Die Revolution von fany10 ================================================================================ Kapitel 3: Unzufriedenheit -------------------------- Hi! Also erstmal vielen, vielen Dank für die Kommentare! Ohne die würde mir sicherlich bald nichts mehr einfallen :-( Aber so lange noch ein paar hier sind, mache ich mir keine Sorgen :-) Und als kleines "Schmankerl" ,hier ein wirklich langes Kapitel. Erstens, weil es diesmal einiges aufklärt und zweitens, weil ich nicht weiß, ob ich nächsten Freitag schon hochladen kann. Vielleicht, vielleicht auch nicht. Auf jeden Fall an irgendeinem Freitag ;p Würde mich freuen wenn ihr wieder vorbeischaut! Viele Grüße (wie immer natürlich), Fany ******************************************* "Na?" "Na, was?" "Na, wie lief's?" "Na, fabelhaft." "Du lügst." "Wie kommst du darauf?" "Deine geliebte Teekanne liegt zertrümmert auf dem Boden und der Eyeshadow hat graue Streifen auf deinen Wangen hinterlassen." Lilli begab sich voller Unlust zum Waschbecken, wusch sich das Gesicht mit eiskaltem Wasser und starrte sich selbst in die mit blauen Striemen durchzogenen Regentage. "Emi" ,seufzte sie, "ich wäre lieber von den Flodders adoptiert worden." "Die Flodders?" "Ja, kennst du die nicht? Die Familie zum Knutschen. Voll die ekelhaften...." "Lil, vielleicht ist es besser wenn du dich damit abfindest. Einfach versuchst, das Beste daraus zu machen." Emilie sammelte in einem Anflug von Ordnungssinn die Teekannenscherben auf und schmiss sie in den Müll. "Das Beste wäre es, sich von der nächsten Brücke zu stürzen. Ich hasse Evgeni! Er hat getan, als beklage ich mich über ein rosa Laken weil ich Weiße bevorzuge und nicht vielleicht um für mein Leben zu betteln." Lilli legte sich mit verschränkten Armen auf den Rücken und schaute in den sternenklaren, von Bäumen fast verdeckten Nachthimmel. Mochte alles sein wie es wollte in diesem Laden hier, bei den Flodders hätte sie kein so schönes Zimmer. Ihres war sehr gemütlich. Ausgestattet mit diversen Möbeln, besaß sie Fernseher, Heizung, Radio und ein Bad mit Dusche. Und das war Luxus! Von außen war es vollkommen unscheinbar. Ein großes Anwesen im Dickicht, mit vielen kleinen Gebäudetrakten. In der Gegend um sie herum gab es weder öffentliche Wege, noch Trampelpfade. Kaum ein Mensch verirrte sich hier her, so mitten im Wald wie die sieben Zwerge. Obgleich sich der Orden nicht sonderlich bemühen musste im Geheimen zu agieren, da sich nicht viele für eine uneingetragene Organisation interessierten. Sie existierten einfach nicht. "Evgeni?" Emi zog eine Fratze, "der braucht mal eine Frau. Deshalb ist er immer so mürrisch. Kein Sexualleben sag ich dir." Lilli verdrehte die Augen, "wo hast du das gelesen, in deinen Cosmopolitan Heftchen? Sein Sexualleben und die arme Frau die es mit ihm teilen muss, perlt an mir ab wie das Wasser an einer Ente. Der Typ hat so viel Herz wie eine Tiefkühltruhe." "Zum einen würde es dir auch nicht schaden ab und zu ein zeitgerechtes Magazin zu lesen, anstatt immer nur die überholten Schinken längst abgenippelter Autoren und zum anderen: Wer sagt dass Tiefkühltruhen kein Herz haben?" "Emi" , sie haben gesagt, dass ich ab Morgen die Beweise erbringen muss. Gott, was soll ich tun, Emi?" "Den Beweis ranschaffen!" "Ja und dann? Verbringe ich außerdem mein halbes Leben damit, mindestens acht Stunden nächtlich hinter Nosferatus Schatten herzuhechten. Das mit dem Beweis ist ja schon schlimm genug. Aber den Quatsch mit dem Überwachen hab ich immer lächerlich gefunden." "Hast du im Unterricht denn nie aufgepasst Lil, das ist doch der springende Punkt!" ,nervte Emilie und fing an sie zu belehren. Das machte sie zum Leidwesen ihrer Mitmenschen gern. "Da die guten Nager laut Pakt nicht töten dürfen, ihren Opfern allnächtlich also noch genug Blut zum Weiterleben lassen müssen, ist es doch logisch, dass sie ihren guten Willen auch beweisen müssen. In Form eines......." "Emi! Emi, ich kenne die Regeln" ,langweilte sich Lilli, brachte ihre Kameradin allerdings nicht vom Weg ab. Die fuhr genüsslich fort, als die geborene Pädagogin. Zu schade dass sie nie die Möglichkeit haben würde, wirklich eine zu werden. ".......in Form eines Artefaktes ihrer, ich nenne es Beute. Handelt es sich dabei auch nur um eine Haarsträhne. Da kommst du dann auf den Plan, fasst in den Briefkasten des