Die Tochter des Schmieds von killafussel ================================================================================ Kapitel 1: Teil 1, Kapitel 1 ---------------------------- Teil 1 „Aus den Trümmern unserer Verzweiflung bauen wir unseren Charakter.“ -Ralf Waldo Emerson 1   Es war der erste Morgen diesen Jahres an dem die Sonne schien. Sie schlich sich langsam über die nahen Hügel und Wälder und tauchte das kleine Dorf in einen warmen Schein. Trotz der frühen Morgenstunden regte sich dort schon das Leben.  In der einzigen Schmiede des Dorfes hörte man schon eine Stunde vor Sonnenaufgang das klong klong des Hammers auf dem Amboss. Dort arbeitete ein Mädchen, sie war gerade fünfzehn und die Jüngste in ihrer Familie. „Mariann,“, rief ihr Vater, „Heiz die Esse weiter an und bring mir schnell die große Zange!“ Sie trat den Blasebalg und musste sich dabei beinah mit ihrem ganzen Körpergewicht darauf stützen. Da sich ihr Vater keinen Lehrling leisten konnte übernahm sie seit längerem diese Rolle und unterstützte ihn wo sie konnte. Das Dorf in dem sie lebten war arm, sie hatten alle wenig Geld und alle wenig zu essen. Vor einigen Jahren war Krieg ausgebrochen und so wurden alle jungen und kampffähigen Männer eingezogen und starben nun reihenweise an der Front. Ihr Vater hatte ein steifes Bein, deshalb konnte er im Dorf bleiben und weiter seiner Arbeit nachgehen. Er stellte alles her, was man mit Eisen machen konnte, Hufeisen, Scharniere, sogar Nägel. Seine Leidenschaft jedoch waren Messer und Schwerter. Er hatte über die Jahre eine kleine Sammlung an Dolchen, Lang- und Breitschwerter und sogar Streitäxten aufgebaut. Einen Großteil davon hatte er an die Soldaten abgeben müssen und so waren nur noch wenige Schätze übrig die er hatte verstecken können. Die großen Ritter und Schwertschmieden hielten ihren Vater für einen einfachen und nicht besonders guten Hufschmied eines kleinen Dorfes in der Nähe der Grenze, sodass sie bisher Ruhe vor ihnen hatten. „Vater, ich sollte mich langsam um den Haushalt und das Essen kümmern.“ sie lief zur Haustür und hörte ihn hinter sich brummen. Seit dem Tot ihrer Mutter vor einigen Jahren war er Still geworden. Er vergrub sich in seiner Arbeit und sie vermisste sein kehliges Lachen und die Spiele die sie gespielt hatten. Sie erinnerte sich noch gut wie er sich um seine Frau gekümmert hatte, er hatte sie gepflegt, gewaschen, ihr die Haare geflochten und war Tag und Nacht an ihrer Seite. Zu der Zeit erkrankten viele und auch wenn die alte Naan, die kräuterkundige im Dorf, ihr bestes gegeben hatte, hatten nicht alle überlebt. Sie erinnerte sich wie ihr Vater im Haus wütete und den schlechten selbst gebrannten Schnaps trank als er vom Tod seiner Frau erfuhr. Mariann und ihre Schwester Christa waren zu der Zeit oft bei Naan. Sie konnten es nicht ertragen wenn ihr Vater trank. An einem Tag standen die beiden wieder bei der Alten vor der Tür. Christa hatte eine blaue Wange, da ihr Vater einen Topf nach ihr geworfen hatte als er betrunken war. Naan sagte damals, sie sollen doch in die Küche gehen sich einen Tee kochen und sie dürfen alles aus ihrer Vorratskammer nehmen worauf sie Lust hatten, während sie sich ein Tuch um die Schultern zog und in Richtung Schmiede aufbrach.  