Burning from both ends von TiaDraws (Nami x Vivi) ================================================================================ Prolog: 00 ---------- Draußen regnete es. Vivi spähte aus dem Fenster und seufzte schwer. Feuchte Luft stieg von den Straßen auf und begann die Stadt mit einem Nebelschleier zu bedecken. Es war einmal eine schöne Abwechslung und die Kühle in der Nachtluft flüsterte, dass der Herbst bald kommen würde. Die junge Frau konnte nicht länger leugnen, dass sie sich zu Tode langweilte. Es war Tage her, seit sie von ihrer neuen Freundin gehört hatte, und um ehrlich zu sein, begann Vivi sich Sorgen zu machen. Es gab keinen Anruf, kein gelegentliches Treffen im Stadtzentrum. Was war los? Hatte die anfängliche Begeisterung nachgelassen und waren die Dinge wieder zur alten Routine zurückgekehrt? Ein weiterer frustrierter Seufzer folgte und wie aufs Stichwort wurden die Regentropfen schwerer und prasselten ihr ins Gesicht. In der Ferne konnte sie den rollenden Donner hören. Bei diesem Wetter würde man nicht einmal einen Hund vor die Türe setzen. Vivi beschloss, es sich mit einer Tasse Tee und einem Lehrbuch gemütlich zu machen. In ein paar Wochen würde die Schule beginnen und sie musste sich wirklich mit der neuen Sprache vertraut machen. Insgeheim hatte sie gehofft, dass ihre neuen Bekannten ihr ein paar Sätze beibringen würden, aber sie bestanden wirklich darauf, Englisch zu sprechen. War es deren Art, sich höflich zu verhalten? Oder ließen sie sie lieber im Dunkeln, nur um hinter dem Rücken des neuen Mädchens in deren Muttersprache zu reden? Es wäre nicht das erste Mal gewesen. Vivi überflog jede Lektion mit Leichtigkeit. Sie hatte keine Probleme, die Sprache zu lesen. Aber das Sprechen wäre eine ganz andere Geschichte, da war sie sich sicher. So sehr es auch Vorteile hatte, die Tochter eines Diplomaten zu sein – sie konnte um die Welt reisen, viele neue Dinge sehen und verschiedene Kulturen kennenlernen –, so sehr waren die Nachteile kaum zu übersehen. Die wenigen Freunde, die sie im Laufe der Jahre gefunden hatte, waren loyal und wollten unbedingt wieder mit ihr in Kontakt treten; Aber die Mehrheit rief am Anfang an oder schrieb ihnen, bevor die Nachrichten knapp wurden und Freundschaften in der Dunkelheit verschwanden. Es war, gelinde gesagt, zum Kotzen. Das Mädchen ließ das Buch neben sich auf das Bett fallen und spielte mit einer Haarsträhne. Vor dem ersten Schultag musste sie die Enden abschneiden. Gedankenverloren drehte sie die Strähne zwischen ihren Fingern und beobachtete, wie sich die Farbe von Blaugrün zu Hellblau veränderte, je nachdem, wie jedes Haar das Licht vom Nachttisch einfing. Mit einem kurzen Blick auf den Radiowecker beschloss sie, alle Lernversuche für den Tag aufzugeben. Morgen wäre eine weitere Gelegenheit dazu, und vielleicht würde es ihr nicht mehr so schwer fallen. Sie schaltete das Licht aus, rollte sich in ihrer schweren Decke zusammen und schlief ein. ~~ Das erste Klopfen weckte Vivi nicht. Das zweite tat es auch nicht. Das Dritte tat es jedoch. Es klang dringend und wurde von einem undefinierbaren Knirschen und Quietschen begleitet. Blitze erhellten das Schlafzimmer, lautes Donnergrollen folgte. Das Mädchen sprang auf und setzte sich aufrecht in ihr Bett, ihr Herz raste vor Angst. Atme tief durch, es war nur Donner, erinnerte sie sich – bis ihr Blick auf etwas fiel, das nicht zur Aussicht des Fensters gehörte. Auf dem Fensterbrett saß ein Schatten, der viel zu groß war, um ein Tier zu sein. Eine vom Regen durchnässte Gestalt mit Kapuze. Ein weiteres Klopfen, dieses Mal klang es hektisch. In diesem Moment bemerkte Vivi etwas Vertrautes an dem Schatten; eine leuchtend orangefarbene Haarsträhne unter der Kapuze. Jetzt war sie hellwach, warf die Decken beiseite und stolperte zum Fenster, um es zu öffnen. „Bist du verrückt? Was machst du hier? Es regnet in Strömen!“, begann Vivi und gestikulierte wild, „Wie um alles in der Welt bist du überhaupt hier rauf gekommen?? Wir sind im dritten Stock!“ Ein gereiztes Schnaufen war die erste Antwort. „Jop. Hallo erstmal. Würdest du mich jetzt bitte reinlassen? Es ist arschkalt hier draußen!“ Vivi trat beiseite und sah zu, wie die schlaksige Gestalt hineinkroch, ein Skateboard an einer Gürtelschlaufe festgeschnallt. „Meine Güte, du siehst aus wie eine durchnässte Ratte!“ Noch ein Schnaufen und ein Schnauben. „Wärst du an dein Handy gegangen, wären wir nicht in dieser Situation, weißt du?“ - „Bei mir gab es keinen einzigen Anruf, es sei denn – oh.“ Das blauhaarige Mädchen warf einen Blick auf ihr Mobiltelefon. Ein grünes Licht blinkte ständig, ähnlich einem Glühwürmchen. „Oh verdammt – tut mir leid, es war auf stumm geschaltet, weil ich gelernt habe!“ Diese Antwort brachte ihr nur ein spöttisches Lachen von der Gestalt ein, die schließlich das Fenster schloss. „Scheiße passiert, oder? Muss so ein Tag sein.“ Vivi beobachtete die Gestalt aus einiger Entfernung und näherte sich ihr schließlich langsam. „So ein Tag? Was ist passiert? Ich habe mir schreckliche Sorgen um dich gemacht, weil ich dich tagelang nicht gesehen habe!“ Sie streckte vorsichtig die Hand aus, um die Kapuze herunterzuziehen, und erwartete eine Abwehrreaktion, die jedoch nie eintrat. Der Stoff war klatschnass unter ihren Fingerspitzen und mit ein wenig Mühe gelang es ihr schließlich, ihn zu entfernen und einen feuerroten Haarschopf zum Vorschein zu bringen, der an einem sommersprossigen Gesicht klebte, das viel blasser als sonst wirkte. Ein prüfender Blick aus tiefbraune Augen huschte durch den Raum, zurück zu Vivis Blick der auf ihr lag. „Nehmen wir mal an, ich habe eine Menge Privilegien verloren. Schon wieder. Also habe ich mich aus meinem Zimmer geschlichen und bin durch die Stadt geskatet um ein funktionierendes Münztelefon zu finden, von dem ich dich anrufen kann – und dann hat es angefangen zu schütten und –“ Eine Pause. „Ich möchte heute Abend nicht nach Hause gehen.“ „Nami...?“ Die Angesprochene hob kaum den Kopf und Vivi erkannte schließlich, dass nicht nur immer wieder Regenwasser über diese Wangenknochen lief. „Komm, zieh dich erst einmal um. Du wirst dir den Tod holen, wenn du weiterhin in diesen Klamotten herumläufst.“ Das blauhaarige Mädchen sah zu, wie Nami zögerte und zurückwich. Es war ein Szenario, mit dem sie sich allmählich vertraut gemacht hatte, und so ließ sie abweisend die Hände sinken. „Es ist alles in Ordnung, ich habe nicht die Absicht, dir etwas zu tun“, flüsterte sie und ging langsam auf ihre Freundin zu, „Ich möchte nur nicht, dass du krank wirst. Du kannst die Dusche in meinem Badezimmer benutzen und danach können wir nach trockener Kleidung in meinem Schrank suchen. Was sagst du?“ „...ich werde mich alleine umziehen, wenn du was in meiner Größe hast, leg es bitte raus. Nimm es dir nicht zu Herzen, aber-“ "In Ordnung, ich verstehe." Es war ein kleiner Schritt, aber es war ein Fortschritt. Kapitel 1: 01 ------------- Während Nami im Badezimmer verschwunden war, blieb Vivi mit ihren Gedanken allein, die in Windeseile durch die Gegend rasten. Verlorene Privilegien? Was hatte das Mädchen wieder angestellt? Die Rothaarige gab nicht viel von sich preis. Sie war immer so distanziert gegenüber allem und jedem, kalt und unerreichbar. Warum versuchte sie dann überhaupt, Vivi zu erreichen? Sie kannten sich erst seit einem Monat, und schon das Kennenlernen war alles andere als freundschaftlich. Es hatte für viel Aufruhr zwischen den beiden Familien gesorgt. Das blauhaarige Mädchen stieß einen tiefen Seufzer aus und begann, Schlafsachen, ein zusätzliches Kissen und eine Decke bereitzulegen. Sie war sich sicher, dass ihre Freundin sich lieber die Arme abhacken würde, als nach ihrer sehr kryptischen Aussage nach Hause zurückzukehren. Aber wäre es nicht klüger, zurückzugehen? Die wenigen Male, die Vivi mit Bell-mère sprechen konnte, schien sie nicht so eine gemeine Person zu sein, die