Vampirs, greifst dir das Ding, bringst es gegen Morgengrauen her und kannst dann in die Federn steigen. Währenddessen sind unsere Basen, Vetter, und was auch immer, bereits dabei, die Beweise einer Nacht zu kontrollieren und auszuwerten. Bis sie sich die Identität des Opfers ermittelt haben und überprüfen können, ob es sich tatsächlich um den angegriffenen Menschen gehandelt hatte und ob eben der noch lebt. Frag jetzt bloß nicht wie die das gebacken kriegen, ich hab das mit dem Forschungsprozess noch nie begriffen. Nun zur Beschattung an sich." Lilli stöhnte auf. "Hör schon auf Frau Lehrerin, ein ganz so dummer Schüler war ich dann doch nicht. Die Frage ist doch nur......." "Lass mich doch mal ausreden Lil, oder willst du mit Eselsmütze in die Ecke stehen?" Manchmal konnte Emi einen wirklich aufregen. So wie jetzt, während sie sich beim Weiterreden schon wieder die Haare kämmte. Die waren übrigens ihr größter Stolz, zusammen mit ihren stechend grünen Augen. Auf die sich jede Kuh gestürzt hätte, weil sie mit Tausenden von Grashalmen in der oberen Gesichtshälfte zu verwechseln waren. "Ausnahmslos alle Vampire bauen ein Band zu ihren Opfern auf, nicht selten Monate bevor sie es dann anknabbern. Deshalb ist es ihnen höchst zuwider -und das ist das verbliebene Glück unsereins- fremde Körper zu überfallen. Eine Mehrheit greift in regelmäßigen Zeitabständen sogar immer wieder auf die selben Personen zurück. Man sieht, sie speisen nicht wahllos. Dann kommst wieder du, oder ich, oder eben die anderen Voyeure...oops, ich meine natürlich Behüter." "Ja Emi, was dann? Was bringt unsere Anwesenheit, wenn ohnehin schon alles geklärt ist? Wieso reicht nicht der Beweis der zeigt, dass die wandelnden Blutkonserven noch munter weiter leben? Warum hüllen sich alle in Schweigen wenn man darauf zu sprechen kommt?" "Weil doppelt gemoppelt besser hält." "Hä?" ,war Lillis berechtigte Entgegnung. "Amtlich heißt es, dass wir dazu da sind, um nach dem Rechten zu schauen. Dass der Vampir zu seiner schon bestehenden Abnormalität nicht unbemerkt irgendwelche Weiteren entwickelt und blutige Orgien zu feiern anfängt. Solche Kranken soll es ja immer geben. Allerdings ist es längst kein Geheimnis für die Mitglieder mehr, dass der Orden damit die Absicht verfolgt, eine überwachende Totalkontrolle über die Feinde zu behalten. Sie, und damit wir, haben Angst. Angst dass uns die Situation entgleist. Denn auch wenn wir den Anschein aufrechterhalten, hätten wir im Falle eines Falles nicht wirklich etwas entgegen zu setzen. Die Opposition ist zu übermächtig." Lilli war aufmerksam wie ein Schlosshund geworden und konnte sich eines flauen Gefühls im Magen nicht erwehren (an dem ein Schlosshund sicher nie litt). "Kein Geheimnis für die Mitglieder des Ordens mehr sagst du? Ich hab davon nichts gewusst, warum hat mir nie einer......ich dachte immer......" "Das kommt von deiner Bücherwurmerei, Lil. Du bekommst nie etwas mit! Oder weißt du etwa von Anabellas Verhältnis zu........" "Mit anderen Worten, wir haben eigentlich nicht die geringste Macht über die Vampire und tun nur so? Damit sie genau das nicht merken?!" Lilli schien ungläubig, das war doch wohl ein schlechter Scherz! "Was heißt keine Macht. So darfst du das auch nicht sehen. Natürlich kann man in vereinzelten Fällen gegen einen von ihnen etwas unternehmen, die Möglichkeiten dazu sind vielfältig. Der Aufwand ist zwar gigantisch und die Verluste groß, aber es funktioniert. Schwierig würde es nur eben wenn sie sich zusammenschließen sollten. Doch das werden sie nicht, die Meisten sind geschworene Einzelgänger." "Wir arbeiten mit einer einzigen, großen Illusion!? Das ist alles?! Illusion?!" Darüber würde Lilli noch lange nicht hinwegkommen. "Ach Lil!" Emi strich ihren moosgrünen Pulli glatt, der doch so ausgezeichnet mit ihren Augen harmonierte. "Solange sie aufrecht erhalten bleibt, was soll's? Das tut's doch und besser als nichts ist es auch." Dieses absolut neue Wissen brach über Lilemour herein und sie fragte sich, wie es möglich war all die Jahre auf Schein zu bauen. Wie es möglich war, dass sie selbst es sich nicht hatte denken können. Zahllose Lehrbücher über das Wesen und die übernatürlichen Fähigkeiten von Vampiren hatten sie nicht auf die Idee gebracht zu überlegen, mit welchen Mitteln der Orden ihnen eigentlich entgegenwirken könnte. Es