Mein Engel von Cowardly_Lion (Amor in Love) ================================================================================ Kapitel 5: ----------- Hi^^ Mittlerweile sind war also schon/endlich bei Teil 5 angekommen. Ich weiß, dass diese Formulierung blöd klingt, aber für mich ist das hier ebenso eine Reise wie für euch. Ehrlich gesagt habe ich noch keine Ahnung, wie lange die Serie noch gehen wird, obwohl ich bereits ein bestimmtes Ende im Sinn habe... Oh je, das hört sich noch merkwürdiger an. Keine Sorge, das war jetzt nicht so gemeint, dass ich in nächster Zeit aufhören will, im Gegenteil; wenn es zwischen den einzelnen Kapiteln etwas länger dauert, dann einfach nur, weil ich will, dass das hier so gut wie möglich wird ^.~ In diesem Kapitel tauchen auch zwei weitere Charaktere auf, auf deren Auftritt ich mich schon gefreut hatte. Das wären zum einen Voltaire (der hier nur kurz durch die Zeilen fliegt, aber später noch nen größeren Part haben wird) und Emily, die ... nun ja, einen Succubus spielt. Klingt doof, ist aber so XD Ne, jetzt im ernst: Ich hab ihr keine Rolle bei den "Bösen" gegeben um sie niederzumachen, sondern weil ich sie (wie alle anderen) gerne habe und denke, dass sie gut in die Charakterkonstellation passt. Und an irgendjemanden muss Ray Kai ja verscheuern wollen, ne? *g* Viel Spaß beim Lesen! *wink* ~~~ ; ~~~ Zu sagen, der restliche Samstag wäre ereignislos verlaufen, wäre falsch formuliert gewesen. Im Grunde war viel passiert, nur leider nicht das, was Ray sich vorgestellt hatte; statt harter Arbeit hatte Chaos und (bei Tyson mehr, bei den anderen weniger) das Futtern von Fertigpizza den weiteren Tagesablauf bestimmt. Was dazu führte, dass sie nicht über das Abdecken des Fußbodens und das Anrühren der Farbe hinausgekommen waren und Ray seinen Plan, Kai an die Frau zu bringen, wieder mal verschieben musste. Der Engel war immer noch damit beschäftigt, die Grausamkeit seines Schicksals zu verfluchen, als Kai in die Küche kam. Wortlos holte der Blauhaarige zwei Tassen hervor und setzte Teewasser auf. Mit einem mehr als gequälten Lächeln sah ihm Ray dabei zu: "Tja, sieht so aus, als wärst du ausnahmsweise mal nicht der erste, der wach ist..." "Verdammt, und dabei hatte ich so hart an diesem Rekord gearbeitet!" Wäre nicht dieses herausfordernde Glitzern in Kais Augen gewesen, hätte Ray wirklich glauben können, dass der Andere das Gesagte ernst meinte. Aber wozu wollte Kai ihn herausfordern? Wenn man mehr oder minder freiwillig mit jemandem zusammenlebte, dann tat man das doch wohl kaum, um jemanden zu haben, dem man den Kopf einschlagen konnte. Obwohl... Irgendwie würde er das Kai durchaus zutrauen... Ray hatte nicht mitgekriegt, wie Kai an ihm vorbei zum Kühlschrank gegangen war, und dementsprechend wäre er vor Schreck beinahe vom Stuhl gefallen, als dessen Stimme plötzlich direkt hinter ihm erklang: "Es dauert also noch knapp drei Stunden, ehe Max und Tyson wieder hier auftauchen." "Äh...Ja.", panisch sah Ray auf die Küchenuhr über der Tür, nur um sich im nächsten Moment blitzartig umzudrehen. Und sich zu wünschen, dass er es gelassen hätte. Das überdimensionale Küchenmesser in Kais Hand gab nämlich einen verdammt guten Hinweis auf das, was gleich mit ihm passieren würde. Irritiert folgte der Blauhaarige seinem Blick - und musste unwillkürlich grinsen: "Eigentlich wollte ich mir damit nur ein Stück Schokoladenkuchen abschneiden. Auch eins?" Wortlos nickte