Sherlock Holmes - Ein farbenfroher Mord von kentasaiba2 ================================================================================ Kapitel 3: Viele Tatwaffen -------------------------- Zusammen mit Holmes und Lestrade verließ ich das Zimmer wieder. „Wie es scheint, scheinen alle Alibis bis auf das von Miss Scarlett sehr wackelig zu sein.“, bemerkte der Inspektor an. Ich hingegen war mir da nicht so sicher. „Es könnte genauso gut ein Einbrecher gewesen sein. Dass der Graf das Seil zum Fixieren der Tür benötigte, schließt dies keineswegs aus. Dieser könnte die Tür des Wintergartens aufgebrochen und sich so Zutritt zum Gebäude verschafft haben.“, grübelte ich. Mein Freund tat diese Idee ab. „Mitten im tiefsten Winter? Während eines Schneegestöbers klettert er die Balustrade zum Wintergarten hinauf, bricht die Tür auf und möchte ein Haus ausrauben, in dem gerade eine Feier mit sieben Personen stattfindet? Ein sehr verzweifelter Einbrecher.“ Ich ärgerte mich, wieder einmal nichts auf Holmes‘ Argumentation erwidern zu können. Draußen im Gang stellten wir fest, dass die Leiche fortgeschafft und vermutlich gerade in die Kutsche des Leichenbeschauers geladen wurde. „Wenn wir den Tatort kennen, wissen wir definitiv genaueres.“, stellte Holmes klar und verwies erneut auf die Bluttropfen. Zu dritt folgten wir der Spur und kamen zum Stehen. „Holmes, sehen Sie. Die Tropfen teilen sich auf.“, zeigte ich auf das Offensichtliche. Zum ersten Mal an diesem Abend bemerkte ich Irritation im Gesicht meines Freundes. „Das haben Sie richtig erkannt. Eine Spur führt in diesen Raum, während die andere weiter den Gang entlangführt. Seltsam.“ Da wir uns für einen Weg entscheiden mussten, öffnete wir die Tür vor uns. Kurz darauf standen wir in der Küche des Gebäudes. Holmes ließ seinen Blick schweifen. „Sehen Sie, Holmes! Hier muss der Graf angegriffen worden sein!“, zeigte ich auf die Verwüstung, die uns im hinteren Teil der Küche erwartete. Mehrere Gegenstände lagen auf dem Boden verstreut. Löffel, Gabeln und sogar eine Rohrzange. Inspektor Lestrade fluchte, als er in die Scherben einer Weinflasche trat. Der Inhalt hatte sich über den Boden ergossen. Der Detektiv begutachtete die Rohrzange nun genauer. „Sehen Sie! Da ist Blut an dem Gegenstand. Wir haben die Tatwaffe gefunden!“, rief ich auf. Holmes hingegen war nicht so schnell zu beeindrucken. „Da muss ich Sie enttäuschen, guter Freund. Auf der Rohrzange befinden sich ebenfalls nur geringe Spuren von Blut. Und auch nur an der Halterung. Der Zangenteil, mit dem man jemanden am ehesten den Schädel einschlagen könnte, ist frei von Blut.“, berichtigte er mich. Ich räusperte mich. „Dann… eben mit der Weinflasche! Sie war bestimmt schwer.“, unternahm ich einen erneuten Versuch. Diesmal war es Lestrade, der mich entmutigte. „Eher nicht, Doktor. Dann hätten wir Spuren daran an den Haaren des Opfers finden müssen. Besonders dieser Pflaumenwein hier ist klebrig, meine Frau wird mir danken, wenn sie meine Schuhe reinigt.“ Ich gab fürs Erste auf. Holmes warf noch einen Blick in die Spüle und begutachtete ein feuchtes Handtuch. Dann schien er fertig zu sein und so folgten wir der zweiten Blutspur. Sie führte den Gang entlang, direkt zu einer Tür an dessen Ende. Lestrade öffnete und wenig später fanden wir uns in einem Raum wieder, bei dem es sich um das Arbeitszimmer handeln musste. Ein Sessel war umgeworfen, ansonsten zeigten sich keine Anzeichen eines Kampfes. Kein Vergleich zu dem Chaos in der Küche. „Holmes, sehen Sie!“, rief Lestrade überrascht und zeigte auf einen Gegenstand, der kaum sichtbar unter dem Stuhl lag. Entsetzt stellte ich fest, dass es sich um einen Revolver handelte. „Das… muss die Tatwaffe sein! Damit schoss man ihm in den Hinterkopf!“, klang ich euphorischer als beabsichtigt. Holmes warf mir einen skeptischen Blick zu. „Ich bin sicher Ihr Kollege hätte in diesem Fall eine Kugel aus dem Schädel des Opfers geholt.