Love Your Life von uteki-chan (Beginne ein neues Leben...) ================================================================================ Kapitel 5: Abschnitt 5 ---------------------- *~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~5~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~ Wir hatten Deutsch und sollten Vokabeln aufschreiben, die wir nicht konnten. Also nichts zu tun für mich. Stattdessen sah ich nachdenklich aus dem Fenster. Ich dachte an Hinans Reaktion auf Karu, Arai kannte sie auch, aber sie... ich konnte mir einfach keinen Reim darauf machen. So blickte ich weiter hinaus in den Himmel, genoss die Sonnenstrahlen, die mein Gesicht wärmten, und ignorierte den Lehrer. "Fräulein Tanori!" Es kam, wie es kommen musste und so drehte ich meinen Kopf langsam in Richtung Lehrer, der mich wütend ansah. Ich setzte eines meiner vielen Show-Lächeln auf und sah ihn aufmerksam an. "Ich wüsste gerne, was an meinem Unterricht so langweilig ist." "Ich..." Er unterbrach mich, als ich anfing in Japanisch zu erklären. "In Deutsch, bitte! Sie haben doch nicht umsonst dieses Fach gewählt! Und wenn Ihnen schon so langweilig ist, dass Sie dem Unterricht nicht mehr folgen, dann müssen Sie doch schon über das Wissen verfügen." Ich zuckte die Schultern und sah kurz zu Hinan, die grinsend zu mir herüber schielte. "Wie Sie wollen. Ich finde diesen Unterricht keineswegs langweilend, jedoch ist Deutsch meine Muttersprache und mir somit geläufig. Ich beherrsche sie, weil ich 16 Jahre in Deutschland gelebt habe." Mein Lehrer wurde erst rot, dann öffnete er den Mund um etwas zu sagen, schloss ihn aber wieder, und schließlich drehte er sich um, um mit dem Unterricht fortzufahren. "Seite 48, oben. Sie können gleich anfangen zu lesen." Ich seufzte einmal und stand dann auf, das Buch in der Hand, um dem Wunsch meines Lehrers nachzukommen. Hinan und ich gingen gerade über den Schulhof. Ich betrachtete sie nachdenklich. "Woher kennst du ihn?", fragte ich abrupt. "Ich war mal mit ihm zusammen." "Und nicht gut auseinander gegangen?" "Doch, aber... ich erkläre es dir später, ja?" "Ist gut." Als ich in ihre Augen sah, wusste ich, dass sie ihn noch vermisste und es sie schmerzte darüber du reden. "Na ihr beiden!" "Hy, Kleine!" Arai stand grinsend vor ihrem Bruder. "Gehen wir! Kommst du mit, Nan-chan?" "Nein, ich muss nach Hause." "Gut, dann bis morgen!" "Bye!" Also machten wir und nur zu dritt auf den Weg zum nahe gelegenen Kickboxclub. Dort stellte ich mit erstaunen fest, dass die Trainingsanlage riesig war, ein Traum für jeden Sportler. "Hallo!" Ein etwa zwanzigjähriger Mann trat auf uns zu. "Was kann ich für euch tun?" Er war groß, durchtrainiert, hatte dunkelbraune Haare und blaue Augen, die mich interessiert musterten, und trug einen schwarze Trainingshose und ein hellblaues Muskel-Shirt. "Hy! Ich möchte gerne wieder anfangen zu trainieren." "Ah.. und du willst einfach mal durchschnuppern, ob dir der Club gefällt?" Ich nickte. "Ja." Sein Blick fiel auf die Sporttasche, die ich heute in der Früh gepackt hatte. "Ich kann dir ja schon einmal alles zeigen, und wenn du willst, kannst du nachher gleich trainieren." Ich wandte mich an Karu und Arai, die bislang schweigend neben mir gestanden hatten. "Ist schon OK. Wie lange brauchst du? Dann hol ich dich später wieder ab." "Ich schätze mal zwei Stunden." "Bis später." Karu drehte sich um und ging, Arai jedoch drückte mich noch einmal und gab mir ein Küsschen, ehe sie sagte: "Bis später, Rika-chan!" Als wir alleine waren, stellte sich der Dunkelhaarige vor. "Mein Name ist übrigens Mewako Jatoma. Aber du kannst gerne Mewa sagen." "Ich bin Rikanah Tanori." "Komm, ich zeig dir mal alles, dann kannst du dich einschreiben und umziehen, wenn du willst." Und schon begann die Führung. Nachdem ich mich umgezogen und eingetragen hatte, stand ich nun in schwarzer dreiviertellanger Trainingshose und schwarzem Trägershirt vor einem Sandsack und begann gerade damit meine Hände einzubinden, als Mewa wieder kam. "Sag mal, Rika, wie lange machst du das schon?" "Noch nicht so lange,... vielleicht zwei Jahre. Davor habe ich allerdings Karate gelernt. Und du?" "Seit schon