Der Held, das Monster und die Jungfrau von felitastic (Jeder weiß, dass Pferde nicht sprechen können) ================================================================================ Kapitel 1: Angelegenheiten andrer Leute --------------------------------------- Die Sonne schien, Vöglein sangen fröhlich, von Wolken keine Spur am blauen Himmel. Ein wunderschöner Tag. In einem grünen Laubwald, wo die Sonnenstrahlen durch die Baumkronen schien und wilde Schattenmuster auf den Boden zeichnete, ritt ein einsamer Kämpfer. Sein Reittier war ein pechschwarzes Ross - nur wenige erkannten, dass es sich dabei um einen sehr seltenen schwarzen Pegasus handelte. Der Mann auf seinem Rücken war alles andere als unauffällig: Seine Haare waren dunkelblau und schulterlang; er hatte sie mit einem einfachen Lederband hinten zusammengebunden. Sichtlich gelangweilt starrte er vor sich hin, einige Strähnen seines Haares hingen ihm dabei in die hellgrauen Augen, doch das schien ihn nicht weiter zu stören. Neben seiner linken Wange, die eine sichelförmige Narbe zierte, baumelte ein schmaler Zopf herab; er sah aus wie gesponnenes Silber. Auf seinen breiten Rücken trug er eine große Armbrust, zu seiner Rechten ein breites Zweihänderschwert mit rotem Griff. Seine Kleidung wirkte abgenutzt und verwahrlost; die dunkle Hose zerrissen und schmutzig, das weiße Hemd schon lange eher grau-braun, die dunkelbraunen Lederstiefel voll getrockenetem Matsch - man mochte vermuten, dass er sich vor kurzem mit Schlamm gesuhlt hatte. Aber die Meinung von anderen kümmerte diesen Mann noch nie, außer sie beurteilten sein kämpferisches Können. Er war stolz, stark und gefährlich. Sein Name war Kaze. Der Wald war friedlich, kein Tier regte sich im Unterholz, abgesehen von den singenden Vögeln. Ein wunderschöner Tag. Und todlangweilig. Gefrustet hing Kaze auf seinem Pferd, das eigentlich ein Pegasus war, und versuchte, nicht einzuschlafen. Er war nun seit gut einer Woche in diesem Wald und es hatte sich kein einziges Ungeheuer blicken lassen - nicht einmal einen einfach Wolf oder Bären hatte er gesehen. Wald der Bestien, dass er nicht lachte! Da musste im Dunkeln nur ein Reh durch's Gebüsch hüpfen und schon sprachen die Bauerntölpel von Monstern mit glühenden Augen! Wo er gerade an Rehe dachte - langsam wurde er verdammt hungrig. Leider war weit und breit kein Wild zu sehen, geschweige denn ein Gasthof. Gähnend setzte Kaze sich auf, als er plötzlich laute Schreie vernahm. Keine Hilfeschreie, eher das Gebrüll einer großen Menschenmenge, die darauf wartet, dass etwas Aufregendes passiert. "Los, Thunder! Folge dem Krach!", rief Kaze erfreut und rammte dem Pferd die Sporen in die Seiten. "Ich wäre dir sehr verbunden, wenn du das unterlassen würdest, ja?", beschwerte sich der Hengst schnaubend und gallopierte los. Sie waren noch nicht lange unterwegs, da lichtete sich der Wald; das heißt, eigentlich endete er abrupt. Der Boden war pechschwarz und verbrannt, hier und dort stand ein einsamer, verkohlter Baumstumpf. "Was ist denn hier passiert?", wunderte sich Thunderund verlangsamte seinen Lauf. "Ist doch egal, hier is nix los.", grummelte Kaze, dem es gar nicht schnell genug gehen konnte. "Da vorne is doch deine Aktion, du Spring-ins-Feld!", sagte der Pegasus genervt. Etwa zwei Dutzend Männer waren dort versammelt; sie standen in einem sicheren Abstand zu dem Eingang einer großen Höhle, vor dem ein Eisenstab aus dem Boden ragte. Und an eben diesem Stab war einen junge Frau mit schwarzen Haaren gebunden, die sehr missmutig aussah. Jetzt waren die Beiden nahe genug an der Szene, um die Rufe der Männer zu verstehen. "Na los, hol sie dir, solange sie noch warm ist!" und "He, wir haben nicht den ganzen Tag Zeit!", waren noch