Sternschwingen von Flordelis ================================================================================ Eine Sternschnuppe und ein Dartiri ---------------------------------- [LEFT]»Toll, dass du den weiten Weg aus Escissia hierher gefunden hast. Ich bin Professor Platan! Na, macht dir das Reisen mit den Pokémon Spaß? Bist du schon vielen begegnet?«[/LEFT] [LEFT]Julie warf nur einen kurzen Blick auf das Mädchen, das ins Labor gekommen war. Etwa zehn Jahre alt, Pokébälle am Gürtel, die Tasche groß genug, um zahlreiche Items und leere Pokébälle mit sich zu führen. Hoffnungsvoll starrte sie Platan mit großen Augen an, während er ihren Pokédex kontrollierte und mit seiner charmanten Stimme kommentierte. Dabei lächelte und nickte er immer wieder, manchmal weiteten sich seine Augen erstaunt, was dafür sprach, dass sie einige seltene Pokémon auf dem Weg entdeckt hatte. Das übliche Verhalten also, wenn er wie jedes Jahr verschiedenen Kindern aus ganz Kalos ein Pokémon schenkte und sie auf ihre Reise schickte.[/LEFT] [LEFT]Und der einzige Punkt, wegen dem Julie je wütend auf ihn gewesen war.[/LEFT] [LEFT]Um fair zu sein, erinnerte sie sich selbst, kannte ich ihn damals auch nicht.[/LEFT] [LEFT]Seit sie ihn kannte, empfand sie es als unmöglich, je wütend auf ihn sein zu können. Außer wenn er all diese Trainer zu sich rief, die alle ihre eigenen Ziele verfolgten, mit den Pokémon, die er ihnen anvertraute und dem Pokédex, den er ihnen schenkte. Dann erinnerte sie sich immer an damals, vor knapp zehn Jahren, als sie selbst im richtigen Alter gewesen war, voller Pläne und Träume – die er unwissentlich mit einem einzigen Brief zerstört hatte.[/LEFT] [LEFT]Dummerweise brachten die neuen Trainer jedes Jahr diese alten Erinnerungen, inklusive der damit einhergehenden negativen Gefühle, wieder zurück. So auch an diesem Tag, selbst während sie versuchte, sich wieder auf die Daten direkt vor sich zu konzentrieren. Alle Buchstaben und Zahlen verschwommen vor ihren Augen und setzten sich zu jenem Brief zusammen, der damals ihr Leben nachhaltig beeinflusst hatte.[/LEFT] [LEFT] [/LEFT] [LEFT]Liebe Julie,[/LEFT] [LEFT]vielen Dank für deine Bewerbung um dein erstes Pokémon und einen Pokédex. Man merkte ihr die Liebe für Pokémon nicht nur an, sie war sogar so ansteckend, dass ich selbst fast wieder auf eine Trainerreise gegangen wäre.[/LEFT] [LEFT]Deswegen bedauere ich es sehr, dir diesen Brief schreiben zu müssen. Wie du sicher weißt, wähle ich jedes Jahr nur ein Kind aus jeder Stadt aus. Da ich nur eine begrenzte Anzahl an Pokémon vergeben kann, erfolgt diese Auswahl anhand bewährter Kriterien. Leider fiel die Entscheidung dieses Jahr auf ein anderes Kind aus Aquarellia.[/LEFT] [LEFT]Ich würde mich aber freuen, wenn ich nächstes Jahr noch einen deiner leidenschaftlichen Briefe bekommen könnte. Vielleicht gehen wir dann ja wirklich zusammen auf eine Trainerreise.[/LEFT] [LEFT]Behalte dir deine Liebe für Pokémon bei.[/LEFT] [LEFT]Liebe Grüße[/LEFT] [LEFT]Professor Platan[/LEFT] [LEFT] [/LEFT] [LEFT]Deprimiert ließ Julie den Brief sinken, der gerade ihren gesamten Traum zerschmettert hatte.[/LEFT] [LEFT]Ihre Mutter, die sie angespannt beobachtete, strich ihr sofort tröstend über den Kopf. »Es ist schon gut. Du kannst es doch wirklich nächstes Jahr noch einmal versuchen.«[/LEFT] [LEFT]Julie seufzte. »Ich schätze schon. Aber es ist so frustrierend. Ich habe mich schon richtig gut vorbereitet.«[/LEFT] [LEFT]Dabei klopfte sie auf die Tasche, die sie immer noch bei sich trug, worauf die Tränke und die Pokébälle, die sie sich mit ihrem Taschengeld eines ganzen Jahres gekauft hatte, leise klapperten.[/LEFT] [LEFT]»Das kannst du alles nächstes Jahr noch einsetzen«, sagte ihre Mutter lächelnd. »Und er hat ja geschrieben, dass er sich schon darauf freut, wieder von dir zu hören.«[/LEFT] [LEFT]Julie war sich nicht einmal sicher, ob der Brief ernst gemeint war. Sicher, er war handgeschrieben und ihm haftete ein schwacher Parfümduft an, aber das musste ja nichts heißen. Vielleicht war er nicht mal vom Professor selbst und es waren alles nur irgendwelche Satzbausteine, klug ausgewählt, um Kinder nicht direkt zu sehr zu enttäuschen. Bei ihr hatte dieser Professor damit auf jeden Fall keine guten Karten, denn sie glaubte ihm das alles nicht. Auch wenn sie erst zehn war. Wahrscheinlich war er nur ein weiterer Erwachsener, der Kinder einfach nicht ernst nahm.[/LEFT] [LEFT]»Soll ich dir zum Trost einen Pudding kochen?« Während ihre Mutter versuchte, sie irgendwie abzulenken, dachte Julie darüber nach, wer aus der Stadt wohl ausgesucht worden war und nickte deswegen nur gedankenverloren.[/LEFT] [LEFT]Vielleicht Emilio? Nein, der hatte kein Interesse an Pokémon. Wendy? Unmöglich, sie liebte die Schule zu sehr, um diese für eine Trainerreise zu unterbrechen. Orso? Absolut nicht, der warf sogar Steine auf kleine Pokémon. Am ehesten kam Sannah in Frage – und da könnte Julie nicht einmal sauer sein, jedenfalls nicht auf das Mädchen selbst, denn Sannah war immer nett zu ihr gewesen.[/LEFT] [LEFT]Aber auf den Professor und dieses dumme Schreiben, in dem er ihr sogar Hoffnung für ein mögliches nächstes Jahr machte, konnte sie durchaus wütend sein. Warum sollte sie überhaupt warten? Sie wusste, dass sie Trainerin werden wollte und darin ganz bestimmt großartig wäre, ein fehlendes erstes Pokémon und ein nicht vorhandener Pokédex sollten sie nicht von ihrem Ziel abhalten! Sie würde sich einfach ein wildes Pokémon fangen – wofür hatte sie denn all diese Bälle? Dann würde sie ganz locker Champ werden und diesem Professor ins Gesicht lachen, wenn er sie wegen irgendetwas um Hilfe bat! Ja, genau so würde sie es machen.