Ray; irgendwie kam er sich gerade ziemlich dämlich vor... ~~~ ; ~~~ "Fassen wir zusammen: Wir hocken in einem viel zu kleinen Büro, haben keine Ahnung, wie wir an Kais Seele kommen sollen und zu allem Überfluss ist auch noch ein ehemaliger Kollege von dir mit dem Auftrag betraut worden. Kann es noch schlimmer kommen?", nach einer Nacht, in der sie, nur von einer Flasche Johnny Walker unterstützt, über dem Fall Hiwatari gebrütet hatten, war Oliver nahe am Rande des Nervenzusammenbruchs. Unruhig sah Enrico den Grünhaarigen dabei zu, wie dieser quer durchs Zimmer tigerte: "Nun, Robert könnte hier auftauchen und uns sprichwörtlich die Hölle heiß machen..." Für einen Moment hielten beide die Luft an und lauschten; als alles still blieb, atmeten sie erleichtert aus. "Wie wäre es, wenn wir im Höllenarchiv nachsehen, ob wir nicht was über Kai rausfinden, das uns bei seinem Fall hilft?" Unsichere Blicke wurden ausgetauscht. Schließlich gab sich Enrico einen Ruck: "Warum nicht? Schaden kann es ja auch nichts mehr..." Das Höllenarchiv hatte Enrico sich anders vorgestellt. Mehr so voller angeketteter Bücher, die umherschwebten und nach einem schnappten, wenn man nicht aufpasste. Zugegeben, Bücher gab es hier tatsächlich, aber die standen ordentlich sortiert in Regalen, die sich bis in die Unendlichkeit zu erstrecken schienen. Was vielleicht daran lag, dass dem so war... Dass Oliver gerade auf einer bedenklich schwankenden Holzleiter stand und nach der gesuchten Akte Ausschau hielt, verbesserte die Lage nichtgrade, sah Enrico sich doch genötigt, beim Halten derselbigen ständig hinaufzustarren. Verdammt, warum musste ausgerechnet ein Kerl so einen niedlichen Hintern haben? NIEDLICH?! Hatte er, der Superplayboy schlechthin, gerade bei einem Mann das Adjektiv "niedlich" benutzt? Ganz ruhig, das waren bestimmt nur die Hormone! Immerhin hatte er seit er in der Hölle war ja fast... drei Tage nicht mehr mit einer Frau geschlafen. Sicher, er hatte nichts gegen Schwule, aber das hieß doch noch lange nicht, dass er auch selbst einer sein musste... "Ich hab sie!", triumphierend hielt Oliver einen verknickten blauen Papierordner hoch. Im selben Moment, in dem der Grünhaarige herunterklettern wollte, brach eine Sprosse ein und er rutschte ab; wenige Augenblicke später fand er sich auf Enricos Bauch kniend wieder. Dieser war scharlachrot angelaufen, was irgendwie... nun, süß aussah. Verträumt lächelnd beugte Oliver sich hinab, bis ihre Gesichter nur noch wenige Zentimeter voneinander entfernt waren: "Alles in Ordnung bei dir?" Dann wurde ihm bewusst, in welcher Position sie sich befanden, und hastig sprang er auf. Für einen Augenblick hatte er doch tatsächlich vergessen, dass alles andere als freundliche Distanz vollkommen unangebracht war... "Ja, alles bestens...", langsam stand Enrico auf, versuchte mühsam, sein rasendes Herz wieder unter Kontrolle zu bringen, "Du hast also die Akte?" Übertrieben heftig nickte Oliver. "Dann lass uns doch mal nachschauen, ob wir was finden..." Stumm machten sie sich auf die Suche nach einem Schreibpult, um den Fall besser studieren zu können; dabei kamen sie auch an einer Bücherreihe vorbei, hinter der seltsame Geräusche erklangen. Um der Peinlichkeit der Situation zu entfliehen und weil er glaubte, endlich ein wenig Horror aufgestöbert zu haben, steuerte Enrico zielstrebig auf den Quell der Laute zu - und stolperte damit geradewegs in eine noch viel größere Peinlichkeit: Statt dem erhofften Höllenfeeling fand er dort ein knutschendes Pärchen vor. Kaum hatten die ihre Zuschauer wahrgenommen, verschwanden sie mit einem verschwörerischen Grinsen: "Keine Sorge, von uns erfährt keiner was! Viel Spaß noch..." Es heißt immer, die Hölle bestehe aus einer Menge Menschen. Nun, wenn man sich all die Abteilungen, in denen es vom Büro bis zu den Schwefelgruben das unterschiedlichste Personal zu verteilen galt, anschaute, so mochte das durchaus stimmen. Aber wenn man in den eigenen kleinen Mikrokosmos ging, so stellten Enrico und Oliver gerade fest, konnte auch schon ein einziger Mann reichen: Der, der gerade neben einem steht und nichts sagt, weil er viel zu beschäftigt damit ist, das Problem zu ignorieren, dass es überhaupt ein Problem gibt. So kam es, dass die beiden viel lieber in einer unleserlich geschriebenen Blättersammlung herumwühlten, als sich in die Augen zu sehen. Überhaupt war die gesamte Akte eine einzige Zumutung: Nicht nur, dass dieser Hiwatari bis auf die Tatsache, dass er ein grummliges, ganz und gar unleidliches Subjekt war, rein gar nichts verbrochen hatte, nein, nach den ersten zwanzig Seiten gab es noch immer keinen Hinweis auf mögliche Angriffspunkte. Erst Nummer 21, die letzte Seite, brachte die Rettung für die Ewige Verdammnis. ~~~ ; ~~~ Zu Rays Erstaunen klappte die Zusammenarbeit mit Kai erstaunlich gut. Sie wollten gerade anfangen, die andere Hälfte der zweiten Wand zu verschönern, da klingelte es an der Tür. "Lass, ich geh schon!", noch ehe Ray überhaupt reagieren konnte, war Kai bereits aufgesprungen und aus dem Raum verschwunden. "Wie kann ich hel..." "So, du gibst mein Geld also immer noch dafür aus, in so einer Bruchbude zu wohnen!", unterbrach eine missgestimmt klingende Männerstimme Kai, "Na ja, was habe ich auch anderes erwartet? Du legst es ja geradezu darauf an, mich durch dein Verhalten ins Grab zu bringen... Statt meine Firma zu übernehmen, studierst du lieber so einen unnützen Schwachsinn wie Medizin und..." "Medizin ist kein "unnützer Schwachsinn", Großvater; das dürftest du spätestens dann merken, wenn du einen Arzt brauchst. Vielleicht könnte ich dir sogar bei dieser Erkenntnisfindung behilflich sein...", Kai klang jetzt merklich unterkühlt. Oh je, am besten sah Ray doch mal nach, was da eigentlich los war... Vorsichtig lugte der Engel durch den Türspalt: Im Flur standen Kai und ein beleibter Mann mit langen, grauen Haaren und warfen sich feindselige Blicke zu. Gereizt fuhr der Ältere fort: "Ach lenk doch nicht vom Thema ab! Der Punkt ist, dass ich dir alles gegeben habe und du nichts davon zurückzahlen willst. Statt dir eine Frau zu suchen und mir ein paar Erben in die Welt zu setzen, spielst du lieber den Wunderheiler und Handaufleger!" Okay, dass Kai gerade einen Blick drauf hatte, als würde er seinem Verwandten gleich an die Kehle gehen, war sicher kein gutes Zeichen... Auch wenn Ray den Blauhaarigen ausnahmsweise verstehen konnte, so sollte er doch wohl besser eingreifen; wenn Kai wegen Mordes im Gefängnis saß, erleichterte das seinen Job schließlich auch nicht. Ray schloss die Augen und atmete einmal tief durch, ehe er die Zimmertür ganz öffnete und hocherhobenen Hauptes in den Flur trat. Er konnte nicht so recht glauben, was er da gleich tun würde... Sofort zuckte Kais Großvater herum und starrte ihn misstrauisch an: "Wer ist das?" "Ich bin Rei, Kais... äh... Mitbewohnerin.", Ray gab sich wirklich Mühe, seine