You are my Perfect World von Platan (Perfect World Shipping Ficlets) ================================================================================ Moment 14: Sonnentag -------------------- Als Zwölfjähriger vor seinen Pflichten davonzulaufen war alles andere als erwachsen. Genau das sollte er aber eigentlich sein, weil es von ihm erwartet wurde, denn Flordelis war ein Nachfahre der Königsfamilie von Kalos. Dementsprechend hoch waren bereits die Erwartungen an ihn, eine gewöhnliche Kindheit konnte er sich nicht erlauben. Manchmal war Flordelis diese Pflichten aber einfach leid. Darum schlich er sich an einem sonnigen, wolkenlosen Tag aus dem prunkvollen Landsitz, hinaus in den übergroßen Rosengarten. Ihm blieben zumindest einige Minuten, bevor man ihn suchen würde, und um einige zusätzliche Sekunden zu gewinnen, entfernte er sich noch weiter vom Haus. Ziellos starrte er dabei ins Leere und ignorierte die Farbenpracht der Rosen um sich herum. Alle bezeichneten sie zwar als schön, doch Flordelis verstand das Konzept dahinter nicht. Angeblich sollte Schönheit etwas in einem auslösen, irgendein überwältigendes Gefühl. Leider war ihm diese Erfahrung in seinem bisherigen Leben verwehrt geblieben. Entweder stimmte etwas nicht mit ihm oder die anderen waren zu leicht zu begeistern. Oder beides. Plötzlich drang etwas an sein Ohr. Im ersten Augenblick klang es wie ein zartes Glockenspiel, in Wahrheit … lachte nur jemand fröhlich. Ganz in der Nähe. Daran war nichts ungewöhnlich und doch sorgte es dafür, dass Flordelis sich irritiert umsah. Schnell entdeckte er die Quelle des Lachens, nur wenige Meter von ihm entfernt. Ein Junge. Da war ein Junge im Rosengarten, den er noch nie zuvor gesehen hatte. Gehörte er zu jemandem vom Personal? Zum Gärtner vielleicht? Nein, etwas war seltsam. Zum einen die zahlreichen wilden Flabébés, die friedlich um den Jungen herum schwebten, fast als würden sie mit ihm tanzen. Normalerweise waren sie nicht derart zutraulich und verteilten sich überall zwischen den Rosen. Nun spielten sie mit diesem Kind wie mit einem engen Freund. Zum anderen sah der Junge sehr heruntergekommen aus. Sein schwarzes, kurzes Haar war stark zerwühlt und er trug verschmutzte Lumpen am Leib, die einige Löcher aufwiesen. Wenn Flordelis raten müsste, würde er ihn auf etwa sechs Jahre schätzen. Wer war dieses Kind? Um das herauszufinden, ging er langsam auf ihn zu, obwohl Flordelis es fast bedauerlich fand, ihn zu unterbrechen bei … was auch immer er genau dort tat. Lachend drehte er sich im Kreis, vollkommen auf die Flabébés konzentriert, und wirkte dabei so frei, dass Flordelis ein wenig neidisch war. Wenigstens konnte er bei dieser Lebhaftigkeit wohl davon ausgehen, dass es dem Kleinen gut ging. Zumindest, dachte er das … Erst aus der Nähe bemerkte er, in was für einem furchtbaren Zustand der Körper des Jungen war. Schrecklich abgemagert, übersät mit blauen Flecken und er war an der Stirn verletzt. Das Blut war getrocknet, trotzdem war Flordelis nun ernsthaft besorgt. „Verzeihung?“, sprach er ihn höflich und mit Haltung an, so wie er es gelernt hatte. „Mein Name ist Flordelis, ich bin der Sohn der Königsfamilie. Darf ich fragen, wer du bist? Brauchst du Hil-“ Ihm blieben die Worte im Hals stecken, kaum dass der Junge sich ihn zuwandte und ihn ansah. Seine grauen Augen leuchteten voller Leben und wirkten dadurch silbern, dazu lächelte er überaus herzlich. Etwas an diesem Anblick war … „Oh! Hallo~“, grüßte der Junge ihn gut gelaunt, mit einer melodischen Stimme. „Freut mich sehr, dich kennenzulernen. Ist das hier dein Garten?