Sherlock Holmes - Ein farbenfroher Mord von kentasaiba2 ================================================================================ Kapitel 4: Die Auflösung ------------------------ Die Ungeduld und Angespanntheit der Gäste waren deutlich zu spüren. Sie flüsterten miteinander und warfen uns immer wieder skeptische Blicke zu. Trauten sie vielleicht nicht zu, den Täter zu überführen, der ihrem Freund das Leben genommen hatte? Lestrade versicherte ihnen, dass Holmes jeden Moment wieder da sein würde und bat zur Ruhe. Oberst von Gatow sah immer wieder nervös zur Uhr hoch. „Was für eine Zeitverschwendung! Sie sollten lieber die Umgebung um das Haus absuchen, anstatt uns hier unnötig festzuhalten!“, entgegnete er. Scheinbar war auch er der Ansicht, dass es sich um einen Einbrecher handeln musste. Trotz seines sicheren Auftretens, stellte sich der Inspektor ihm entgegen. „Herr Oberst, erklären Sie mir bitte etwas anderes. In der Wand des Billardzimmer steckt ein Messer. Und Sie haben angegeben, sich dort aufgehalten zu haben.“, konfrontierte er den Mann. Dieser ließ sich aber keineswegs beeindrucken. „Mag sein, na und? Ich habe zusätzlich noch etwas Dart gespielt, jedoch wenig erfolgreich. Aus Wut habe ich dann mein Messer geschleudert.“, kam er mit einer Erklärung an. Der Inspektor wich keinen Millimeter zurück. „Haben Sie öfter solche Wutausbrüche? Könnte es nicht so sein, dass Sie mit dem Messer auf den Grafen los sind? Immerhin besitzt dieser eine Schnittwunde an der Hand.“, konfrontierte ihn der Polizist. Ich konnte sehen wie das Gesicht des Oberst rot anlief. „Was erlauben Sie sich? Sie kleiner Beamter? Ich würde nie einen so ehrenlosen Mord…“ Doch weiter kam er nicht. Die Person, die ihn kurz darauf unterbrach, war gerade zur Tür hereingekommen. „Der Mann sagt die Wahrheit, Lestrade.“, pfiff ihn Holmes zurück. Ich war froh, dass er endlich eingetroffen war, länger hätte sich der Unmut und die Gereiztheit der Anwesenden kaum unterdrücken lassen. Der Detektiv stellte eine mitgebrachte Tasche auf einen Stuhl und widmete sich dann den Gästen. „Es freut mich Ihnen mitteilen zu können, dass ich nun den feigen Täter kenne, der den Tod des Grafen zu verschulden hat.“, verkündete er. Die Gäste tauschten Blicke und Getuschel aus. „Dann… haben Sie den Einbrecher verhaftet?“, fragte Mrs. Peacock erleichtert. Mein Freund schüttelte aber den Kopf. „So jemand existiert nicht. Graf Eutin wurde von einem der Gäste ermordet, den er heute hier zu sich eingeladen hat.“, offenbarte er. Damit erreichte die Stimmung einen neuen Tiefpunkt. „Mr. Holmes. Ich hoffe Sie können belegen was Sie da von sich geben.“, sagte der Professor streng. „Genau! Haben Sie Beweise für Ihre Anschuldigung?“, fragte der Reverend aufgebracht. Der Inspektor bat die Anwesenden um Ruhe, während Holmes sich vorbereitete das Wort zu ergreifen. „Ich werde Ihnen erklären, was sich heute hier zugetragen hat. Beginnen wir mit dem Anfang. Der beschädigten Tür des Wintergartens. Und warum der Täter sie aufgebrochen hat. Und zwar nicht, weil er sich Zutritt zum Gebäude verschaffen wollte, sondern sich bereits darin befand. Nein, viel mehr sollte es so aussehen, als hätte sich ein Einbrecher ins Innere geschlichen. Niemand sollte die armen Gäste verdächtigen, denn diese hätten immerhin keinerlei Motiv ihrem Freund zu schaden, ist es nicht so?“ Holmes betonte den letzten Satz streng und anklagend. Ich konnte ihm nicht folgen, was der Zweck dieser Geste sei. Nach einer kurzen Pause setzte er fort. „Wussten Sie, dass es im Gebäude allerlei Verbindungstüren gibt? Der Gang ist streng genommen vollkommen obsolet. Fast jedes Zimmer ist von einem anderen aus erreichbar. Durch kaum sichtbare Verbindungstüren.“ Ich musste tief einatmen. „Holmes! Soll das heißen es gibt noch weitere solcher versteckten Durchgänge, nicht nur jene zur Küche?