Stimme möglichst hoch klingen zu lassen. Während Kai ihn daraufhin anstarrte wie das achte Weltwunder, unterzog dessen Großvater ihn einer kritischen Musterung. Offenbar schien ihm das was er sah zu gefallen, denn mit einem zweideutigen Grinsen meinte er: "So so, die "Mitbewohnerin" also... Dann will ich auch gar nicht weiter stören." Schneller als sie schauen konnten, war der Alte verschwunden. Stirnrunzelnd äffte Kai ihn nach: "So so, die "Mitbewohnerin" also... Wie bist du denn auf die Idee gekommen?" Ja, wie eigentlich? Na ja... "Da mich anscheinend sowieso jeder für ein Mädchen hält, dachte ich, ich kann dir damit ebenso gut helfen." Für einige Sekunden sah es so aus, als wolle Kai lächeln, doch dann hatte er seine Mimik wieder unter Kontrolle: "So ganz nachvollziehbar ist das für mich auch nicht; aber um nicht vom eigentlichen Thema abzulenken: Tut mir leid, dass du dem berüchtigten Voltaire Hiwatari auf diese Art und Weise kennengelernt hast. Ich hätte dich ja gewarnt, aber normalerweise taucht er nur einmal im Monat hier auf und hält diese Predigt." Irgendetwas machte beim Namen "Voltaire Hiwatari" "klick" in Rays Gehirn. "Heißt das..." "Ja, ich bin der Erbe der Biovolt Corporation, des weltweit größten Entwicklers für Computerchips und -programme aller Art. Entschuldige, dass ich dich in punkto meiner finanziellen Situation angelogen habe, aber du wirst verstehen, dass man das nicht jedem sofort auf die Nase bindet..." Ja, das schon. "Aber wieso hast du dann eigentlich einen Mitbewohner gesucht?" "Ich dachte, dass sei eine gute Idee, um etwas Normalität in mein Leben zu bringen. Und Bei dir hatte ich einfach gleich ein gutes Gefühl." Kai wollte Normalität in sein Leben bringen? Hurra, das war ja beinahe so, als hätte Hannibal Lecter gerade proklamiert, er wolle sich von jetzt an vegetarisch ernähren! Ray war bei dieser Vorstellung so nahe dran, in einen hysterischen Lachkrampf auszubrechen, dass er Kais zweite Äußerung gar nicht richtig registrierte. Selbst wenn er sie bemerkt hätte, hätte er das ganze wahrscheinlich sowieso nur als üblen Scherz abgetan, war er doch schließlich sowieso der Meinung, dass KAI HIWATARI garantiert nie etwas Nettes über jemanden sagen würde... ~~~ ; ~~~ "Ich glaub das nicht! Ich glaub das einfach nicht!", seit gut zehn Minuten wiederholte Oliver immer wieder in mehr oder minder abgewandelter Form diesen einen Satz, der mittlerweile mehr nach irgendeinem unbekannten, fernöstlichen Mantra klang. "He, ich konnte vorher auch nicht ahnen, dass Voltaire sich Ray kurz anschaut und dann einfach glücklich und zufrieden verschwindet; wer kommt schon auf die kranke Idee, dass dieser infantile alte Sack¹ ihn für ein Mädchen halten könnte?" "Das sagt ausgerechnet derjenige, der mich für ein gottverdammtes Mädchen gehalten hat!" Hitzig sprang Enrico von seinem Bürostuhl auf: "Was kann ich bitte dafür, wenn mir meine Hormone signalisieren, dass du ungemein sexy und erregend aussiehst?!" Ehe einer von ihnen ihrem Lieblingshobby nachgehen und rot anlaufen konnte, materialisierte sich wieder ein mit einem Zettel umwickelter Backstein, der Enrico diesmal nicht auf den Kopf, sondern auf den Fuß stürzte. Während dieser laut fluchend auf einem Bein durch die Gegend hoppelte und sich beschwerte, dass er jetzt genau wisse, weshalb der Paragraph mit der gesetzlichen Krankenversicherung im Arbeitsvertrag extra fett gedruckt war, hatte Oliver sich die Mühe