Als sie am späten Abend scheu und ängstlich vor ihrem Haus standen und durch die Haustür traten war der Wohnraum aufgeräumt und es duftete nach Eintopf. Sie hatten nie heraus gefunden was Naan getan hatte oder was sie zu ihm gesagt hatte, doch seit diesem Tag gab sich ihr Vater jede mühe. Er vergrub sich zwar in seine Arbeit, aber er hatte seit diesem Tag nicht einen Tropfen Alkohol mehr angerührt. Da in Zeiten des Krieges alle verfügbaren Lebensmittel an die Front geschafft wurden blieb nicht viel für die Bevölkerung übrig, so hatte Marinns Vater ihr gezeigt wie man Kleintiere mit Fallen fieng. Diese Fallen musste sie nun ablaufen damit sie für heute einen schönen Eintopf kochen konnte. Sie schlüpfte in ihre Stiefel, schnappte sich ihr Tuch und warf sich einen Beutel über die Schulter. Als sie aus der Haustüre trat hörte sie von nebenan noch immer das rhythmische Klong Klong ihres Vaters bei der Arbeit. Sie sprang die  Stufen hinunter auf die Straße und lief mit schnellem Schritt zwischen den Häusern entlang auf die andere Straßenseite in richtung der Felder. In der Straße die sie überquerte roch es immer nach frischen Brot und bei diesem Duft lief ihr das Wasser im Mund zusammen. Vielleicht habe ich heute Glück und es sind genug Tiere in den Fallen. Dann könnte ich eins gegen einen Laib Brot tauschen, dachte Mariann hoffnungsvoll. Sie überquerte die Felder und verschwand beinahe lautlos im Dickicht des Waldes. Auf ihrer Route zu den Fallen lief sie alle ihr bekannten Stellen ab um Beeren und Früchte zu sammeln. Natürlich war es noch zu früh in diesem Jahr und es würde noch einige Wochen dauern bis die Beeren reif wären, doch es war gut zu wissen wie weit die Natur um einen herum war. Auch wenn es zu früh für Beeren war gab es doch anderes das sie Sammeln konnte. Schon auf der kleinen Lichtung roch sie das knoblaucharoma des Bärlauchs. Sie zog ihr Messer aus dem Stiefel und schnitt die Blätter ab. Sie sammelte etwa zwei Hände voll bevor sie zu ihrer ersten Schlingfalle weiter ging. Ihre erste Schlingfalle war leider leer. Sie richtete sie und hoffte morgen etwas mit ihr zu fangen. Auf dem weg zu ihrer zweiten Falle gelangte sie durch ein kleines Birkenwäldchen. Zartes Morgenlicht durchbrach die Blätterkrone, Mariann blickte sich um und genoss für einen Moment das Zwitschern der Vögel. Sie genoss die Ruhe und atmete noch einmal Tief ein bevor sie zur nächsten Falle weiter ging. Hier hatte sie mehr Glück gehabt. Ein Eichhörnchen war ihr in die Schlinge getreten und hatte sich selbst stranguliert. Sie musste nur noch das Tier aus der Falle holen, die Schlinge erneut richten und das Eichhörnchen in den Beutel legen. Um zur nächsten Falle zu gelangen musste sie sich nach Südosten richten und tiefer in den Wald hinein gehen. Sie orientierte sich an dem Stand der Sonne, obwohl das im tiefen Wald nicht einfach war. Sie fand eine schöne, mächtige Eiche, hängte den Beutel über einen erhöhten Ast und kletterte in die Krone. Flink und klein wie sie war schaffte sie es in kürzester Zeit ganz oben zu sein. Schon seit ihrer frühsten Kindheit war sie häufig in den Wipfeln der Bäume zu finden gewesen. Diese Eiche war größer als die anderen Bäume in der Umgebung, so konnte sie den Wald von oben betrachten. Sie richtete sich nach Nordwesten, dort konnte sie schwach das Dorf ausmachen, im Nordosten sah sie ganz hinten am Horizont die weit entfernten Berge. Die Legenden besagten, dass die Berge von Zwergen bewohnt würden und diese komplett ausgehöhlt seien. Mariann mochte die Sagen und Geschichten, denn in jeder Sage gab es etwas wahres. Vor zwei Sommern hatte sich in einer ihrer Fallen ein kleiner Waldkobold verfangen. Als sie ihn befreite hatte er wild geflucht und mit einem angespitzten Ast immer wieder auf ihre Hand eingestochen. Als sie ihn endlich befreit hatte, hatte  er ihr einen Ast angeworfen und war im Gebüsch verschwunden. Danach hatte sie nie wieder einen Waldkobold oder ähnliches gesehen. Als sie zwei Tage später wieder nach der Falle sah lag dort ein wunderschöner grüner Stein. Sie glaubte es war ein Dankeschön des Kobolds gewesen.  