[/LEFT] [LEFT]Ihr finsterer Gesichtsausdruck brachte ihre Mutter offenbar zu einer Überzeugung: »Ich koche dir einen Trost-Pudding.«[/LEFT] [LEFT]Leise ächzend stand sie auf, darauf bedacht, das schlafende Baby auf ihrem Arm – Cecibel, Julies Schwester – nicht zu wecken. Normalerweise hätte Julie sie nun davon abzubringen versucht, damit ihre Mutter sich eher ausruhte, solange Cecibel das zuließ. Aber heute wartete sie, bis ihre Mutter in der Küche verschwunden war und dort Geschirr klapperte.[/LEFT] [LEFT]Erst dann stand sie auf und schlich zur Haustür.[/LEFT] [LEFT]Doch auf halbem Weg wurde sie auf ein fragendes Knurren aufmerksam. Julie hielt inne und erwiderte Snubbulls Blick. Das Hauspokémon ihrer Mutter hatte sie fast schon vergessen, aber er starrte sie an, vor allem ihre volle Tasche – ein untrügliches Zeichen, dass sie nicht einfach nur kurz vor die Tür gehen würde. Sie hielt sich einen Finger an die Lippen und flüsterte: »Bitte sag ihr nichts, Mama würde mir bestimmt verbieten, ganz allein ein Pokémon zu fangen.«[/LEFT] [LEFT]Snubbull stieß ein Schnauben aus, als wolle er ihrer Mutter zustimmen. Prima, nun stand ihr nicht nur dieser Professor bei der Erfüllung ihres Traums im Weg, sondern auch das Snubbull ihrer Mutter.[/LEFT] [LEFT]»Ich passe auch auf, versprochen. Und ich bin bald wieder da.«[/LEFT] [LEFT]Da er immer noch zweifelte, legte sie mit ihrer letzten Möglichkeit nach: »Wenn ich wiederkomme, kriegst du einen Snack von mir.«[/LEFT] [LEFT]Das überzeugte Snubbull anscheinend, denn er kehrte, ohne einen weiteren Ton von sich zu geben, in sein Bettchen zurück. Sein Blick blieb immer noch auf ihr, aber das war nur seine übliche Art, ihr zu sagen, dass sie sich beeilen sollte, weil er seinen Snack wollte. Wären nur alle Probleme so einfach lösbar.[/LEFT] [LEFT]Kaum draußen, rannte Julie so schnell sie konnte – was zugegeben nicht sehr schnell war – über die Brücke in Richtung von Route 2. Sie hatte alles darüber gelesen, wie man Pokémon am besten fing, also würde sie das geschafft haben, bevor ihre Mutter überhaupt bemerkte, dass sie nicht mehr da war. Jedenfalls war es das, was sie in diesem Moment selbst noch fest glaubte.[/LEFT] [LEFT] [/LEFT] [LEFT]Ein paar Stunden später, als die Sonne bereits unterzugehen begann, wurden Julie zwei Dinge schmerzlich bewusst: Nur über das Fangen von Pokémon zu lesen, war einfach nicht genug. Und ein wildes Pokémon ohne ein eigenes zu fangen, war ziemlich gefährlich.[/LEFT] [LEFT]Nachdem ein Raupy versucht hatte, sie mit einem Fadenschuss einzuspinnen, ein Zigzachs ihre Hand zerkratzt hatte und ein Taubsi ihr fast ihre Brille geklaut hätte, war Julie plötzlich gar nicht mehr so sehr davon überzeugt, ob sie eine Trainerreise überstehen könnte. Sicher, es war etwas anderes, wenn man ein Pokémon bei sich hatte – aber der verdammte Professor hatte ihr keines gegeben! Er war also schuld, dass sie sich hier gerade abmühte, nicht sie selbst oder ihre überzogenen Vorstellungen![/LEFT] [LEFT]Nachdem sie sich derart wieder in ihre rebellische Einstellung hineingefunden hatte, fasste sie den Eingang zum Nouvaria-Wald ins Auge. Normalerweise war er tabu, weil dort natürlich noch mehr wilde Pokémon lauerten, noch dazu wurde es rasch immer dunkler. Aber sie weigerte sich, ohne ein Pokémon nach Hause zurückzukehren. Besonders nachdem sie nun schon so lange unterwegs war, käme es ihr wie eine Niederlage gleich, wenn sie einfach zurückging.[/LEFT] [LEFT]Hinter sich hörte sie ein Taubsi mit dem Schnabel klackern, als wolle es sich über sie lustig machen. Das überzeugte sie davon, den Rücken durchzustrecken und entschlossen in den Wald hineinzumarschieren.[/LEFT] [LEFT]Kaum unter den dichten Baumkronen schien das letzte Licht des Tages zu verblassen und jedes Geräusch zu dämpfen. Selbst ihre eigenen Schritte waren plötzlich leise. Neben ihr raschelte ein Gebüsch, irgendwo zwitscherte ein Vogel-Pokémon. Panik stieg in ihr auf, drohte sie zu überwältigen, aber sie zwang sich selbst dazu, erst einmal tief durchzuatmen.[/LEFT] [LEFT]»Hier ist nichts gefährlich«, murmelte sie sich selbst zu, während sie langsam voranschritt.[/LEFT] [LEFT]Ihr Herzschlag hämmerte in ihren Ohren.[/LEFT] [LEFT]»Du willst nur ein Pokémon, dann bist du schon wieder draußen ...«[/LEFT] [LEFT]Neben dem Pfad wuchs hohes Gras, das bei Tag dunkelgrün war, bei Nacht aber regelrecht schwarz, und in dem sich manchmal auch wilde Pokémon verbargen. Sie stellte sich vor, wie unzählige unsichtbare Augen sie aus diesem Gras heraus beobachteten, man leise über sie kicherte und schon die Zähne bleckte …[/LEFT] [LEFT]Nein, nein, nein! Es gab hier keine menschenfressenden Pokémon.[/LEFT] [LEFT]Das Gras raschelte.[/LEFT] [LEFT]Zumindest gab es sie bislang hier nicht und auch nur, soweit sie wusste.[/LEFT] [LEFT]Das Rascheln näherte sich ihr.[/LEFT] [LEFT]Aber Pokémon wanderten manchmal und suchten sich neue Lebensräume.[/LEFT] [LEFT]In der Dunkelheit sah sie nur einen Schatten, der sich durch das Gras bewegte.[/LEFT] [LEFT]Und vielleicht gab es hier auch Geister.[/LEFT] [LEFT]Schweißtropfen bildeten sich auf Julies Stirn. Was, wenn es am Ende wirklich ein Geister-Pokémon war, das einfach ihre Seele verputzte? Dann wäre sie hier draußen gestorben – und das nur, weil dieser Pokémon-Professor ihr kein Pokémon hatte geben wollen![/LEFT] [LEFT]Die Wut überkam ihre Furcht für einen Moment wieder. Wenn sie hier jetzt weglief, könnte sie ohnehin keine Trainerin werden. Aber sie hatte keine Angst vor Geister-Pokémon![/LEFT] [LEFT]Breitbeinig, die Arme in die Hüfte gestemmt – und dennoch zitternd – erwartete sie, welches Pokémon auch immer sich ihr gleich zeigen würde.