Sherlock Holmes - Das Heulen des Wendigo von kentasaiba2 ================================================================================ Kapitel 5: Im Schnee -------------------- Holmes ließ sich in den nächsten Stunden nicht mehr blicken. Als es endlich hell wurde, spürte ich Erleichterung in mir aufkommen. Bald war dieser Alptraum hier vorbei und wir würden in die beschauliche Baker Street zurückkehren. Unsere Klientin schlief immer noch, ich machte keine Anstalten sie zu wecken. Also trat ich vor die Tür und sah mich nach Holmes um. Ich musste nicht lange gehen um zu sehen, wie er mit Miss Cresswell in ein Gespräch vertieft war. „Watson! Geht es der guten Miss Pembroke gut?“, erkundigte er sich. Ich konnte ihm dies zum Glück bestätigen. „Gut. Wir werden heute alle zusammen im Gemeinschaftssaal warten, bis der Kutscher eintrifft. Dieser wird uns dann zum nächsten Polizeirevier bringen.“, sprach er den Plan laut aus. Ich hatte keinerlei Einwände. Sollten sich doch die Bobbies mit diesem Monster herumschlagen. Ich war nicht zur Monsterjagd ausgebildet worden, jeder beim Militär, noch bei meiner Arbeit mit Holmes. Es war Palmer der nun angerannt kam, sichtlich unruhig. „Er ist nicht da, Mr. Holmes! Foster ist nicht in seinem Zimmer.“, verkündete er. Er beobachtete wie mein Freund mit den Zähnen knirschte. Er eilte los, wir ihm dicht auf den Fersen. Die Tür zu Fosters Zimmer stand offen, sein Bett wirkte ungemacht. Jedoch konnte ich keine Anzeichen eines Kampfes feststellen. Der Detektiv sah sich gründlich um und fischte dann einen Zettel aus dem Mülleimer. „Was steht da?“, wollte ich erfahren, doch Holmes teilte es mir im nächsten Augenblick mit. „Lediglich drei Worte, Watson. Diese lauten Pembroke, Offenbarung, Feuerstelle.“ Ich wiederholte die Worte, konnte aber nicht viel damit anfangen. Der Detektiv wand sich an Palmer. „Das letzte Wort... Feuerstelle. Können Sie etwas damit anfangen?“, erkundigte er sich. Der Zoologe musste einen Moment überlegen, doch dann schien ihm etwas einzufallen. „Wir hatten früher immer eine feste Feuerstelle während unseren Spaziergängen.“, entsann er sich. „Wen meinen Sie mit 'unseren'“, wollte Holmes wissen. Dies schien aber kein großes Geheimnis zu sein. „Nun ja, ich selbst, Thomas, Victor und...“ „Frank Foster.“, fügte Holmes hinzu und Palmer nickte nur. Mein Freund stieß einen Fluch aus und stürmte aus dem Zimmer. Wir folgten ihm in einigem Abstand, nur um mitanzusehen, wie er unser Zimmer aufsuchte. Dort erwartete uns die nächste böse Überraschung. „Aber... Miss Pembroke war vorhin noch hier!“, beharrte ich. Holmes nickte und begann sich zu bücken. Er hob einen weiteren Zettel auf und las seinen Inhalt. Er war identisch mit jenem, den wir in Fosters Zimmer sichergestellt hatten. „Mr. Palmer, hat Pembrokes Tochter Sie hin und wieder bei diesen Spaziergänge begleitet?“, wollte er erfahren. Dieser bestätigte ihm seine Vermutung. Kaum hatten wir das Zimmer verlassen und waren ins Erdgeschoss geeilt, trafen wir wieder auf Miss Cresswell. „Was ist denn los? Florence ist vorhin dick angezogen einfach ins Freie gestürmt. Ich dachte, wir sollten hier warten?“ Holmes fluchte erneut und wand sich an Palmer. „Bitte sagen Sie mir, dass sich an den genauen Ort dieser Feuerstelle noch erinnern.