Nami gerne leiden sehen würde. Eher das Gegenteil. Vielleicht würde sie die Rothaarige später fragen, welcher Grund zu ihrer Bestrafung führte. Nach einer Weile hörte sie fließendes Wasser, und das reichte, um sie zu beruhigen. Was konnte Vivi sonst noch tun, um es sich angenehmer zu machen? Richtig, vielleicht einen Snack und ein Getränk! Schweigend machte sie sich auf den Weg in die Küche und machte sich nicht einmal die Mühe, das Licht einzuschalten. Ihr Vater hatte keine Ahnung von dem späten Besuch und für den Moment schien es das Beste zu sein, ihn nicht zu stören. Cobra hielt nicht allzu viel von der Person, die gerade im Badezimmer seiner Tochter geduscht hatte. Und - nun ja, Vivi konnte ihm sein Misstrauen und seine Vorbehalte nicht einmal verübeln. Wer bei klarem Verstand würde schon eine Freundschaft mit einer Außenseiterin eingehen, deren Ruf in fast der ganzen Stadt bekannt war? Irgendetwas an Namis Herkunft hing tief in der Luft - doch niemand sprach darüber. Das war, gelinde gesagt, irritierend. Vivis Schritte kamen zum Stillstand. Aus dem Wohnzimmer drang Licht. Ihr Vater sah sich einen Film an. Um diese Uhrzeit schien es nur seltsam zu sein. Cobra war der Typ Mensch, der früh zu Bett ging, um für die Aufgaben des nächsten Tages gerüstet zu sein. Diese Nacht war wirklich ungewöhnlich, dachte sie bei sich. Das Mädchen beschloss, in den sauren Apfel zu beißen, und ging zum Kühlschrank, um ihn zu öffnen und nach Resten zu suchen. Dort stand noch eine Schüssel mit Frikassee und Nudeln, die darauf warteten, gegessen zu werden. Ohne zu zögern griff sie danach, bis Cobras Stimme ihr fast einen Herzinfarkt bescherte. "Hungrig? Zu dieser Stunde? Solltest du nicht schon im Bett sein?" Vivi zuckte zusammen und hätte fast die Schüssel fallen lassen, aber sie drehte sich auf dem Absatz um und knallte die Kühlschranktür zu. "Ähm - das könnte ich dich auch fragen! Warum bist DU noch auf und schaust fern?" Sie biss sich auf die Unterlippe. Normalerweise würde sie mit ihrem Vater nicht in diesem Tonfall sprechen, und sie stieß ein schnelles "Du hast mich zu Tode erschreckt..." aus. Stille, und dann kam ein leises Kichern aus dem anderen Zimmer. "Ich konnte nicht schlafen. Von draußen kamen hämmernde Geräusche, und ich wollte nachsehen. Ich nehme an, das hat dich auch geweckt, oder?" Vivi nickte, und eigentlich war es nicht einmal eine Lüge, obwohl sie den Grund für den Krach draußen kannte. "Ja... Ja, das war es. Und als ich aufgestanden bin, habe ich gemerkt, dass ich wohl vergessen habe zu essen." Decken raschelten und ein weiteres Paar Schritte gesellte sich zu ihren eigenen. Cobra sah im blauen Licht müde aus, als er sich näherte und seiner Tochter eine Hand auf die Schulter legte. "Du vergisst in letzter Zeit ziemlich oft zu essen. Ist alles in Ordnung, Viv?" Vivi konnte nicht anders, als sich klein zu fühlen, als Cobra sie bei diesem Namen nannte. Es war der Spitzname, den sie von ihrer Mutter erhalten hatte, und sie zwang sich, den Kloß in ihrem Hals herunterzuschlucken. Selbst nach all den Jahren ohne sie fühlte es sich an, als wäre die wichtigste Person im Leben des Mädchens erst gestern gestorben. Die Tochter von Cobra zwang sich zu einem schwachen Lächeln. "Es ist nichts, Papa. Ich schätze, ich fange gerade an, nervös zu werden. In knapp einem Monat fängt die Schule an, und ich kenne hier kaum jemanden." Nun, außer Nami - und Vivi wagte es nicht, sie anzusprechen. "Du solltest trotzdem deine Bedürfnisse nicht vernachlässigen. Selbstfürsorge ist wichtig in diesen," er hielt einen Moment inne und der Ausdruck in seinen Augen veränderte sich zu etwas melancholischerem, "sagen wir mal, schwierigen Zeiten. Du bist dünner geworden. Bist du sicher, dass es dir gut geht?" Vivi schnaufte und hielt demonstrativ die Schale hoch. "Papa! Wie du sehen kannst, passe ich auf mich auf. Und ja... es geht mir gut. Wenn etwas nicht in Ordnung wäre, hätte ich dir Bescheid gesagt." Er sah sie schweigend an, verschränkte seine Arme und atmete tief aus. Es ließ sie erschaudern, aber das Mädchen blieb standhaft. "Nun gut. Ich vertraue dir in dieser Angelegenheit. Viv, ich weiß, dass du versuchst, für uns beide stark zu sein, und obwohl mich das stolz macht, ist es nicht deine Aufgabe, alle Lasten der Welt zu tragen. Du bist meine Tochter, und schließlich kannst du auch mir vertrauen. Einverstanden?" Vivi spürte, wie ihre Augen tränten. Warum und wie schaffte es ihr Vater, ihr so tief unter die Haut zu gehen? Ihre Bindung war stark. Und Gott, das Mädchen wollte ihm wirklich sagen, wer hier übernachtet, aber sie konnte sich einfach nicht dazu durchringen, sich zu öffnen. "In Ordnung. Ich werde mich jetzt in mein Schlafzimmer zurückziehen. Das solltest du auch tun~", sprach sie und ein kleines Grinsen umspielte ihre Lippen, während sie zwei Besteckteile holte. Vivi konnte das Fragezeichen in den Augen ihres Vaters sehen, aber er meldete sich nicht zu Wort. "Gute Nacht, Prinzessin. Schlaf gut." Das blauhaarige Mädchen verdrehte spielerisch die Augen. "Papa, ich bin nicht mehr fünf. Du brauchst mich nicht mehr Prinzessin zu nennen!" Diese Antwort brachte ihren Vater nur zum Lachen und er küsste sie liebevoll auf die Stirn. "Du wirst immer meine Prinzessin sein. Finde dich damit ab." ~~ Nami verließ das Badezimmer mit einem Handtuch um ihren Körper gewickelt. Nach dem heftigen Regenschauer fühlte sich das heiße Wasser wie ein lang ersehnter Trost an. Sie ging auf Zehenspitzen zu dem geräumigen Bett, wo Vivi Ersatzkleidung für die Rothaarige bereitgelegt hatte, und das Mädchen legte den Kopf schief, während sie überlegte, was sie wählen sollte. Eine Jogginghose und ein für ihren Geschmack etwas zu kleines Shirt - das musste für diese Nacht reichen. Ihre eigenen Klamotten waren noch klatschnass und hingen zum Trocknen im Badezimmer. Mit einem Seufzer zog sie sich das Top über den Kopf und runzelte missbilligend die Stirn; der Stoff bedeckte ihre Arme kaum und hinterließ einen bitteren Geschmack in Namis Mund. Mit einem Stirnrunzeln betrachtete sie ihren linken Arm, der im Schulterbereich entstellt war. Er weckte Erinnerungen, die sie im Moment nicht wieder erleben wollte. Winzige Teile der eingefärbten Haut schienen durch, ebenso wie die Narben, die das Gewebe umgaben. Das Mädchen musste sich ablenken. Sie entledigte sich des großen Handtuchs und schritt in dem Raum umher, der so geräumig war, dass sie neidisch wurde. Ihr eigenes Zimmer war nicht so groß. Nami schaute sich um. Riesige Bücherregale, gefüllt mit verschiedenen Büchern und Schmuckstücken, erregten ihre Aufmerksamkeit. Die meisten davon hatten mit der Schule zu tun, darunter mehrere Bildbände über verschiedene Länder, in denen ihre Freundin gewesen war. Es gab auch einen Atlas, von dem Nami sich insgeheim wünschte, dass sie ihn sich leisten könnte - sie hatte ihn vor einiger Zeit in der Schulbibliothek gefunden und stundenlang nur damit verbracht, ihn zu studieren. Die Karten in diesem Buch waren von Hand gezeichnet und mit verschiedenen Illustrationen und Anmerkungen versehen - ein wirklich faszinierendes Kunstwerk. Daneben befand sich ein Regal mit Diplomen, Medaillen und Trophäen. Die Rothaarige hob eine neugierige Augenbraue, als sie ein paar davon in die Hand nahm, um die Gravuren zu lesen. Kampfsport, Laufen, Schwimmen, Schach und all so etwas. Bei den Diplomen handelte es sich um Leistungen in Kunst-, Schreib- und Sprachkursen. "Eine ziemliche Streberin, nicht wahr?", murmelte sie vor sich hin und legte sie an ihren üblichen Platz zurück, "so perfekt in allem, was sie tut." Vivi sprach nie so viel über sich selbst. Nami vermutete, dass die Leute annehmen würden, sie sei ein versnobtes, reiches Kind und obendrein eine Streberin. Aber irgendwie konnte sie die Entscheidung verstehen. Immer das neue Kind zu sein, das bei Null anfangen und sich in eine Klasse von Leuten integrieren musste, die