Es gab auch Legenden über Elfen und Waldfeen, doch seit Jahrhunderten hatte man nichts mehr von ihnen gesehen. Es hieß sie seien alle ausgestorben, gejagt und getötet worden. Mariann drehte sich nach Süden. Dort konnte sie in der Ferne einen dunklen Streifen sehen. Das war das Reich der Trolle. Man sagte die Trolle seien größer als ein ausgewachsener Mann und viel stämmiger und kraftvoller. In manchen Geschichten haben sie eine dicke, ledrige Haut in anderen Schuppen und wieder in anderen soll ihr Rücken von Hörnern gespickt sein.  Die Sonne stand schon hoch am Himmel, langsam wurde es Mittagszeit und Mariann kletterte die Eiche hinunter, schnappte sich den Beutel und eilte zur nächsten Falle. Dort hatte sie wieder Glück und ein Eichhörnchen war darin, es würde heute also einen leckeren Eintopf geben. Sie machte sich auf den Weg nach Hause. Als sie ins Dorf hinein lief stieg ihr wieder der Duft des Brotes in die Nase. Sie wägte kurz ab ob sie doch eins der Eichhörnchen eintauschen sollte, entschied sich aber dagegen. Vom weiten hörte sie schon klong klong aus der Schmiede. Ihr Vater hatte wohl noch keine Pause eingelegt. Sie beeilte sich ins Haus zu kommen um ihm etwas zu Essen in die Schmiede zu bringen. Mit dem Holzbrett in der Hand trat sie in die Schmiede ein und steuerte auf ihren Vater zu. „Hier du musst was essen, sonst kannst du den Hammer bald nicht mehr halten.“ „Danke, ich mach das nur noch zu Ende.“, er schenkte ihr eines seiner seltenen Lächeln und beugte sich wieder über seine Arbeit. Er scheint einen guten Tag heute zu haben, ging es ihr durch den Kopf und sie lächelte strahlend zurück. Sie machte sich daran das Essen vorzubereiten und die übrige Hausarbeit zu erledigen. Kochen, Putzen, Beeren und Kräuter sammeln, einmachen für den Winter, in der Schmiede helfen, dies waren alles ihre Aufgaben. Manchmal kam ihre Schwester Christa vorbei doch nachdem sie geheiratet hatte, hatte sie mit ihrem eigenen Haushalt genug zu tun. Die Sonne war schon dabei unterzugehen, als ihr Vater endlich Feierabend machte. Mariann schmeckte den Eintopf ab und würzte mit etwas Salz nach. Sie musste sparsam damit sein, Salz war teuer und sie hatten nicht mehr viel. Sie saßen zusammen am Esstisch und aßen gemeinsam den Eichhörncheneintopf. Sie erzählte von ihrem Tag, was sie alles erledigt hatte und dass sie am nächsten Morgen wieder in den Wald wollte nach den Fallen schauen. Ihr Vater hatte heute einen weiteren Auftrag bekommen. Er musste die Hufeisen des alten Gauls vom Nachbarn anpassen. Durch das wenige Geld versuchten die Leute zu tauschen und er nahm oft Gemüse oder Eingemachtes für seine Arbeit , manchmal auch Dinge wie Seife oder Stoffe.  Vor dem Zubettgehen schrubbte sie noch das Geschirr während ihr Vater die Eichhörnchenfelle zum Gerben vorbereitete.  Es war ein langer Tag gewesen. Morgen würde sie zuerst wieder mit ihrem Vater in die Schmiede und ihm helfen die Esse an zu heizen. Wenn sie es schaffte würde sie bei Naan vorbei, sie hatte ihr vor Jahren das Lesen und schreiben bei gebracht und das wollte geübt werden.  Mariann fiel auf ihre mit Stroh gefüllte Matte, zog sich die alte Steppdecke bis unter die Nase und schlief augenblicklich ein um kurz vor Morgengrauen wieder auf zu stehen. Kapitel 2: Teil 1, Kapitel 2 ---------------------------- 2. Es war noch immer dunkel als Mariann durch laute Geräusche aufschreckte. Diese blöden Raben, dachte sie während sie sich im Halbschlaf auf die andere Seite rollte. Aus dem anfänglichen Rabenschrei wurde lautes Klirren und Angstschreie. Sie wagte sich kaum aus dem Bett und setzte vorsichtig einen Fuß vor den anderen als sie langsam auf das kleine Fenster zu schlich. Sie sah Feuer, riesengroße bullige Gestalten die Keulen schwangen und Menschen die versuchten vor ihnen davon zu laufen. Es polterte vor ihrer Tür und ihr Vater stolperte herein. „Schnell zieh dir was an! Flieh!