die freundlichsten. "Chantal, sing uns doch ein schönes Lied, bevor du für immer von uns gehst!", rief ein rothaariger Mann und feixte, während die gefesselte Frau ihn mit hasserfüllten Blicken bombadierte. "Was wird das hier?", fragte Kaze verwundert. "Wir opfern dem Drachen eine Jungfrau.", strahlte der Rothaarige. "Ich dachte immer, das wäre ein trauriges Ereignis und keine Party...", wunderte sich Kaze nach einem Blick in die Runde. Tatsächlich schienen die Männer alle sehr vergnügt, einige trugen sogar bunte Hütchen und ein korpulenter Glatzkopf öffnete mit einem lauten >Peng< eine Sektflasche. "Gewöhnlich schon, aber diesmal ist Chantal das Opfer!" "Ich hab dich genau gehört, Steve!", fauchte die Schwarzhaarige wütend und zerrte an ihren Fesseln. Steve warf Kaze einen bedeutungsschwangeren Blick zu. "Verstehst du, was ich meine?" Die Erde begann leicht zu beben und eine Art Trommelgeräusch ertönte: Bumm, bumm, bumm, bumm... Die Männer verstummten. Erwartungsvolle Blicke richteten sich auf den Höhleneingang. Dann verstummte das Trommeln und der Drache schob seinen schuppigen, gewaltigen Kopf ins Freie. Abschätzend musterte er die Versammlung. Die Augen der Schwarzhaarigen wurden groß wie Teller und sie erblasste deutlich. "Hey, Leute. Das meint ihr doch nicht Ernst, oder? Ich meine... Leute?" Verzweifelt blickte sie zu den Männern, die wie gebannt zu dem Drachen hoch starrten. Der Drache grinste und entblößte dabei einen Reihe scharfkantiger, ungeputzter Zähne. Im Angesicht des drohenden Todes, welcher schrecklichen Mundgeruch hatte, verlor Chantal das Bewußtsein. Kazes Kampfgeist regte sich. Er war immer schrecklich agressiv, wenn er hungrig war - und seine letzte, richtige Mahlzeit lag gute vier Tage zurück. Sein Verstand sagte ihm, er soll abwarten, bis der Drache das Mädchen gefressen hatte und ihm den Rücken zukehrte, um in die Höhle zurück zu kehren - mit vollem Magen kämpfte es sich bekanntlich nicht so gut. Doch sein Instinkt sagte etwas ganz anderes, und da sein Gehirn unter Nährstoffmangel litt, gewann er die Oberhand. "Ey, Schuppengesicht. Willst du dich kampflos ergeben oder muss ich Gewalt anwenden?", rief er provozierend und sprang mit gezücktem Schwert vor. "Och, nicht doch, Mann!", hörte er Steve hinter sich. Der Glatzkopf rief sofort ein eifriges Wettgeschäft über den Ausgang des bevorstehenden Kampfes ins Leben; Kaze hoffte, dass Pega sich nicht verriet. Seit sie in Los Vegos gewesen waren, hatte der Gute ein kleines Glücksspiel-Problem. "Miff ergeben? Daf iff nifft lache!", lispelte der Drache; offenbar war es schwer, mit einer gespaltenen Zunge von solcher Länge zu sprechen. Am Feuer spucken hinderte sie ihn allerdings nicht. Hastig sprang Kaze beiseite, der Feuerstrahl verfehlte ihn knapp. Keine Sekunde später ließ er mit einigen sehr unschönen Flüchen sein Schwert fallen, das Metall hatte sich unangenehm erhitzt und hinterließ schwache Brandspuren auf seiner Hand. "Haft du dir die Fingerffen verbrannt?", höhnte der Drache und verwandelte das am Boden liegende Schwert mit einer kleinen Flamme in flüssiges Metall. "Und vie gedenkft du, miff ohne Waffe pfu befiegen?" "Ich bin Kaze, der Bändiger des Windes! Waffen sind für mich nur Zierde!", gab Kaze prahlerisch zurück. Der Drache gluckste, dann sprang er katzengleich vor und ehe irgendjemand begriff, was vor sich ging, hatte er den blauhaarigen Mann auch schon verschluckt. "Oh", machte einer der Männer, die auf Kaze gesetzt hatten. "Wohl bekomm's.", murmelte der Pegasus, was die Männer jedoch ignorierten, da sie der festen Überzeugung waren, nur Verrückte würden Pferde sprechen hören. Und sie waren ja nicht verrückt. "Das ging aber schnell.", stellte der Glatzkopf überrascht fest. Der Drache