“, sagte er und inspizierte die Waffe. Er zeigte uns den Lauf, alle Kugeln waren noch darin. Ich ärgerte mich erneut, dass ich zu vorschnell gewesen war. Lestrade fand in einer offenen Schublade eine Schachtel, in welcher sich der Revolver gefunden haben musste. „Er scheint dem Grafen gehört zu haben. Aber wieso hat er ihn aus der Schachtel genommen?“ Ich wollte erneut anführen, dass er vielleicht einen Einbrecher gehört hatte, verkniff es mir diesmal aber. Holmes hatte den Revolver hochgehoben und legte ihn dann auf den Schreibtisch. „Dies hier ist ebenfalls nicht der Tatort.“, sinnierte er. Ich konnte ihm jedoch nicht folgen. „Aber die Blutspur führt genauso hierher!“, entgegnete ich. Mein Freund verzog leicht die Lippen. „Aber sehen Sie sich um. Bis auf den umgekippten Stuhl lassen sich hier kaum Blutspuren finden. Es sind sogar weniger Tropfen als draußen auf dem Gang.“, erklärte er. Nach einigem Umsehen musste ich ihm zustimmen. „Also… doch die Küche? Dann wurde er in der Küche angegriffen, torkelte zum Arbeitszimmer und holte sich seinen Revolver um sich verteidigen zu können.“, mutmaßte ich. Holmes ließ sich davon schwer überzeugen. „Und dann lässt er den Revolver zurück und torkelt in seinem Zustand zurück zum Salon? Warum sollte er diesen nicht gleich aufgesucht haben? Die Küche ist nicht so weit davon entfernt.“ Ich wollte etwas erwidern, musste mir aber eingestehen, ratlos zu sein. „Wir können uns also nicht sicher sein was der Tatort ist. Also… was tun wir jetzt?“, wollte der Inspektor erfahren. Holmes überlegte kurz und setzte sich dann in Bewegung. „Wir überprüfen die Räume, in welchen die Gäste angeblich verweilten.“, hatte er sich entschieden. Also folgten wir ihm. Der erste Raum in dem wir kamen, schien das Musikzimmer zu sein. Hier hatte Miss Scarlett auf dem Klavier gespielt, während die übrigen Gäste überall im Haus ihrer Musik lauschen konnten. Das Zimmer war sehr sauber, dennoch warf Holmes einen genaueren Blick auf das Klavier. Dann ein unerwarteter Fluch seitens des Inspektors. „Mist. Ich bin beinahe über etwas gestolpert.“, beschwerte er sich und ich sah zu Boden. Tatsächlich. Mitten im Raum lag ein Gegenstand, der sich erst bei weiterem Hinsehen als Heizungsrohr entpuppte. „Wieso lässt man sowas einfach liegen? Ist ja lebensgefährlich.“, klagte Lestrade immer noch. Ich warf einen genaueren Blick darauf, doch es war sauber. Keinerlei Anzeichen von Blut ließen sich daran feststellen. Es käme wohl eher nicht als Tatwaffe in Frage. Holmes beugte sich darüber und ich nahm ein leichtes Schmunzeln wahr. „Wir sind hier fertig.“, sagte er und wir verließen das Musikzimmer. Der nächste Raum, der sich vor uns auftat, war die Bibliothek. Sie war eher beengt, doch irgendwie fanden wir uns zurecht. Hier hatte Professor Plum gelesen, begeistert von der Auswahl an Büchern, welche der Graf besaß. Im hinteren Teil stießen wir auf eine umgekippte Stehleiter. Daneben ein Kerzenleuchter. „Was meinen Sie? Sind das Kampfspuren?“, wollte Lestrade wissen. Ich verneinte etwas zögerlich. „Eher nicht. Die Stehleiter benötigt man um an die höheren Regale zu kommen. Und den Kerzenleuchter um sich Licht zu verschaffen. Immerhin gibt es hier drin keine Fenster. Vermutlich hat er sich nur durch den Schrei der armen Miss Scarlett erschrocken und ließ daraufhin den Kerzenleuchter fallen. Und die Trittleiter stellte er nicht zurück um möglichst schnell wieder bei den anderen zu sein.“, merkte ich an. Da wir auch keinerlei Blutspuren feststellen konnten, zogen wir wieder von Dannen. Als nächstes betraten wir das Speisezimmer. Es war geräumiger als die anderen Zimmer. Hier hatten die Gäste zusammen mit ihrem Gastgeber gespeist, bevor das Unglück geschah. Und hier war Mrs. White zurückgekehrt um sich noch etwas zu genehmigen. Dies ließ sich im Nachhinein nicht mehr überprüfen, da alle Teller noch an ihrem Platz standen. Immerhin war das restliche Personal bis auf sie fortgeschickt worden. Holmes war vor einem Schrank zum Stehen gekommen. „Interessant, hier drin hat sich das Seil befunden, das Graf Eutin benötigte, um die Tür zum Wintergarten zu fixieren.