wahrscheinlich oberflächlich waren und sich schon eine Meinung über den Neuling gebildet hatten, musste ermüdend sein. Und jetzt, in ein paar Wochen, würde der Zyklus wieder von vorne beginnen. Die Rothaarige konnte sich vorstellen, wie ihre Freundin vor allen Leuten stand, während sie sich vorstellen und den Löwen zum Fraß vorwerfen musste, die auf Frischfleisch warteten. Auf der gegenüberliegenden Seite des Raumes konnte sie eine riesige Pinnwand sehen, die mit Fotos und einer Weltkarte in der Mitte geschmückt war. Jedes Land, das sie besucht hatte, war mit einer andersfarbigen Reißzwecke und Polaroids von Menschen, wahrscheinlich Freunden, mit denen sie noch in Kontakt stand, an die Pinnwand geheftet. Gab es auch nur eine Insel oder einen Kontinent, auf dem sie noch nicht gewesen war? Die Neugierde war der Katze Tod. Und tatsächlich, ein Gebiet blieb unberührt. Andere Inseln waren mit einem Pfeil markiert, auf den sie "Da will ich unbedingt hin!" gekritzelt hatte. - Bis auf diese eine. Die Rothaarige hob eine Augenbraue. Sie wusste nur wenig über diese spezielle Insel, aber sie würde Vivi später danach fragen. Nami machte auf dem Absatz kehrt und schlenderte zu der Couch, die in einer Ecke in der Nähe des Fernsehers eingekeilt war. Langsam setzte sie sich hin und grub ihre Finger in ihre Oberschenkel. Es war ihr ein wenig unangenehm, hier allein zu sein. Etwas erregte ihre Aufmerksamkeit, als ihr Blick über den Couchtisch wanderte. Ein gerahmtes Foto der kleinen Vivi - sie konnte ihr Alter nicht genau bestimmen, außer dass sie noch ein Kleinkind war - und einer schönen Frau, die sie in den Armen hielt. Die Ähnlichkeit zwischen den beiden war frappierend. Dunkle, ausdrucksstarke Augen, ein sanftes Lächeln, hellblaues Haar. Cobra musste das Bild gemacht haben, denn er war nicht auf dem Foto. Ein leises Quietschen durchbrach die Stille und ließ Nami aufhorchen. Sie wollte den Gegenstand zurück auf den Tisch legen, aber als sie sich der Person gegenübersah, die hereinkam, rechnete sie bereits mit einer Standpauke, wie unhöflich es war, hier herumzuschnüffeln. Aber es gab keine solche Reaktion. Stattdessen schloss sich die Tür hinter der Gestalt, die sich als Vivi entpuppte. Sie hielt eine Schüssel mit Essen und Besteck in den Händen. Ein sanftes Lächeln auf den Lippen, wie immer - aber ein fragender Blick auf ihrem Gesicht. "Ich habe mir gedacht, dass du vielleicht Hunger hast, also habe ich dir ein paar Reste mitgebracht." Die Stimme des blauhaarigen Mädchens war leise, so leise, dass man sie kaum hörte - aber Nami verstand die Worte trotzdem, und vorsichtig stellte sie das Foto wieder an seinen Platz. "Danke, Vivi! Das wäre doch nicht nötig gewesen." Wie aufs Stichwort verriet Namis Magen sie auf die denkbar schlechteste Weise, indem er bei dem köstlichen Duft, der ihr entgegenwehte, knurrte. "Ich glaube, mein Verdacht war richtig~" "Oh, halt die Klappe Bluey." Das entlockte dem angesprochenen Mädchen ein Kichern, während sie sich kurzerhand auf die Couch plumpsen ließ und dem Rotschopf ein paar Besteckteile reichte. "Wie soll ich dich jetzt nennen? Weasley?" Vivi verbarg ihr Lachen hinter einer Hand, während Nami ihr mit einem höchst beleidigten Blick gegenüberstand. "Kein Wort darüber in meiner Gegenwart!" Die Rothaarige schmollte, aber der Hunger siegte schließlich über ihre Wut und so griff sie nach der Gabel, den Blick auf die Schüssel gerichtet. "Du magst die Buchreihe also nicht?", fragte Vivi nach einer Pause und wartete darauf, dass Nami zu essen begann, während sie ihre Hände in den Schoß legte. "Nee, eigentlich nicht. Die Kinder haben sich über meine Haare und die Sommersprossen lustig gemacht, als es herauskam." Das andere Mädchen legte den Kopf schief. "Sie haben sich über dich lustig gemacht? Das ist schwer zu glauben. Außerdem mag ich deine Haare. Es lässt dich so wild und hübsch aussehen." Hübsch. Nami verschluckte sich fast an ihrem Essen und keuchte. Sie versuchte, wieder zu Atem zu kommen, starrte Vivi an und winkte abweisend mit der Hand. "Du solltest dir eine Brille besorgen", murmelte sie und drehte die Gabel zwischen ihren Fingern, um sich abzulenken, "außerdem macht es das nicht besser, wenn du mich eine Weasley nennst." Jetzt war es an Vivi, sie entgeistert anzustarren. "Na ja, du hast mich Bluey genannt, wie ist das im Vergleich dazu?" Nami zeigte mit dem Essbesteck auf ihre Freundin. "Du hast eine Menge mit ihr gemeinsam. Spritzig, energisch und blau. Und mit einem hohen Niedlichkeitsfaktor." Stille erfüllte den Raum. "Warte mal, wirst du etwa rot?" Der Rotschopf sah, wie Vivi ihr Gesicht bedeckte, um die plötzliche Hitze zu verbergen, die ihr in die Wangen stieg. "Du bist es! Sogar deine Ohren sind rot!" "Pssssscht! Sprich leise, Papa weiß nicht einmal, dass du hier bist!" Nami konnte sich ein Kichern nicht verkneifen, während sie in ein Stück Huhn stach und den Kopf schief legte. Während des ganzen Gesprächs aß ihre Freundin kein einziges Stück. "Schon gut, schon gut, ich werde still sein. Und jetzt zu etwas anderem", flüsterte sie und schob die Schüssel in die Richtung des anderen Mädchens, "du brauchst nicht zu warten, bis ich fertig bin. Setz dich zu mir. Ich bin nicht giftig, auch wenn die Leute das vielleicht über mich sagen." "Das sagen sie über dich?" Vivis Augen weiteten sich, während sie auf die Schüssel starrte und zögernd nach ihrer eigenen Gabel griff. "Das ist nicht das Einzige. Aber du bist noch ziemlich neu hier, früher oder später wirst du den Klatsch und Tratsch schon noch mitbekommen." Nami runzelte die Stirn und nahm einen weiteren Bissen von ihrem Teller. Es gab eine Menge auszupacken, und viele Lügen über sie. Die wirkliche Wahrheit kannten nur eine Handvoll Leute, ihr kleiner Freundeskreis eingeschlossen. "Hast du eigentlich vor zu essen oder starrst du lieber auf das Essen?" Vivi schien aus einem tranceartigen Zustand gerissen zu werden, bevor sie ein entschuldigendes Lächeln zeigte und die Gabel hob, um zuzugreifen. "Tut mir leid. Ich war in Gedanken." Kapitel 2: 02 ------------- Nami bemerkte, dass Vivi viel weniger aß als sie selbst. War es pure Höflichkeit? Der Gedanke ließ sie nicht los, dennoch wollte sie das Thema nicht direkt anschneiden. Stattdessen legte sie ihr Besteck beiseite und lehnte sich zurück. Dafür erntete sie einen erstaunten Blick. „Hast du keinen Hunger mehr? Es ist genug für uns Beide.“ Die Rothaarige schmunzelte nur. „Ich kann mir schwer vorstellen, dass drei Happen für dich genug sind. Ich kann doch nicht alles auf einmal verputzen!“ Vivi schwieg und schien sich irgendwie ertappt zu fühlen. Trotzig stocherte die Jüngere in der Schüssel herum und nahm einige Bissen zu sich. „Sag mal, Nami...,“ begann sie aus dem Nichts und richtete ihren Blick auf ihr Gegenüber, „was hast du vorhin damit gemeint, du hättest deine Privilegien verloren? Was hast du angestellt?“ Eiskalt erwischt. Nami verzog ihr Gesicht und hätte lieber nicht darüber gesprochen. Doch irgendetwas in ihr befahl ihr regelrecht, sich zu öffnen. Vielleicht konnte sie das Thema ja umschiffen. „Hm... der übliche Mist halt.“ „Üblicher Mist? Könntest du dich bitte etwas klarer ausdrücken?“ Ein tiefer Seufzer folgte als Antwort. „Ach... ich weiß nicht, ob du das wissen willst. War doch eigentlich nur eine Lappalie. Hat nur der Anstands-wauwau nicht so gesehen und mich an Bell-Mére verpfiffen.“ Vivi legte den Kopf schief und drehte die Gabel zwischen ihren Fingern. „So eine Lappalie kann es ja doch nicht gewesen sein, wenn du mich fragst.“ Nami stöhnte und schlug die Hände vors Gesicht. „Herrgott, jetzt fang du nicht auch noch an!“ Trotzig verschränkte sie ihre Arme und lehnte den Kopf zurück, versank noch tiefer in die Couch und stieß die Luft hörbar aus. „Du willst es wissen? Gut. Beschädigung öffentlichen Eigentums. Genzo hat mich erwischt und nach Hause geschleift. Kannst dir ja vorstellen, wie Bell-Mére reagiert hat, oder?