gab ganz schlicht und einfach keine. Keine wirklichen! Ihre Welt schrumpfte gerade auf Knopflochgröße und sie fühlte sich klein. Ein kleiner Lügner in einem Orden voller Gleichgesinnter. Sie hatte ihn immer fraglos für die ausschlaggebende Gewalt gehalten, den Vampiren um ein Weites voraus. Wie weit sie in Wirklichkeit doch hinter ihnen lagen. Wie weit...... "Was ist mit den wilden Vampiren, Emi" ,wollte Lilli wissen, um ihren unangenehmen Gedanken wenigstens kurzweilig zu entgehen und nicht zu Unterschätzendes anzusprechen. "Die halten sich an gar nichts. Man weiß, sie existieren außerhalb des Vertrages, aber keiner kennt sie und niemandem ist ihre genaue Anzahl bekannt." "Es gibt ja kaum noch welche von denen" ,antwortete eine nicht im Mindesten schockierte Emilie. Wie lange sie wohl schon von den wahren Umständen über die Fronten wusste? Vom wahren Können, oder doch Nichtkönnen der Organisation. "Die haben sich durch uns reduziert Lil, durch uns! Bist du nicht stolz auf deine Big Familiy?! Wir haben die Meisten echt im Griff!" "Ja, weil sie glauben sich vor uns in Acht nehmen zu müssen." "Na und? Sie sind die Bösen, da ist es doch ganz und gar wurscht wie man sie eindämmt. Das ist Psychologie! Wir haben's eben drauf!" "Jeah" ,fiepste Lilemour in gespielter Glückseeligkeit, "ich schwinge das Siegerfähnchen. Bis sie dann mal merken dass wir ihnen unsere Stärke nur vorgaukeln!" Emilie schien auf einmal melancholischer und legte ihre Bürste zur Seite. Das war kein Zeichen von Friede, Freude, Eierkuchen. "Lass jetzt endlich diese Schwarzseherei. Ich hab doch schon gesagt, so lange der Pakt hält und....." "Was?! Was war der Grund, Emi? Warum haben die Vampire einem solchen verrückten Pakt zugestimmt?" "Du hast in Geschichte wohl doch geschlafen, was?" "Bitte! Es hätte mich interessiert wenn mit bewusst gewesen wäre dass wir mit unseren Täuschungen David Copperfield Konkurrenz machen könnten. Außerdem hatten wir Herrn Wohlhüter." "Herr Wohlhüter? Ok, das erklärt alles, dir sei verziehen" ,gab Emilie zu und fing ohne Umschweife an. "Ich kann mich nicht mehr an die Jahreszahl erinnern, aber auf jeden Fall in den Wirren am Ende des neunzehnten Jahrhunderts, als......." "Welche Wirren?" "Keine Ahnung, Lil! Wirren gab es doch immer" ,überspielte Emilie geschickt ihre Wissenslücke und ließ sich nicht davon aufhalten, wobei sie stichpunktartig fortfuhr. "Zu der Zeit hatten die Blutsauger einen Tiefstand. Eine persönliche Rezession. Geburtenrückgang um es pervers auszudrücken. Die Ursachen waren unklar. Es gab in schleichender Entwicklung einfach immer weniger von ihnen." "Und das nennst du Wirren? War doch wunderbar." "Fanden die nicht. Obgleich sie im Großen und Ganzen wie schon gesagt wirklich passionierte Einzelgänger sind, taten sich einige von ihnen damals zusammen. Einer Tagung zu Gute, in der sich alle Gründe für die langsame Ausrottung ihrer Art herauskristallisieren sollten. Irgendwie meinten sie fälschlicherweise, dass die im Durchschnitt wenig erfolgreichen Möchtegern Vampirvernichter an einigen Prozenten der Vampir -Todes- Statistik ihren Anteil hatten. Vielleicht haben sie sich von den Dracula Geschichten und seinem unglorreichen Ende beeinflussen lassen. In ihrem geschwächten Zustand jedenfalls verdrängten sie ihren Stolz und waren für einen Kompromiss mit den Menschen bereit. Tja, was soll man da noch groß sagen? Wahrscheinlich setzten sie sich im simpelsten Falle durch Zufall mit einem Vampirkenner der intelligenteren Sorte in Verbindung. Er wusste von der tatsächlichen Machtlosigkeit der Sterblichen gegenüber seinen Vertragspartnern, sah die beispiellose Chance und ergriff sie. Es heißt übrigens, dass derselbe auch Gründer dieses Ordens war." "Mit anderen Worten" ,überlegte Lilli, an einem Gummibärchen kauend, "das war der Oberlügner und die Megafledermäuse haben sich vor lauter existentieller Panik mehr oder weniger von ihm aufs Korn nehmen lassen." Emi machte eine Schnute, "Zugegeben, der Pakt kam den wenigen Menschen, die von Vampiren wussten auf alle Fälle gelegen, genauso den Unwissenden, nur, dass die Sorte die Gefahr nie gekannt hatte und nicht kennt. So ganz negativ fiel er für die andere Seite aber auch nicht aus. Sie waren vielleicht von Furcht erfüllt, und ich bitte dich! Wenn du dich auch einen Dreck um deine Artgenossen scheren