[/LEFT] [LEFT]Das Rascheln näherte sich dem Rand des Grases, dann hüpfte ein Schatten auf den Weg, den Julie schnell erkannte: »Ein Pikachu?«[/LEFT] [LEFT]Derart angesprochen wandte das Pikachu – ein Männchen, wie sie am Schweif erkannte – sich ihr zu und musterte sie mit großen Augen. Er neigte den Kopf, als fragte er sich, was Julie hier eigentlich machte. Langsam griff sie nach einem Pokéball, dabei redete sie beruhigend auf ihn ein. Pikachu blinzelte nur. Nicht einmal er schien sie ernst zu nehmen.[/LEFT] [LEFT]Kaum hielt sie den Ball in der Hand, schleuderte sie ihn zielsicher auf Pikachu.[/LEFT] [LEFT]Doch er wehrte ihn einfach mit seinem Schweif ab.[/LEFT] [LEFT]Der Ball landete untätig im Gras. Wütend warf sie einen weiteren, dem Pikachu locker auswich. Auch die nächsten drei Versuche wurden viel zu problemlos abgewehrt.[/LEFT] [LEFT]»Pika!«, verkündete er strahlend.[/LEFT] [LEFT]Während er das Spiel lustig zu finden schien, stieg in Julie die Frustration und die Erschöpfung. Der letzte Ball, den sie warf, landete nur wenige Zentimeter von ihr entfernt, nach einem Flug, der kein richtiger gewesen war. Pikachu und sie starrten ihn für einen Moment an, dann begegneten sich ihre Blicke. In einer Serie oder einem Film, hätte Pikachu sich ihr nun als neuer Freund und Pokémon-Partner angeboten – aber in der Realität stieß er nur ein »Chu!« aus, ehe er eine Pfote hob und dann einfach in die Dunkelheit verschwand.[/LEFT] [LEFT]Kaum allein ließ sie sich seufzend rückwärts auf den Boden fallen. Die Erschöpfung und die Frustration forderten ihren Tribut, sie konnte nicht einmal mehr wirklich wütend sein, sie war einfach nur … müde. Am liebsten wäre sie direkt in ihr Bett gekrochen und bis nächstes Jahr nicht mehr herausgekommen. Aber sie war mitten im Wald. Im Dunkeln. Allein.[/LEFT] [LEFT]Durch die Baumkronen hindurch sah sie den klaren Nachthimmel. Außerhalb der Stadt waren so viele Sterne sichtbar, dass Julie sich noch kleiner und unbedeutender fühlte. Was immer sie hier tat, übte keinen Einfluss auf irgendetwas da oben aus, nicht einmal wenn sie wirklich einen Partner fände. Alles war … unwichtig, genau wie sie, das zeigte sogar ihr Vater ihr seit letztem Jahr deutlich. Diese Reise hätte ihr Mittel sein sollen, ihm (und ihr selbst) das Gegenteil zu beweisen. Aber das Universum gönnte ihr das nicht, es stimmte ihrem Vater zu.[/LEFT] [LEFT]Auch ihr Zorn auf den Professor verrauchte langsam, es war nicht seine Schuld, dass sie hier war. Er war immerhin eine bedeutende Person, vielleicht hatte er einfach im Vorfeld erkannt, wie unerheblich und untalentiert sie war und ihr deswegen kein Pokémon geben wollen. Und in diesem Moment war sie sogar bereit, das ebenfalls zu glauben.[/LEFT] [LEFT]Aber warum sollte sie dann überhaupt noch aufstehen und wieder gehen? Wenn es ihr, gerade nach dem Zwischenfall mit ihrem Vater letztes Jahr, nicht einmal vergönnt war, ihren einzigen Traum zu leben – Pokémon-Trainerin zu werden –, warum dann überhaupt weitermachen?[/LEFT] [LEFT]»Nur ein Zeichen«, murmelte sie. »Wenn das Universum mir nur ein Zeichen schickt, dann gehe ich nach Hause und versuche es nächstes Jahr wieder.«[/LEFT] [LEFT]Wenn er sie dann nochmal ablehnte …[/LEFT] [LEFT]Sie unterbrach sich selbst in ihren Gedanken, als plötzlich ein helles Licht über den Himmel zog und dabei einen Schweif hinter sich herzog. Ihr Herz schlug augenblicklich schneller.[/LEFT] [LEFT]Eine Sternschnuppe![/LEFT] [LEFT]Es war die allererste in ihrem Leben und es konnte kein Zufall sein, dass sie ihr gerade in diesem Moment erschien. Sie war so aufgeregt, dass sie fast sogar vergaß, sich etwas zu wünschen. Der Schweif verblasste bereits, als sie die Augen zusammenkniff.[/LEFT] [LEFT]Bitte schick mir einen Pokémon-Partner. Das ist alles, was ich mir wünsche.[/LEFT] [LEFT]Auch wenn es nicht funktionierte, war das Zeichen genug. Ein Partner, mit dem sie dieses Jahr schon die Reise anfangen könnte, wäre aber auch wunderbar.[/LEFT] [LEFT]Ohne es zu sehen, spürte sie, wie jemand sie anstarrte. Konnte ihr Wunsch so schnell erfüllt worden sein?[/LEFT] [LEFT]Sie öffnete ihre Augen und drehte den Kopf. Neben ihr saß ein Hornliu – und dessen Blick war überraschend finster. Hornliu zischte angriffslustig. Erschrocken fuhr Julie in eine aufrechte Position und kroch rückwärts davon.[/LEFT] [LEFT]»Gutes Hornliu, braves Hornliu.« Beschwörend sprach sie auf das Pokémon ein, hoffend, dass es sich davon beeinflussen ließ, aber sein düsterer Blick erhellte sich nicht.[/LEFT] [LEFT]Hornlius sahen harmlos aus, aber sie wusste, dass die Stacheln auf ihren Köpfen giftig waren und sie diese bei Gefahr auch rücksichtslos einsetzten. Warum sah es sie aber als Gefahr an?[/LEFT] [LEFT]Darauf erhielt sie keine Antwort, während das Hornliu die entstandene Distanz wieder ausglich.[/LEFT] [LEFT]»Bitte tu mir nichts«, murmelte sie schließlich. »Ich wollte doch gar nicht hier sein ...«[/LEFT] [LEFT]Sie sollte einfach aufstehen und weglaufen, aber ihre Beine weigerten sich, diesem Befehl Folge zu leisten. Das sollte sie wieder ärgerlich stimmen, aber stattdessen erfüllte es sie nur mit Verzweiflung. Ihre Trainerreise würde enden, noch bevor sie begonnen hatte. Bestimmt hatte der Professor das auch vorhergesehen und sie deswegen abgelehnt. Wer schenkte einem Kind, das sich so leicht vergiften ließ, schon ein Pokémon? Professor Platan hatte die ganze Zeit recht gehabt ...