“ Für diese Erläuterung erntete die Rothaarige einen ungläubigen Blick. „Bitte was? Du hast öffentliches Eigentum beschädigt??“ - „Jetzt komm mir nicht damit, okay? Das bisschen Farbe kann man entfernen. Außerdem haben es diese Vollpfosten nicht anders verdient.“ Kurzes Schweigen. „Welche Vollpfosten? Warum haben sie was verdient? Es wäre mir lieber, wenn du nicht so kryptisch um den heißen Brei herumredest.“ Namis Blick zeugte von Resignation ehe sie ihre Arme sinken ließ und die Finger in der Jogginghose verkrallte. „Ich kanns dir nicht sagen. Nicht jetzt. Es war doch nur ein scheiß Graffiti. Das tut doch keinem weh!“ Sie schnaufte hörbar und starrte an die Zimmerdecke. „Der Bürgermeister hat eh genug Kohle. Die Message wurde jetzt schon zigmal entfernt. Den juckt es ja gar nicht, nein, keinen juckt es!“ Vivi seufzte tief und lehnte sich ebenfalls zurück, ihr Blick ruhte auf ihrer Freundin. „Im Endeffekt zahlt jeder einzelne Bürger für den Schaden, das ist dir schon bewusst, oder?“ Zögernd streckte sie ihre Hand aus und legte sie auf Namis. Die Rothaarige zuckte zunächst und betrachtete ihre Freundin skeptisch, biss sich auf die Unterlippe. „Ja, mag schon sein. Aber so ganz ohne Grund mache ich es ja nicht. Menschen sind vergessliche Idioten! Und ich will nicht, dass sie es vergessen! Wer weiß, ob ich es jemals-“ Sie schluckte und stoppte im Satz, schüttelte den Kopf als wollte sie einen Gedanken verjagen. „Wie dem auch sei. Ich habe Hausarrest. Telefon benutzen um meine Freunde anzurufen? Gestrichen. Ich meine... die Jungs sind es schon gewohnt, aber du nicht. Mir war es wichtig, dir das mitzuteilen. Und ob ich jetzt länger im Zimmer versauern muss oder nicht – ist auch schon egal. Ich wollte dich halt nicht im Glauben lassen, dass ich dich ignoriere oder so. Wer weiß, ob ich die restlichen Ferientage auch wieder draußen verbringen kann.“ Vivi ließ das Gesagte auf sich wirken und senkte ihren Kopf nachdenklich.Sie wirkte überrascht. „Und dafür schleichst du dich nachts raus? Um mir das zu sagen?“ Ein scheues Lächeln zeichnete sich auf ihren Lippen ab, während sie eine hellblaue Haarsträhne hinter ihr Ohr strich. „Irgendwie süß von dir. Aber gleichzeitig ist das doch dämlich. Du setzt alles auf deine Karte, kommst im strömenden Regen irgendwie zu meinem Fenster und riskierst mehr Hausarrest? Warum?“ Nami schluckte und ihre Augen weiteten sich bevor sie ihre Lider schloss und spitzbübisch grinste. „Naja... ich mag dich halt. Es ist cool, endlich mal ein Mädel in meinem Freundeskreis zu haben. Der Überschuss an Testosteron kann ziemlich anstrengend sein.“ Vivi war dankbar, dass Nami ihre Augen geschlossen hatte, sonst hätte sie die aufsteigende Röte in ihrem Gesicht bemerkt. „Ich – ich weiß nicht, was ich dazu sagen soll-“ In diesem Moment öffnete ihre Freundin ihre Augen einen Spalt weit und schmunzelte. „Dann sag halt nix. Manchmal ist Schweigen auch eine gute Antwort~“ Stille breitete sich über die Beiden aus, aber es war eine angenehme Ruhe. Vivis Fingerspitzen begannen kleine Kreise auf Namis Handrücken zu zeichnen, und diese ließ es erstaunlicherweise zu. Es fühlte sich seltsam an, aber nicht unangenehm. Eine Frage stieg in ihr hoch und wollte ausgesprochen werden, doch ihr Gähnen hinderte sie daran, auch nur eine Silbe über die Lippen zu bringen. „Müde?“ Vivi grinste und ließ von Nami ab, die einerseits froh darüber war, andererseits schwang ein Hauch von Enttäuschung über den fehlenden Kontakt mit. „Hm... ja, ein bisschen.“ Vivi erhob sich von der Couch. Das verstohlene Grinsen war immer noch präsent als sie das Möbelstück umrundete und sich auf der Rückenlehne abstützte. „Gut. Wir sollten uns eine Mütze Schlaf gönnen. Du solltest morgen lieber früh raus, bevor man dein Verschwinden bemerkt. Reicht dir die Decke?“ Nami nickte und salutierte grinsend. „Klar. Danke nochmal, dass ich bleiben darf.“ Sie beobachtete, wie sich die Jüngere der Beiden auf die Bettkante setzte und sich ihren Radiowecker schnappte. „Soll ich dir den Wecker stellen? Du siehst mir nicht wie ein Frühaufsteher aus!“ Nami lachte, bevor sie eine Plüschente an sich nahm (von denen es erstaunlicherweise viele in dem Zimmer gab) und sie in Richtung ihrer Freundin pfefferte. Diese ließ sich lachend fallen als das Kuscheltier mit ihrem Gesicht kollidierte und ein lautes „Uff!“ hervorlockte. „Als ob du besser wärst!“ ~~ Der Wecker riss beide viel zu früh aus dem Schlaf. Zumindest Nami empfand es so, als sei es mitten in der Nacht. Sie blinzelte schwerfällig und für einen Moment war sie sich nicht sicher, wo sie sich befand, bis sie feststellte dass das Kissen anders roch als gewohnt und eine pastellblaue Farbe hatte. Richtig, sie hatte ja nicht zuhause geschlafen. Ächzend richtete sich auf und ließ ihren Blick schweifen, alles knackte in Protest als das Mädchen sich streckte. Die Couch war wohl doch nicht so bequem, wie sie zunächst vermuten ließ. Vivi war eindeutig geübter in dieser Routine. Mit einer schnellen Handbewegung verstummte der Wecker und sie saß an der Bettkante, lange hellblaue Haare hingen ihr chaotisch ins Gesicht. „Guten Morgen.“ Namis Stimme klang ungewohnt rau im Schlaftaumel. Es ließ Vivi schmunzeln, da es sie an die alte Krähe erinnerte, die des Öfteren am Baum gegenüber des Schlafzimmerfensters saß und hereinspähte. „Guten Morgen~“, kam es zur Antwort, ihre Stimme klang wesentlich melodischer, aber vor allem auch wacher. „Ich hoffe, du hast gut geschlafen?“ Die Rothaarige nickte kurz und gähnte so herzhaft, dass sie ihr Kiefer knacken hörte. „Mh- ja. War nur etwas zu wenig.“, erwiderte sie und schüttelte ihre kurzen Haare, um sie notdürftig mit ihren Fingern zu stylen. Vivis konfuser Blick sprach Bände. „Zu wenig? Wie lange schläfst du denn bitte? Es ist sechs Uhr morgens!“ Nami schüttelte ihren Kopf noch einmal um die restliche Müdigkeit zu vertreiben und erhob sich wie von der Tarantel gestochen von ihrer temporären Schlafstelle. „Shit.“ kam es zur Antwort. „Dann habe ich nicht mehr viel Zeit, bis die Family aufwacht!“ Auf einmal wurde es hektisch und Nami stürmte regelrecht in Vivis Bad um sich ihre Klamotten zu schnappen und sich umzuziehen. dabei wurde von der Jüngeren unterbrochen, die am Türrahmen lehnte und sie unschlüssig beobachtete während sich die Rothaarige die Kapuzenjacke überzog und in ihre Converse schlüpfte. Schließlich tat sie dasselbe und zeigte überraschend wenig Scheu, als sie sich ihrer Boxershorts und Tanktop entledigte, um sich umzuziehen. „Soll ich dich begleiten?“ Ihre Stimme klang mehr wie ein Flüstern, doch es erreichte Nami, die auf einmal innehielt. Kurz schien diese in ihrer Gedankenwelt verschollen und wog die Optionen ab. Ein Kopfschütteln. „Sorry, aber ich habs wirklich eilig,“ wurde erwidert und der Reißverschluss der Jacke schien wie eine finale Untermalung des Szenarios. „Ich hab keinen Bock auf die Diskussion daheim, also sollte ich mich sputen.“ „Oh. Okay.“ Vivis Antwort kam zwar schnell über die Lippen, aber sie würde sich gewiss nicht abschütteln lassen. „Aber ich könnte mit deiner Mutter reden und versuchen, deeskalierend zu wirken. Sie hat sicher Verständnis, wenn du es ihr erklärst…“ Nami, die sich in der Zwischenzeit die Schnürsenkel zuband, starrte das andere Mädchen an und verzog das Gesicht. „Erstens, nicht leibliche Mutter. Und zweitens, da kennst du sie verdammt schlecht.“ - „Ich kenne sie auch nicht – bis auf das eine Mal, als sie mit dir vor unserer Haustüre stand und verlangte, dass du dich entschuldigst…“ Vivi verschränkte ihre Arme und biss sich auf die Unterlippe. So hatte sie eigentlich kein Bild von dieser Frau. Obwohl sie ziemlich tough wirkte mit den knalligen Haaren und dem Undercut, so schien Bell-Mére doch kein schlechter Mensch zu sein. „Ich verstehe dich nicht, Nami.“ „Das brauchst du auch nicht,“ kam es etwas brüsk vom Rotschopf zurück. Diese schnappte sich das Skateboard und war im Begriff, das Fenster zu öffnen. „Öhm, was genau machst du da?