Dies ist die Hölle von felitastic (Was man verdient) ================================================================================ Kein Himmel ----------- Sie reden vom Jüngsten Gericht. Sie reden von Gerechtigkeit. Davon, dass wir sterben und unsere Herzen gewogen werden. Wenn es leicht ist wie eine Feder, schwebst du empor ins Himmelreich. Ist es schwer wie ein Stein, sinkst du hinab in die Tiefen der Hölle. Sie irren sich. Es gibt keinen Himmel. Dies ist die Hölle. "Miststück! Unfähiges, nutzloses Gör!" Sie spürte den Schlag kaum, doch vor ihren Augen wurde es kurz schwarz und sie fiel zu Boden. Dennoch fühlte es sich nicht real an. "Wozu bist du überhaupt gut? Was kannst du schon?!" Er trat sie in den Magen, sein Stiefel prallte schmerzhaft gegen ihre Rippen. Sie krümmte sich, doch die Schmerzen waren nur in ihrem Körper. Ihre Seele war hart, kalt und glatt. Wie eine Glasscherbe. "Deine Eltern müssen froh gewesen sein, dich los zu werden, dich Missgeburt. Du bist unbrauchbar! Wer sollte dich schon wollen?" Während er sprach, trat er immer wieder zu. Sie hörte ihren Herzschlag, spürte, wie es gegen ihren Brustkorb hämmerte, hörte ein leises Knacken, als eine ihrer Rippen brach. Die Worte prallten ab, prallten am Glas ab und verklangen. Es machte ihm Spaß, grausam zu sein. Bereitete ihm Lust. "Na? Antworte mir!", fauchte er, packte sie grob am Arm und zerrte sie auf die Beine. Schmerzen zogen durch ihren Körper, auf und ab, wie Wellen an einem Strand. Sie schloss die Augen. Gelber Sand, das dunkle Meer... schwarzer Nachthimmel, goldenes Funkeln der Sterne. "Du sollst reden, Missgeburt!" Er schüttelte sie. Kein Laut kam über ihre Lippen. Er hasste es, wenn sie nicht schrie, das wusste sie. Doch ihre Gedanken befanden sich weit fort. Sie wehrte sich nicht, als er sie gegen die Wand presste und ihre Beine mit roher Gewalt spreizte. Es hätte keinen Sinn gehabt. Leise riss der Stoff des Kleides. Sein Keuchen durchbrach die Stille, doch sie verbannte es aus ihren Gedanken. Es war nur ihr Körper, an dem er sich verging. Ihre Seele würde er nie bekommen. Eine Glasscherbe. Hart und glatt. Aber nicht durchsichtig. Schwarz, pechschwarz wie der kühle, unerreichbare Nachthimmel. Sie fühlte sich, als wäre das jemand anders, nicht sie. Sie stand nur abseits und beobachtete stumm. Er ließ sie los, kraftlos sank sie zu Boden, den Nachthimmel vor Augen. Ihr Schweigen machte ihn wütend, sie konnte seinen Zorn deutlich spüren. "Hat es dir gefallen, du kleine Schlampe?", fragte er angewidert. Als wäre sie das Monster und nicht er. "Los, steh auf!" Brutal ergriff er ihre Handgelenke mit der Rechten und zog sie hoch, mit der freien Hand packte er ihr Kinn und zwang sie, ihn anzusehen. Eine Glasscherbe. Nur wer sie richtig anfasst, verletzt sich nicht. Sie wusste nicht, woher diese Worte kamen, doch sie waren da. Eine sonderbare Kraft durchströmte sie, obwohl ihr Körper am Ende war. Ein Lächeln glitt auf ihre Lippen, schwach, kaum wahrnehmbar, aber sie spürte es deutlich, deutlicher als sie die Schmerzen und Schmach wahrnahm. "Du wirst büßen.", hauchte sie leise. Seine Augen weiteten sich in Unglauben, als er ihre Worte vernahm, begriff, was sie gesagt hatte. Zorn ließ seine Miene noch härter werden, wütend presste er die Kiefer aufeinander. "Wie kannst du es wagen?!" Seine Stimme war nur ein