“ In der einen Hand hatte er ein Schwert, in der anderen seinen Hammer. Mariann zog sich schnell ihr Kleid über und schlüpfte in ihre Stiefel. Sie gemeinsam mit ihrem Vater die Treppe hinunter als mit großen Krachen ihre Haustür zersplitterte. Ein riesiges Geschöpf, mit Hauern die aus dessen Maul ragten und einer Keule in der Hand stand in den Resten der Tür. Es trug eine Art Helm und ein Lendenschurz. Die Keule war mit riesigen eisernen Stachel gespickt. „Verschwinde Mariann!“ , ihr Vater stellte sich schützend vor sie, „Versteck dich, bring dich in Sicherheit.“ „Aber Vater...“ „Verschwinde!“, rief er eindringlich und sah sie flehend an. Mit wild klopfendem Herz drehte sie sich auf der Treppe um und Stürzte zurück in ihr Zimmer. Sie schob die Kommode vor die Tür, sah sich panisch um, schnappte sich ohne zu denken ihr Tuch. Sie hörte dumpfe Geräusche vor der Tür und schreie ihres Vaters. Ihr schossen die Tränen in die Augen während sie durch ihr Fenster auf das Dach kletterte. Sie war gerade auf dem Dach angekommen als sie unter sich eine Erschütterung spürte und Holz knacken hörte. Das Monster hatte die Tür aufbekommen und war nun auf der Suche nach ihr. Voller Panik krabbelte Mariann über das Dach und versuchte zur anderen Seite zu kommen. Sie blickte nach unten und sah gerade noch wie ihrem Nachbar, dem das Maisfeld gehörte, den Schädel mit einer Keule zertrümmert wurde. Sie schlug sich eine Hand auf den Mund um den Schrei zu unterdrücken und rutschte vom Dachrand zurück. Auf allen vieren krabbelte sie in Richtung der kleinen Lücke zwischen ihrem und dem Nachbarhaus. Mit ihrem Ärmel wischte sie sich die Tränen vom Gesicht und klärte ihren Blick. Am Dachrand angekommen atmete sie einige male Tief durch bevor sie sich traute über die Schindeln zu spähen. Das kleine Gässchen lag im Schatten, rechts auf der Straße war Geschrei zu hören. Sie schob sich weiter vor um mehr in der Gasse zu erkennen. Sie war leer. Okay du schaffst das, du kannst dich hier in die Gasse runter lassen, versuchte sie sich in Gedanken zu beruhigen. Sie blickte noch einmal zurück und konnte gerade sehen wie zwei große, ledrige Hände sich am Dach fest hielten. Ihr Herz schlug schneller, kaum zu glauben, dass es noch schneller schlagen konnte. Sie hievte ihren Körper über die Dachkante und versuchte sich langsam runter zu lassen. Sie hing etwa Mannshoch über dem Boden. Auf dem Dach konnte sie die schweren Schritte des Monsters hören und sie ließ los. Beim Aufprall durchfuhr sie ein schmerzhafter Ruck. Reflexartig drückte sie sich gegen ihre Hauswand in den Schatten. Sie hielt sich eine Hand auf den Mund um ihre Atemgeräusche zu unterdrücken als neben ihr eine Schindel zerbrach. Mariann war wie erstarrt, sie wollte kein einziges Geräusch machen und dem Monster einen Anlass geben um sich auch in diese Gasse hinunter zu lassen. Es kam ihr vor als würde sie Stunden so reglos da stehen bis sie endlich schwere Schritte auf dem Dach hörte. Sie blieb noch einen Moment reglos stehen bevor sie sich langsam Richtung Straße schob, immer an die Hauswand gepresst. Es waren Menschen und Monster gleichermaßen auf der Straße, doch nur die Menschen lagen reglos auf dem Boden. Zehn Schritte. Nur zehn Schritte bis zur anderen Straßenseite, weitere fünfzehn zwischen den Häusern entlang und bis zum Wald. Unbemerkt würde sie es nie dorthin schaffen. Ihr Herz schlug wie wild und Mariann fuhr sich mit den Händen über die Augen. Mariann, du musst schnell sein! Renn! Jetzt! Los! In Gedanken schrie sie sich selbst an. Wenn du jetzt nicht rennst stirbst du! Und was ist wenn ich sterbe weil ich jetzt renne? Vater wollte das du dich Versteckst! Tu´s für ihn! Sie sammelte all ihren Mut und rannte aus ihrer Deckung heraus und direkt dem Monster entgegen. Es war das selbe hässliche Exemplar, das eben auf dem Dach war. Jetzt sah sie es von nahem, es hatte Warzen im Gesicht und einer der großen Eckzähne die aus dem Maul ragten war abgebrochen und auf dem Bauch prangte