[/LEFT] [LEFT]Gerade als Hornliu zu einem Angriff ansetzte und Julie ihren Arm hochriss, um sich doch noch irgendwie zu schützen, schoss plötzlich etwas aus einem Baum heraus. Ein lautes Zwitschern ertönte, dann erhellte ein Feuerball die Nacht. Hornliu wurde getroffen und zurückgeschleudert. Es rappelte sich sofort wieder auf, schüttelte den Kopf und verschwand nach einem letzten wütenden Blick auf Julie im hohen Gras.[/LEFT] [LEFT]Julies Herz schlug so heftig, dass es regelrecht schmerzte. Aber sie erlaubte sich nicht, sich zu entspannen. Was auch immer sie gerettet hatte, war wahrscheinlich nur selbst daran interessiert, ihr etwas zu tun. Sie müsste ihr Schicksal nur noch akzeptieren, deswegen schloss sie die Augen, entschuldigte sich innerlich bei ihrer Mutter, dass sie nicht mehr nach Hause käme, bei ihrer kleinen Schwester, die sie niemals richtig kennenlernen würde, und bei Snubbull, der nun auch keinen Snack mehr von ihr bekäme. Ihrem Vater wäre es bestimmt egal, wenn sie nicht zurückkäme, also entschuldigte sie sich nicht einmal in diesem Moment.[/LEFT] [LEFT]Etwas Leichtes setzte sich auf ihren immer noch erhobenen Arm, wieder dieses Zwitschern, diesmal sanft und beruhigend. Es fühlte sich nicht an, als wäre sie in Gefahr.[/LEFT] [LEFT]Zögerlich öffnete Julie ihre Augen. Auf ihrem Arm saß ein kleines Vogel-Pokémon, das sie aufmerksam mit seinen schwarzen Knopfaugen ansah, ein wenig als wolle es sie fragen, ob es ihr gut ging. Vielleicht stellte sie sich das aber auch nur vor, weil sie gerade wirklich gern jemanden hätte, der sie das fragte.[/LEFT] [LEFT]»Ein Dartiri«, stellte sie murmelnd fest, als ihr der orange-farbene Kopf auffiel, genau wie der graue Körper und die schwarzen Schwanzfedern.[/LEFT] [LEFT]Das Pokémon zwitscherte zuversichtlich, dann neigte es den Kopf.[/LEFT] [LEFT]»M-mir geht es gut, danke.« Sie atmete durch. »Du hast mich gerettet.«[/LEFT] [LEFT]Dartiri streckte stolz zirpend die Brust raus. Dann sah er sie geradezu erwartungsvoll an. Aber sie konnte seinen Blick nur verständnislos erwidern. »Was willst du?«[/LEFT] [LEFT]Ihre Verwirrung veranlasste ihn dazu, ihr etwas vorzusingen. Der Klang war beruhigend, aber als sie ihn dann immer noch nicht verstand, flatterte er von ihrem Arm auf den Boden hinunter und hüpfte dort zu einem der Pokébälle, die noch immer von ihren Fangversuchen bei Pikachu herumlagen. Er zwitscherte etwas, stieß den Ball an, dann sah er Julie wieder erwartungsvoll an.[/LEFT] [LEFT]»Du willst … mit mir kommen?«[/LEFT] [LEFT]Ein zustimmendes Zirpen.[/LEFT] [LEFT]Warum?[/LEFT] [LEFT]Hatte Dartiri etwa Mitleid mit ihr? Machte er sich vielleicht Sorgen, dass sie nicht nach Hause käme, wenn er nicht mit ihr ging? Nein, es musste irgendeinen anderen Grund geben, den sie nur nicht erahnen konnte.[/LEFT] [LEFT]Sie fragte es nicht, denn sie würde die Antwort nicht einmal verstehen. Aber sie könnte ihm erklären, warum das nicht funktionierte. Deprimiert zog sie die Beine an ihren Körper und schlang dann ihre Arme darum.[/LEFT] [LEFT]»Ich kann das nicht. Der Professor hatte recht, ich bin einfach eine Versagerin.« Das hatte er so zwar nie gesagt oder geschrieben, aber bestimmt hatte er es gespürt oder an ihrem Brief ablesen können. »Und dann habe ich mich auch noch selbst in Gefahr gebracht, nur weil ich wütend war. Jemand wie ich kann keine Pokémon-Trainerin sein. Und schon gar kein Champ.«[/LEFT] [LEFT]Die Erkenntnis schmerzte in ihrer Brust, aber irgendwann würde das bestimmt nachlassen.[/LEFT] [LEFT]»Du solltest also lieber auf jemanden warten, der das Zeug dafür hat, ein Champ zu werden.«[/LEFT] [LEFT]Dartiri musterte sie weiterhin, neigte den Kopf von der einen auf die andere Seite. Sie erwiderte seinen Blick bedrückt, in der Erwartung, dass er jeden Moment das Interesse verlieren und davonflattern würde. Doch stattdessen begann er wieder ein beruhigendes Lied zu singen. Vielleicht erklärte er ihr damit gerade seine Beweggründe, die sie nicht verstehen konnte, oder ihm war einfach nur danach. Es klang auf jeden Fall wunderschön, fühlte sich an wie Balsam auf ihrer Seele und sie hätte es gern noch öfter in ihrem Leben gehört.[/LEFT] [LEFT]Zum Schluss des Liedes blickte Dartiri nach oben. Sie folgte seinem Blick, bis sie die Sterne sehen konnte – und da glaubte sie, zu wissen, was er ihr mitteilen wollte: »Du hast gehört, wie ich mir ein Zeichen gewünscht habe?«[/LEFT] [LEFT]Zustimmendes Zwitschern.[/LEFT] [LEFT]»Dann willst du mein Pokémon-Partner sein? Obwohl ich so eine Versagerin bin?«[/LEFT] [LEFT]Dartiri widersprach empört, nur um dann zu nicken. Da sie immer noch zögerte, schob Dartiri den Pokéball in ihre Richtung und trällerte noch einmal. Als sie den Ball in die Hand nahm, hüpfte er ein wenig aufgeregt.[/LEFT] [LEFT]»Du bist dir wirklich sicher? Wenn du mein Pokémon-Partner bist, werden wir auf eine Reise gehen. Wir werden Arenen besuchen und Orden erringen und versuchen, Champ zu werden. Aber wahrscheinlich werde ich auf halbem Weg aufgeben, weil sich mir ein Hindernis auftut. Willst du also wirklich mit mir kommen?«[/LEFT] [LEFT]Dartiri blinzelte noch einmal, während er sich das entweder durch den Kopf gehen ließ – oder er hatte kein Wort verstanden und fragte sich nur, warum sie so zurückhaltend war. Schließlich wog er seinen kleinen Körper hin und her und zwitscherte noch einmal, ehe er mit dem Schnabel gegen den Pokéball stieß. Er hatte sich entschieden. Wie könnte sie ihm da noch widersprechen?[/LEFT] [LEFT]Sanft drückte sie den Pokéball gegen seine kleine Stirn, worauf er sich in ein blau-weißes Licht auflöste und in den Ball hineingezogen wurde. Dieser vibrierte kurz in ihrer Hand, dann zeigte der Knopf an, dass Dartiri sicher eingefangen war.[/LEFT] [LEFT]Ich habe … ein Pokémon gefangen. Das hat wirklich funktioniert![/LEFT] [LEFT]Euphorie durchströmte sie bei dieser Erkenntnis und brachte ihren Beinen auch ihre Stärke zurück. Sie sprang auf und hob den Ball in die Luft. »Ich habe einen Pokémon-Partner!