“ Nami blickte über ihre Schulter. „Ich gehe?“ Vivi rollte mit den Augen und zog die Rothaarige kurzerhand vom Fenster zurück. „Dir ist bewusst, dass wir eine Tür haben, oder?“ - „Und dein Dad?“ Nun war es die Rothaarige, die mit ihren Augen rollte als Vivi schnurstracks in Richtung Zimmertüre mit Nami im Schlepptau marschierte. „Papa verlässt das Haus jeden Tag um fünf Uhr früh. Also ist dieser Faktor schon einmal dein geringstes Problem!“ Nami schnaufte und ihre Miene verfinsterte sich leicht. „Wie tröstlich.“ Sie war in Versuchung, die Tür hinter sich zu zu schlagen, wie sie es normalerweise zuhause tat; doch sie rief sich ins Gedächtnis, dass es sich nicht ziemte und schloss sie dementsprechend vorsichtig. Mit verschränkten Armen lehnte sie sich gegen die Wand im Flur und wartete, bis Vivi ihren Wohnungsschlüssel vom Brett nahm und die Wohnung verließ ehe sie sich wortlos anschloss. ~~ „Jetzt warte doch einmal!“ Vivi hatte Mühe Schritt zu halten und beschleunigte ihren Gang um Nami hinterherzulaufen, die mit dem Skateboard wesentlich schneller war als sie. „Hast du was gegen Morgensport?“ Mit einem Blick über die Schulter vergewisserte sich die Rothaarige, dass ihre Freundin noch in Sichtweite war. War sie ein kleines Aas? Möglicherweise. Aber die Zeit hing ihr im Nacken und Vivi hätte ja nicht mitkommen müssen. Warum sie das tat, war ihr ohnehin schleierhaft. Dennoch bremste sie ab und wartete ab, bis das Mädchen aufgeholt hatte. Vivi stoppte neben ihr musste erst einmal Luft holen, ihr Gesicht hatte eine rötliche Farbe angenommen. „Das ist unfair!“, protestierte die Jüngere und japste als sie ihre Hände an den Oberschenkeln abstütze, „Ich habe noch nicht einmal gefrühstückt, auf leerem Magen Sport zu treiben ist nicht gut!“ Nami hob ihre Augenbrauen. „Du frühstückst? Hätte ich mir gar nicht gedacht!“ Der feixende Unterton gefiel Vivi absolut nicht, denn sie wusste worauf ihre Freundin anspielte. Sofort drehte sie ihren Kopf zur Seite und vergrub ihre Hände in der Jackentasche, ihre Augenbrauen zogen sich merklich zusammen. Irgendwie hatte sie gar keine Lust mehr zu reden und stapfte stattdessen voran. Zunächst war es Nami nicht bewusst, woher diese Attitüde kam, doch langsam dämmerte es ihr. Demonstrativ klemmte sie das Skateboard unter den Arm und hastete hinterher. „Hey, das war doch nicht so gemeint!“ - „Klang nicht wirklich danach. Verarschen kann ich mich selber!“ Die Rothaarige stieß die Luft aus und war nun diejenige, die sich an Vivis Fersen heften musste. „Verdammt noch mal, bleibst du bitte stehen?“ Die Angesprochene drehte ihren Kopf und Nami sah nun den Ausdruck in ihrem Gesicht, der erschreckend eisig war. „Hast du was gegen Morgensport?“, äffte die Jüngere und legte die letzten Meter joggend zurück, bis sie vor einer Bäckerei stehen blieb und auf den Boden starrte, unsicher was sie denn zu diesem Thema sagen sollte. Sie hatte es langsam satt. Ihr Vater, Igaram, Terracotta, und jetzt auch noch Nami, die auf diesem Thema herumritten. Dabei hatte sie gehofft, dass wenigstens ein Mensch es verstehen würde. Anscheinend verstand es keiner. Nicht einmal sie selbst. „Das war jetzt echt unnötig-“ - „Da hast du allerdings Recht, Nami. DAS war unnötig!“, schnitt Vivi ihr das Wort ab und kramte in ihrer Jackentasche um ihre Geldbörse hervor zu ziehen. Gerade aus Trotz würde sie sich jetzt eine Kleinigkeit holen und in diesem Moment schien es ihr egal zu sein, ob ihre Freundin zu spät nach Hause und den Anschiss ihres Lebens kassieren würde. „Willst du auch was?“, fragte sie schließlich, eher passiv im Ausdruck. Nami scharrte mit dem Fuß am Boden, sichtlich verlegen. Sie war verdammt spät dran. „Weißt du was? Wenn du schon mitkommst, kann ich ja Bell-Mère fragen, ob sie dir was auftischt. Kein Grund, wegen mir Kohle rauszuschmeißen nach meinem blöden Kommentar.“ Der verwunderte Blick, den sie erntete, war ein Bild für die Götter. „Tut mir leid, ok? Jetzt lass uns los. Du kannst sonst das Board nehmen, wenn’s dir lieber ist.“ - „Ich bin noch nie auf so einem Ding gestanden!“ Nami schmunzelte über den brüskierten Ausdruck im Gesicht der Jüngeren. „Ich brings dir bei… nach meinem Hausarrest. Was sagst du dazu?“ Stille. Und dann erhellte sich Vivis Gesicht. „Klingt nach einem Deal. Und ich bringe dir bei, wie man eine Tür benutzt!“ „Boah, halt die Klappe!“ Gelächter erfüllte die kaum belebte Straße der Innenstadt. Kapitel 3: 03 ------------- Je mehr sie sich dem Stadtrand näherten, desto schweigsamer wurden Beide auf dem Weg. Es schien ungewohnt für die Mädchen. Normalerweise hatten sie immer das Eine oder Andere zu bereden, doch die einzige Geräuschkulisse waren Schritte und die Rollen des Skateboards als Nami sich dazu entschlossen hatte wieder auf diese Weise mobil zu sein. „Ich wusste gar nicht, dass du so weit draußen wohnst.“, stellte Vivi nachdenklich fest und gab ihr Bestes um Schritt zu halten. Nami zuckte lediglich mit den Schultern und nutzte die Gelegenheit um über einen Bremshügel zu springen. „Hier wohnen die weniger gut betuchten Leute,“ entgegnete der Rotschopf salopp und bremste kurz ab, „wir sind eher die… untere Mittelschicht. Zu wenig Geld um es besser zu haben, aber zu viel um am Hungertuch zu nagen, verstehst du?“ Vivi nickte nur stumm und betrachtete die Häuser, die sich alleine schon von der Bauart her unterschieden. Hier und da blätterte schon der Verputz von den Wänden, die Gehsteige waren verschmutzt mit Zigarettenstummeln, Hundekot und leeren Dosen. Es hatte wirklich den Anschein, als ob die Stadt ihre Priorität nur auf das Zentrum fokussierte. Hinter zugezogenen Gardinen konnte sie auch das ein oder andere Gesicht ausmachen, sie fühlte sich beobachtet und äußerst unwohl dabei. Unbewusst zog das Mädchen die Jacke enger um sich und bevorzugte es, den Asphalt anzustarren. Nami seufzte leicht als sie dem Blick ihrer Freundin folgte. „Mach dir keine Gedanken. Sie starren nicht dich an, sondern mich. Blödes Pack. Haben wohl sonst keine Probleme.“ Sie stieß sich vom Boden ab und rollte gedankenverloren weiter. „Wir sind gleich da. Ich würde sagen, du wartest am besten bei der Hecke vor dem Eingang.“ Vivi legte den Kopf schief und betrachtete Nami verwundert. „Okay? Wieso das?“ - „Naja… ich muss hinter das Haus. Dort ist mein Zimmerfenster.“ Die Jüngere begann zu kichern und musste sich die Hand vor den Mund halten. „Langsam habe ich das Gefühl, dass du echt nicht weißt, wofür Türen gut sind, oder?“ Nami schnaubte verächtlich und hatte den immensen Drang Vivi den Mittelfinger entgegen zu strecken. „Man kann auffällig sein – oder auch nicht. Also warte kurz, ich kann dir dann deine geheiligte Pforte von innen öffnen.“ Mit diesen Worten sprang Nami vom Board und huschte an den Thujenhecken entlang, bis sie auf die Lücke stieß, die es ihr ermöglichte so diskret wie möglich auf das Grundstück zu gelangen. So leise wie möglich zwängte sie sich hindurch, musste auf ihren Vieren kriechen bis sie sich auf der Rasenfläche wiederfand. Ein kurzer Blick zu den Fenstern – die Luft schien rein zu sein. So pirschte sich das Mädchen voran, bis sie unter ihrem Fenster stand und begann das Weidenspalier für die Rosen zu erklimmen. Am Ziel angelangt, hievte sie sich auf den Fenstersims – nur um zu sehen, dass ihr Fenster verschlossen war. Von Innen. „Fuck!“, fluchte sie in sich hinein. Da war es nun, das Worst Case – Szenario, welches nicht eintreffen sollte. Und nun hockte sie hier am Sims auf verlorenem Pfosten. Wenn sie nun hinein wollte, musste sie an der Vordertür anklopfen und zum ersten Mal an diesem Tag rutschte Nami das Herz in die Hose. „Scheiße, Scheiße, Scheiße!