“, sagte er eindringlich Der Zoologe nickte zum Glück. „Ja, ich denke ich würde die Stelle schon wiederfinden. Aber er stürmt draußen im Moment ziemlich heftig, ich bin nicht sicher, ob ich mich bei diesem Wetter nicht verlaufen würde.“, gestand er. Holmes begann sich anzukleiden und gab auch uns ein Zeichen. „Wir müssen das Risiko eingehen. Einer der beiden könnte das nächste Opfer des Wendigos sein. Wir dürfen keine Zeit verlieren.“ Wir beide verstanden und legten unsere Mäntel an. Nur Miss Cresswell beschwerte sich, dass sie alleine zurückbleiben musste. Doch es blieb uns nichts übrig. Zu dritt verließen wir das Herrenhaus und begannen hinaus in den Schnee zu stapfen. Palmer hatte nicht übertrieben, der Wind peitschte uns den Schnee förmlich ins Gesicht. „Wir müssen diesen Hügel dort hinauf!“, wies uns Palmer an. In schnellem Tempo bewegten wir uns nach vorne. Ich fluchte, da ich weder nach links noch nach rechts sehen konnte. Meinen Webley fest umklammert wartete ich gerade zu auf einen Angriff dieses Ungetüms. Ich wusste nicht, ob es auch bei Tag angegriffen würde, oder lediglich nachtaktiv war. Dazu fehlte mir das Fachwissen zu mythischen Wesen, die plötzlich zum Leben erwachten. Immer öfter musste ich mir die Hand vors Gesicht halten, Nachdem wir den Aufstieg des Hügels wagten, geschah es dann. Ich rutschte nach hinten und verlor das Gleichgewicht. Mehrere Meter fiel ich rückwärts und spürte trotz des weichen Schnees einen Stich im Rücken. Ich ruf nach Holmes und Palmer, war aber nicht sicher, dass sie mich hören konnten. Ich durfte auch keine Zeit verlieren, da wir nicht zu lange voneinander getrennt werden durften. Darum unternahm ich einen Versuch, den Hügel von einer anderen Position aus zu erklimmen, die mir weniger Steil erschien. Ich wusste nicht, wie sehr ich mich inzwischen von den anderen entfernt hatte. Doch dann sah ich eine Gestalt auf mich zukommen. Doch es handelte sich nur um eine einzige. War es Holmes oder Palmer? Oder... Sofort setzte der Überlebensinstinkt ein und ich zog meinen Revolver. Ich richtete ihn nach vorne, bereit auf das Ungeheuer zu feuern. „Nein, Doktor! Ich bin es!“, hielt mich nur die zarte Stimme Miss Pembrokes davon ab. „Miss Pembroke! Was machen Sie denn? Sie dürfen nicht einfach alleine, auf eigene Faust losziehen!“, belehrte ich. Die junge Frau wirkte Schuldbewusst, aber auch am Ende ihrer Kraft. „Ich... ich weiß doch. Ich wollte doch nur... herausfinden, was es mit Vaters Tod auf sich hat. Ich wollte zu der Feuerstelle, wo wir früher immer waren. Aber... beim Aufstieg habe ich mir glaube ich mein Bein verstaucht.“, erwiderte sie kläglich. Sofort ging ich in die Knie um einen Blick auf ihr Bein zu werfen. Die Sicht war alles andere als die Beste, weshalb ich mich mit bloßem Abtasten begnügte. Unsere Klientin stöhnte zweimal leicht auf, was ihre Selbstdiagnose zu bestätigen schien. „Also gut, wir gehen zurück zum Haus. Holmes und Palmer werden den Rest schon alleine schaffen.“; entschied ich. Diesmal hatte die junge Frau zum Glück keine Einwände. Ich begann sie zu stützen und legte meinen Arm um ihre Taille. Im Schneckentempo kämpften wir uns vorwärts. Wir waren kaum 10 Meter gegangen, da spürten wir, wie unsere Füße leicht wurden und der Grund darunter nachgab. Wir rutschten, scheinbar hatten wir einen Hang nicht gesehen. Wir fielen mindestens 4 Meter, was Miss Pembrokes Verletzung vermutlich nur noch verschlimmerte. Um die Auswirkungen auf meine eigene Person machte ich mir gar keine Gedanken. „Ist... alles in Ordnung?