«[/LEFT] [LEFT]Der Wald antwortete ihr darauf mit raschelndem Gebüsch und rauschendem Gras, aber es war nicht mehr weiter unheimlich. Sie hatte einen Partner, der sich ihr sogar freiwillig angeschlossen hatte, als wäre er ihr von der Sternschnuppe selbst geschickt worden. Nun stand ihr wieder alles offen, sie könnte ihre Reise beginnen und vielleicht sogar gegen den Champ kämpfen. Nein, sie könnte der Champ werden! Es würde nur etwas Vertrauen erfordern, das sie allein durch dieses kleine Pokémon schon gewonnen hatte.[/LEFT] [LEFT]Sie drückte den Ball an ihre Brust und atmete tief durch. »Danke, Sternschnuppe. Danke, Dartiri.«[/LEFT] [LEFT]Es kam ihr vor, als vibrierte der Ball ein wenig, fast beruhigend, als würde er noch einmal für sie singen. Sie lächelte glücklich, dann schlug sie den Weg nach Hause ein, wo ihre Mutter sich bestimmt schon wahnsinnige Sorgen um sie machte. Aber in diesem Moment zählte für sie nur, dass sie endlich einen Pokémon-Partner hatte, sie ihre Reise direkt morgen beginnen könnte und sie nicht bis nächstes Jahr warten müsste. Sie war bereit, egal, was Professor Platan geschrieben hatte – und das war im Moment wichtiger für sie als alles andere auf der Welt.[/LEFT] Eine Sternschnuppe und ein Professor ------------------------------------ [LEFT]Julie hatte es korrekt vorhergesehen: Sie war mit Dartiri losgezogen, um ihre Pokémonreise zu beginnen, hatte andere Pokémon gefangen, Orden errungen und das gesamte westliche Kalos erkundet. Dabei hatte sie auch fünf Kinder getroffen, die von Professor Platan ausgewählt worden waren – Sannah gehörte tatsächlich dazu – und dadurch war ihre Wut auf den Professor direkt wieder neu aufgeflammt: Zwei der Kinder waren aus Escissia, er war der Sohn von Trainer-Veteranen, sie dagegen erst neu dazugezogen, als Tochter einer berühmten Rihorn-Jockey, und dieser VIP-Bonus hatte ihr offenbar auch ein Pokémon eingebracht. Entgegen des eigentlichen Vorsatzes des Professors.[/LEFT] [LEFT]Die neu angefachte Wut trug Julie durch die ersten vier Arenen und alle möglichen Gegenden und Unfälle, so dass sie allen Widerständen zum Trotz schließlich zum zweiten Mal nach Illumina City kam, wo sie im Prismaturm um den fünften Orden kämpfte – nur um zu verlieren und zwar so haushoch, dass nicht einmal mehr ihr Zorn ihr weiterhalf.[/LEFT] [LEFT]Blass verabschiedete sie sich von Arenaleiter Citro, nachdem er sein Bedauern darüber ausgedrückt hatte, und verließ den Prismaturm wieder, nur um wenige Schritte entfernt von diesem, mitten in der Stadt, zu Boden zu sinken.[/LEFT] [LEFT]Eigentlich müsste sie daran nicht verzweifeln, denn sie könnte es einfach noch einmal versuchen, so oft, wie sie wollte, bis sie es schaffte. Aber dass sie nicht einmal ein einziges Pokémon von Citro hatte besiegen können (während ihr eigenes Team problemlos fertiggemacht worden war), empfand sie als derart demütigend, dass sie ihm eigentlich nicht noch einmal unter die Augen treten wollte.[/LEFT] [LEFT]In die Wildnis hinauszuziehen und ihre Pokémon zu trainieren oder neue zu fangen, erschien ihr noch dazu wie ein riesiger Rückschritt, den sie sich nicht leisten wollte. Sie wusste, dass Sannah und die anderen von Platan Auserwählten sogar Kämpfe gegen Team Flare bestritten hatten, einer Gruppe von Terroristen, die Kalos in Unruhe versetzten – wie sollte sie je mit ihnen allen mithalten können? Wie gegen solche Rivalen gewinnen, wenn sie auch den Champ-Titel anstrebten?[/LEFT] [LEFT]Vielleicht war dem Professor ja auch schon beim Lesen ihres Briefs bewusst gewesen, dass sie dazu neigte, aufzugeben, wenn das Hindernis ihr zu groß schien?[/LEFT] [LEFT]Kein Wunder, dass er ihr kein Pokémon hatte geben wollen. Sie hätte sich auch keines gegeben. Was ihre Wut nach der Absage nur noch lächerlicher erscheinen ließ.[/LEFT] [LEFT]Und so saß sie nach einer gefühlten Ewigkeit immer noch da, als einer ihrer Pokébälle vibrierte und im nächsten Moment Dartignis neben ihr erschien. Dartiris Weiterentwicklung war größer und sein Blick war nun finsterer, aber ansonsten erinnerte er sie immer noch an jenes kleine Pokémon, das sie vor wenigen Wochen im Nouvaria-Wald gerettet hatte.[/LEFT] [LEFT]Dartignis zwitscherte etwas, worauf sie leise seufzte. »Ich hab dir gleich gesagt, dass ich nach der Hälfte aufgeben werde. Ich bin ohnehin schon erstaunt, dass ich es so weit geschafft habe.«[/LEFT] [LEFT]Rein durch ihre Wut angetrieben. Und ein wenig Glück, dass sie immer die passenden Pokémon bei sich gehabt hatte. Eigentlich war das Ende schon absehbar gewesen.[/LEFT] [LEFT]»Bist du jetzt enttäuscht?«[/LEFT] [LEFT]Sie erwartete, dass er sich von ihr abwenden würde, doch stattdessen schmiegte er sich an sie und zwitscherte aufmunternd. Lächelnd strich sie ihm über den Kopf. Ohne ihn wäre sie nie so weit gekommen, das ließ sie ihn auch direkt wissen. »Danke für dein Vertrauen.«[/LEFT] [LEFT]Darauf trällerte Dartignis leise.[/LEFT] [LEFT]Für diesen kurzen Moment existierten selbst hier nur sie beide – weswegen Julie zusammenzuckte, als plötzlich eine Stimme neben ihr erklang: »Ihr steht euch wirklich nahe, wie schön~.