“ Schwungvoll breitete er nach dieser Fragen die Arme aus. „Er ist wunderschön! So viele Farben, versammelt an einem Ort! Das habe ich noch nie gesehen. Es ist wie in einem Märchen. Ich kenne ein tolles über ein Roselia. Wenn du magst, erzähle ich es dir gerne.“ Unbewusst hatte Flordelis den Atem angehalten und konnte den Jungen nur sprachlos ansehen. Woher kam dieses Glitzern um ihn herum? Waren dafür die Flabébés verantwortlich? Unmöglich, immerhin waren sie dabei sich rasch zurückzuziehen, nachdem Flordelis das Wort erhoben hatte. Woran lag es dann, dass die Ausstrahlung dieses Kindes so unbeschreiblich magisch erschien? Weil er so glücklich wirkte, trotz seiner offensichtlich schlechten Verfassung? War er davon so berührt? Unsicher presste Flordelis eine Hand auf seine Brust. Verwirrt neigte der Junge den Kopf. „Alles okay? Hast du Schmerzen? Brauchst du Hilfe?“ Sofort ging Flordelis nur ein Gedanke durch den Kopf: Zauberhaft. „Das … wollte ich dich fragen“, erwiderte er zögerlich. „Mich?“ Verwundert deutete das Kind auf sich selbst. „Aber mir geht es gut.“ Stirnrunzelnd schüttelte Flordelis den Kopf. „Danach siehst du nicht aus.“ „Wirklich?“ Prüfend sah der Junge an sich hinab und lachte verlegen. „Bin ich unpassend gekleidet?“ „Wie? Nein, so meinte ich das nicht ...“ Ein mildes Lächeln huschte über Flordelis' Lippen und da er für sein Alter schon ziemlich groß war, kniete er sich vor dem Jungen hin, damit dieser nicht mehr zu ihm hoch schauen musste. „Wie ist dein Name?“ „Platan.“ „Und was machst du hier?“, fragte Flordelis geduldig weiter. „Ich freue mich über die Rosen.“ Erneut breitete er die Arme aus und drehte sich einmal um sich selbst. „Sie sind so wunderschön~.“ Darauf nickte Flordelis knapp. „Ja, das sagtest du bereits. Aber wie bist du hierher gekommen?“ Blinzelnd lenkte Platan den Blick in den Himmel. „Das … weiß ich nicht mehr.“ Ein kleiner Junge namens Platan, der sich für sein Alter schon erstaunlich gut auszudrücken wusste, landete wie aus dem Nichts im Rosengarten der Königsfamilie von Kalos? Wahrlich geheimnisvoll. „Nun ...“ Flordelis richtete sich wieder auf und reichte ihm seine Hand. „Ich lade dich hiermit herzlich dazu ein, bei uns zu bleiben, bis deine Erinnerung zurückkehrt.“ Zuerst benötigte Platan dringend etwas zu essen und zu trinken. Außerdem musste er von einem Arzt untersucht werden. Ein warmes Bad und anständige Kleidung sollte er auch bekommen. Alles andere könnten sie danach klären. Seine Eltern würden ein Kind wie ihn bestimmt nicht abweisen. Freudig nahm Platan seine Hand – das war ganz schön gutgläubig von ihm, aber er war auch noch zu klein, um etwas Böses hinter diesem Angebot zu vermuten. „Danke, das ist lieb~.“ Nickend ging Flordelis mit ihm zusammen zurück Richtung Haus. Summend folgte Platan ihm. Irgendwie war diese Unbeschwertheit inspirierend. Besonders angesichts seiner Lage. „Dein Name war Flordelis, richtig?“, hakte Platan nach. „Richtig.“ Gut, er konnte sich neue Informationen noch merken. Mit etwas Glück war er demnach nicht zu schwer am Kopf verletzt und die Erinnerungslücke hatte einen anderen Grund. „Der Name gefällt mir~.“ Platan seufzte ergriffen. „Flordelis~. Das klingt wundervoll. Als wärst du selbst eine Rose.“ Für gewöhnlich konnte Flordelis mit Lob jeglicher Art nie sonderlich viel anfangen, auch wenn er es aus Höflichkeit stets annahm. Diesmal … freute er sich erstaunlicherweise aufrichtig darüber. Ihm kam es wie eine Ehre vor, von Platan gelobt zu werden. Von diesem Jungen, dem es gelungen war, auf Anhieb sein Herz zu erobern. Zum ersten Mal bekam Flordelis endlich eine grobe Vorstellung davon, was für eine Wirkung Schönheit besaß. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)