würdest, aussterben wolltest du ja wohl auch nicht, oder? Dumm waren, oder besser gesagt, sind sie jedoch nicht und darum....." "Man sollte meinen", schimpfte Lil dazwischen, "dass das oberste Gebot die Verringerung des Vampirbestandes ist. Aber nein, diese Intelligenzbestie an Gründer half ihnen bei der Familienplanung." "Na ja" ,stimmte Emi zu, "in einen sauren Apfel musste er beißen. Wer hätte schon wissen können, ob sich der Bestand nicht wieder von allein regulierte und dann wäre er ohne etwas dagestanden. Außer vielleicht dem verstärkten Hass der Vampire auf ihn, weil er als Vertreter der Sterblichkeit einem Bündnis entsagte, von dem die anderen glaubten er wäre lebensnotwendig. Nebenbei halten die Vampire ihre Population -man, hört sich das gebildet an!- auf einem recht überschaubaren Level. Nicht nur durch Paktabmachungen, sondern auch für sich selbst. Wenn es etwas gäbe, dass ihnen noch ärger wäre als das Aussterben, dann eine Bevölkerungsexplosion in ihren eigenen Reihen. Der Einzelne sähe sich nicht zu überwindender Konkurrenz entgegen, die automatisch seine Machtgewalt schmälern lassen würde. Sie sind den Menschen in manchen Dingen eben noch immer gleich." "Noch mal zu den Paktvorteilen für die Angeschmierten" ,erinnerte Lilemour, der das langsam aber sicher zu viel Information auf einmal war. Wann sie wohl je wieder würde ruhig schlafen können? "Unserer ist klar" ,fasste sie dann zusammen, "Sie trinken das Blut der Menschen, töten aber nicht und lassen sich als Beweis von uns überwachen, plus dem zu übergebenden Artefakt des Opfers. Meine Güte, hört sich an wie bei ,Tatort'. Aber sie selbst........" "....sind außer der Festigung ihres Bestandes nicht ganz leer ausgegangen" ,endete Emi. "Um sich in unserer zunehmenden Technisierung, die sie entlarven könnte oben halten zu können, nehmen sie unsere Informationen in Anspruch. Zumindest diejenigen, welche das Haus nur noch zum ,Essen gehen' verlassen und sonst keine Ahnung von Britney Spears und Robbie Williams haben. Vorausgesetzt, sie haben überhaupt Interesse am globalen Geschehen. Sie meiden ohnehin die Städte und Menschenansammlungen." "Das dürfte wohl auf ein gutes Dreiviertel aller zutreffen" ,hängte Lilli an, "ich habe davon gelesen. ,Die vampirische Psyche' von Peter Meuermann. Dritter Raum der Bib. Regal achtzehn. Sie hassen die Moderne und hängen den alten Zeiten nach." "Oui, oui" , nickte Emi. "Hey, erinnere mich nicht an Jean Luc, der ist bei mir nämlich unten durch!" Emilie überging Lillis Wunsch und Zählte weiter auf. "Da jeder von ihnen einem Behüter zugewiesen wird.....sag mal, findest du den Ausdruck nicht auch zum Kotzen?........, auf deren Auswahl er keinen Einfluss hat und wohl auch nicht haben will, bleiben ihm....na ja......andere Optionen auf den Voyeur bezogen offen." Das ließ Lilli sofort hellhörig werden, auch davon hatte sie nie etwas gehört und es kam ihr höchst verdächtig vor. Lag es an ihr dass die wirklich wichtigen Dinge nicht bis zu ihr durchdrangen? Tatort Kommissare aufgepasst! "Wie? Optionen?" Emilie schien zu Lilemours Entsetzen immer unruhiger zu werden, als sie zögerlich antwortete. "Also sie.......sie sind doch gerne auf Alleingang und da sie auf gewisse Weise....na ja, somit durch uns gestört werden........haben sie ein kleines Mitentscheidungsrecht über tja....dich, mich und die anderen, über ihren Voyeur eben, ihren Persönlichen......." "M....Mitbestimmen meinst du? Über uns? Dich, mich, die anderen?" "Nicht im extremsten Sinne oder so" ,beruhigte Emi ihre Freundin, die dabei war an einem Gummibärchen zu ersticken. "Sie können nicht etwa bestimmen....äh....in wen wir uns verlieben, oder uns zwingen Verbotenes zu tun, oder uns schwerwiegend verletzen, in Lebensgefahr bringen, oder...." "Emi!" ,keuchte Lilli mit vom Gummibärchen tränenden Augen. "Soll dass heißen, die können einem befehlen nackt auf der Straße zu tanzen, dabei ,My heart will go on' zu singen und wir müssen es einspruchslos akzeptieren?!" Lilemour hielt sich ein paar weitere Kaubären bereit, im Falle sie auf Emis Antwort wirklich gerne ersticken würde. "Theoretisch..........." "Oh, mein Gott!!!!" "Jetzt warte doch Lil! Wie erwähnt, gibt es kaum einen Nosferatu, der mit den Menschen überhaupt etwas zu tun haben will. Selbst wenn ein Bestimmter ihm auch die acht Stunden per Nacht an der Backe