fast 10 Jahren." "Früh angefangen, hm?" "Ja, meinem Vater gehört dieses Center und ich hab von klein auf nichts anderes gelernt." "Zwang?" Ich warf ihm einen Seitenblick zu. "Nein!" Mewako lachte. "Ich habe es immer freiwillig gemacht." Ich nickte und betrachtete meine eingebundenen Hände. "Na dann. Zeig mal, was du kannst, Kleine", sagte er und stellte sich grinsend hinter den Sandsack, um ihn sicher zu halten. "Wer ist hier klein?!", grinste ich und begann mit dem Training. Als ich fertig war, ging ich mich wieder umziehen. Nachdenklich betrachtete ich mein rechtes Handgelenk. Es waren helle Kratzer zu sehen. Alte Narben, neue Narben, immer eine neben der anderen, alle parallel. Ich sah auf meine andere, die sich um eine Rasierklinge schloss. Ich atmete einmal durch. Schon zwei Wochen hatte ich das hier nicht mehr getan. Die Wunden waren zwar nie sonderlich tief, sonderlich groß gewesen, aber man hatte sie immer erkennen können. Ich drückte die Klinge an die Innenseite meines Unterarms, leicht nach innen versetzt um die Pulsadern nicht zu erwischen, und zog dann drei parallele etwa fünf Zentimeter lange Schnitte die Haut ein. Ich presste die Augen zu. Diese Schmerzen. Sie waren nichts im Vergleich zu denen, die in meinem Innersten tobten, die meine Vergangenheit beherrschten und ihr entstammten. Aber sie lenkten mich ab, genauso, wie sie es immer getan hatten, wenn ich es brauchte. Als das Stechen langsam in ein Pochen überging, sah ich in dem Spiegel vor mir. Eine Träne rann über meine blasse Haut. Schnell wischte ich sie weg. Dann sah ich auf mein Handgelenk über dem Waschbecken. Blut lief in Rinnsalen über meine Hand, die ich zur Faust geballt hatte. Ich drehte den Wasserhahn auf und wusch die verräterischen Spuren ab. Dann umwickelte ich mir die Schnitte mit einem kleinen Verband und zog anschließend die Bolerojacke meiner Schuluniform wieder über. Ich säuberte die Klinge und packte anschließend alles weitere zusammen. "Tschau, Rika! Bis zum nächsten Mal!" Ich lächelte Mewako kurz zu und ging nach draußen, wo Ryokaru schon wartete. "Na, wie war das Training?" "Anstrengend, aber es ist schön, dass ich wieder trainieren kann." "Möchtest du noch etwas unternehmen, oder einfach nur heim?" Ich überlegte kurz. "Hm... ich würde gerne etwas bummeln gehen,..." Karu grinste. "Etwas bestimmtes?" Ich lächelte ihn an. "Hm... ja..." "Das ist süß!" "Stimmt, aber es passt nicht zu dir." Ich hielt ein kleines Armband aus bunten Perlen in der Hand. "DAS passt zu dir." Ryokaru hielt ein etwa fünf Zentimeter breites aus mehreren Bändern bestehendes Armband aus Blutstein- und Jadeperlen vor meine Nase. "Wow! Aber... das ist viel zu teuer." "Ich schenke es dir! Sozusagen als Begrüßungsgeschenk" "Aber..." "Nichts aber." Das Armband war perfekt, denn es war schön, entsprach meinem Stil und war breit genug um die Schnitte zu bedecken. Und ehe ich wusste, was ich tat, hatte ich ihm ein Küsschen auf die Wange gedrückt. "Ich gehe schnell zahlen, ja?" Und schon war er weg. "Ich bin oben, Hausaufgaben machen!", rief ich und war schon in meinem Zimmer verschwunden. Nachdem ich die Türe hinter mir geschlossen hatte, zog ich wieder mein Lieblingsoutfit an, frisierte meine Haare zu einem geflochtenen Zopf, der mir über die rechte Schulter fiel und nahm mein neues Armband. Bevor ich es jedoch anlegte, säuberte ich die Schnitte noch einmal und wickelte einen kleinen Druckverband darüber. Dann setzte ich mich an den Tisch und begann meine Hausaufgaben zu machen. Nach einiger Zeit streckte ich mich. "Na, fertig?" Erschrocken drehte ich mich auf dem Drehstuhl um und warf schnell einen Blick auf das Armband, nur um sicher zu gehen, dass es nicht verrutscht war. Dann sah ich zu dem Rotschopf auf. "Hm, ja." "Kommst du zurecht?" "Ja... aber ich habe heute Hinan und die anderen in meiner Klasse ganz schön überrascht." "Wieso?" "Weil ich, rein aus Gewohnheit, alles auf Deutsch mitgeschrieben habe..." Ich lächelte verlegen. "Aber die Hausaufgaben hab ich in Japanisch gemacht." Er lachte. "Ich wollte dir nur sagen, dass das Essen fertig ist." "Danke. Ich komme gleich." Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)