Sherlock Holmes - Das verschwundene Haus in Sussex von kentasaiba2 ================================================================================ Kapitel 4: Zurück nach London ----------------------------- Von Schlaf war nicht wirklich zu denken. Zwar hatte Holmes ein Schlafabteil für uns gemietet, doch zu sehr hatten uns die Ereignisse aufgewühlt. Weder ich, noch unser Klient fanden viel Schlaf. Einzig und allein Holmes schnarchte friedlich vor sich hin und ließ sich nicht einmal von etwaigen Erschütterungen des Zuges wecken. So kam es, dass wir kurz nach halb 8 am Londoner Bahnhof eintrudelten. Während mein Freund unseren Klienten bat, möglichst rasch eine Droschke zu organisieren, sah ich ihn erwartend an. „Nun sagen Sie schon, Holmes! Was sind unsere nächsten Schritte?“, wollte ich wissen. Holmes ließ sich aber durch nichts aus der Ruhe bringen. „Wir fahren zur Shore & Cline Bank in der Londoner Innenstadt.“, verkündete er dann. Ich stutzte einen Moment. Irgendwo hatte ich diesen Namen in den letzten Tag doch schon einmal vernommen. Wo war das noch gleich? Mr. Whitmore winkte uns zu und wir bestiegen die Droschke. Aufgrund eines Unfalls brauchten wir einige Minuten länger, was Holmes fast zur Weißglut brachte. Durch stiegen wir erst 5 Minuten nach 8 Uhr vor der Bank aus und ich spürte, wie Holmes nun in Eile verfiel. „Mr. Whitmore, Sie bleiben bitte hier draußen. Wir rufen Sie, wenn... oder nein! Machen wir es so: Falls Ihnen jemand Bekanntes auffallen sollte, der die Bank betritt, stoßen Sie bitte 2 oder 3 Minuten später ebenfalls zu uns.“, gab er dem Mann Anweisungen, welchen dieser natürlich folgte. Kurz darauf betraten ich und Holmes die Bank. Dabei erinnerte ich mich wieder, dass Mr. Whitmore erwähnte, bis zu seiner Pensionierung der Direktor dieser Bank gewesen zu sein. Dabei konnte es sich kaum um einen Zufall handeln. Mein Freund sah sich in der Bank um und wirkte erleichtert. Dann stolzierte er zum nächstbesten Schalter und ich folgte ihm. Als sich der Angestellte sich uns nun widmete, wich mir alle Farbe aus dem Gesicht. Es handelte vermutlich um die surrealste Situation, die ich in meinem ganzen Leben erlebt hatte. Der angestellte trug neben seinem Hemd mit dem Logo der Bank, noch einen riesigen Schnauzer und seine auffällige Brille. Dennoch ließen diese seine Gesichtszüge und die markanten Wangenknochen nicht verbergen. Ich kannte diesen Angestellten. Bei ihm handelte es sich um niemand anderen als Inspektor Lestrade von Scotland Yard. Die Verkleidung wirkte allerdings belustigender als jene, die mein Freund stets anlegte, um im Untergrund agieren zu können. Ich musste mir ein Lachen verkneifen, was strenge Blick seitens Holmes und Lestrades zur Folge hatten. Weniger später betraten zwei Männer die Bank. Sie waren ordentlich gekleidet und mindestens einer wirkte wie ein Geschäftsmann. „Danke, Sie haben uns sehr geholfen.“, sprach Holmes nun, packte mich an der Schulter uns wir traten beiseite. Sofort stellten sich die beiden Männer vor Lestrade auf. „Guten Tag, ich würde gerne zu meinem Schließfach.“, sagte der Geschäftsmann. Lestrade nickte. „Natürlich. Ich brauche Ihren Ausweis und Ihre Schließfachnummer. Den Schlüssel haben Sie dabei?“, wollte er wissen und der Mann bestätige es ihm. „Worthington! Wenn ich bitten darf!“, wies er seinen scheinbaren Sekretär an und dieser kramte in der großen Tasche, die er mit sich trug. Er holte einige Dokumente hervor, welche er seinem Chef übergab und dieser dem verkleideten Lestrade. Dieser studierte die Papier und nickte dann. „Sieht alles in Ordnung aus.“, meinte er. Der Sekretär holte nun einen Schlüssel aus der Tasche und reiche ihn seinem Chef. „Will ich auch meinen. Können wir jetzt?“, drängte er. Lestrade erwiderte nichts und sah stattdessen zu uns. Eine Einmischung wurde aber erst nötig als die Tür aufging und Mr. Whitmore eintrat. „Henry? Sind Sie das?“, fragte er völlig verblüfft. Die beiden Männer drehten sich um und ich konnte förmlich sehen wie die Farbe ihre Gesichter verließ. „Und das ist...“, begann Lestrade und Holmes stellte ihm unseren Klienten vor. „Mr. James Whitmore. Der richtige Mr. Whitmore um genau zu sein.