«[/LEFT] [LEFT]Ohne dass es ihr bewusst gewesen war, hatte sich ein Mann neben sie gehockt. Seine grauen Augen musterten sie beide sanft und glitzerten ein wenig, während er über den Anblick lächelte. Sein schwarzes Haar war auffällig frisiert und saß dabei überraschend gut. Der von ihm ausgehende Duft erinnerte Julie an irgendetwas, aber sie war zu sehr damit beschäftigt, gegen ihre Schüchternheit anzukämpfen, um sich darauf zu konzentrieren. Während der Reise war es ein wenig besser geworden, aber es fiel ihr immer noch schwer, mit Fremden zu reden, besonders wenn sie diesen in die Augen sah. Deswegen blickte sie auf ihre Beine hinab – so dass ihr ärgerlich auffiel, dass die Hose an ihren Knie fast durchgescheuert war, wahrscheinlich war sie zu oft hingefallen. Wenigstens half ihr der Ärger darüber, dass sie einfach antworten konnte: »Ja, das tun wir. Wir sind ja auch … schon eine Weile zusammen.«[/LEFT] [LEFT]Der Fremde hob den Blick zum Prismaturm. »Habt ihr gerade die Prüfung gemacht?«[/LEFT] [LEFT]Warum waren manche Fremde so neugierig? Nach anderen Arenen war sie das auch gefragt worden, aber da waren ihre Antworten positiv gewesen und es hatte sie nicht gestört. Hier jedoch …[/LEFT] [LEFT]»Wir haben verloren«, sagte sie leise. »Und wir werden es nicht noch einmal versuchen.«[/LEFT] [LEFT]Sie nahm das direkt vorweg, denn sie wollte von niemandem, erst recht nicht von einem Fremden, irgendwelche aufmunternden Worte über einen Zweitversuch. Und damit er auch gar nicht erst versuchte, sie doch zu überzeugen, fügte sie direkt noch etwas hinzu: »Das ist einfach nichts für uns.«[/LEFT] [LEFT]Und dann sagte er etwas, was sie überraschte: »Das verstehe ich. Herauszufinden, was nichts für einen ist, das ist auch ein wichtiger Bestandteil der Trainerreise.«[/LEFT] [LEFT]Sie hob den Blick wieder, um ihn anzusehen. Inzwischen lächelte er nicht mehr einfach nur, er wirkte richtig begeistert.[/LEFT] [LEFT]»Viele Trainer erkennen auf dem Weg, dass es ihnen gar nicht darauf ankommt, der Beste zu sein«, fuhr er fort. »Manche wollen doch nur alle Pokémon treffen, andere wollen einfach nur schöne Erinnerungen sammeln. Und wieder anderen, so wie mir, wird klar, dass sie die Pokémon lieber erforschen wollen.«[/LEFT] [LEFT]Als er das erwähnte, fiel ihr auf, dass er einen weißen Kittel trug. So wie jene, die bei ihrem Vater im Schrank hingen. Das erhöhte nicht unbedingt ihre Sympathie für diesen Fremden. Obwohl sie zugeben musste, dass seine Begeisterung sie unbedingt anstecken wollte, sie sich aber standhaft weigerte das zuzulassen. Jedenfalls war sie dankbar, dass er nicht versuchte, sie von etwas zu überzeugen, stattdessen lächelte er sie an. »Und wenn du dir heute noch nicht sicher bist, was genau du machen willst, hast du immerhin noch Zeit dafür. Du musst dich nicht jetzt entscheiden. Weißt du, als ich noch jung war-«[/LEFT] [LEFT]»Warum machen Sie das?«, unterbrach Julie ihn. »Warum muntern Sie mich auf? Sie kennen mich doch gar nicht.«[/LEFT] [LEFT]Und sie bezweifelte, dass es normal war, dass Fremde sich so sehr dafür einsetzten irgendwelche deprimierten Kinder aufzumuntern. Wahrscheinlich sollte sie misstrauisch sein, aber ihr kam nicht einmal in den Sinn, dass er versuchen könnte, lediglich ihr Vertrauen zu erschleichen, denn: »Ich bin nur ein unbedeutendes kleines Kind.«[/LEFT] [LEFT]Sie glaubte, dass er ungehalten werden würde, weil sie ihn unterbrochen hatte, doch er lächelte nur sanft, fast verständnisvoll. Sein Blick berührte ihr Herz – und scheinbar auch das von Dartignis, der neben ihr leise zwitscherte.[/LEFT] [LEFT]»Jeder hat es verdient, aufgemuntert zu werden«, erwiderte er ihr. »Und wie kommst du denn darauf, unbedeutend zu sein? Jeder Mensch ist wichtig und trägt seinen Teil zum Schicksal bei. Ich bin zum Beispiel sicher, dass du das Leben von Dartignis entscheidend verbessert hast.«[/LEFT] [LEFT]Julie sah auf ihren Partner hinunter, er zwitscherte zustimmend. Sie lächelte unwillkürlich.[/LEFT] [LEFT]»Und wie es aussieht, hat er auch dein Leben verbessert.«[/LEFT] [LEFT]Das konnte sie wirklich nicht verleugnen. Ohne ihn hätte sie ja nicht mal diese Reise anfangen können. Selbst wenn sie so früh endete.[/LEFT] [LEFT]»Ihr beide habt also schon wirklich viel getan, ihr könnt euch nicht mehr unbedeutend nennen.« Plötzlich legte er eine Hand an sein Kinn und zwinkerte ihr zu. »Und falls das nicht reicht, verbiete ich dir das zukünftig einfach, okay?«[/LEFT] [LEFT]Julie runzelte die Stirn. »Sie sind nicht mein Vater. … Oder mein Chef.«[/LEFT] [LEFT]Sein amüsiertes Lachen war überraschend angenehm. Ihr Vater hätte nie so gelacht, vor allem nicht, nachdem sie ihm gerade widersprochen hatte. Möglicherweise waren nicht alle Forscher schlecht, unter Umständen hätte sogar Professor Platan noch eine Chance verdient.[/LEFT] [LEFT]»Vielleicht werde ich es ja irgendwann«, erwiderte er gut gelaunt. »Von hier aus stehen dir alle Wege offen, vielleicht wirst du also auch irgendwann Forscherin und fängst in meinem Labor an.«[/LEFT] [LEFT]Das bezweifelte sie. Jedenfalls sagte ihre Mutter ihr immer wieder, dass sie nicht ihrem Vater nacheifern sollte. Also blieb die Frage, was sie jetzt tun sollte. Natürlich stimmte es, sie hatte noch viel Zeit dafür, aber …[/LEFT] [LEFT]»Was, wenn ich nie herausfinde, was ich sonst machen will?«, wandte sie ein.[/LEFT] [LEFT]Aber nicht einmal das tat seiner Laune irgendeinen Abbruch: »Die Jugend ist die beste Zeit herauszufinden, was man machen will oder nicht. Und genau wie eine Trainerreise, die nicht so verlaufen ist, wie du es dir gewünscht hast, ist auch das Leben nicht frei von Umwegen. Aber jeder davon führt dich an Orte, die es wert sind, gesehen zu werden, Menschen, die dein Umfeld bereichern werden. Und über kurz oder lang wirst du genau wissen, was du machen willst – oder zumindest, was du nicht machen willst, wie ich schon sagte. So ist es schon vielen Leuten ergangen, unter anderem mir. Deswegen kann ich aus Erfahrung sprechen.