eisiges Zischen. Er hatte ihren Willen nicht gebrochen. Heißer Atem streifte ihr Gesicht und Übelkeit erfüllte sie, als er ihr in die blicklosen Augen starrte. Dann stieß er sie mit einer heftigen Bewegung von sich und sie prallte auf dem kalten Boden auf, unfähig sich abzufangen. Es war ihr sonderbarerweise egal. Etwas würde passieren, etwas, das alles verändern würde. "Deinem Schicksal kannst du nicht entrinnen.", flüsterte sie mit einer sonderbaren Gewissheit, bevor ein weiterer Tritt ihren Kopf traf und sie in die Bewusstlosigkeit schickte. Kein Gott --------- Sie reden von Gott. Sie reden von Seelenheil. Davon, dass einer über uns alle wacht. Wenn ein Mensch betet, so hört er ihn. Wenn ein Mensch weint, trocknet er seine Tränen. Sie irren sich. Gott ist tot. Dies ist die Hölle. Die Sonne stand hoch am Himmel. Sie betätigte die Kurbel, ergriff dann den gefüllten Eimer, den sie aus dem Brunnen gezogen hatte. Es gab keine Stelle an ihrem Körper, die nicht schmerzte. Und sie wusste, sie war nicht die einzige. Noch schlimmer als der Schmerz jedoch waren die Angst und die Demütigung. Sie hätte es für ein Wunder gehalten, dass sie noch lebte. Wenn sie an Wunder geglaubt hätte. Es war Schicksal. Ein Schatten fiel über sie, als sie sich bückte, um den Eimer hochzuheben. Ein langer, großer Schatten. Sie hob den Kopf und sah ihn. Ein Fremder, der doch so vertraut schien. Seine Augen waren glänzend wie geschmolzenes Silber und ebenso kalt, sein langes Haar rot wie frisches Blut. Sanft wehte es im Wind, umschmeichelte seine kantigen Wangen, fiel seidig glänzend über seine Schultern. Er war so schön wie die kalten Eiszapfen, wenn sie in der Sonne glitzerten. "Hallo, kleiner Racheengel.", sagte er ruhig. Seine Stimme war angenehm, wenn auch ohne jede besondere Betonung oder Gefühl. Wie ein sanfter Bach, der stetig seinen Weg durch das Flussbett suchte. Er sprach mit ihr, als kenne er sie ewig, dabei sah sie ihn zum ersten Mal. "Hallo.", flüsterte sie leise, aus Angst, er verschwände wie eine Fata Morgana, zerreiße wie ein Spinnenetz unter einem heftigen Sturm, wenn sie zu laut spräche. "Möchtest du mit mir kommen? Mir treu dienen?" Sie starrte ihn an, blickte in diese tiefen, lichtlosen Augen. Sie sah nichts. "Wirst du... wirst du mir wehtun?" Ein Ausdruck von Überraschung legte sich auf sein Gesicht, erlosch aber ebenso schnell wieder wie das Licht einer Kerze. Ernst kniete er sich vor ihr nieder, so dass ihre Gesichter auf gleicher Höhe waren, und hob die Hand. In Erwartung eines Schlages für ihre Dreistigkeit kniff sie die Augen zusammen. Doch er berührte nur sanft ihre Wange. "Du hast schon zuviel gelitten, kleiner Racheengel." Vorsichtig wagte sie es, die Augen zu öffnen und sah ein schwaches, aber dennoch Hoffnung machendes Lächeln auf seinen Lippen. Und während er sacht ihre Wange streichelte, spürte sie, wie die Schmerzen nachließen. Die Wunden verheilten. Verwirrt blickte sie auf ihre Arme hinab, wo die Prellungen verschwanden, als wären sie nie dort gewesen. "Bist du der Teufel?" Er schien amüsiert. "Vielleicht. Würdest du mir trotzdem dienen?" Sie dachte nicht lange nach. Es war Schicksal. Sie hatte es gefühlt. "Ich lege dir meine Seele zu Füßen, Lord Luzifer. Wer sie richtig anfasst, den schneidet sie nicht." Er erhob sich, geschmeidig wie ein Raubtier. "Ich werde es mir zu Herzen