“ Das hatte ihr gerade noch gefehlt. Hatte Nojiko sie verpfiffen? Nein, das konnte nicht sein. Die wusste wahrscheinlich nicht einmal, dass Nami wieder ausgebüxt war. Und was Bell-Mére betraf? Sie hatte wohl einen verdammt guten Riecher. Oder, und das schien am wahrscheinlichsten, ein gewisser Jemand hatte vergessen, das Zimmer von innen abzuschließen. Herrgott, ihre eigene Blödheit! Am liebsten wollte sie sich in den Hintern beißen. Mit einem Laut der Frustration nahm Nami wieder den Weg, von dem sie gekommen war. Sie konnte sich ihre Pflegemutter regelrecht vorstellen, wie diese schon hinter der Tür auf sie wartete, mit der Kippe im Mund und einer Ansage, die sich gewaschen hatte. Da musste sie nun durch. Mit hängenden Schultern und eingezogenem Kopf näherte sie sich Vivi und sah dabei aus wie ein geprügelter Hund, was einen Ausdruck der Verwunderung im Gesicht der Jüngeren widerspiegeln ließ. „Was ist los?“, fragte Vivi leise als Nami endlich in Hörweite war. Diese seufzte tief und ballte eine Hand zur Faust. „Das Fenster ist verriegelt. Sie wissen, dass ich nicht da war.“ Sie schnaufte tief durch. „Vielleicht ist es besser, wenn du nach Hause gehst. Diese Szene willst du sicher nicht miterleben.“ Ihre Freundin lehnte sich gegen die Hecke und verschränkte ihre Arme, sie schien unsicher zu sein. „Nein. Ich bleibe hier. Notfalls kann ich ja eingreifen, wenn es eskaliert,“ schlug sie nach kurzem Schweigen fort, „immerhin bin ich ja quasi mit Schuld an dieser Misere.“ Nami starrte sie an und musste sich fangen. „Wieso sollte das deine Schuld sein?“, fragte sie, höchst erstaunt über diese Offenbarung. „Nun ja – wäre ich nicht gewesen, wärst du nicht über Nacht abgehauen, oder?“ Nami schlug sich die Hand vors Gesicht. „Vivi? Nein. Fang nicht so an. Dich trifft genau gar keine Schuld! Hätte ich telefonieren dürfen, wäre das alles gar nicht so abgelaufen!“ Ja. Hätte sie denn telefonieren dürfen. So einfach war das alles nicht, aber der Rotschopf wollte nicht die ganze Geschichte noch einmal hervorkramen müssen. Im Endeffekt war das alles die Konsequenz ihrer eigenen Handlungen. Und nun hatte sie Vivi mit hineingezogen. „Bitte. Geh nach Hause. Ich melde mich, sobald ich kann, okay?“ Ihr Gegenüber rührte sich nicht vom Fleck und zeigte sich von der Bitte wenig beeindruckt. „Nein. Ich bleibe hier. Wir sind doch Freunde, oder? Mitgefangen, Mitgehangen.“ Nami schüttelte den Kopf in Unverständnis. „Mach doch, was du willst,“murmelte sie und und zog sich die Kapuze über. Zwar war sie innerlich gerührt über Vivis Aufopferung und ihrem Verständnis von Freundschaft, doch manche Kämpfe focht man doch alleine aus. ~~ Ihre Schritte waren übertrieben langsam, als sich Nami über die Einfahrt zum Haus bewegte. Der asphaltierte Pfad war von kleinen Blumenbeeten umsäumt, ein Tupfer Farbe in diesem tristen Wohngebiet. Sie blickte kaum auf, sondern betrachtete ihre abgewetzten Schuhe. War wohl wieder Zeit, sich neue zu kaufen, sobald sie genug Geld beisammen hatte. Geld. Leidiges Thema. Eigentlich wollte sie auf etwas anderes, etwas wichtiges sparen; dann mussten die Schuhe halt noch länger herhalten. Dafür gab es ja Isolierband. Die Rothaarige grinste schief über ihre Gedanken. Es war doch faszinierend, wie sehr man sich selbst ablenken wollte, obwohl das Donnerwetter kurz bevorstand. Sollte sie nicht lieber Ausreden parat haben? Wozu? Sie könnte ja bei der Wahrheit bleiben, sofern sie denn zu Wort kommen würde. Und das war äußerst unwahrscheinlich. Ein letztes Mal blickte sie über ihre Schulter, in ihrem Gesicht war mehr als deutlich zu erahnen, welche Emotionen sie in diesem Moment überrannten. Vivi war nicht zu sehen. Anscheinend hatte sie die kluge Entscheidung getroffen, das Schlachtfeld doch noch zu verlassen. Die Tür kam nun bedrohlich näher. In dieser Situation wirkte die „Herzlich willkommen“ Fußmatte wie blanker Hohn. Willkommen fühlte sie sich hier schon länger nicht mehr. Nami schluckte. Sie atmete aus. Klopfte. Stille. Nervosität begann sich in ihr aufzustauen. Die Kapuzenjacke fühlte sich immer enger an, als sie sich schwer damit tat, Luft zu bekommen. Namis Knie drohten sie im Stich zu lassen und nachzugeben, alles verschwamm vor ihren Augen und weiße Blitze tanzten in ihrem Sichtfeld. Ihre Hand begann zu zittern, als sie erneut anklopfte, dieses Mal fester und eindringlicher. Innerlich war ihr nach Heulen zumute, sie fühlte den Puls in ihrem Kopf hämmern, das Blut durch ihre Ohren rauschen, den kalten Schweiß auf ihrer Stirn - doch sie musste sich zusammenreißen. Zeig bloß keine Schwäche, das war ihr Mantra, das sie sich unendliche Male selbst zusprach. Instinktiv spitzte sie ihre Ohren, als sie eine Regung im Haus vernahm. Ihre Ziehmutter hatte wohl genug davon, sie zappeln zu lassen und begab sich – gemächlich, wohlgemerkt – zur Haustüre. Der Schlüssel drehte sich im Schloss. Nami zwang sich, tief durchzuatmen. Die Tür flog auf und da stand Bell-Mére, eine Tasse Kaffee in der Hand und eine Kippe im Mundwinkel. Sie wirkte müde, die Ringe unter den Augen waren deutlich zu sehen. War die Frau etwa die ganze Nacht wach geblieben und hatte auf sie gewartet? Eisiges Schweigen empfand Nami, die sich in diesem Moment klein fühlte und alles begann sich in ihrem Innersten zu verkrampfen. Keine Standpauke. Einfach nur Stille. Beide standen sich reglos gegenüber und maßen sich mit einem abschätzenden Blick. Vielleicht war es am Besten, einfach nichts zu sagen und wortlos an ihr vorbei zu schleichen. Schließlich war es Bell-Mére, die das Schweigen brach. „Wo. Warst. Du.“ Ihre Stimme klang bedrohlich ruhig und dennoch, Nami konnte das Zittern darin vernehmen. Trotzig blickte die Jüngere zu ihr hoch und reckte ihr Kinn. Schwieg. Es war doch ohnehin egal, was sie sagen würde – vorausgesetzt, sie hätte auch nur eine Silbe über ihre Lippen bringen können. Alles konnte den Vulkan der Emotionen zum Ausbruch bringen. „Hast du eigentlich eine Ahnung, wie spät es ist??“ Keine Reaktion. Nami beobachtete, wie sich die Gesichtszüge ihrer Pflegemutter verhärteten. Die Asche der Zigarette fiel ungeachtet zu Boden, fast schon wie ein Countdown. Ihr Blick wanderte zur Kaffeetasse, dann wieder zum Glimmstängel und auf den Rauch, der sich nach oben schlängelte. Etwas blitzte in Namis Augen auf als sie sich zu ihrer vollen Größe aufrichtete, ein verzweifelter Versuch ihrem Gegenüber ebenbürtig zu erscheinen. „Fick dich doch!“ Bell-Mère wurde blass; die Zigarette löste sich von ihrem Mundwinkel und fiel zu Boden. Ein Knall durchbrach die Stille, als sie mit ihrer Hand ausholte. Die Wucht der Ohrfeige traf Nami mit voller Härte, kurz taumelte sie zurück und wie in Trance berührte das Mädchen ihr eigenes Gesicht, das von Schmerz und Rage verzerrt war. Doch sie würde einen Teufel tun. Nicht weinen. Die Blöße gab sie sich nicht. Stattdessen spuckte sie verächtlich vor die Füße ihrer Ziehmutter. „Bist du fertig? Dann lass mich endlich rein.“ Der Satz war kurz, doch er brachte den gewünschten Effekt. Bell-Mére starrte auf die kleine Pfütze vor ihr und ihre Augen verengten sich zu Schlitzen, ihre Stimme klang gepresst, so als versuchte sie ihr Bestes, nicht zu brüllen und die Nachbarschaft hervorzulocken. „Hau ab. Ich will dich heute nicht mehr sehen!“ Nami ballte ihre Fäuste so fest, dass es weh tat. „Es wäre dir ja sowieso lieber, wenn ich nicht mehr da wäre! Von mir aus hättest du mich damals verrecken lassen können, dann wäre dir die ganze Scheiße doch erspart geblieben!