klebt. Ihr Selbstvertrauen ist groß Lilli, sie ignorieren uns ganz einfach. Ich kann mir nicht vorstellen dass einer zuvor jemals diesen Teil des Paktes in Anspruch genommen hat. War nur, damit das Verhältnis stimmte, rein formell. Das klappt doch schon über Hundert Jahre lang. Wirklich Lil, sie...." "Meiner hat mich aber nicht ignoriert, Emi" ,erklärte Lilli leichenblass, "der sah total nach nackt auf der Straße tanzen aus!" "Ach Quatsch! Trudi hätte nie zugelassen, dass gerade du an einen so Unmöglichen kommst. Vielleicht ist er rau, das mag sein, aber das war's sicherlich auch schon. Er wird sich bald beruhigen, sich an dich gewöhnen und deine Anwesenheit vergessen. Davon bin ich überzeugt!" "Du warst auch überzeugt davon, das Toni Blair der Frontsänger einer Rock Band ist, Emi." "Pff, Sport ist eben nicht mein Ding." "Zahlen wir ihnen alles heim. Unsere Zeit ist nahe, Oktavian. Unsere Renaissance steht vor der Tür. Packen wir die Gelegenheit beim Schopf, vergangene Fehler zu korrigieren. Jetzt!" Der Angesprochene saß in einem Sessel, der neben einem behaglich prasselnden Feuer im offenen Kamin stand. Außer dem, war der Raum dunkel, so dass Oktavians Gesicht wie eine Maske nur halb zu sehen war. Für den Menschen. Vampire als Nachtgeschöpfe hatten katzengleich die Möglichkeit, mit ihren Augen die Dunkelheit zum Tage zu machen. Der alte Vampir, der den Eindruck eines attraktiven Vierzigjährigen mit Albinismus machte, schaute Ilias ausdruckslos an. Er war blind. Doch das tat seinem Einflussreichtum und der Weisheit keinen Abbruch. Es ging sogar so viel Autorität von ihm aus, dass Ilias sich wenig andere vorstellen konnte, die genügend Überzeugungskraft ausstrahlten, um das Unvermeidliche beschleunigen zu können. "Ilias" ,sagte der andere mit beinahe hypnotisch gelassener Stimmgewalt. "Deine rebellische Seele in Aufruhr bringt dich also zu mir." Der Jüngere blieb die offensichtliche Antwort schuldig und wartete geduldig auf den bedächtig Fortfahrenden. "Auch mir ist die Unruhe unter den anderen schwerlich entgangen. Möglich, dass Hundert Jahre der Bündniseinschränkungen ihren Tribut fordern. "Es ist nicht nur möglich, Oktavian! Es ist so sicher wie das, ha! Amen in der Kirche! Bringen wir sie dazu so gemeinsam wie sie den Pakt einst beschlossen, wieder zu brechen. Auf dass wir unsere alte Kraft zurückerlangen." "Wir haben sie noch, Ilias, unsere Kraft. Sie bleibt nur einsatzlos." "Lassen wir sie wieder frei!" Der schwarzhaarige Vampir trat aus dem Schatten in das Licht der Flammen, wie um seine Worte zu unterstreichen und brachte die auf Oktavians Schoss ruhende Katze zum Fauchen. Die überlangen Nägel des Blinden strichen besänftigend über deren weiches, schwarz- weißes Fell. "Du, auf einem Podest in der begeisterten Menschenmenge, laut verkündend, dass die französische Revolution begonnen hat. So kann ich mir dich vorstellen. Wo warst du zu dieser Zeit, Ilias? Auf Reisen?" "Oktavian!" Ilias musste um seine äußerliche Ruhe ringen. Auf keinen Fall wollte er vor dem Weißhaarigen wie ein unüberlegt gröhlender Jungspund auftreten. Der er nicht war. Zumindest nicht nach der Anzahl seiner toten Jahre. Aber die übermäßige Entspanntheit dessen, machte ihn fast rasend. "Oktavian! Sie, wir, sind der Behüter überdrüssig. Unsere Anzahl hält sich fix auf der Wage, es gibt kaum Abweichungen. Damit dürfte der Grund für die begangene Torheit behoben sein. Wir sind nicht in Gefahr und waren es nie. Der endgültige Tod eines Vampirs durch Menschenhand war und ist selten geblieben. Wir sind ihnen haushoch überlegen, ihre Erfolge über einen oder zwei von uns sind Zufall! Mach es ihnen klar, Oktavian. Der Pakt ist überflüssig, ja, schädlich!" "Du glaubst, ich kann sie davon überzeugen? Was werden meine Argumente sein? Dass Ilias, offen bekannter Gegner des Paktes seit je her wieder eine Werbekampagne startet?" Der weiße Vampir lächelte, man konnte einen seiner abgeartet spitzen Zähne sehen. Ilias ballte unsichtbar seinen Hände. "Jetzt werden sie zustimmen! Der Wind hat sich gedreht und sie können gar nicht anders als der wehenden Fahne zu folgen. Denn als Menschen wurden sie alle geboren, so traurig diese Tatsache auch ist und Menschen gehen mit dem Trend. Unzufriedenheit leitet sie, nur noch ein Stoss des Richtigen bis sie zu marschieren anfangen. In die Freiheit zurück!" Oktavian