eine große Schnittwunde. Es hob die von Blut tropfende Keule und schwang sie in Richtung ihres Kopfes. Mariann wählte den direkten weg und rannte auf es zu, warf sich auf den Boden und schlitterte direkt durch dessen Beine hindurch. Sie spürte das Brennen in ihren Händen und ihren Schienbeinen als sie aufschürften. Sie rappelte sich auf der anderen Seite so schnell sie konnte auf und stolperte auf die gegenüberliegende Gasse zu. Sie spürte wie es die Keule nach ihr schwang und hörte wie sie direkt hinter ihr auf den Boden krachte. Ihr rann kalter Schweiß die Stirn hinunter, ihre Haare klebten ihr im Nacken. In der Gasse angekommen sprang sie über einen leblosen Körper und landete in einer dunklen Pfütze. Lauf weiter, lauf weiter, das waren die einzigen Gedanken die sie zuließ. Sie musste wieder einem von diesen Monstern ausweichen, dieser war Glücklicherweise mit jemand anderen Beschäftigt. Hinter sich hörte sie die dumpfen lauten Schritte ihres Verfolgers, er krachte mit dem anderen Ding zusammen. Ihr Verfolger landete auf dem Boden und sie schaffte es um die nächste Ecke und steuerte direkt auf Maisfeld und damit Waldrand zu. Sie keuchte und der Schweiß brannte in ihren Augen. Sie krachte in den Wald, die Äste zerkratzten ihr Gesicht und mit ihrem Rock blieb sie in den Ästen hängen. Sie änderte die Richtung und lief nach Südosten. Sie wollte so viele Haken wie möglich schlagen, damit ihre Verfolger ihre Spur verloren. Sie rannte bis sie an einen kleinen Bach kam und folgte diesem dann flussaufwärts in Richtung Süden. Sie war sich nicht sicher wie lange sie schon rannte, ihre Stiefel und ihr Rock waren komplett durchweicht und in ihren Ohren rauschte ihr Blut. Sie versuchte sich zu beruhigen und fiel in einen gleichmäßigen Trab damit sie noch mehr Strecke hinter sich bringen konnte. Sie lief durch das Wasser falls sie Hunde hatten würde sie hier Schwierigkeiten bekommen ihre Fährte zu verfolgen. Irgendwann verließ sie den Bach und lief nach Südwesten. Es wurde schon langsam Morgen, zartes Licht fiel in den Wald und Nebel schwebte über dem Boden. Die Vögel stimmten ihre Guten Morgen Lieder an, so als wäre das alles nur ein schrecklicher Traum gewesen. Mariann sprang auf einen umgestürzten Baum und balancierte diesen entlang um auf der selben Seite wieder nach unten zu springen. Hier wechselte sie die Richtung und lief strickt nach Süden. Ihr Atem ging nun keuchend und sie gönnte sich eine kurze Verschnaufpause und orientierte sich neu. Sie war nun wieder in dem ihr bekannten Teil des Waldes, bald würde sie an ihr Versteck kommen. Es war eine kleine Höhle die sie vor Jahren mit den Jungen aus dem Dorf entdeckt hatte. Sie war erleichtert, das Blut rauschte noch immer durch ihre Ohren und ihr Atmen ging stoßweise. Aus ihrem Trab wurde ein kraftloses Laufen. Ein lächeln erschien auf ihrem Gesicht, bis sie von hinten gepackt wurde und ihr eine kalte Hand auf den Mund gepresst wurde. Sie fing an zu Schreien, besser gesagt sie versuchte es. Sie trat wild um sich und wehrte sich. „Hör auf! Ich bin´s.“ raunte es an ihrem Ohr. Sie kannte die Stimme es war Naan´s Enkel Lugh. Sie beruhigte sich und seine Hand löste sich von ihr. Sie drehte sich um und umarmte ihn kräftig. „Ich dachte es seien alle Tod!“ Tränen schossen ihr in die Augen. Er drückte sie zurück und schob sie dann sanft von sich weg. Seine blonden Haare hingen ihm wie immer lang ins Gesicht. Er kam erst vor etwa sieben Jahren zu ihnen ins Dorf. Seine Familie lebte damals nahe der Grenze und wurden bei einem der Ersten Angriffe abgeschlachtet. Er hatte als einziger überlebt, gerade mal neun Jahre war er alt gewesen. Dabei wurde er schwer Verletzt und trug nun die Narben unter anderem auch in seinem Gesicht. „Nein, es haben auch noch ein paar andere geschafft.