Sherlock Holmes - Der Mann mit dem Flammenkopf von kentasaiba2 ================================================================================ Kapitel 5: Die Maske fällt -------------------------- Endlich war ich angekommen und klopfte an der schweren Haustür. Es dauerte etwas, bis sich jemand rührte. Verständlich, immerhin hatte niemand mit meiner Rückkehr gerechnet. Es war wahrscheinlicher anzunehmen, dass es sich um Jack handeln musste, der ein weiteres Opfer forderte." Schließlich öffnete mir Robert Leeds einen Spalt, und ich sagte ihm, dass alles in Ordnung sei. Er ließ mich ein, und die anderen staunten nicht schlecht, als ich in die Lounge zurückkehrte. Ich tischte ihnen das Märchen von meiner Verletzung auf und dass Holmes den Weg zum Bahnhof ohne mich betreten hatte. Ich versicherte ihnen, dass er sich beeilen würde und dass bald Hilfe eintreffen würde. Der Assistent hatte inzwischen Kaffee gekocht, den jeder von uns gierig in seine Kehlen goss. Wie Holmes von mir verlangte, ließ ich keinen der Anwesenden aus den Augen und ließ mir nichts anmerken. Keine Bemerkung, dass die Gefahr eigentlich schon gebannt war, und Jack in seinem Zirkuswagen festsaß, bis ihn Scotland Yard dort befreien würde. In den nächsten Stunden fielen nur wenige Worte, die Situation verbesserte sich freilich nicht groß. Schließlich ertönte ein Klopfen, und alle in der Lounge zuckten zusammen. Ich beruhigte sie und versicherte ihnen, dass es sich dabei bestimmt nur um Holmes handelte. Leeds und ich öffneten die schwere Haustür und ließen meinen Freund ein. Erwartungsvoll sprang ihm entgegen, als er die Lounge betrat. „Und, Mr. Holmes? Gibt es Neuigkeiten?“, wollte Kensington sofort erfahren. Mein Freund ließ sich aber Zeit. Er stellte die schwere Tasche nieder, die er aus dem Zirkuswagen entfernt hatte, und ruhte sich dann erst einmal auf dem Sofa aus. „Ich kann Sie alle beruhigen. Die Polizei ist bereits auf dem Weg“, beschwichtigte er die Leute. Dies schien genau das gewesen zu sein, was sie sich erhofft hatten. „Sehr gut! Ich hoffe, sie durchkämmen den Wald und schnappen dieses Monster! Ob es sich nun um einen Menschen handelt oder nicht.“, keifte Chesterton. Holmes hob abwehrend die Hände. „Auch in dieser Hinsicht kann ich Sie vollends beruhigen. Das wird gar nicht nötig sein, da Dr. Watson und ich dies bereits in Angriff genommen haben.“ Verdutzte bis schockierte Blicke waren auf meinen Freund gerichtet. Schließlich begann er zu erzählen, von dem Zirkuswagen auf der Lichtung und wie wir Jack… nein, Janos Szabo unschädlich gemacht hatten. „Aber… ich verstehe nicht ganz. Wieso haben Sie uns das nicht gleich erzählt, Dr. Watson?“, fragte Kensington perplex. Unsicher sah ich Holmes an, der zum Glück alles Weitere übernahm. „Ich habe den guten Doktor darum gebeten. Immerhin sollte der Mörder nicht die Flucht ergreifen, wenn er erfährt, dass sein Komplize bereits unschädlich gemacht wurde.“, klärte er auf. Allerdings schien er damit bei den meisten eher Verwirrung zu sorgen. „Was für ein Mörder? Der Mörder ist doch dieser… Zabo… oder wie Sie ihn nannten. Richtig?“, hakte Mrs. McLean nach. Holmes antwortete nicht sofort. „Was die Morde an Mr. Brown und Ms. Evans angeht, ja. Mit dem Mord an Mr. Fitzroy hatte er allerdings nichts zu schaffen“, konkretisierte er. Mrs. McLean musterte ihn sichtlich ungeduldig. „Jetzt hören Sie mal! Ich habe Ihnen doch erzählt, dass dieser Flammendämon an jenem Abend auch im Garten stand!