nehmen, mein kleiner Racheengel. Bist du mir treu, werde ich dir auch treu sein." Schweigend folgte sie ihm, verließ den Ort, an dem sie gedemütigt wurde, ohne dass ihre Seele je gebrochen werden konnte. Sie war stark. Sie würde stark sein. Für ihn, ihren neuen Herrn. Kein Seelenheil --------------- Sie reden vom Teufel. Sie reden von Sünden. Davon, dass jede Sünde das Herz schwerer macht. Wenn es leicht ist wie eine Feder, schwebst du empor ins Himmelreich. Ist es schwer wie ein Stein, sinkst du hinab in die Tiefen der Hölle. Sie irren sich. Wir sind alle Sünder. Dies ist die Hölle. Sie lächelte. Es roch nach Blut, nach verbranntem Fleisch und Angst. Einige Pfeile zischten an ihr vorbei, doch keiner traf. Selbst wenn, es hätte sie nicht gekümmert. Solche Kleinigkeiten störten sie schon lange nicht mehr. Sie hatte ein Ziel, eine Mission. Ihr Herr wollte es so und sie würde ihm jeden Wunsch erfüllen, egal was es kosten würde. Er war ihr Herr, der Herr, den sie freiwillig gewählt hatte. Sie hatte ihm ewige Treue geschworen, ihm ihre Seele geschenkt. Und er hatte sie angenommen, sie behandelt wie einen kostbaren Schatz. Sie würde sich niemanden beugen außer ihm. Panische Schreie, lautes Klagegeheul erfüllten die Luft. Es kümmerte sie nicht. Zielstrebig erstieg sie den Turm, eine Stufe nach der anderen. Sie eilte sich nicht, denn sie wusste, er konnte nicht entkommen. Ihr Opfer. Ein Mann stellte sich ihr in den Weg. Sein Blick war verzweifelt, aber entschlossen. Er war schmutzig und voller Blut, seine Uniform zerrissen. "Du musst nicht sterben.", sagte sie sanft und das Licht der flackernden Kerzen spiegelte sich in ihren stahlblauen Augen wieder. Einen Augenblick schien er ihr Angebot in Erwägung zu ziehen, dann stürmte er ihr mit gezogenem Schwert entgegen. Sie lächelte wieder, ein Lächeln ohne Reue. Er hatte es selber gewählt. Ihre Hand bewegte sich schnell, kaum sichtbar. Ein Aufschrei, als sein Schwert fiel - zusammen mit der rechten Hand. Bebend vor Angst wich er zurück, doch sein Schicksal war besiegelt. Sie schenkte ihm einen schnellen Tod, denn er hatte ihn verdient. Auch er diente nur einem Herrn, den er gewählt hatte, ohne sich zu scheren, was andere von diesem halten mochten. Er war nicht ihr Ziel. Nein, wegen dem Herrn dieser Burg war sie gekommen. Sie konnte ihn förmlich riechen, wie er in seinem Kämmerlein saß, ein gieriges, feiges Schwein. Sie erreichte das oberste Geschoss. Eine prunkvolle Tür, schön verziert und aus teurem, rötlichen Holz, versperrte ihr den Weg. Mit einem heftigen Tritt zerbrach sie das Schloss, die Tür schwang auf. Ein entsetzter Schrei löste sich aus der Kehle des Burgherrn, als er sie sah. Sie erkannte, ohne es zu glauben. "D-das... kann nicht... W-wer... bist du?" "Ich bin der Engel der Rache.", erwiderte sie gelassen und schritt auf ihn zu. Winselnd und wimmernd wich er zurück vor ihr, umklammerte sein armseliges, stumpfes Schwert, das er sowieso nicht zu gebrauchen wusste. "Ich habe nichts getan!", quiekte er schrill. Sie lachte leise. "Soso... was ist mit den Bauern, die hungern mussten?" Sie musterte ihn abschätzend. "Du siehst mir nicht aus, als hättest du Hunger gelitten." Er erblasste und winselte wie ein Hund, der den Zorn seines Herrchens auf sich gezogen hatte. "Deine Familie hast du betrogen... Menschen gequält und gedemütigt...", fuhr