“, er drehte sie um und sie konnte ein paar kleine Kinder entdecken. Sie kauerten sich in die Höhle und hatten rot verquollene Augen. Sie frohren und zitterten und Mariann gab ihnen ihr Tuch. Sie saßen auf Tannenadeln damit sie wenigstens vor der Bodenkälte geschützt waren. „Waren das diese Wesen die ich denke die es waren?“, fragte sie Lugh und hoffte er verneinte. Sein Gesicht verhärtete sich. „Ja, das waren Trolle.“ Mit diesem Geständnis sank Mariann kraftlos in sich zusammen. In ihrem Kopf drehte sich alles. Die Erschöpfung und die Müdigkeit überfiel sie. „Ich bin die ganze Zeit gerannt und habe Haken geschlagen damit sie mir nicht folgen können.“ „Du bist seit dem Angriff gerannt? Es sind doch schon Stunden vergangen.“, fragte eins der Mädchen. Sie war vielleicht sieben oder acht. Wenn Mariann sich richtig erinnerte war das die jüngste Tochter vom Bäcker. „Warte kurz, ich richte dir einen Platz.“, sagte Lugh beim herausgehen, kurz darauf kam er wieder mit weiteren Zweigen in der Hand und legte sie für Mariann auf den Boden. Sie nahm dankend Platz und streckte ihre müden Glieder aus. Ihr Körper fühlte sich so unheimlich schwer an. Ihr Kindheitsfreund gab ihr ein paar Zweige damit sie sich damit zudecken konnte. „Ruh dich aus, ich halte Wache.“, sagte er. Sein Gesicht strahlte trotz des Schreckens so viel Wärme aus, er drückte ihre Hand und war wieder aus der Höhle verschwunden. Eins der Kinder weinte, das leise Schluchzen begleitete Mariann in den Schlaf. Sie war wieder im Dorf. Die Straßen waren leer und es herrschte ein seltsames rot orangenes Licht. Es war als würde die Luft brennen. Sie lief die Straße entlang und es war kein einziges Geräusch zu hören, nicht einmal Käfer surrten oder zirpten. Sie blickte sich nach allen Seiten um, es war kein Leben weit und breit. Plötzlich stand sie vor ihrem Haus. Die Tür war offen, sie trat ein. „Vater“, rief sie, „Wo bist du?“. Ihre Schritte knarrten auf dem Dielenboden. Das Haus lag still und verlassen da. Die Räume waren wie immer, nichts war zerstört oder anders. Sie trat aus dem Haus heraus, denn irgendetwas zog sie nach Links. Sie schritt die Straße entlang. Sie wollte umkehren doch ihre Beine gehorchten ihr nicht mehr. Sie lief Richtung Marktplatz. Schritt für Schritt trieb ihr Körper sie dort hin während ihr Geist schrie und dagegen ankämpfte. Ein ungutes Gefühl machte sich in ihr breit. Auf dem Marktplatz angekommen hob sich ihr Blick und sie konnte das pure Grauen sehen. Sie hatte die Dorfbewohner gefunden. Auf dem Marktplatz stand eine junge Eiche. Jeder einzelne Bewohner war mit Seilen an den Baum gebunden, manche an den Stamm, andere hingen von den Ästen. Aufgeknüpft, wie Verbrecher. Ihre schmerzverzerrten Gesichter starrten sie an. Der Boden war getränkt in ihrem Blut. Die Pfütze wurde größer, Mariann trat einen Schritt zurück. Die Pfütze hatte sie schon eingeholt. Das Blut kletterte an ihren Beinen hoch, umschlang sie, hielt sie fest. Sie öffnete den Mund und schrie, das Blut sickerte in ihren Mund und erstickte jeden Laut. Mit einem unterdrückten Schrei schreckte sie auf. Eine Hand lag auf ihrem Mund. Panik ergriff sie, sie wehrte sich und wusste nicht wo sie war. Erst als sie Lugh's Gesicht sah beruhigte sie sich wieder. Kalter Schweiß rann ihr von der Stirn. Der Schrecken ihres Traums steckte ihr noch in den Gliedern. Er legte sich einen Finger auf die Lippen und deutete ihr ihm zu folgen. Sie traten vorsichtig aus der Höhle, jeder Muskel in ihrem Körpers schmerzte. Sie hatte zwar geschlafen, doch es war alles andere als erholsam gewesen Es war früher Nachmittag, die Vögel zwitscherten. Ein paar Meter vor der Höhle setzte sich Lugh auf einen umgestürzten Baum. Mariann setzte sich daneben, einige Zeit herrschte stille. „Bis hier her haben es insgesamt sechs geschafft. Zwei Mädchen, das eine sechs, das andere acht, zwei Jungen der eine dreizehn, der andere zehn und wir beide. Wir sind die ältesten, wir müssen uns etwas einfallen lassen.