schwieg unter dem Schnurren seiner Katze, als sein Gegenüber nicht aufgab. "Sag selbst, gefällt es dir aufzuwachen und zu wissen, draußen wartet schon dein Voyeur? Um dir zu folgen wenn du gehst, um zu notieren wer kommt?" Ilias begab sich geschmeidig wie ein Panther zum Fenster, mit schwarzen Levis Jeans, einem ebenso schwarzen, engen Rollkragenpullover und einem wehenden Mantel aus dem komplett falschen Jahrhundert. Er schob den mit Staub bedeckten Vorhang ein Stück zur Seite. "Da steht er. Im Dunkel der Ecke, drüben beim Antiquitätenladen. Du machst es ihm nicht leicht, Oktavian. Er würde sich wahrscheinlich wünschen, du verließest ab und an deine Residenz, damit er sich die dünnen Beinchen vertreten könnte. Oh, das Menschlein friert. Da, er reibt sich die Hände." Er setzte ein mitleidiges Gesicht auf, bei dessen Echtheitserscheinung er sich keine besondere Mühe gab und trat wieder zu dem anderen. "Die Vampire werden aufbegehren" ,bemerkte Ilias überzeugt, "es ist nur noch eine Frage der Zeit. Keiner kann es verhindern." "Geh jetzt Ilias" ,befahl Oktavian entspannt, aber völlig unvermittelt, "ich lasse es mir durch den Kopf gehen." Damit schloss er die Augen, womit er verhalten und doch unwiderruflich das Ende des Gespräches signalisierte. Der schwarzhaarige Vampir verbeugte sich knapp und verschwand mit dem nächsten Aufflackern des Feuers. Wissend, dass ,ich lasse es mir durch den Kopf gehen' etwa gleichbedeutend mit ,bis nächstes Jahrhundert dann' war. Oktavian war sich der sich wandelnden Umstände unter den Vampiren sehr wohl bewusst, aber sein Einsiedlertum überdeckte den Unwillen gegenüber den Menschen. Ihm war gleichgültig was geschah, er passte sich stillschweigend allem an. Nun, das spielte in diesem Stadium keine Rolle mehr, es gab genug mächtige Untote in aller Welt, die vor Tatendrang nur so sprudelten. Oktavian war von der Liste zu streichen, als engen Verbündeten in diesem Kriegszug nicht vorstellbar. Ilias Laune war gesunken, aber der Trotz gestiegen. Er erwischte sich bei dem Gedanken an den kommenden Abend, an dem sein neuer Überwacher wieder auftauchen würde. Das Mädchen konnte sich auf was gefasst machen! Nichts klappte wie er es wollte und sie hatte zumindest einen dicken Batzen Teilschuld. Vielleicht munterte ihn die Jagd etwas auf, denn noch war er ungebunden........ Lilemour glaubte es kaum. Entgegen ihr schreiendes Herz und aller innerer Vernunft, war sie wieder hier. Hier, in der Leonardenstraße Nr.4, vor dem mächtigen Anwesen des Vampirs. Sonnenuntergang, sie war pünktlich. Sie fühlte sich miserabel, dagegen mochte auch ihre Audrey Hepburn Sonnenbrille nichts mehr tun können. Wahrscheinlich stand sie kurz vor ihrem Verderben und das würden Trudi & Co KG erst einsehen, wenn man sie ihnen in Stücken zurückschicken würde. Per Eilpost. Wenn wenigstens der Beweis am Ende der Nacht ohne Komplikationen im Briefkasten läge, dann musste Lilli dem Monster nur noch möglichst unauffällig folgen und bis dahin vor dem Haus warten. Falls er sich sein Essen nicht irgendwie schon angelacht hatte und zu sich kommen ließ. All dem vorausgesetzt, er war willens sie zu ignorieren. Emilie hatte vermutet, dass er gestern einfach nur einen üblen Tag hatte. So etwas soll auch unter Vampiren nicht unüblich sein, hatte sie sich sagen lassen. Leise rollte das Zeitungswägelchen den teuren Stuckmarmorweg zu der schweren Eichholztüre hinter ihr her. Sie musste sich zusammenreißen. Drum herum kam sie nicht. Hoffentlich waren die Baldrianpillen zur Beruhigung ausreichend. Müde war sie schon mal. Vielleicht war der nicht erbrachte Beweis der vergangenen Nacht noch im Briefkasten. Sie hatte gestern nicht den Nerv gehabt noch nachzusehen. Heute musste sie tun. Lilli hatte zu Hause geübt. Sie sah sich nach Spaziergängern um (denn was brachte die ganze Verstellung mit der Zeitungsausträgerin, wenn sie dann anders auch sich aufmerksam machte), nahm eine Zeitung, holte tief Luft und rannte was das Zeug hielt zum Postkasten. Stopfte das Magazin hinein und tastete hektisch nach einem Beweis. Es gab keinen. So blieb ihr fluchend nichts anderes übrig, als sich bis zu seinem Auftauchen in die nächste Nähe der Villa zu postieren. Qualvolle acht Stunden hatte sie noch vor sich. Ihrem Drehbuch folgend, wirbelte sie herum um sich also diskret zu verbergen, da purzelte Lil