The OneShot with a little bit more love von Hypsilon (Oder: The OneShot that doesn’t need a Wonderwall) ================================================================================ Kapitel 1: Give a little bit ---------------------------- Es war seltsam. Es war seltsam für Semi, sich mit seinem Ex-Freund zu treffen, weil er so viel erwartet hat. Er wollte den Kampf um erlischendes Feuer zwischen ihnen ansagen. Noch seltsamer war es, ihn in Paris endlich zu sehen und dann nichts zu fühlen. Kein erhöhter Puls. Keine schwitzigen Hände. Keine Nervosität. Es war seltsam familiär, aber es war nicht, was sich Semi erhofft hatte und dennoch alles, was er sich wünschen konnte. Es war seltsam für Shirabu, als er erfahren hat, dass Semi seinem Ex-Freund nachzulaufen nach Paris geflogen ist. Noch seltsamer war es, dass er das von besagtem Ex-Freund erfahren hat und darauf die Gefühle verrückt spielten. Shirabu wurde wütend und unruhig, sein Puls ging hoch und er konnte sich schwer konzentrieren. Es war auch seltsam, als sich Shirabu seinen Kommilitonen angeschlossen hat, trinken zu gehen. Ein bisschen willkommen war es dabei, Terushima zu treffen und Akaashi. Die beiden gaben ihm wohlige Erinnerungen daran, als es zwischen ihm und Semi noch nicht kompliziert war. Weil damals noch gar nichts war. Am Seltsamsten aber war es, dass Shirabu im Flugzeug nach Paris saß. Terushima hat ihm gut zugesprochen. Ach, warum hat er auf Terushima gehört? Der Typ war doch ein absoluter Vollidiot! Aber es war zu spät. Die Maschine hatte abgehoben und Shirabu saß mit schwitzigen Händen drinnen. “Scheiß Semi-san”, knurrte er vor sich hin. “Pardon?”, seine Sitznachbarin drehte sich zu ihm um, aber er schüttelte nur den Kopf. Was hat er sich dabei gedacht? Er flog alleine in ein Land, dessen Sprache er nicht beherrschte und wo sein brüchiges Englisch wissentlich verschmäht wurde. Shirabu musste sich den Kopf gestoßen haben. Vermutlich schon bei seinem letzten Stelldichein mit Semi, denn anders konnte er sich diese seltsamen Gefühle nicht erklären. Auch die Zusage zum Fortgehen ging für ihn auf die Kappe des Stoßes genauso wie die Unwahrscheinlichkeit, auf jemanden wie Terushima zu hören. Wie hat er gesagt? “Ich hoffe, dass Tendou wieder mit Tsukki zusammenkommt, das wäre besser”. Pffft. Daraufhin hat Shirabu geschnaubt und erwidert, dass Semi nicht so blöd wäre, sich wieder auf seinen Ex einzulassen und dann vermutete er irgendwie doch, dass Semi exakt so blöd sein musste. Aber Shirabu war nicht weniger blöd. Diesen Gedanken konnte er auch in beinahe 15 Stunden Flug nicht abschütteln. Er hat ein bisschen geschlafen, er hat aber auch den ein oder anderen Film gesehen. ‘A Star was Born’ zum Beispiel und er fragte sich, ob Semi auch so eine Karriere bevorstand, weil er seine Stimme liebte. Semis verdammte schöne Stimme und ja, er liebte sie und ja, verdammt nochmal, er liebte Semi! Es war seltsam, das zu realisieren, aber mit Tendous Information hat es ihn vor ein paar Tagen regelrecht erschlagen. Daraufhin hat er Teller zerschlagen und sogar seine Lieblingstasse, woraufhin er noch eine Schlüssel auf den Fliesenboden in der Küche geschmissen hat und erst des Abends um die Beseitigung bemüht war. In seinem Ohr hörte er aber nicht nur Semis engelsgleiche Stimme, sondern auch die von Terushima. ”Mach ihm richtig den Hof. Romantisch und kitschig und mit Blumen und einer Boombox über dem Kopf, wo euer Liebessong spielt und sag ihm, wie wichtig er dir ist und dass er mit dir nach Hause fliegen soll und du ihn nie wieder loslassen willst”, hat er gesagt und gemeint, dass er das bei Yamaguchi tun würde, würde dieser jemals auf solche Umwege gelangen. Shirabu würde aber einen Teufel tun, mit einer Boombox aufzukreuzen. Das wäre ja super peinlich, aber auch genau diese Art von ‘Big Gesture’, die Terushima im Auge hatte. Da musste etwas anderes her. Etwas, das Shirabu seinen Stolz ließ und eigentlich hat er ursprünglich gedacht, dass nach Paris zu fliegen und Semi am Ohr aus Tendous Armen und zurück nach Tokio zu zerren genau das tun würde. Als er am Flughafen aber auf den Zug in die City wartete und Semi eine Nachricht geschrieben hat, dass er ihn treffen muss, wurde er das Gefühl nicht los, dass diese Aktion noch peinlicher und dümmer als die mit der Boombox und den Blumen werden sollte. Wir müssen reden! Heute, Eiffelturm, 8pm “Scheiß Semi-san!”, brüllte Shirabu am Bahngleis und raufte sich die Haare. Er ging im Schrei in die Hocke und quälte sich mit der Realisierung. Die Leute drehten sich nach ihm um, aber er scherte sich in dem Moment nicht darum. Er verstand sie und ihre komischen französischen Fragen auch gar nicht. Sein Herz machte Dinge, die es erst angefangen hat zu tun, seit er Semi kannte und die es auch nicht von Anfang an in diesem Ausmaß gemacht hat. Es quälte ihn, dass es immer intensiver