gemacht, das Papier vom Zettel zu wickeln und zu lesen. Die darauf stehende Anweisung war weder allzu blumig, noch besonders freundlich formuliert; vielmehr bot sich dem Blick des Lesers ein einziger, prägnanter Satz dar: In mein Büro - SOFORT!!! Robert saß mit übereinandergefalteten Händen und ernster Miene an seinem Schreibtisch: "Meine Herren, dürfte ich bitte erfahren, welche Erfolge Sie bisher im Fall Hiwatari aufzuweisen haben?" "Öh... Na ja...", hilflos sah Enrico zu Oliver hinüber. "Sie schweigen? Nun, dann sage ich es ihnen: Keine! Sie Versager haben rein gar nichts geschafft!", wütend sprang Robert auf. Seine Gesichtsfarbe war schon nicht mehr bloß rot, sondern kam langsam in den Bereich, in dem sie seiner Haarfarbe Konkurrenz machen konnte. "Ja, aber wir sind doch erst seit zwei..." "Seit zwei Tagen mit dem Fall beauftragt? In zwei Tagen hat mein Urururgroßvater es Feuer regnen lassen, Sodom und Gomora in den Untergang getrieben und noch ganz nebenbei eine alte Frau unter einen vorbeifahrenden Streitwagen geschuppst! Hat einer von Ihnen eigentlich überhaupt eine Ahnung, wie man eine Seele stiehlt?" Verlegenes Schweigen war Antwort genug. Seufzend ließ Robert die Hände aus den Hüften sinken: "Das Personal von heute... Na schön, dann werde ich Ihnen eben Hilfe zuteilen; eine der erfolgreichsten Succubi überhaupt dürfte eigentlich ausreichen, oder?" Schlagartig wurde Oliver bleich; Enrico und ein Beischlafdämon in einem Team - das konnte einfach nicht gut gehen. Zumal da noch die kleine Stimme im Hinterkopf des Grünhaarigen war, die ganz unverhältnismäßig eifersüchtig auf diese Vorstellung reagierte... Dennoch nickte er schicksalsergeben, als Robert ihn fragend ansah. Zufrieden schnalzte ihr Chef mit der Zunge, ehe er sich der Sprechanlage zuwandte: "Sehr schön! Johnny, würdest du bitte Miss Emily herbestellen?" ~~~ ; ~~~ So, Ray lebte also nicht nur mit einem Psychopathen, sondern mit einem reichen Psychopathen zusammen. Verdammt, er hätte Kais Akte wirklich lesen sollen... "Du bist so ruhig; musst du immer noch über vorhin nachdenken?", fragend sah besagter Blauhaariger ihn an. "Was? Nein nein, es ist nur..." "Mein Großvater, schon klar. Hör mal, vor dem hast du nichts zu befürchten; er meint einfach, weil er mich bei sich aufgenommen und großgezogen hat, hätte er das Recht, sich in mein ganzes Leben einzumischen..." Irgendetwas an dieser Formulierung ließ Ray hellhörig werden - aber was? Er war gerade fieberhaft am Überlegen, da läutete es schon wieder. "Kai, Ray ©! Macht auf, wir sind's - Tyson und Max!" Stirnrunzelnd machte Kai keinerlei Anstalten, sich zu bewegen: "Schön für euch; sollte mich das jetzt irgendwie beruhigen?" "Ach kommt schon! Wir helfen euch immerhin beim Streichen - und wir haben DVDs für einen anschließenden Filmabend mitgebracht!" "Wenn du sie noch weiter schmoren lässt, ist vielleicht sogar der dazugehörige DVD-Player drin...", ehe er überhaupt wusste, was er da sagte, hatte Ray diese Worte ausgesprochen. Oh, verdammt! Er als Engel sollte so was doch nicht sagen! So etwas war böse, habgierig, unfair und... Das Lächeln, das Kai ihm schenkte, wischte jeden anderen Gedanken beiseite. Keine Spur von Selbstzufriedenheit oder Zynismus lag darin, viel mehr wirkte es ehrlich, ja beinahe... liebevoll. Einige Sekunden starrte Ray Kai einfach an, konnte nicht glauben, dass er dieses kleine Wunder ausgelöst hatte. Dann kam wieder Leben in ihn: "Ich... Ich