beinahe die Steintreppe herunter. So sehr hatte sie bremsen müssen, damit sie nicht postwendend in seine Arme sprang. Denn am Fuße der sechs Treppen an der Zahl, da stand er, einer schwarzen Statue gleich. Ungerührt. Seinem Gesichtsausdruck nach zu urteilen, war er mindestens genauso schlecht drauf wie am Vorabend, oder eben doch verdammt schwierig. Zu schwierig. "Das Geo" ,brachte Lilli zu ihrem Erstaunen fast fließend über die Lippen. "Ich habe das Geo eingeschmissen. Mit vielen schönen Bildern. K...keine Webung." Dafür hatte ihr mageres Taschengeld hinhalten müssen. Für exakt diesen zermürbenden Fall, dass er ihr wieder auflauerte. Hatte der denn wirklich nichts anderes zu tun, der arme Teufel?! Sich zum Beispiel einen neuen Mantel zulegen. Der jetzige sah aus wie von einem überdurchschnittlich gut bezahlten Kutscher des Spätmittelalters. "Was starrst du so?" ,drang die gefährlich leise Stimme ihres vis a vis zu ihr durch und sie merkte, wie ihre Beine seltsam weich wurden. Jetzt nur nicht aus dem nicht vorhandenen Konzept bringen lassen! "N...Nichts!" Was für eine intelligente und charismatische Antwort. Immer gut in Situationen, in denen man jedes Wort auf die goldene Wagschale legen musste. Der Vampir zeigte keine Regung. Nur sein Haar, dass im Herbstwind leicht zu wehen begann. Es war wirklich lang, bestimmt bis zur Mitte des Rückens und auch sonst wurde es wohl täglich mit einer L'Oreal Kurpackung verwöhnt. Er schien es sich wert zu sein. "Wie alt bist du und wie ist dein Name?" Sein plötzliches Interesse auf dieser Ebene überraschte sie, aber so lange sie nicht nackt auf der Straße tanzen musste...... "Lass mich raten" ,fügte er aalglatt hinzu, während er Stufe um Stufe hinter sich brachte und sie so Schritt für Schritt zurückweichen ließ. "Dein Name ist Hase und du bist sechzehn Jahre alt. Ein langes Leben für so ein Karnickel. Ein zu langes möchte ich fast meinen." Renn! Renn! Renn! Alles in ihr schrie, die Alarmglocken läuteten ohrenbetäubend, doch Lilli konnte nur zurückweichen und ihn anglotzen wie ein Pferd. Wenn Emilie das sehen könnte! "Ich......ich......ich....äh....." "Du......du.......du.....äh....." ,kopierte sie der mehr als furchteinflößende Vampir, der Lilli bereits bis zur Tür verfolgt hatte. Mit eisigem Grauen wurde ihr klar, dass sie sich nicht durch die Tür gleiten lassen konnte, wie vielleicht Superman. Hart und äußerst hölzern spürte sie sie in ihrem Rücken. Superman, Louis Lane braucht Hilfe!! Spiderman, Marie Jane ist in Not!! "Ich habe einen Namen" ,kitzelte das Mädchen mühsam aus ihren Stimmbändern heraus. Ilias kam noch näher und tat übertrieben verwundert. "Welch Überraschung. Man wird es nicht für möglich halten, aber ich besitze auch einen solchen. Schon immer, seit ich dem Schoss meiner Mutter entglitten bin." Außer wenn er sprach, drang kein Laut aus seinem Körper, weder durch Atem, noch durch Bewegung. All diese Fakten nahm Lilli auf, doch sie war sich bewusst, dass keine Analyse auch nur annähernd beschreiben konnte, wie er war. Sie standen so eng beieinander, als umarmten sie sich, obwohl er sie nicht berührte. Lilli hätte lieber einen Löwen geherzt. Keinen auf Diät, aber einen Löwen. "Lilemour" ,flüsterte sie, "ich heiße Lilemour und bin neunzehn Jahre alt." Der Mann sah einen Augenblick so aus, als habe er in eine frische Zitrone gebissen. "Mitleiderregend dein Name. Aber dem Orden fehlte es schon immer an jeglicher Art von Geschmack." Da war der Ausdruck wieder verschwunden, so schnell wie er gekommen war und er zeigte sich indifferent wie zuvor. Als hätte die Zeit seine Gefühlsmimik abgeschliffen. Die Erwähnung des Ordens jedoch ließ Lilli nicht unbeeinflusst. Sie erinnerte sich an den Schwindel auf dem dessen einzige, auf Sand gebaute Sicherheit basierte und fühlte sich durch unerklärlichen Patriotismus dazu verpflichtet, etwas für seine Bewahrung zu tun. Das Mädchen lächelte gezwungen und nahm unter Anstrengung ihr Zittern zu verbergen, die Sonnenbrille ab. "Sie dürfen mir nichts tun" ,bestimmte Lilli mehr krächzend denn sauber ausartikuliert, womit sie ihm jedoch keine körperliche Regung abgewann. "Das ist so nicht ganz korrekt" ,verbesserte er stattdessen. "Mag sein dass es mir nicht gestattet ist dich unerträglichen Schmerzen auszusetzen, oder gar ins Jenseits zu befördern. Aber...." Ilias fuhr mit einem