“ Ihre ganze Wut entlud sich, die Verzweiflung. Nami konnte und wollte ihrer Pflegemutter an diesem Tag nicht mehr ins Gesicht sehen. Blindlings stürmte sie an der Frau vorbei, rempelte sie aus dem Weg und hastete die Treppe nach oben, wo sie schlussendlich die Tür so hart hinter sich zuschlug, dass man es draußen noch hören konnte. ~~ Bell-Mére stand noch immer regungslos da, den Blick starr auf den Boden gerichtet. Langsam schloss sie die Türe hinter sich und setzte sich auf den Treppenabsatz, stellte die Tasse neben sich ab und vergrub das Gesicht hinter ihren Händen. Sie war mit ihrem Latein am Ende. Zwar hatte sie gewusst, worauf sie sich als Ziehmutter einließ, aber nichts hätte sie auf diese Momente vorbereiten können. Weder ihre Ausbildung in der Spezialeinheit, in der es nur um Drill und Härte ging – noch die gut gemeinten Ratschläge vom Jugendamt. Soldatin, Mutter, Polizistin – all diese Dinge waren ein Balanceakt und der Grat wurde stetig schmaler. All das realisierte die Frau mit Beginn von Namis Pubertät und den daraus resultierenden Problemen, die jenes Stadium des Lebens mit sich brachte. Nojiko war niemals so kompliziert gewesen. Das lag jedoch daran, dass sie nicht so lange der traumatischen Situation ausgeliefert war wie ihre jüngere Ziehschwester. Langsam musste sie sich eingestehen, dass sie wohl oder übel in ihrem Vorhaben gescheitert war. Liebe und Verständnis für die Situation konnte bei Nami nur so viel wett machen und in den letzten Monaten entfremdeten sich beide völlig. Zeitweise erkannte sie ihren Sonnenschein von früher gar nicht wieder. Sie klaute, trieb sich bis spät in die Nacht herum; an sie war kein Herankommen mehr möglich. Dabei waren sie auf einem so guten Weg gewesen. Was sie wirklich brauchte, war professionelle Hilfe. Doch Bell-Méres Gehalt reichte nicht aus, um dies zu ermöglichen. Zwei Kinder groß zu bekommen, und das als Alleinerziehende, war eine große Herausforderung – und oft genug hatte sie auf viele Dinge verzichtet, nur damit sie es besser hatten. Resignierend griff sie nach ihrem Metalletui und fischte sich eine selbst gedrehte Zigarette heraus um sie anzuzünden. Dabei richtete sie ihren Blick auf die Ausfahrt um sich mit positiveren Erinnerungen zu konfrontieren. Hier hatte Nami das erste Mal ihr Skateboard getestet und ihre Passion gefunden, Tricks geübt. Damals hatte sie über alle Ohren gestrahlt, als ihr der erste Ollie gelang – sie war so stolz gewesen. Ja, in jenen Tagen schien die Welt noch in Ordnung zu sein. Eigentlich konnte Bell-Mére gar nicht mehr sagen, wann sich die ersten Veränderungen eingeschlichen hatten. Wollte sie diese etwa nicht wahrhaben und hatte sie gekonnt ignoriert? Ihr Blick wanderte weiter in Richtung Hecke und die Straße dahinter, als etwas ihre Aufmerksamkeit erregt hatte. Die geschnittenen Thujen raschelten verdächtig. Ruckartig erhob sich die Frau, nahm einen tiefen Zug von der Zigarette und blies den Rauch aus. Dem musste sie nachgehen, wenn auch nur um sich von den kreiselnden Gedanken abzulenken. Mit zackigen Schritten eilte sie die Ausfahrt entlang, genau dorthin, wo sie das Geräusch vernommen hatte und das erste, was sie erblickte, war ein Schwall blauer Haare. Die erkannte sie doch! Mit einem Satz umrundete sie die Hecke. „Hey! Rühr dich ja nicht vom Fleck!“ ~~ Vivi erstarrte und hielt die Luft an. Sie hatte die ganze Szene beobachtet und der Schock war ihr anzusehen. In diesem Moment fühlte sie sich wie ein Reh im Scheinwerferlicht und Flucht wäre ohnehin eine verdammt schlechte Option gewesen. Nur langsam drehte sie sich um und fixierte Bell-Mére mit einem Blick, aus dem Furcht abzulesen war. Gleichzeitig schämte sie sich, hatte sie vorher nicht noch großartig versprochen, in das Geschehen einzugreifen sobald es eskalieren würde? Hilflos ballte sie ihre Hände zu Fäusten und beobachtete die Frau vor ihr, wie sie sich aufbaute. „Du bist doch die Kleine von neulich. Was hast du hier zu suchen?“ Vivi schluckte und versuchte, die passenden Worte zu finden ohne zu stammeln. „Ich- uhm – Ich habe Nami nach Hause begleitet,“ begann sie stockend und starrte auf Bell-Méres Hand, mit der sie ihre Freundin zuvor geschlagen hatte, „sie… sie war letzte Nacht bei mir.“ Zunächst war es still. Doch Vivi konnte sehen, wie sich in Namis Pflegemutter etwas regte. „Sie war bei dir? Warum?“ Der Ton in der Stimme wurde etwas sanfter als sie an der Zigarette zog, doch die Skepsis war immer noch zu erkennen. „Du brauchst nicht ihr Alibi zu spielen, das rettet ihren Hintern auch nicht.“ - „Sie war da. Warum sollte ich lügen? Sie hat bei mir auf der Couch übernachtet, weil ich nicht wollte, dass sie im Regen wieder nach Hause fährt! Nami saß auf dem Fenstersims und war komplett durchnässt, hätte ich sie da draußen versauern lassen sollen? Ich bin doch kein Unmensch!“ Der letzte Teil des Satzes war angriffslustiger als beabsichtigt und als Vivi das realisierte, hielt sie sich die Hand vor dem Mund und drehte ihren Kopf zur Seite. Die Frau schmunzelte nur über das Verhalten und kam einen Schritt näher auf das Mädchen zu. „Ziemlich nobel von dir, wenn man bedenkt, dass sie dich vor ein paar Wochen noch überfallen hat. Ich an deiner Stelle hätte sie draußen gelassen. Hast du nachgesehen, ob sie nichts mitgehen lassen hat?“ Vivi starrte Bell-Mére ungläubig an. „Bitte was?“ „Du hast mich schon verstanden. Hätte sie die Chance gehabt, hätte sie dich beklaut. Das eine Mal war ihr wohl nicht genug.“ Die Jüngere schüttelte ihren Kopf vehement. „Nein. Das hätte sie nicht! Das war doch alles anders! Wie – Wie kann man nur so wenig Vertrauen in sein Kind haben??“ Ein wehmütiges Lächeln umspielte Bell-Méres Lippen während sie die Asche ihrer Zigarette abtippte. „Oh, glaub mir eins, Mädchen. Vor ein paar Jahren hätte ich wohl dasselbe gesagt. Aber Zeiten ändern sich. Es ist traurig genug, sich das eingestehen zu müssen, aber mittlerweile gehe ich schon vom schlechtesten aus.“ Sie seufzte tief und ließ ihre Schultern sinken. Vivi stemmte nun die Hände in ihre Hüften. „Nami ist kein schlechter Mensch. Sie…“ Ihr Atem stockte. Wie gut kannte sie Nami überhaupt, um sie so in Schutz nehmen zu können? Wie viel war an den Gerüchten dran, die ihre Freundin erwähnt hatte? Wenn schon ihre Mutter so über sie sprach – nein. Dinge waren nie so einfach, wie sie sich darstellten. „Ich weiß,“ wurde sie schließlich von der Frau unterbrochen, die ihr beinahe schon einen mitleidigen Blick schenkte, „sie ist momentan sehr verloren, weißt du?“ Bell-Mére ließ ihren Blick zu den Nachbarhäusern schweifen und murrte, als das eine oder andere Gesicht aus den Fenstern starrte, beide schienen keine gute Art von Aufmerksamkeit auf sich zu lenken. „Komm mit. Magst du Kaffee?“ Eigentlich hasste Vivi Kaffee. Doch sie hielt es für klüger, nichts in dieser Richtung zu sagen und trat zögernd vor. „Es ist doch relativ frisch hier draußen,“ murmelte sie und nickte zaghaft, „das wäre wirklich nett von Ihnen.“ ~~ Vivi betrat den Flur des Hauses und schloss die Tür leise hinter sich. Hier wohnte Nami also. Sie sog die Eindrücke ein und das erste, was ihr ins Auge fiel waren die gerahmten Fotos an der Wand. Die meisten von ihnen zeigten ihre Freundin mit deren Pflegemutter und einem anderen Mädchen, das Nojiko sein musste. Sie posierten mit albernen Gesichtern, manchmal lachend, andere zeigten ein inniges Familienbild. Es war ein harter Kontrast zu dem, was sie an diesem Tag mit ansehen musste und für einen Moment fragte sie sich, ob diese Fröhlichkeit auf den Fotos echt oder gespielt war – doch sie vermochte nichts gespieltes zu erkennen. Ein Foto zeigte Nami mit einem Pokal, sie posierte grinsend mit einem Daumen nach oben vor einer Halfpipe. Bell-Mére entging dies nicht. Mit einem Lächeln deutete sie auf das gerahmte Bild. „Ihre erstes Turnier in der Jugendklasse. Damals war sie 13 und hat den älteren Skatern gezeigt, wie der Hase läuft!“ Stolz schwang in ihrer Stimme mit. „Sie hat wirklich Talent. Es wäre schön, wenn sie es wieder produktiv einsetzen würde…“ Vivi hob eine Augenbraue und – da war er wieder, dieser ernste Unterton, mit dem sie schon Bekanntschaft gemacht hatte. Reflexartig zog sie den Kopf ein und ihr Blick wanderte weiter zum Flur mit den braun-weißen Fliesen. Auch fanden sich hier viele Pflanzen – Efeu, Sukkulenten, Vasen mit verschiedenen Blumen. Am Ende des Ganges waren noch eine Tür, hinter der sie den Garten vermutete und eine Holztreppe, die ins nächste Stockwerk führte, während links von ihr ein Durchgang mit Schiebetür zu sehen war. Insgesamt wirkte alles alt, die Wandfarbe in spartanischem Altweiß gehalten. „Komm, ich mache dir gleich einen Kaffee.