“, erinnerte sie den Detektiv. Dieser zuckte aber nur mit den Schultern. „Eine gewöhnliche Lüge, weiter nichts. War es nicht so?“, entgegnete er. Die Frau vor ihm zuckte zusammen. Kensington sah zwischen den beiden hin und her. „Eine Lüge? Mrs. McLean soll gelogen haben?“, konnte er es scheinbar nicht glauben. Jetzt baute sich die Anwältin vor meinem Freund auf. „Wie kommen Sie dazu, so etwas zu behaupten? Wollen Sie mich jetzt etwa als die Mörderin darstellen?“, fauchte sie. Holmes nickte. „Ja, genau das will ich. Oder zumindest als Totschlägerin. Fitzroys Tod war alles andere als geplant gewesen. Und die Umstände setzten eine Maschinerie mit entsetzlichen Folgen in Gang.“ Ich starrte meinen Freund an. „Sie meinen… Jack?“ Ein weiteres Nicken meines Freundes. „In der Tat. An jenem Abend kam es zum Streit zwischen Mrs. McLean und Mr. Fitzroy. Er konfrontierte sie mit etwas, das er herausgefunden hatte. War es nicht so?“, fragte er die Frau erwartend. Diese zog es aber vor zu schweigen. „Daraufhin starben ein Journalist und eine Buchhalterin. Ich denke, es wäre nicht gewagt zu spekulieren, wenn ich behaupte, dass Sie Geld unterschlagen haben“, warf er ihr vor. „Etwa… von meiner Firma?“, sagte Kensington erschrocken. Holmes bestätigte es ihm. „Fitzroy wollte sie an jenem Abend zur Rede stellen. Allerdings hatten beide schon etwas getrunken und waren nicht mehr vollständig bei sich. Mrs. McLean reagierte deswegen auch gewalttätig und stieß Fitzroy zu Boden. Dann schlug sie seinen Kopf mehrfach gegen den aus dem Boden ragenden Stein. Die Blutspuren zeigen eindeutig, dass der Schädel mehrfach aufgeprallt ist. Andersfalls würden die Spritzer nur in eine Richtung deuten.“ „Und dann hat sie uns das Märchen von Jack O’Lantern erzählt?“, hakte Chesterton nach. Holmes bejahte. „Sie geriet in Panik. Sie hätte an einem Unfall festhalten können, war sich aber nicht sicher, wie die Polizei den Zustand der Leiche deuten würde. Jeder wusste, dass sie alleine mit Fitzroy war, man hätte ihr den Unfall genauso gut auch nicht abkaufen können. Also erschuf sie eine weitere Person. Aber einfach nur einen unbekannten Mann zu erschaffen wäre zu verdächtig gewesen. Also entschied sie sich für eine Figur aus einer schottischen Fabel. Eine, die Sie als Kind in Schottland sicher oft gehört haben. Nicht wahr, Mrs. McLean?“ Der Blick der Frau wurde nun kalt und abweisend. „Sie können nichts davon beweisen. Wer sagt, dass ich es war, der Fitzroy's Kopf immer wieder gegen den Stein geschlagen hat. Das könnte genauso gut Szabo gewesen sein“, wand sie ein. Holmes schmunzelte. „Ach, nun können Sie den Namen Ihres Komplizen auf einmal fehlerfrei aussprechen. Interessant.“ Mrs. McLean ließ sich jedoch nicht provozieren. „Geben Sie auf! Ihr Komplize wird gegen Sie aussagen, wenn er auch nur eine kleine Chance wittert, dem Galgen entkommen zu können.“ Als nächstes öffnete er die mitgebrachte Tasche und stellte den schwarzen Helm und die Dosen auf den Tisch. „Was Sie hier sehen, sind alles leicht entflammbare Chemikalien. Szabo war beim Zirkus, raten Sie einmal, was sein Spezialgebiet war.