHR werde ich nicht den Sieg gönnen. SIE wird nicht siegen - nein! ---~~~---~~~---~~~ Forsetzung folgt in Kapitel 4 ---~~~---~~~---~~~ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)