“ Mein Freund bejahte augenblicklich. „Ja, ich konnte mich davon überzeugen. Neben der im Speisezimmer, fand ich eine hinter dem Gemälde im Wintergarten. Sie führt ins Billardzimmer. Im Musikzimmer entdeckte ich einen kleinen Schacht hinter dem Klavier, der direkt hier in den Salon zu führen scheint. Und zum Schluss noch eine weitere Tür hinter einem Regal in der Bibliothek, die ins Arbeitszimmer führt. Ich fragte mich, wofür der Graf diese geheimen Durchgänge wohl benötigte? Und die Antwort darauf ist: Um zu lauschen. Und zu beobachten. Oder um einen profaneren Begriff zu verwenden: Um Schmutz auszugraben.“ Ich starrte ihn erschrocken an. „Reden Sie etwa… von Erpressung?“ Auch der Inspektor schien nun zu begreifen. „Wen? Wen hat er erpresst?“, stockte ihm der Atem. Holmes ließ die Verdächtigen nicht aus den Augen. „Ich vermute alle von Ihnen. Doch nur bei einem… war das Geheimnis groß genug, dass es einen Mord rechtfertigte. Was es nicht so?“. fragte er provokant. Der Oberst trat nun vor ihn. „Selbst wenn er jemanden von uns erpresst hat. Dafür haben Sie keine Beweise. Tote plaudern keine Geheimnisse mehr aus.“, sagte er bestimmt. Doch es war Miss Scarlett, die nun vortrat. „Ja, es ist wahr. Er hat mich erpresst. Oder wollte es zumindest. Ich habe eine Beziehung mit einem Mann, obwohl meine Eltern eine andere Ehe für mich arrangiert haben. Doch ich habe kein Problem damit, das zu verkünden. Das sagte ich auch dem Grafen so.“ Scheinbar missfiel es den anderen, dass Miss Scarlett diese Tatsache somit indirekt bestätigte. Die anderen schwiegen jedoch. „Sie müssen darauf nicht antworten. Ihre Geheimnisse sind mir völlig gleich. Bis natürlich das des Mörders, immerhin handelt es sich hierbei um das Motiv. Jenes ich zwar nicht kenne, aber für denjenigen Grund genug war sich heute dem Grafen zu entledigen. Jedoch… kam ihm dieser zuvor. Mittels der Verbindungstür beobachtete er den Täter, was es ihm ermöglichte, sich vorzubereiten. Nach der Sache mit dem Wintergarten wurde ihm bewusst, dass der Täter heute seinen Plan umsetzen würde. Er versuchte erst ein Heizungsrohr zwischen die Halterungen der Tür zu schieben, welches jedoch nicht hielt. Deshalb organisierte er sich das Seil aus dem Speisezimmer und bat Reverend Green darum, ihm beim Fixieren zu helfen. Doch damit war die Gefahr natürlich nicht gebannt, der Täter wartete immer noch auf die richtige Gelegenheit zuzuschlagen. Deshalb entschloss er sich seine Gäste alleine zu lassen und kehrte in sein Arbeitszimmer ein. Dort holte er seinen Revolver hervor um sich schützen zu können. Dann öffnete er eine der Verbindungstüren, zu denen lediglich er einen Schlüssel besaß. Es kam zum Kampf. Der Täter konnte die ursprüngliche Mordmethode nicht mehr verwenden und musste sich eine provisorische Waffe nehmen. Damit schlug er auf das Opfer ein, was es erst bewusstlos werden ließ. Doch das wusste der Täter nicht.“ Die Verdächtigen sahen sich nun einer nach dem anderem an. Keiner fühlte sich mehr sicher in der Umgebung der anderen. „Aber… er kam wieder zu sich. Wir haben ihn im Gang gefunden!“, wollte Lestrade meinem Freund ins Gedächtnis rufen. Dieser nickte nur. „Natürlich. Immerhin durfte der Täter die Leiche nicht so einfach liegen lassen. Würde diese in dem Raum gefunden werden, in dem er sich befand, wäre alles aus gewesen. Also schleppte er den Grafen durch die inzwischen geöffnete Geheimtür zurück ins Arbeitszimmer und ließ auch den Revolver zurück. Dann rannte er mit der Tatwaffe in die Küche und reinigte diese so gut wie möglich. Er kehrte in den Raum zurück und versuchte die restlichen Spuren so gut wie möglich zu verwischen. Immerhin hatte er es inzwischen mit einem improvisierten Mord zu tun. Es blieb ihm nichts übrig als schnell zu den anderen zurückzukehren um sich nicht verdächtig zu machen. Jedoch war der Graf wie erwähnt nicht tot. Er kam wieder zu sich und torkelte aus seinem Arbeitszimmer. Sein Ziel war die Küche, da er fürchtete, es nicht bis zum Salon zu schaffen.“ Soweit war es mir möglich meinem Freund zu folgen. „Aber was wollte er dort? Brauchte er Wasser um sich zu erfrischen?