öffne ihnen dann mal, okay?" "Mmh, ist gut.", meinte Kai, ohne auch nur für eine Sekunde den Blick von ihm abzuwenden. Erst als Ray Max und Tyson hereinließ, wich das Lächeln aus seinem Gesicht und seinen Augen, machte dem gewohnten gleichgültigen Ausdruck Platz. Den ganzen Tag über grübelte Ray nach, was da am Vormittag passiert war, warum er überhaupt das Gefühl hatte, dass da etwas passiert war. Machte Kai das auch mit den jungen Frauen so, die ihn anhimmelten und die er abblitzen ließ? Köderte er sie auch mit seinem Lächeln? Hatte er überhaupt eine von denen schon mal angelächelt? Am liebsten hätte der Engel seinen Kopf gegen die nächste Wand geschlagen; bei seinen anderen Fällen hatte er sich so was doch noch nie gefragt! Warum also ausgerechnet bei Kai? Weil das sein erster Schützling war, dem er so nahe kam? Weil er einigermaßen intelligent zu sein schien und gut aussah? ... Moment mal, seit wann fand er bitteschön, dass Kai gut aussah? Na ja, die breiten Schultern, der athletische Körperbau und dieser knackige Hintern hatten schon was für sich... Aaaaargh! Das war ja nicht zum Aushalten! Klar, rein äußerlich betrachtet war Kai top! Aber innerlich, innerlich war dieser Kerl ein Stück verwesendes Fleisch! Genau! Seufzend fuhr der Engel sich mit einer Hand durch die Haare; warum verwirrte dieser Typ ihn so sehr, dass er einerseits wackelige Knie beim Gedanken an ihn bekam und ihn andrerseits manchmal (okay, fast immer) am liebsten umgebracht hätte? ~~~ ; ~~~ "Was, DIE soll irgendwelche Sterbliche dazu bringen, ihr hinterherzujagen?", fassungslos starrte Enrico den Succubus an, der eben hereingeführt worden war. Irgendwie hatte er sich solche Wesen immer anders vorgestellt; sinnlicher, nicht ganz so prüde. Doch die junge Frau vor ihm hatte so gar nichts von einer devoten Verführerin. Ernst musterte sie ihn durch dicke Brillengläser hindurch, machte dabei den Eindruck, noch nie gelacht zu haben. Alles an ihr wirkte streng, ja geradezu verbissen penibel: Ihr orangenes Haar hing wie ein Vorhang auf Schulterhöhe, verdeckte noch mehr Haut, als ihr Rollkragenpullover und die Jeans es allein vermocht hätten. "Nun, natürlich nicht in diesem Aufzug...", auffordernd klatschte Robert in die Hände, "Emily, wenn ich Sie bitten dürfte, Ihre Normalform anzunehmen." Langsam geriet die Gestalt der Dämonin in Fluss: Die Haare wurden länger, bis sie schließlich in Form einer langen Lockenmähne über wohlgeformte Brüste wallten. Zeitgleich verschwand die Brille und die Kleidung wurde immer figurbetonter, bis sie schließlich in einem fast durchsichtigen weißen Sommerkleid endgültigen Ausdruck fand. Emilys Stimme klang angenehm rauchig, als sie spöttisch fragte: "Und, gefalle ich Ihnen so besser, "großer Meister"?" Abschätzend musterte Johnny sie: "Nun, du würdest uns noch besser gefallen, wenn du nicht so aufmüpfig wärst, aber das ist wohl die Art von deinesgleichen." Beruhigend legte ihm Robert eine Hand auf die Schulter: "Genug der Beschimpfungen; wir sind schließlich nicht hier, um einander zu diskreditieren, sondern weil wir einen Auftrag für Sie haben, teuerste Emily." Misstrauisch funkelte Emily ihn an: "Und was hätte ich davon?" "Nun, ich würde mich im Gegenzug dazu bereit erklären, Ihren sehnlichsten Wunsch zu erfüllen: Auflösung Ihres Arbeitsvertrages und freies Geleit aus der Hölle. Im Gegenzug dafür werden Sie als Studentin auftreten und Zeit mit der von uns bestimmten Zielperson