“ „Feuer“, tat ich ihm den Gefallen. Ich war selbst dabei, als Holmes die alten Zeitungsartikel studierte. Auch mir war klar, nachdem ich Fotographien von Szabo erblickte, in denen er Feuer spuckte oder mit brennenden Gegenständen jonglierte. „Der Helm ist besonders dick, damit die Hitze nicht sofort Auswirkungen auf die Haut zeigt. Auch die Kleidung des Mannes kam mir seltsam vor, als wir ihn fesselten. Es handelt sich um Flammschutzkleidung, welche in der Schwerindustrie, zum Beispiel von Schweißern, verwendet wird und vor Hitze und Funken schützen soll. Auch hatte Szabo stets etwas zum Löschen dabei, nachdem er in die Wälder geflohen war, damit er der Hitze nicht länger ausgesetzt war als sonst“, beendete Holmes seinen Bericht. Mrs. McLean ließ sich auf das Sofa gegenüber fallen. „Ich dachte, ich hätte den perfekten Handlanger gefunden. Ich dachte, gerade er könnte meinen Erzählungen Leben einhauchen.“ Die Anwesenden starrten sie entsetzt an. „Also… ist alles wahr? Sie töteten Fitzroy und haben auch Brown und Evans töten lassen?“, konnte Kensington nicht fassen. McLean nickte schwach. „Was sollte ich auch anderes tun? Fitzroy hat mich erwischt, nachdem er einen Blick in die Papiere geworfen hatte. Da Sarah Buchhalterin war, war es auch bei ihr nur eine Frage der Zeit. Und Brown recherchierte schon länger bezüglich Unregelmäßigkeiten. Ich musste meine Spuren so gut verwischen, wie es nur ging“, rechtfertigte sie sich. Holmes ächzte verächtlich. „Das ist Ihnen aber nicht gelungen. Beginnend bei der Blutspur und endend bei der Hintertür, die Sie für Ihren Komplizen aufgeschlossen haben. Wenn man es genau bedenkt, war jede Tat nur durch Ihre Assistenz ausführbar, so kam ich schließlich auf Sie. Sie verabredeten sich mit Brown im Garten und begleiteten Ms. Evans zur Toilette. Sie hinterließen überall kleine Hinweise. Genau wie Szabo, der ein Streichholz bei seiner Tat zurückließ. Auch, dass er seinen Helm erst kurz vor der Tat entflammte, half mir dabei, den Trick zu durchschauen. Mrs. McLean, Sie haben drei Menschen nur aus reiner Habgier getötet. Ich kann mir nichts vorstellen, was verachtenswerter wäre“, erlaubte er sich ein Urteil. Kaum zwei Stunden später traf schon die Polizei ein und verhaftete Mrs. McLean. Holmes musste sie zu der Lichtung führen, wo Szabo immer noch in seinem Zirkuswagen kauerte, da sie diese von alleine wohl nicht gefunden hätten. Danach dauerte es nicht lange, bis die beiden Täter in einem Zug nach London saßen, wo sie ihre gerechte Strafe erwarten würde. Bereits am Nachmittag desselben Tages verabschiedeten wir uns von unserem Klienten, Mr. Kensington, der noch immer geschockt war, dass eine seiner Angestellten zu so einer Gräueltat fähig gewesen war. Holmes sagte ihm, dass gerade sein Beruf die Gier anzog, worauf ihm der Mann rechtgeben musste. Wenig später saßen wir wieder im Zug nach London und konnten über die Ereignisse sprechen. „Geben Sie es zu, Holmes. Für einen Moment haben Sie wirklich an den Teufel geglaubt“, stichelte ich. Mein Freund sah aus dem Fenster und wirkte ernst. „Ach, Watson, wissen Sie… das tue ich ehrlich so gut wie jeden Tag. Allerdings… besitzt er dabei stets die menschliche Gestalt, die sich uns zu guter Letzt am Ende jedes Falls zeigt.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)