Eisblaue Augen von Chi_desu (Shounen-Ai) ================================================================================ Kapitel 5: Trennung ------------------- Der Morgen danach war erst mal ein sehr ungemütliches Erwachen. "Na seht euch mal die zwei Schwuchteln an.", sagte eine spöttische Stimme und als ich verschlafen die Augen öffnete, sah ich Kathrin neben uns stehen. Sie grinste mich an. "Aufstehen, wir haben heute Unterricht." "Wie spät ist es?", fragte ich müde. "Sieben.", antwortete sie schlicht. "In einer Stunde geht's los." Damit stiefelte sie davon, wahrscheinlich um noch mehr Leute zu wecken. Ich richtete mich auf. Kay schlief noch immer. "Hey!", zischte ich und rüttelte an ihm. "Wach auf." Es dauerte seltsam lange, bis ich ihn endlich wach bekam, und als ich ihm half, sich aufzusetzen, schaute er mich aus geröteten Augen an und wirkte ziemlich desorientiert. Leider hatten wir keine Zeit für ein schönes, langsames Aufwachen, heute war Freitag und damit auch Unterricht. "Komm, steh auf.", sagte ich und sofort zuckte er zusammen und fasste sich an den Kopf. Boah, der musste ja einen Mords-Kater haben. Rücksichtsvoll wie ich war fügte ich im Flüsterton hinzu: "Es ist sieben Uhr, in einer Stunde haben wir Mathe." "Fuck...", fluchte er leise und fasste sich gleich wieder an den Kopf. Er sah leichenblass aus, hatte Ringe unter den Augen und roch auf drei Meter gegen den Wind nach Alkohol. Er sah mich aus geröteten Augen an und einen Moment lang schwieg er, seine Augenbrauen zogen sich zusammen so als versuchte er, über irgendetwas nachzudenken. Dann gab er es wohl auf denn er bat mich: "Lukas? Kannst du mich nach Hause bringen?" "Klar." Ich legte seinen Arm um meine Schultern und zog ihn dann in die Höhe. Ich brachte ihn stumm nach Hause, seine Mutter war ziemlich geschockt, als ich ihn so ablieferte. Wir verabschiedeten uns nicht mal voneinander, er stolperte nur ins Haus und murmelte: "Mir is schlecht...." Danach ging ich kurz nach Hause, wo wie immer niemand sonst daheim war, duschte mich und zog mich um, dann ging ich zur Schule. Kay kam an diesem Tag nicht mehr zur Schule. Den ganzen Tag über wartete ich auf einen Anruf oder einen Besuch von ihm, aber der kam nicht. Und als er Tags darauf zur Schule kam, da schwieg er beharrlich. Ich wagte es nicht, ihn auf den Kuss anzusprechen und er schlug das Thema von sich aus nicht an. Es kam mir vor, als würde er mich meiden. Aber vielleicht bildete ich mir das auch nur ein und er konnte sich daran gar nicht erinnern oder er hielt das ganze bloß für einen "abgefahrenen Traum". Es kamen die mündlichen Prüfungen und wir konzentrierten und alle wieder auf das Lernen. Knapp aber doch bestand ich die Prüfungen, während Kay sie ohne Probleme schaffte. Er war sehr intelligent, das hatte ich schon ganz am Anfang des Schuljahres gemerkt. Die ganze Klasse veranstaltete danach noch mal ein gewaltiges Abschlussfest. Aber Kay kam nicht. Das war sehr untypisch für ihn weil gerade er eigentlich keine Gelegenheit zum feiern ausließ. Aber es gab keine Gelegenheit mehr, ihn darauf anzusprechen. Die Tage flogen nur so vorbei, und dann kam die Zeremonie, als uns unsere Zeugnisse überreicht wurden. Endlich sah ich Kay mal wieder. Und gleichzeitig war der Tag des Abschieds gekommen, der Tag vor dem ich mich gefürchtet hatte. Ich brachte diese dämliche Zeremonie vollkommen geistesabwesend hinter mich, starrte immer nur auf den blonden Hinterkopf von Kay, der direkt vor mir saß. Dann hatte ich meinen Wisch in der Hand, ein unbedeutendes Stück Papier mit ein paar Noten, und - wohlgemerkt - nicht den besten Noten. Wir standen alle in Anzügen, total herausgeputzt im Saal und verabschiedeten uns. Gott, ich hasste das alles. Ich schenkte den anderen ein fades Grinsen und ein paar lapidare Abschiedsworte, bis mir jemand auf die Schulter tippte. Ich drehte mich um. "Kay." Er lächelte nicht. "Hi, Lukas. Wir haben uns seit dem Sommerfest kaum mehr gesehen, was? Der Stress, und so..." "Mhm.", machte ich und nickte. Verlegen trat