wurde, je öfter sie sich gesehen haben und je näher sie sich gekommen waren. Am Anfang war es einfach, er konnte es der Aufregung zuschreiben. Weil klar, so sehr ihn Semi mit seiner besserwisserischen Art auch nervte, so aufregend war es, mit ihm zu streiten und mit ihm lernte Shirabu auch, dass er gerne stritt und neckte und ihn aus der Reserve lockte und dass er es mochte, wenn die Fetzen flogen und noch mehr wenn die Energie in Leidenschaft gewandelt wurde. Und Semi war so leidenschaftlich, dass es ihm die Luft zum Atmen raubte. Als würde ihm die Erinnerung daran einen Tritt geben, stand Shirabu wieder auf und sah auf sein Handy, das just in dem Moment vibrierte und den Nachrichtenton verlautete. Semi hat geantwortet. Shirabu wurde nervös. “Wenn er absagt, kann er gleich in scheiß fucking Paris bleiben, bis er alt und hässlich ist und keine schöne Stimme mehr hat”, knurrte er vor sich hin, verstummte aber sofort, als er die knappe Zusage las. Er wunderte sich, dass er es nicht hinterfragte. Hatte Semi etwa damit gerechnet? Shirabu wurde direkt wieder fuchsig. “Ich bin nicht durchschaubar”, fauchte er eine Frau an, die sich nur um sein Wohlergehen erkundigen wollte, aber sofort abgeschmettert wurde. Zum Glück kam dann auch schon der Zug, den Shirabu mit seinem kleinen Handgepäckskoffer unter Poltern betrat. Er besetzte die erste Reihe, die er sah und starrte dann stur gerade aus. In seinem Kopf rasten die Gedanken. Er stellte sich vor, Semi zu schubsen und ihm Vorwürfe zu machen, dass er nur mit ihm gespielt und ihn manipuliert hat. Seine Hände zitterten und Shirabu hatte sogar Angst, dass er vor Wut weinen würde, aber er hielt sich zurück. Die ganze Zugfahrt über war er weitestgehend still und schnaubte nur hier und da vor sich hin. Am Gare du Nord stieg er mit seinem Koffer hastig aus und kämpfte sich durch die Massen an Leuten. “Was haben die hier alle zu suchen?”, fluchte er vor sich hin. Hätte er wirklich hingesehen, dann hätte er erkannt: Sie suchten alle dasselbe. Paare fielen sich in die Arme, kleine Kinder liefen auf ihre Omas und Opas zu, Familien fanden wieder zusammen. Gute Freunde schlugen ein und sprachen über “Bière”. Die ein oder andere einsame Seele hing dafür am Telefon, hatte aber gar keinen so einsamen Ausdruck im Gesicht. Jemandem, der “Taxi” sagte, ging Shirabu schließlich nach, weil er dort auch den Hauptausgang erwartete und er wurde nicht enttäuscht. Draußen wollte seine Navigationsapp dann auch endlich ein Signal bekommen. Bettler, die ihn um “Petite Monnaie” baten, ignorierte er gekonnt und rempelte in seiner Konzentration sogar einen ebenso verloren gegangenen Passanten. “Scheiß Semi-san”, klang der Tenor seiner Gedanken wieder aus seinem Munde, aber er hatte auf dem Bildschirm endlich einen Punkt, dem er zum Hotel folgen konnte. Er hat es nicht weit weg vom Nordbahnhof gewählt, weil er es nicht kompliziert wollte, auch hatte er keine Lust, noch extra ein Taxi zu bezahlen. Er würde sich hier sowieso nicht lange aufhalten. In ein paar Tagen sollte es ja auch schon wieder heim gehen. Ob mit oder ohne Semi hing von seinem heutigen Erfolg ab. Im Hotel wurde er auf englisch begrüßt. Er war sehr froh, dass er das Nötigste besprechen konnte und dass er auf seinem Zimmer ein paar ruhige Minuten übrig hatte. Die Einrichtung war ihm egal. Sein Fokus lag nur auf diesem Treffen und bei seiner Predigt, die er Semi um die Ohren brüllen wollte. Shirabu kam absichtlich später. Unabsichtlich absichtlich. Natürlich hat er sich in dieser beschissenen Stadt verfahren und hat diesen bekloppten Eiffelturm erst nur vom Plateau aus gesehen und quälte sich mit dem Weg direkt dorthin. Auch mochte er dabei den matschigen Schnee nicht, der seine Schritte langsamer werden ließ, weil er sich nicht die Blöße geben wollte, zu fallen und dann vielleicht noch eingesaut vor Semis Augen zu treten. Ja, am liebsten würde er ihm den matschigen, kalten grausigen Schnee ins Gesicht werfen und gleich wieder umdrehen. Ja, genau das würde er machen. Er war gekommen, um etwas klarzustellen. Aber dann sah er Semi dort unter einer Laterne neben dem Eiffelturm mit seiner Gitarre und Semi sang. Den Blickkontakt hatte er schon ganz genau aufgebaut, dass es Shirabu nur kalt den Rücken hinunter lief. Scheiß Terushima hatte recht. So eine ’Big Gesture’ war wirklich nicht so verkehrt und riss sogar die restliche eingebrochene Mauer um Shirabus Herz hernieder. Genauso wie Shirabu Semi hernieder riss, in eine Umarmung, einen innigen Kuss und dem Wunsch, dass es nicht nur um a little bit of your love ging, sondern um das Echte. Um echte wahre Liebe, für die kein Weg zu weit war und deren Anwesenheit für Shirabu auch diese schreckliche, matschige Stadt für den Moment zu seinem Zuhause machen konnte. Oh, take his hand, you’ll be surprised Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)