sie gelassen fort und trat weiter auf ihn zu. Er zitterte und starrte sie erschrocken an. "S-sie... sie wollten es so! Sie haben nichts anderes verdient!", rief er, doch man sah an seinen Augen, dass nicht einmal er selber diese Lügen glaubte. Ihr Lächeln wurde kalt, kälter als der Stahl ihres Schwertes. "Ja, jeder bekommt, was er verdient." Panik breitete sich auf seinem runden Gesicht aus. Abwehrend hob er die Arme, streckte ihr das Schwert entgegen. Sie fühlte keinen Hass, keine Abscheu. Ebenso wenig wie Rachsucht oder Schuldgefühle. Dies war kein persönlicher Racheakt, sie erfüllte nur ihre Pflicht. Sie gehörte ihrem Herrn, was er wollte, galt. Es war ihr Wunsch, seine Wünsche zu erfüllen. Sein Schwert flog in einem hohen Bogen davon, fiel klappernd auf den Boden. Der rasselnde Atem des Burgherrn erfüllte die Stille. Sie zog vier Stilette heraus, ohne die Klinge des Schwertes von seiner Kehle zu wenden. "Steh auf. Die Arme nach oben." Ängstlich gehorchte er, eine schreckliche Ahnung drängte sich ihm auf. "B-bitte nicht... ich flehe dich an... ich werde es wieder gut machen...", bettelte er. "Ich kann dir Geld geben... Schmuck! Ländereien!" "Mich um Verzeihung zu bitten, ist sinnlos." Zwei der Dolche nagelten seine Handgelenke an die hölzernen Balken hinter ihm. Er schrie, weinte, bettelte um Gnade. Nur wenig Blut floss aus den Wunden, in denen der Stahl steckte. Ehe er begriff, rammte sie die anderen beiden Dolche in seine Füße, durch den Knochen hindurch bis zum Parkettboden. Seine Schreie wurden gequälter, er vermochte keine klaren Worte mehr zu formulieren. Leichenblass war seine Haut, seine Augen weit aufgerissen in wilder Todesangst. Langsam, aber stetig rann sein roter Lebenssaft seine Handgelenke hinab, färbte die weißen Ärmel seines Seidenhemdes rot, tropfte auf seinen Kopf und floss sein Gesicht herunter. Auf dem Boden bildete sich eine kleine Lache, glänzte im Licht der Mittagssonne. Einen Augenblick stand sie still, betrachtete sein Leid. Es berührte sie nicht. Weder Mitleid noch Freude regten sich in ihr. Sie erfüllte ihre Aufgabe, wie ihr Herr es wollte. Mit einem letzten Streich ihres Schwertes zog sie einen tiefen Schnitt über seinen Brustkorb. Blut quoll daraus hervor und färbte rasch die Reste seines Hemdes und seiner sandfarbenen Hose. Es sprudelte wie aus einem Springbrunnen, im Rhythmus seines verzweifelten Herzens. Sein Kopf war auf seine Brust gesunken, seine Schreie verstummt. Der Schmerz und immer größer werdende Blutverlust hatten ihm das Bewusstsein geraubt. Sie kehrte der Szene den Rücken zu, verließ den Turm, die Burg, das Land. "Luzifer, ich bin zurück." Er drehte sich vom Fenster weg und sah sie an, dieses angedeutete Lächeln auf den Lippen. "Gesund und munter, mein kleiner Racheengel." Sie schritt auf ihn zu, kniete nieder und küsste seine Fingerspitzen. "Natürlich, mein Herr. Ich habe doch versprochen, dir ewig zu dienen." Epilog: Schwarz und Weiß ------------------------ Sie reden von Gott. Sie reden vom Teufel. Davon, dass einer gut, der andere schlecht ist. Doch wer will erkennen, welcher gut ist? Wer will erkennen, welcher schlecht ist? Sie sagen, es gibt nur schwarz und weiß. Doch sie irren sich. Es gibt Tausende von Grautönen. Dies ist die Hölle und wir sind ein Teil von ihr. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)