“, fragte ich gequält. Die junge Frau bestätigte es mir zum Glück. „Ja... wo sind wir gelandet?“, wollte sie wissen. Eine kluge Frage, denn auch unsere Sicht hatte sich deutlich verbessert. „Wir... scheinen in eine Art Graben gefallen zu sein. Wenn nicht sogar eine kleine Höhle.“, überlegte ich laut. „Ohnein, Doktor Watson! Wie kommen wir da wieder hoch?“, breitete sich Angst in der Stimme der Frau aus. Ich blickte nach oben. Mit einem Sprung würde ich nichts ausrichten können. Vermutlich würde ich ohnehin nur abrutschen und mich zusätzlich verletzen. Wir unternahmen erst einen Versuch eine Räuberleiter zu bauen, doch mit Miss Pembrokes verstauchtem Bein war dies aussichtslos. Auch umgekehrt dürfte es mit einem Gewicht unvorstellbar gewesen sein. „Wir suchen einen Aufstieg, der weniger steil ist. Kommen Sie.“, entschloss ich und unsere Klientin folgte mir. Wir entfernten uns zusehends von der Stelle, durch die wir eingebrochen waren und kämpften uns vorwärts. Es gab nur einen Gang, den wir wählen konnten und hoffte, er würde nach oben führen. Unsere Erwartungen sollten nicht nur enttäuscht, sondern ins Gegensätzliche gerichtet werden. Während ich noch völlig verdutzt von unserer Entdeckung war, begann Miss Pembroke zu schreien. Ich konnte es ihr nicht verdenken. Nicht nur, dass wir in einer Sackgasse gelandet waren, auch waren wir auf einen Fund gestoßen, mit dem wir nicht gerechnet hatten. Halb im Schnee vergraben stießen wir auf eine erfrorene Leiche. Ich tat einen schritt näher um ihn mir genauer anzusehen. Auf den ersten Blick wirkte er nicht wie jemand, den wir kannten. Er war in Miss Pembrokes Alter, kaum an die 30, dafür aber fein angezogen. Er trug keinen Mantel oder eine Wollmütze. Schwer vorstellbar, dass er ohne diese Utensilien durch den Schnee gestapft war. „Der arme Mann... er ist erfroren.“, stotterte Miss Pembroke schwach. Ich kniete mich vor die Leiche und begann sie zu untersuchen. „Nein, das ist sie nicht. Dieser Mann hier scheint mir erdrosselt worden zu sein.“, stellte ich fest. Die Würgemale am Hals des Toten waren unverkennbar. Wir hatten es mit Mord zu tun. Aber wer? Und warum? Hatte es mit den Morden im Herrenhaus zu tun, denen die armen Herren Driscoll und Stanhope zum Opfer fielen? Oder hatte sein Tod gänzlich andere Hintergründe? Ich untersuchte seine Kleidung, ob diese einen Hinweis lieferte. In seiner Brusttasche fand ich dann ein Notizbuch. Es war von Frost bedeckt und schwer auseinander zu klappen. Ich riss es mit Gewalt auf und versuchte einige Worte zu erkennen. „Was genau steht da, Doktor Watson?“, erkundigte sich meine Begleiterin. Ich brummte undeutlich. „Ich erkenne nur Vor und Nachnamen. Alle mit einem bestimmten Datum versehen. Die Zahlen sind meist 1-2 Wochen auseinander.“ An ihrem Gesicht erkannte ich, dass sie sich genauso wenig einen Reim darauf machen konnte wie ich. Es half nichts, Holmes musste einen Blick darauf werfen. Uns blieb nichts übrig als zurückzugehen und zu warten, bis man uns fand. Sobald sich der Schneesturm lichtete, sollte es nicht allzu schwer sein, die Vertiefung im Schnee zu entdecken. Doch... wann würde das der Fall sein? Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)