“, hakte ich nach. Der Detektiv verneinte sofort. „Nein, dafür waren seine Verletzungen zu schwerwiegend. Er öffnete einen Schrank und suchte nach einem Gegenstand. Nachdem bereits zahlreiche Gegenstände wie Besteck oder auch eine Rohrzange zu Boden fielen, hatte er ihn endlich gefunden. Dieser sollte dabei helfen, den Täter zu überführen.“, erklärte er. Ein Raunen ging durch die Gäste. Auch ich und der Inspektor verstanden nicht, wie ein einfacher Gegenstand dabei helfen sollte. Nun öffnete Holmes die mitgebrachte Tasche und holte jene Weinflasche heraus, in deren Überreste der Inspektor vorhin getreten war. „Der Wein? Sie wollten jetzt aber nicht andeuten, dass er sich noch einen letzten Drink genehmigen wollte, oder?“, fragte Reverend Green abschätzig. Holmes überging diese Bemerkung. „Versetzen Sie sich bitte in seine Lage. Er hatte eine schwere Kopfverletzung davongetragen. Weder war es ihm möglich, einwandfrei zu denken, noch sich zu artikulieren. Schließlich hätte er dann einfach direkt auf den Salon zugehen und den Täter ansprechen, oder zumindest auf ihn zeigen können. Nein, in seinem wirren Zustand überlegte er sich eine andere Methode, um den Namen seines Täters benennen zu können. Also entschied er sich, diesen Pflaumenwein zu benutzen.“, führte er aus. Nun sah ich mich im Stande endlich eine korrekte Schlussfolgerung auszuführen. „Plum! Er wollte damit auf den Professor hinweisen!“ Jener zuckte erschrocken zusammen. Lestrade reagierte sofort. „Richtig! Sie erwähnten ja, dass das Arbeitszimmer mit der Bibliothek verbunden sei. Und derjenige, der angab dort Bücher zu lesen, war Professor Plum!“ Sämtliche Blicke waren nun auf den Mann gerichtet, der zusehends in Bedrängnis geriet. „Was… soll denn das für ein Beweis sein? Sie können das unmöglich alles von einem Pflaumenwein ableiten!“, wehrte er sich gegen die Anschuldigung. Holmes ließ seine Ausflüchte aber nicht zu. „Wie ich bereits erwähnte, der Graf konnte nicht mehr in komplexen Mustern denken. Er brauchte etwas, womit er seinen Mörder identifizieren konnte. Also stach ihm die Farbe des Weins ins Auge. Überlegen Sie doch. Jedem von Ihnen lässt sich eine Farbe zuordnen. Der Oberst trägt stets einen mustardfarbenen Anzug. Das Kleid von Mrs. Peacock ist genauso stechend Blau wie das Tier, das ihr seinen Namen verleiht. Genauso verhält es sich mit den Namen der anderen Gäste. In seinem wirren Zustand fand der Graf, dass dies die geeignete Methode war um zu kommunizieren. Noch dazu ist die Verbindungstür zwischen Arbeitszimmer und Bibliothek die Einzige, die unverschlossen ist. Ein weiteres Indiz auf den Tathergang. Und wenn wir den Kerzenleuchter untersuchen, kann ich Ihnen versichern, dass wir Blut daran feststellen werden. Egal, wie gut Sie ihn gereinigt haben, es gibt Methoden, wodurch sich etwaige Rückstände nachweisen lassen. Wir fassen also zusammen: Es war Professor Plum mit dem Kerzenleuchter in der Bibliothek.“ Dies schien zu reichen um den Professor auf die Knie gehen zu lassen. Er griff sich an die Haare und stieß mehrere Flüche aus. „Aber… warum?“, fragte Mrs. White, während die anderen Abstand zu ihm suchten. Der Professor brauchte eine Weile um zu antworten. „Er hat alles herausgefunden. Meine sämtlichen Publikationen waren von anderen Autoren zusammengestohlen. Ich… hätte alles verloren. Er wollte Geld von mir, aber… ich hatte doch gar keines mehr. Dieser Gierschlund… ich konnte ihn nicht länger damit durchkommen lassen!“, verriet er uns auch noch das Motiv, das letzte Puzzleteil in diesem Fall. Nun war es Inspektor Lestrade überlassen, den Mann abzuführen und wenig später auch die übrigen Gäste zu entlassen. Als Holmes und ich Tudor Hall verließen, stellte ich erleichtert fest, dass der Schnee zum Erliegen geblieben war. „Scheinbar ist es uns vergönnt, ohne dieses lästige Schneegestöber den Heimweg antreten zu können, alter Freund.“, sagte ich beruhigt. Holmes stimmte mir zu. „Gleichfalls. Ich freue mich bereits auf die warme Atmosphäre unserer Baker Street.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)