«[/LEFT] [LEFT]Er zwinkerte ihr noch einmal zu, aber er bemerkte offenbar auch, dass sie das nicht zu glauben schien, denn er fügte noch etwas hinzu, die Hand auf sein Herz gelegt: »Sogar meine Begegnung mit euch beiden hat mein Leben jetzt bereichert. Ich hoffe, du kannst irgendwann dasselbe über mich sagen.«[/LEFT] [LEFT]Seine Worte irritierten sie weiterhin. »Wie soll ich Ihr Leben bereichert haben?«[/LEFT] [LEFT]Auf diese Frage lachte er erneut, aber es klang nicht danach, als ob er sich über sie lustig machen würde. Nein, er schien sich zu freuen, dass sie ihn derart hinterfragte. Und das bestätigte er ihr auch gleich: »Wie sollte so ein süßes, neugieriges Mädchen mein Leben nicht bereichern? Zukünftig werde ich bestimmt auch davon erzählen, wie ich einmal eine junge Trainerin und ihr Dartignis vor dem Prismaturm getroffen habe, während sie gerade ihre Zukunft neu ausrichtet. Das wird bestimmt eine großartige Geschichte.«[/LEFT] [LEFT]Dabei klang er so begeistert, dass sie ihm das wirklich glaubte. Deswegen musste sie etwas für seine Geschichte ergänzen: »Ich hab ihn als Dartiri getroffen, nachdem ich ihn mir von einer Sternschnuppe gewünscht habe.« Ihre Stimme verdüsterte sich: »Nur weil Professor Platan mir kein Pokémon geben wollte.«[/LEFT] [LEFT]Das Lächeln des Fremden schwankte ein wenig, schwand aber nicht völlig. Dafür stand er auf und sah in den Himmel. »Sternschnuppen sind faszinierend, oder? All die Geschichten, die wir uns über sie erzählen, und obwohl es jeglicher wissenschaftlicher Grundlage entbehrt, glauben wir dennoch daran, dass sie uns Wünsche erfüllen. Erstaunlich, nicht?«[/LEFT] [LEFT]Dabei starrte er so konzentriert in den Himmel, als erwarte er jeden Moment eine Sternschnuppe zu sehen. Julie runzelte ihre Stirn, da aufgrund des strahlenden Lichts über Illumina City gar kein Sternenhimmel zu sehen war. Nicht mal ein Hauch davon.[/LEFT] [LEFT]»Hier kann man jedenfalls keine sehen«, sagte sie deswegen.[/LEFT] [LEFT]»Das nicht«, stimmte er zu, »aber vielleicht gibt es da gerade eine, ohne dass wir sie sehen können. Wenn wir schon an die Wunscherfüllung glauben, ist es doch auch nicht abwegig, uns vorzustellen, wie die ganze Zeit welche über uns hinwegziehen. Weißt du, das erinnert mich auch wieder an eine Geschichte, über Pokémon, die als Sternschnuppen vom Himmel-«[/LEFT] [LEFT]»Platan!«[/LEFT] [LEFT]Der Fremde verstummte abrupt und wandte sich zur Seite. Julie, in der gerade eine äußerst ungute Ahnung heranreifte, folgte seinem Blick und entdeckte einen finster dreinblickenden Mann mit auffallendem roten Haar – ihn erkannte sie jedenfalls sofort als Flordelis, immerhin hatte sie ihn oft genug im Fernsehen gesehen. Er stand vor der Tür eines Bistros, als hätte er sich dort mit jemandem verabredet.[/LEFT] [LEFT]Ihm winkte ihr Gesprächspartner zu, dann sah er noch einmal lächelnd auf sie herab. »Also vergiss nicht, du bist nicht unbedeutend. Ich glaube, dass unser Treffen heute Schicksal war – und dass du herausfinden wirst, was du machen willst. Viel Erfolg bei deinem weiteren Weg.«[/LEFT] [LEFT]Damit wandte er sich von ihr ab, ungeachtet der Tatsache, dass sie sich gar nicht verabschiedet hatte, und lief zu Flordelis hinüber. Er hatte sich nur ein paar Schritte entfernt, als Julie ihm etwas hinterherrief: »Warten Sie!«[/LEFT] [LEFT]Während er stehenblieb und sich ihr noch einmal zuwandte, stand Julie auch endlich auf, nur um ihn entgeistert anzustarren. »Sind Sie Professor Platan?!«[/LEFT] [LEFT]Es lief ihr eiskalt den Rücken hinunter, als er lächelnd nickte und die Hand hob. »Eben jener. Komm in meinem Labor vorbei, falls du irgendwann Forscherin werden willst. Dann erzähle ich dir die Geschichte über die Sternschnuppen-Pokémon zu Ende.«[/LEFT] [LEFT]Nach einem letzten Zwinkern setzte er seinen Weg fort, ohne noch einmal stehenzubleiben. Sie sah ihm hinterher, wie er Flordelis enthusiastisch begrüßte und ihm dann ins Bistro folgte.[/LEFT] [LEFT]Dieser Mann war Professor Platan gewesen, der Mann, der ihr kein Pokémon gegeben hatte – und der nun auch noch wusste, dass sie darüber wütend war. Aber trotzdem hatte er sich selbst nach dieser Enthüllung noch Mühe gegeben, sie aufzumuntern und sie sogar aufgefordert, ihn besuchen zu kommen. Vielleicht nur, um ihr die Geschichte zu Ende zu erzählen und ihr dann lachend mitzuteilen, dass er bestimmt nicht mit jemandem wie ihr zusammenarbeiten würde.[/LEFT] [LEFT]Nein, das konnte sie sich nicht vorstellen. Er hatte wirklich nett gewirkt, obwohl er keinen Vorteil daraus ziehen könnte, jemanden wie sie aufzumuntern. Also vielleicht … war ihre Vorstellung von Professor Platan die ganze Zeit falsch gewesen. Das war nicht nur möglich, sondern auch sehr wahrscheinlich. Ihre Wut musste sie zu sehr geblendet haben. Nicht zum ersten Mal.[/LEFT] [LEFT]Dartignis flatterte nach oben, so dass sie ihm ihren Arm anbot, um sich darauf abzusetzen.[/LEFT] [LEFT]»Hey«, flüsterte sie, als fürchtete sie, Platan könne jeden Moment doch einfach wieder hinter ihr auftauchen, »glaubst du, er hat recht? Dass unsere Begegnung und auch das hier Schicksal war?«[/LEFT] [LEFT]Ihr Partner schien eine Weile darüber nachzudenken, nickte dann aber.[/LEFT] [LEFT]»Du glaubst ihm also wirklich?«[/LEFT] [LEFT]Noch ein Nicken, diesmal entschiedener.[/LEFT] [LEFT]»Ich wusste gar nicht, dass du so melancholisch bist.«[/LEFT] [LEFT]Darauf zwitscherte Dartignis etwas, was sie nicht verstand. Als er nach oben sah, folgte sie seinem Blick. Aber wie schon zuvor waren keine Sterne zu sehen, dafür war immer noch alles zu hell.