“, stellte er klar. Es war für unseren Klienten nicht nötig, den falschen Mr. Harryman und seinen Butler Samuel zu identifizieren. Es war uns allen bewusst wer die beiden waren. Nun drehten sich mindestens drei Kunden zu uns um und zogen Waffen. Mir wurde sofort bewusst, dass es sich bei ihnen um Beamte von Scotland Yard in zivil handelte. „Es ist vorbei, Mr. Anderson und Mr. Worthington.“, sagte Holmes in behelfendem Ton. Den beiden Männern blieb nichts übrig als die Hände zu heben und sich in Gewahrsam nehmen zu lassen. Der falsche Harryman warf Whitmore noch einen erbosten Blick zu als die Beamten ihn und seinen Komplizen aus der Bank führten. „Ich... dachte es mir bereits. Es ging um meine Wertpapiere, richtig?“, fragte dieser an Holmes gewandt. Mein Freund nickte zustimmend. „Sie haben sie gut in ihrem Haus versteckt, das muss ich zugeben. Worthington brauchte an die zwei Monate, bis er das Versteck des Zettels mit Ihrer Schließfachnummer und des dazugehörenden Schlüssels gefunden hatte. Durch Hin und Rückfahrt zu Mrs. Aderlines Haus, blieb ihm auch jedes Mal nur eine begrenzte Zeit. Und wie bereits erwähnt, Sie zu fesseln oder zu töten wäre keine Option gewesen. Hätten Sie gemerkt, dass Sie bestohlen wurden, wären Sie recht schnell darauf gekommen, dass es jemand auf Ihre Wertpapiere abgesehen hat. Und hätte man Sie ausgeschalten, wäre es schwierig gewesen, sich in der Bank als Mr. Whitmore auszugeben.“ Ich verstand. „Darum hatten Sie also so sehr gedrängt um Punkt 8 Uhr hier zu sein. Zur Öffnungszeit der Bank.“ Holmes stimmte mir zu. „Ja, Mr, Whitmore tat gut darin, gleich zu mir zu kommen. Hätte er noch einige Tage gewartet, wäre es zu spät gewesen. Aber wo blieb uns noch das ganze Wochenende um zu ermitteln, während die Täter bis am Montag zur nächsten Öffnung der Bank ausharren mussten.“ Nun mischte sich Lestrade ein. „Dieser Anderson... oder wie auch immer sein Name lautet, das kriegen wir noch aus ihm heraus. Sein Cousin arbeitete hier als Angestellte. Dadurch wusste er auch von den vermögenden Wertpapieren, welche der ehemalige Direktor in der Bank aufbewahrte.“, fügte er hinzu. Holmes nickte. Er schien sich so etwas bereits gedacht zu haben. „Ich... bin ihnen wirklich eine Menge schuldig, Mr. Holmes. Ich mag mir nicht ausmalen, was ohne Sie geschehen wäre.“, sagte James Whitmore nun. Ich konnte es. Der gute Mann wäre nun um einiges ärmer gewesen. „Wie... kann ich mich bloß revanchieren?“, keuchte er immer noch aufgeregt. Holmes dachte einen Moment über diese Frage nach. „Nun... was halten Sie davon, wenn Sie mich zu einer Partie Schach einladen? Ich denke, davon würden wir beide profitieren“, lächelte er. Holmes hatte sein Wort gehalten. Nur wenige Wochen später waren wir erneut in Brighton und bestiegen eine Kutsche zu Mr. Whitmores Anwesen. Zum einen war dies auch dem Umstand zu verdanken, dass Holmes seine Ernährung wieder einmal nicht ernst nahm und ich ihm als Arzt einen erholsamen Urlaub auf dem Land verschrieb. Und für mich natürlich ebenfalls. In der Nähe des Anwesens verließen wir die Kutsche und Holmes holte tief Luft. „Die Atmosphäre hier ist wirklich wunderbar, finden Sie nicht auch, Watson?“ Ich musste ihm zustimmen. Die Ruhe und die Abgeschiedenheit hatten etwas für sich. „Ich denke... hier könnte ich ebenfalls mal meinen Ruhestand verbringen.“, sinnierte mein Freund. Ich hob überrascht meine Augenbrauen. „Ist das Ihr Ernst?“, fragte ich skeptisch. Holmes bejahte ohne Umschweife. „Natürlich. Immerhin hat diese Gegend eine Eigenschaft, die wie perfekt für mich gemacht ist.“, erklärte er. Ich konnte mich einer spitzbübischen Bemerkung einfach nicht verwehren. „Sie meinen, weil Sie hier draußen niemanden mit Ihrem Geigenspiel belästigen können, Holmes?“ Zum Glück nahm er mir meine Stichelei nicht übel. „Ich bezog mich auch eine andere Leidenschaft, die ich vorhabe, in baldiger Zukunft anzugehen.“, konkretisierte er. Ich verzog die Lippen. „Und welche mag das sein, alter Freund?“ Holmes schmunzelte. „Bienen, mein guter Dr. Watson. Bienen.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)