deutete eine Verbeugung an und wandte sich der bewußtlosen Frau zu. "Für ein Dessert ist die Kleine genau richtig..." Er hielt aus für die Männer unersichtlichen Gründen inne und verzog die Schnauze. Dumpfe Schläge kamen aus seinem Magen, ebenso wie gedämpftes Gebrüll. Etwas beulte seinen Bauch aus, wie ein tretendes Kind während einer Schwangerschaft. Neugierig reckten die Männer die Köpfe. Dann explodierte der Drache. Schleimige Innereien und grünes Drachenblut bespritzen auf die Zuschauer von Kopf bis Fuß, Einzelteile des Drachen flogen durch die Luft. Und dort, wo der Drache war, saß Kaze, ebenfalls über und über mit Schleim und Blut bedeckt, aber mit einem breiten Grinsen im Gesicht. "Ich sagte doch, ich beherrsche die Lüfte." Ein Schenkel des Ungeheuers donnerte wenige Meter neben ihm auf den Boden. Ungläubig starrten die Männer ihn an, dann brachen die wenigen, die auf Kaze gesetzt hatten, in lauten Jubel aus. "Hätte nie gedacht, dass Drache so gut schmeckt!", staunte Steve. Nach der 'Schlacht' hatten die Männer sich erst einmal so gut wie möglich in einem nahen Bach gewaschen und dann ein Feuer entzündet, um wieder halbwegs trocken zu werden. Kaze nutzte die Situation prompt, um zu einer warmen Mahlzeit zu kommen: Gegrillter Drache. Da es genug davon gab, teilte er großzügig mit den anderen Männern. "Hallo? Würde mich vielleicht einer der Herren netterweise losbinden?!", tönte Chantals wütende Stimme zu ihnen herüber. "Sie ist wach.", stellte ein Mann unglücklich fest. "Und sie lebt.", sagte ein anderer noch unglücklicher. "Seid ihr taub? Ihr sollt mich losbinden!!", rief sie und klang nicht so, als ob sie sich bei dem Betreffenden bedanken würde. Die Männer blickten schweigend ins Feuer, völlig unschuldig, ganz nach dem Motto: 'War da was? Ich hab nix gehört!' "Sie ist deine Verlobte, Steve.", brach schließlich einer von ihnen das Schweigen. "Ex-Verlobte!", verbesserte Steve trotzig. "Warum kümmerst du dich nicht um sie? Immerhin ist sie DEINE Schwester!" "Ist mir scheißegal", brüllte sie und Kaze staunte, was für eine Lungekapazität eine solch zierliche Person haben konnte, "wer von euch, aber irgendjemand sollte mich jetzt wirklich losbinden!!!" Die Männer tauschten unsichere Blicke. "Wir sollten erst überlegen, was mit ihr geschehen soll, bevor wir sie losbinden.", schlug der Glatzkopf vor, was von den anderen begeistert angenommen wurde. "Wir sollten sie einfach hier lassen!", meinte der Mann, der Chantals Bruder sein musste. Kaze war erstaunt, wie wenig Familiensinn die Leute hier hatten. "Das können wir nicht, das wäre Mord!", warf ein anderer ein. Mehrer Köpfe nickten zustimmend. "Das ich das richtig verstehe - sie hier zu lassen ist Mord, aber sie an einen Drachen verfüttern nicht?", mischte sich Kaze ein. Der kahlköpfige Mann warf ihm einen drohenden Blick zu. "Wenn du sie so sehr magst, kannst du sie gerne haben." Zustimmendes Gemurmel wurde laut. Kaze hob abwehrend die Hände. "He, Moment mal, ich bin auf Reisen, ich kann keine jammernde Frau gebrau-" "Er hat sie gerettet, also soll er sie auch mitnehmen!", unterbrach ihn Steve, der seine Chance, die lästige Verlobte los zu werden, in greifbarer Nähe sah. "A-aber...", stotterte Kaze. Die Männer erhoben sich rasch. "Na dann, viel Spaß." "Ja, und viel Glück!" "Man sieht sich... vielleicht..." Hastig entfernten sie sich und ließen einen völlig hilflosen Kaze zurück. "Super gemacht, großer Held.", kommentierte Thunder sarkastisch. Und so kam es, dass Kaze, der Bändiger des Windes und Reiter eines stolzen, schwarzen Pegasus, zu einer Begleiterin kam, deren Stimme so lieblich klang wie der Gesang einer Nachtigall - d.h., sofern sie nicht wütend war. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)