Der Künstler im Moor von Lupus-in-Fabula (Halloweenevent) ================================================================================ Kapitel 3: Der Schatten der Vergangenheit ----------------------------------------- Einige Tage vorher Sie hatte nicht nach seinem Namen gefragt. Rosalina setzte sich senkrecht in die Badewanne. Dieser alte Mann hatte was an sich, dass sie anzog. Erinnerungen kamen in seiner Nähe hoch, die sie nicht haben konnte. Langsam tauchte eine Gestalt vor ihren Augen auf. Ein Mann in einem edlen Anzug. Seine Augen waren wunderschön, sein Lächeln schmeichelhaft. Er streckte seine Hand aus und sprach mit charmanter Stimme. Machte ihr Komplimente. Schenkte ihr ein Armband. Sie wollte zu ihm. Sie brauchte ihn. Mit lautem Herzklopfen griff die Frau nach der Seife. Wusch sich, während sie versuchte, diesen Mann zu vergessen. Sie ass den Rest des Willkommenkorbes, was nicht mehr so viel war, und ging diesen Tag durch. Es war bloss schade, dass ihre Schwester nicht da war. Auf einmal vermisste Rosalina Linda sehr. Ihr Herz schmerzte. Sie fühlte sich schwach und alleine. Vorsichtig tapste sie ins Schlafzimmer. Kramte kurz in ihrem Nachttischchen. Bis sie es fand. Ein laminiertes Foto von ihrer Schwester und ihr. Ihre ersten selbstgemachten Faschingskostüme. Sie war ein Schwan und ihre Schwester ein Krokodil. Ihre Schwester war stets die Stärkere. Apropos Schwester! Sie musste ihre Schwester kontaktieren. Das alte Tagebuch blieb bei ihr liegen, als Rosalina kurz vor der Abreise sie besuchte. Linda war nicht begeistert. Sie zeigte ihr den Vogel und sagte genervt: „Sis, du bist lost!“ Trotzdem hörte sie ihr zu, während sie ihre Nägel lackierte. Über das Geheimnis der Familie Hénin. Über ein verschollenes Gemälde. Einem unbekannten Künstler mit einem düsteren Mysterium. Bevor Rosalina ging, sagt Linda zu ihr: „Sis, bitte überlege es dir gut. Warum willst DU dieses Geheimnis lösen?"                                                                                      [***] Der Maler schüttelte den Kopf. „Bitte geht nach Hause, Mademoiselle. Morgen ist heiliger Sonntag.“ Die Adelige nickte. Sie war müde. So müde. Die Gerüchte stimmten. Dieser Maler hatte ein unheimliches Talent. Seine Gemälde waren voller Leben. Seine Porträts unbeschreiblich. Was man sich auch wünschte, wird in Erfüllung gehen. Er malte, ohne eine Gegenleistung zu verlangen. Allerdings bezahlte man eines Tages den höchsten Preis … Die Krähe folgte ihr bis zur Kutsche. Sie schwieg. Das Armband wiegte auf einmal schwer. Es brannte regelrecht auf ihrer weichen Haut. „Was soll ich nur tun? Oh, gnädiger Gott. Bitte hilf mir“, flehte sie. Das Flehen schmerzte den Kutscher. Auch er betete für das Seelenheil seiner Herrin. Im Kerzenlicht griff sie nach ihrem Tagebuch. Mit Tränen in ihren Augen schrieb sie den letzten Tagebucheintrag. In diesem Leben würde sie keine Lösung finden können.                                                                                          [***] „Ja, werde ich tun. Nochmals Danke für die Hilfe. Das Häuschen ist wunderschön! Ja, ich werde die Grüsse ausrichten. Ich werde vorsichtig sein mit meinen Nachforschungen.“ Während die Uhr Elf schlug, sah die Frau aus dem Fenster. Auf dem Dach sass eine Krähe. Als sie wegflog, erschrak Rosalina heftig. „Ich muss mich beruhigen. Vielleicht habe ich mich … Ich werde jetzt schlafen gehen.“ Der Schlaf war nicht erholsam. Ihre Träume waren wirr. Noé, der Mann aus den Notizen, sprach mit ihr. Er wartete auf sie. Er liebte sie immer noch von Herzen. Der alte Mann blickte mit seinen grauen Augen wohlwollend zu ihr. Wollte er sie vor was warnen? Sie sah ihre Schwester in einem altertümlichen Kleid. Mit ihren bunten Haaren und Piercings passte es einfach nicht. Überall waren Krähenfedern. Farbe, dessen Geruch ihr Übelkeit verursachte. Und der Duft von Weihrauch und Rosen. Sie schwitzte. Ihr drehte sich der Magen. Sie wachte auf. Jemand war mit ihr im Raum.                                                                                        [***] Tagebucheintrag 18XX 08. Dezember Mein Körper kann nicht länger auf der Welt verweilen. Mein Herz zersprungen. Ich versuchte, meine Schwester zu überflügeln. Ihre Schönheit und Anmut ist nicht zureichen. Sie wird der Familie Ehre machen. Ich versuchte, mit Hexerei und sündigen Methoden Rosalinde zu übertrumpfen. Ihr Herz ist voller Liebe zu mir. Sie schickte mir Joséphine, um über mich zu wachen. Und ich? War voller Missgunst und Eifersucht. Noé, was hast du mit meiner Seele getan? Ich liebe dich. Hoffentlich werden wir uns eines Tages wieder sehen. Warte auf mich.                                                                                     [***] Der Künstler blickte zum Mond. Hätte er dem Fräulein nicht helfen sollen? Er dachte, sie könnte den Fluch brechen. Dennoch, auch sie war zu schwach. Sie hatte sich von der Vergangenheit einlullen lassen. Langsam schritt er zurück in seine Hütte. Sein Blick glitt zu dem unvollendeten Gemälde. Ein Porträt einer hübschen jungen Frau mit unglücklichem Lächeln. Ihre Augen waren matt. Ganz anderes als das erste Porträt, das er für sie pinselte. Eine lebensfrohe junge Frau, die musikalische Talente besass. Die für eine Schwärmerei die Liebe ihrer Familie aufgab. Der Künstler seufzte und holte tief Luft. Langsam veränderte sich seine Gestalt. Sein Körper wurde knochiger. Seine Haare fielen aus. Seine Kleidung zerfloss. Aus seinem Schatten flog ein pechschwarzer Vogel hervor. „Joséphine? Du bist eine treue Begleiterin“, sprach er. Die Krähe plusterte sich auf. „Wir werden die Sœur deiner Herrin retten können.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)