verbringen." Während die anderen Drei sich unterhalten hatten, hatten Enrico und Oliver in einer Ecke gestanden, Däumchen gedreht und abwechselnd die Decke und ihre Schuhe angestarrt. Jetzt, da das Gespräch indirekt auf sie fiel, fühlten sie sich ... nun ja... unwohl. Dafür hatten sie jedoch höchst unterschiedliche Gründe: Während Oliver sich nicht eingestehen wollte, dass die Aussicht, außer sich noch eine Frau in Enricos Nähe zu wissen, ihn mehr beunruhigte als sie es eigentlich sollte, musste Enrico zugeben, dass Emilys Anblick noch immer keine Leidenschaft in ihm erweckte, sondern eher das Bedürfnis, sich Oliver unter einen Arm zu klemmen und wegzulaufen. Dabei war jedoch nicht in erster Linie der Aspekt der Flucht das Verwirrende, sondern das von seinem Unterbewusstsein angepeilte Versteck: Ein großes, mit Seide bezogenes Himmelbett, das genug Platz für... gewisse Aktivitäten bot. Kritisch wurden sie von Emily gemustert, der keineswegs entging, dass ihre zukünftigen Kollegen synchron tomatenrot anliefen. Sie schien noch immer nicht gänzlich überzeugt, als sie schließlich widerwillig nickte: "Die Beiden sehen aus, als hätten sie jede Hilfe nötig, die sie kriegen können!" Fragend sah Emily sich in dem kleinen, in etwa dem Format einer Schuhschachtel entsprechenden Büroraum um: "Und wo ist mein Platz?" Entgeistert starrte Oliver sie an: "Bist du nicht eigentlich nur für den Außendienst tätig?" "Ja, aber trotzdem muss ich Wochenberichte verfassen und eine feste Arbeitsstätte angeben.", teilnahmslos zuckte die Orangehaarige mit den Schultern, "So sind eben die Vorschriften!" Als Enrico daraufhin den Mund öffnete, schloss Oliver gequält die Augen. Das Angebot, das ihn für immer aus der Nähe des Anderen verbannen würde, kam also noch schneller als erwartet... "Nun, dann teilen uns Oliver und ich eben einen Schreibtisch und du übernimmst seinen, okay?" Äh... Hä? ~~~ ; ~~~ Am Ende eines langen, anstrengenden Tages saßen Kai und Ray einträchtig nebeneinander auf dem Sofa und schauten "Tatsächlich...Liebe"², einen Film, den Max vorhin ausgesucht hatte. Jener weilte gerade in der Küche, um aufzupassen, dass das Popcorn von der Mikrowelle aus auch wirklich ins Wohnzimmer und nicht etwa in den Magen seines Liebsten wanderte. "Du, Kai... Auf welchen Typ Frau stehst du eigentlich?", Ray gab sich Mühe, seine Frage möglichst beiläufig klingen zu lassen. Vielleicht half ihm das ja bei seinem Auftrag weiter... "Nett, intelligent, sollte sich nicht jede meiner Launen widerstandslos gefallen lassen... Wieso fragst du?", prüfend sah Kai ihn an. Ray konnte nicht verhindern, dass seine Wange sich leicht rosa färbten: "Och, nur so. Und äußerlich?" Er konnte schon fast so etwas wie Belustigung aus Kais Stimme heraushören, als dieser meinte: "Langhaarig und mit Augen, die einen alles andere um sich herum vergessen lassen. Aber das Wichtigste ist..." Ehe Kai seinen Satz beenden konnte, kam Max hereingeplatzt: "So, ich bring euch was zum Knabbern mit... Oh, störe ich?" "Nein nein!", panisch sprang Ray auf, "Ich wollte sowieso grade ins Bad!" Er wusste nicht, warum er dann davonstürmte, aber er hatte einfach nur das Bedürfnis, sich ins nächste Mauseloch zu verkriechen und nie wieder daraus hervorzukommen. ¹ Man beachte bitte den Widerspruch *g* ² Sorry, aber das musste jetzt hier rein. Ich liebe diesen Film... Schon allein, weil Alan Rickman mitspielt ^.^ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)