ich von einem Fuß auf den anderen, und auch er wirkte irgendwie unsicher. Schließlich nahm ich das Gespräch wieder auf: "Und bei dir geht's dann ab nach Salzburg, hm?" Kay nickte. Irgendwie kam es mir so vor als wäre er leicht blass geworden. Trotzdem sagte er: "Und du? Gehst du jetzt nach Köln oder bleibst du hier?" "Köln.", antwortete ich knapp. "Dann werden wir uns wohl nicht mehr oft sehen. Von Salzburg ist es weit, ich werde nur sehr selten zu Hause sein, in den Ferien und so." "Klar. Aber in den Ferien könnten wir ja wieder einen trinken gehen.", schlug ich vor. Er nickte dazu, aber irgendwie wirkte er nicht sehr begeistert. Wieder kehrte unangenehme Stille zwischen uns ein. Jemand rief Kays Namen. Er drehte den Kopf in die Richtung aus der der Ruf gekommen war. Aber anstatt wegzugehen, drehte er sich noch mal zu mir um, und dann umarmte er mich einfach. Ich war sehr erleichtert, drückte ihn kurz an mich und ließ ihn dann wieder los. "Mach's gut. Wir sehen uns sicher noch.", sagte er lächelnd. "Viel Glück." "Viel Glück.", entgegnete ich und beobachtete traurig, wie er wieder in der Menschenmenge verschwand. Trotz seiner Worte ahnte ich bereits, dass dies ein Abschied für sehr lange Zeit, vielleicht sogar für immer werden würde. Er würde mir so sehr fehlen. Wie er es gesagt hatte, machte sich Kay bereits wenige Tage später auf nach Salzburg, und das obwohl wir eigentlich noch 3 Monate Ferien vor dem Beginn des Studiums gehabt hätten. Er wollte sich wohl schon in der Stadt eingewöhnen, jedenfalls war er irgendwann plötzlich weg, und ich blieb allein zurück. Während der Ferien traf sich die alte Clique noch ab und zu, aber ohne ihn war es nicht mehr dasselbe. Ich nahm irgendeinen schlecht bezahlten Ferienjob an und hielt mich so davon ab, über ihn nachzudenken. Während der Ferien ging es mir noch relativ gut. Dann kam der Beginn des Studienjahres mit dem ersten Oktober und ich zog zurück nach Köln, in meine Heimatstadt, die mir so sehr gefehlt hatte. Erst als ich wieder durch die Straßen Kölns ging, wurde mir eigentlich bewusst, WIE sehr es mir gefehlt hatte und wie glücklich ich war, dorthin zurückzukehren. Nichtsdestotrotz hätte ich diese Stadt sofort aufgegeben, hätte ich dafür Kay wiedersehen können. Und nun, da ich viel Zeit hatte, nur noch Student war, hatte ich sehr viel Zeit zum nachdenken. Ich vermisste ihn über alles. Mir fehlte unsere Freundschaft, sein Lachen, seine blauen Augen. Ich schloss neue Freundschaften, zog im zweiten Semester mit zwei anderen in eine WG, und ich mochte alle meine Freunde, aber keiner von ihnen war wie Kay. Ich lerne viele nette Mädchen kennen, aber keine von ihnen vermochte mit seinen blauen Augen und seinem Lachen und seinem Wesen zu konkurrieren. Die Zeit verging, doch ich hörte nichts mehr von ihm. Wenn ich zu den Ferien heimkehrte, dann war er stets spurlos verschwunden. Alles was ich von ihm hörte waren Gerüchte und sorgenvolle Berichte der Eltern, die erzählten dass Kay exzessiv trank und sich sehr verändert hatte. Zu gerne hätte ich ihn wiedergesehen, wünschte mir, ihm wenigstens mal auf der Straße zu begegnen, damit ich seine blauen Augen nicht ganz vergäße. Aber das passierte nicht. Und über die Monate wurde der Schmerz weniger. Ich dachte immer noch manchmal an ihn, an meine große Liebe, aber die Zeit heilte auch meine Wunden und als ich nach 5 Jahren mein Studium beendet hatte, schien ich Kay fast vollständig vergessen zu haben. Ich bekam ein sehr gutes Jobangebot, zuerst in Köln, dann wurde ich für ein Jahr versetzt, und zwar ausgerechnet nach Salzburg. Natürlich dachte ich dabei an ihn, aber ich war mir auch im Klaren, dass meine Chancen, ihn dort zu treffen verschwindend gering waren. Sonst hätte ich das Angebot auch abgelehnt, denn inzwischen war ich erwachsen genug geworden um zu wissen dass die Gefühle für Kay mir nur geschadet hatten. Also zog ich um nach Salzburg, ohne wirklich auf das vorbereitet zu sein, was mich dort erwarten würde... Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)