“ Aus ihrer Trance gerissen drehte Vivi den Kopf hastig zur Seite und nickte, folgte der Frau leise in Richtung Küche. In diesem Raum fühlte sie sich schlagartig wohl. Zwar waren die Wände etwas vergilbt – dies war wohl der Raucherei geschuldet, wie sie am vollen Aschenbecher sehen konnte – aber insgesamt strahlte er etwas heimeliges und gemütliches aus. In der Ecke sah sie einen Kachelofen, der zum verweilen einlud, ein großer Esstisch aus geöltem Holz mit gepolsterter Sitzecke, und am anderen Ende des Raumes stand die Küchenzeile. Die meisten Möbel, sowie der Boden waren aus hellem Holz gefertigt, da und dort stand Nippes auf Schränken, Andenken aus anderen Ländern und natürlich auch Kräuter, die in kleinen Töpfen am Fenster standen. Etwas unschlüssig stand sie im Raum und beobachtete Bell-Mére die mit der Kaffeemaschine beschäftigt schien, also nahm sie zaghaft auf der Sitzecke Platz. Sie konnte auch gedämpft Stimmen aus dem alten Radio hören, es schien ein Regionalsender zu sein. Sie hatte noch einige Probleme, dem Gespräch der Moderatoren zu folgen, Vivi musste sich konzentrieren um die Wortfetzen zu entziffern. Die Tasse, die vor ihr abgestellt wurde, riss das Mädchen schließlich aus ihrer Gedankenwelt. Etwas verschreckt starrte sie hoch, nur um in das Gesicht von Bell-Mére zu blicken, die sie amüsiert ansah. „Brauchst du noch etwas dazu? Milch, Zucker?“ Vivi blinzelte, bevor sie zögernd nickte. „Milch und Zucker wären nett, danke sehr.“ Die ältere Frau schmunzelte und begab sich zum Kühlschrank. „Du benimmst dich ja, als würde ich dir den Kopf abreißen. Keine Sorge, ich beiße schon nicht.“ Bell-Mére lachte leicht in sich hinein, irgendetwas musste sie unternehmen, um das verschreckte Reh am Tisch ein wenig zu beruhigen. Sie fand es faszinierend. Warum würde sich Nami mit jemanden abgeben, der so schüchtern war? Schließlich kam sie mit einem kleinen Kännchen Milch und der Zuckerdose zurück und stellte alles am Tisch ab, ehe sie sich ihrer Tasse Kaffee widmete, die schon längst kalt geworden war. „Hm, kalter Kaffeerauch macht hübscher~“, sinnierte sie und tatsächlich entlockte es ein scheues Lächeln vom Mädchen, das sich eine Strähne hellblauer Haare hinter das Ohr strich. „Das hat Mama auch immer gesagt,“ entgegnete Vivi mit leiser Stimme und goss sich Milch ein, ehe sie begann, ihr Getränk mit Zucker zu versüßen. Anders konnte sie das Gebräu gar nicht trinken. Dabei wurde sie von Namis Mutter beobachtet. Ein Löffel, zwei, drei, vier. Schließlich prustete die Ältere. „Noch etwas Kaffee zum Zucker?“, feixte sie und Vivi ließ beinahe den Löffel fallen. „Ich mag es eher süß,“ brachte sie hervor und rührte gedankenverloren um. „Hättest du lieber Tee gehabt? Das hättest du aber ruhig sagen können.“ Schon wieder fiel ihr eine Strähne ins Gesicht. Vivi schnaufte leicht, strich sie wieder zurück. „Nun, ich – ich wollte nicht unhöflich sein. Verzeihung.“ Ganz wohl fühlte sich das Mädchen nicht in ihrer Haut, und dabei hatte das Gespräch noch gar nicht richtig begonnen. „Vivi, richtig? Keine falsche Bescheidenheit. Wer hier Gast am Tisch ist, bekommt auch, worum er bittet.“ Bell-Mére schenkte ihr ein aufrichtiges Lächeln. „Namis Freunde kennen den Hausbrauch. Vor allem der schlaksige Kerl – Ruffy – plündert regelmäßig den Kühlschrank, wenn er hier ist. Ich sage dir, obwohl nix an ihm dran ist, kann er für Vier essen. Ich bin immer wieder darüber erstaunt.“ - „Ruffy?“ Vivi blickte kurz auf. „Ich habe ihn ein paarmal flüchtig gesehen wenn wir in der Einkaufsmeile unterwegs waren.“ „Einkaufsmeile? So so…“, entgegnete Namis Pflegemutter erstaunt, „also trefft ihr euch Beide des öfteren?“ Sie stützte ihr Gesicht an einer Hand ab und drückte den Rest der Zigarette im Aschenbecher aus. Vivi nickte. „Ja. Wir haben uns eine Woche nach dem Zwischenfall zufällig dort getroffen und uns in einem Café ausgesprochen. Sie hat sich noch einmal entschuldigt und… ich habe festgestellt, dass sie ziemlich nett ist.“ Immer noch rührte die Jüngere in ihrem Kaffee, größtenteils um ihre Nerven zu besänftigen. Das leise Klacken des Löffels gegen die Tasse hatte auf sie einen beruhigenden Effekt. „Wir haben uns dann öfter dort verabredet um für die Schule zu lernen - na ja, sagen wir, sie hat mir geholfen, eure Sprache zu lernen. Sie meinte noch, dass sie Nachhilfe in Politik und Geschichte brauchen könnte…“ Bell-Mére staunte nicht schlecht über die Dinge, die sie erfuhr. Nachdenklich schob sie die Ärmel ihres karierten Hemdes hoch und krempelte sie über ehe sie einen Schluck des erkalteten Getränks nahm. „Hmm… ich nahm an, sie würde sich nur mit ihrer Clique herumtreiben und krumme Dinger drehen. Es war ja nicht das erste Mal, dass sie jemanden bestohlen hat.“ Ihr Blick verdunkelte sich leicht und die Frau seufzte, ehe sie versuchte, das Thema wieder in eine leichtere Richtung zu lenken. „Also kannst du dank ihr schon so gut Schwedisch? Ich bin beeindruckt! Wie gefällt es dir in unserer Stadt?“ Vivi errötete leicht bei dem Kompliment. „Vielen Dank. Ich gebe mir Mühe“, flüsterte sie und pustete leicht gegen das Getränk um es zu kühlen bevor sie ebenfalls davon trank. Zucker und Milch machten den Kaffee um einiges erträglicher. „Es gefällt mir bisher ganz gut, danke der Nachfrage. Diese Idylle ist eine gute Abwechslung zum Trubel der letzten Orte, an denen ich bisher war. Wenn es schulisch auch passt, könnte ich mir sogar vorstellen, hier den Abschluss zu machen um später studieren zu können.“ Das Mädchen holte tief Luft und schien sich zu entspannen. Und dennoch war da ein gewisser Ausdruck in ihren Augen, der schwer zu deuten schien. „Allerdings gibt es eine Sache, die mich beschäftigt.“, begann sie leise, nicht sicher ob sie dieses Thema erneut anschneiden sollte, „Namis Hausarrest. Ich hoffe, dass er nicht wegen mir verlängert wird…“ Bell-Mére stutzte und studierte Vivis Gesicht genauer. Dieser ernte Blick schien so gar nicht zu ihr zu passen. Sie verband ihn eher mit dem Vater des Mädchens, mit dem sie damals gesprochen hatte. „Es ist definitiv nicht deine Schuld. Sie wusste, worauf sie sich einlässt, als sie durch das Fenster verschwunden ist. In diesem Haus gibt es Regeln, an die man sich zu halten hat. Wer sie bricht, muss mit Konsequenzen rechnen.“ - „Auch mit körperlicher Gewalt?“, warf Vivi ein und ihre Augenbrauen zogen sich merklich zusammen, „Niemand hat das Recht, die Hand gegen jemand anderen zu erheben, schon gar nicht gegen Familienmitglieder.“ Ihre Finger umklammerten die Kaffeetasse. Die ältere Frau schwieg und biss sich in die Innenseite der Wange. „Ich weiß, worauf du hinauswillst. Ich habe überreagiert.“ Mechanisch griff sie wieder zu ihrem Etui, bevor sie sich fing. „Entschuldige, macht es dir was aus, wenn ich mir eine anstecke?“ Vivi zuckte mit den Schultern. „Das ist Ihr Haus. Es steht nicht in meiner Position, darüber zu urteilen.“ Die Ältere lachte rau, und es klang aufrichtig. „Aber du hast dir schon ein Urteil gefällt, was mich betrifft.“ - „Papa sagt immer, diplomatisch zu bleiben, wenn man ein Ergebnis erreichen möchte, auch wenn es Differenzen zwischen den Parteien gibt.“ Das Zischen des Streichholzes durchbrach die kurze Stille, während sich Namis Pflegemutter die Kippe anzündete. „Dein Vater ist ein weiser Mann. Dann erzähle mir, welches Ergebnis du heute erreichen möchtest.“ Das Mädchen schloss die Augen kurz und nippte am Kaffee, ehe sie ihren Blick auf die Frau mit den burgunderfarbenen Haaren richtete. „Ich glaube, Sie wissen bereits was ich erreichen will. Aber vor allem hätte ich gerne ein paar Antworten.“ Bell-Mére lehnte sich in ihrem Stuhl zurück und zog an der Zigarette. „Zunächst sollten wir uns auf derselben Ebene begegnen. Du kannst mich ruhig duzen.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)