“, bemerkte er. Ich nickte nur, immerhin half uns das nicht weiter. Wir hatten bereits festgestellt, dass es sich dabei nicht um die Tatwaffe handelte. Der Graf wurde immerhin erschlagen. Nun schien etwas anderes Holmes‘ Aufmerksamkeit geweckt zu haben. „Sehen Sie sich das an. Meinen Sie nicht auch, dass es sich hierbei um ein Schloss handelt?“, wollte er von uns wissen. Lestrade und ich inspizierten die Stelle und konnten tatsächlich ein Türschloss ausmachen. Holmes überprüfte die Stelle an der Wand und fand mehrere Rillen. „Höchst interessant. Hierbei handelt es sich um eine Verbindungstür. Aufgrund der Farbe ist sie aber kaum zu sehen.“ Mir wurde klar, worauf mein Freund hinauswollte. Mrs. White konnte das Speisezimmer so verlassen haben. Vielleicht sogar ungesehen. „Aber wohin führt sie?“, wollte der Inspektor wissen. Holmes‘ Unternehmungen die Tür zu öffnen verliefen ins Leere. Scheinbar war es ohne Schlüssel nicht möglich sie aufzubekommen. Uns blieb nichts anderes übrig als den Raum zu verlassen und dem Gang zu folgen. Schließlich fanden wir uns erneut in der Küche wieder. Holmes öffnete die Tür zum Kühlraum und konnte dort dieselben Rillen feststellen wie im Speisezimmer. Dieses war also mit der Küche verbunden. Es ergab Sinn, dass Küche und Speisesaal verbunden waren, um so ein rasches Servieren der Speisen zu garantieren. „Dann… könnte Mrs. White so die Küche betreten und den Grafen hier erschlagen haben!“, sprudelte es aus mir heraus. Holmes war aber noch nicht davon überzeugt. Er erinnerte mich an den Schlüssel, der benötigt wurde um die Tür zu öffnen. Mrs. White hätte als einfacher Gast sicher keinen Zugriff darauf gehabt. Wir beließen es erst mal dabei und schritten zum nächsten Raum. Dabei handelte es sich um das Billardzimmer, in dem Oberst von Gatow seine Zeit totschlug. Es war von den Vorhängen abgedunkelt und roch leicht modrig. Ich erblickte den Billardtisch, sowie eine Dartscheibe, Brettspiele und anderes. Die Kugeln waren nicht beisammen, sondern über den Tisch verteilt. Dennoch konnte man dies kaum als solides Alibi bezeichnen. „Holmes! Doktor! Sehen Sie!“, wollte uns Lestrade auf etwas aufmerksam machen. Wir traten an seine Seite und erkannten worauf er hinauswollte. Mitten in der Wand steckte ein Messer. Der Inspektor wollte danach greifen, doch der Detektiv hielt ihn zurück. „Aber Holmes, wir müssen überprüfen ob sich Blut an der Klinge befindet.“, wand Lestrade ein. Doch Holmes beäugte lediglich mich. „Doktor, kann die Wunde am Hinterkopf von einem Messer herrühren?“, erkundigte er sich. Ich überlegte kurz, musste dann aber verneinen. Von den Spuren her, kam lediglich ein dumpfer Gegenstand in Betracht. Trotz der Klagen Lestrades, ließen wir das Messer vorerst stecken und traten wieder auf den Gang hinaus. Unser nächstes Ziel war der Wintergarten, in dem Reverend Green angeblich dem Schneegestöber lauschte. Dort angekommen entdeckten wir bereits das Seil, das um die beiden goldenen Klinken gebunden war, die hinaus ins Freie führten. Ich warf einen Blick hinaus, die Terrasse war wirklich schön und es musste angenehm sein, dort zu sitzen, sofern nicht gerade der Schnee tobte. Holmes inspizierte das Seil und dann den Rest des Raumes. Vor einem großen Wandbild verharrte er und untersuchte es länger als alles andere davor. „Interessant. So etwas hatte ich bereits vermutet.“, murmelte er. Ich und der Inspektor konnten ihm nicht folgen, doch er beschloss, uns wie stets die Antwort schuldig zu bleiben. Somit blieb uns nichts übrig als zurück auf den Gang zu treten und zum Fundort der Leiche zurückzukehren. Im Salon, in dem sich Mrs. Peacock angeblich völlig alleine befand, hatten wir ja bereits in Augenschein genommen. Der Detektiv untersuchte noch einmal das Blut auf dem Boden und wand er sich dem Inspektor zu. „Lestrade, seien Sie so nett und kümmern sich um die Gäste des Abends. Der Doktor leistet Ihnen Gesellschaft. Ich muss noch etwas überprüfen, doch es sollte nicht länger als eine Viertelstunde dauern.“, sagte er und ließ uns einfach stehen. Lestrade und sich sahen einander an und zuckten nur mit den Schultern. Also erfüllten wir Holmes‘ Wunsch und kehrten zurück in den Salon. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)