“, brach er das schweigen. „Es haben bestimmt noch mehr überlebt, sie sind nur wo anders hin.“ versuchte Mariann so hoffnungsvoll wie möglich zu antworten. „Wir müssen so schnell es geht von hier weg, was ist wenn sie uns suchen?“ „Du hast recht. Vorher sollten wir vielleicht etwas essen um wieder zu Kräften zu kommen. Ich habe nicht allzu weit von hier eine Falle aufgestellt, vielleicht haben wir Glück und ich habe da etwas gefangen. Solange es Tag ist ist es auch nicht schlimm ein Feuer zu machen, wir müssen nur darauf achten dass es nicht raucht.“ meinte Mariann, „Und einen kleinen Bach gibt es hier auch, weißt du nicht mehr?“ Als Lugh damals ins Dorf kam war Mariann das einzige Kind das mit ihm gespielt hatte. Er hatte anfangs kein Wort mit ihr gesprochen, das kam erst viel später. Er war damals dabei gewesen als sie die Höhle entdeckt hatten. „Stimmt, das hatte ich vergessen.“, er stand auf, „Komm, lass uns was zu Essen suchen.“ Er ging zu Höhle und gab dem ältesten Jungen Anweisungen, dieser Nickte. Mariann kontrollierte unterdessen ihre Stiefel. An ihnen klebte eine dunkle Kruste von der sie sich einredete es sei nur Schlamm. Das Messer steckte noch im Schaft, sie hatte Angst gehabt sie hätte es verloren auf ihrer Flucht. Sie stand auf und die beiden liefen zu der Falle. Sie waren bereits zehn Minuten still gegangen als Mariann das Schweigen brach. „Wir müssen zurück ins Dorf.“ „Die Kinder können wir nicht wieder dorthin bringen.“, antwortete Lugh. „Ich rede auch nicht von den Kindern,“ Mariann sah ihn an. „Ich rede davon dass wir beide ins Dorf müssen. Dort gibt es Vorräte die wir gebrauchen könnten. Danach können wir uns auf den Weg machen zu den Nachbardörfer. Du warst doch schon mal mit Naan in den Nachbardörfern, oder?“ „Ja, sie hat dort die Kranken behandelt. Das ist aber schon lange her.“ „Wir erklären den Kindern den Weg und treffen sie dann nachdem wir die Vorräte eingesammelt haben.“ Sie kamen an die Falle und hatten Glück. Es hatte sich ein Kaninchen in der Falle verheddert. Das würde den Kindern die nötige Kraft geben. Mit einer geübten Handbewegung brach Mariann dem Kaninchen das Genickt und aus dem Augenwinkel sah sie wie Lugh dabei wegsah. „Bist du sicher die vier würden es auch ohne uns ins nächste Dorf schaffen? Du weißt ja nicht ob die Trolle noch da sind, vielleicht töten sie uns bei dem Versuch an Vorräte zu kommen.“ gab Lugh zu bedenken. „Ich weiß aber ich muss einfach sehen was sie dem Dorf angetan haben.“ Mariann traute sich nicht ihm von ihrem Traum zu erzählen, es war zu schlimm. Sie wollte sehen was passiert war, sie wollte ihren Vater sehen. Vielleicht hatte ihre Schwester mit ihrem Mann auch überlebt und sie versteckten sich irgendwo im Dorf. Auf dem Rückweg hielten Mariann ausschau nach geeignetem Zunder und Lugh kontrollierte immer wieder die Steine in der Hoffnung einen Feuerstein zu finden. Mariann brach kleine Zweige von einem toten Baum ab und wie es schien hatte Lugh auch Glück. Er testete den Stein mit Marianns Messer und kleine Funken stoben davon. Sie lächelten sich an, vielleicht war heute das Glück mit ihnen. An der Höhle angekommen hatten die Kinder schon Stöcke gesammelt und eine Kuhle für das Feuer gegraben. Sie hatten noch genug Licht für etwas zwei bis drei Stunden, danach wurde es zu gefährlich ein Feuer zu machen. Mariann bereitete direkt das Kaninchen vor und Lugh brachte das Feuer in Gang. Das Kaninchen duftete hervorragend, es ließ den Kindern das Wasser im Mund zusammen laufen. Während das Tier über dem Feuer schmorte erklärte Lugh den jüngeren den Plan den sie hatten. Man sah ihnen die Angst und den Schrecken an. Sie sollten allein etwa