seiner Fingernägel betont langsam über ihre Wange und zog dabei eine feine Blutspur hinter sich her. Dort wo die Haut dieser Behandlung nicht stand hielt. "Aber da gibt es noch ausreichend genug dazwischen." Lilli spürte den ziehenden Schmerz nicht. Sie war weit weg von aller Vernunft, während sie seine Hand aus ihrem Gesicht schlug. Diese unvermittelte Reaktion kam unerwartet. Für beide. Der Vampir verstand es, sich diesen Fakt nicht anmerken zu lassen und Lilemour war in einem fast dillirischen Zustand gefallen. Der sie jedoch mutiger werden ließ. Oder wahnwitzig. "Nehmen sie ihre Dartpfeilgriffel da weg, Sie Schornsteinfeger! Glauben Sie im Ernst, ich drehe Saltos vor Freude weil ich einem wie Ihnen hinterher rennen muss?! Da haben sie nicht nur mich geschnitten, sondern auch sich selbst." Die Beruhigungs Baldrianpillen haben offenbar ihre Wirkung verfehlt, denn Lilli versuchte sich von der Tür abzustoßen und drückte mit aller Gewalt gegen den sie bedrängenden Körper. "Gehen Sie schon weg, oder muss ich ihnen Beine machen? Wegen Ihnen werde ich noch Klaustrophobiekrank!" Oder überhaupt krankenhausreif, dachte sie, nachdem der Vampir sie mit brachialer Gegengewalt, aber ohne sichtbare Gemütsregung gegen den verschlossenen Eingang des Hauses gedonnert hatte. Der Aufschlag hätte eigentlich ein Erdbeben hervorrufen müssen, dass alle Seismologen der Gegend alarmiert haben könnte. Er packte sie an den Schultern, die er spielend hätte zertrümmern können, und drückte Lilli aufwandslos nach oben, bis sie auf gleicher Augenhöhe waren. Superman und Spiderman waren wahrscheinlich gerade überbelastet und anderweitig beschäftigt. "Na so was" ,bemerkte Ilias kühl, "ist der Hase durchgedreht, weil man ihm die Löffel langgezogen hat?" Auf eine bedrückende Art und Weise, half der Satz ihr über ihren folgenschweren Aussetzer hinweg und jedes Gefühl, außer der scheinbar allgegenwärtigen Angst, verpuffte. Er hatte wohl ihre Gedanken manipuliert, denn sie drehten sich wirr um Hasen und Löffel, bis ihre Sicht zu schwinden begann. Oder aber die Überdosis an Baldrian machte sich doch noch die Ehre endlich zu wirken. Etwas zu spät, wie sie fand. "Sie sind..." ,fing Lilli ruhig, fast meditativ an und kniff die Augen zusammen, da sein Gesicht ungeheuerlicher weise in stetiger Steigung verschwamm. Verschwommen wurde übergangslos von unsichtbar abgelöst, zu schwarz, zu nichts. Alles war weg und Lilli freute sich darüber. Ilias hatte beobachtet, wie das Mädchen zu stammeln begann, immer blasser wurde, so dass man sie für eine von ihnen hätte halten können und schließlich das Bewusstsein verlor. Oder nur einschlief, denn ihr Atem roch schwach nach Medikamenten. Mit einem dumpfen Laut ließ er sie unzeremoniell auf dem Boden aufkommen und stieg über sie hinweg. Welch Aufopferung dass sie es ihm so einfach machte. Sollte er Glück haben, würde sie lange genug hier liegen bleiben, um noch Zeit zum Erfrieren zu haben. Es war ziemlich kalt für einen Oktober, den ersten Frost hatten sie bereits hinter sich. Wenn sein Voyeur so zu Tode käme, war ihm nichts anzuhängen. Was konnte er schon tun, wenn sie sich mit Medizin fütterte, ohnmächtig wurde und erfror? Ein Missstand, dass sie von der gegnerischen Partei war, als Opfer hätte sie ihm zugesagt. Selbst wenn möglicherweise vorbeilaufende Passanten sie sehen und in ein Krankenhaus bringen würden, so war er diese Nacht zumindest noch frei. Das war mehr als vorauskalkuliert. Freier als alle anderen Vampire. Abgesehen von den Wilden, die auf der anderen Seite ohnehin ständig unter Beschuss standen. "Georg!" Ilias brauchte seine Stimme kaum zu heben um seinen Diener auf ihn aufmerksam zu machen, denn der stand bereits auf Befehle wartend in der Eingangshalle. Nicht viel auffälliger als das Klavier an der Wand. "Ja, Herr?" "Draußen liegt der Escapat, auf den du schon so sehnsüchtig gewartet hast" ,sagte Ilias am vorbeigehen und schmiss seinen Mantel an die Garderobe. "Nimm ihren lächerlichen Zeitungswagen und wirf ihn umgekippt neben sie, damit es den Eindruck mache, sie sei auf den Treppen ausgerutscht." Der Vampir nahm die ersten Stufen der inneren Wendeltreppe, als er sich noch einmal umdrehte. "Und Georg. Verschwende nicht zu viel Zeit damit. Unsere Schachpartie wartet." Fortsetzung folgt! Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)