vier Tage durch den Wald laufen und das nächste Dorf finden. Wahrscheinlich bräuchten sie sogar länger mit ihren kurzen Beinen. Nachdem sie sich die Bäuche vollgeschlagen hatten, richteten sie die Höhle und das darum wieder genauso her wie sie sie gefunden hatten. Die Feuerstelle wurde ausgetreten und mit Erde bedeckt. „Ihr lauft etwa drei Stunden nach Nordosten, dort ist unser nächster Treffpunkt, es ist ein alter Dachsbau. Darum herum sind viele Kiefern und etwa ein halber Kilometer davor fliest ein Bach entlang. Wenn wir bis Sonnenaufgang nicht zu euch gestoßen sind dann geht ihr ohne uns los.“ erklärte Lugh, zeigte in die Richtung in die sie gehen sollten und zeichnete mit einem Stock eine Karte in den Dreck. „Wenn die Mädchen nicht mehr können müsst ihr sie tragen. Wiederhol nochmal wo ihr hin müsst.“ ergänzte Mariann. Jack, der älteste Junge gab alles Haargenau wieder. Er nickte ihnen zu und lief mit dem jüngsten Mädchen an der Hand los. Mariann und Lug gingen in die entgegengesetzte Richtung los um direkt ins Dorf zu kommen. Als sie am Waldrand ankamen legten sie sich auf die Lauer. Sie waren nah genug an den Feldern um das Dorf zu sehen, aber weit genug im Unterholz um vom Dorf aus nicht gesehen zu werden. Das Dorf lag still da, es bewegte sich nichts. „Lass uns weiter nach Westen laufen, dort haben wir am meisten Schutz wenn wir ins Dorf hineinlaufen.“, flüsterte Lugh neben ihr. Mit vorsichtigen Schritten und die Umgebung beobachtend schlichen sie durch das Geäst zur anderen Seite an den Dorfrand. Mariann war merklich ansgespannt, sie blickte sich immer wieder um und blieb alle paar Meter stehen um zu lauschen. Das Dorf sah so friedlich aus, als wäre alles nur ein schlimmer Traum gewesen. Am anderen Ende des Dorfes angelangt legten sie sich wieder auf die Lauer. Die Sonne schob sich langsam aber unaufhörlich zum Horizont hin. Sie würden nicht mehr lange Licht haben. „Lass es uns versuchen.“ Mariann lief gebückt aus dem Schutz des Waldes. Am Haus angekommen drückte sie sich an die Hauswand und blickte vorsichtig um die Ecke. Lugh folgte langsam. „Was siehst du?“ fragt er neben ihr. Sie blickte ihn an, in ihren Augen hingen Tränen „Tote.“ Es war kein Troll mehr zu sehen, sie traute sich um die Ecke und stand auf der Straße. Der Boden war mit dunklen Pfützen übersät und Körper lagen herum. Teilweise seltsam verdreht. Ein kleines Mädchen lag unter ihrer Mutter. Ein alter Mann lag nicht weit daneben. Mariann zwang sich aufzusehen und die Straße entlang zu gehen. „Lass mich vorgehen bis zur nächsten Ecke. Wenn die Luft rein ist winke ich dich zu mir.“ bevor Lugh Einwände erheben konnte war sie schon weg. Mariann schlich bis zur nächsten Häuserecke und verschwand dahinter. Auch hier war kein Leben zu finden, nur die Körper die am Boden lagen. Sie wischte sich mit dem Ärmel über ihr Gesicht. Ein Schluchzen wollte sich aus ihrer Kehle schleichen als sie schwere Schritte auf sich zukommen hörte. In ihr flammte Panik auf, ein Monster war noch in der Stadt geblieben. Sie suchte nach einem Versteck und verschwand in einer engen Gasse hinter einer Kiste. Die Schritte liefen an ihr vorbei. Sie konnte nur hoffen dass Lugh schlau genug gewesen war sich zu verstecken. Als die Luft rein schien schlüpfte sie aus ihrem Versteck und verschwand um die Ecke. Sie sollten raus aus dem Dorf, Lugh hatte recht gehabt, es war eine schlechte Idee gewesen. Sie lief den Weg zurück den sie gekommen war und sah aus dem Augenwinkel wie etwas auf sie zuraste. Bevor sie sich ducken konnte spürte sie schon den stechenden Schmerz in ihrem Kopf und ging zu Boden. Das letzte was sie sah waren große, wulstige Füße die vor ihr stehen blieben. Sie merkte wie sie an den Haaren hochgehoben wurde bevor alles schwarz wurde. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)