[/LEFT] [LEFT]Julie war sich nach wie vor nicht sicher, was sie denken sollte. Eigentlich war alles, was er gesagt hatte so unwissenschaftlich und deswegen lächerlich – so hätte ihr Vater es genannt –, aber gleichzeitig hatte sie sich selbst etwas von einer Sternschnuppe gewünscht und daraufhin Dartiri getroffen. Also vielleicht …[/LEFT] [LEFT]»Vielleicht hat er ja auch mit den Sternschnuppen recht«, murmelte sie. »Dann … ist es nicht verkehrt, wenn wir uns jetzt noch etwas wünschen, oder?«[/LEFT] [LEFT]Dartignis zwitscherte zustimmend. Dann schloss er auch schon die Augen, was sie ihm direkt nachahmte. Wahrscheinlich boten sie gerade einen wirklich seltsamen Anblick für alle, die zufällig vorbeikamen, aber das ignorierte sie lieber. Stattdessen atmete sie tief durch, während sie gedanklich ihren Wunsch formulierte, der sich in diesem Moment in ihr formte: Bitte, lass mich eines Tages Professor Platan wiedertreffen, damit ich mich bei ihm entschuldigen kann. Und dann … lass mich vielleicht wirklich für ihn arbeiten, aber nur, wenn das nicht zu viel verlangt ist.[/LEFT] [LEFT]Als sie die Augen wieder öffnete, glaubte sie für einen kurzen Moment tatsächlich, ein helles Blitzen am Himmel zu sehen. Aber das schob sie wirklich nur auf ihre Einbildung. Sie sah Dartignis lächelnd an. »Okay, lass uns nach Hause gehen.«[/LEFT] [LEFT]Ihr Partner stimmte ihr zu und zog sich von allein in den Pokéball zurück. Dann ging Julie los, um die Stadt wieder in Richtung Süden zu verlassen, um nach Hause zu kommen, im festen Vorhaben, eines Tages wieder nach Illumina City zurückzukehren.[/LEFT] [LEFT] [/LEFT] [LEFT]»Julie?«[/LEFT] [LEFT]Platans Stimme riss sie aus ihren Erinnerungen. Blinzelnd wurde ihr wieder bewusst, dass die Daten auf dem Bildschirm noch genau dieselben wie zuvor waren – sie musste so vertieft gewesen sein, dass sie gar nichts gemacht hatte. Sie seufzte innerlich, ehe sie sich Platan zuwandte, der sie wie gewohnt anlächelte. »Stimmt etwas nicht, Professor?«[/LEFT] [LEFT]»Das sollte ich wohl eher dich fragen.« Er griff sich ans Kinn und zwinkerte ihr zu. »Du wirktest gerade ziemlich abwesend und hast sogar deinen Feierabend verpasst.«[/LEFT] [LEFT]Das erklärte, warum der Raum dunkler als sonst war. Sie entschuldigte sich rasch, speicherte ihre Arbeit und schaltete dann den Computer aus.[/LEFT] [LEFT]»Das ist schon Ordnung«, versicherte er ihr. »Ich war nur etwas besorgt.«[/LEFT] [LEFT]»Mir geht es gut.« Das demonstrierte sie auch direkt, indem sie aufstand.[/LEFT] [LEFT]»Fein, fein~. Musst du irgendwohin? Ich wollte dich zum Dank für deine Hilfe zum Essen einladen.«[/LEFT] [LEFT]Sie blinzelte langsam. »Welche Hilfe?«[/LEFT] [LEFT]Er holte mit dem Arm aus, um das gesamte Labor einzuschließen. »Mit der Auswahl der Kinder, die dieses Jahr ein Pokémon von mir bekommen haben. Deine Vorauswahl hat mir wirklich einiges an Arbeit abgenommen.«[/LEFT] [LEFT]»Dafür bin ich da.«[/LEFT] [LEFT]Und es waren ja nicht einmal viele Bewerbungen gewesen – und auch keine VIPs für irgendwelche Sonderbehandlungen, die sie ihm erst hätte ausreden müssen.[/LEFT] [LEFT]»Dann …« Seine Miene wurde ein wenig traurig. »Willst du nicht mit mir essen gehen?«[/LEFT] [LEFT]Er war wirklich gut darin, sie um den Finger zu wickeln, denn ihr Herz schmerzte bei diesem Anblick, so dass sie die Einladung annehmen musste. »Doch, natürlich. Ich begleite Sie gern zum Essen, Professor.«[/LEFT] [LEFT]Sofort lächelte er wieder und vollführte eine einladende Bewegung zum Aufzug hin. »Gut, dann lass uns gehen~.«[/LEFT] [LEFT]Während sie mit ihm nach unten fuhr, erzählte er ihr davon, wie vielversprechend und aufgeregt die heutigen Trainer alle gewesen waren und wie wenig er es erwarten konnte, herauszufinden, zu was für Menschen sie werden würden. Sie lauschte ihm geduldig, nickte hin und wieder und lächelte, wenn er besonders enthusiastisch wurde.[/LEFT] [LEFT]So traten sie schließlich nicht nur aus dem Aufzug, sondern auch aus dem Labor auf die lebhaften Straßen von Illumina City hinaus, worauf sie kurz den Blick zum Himmel hob. Inzwischen war es fast acht Jahre her, seit sie damals gegen Citro verloren hatte, die Stadt war immer noch dieselbe, besonders was die Helligkeit anging. Deswegen waren natürlich auch in dieser Nacht keine Sterne oder Sternschnuppen zu sehen.[/LEFT] [LEFT]Platan wartete geduldig, bis sie den Blick wieder senkte und den Weg mit ihm fortsetzte.[/LEFT] [LEFT]Es war auch fast acht Jahre her, seit sie ihn damals vor dem Prismaturm getroffen hatte. Entgegen ihrer Vorsätze hatte sie sich nie bei ihm für ihre Wut entschuldigt – aber sie glaubte auch nicht, dass er sich an sie erinnerte, jedenfalls hatte er es ihr gegenüber nie angemerkt, obwohl er ihr schon so viele Geschichten aus seinem Leben und seinen Lehren erzählt hatte. Aber keine dieser Erzählungen hatte eine Trainerin und ihr Dartignis vor dem Prismaturm beinhaltet. Wahrscheinlich war sie doch nicht so bereichernd für sein Leben gewesen. Nicht einmal die Sternschnuppen-Pokémon hatte er noch einmal erwähnt. Warum hatte sie auch etwas anderes erwartet?[/LEFT] [LEFT]»Ist es nicht großartig, mit wie viel Elan und Träumen die Kinder jedes Jahr ins Labor kommen?«, schwärmte Platan. »Das ist immer richtig belebend!«[/LEFT] [LEFT]»Warum«, wagte sie vorzubringen, »sollte ich Ihnen dieses Jahr eigentlich bei der Vorauswahl helfen? Letztes Jahr hatte ich das Gefühl, Sie bekommen das gut hin.«[/LEFT] [LEFT]Jedenfalls war von ihm keine Klage über zu viel Arbeit gekommen, aber es konnten unmöglich weniger Bewerbungen als dieses Jahr gewesen sein, das war für sie unvorstellbar.[/LEFT] [LEFT]»Ich dachte schon, du fragst nie.« Lächelnd sah er sie an. »Erst wollte ich mich selbst wieder allein darum kümmern. Deswegen bin ich im Vorfeld noch mal alte Bewerbungen durchgegangen, nur um mir eventuelle Kandidaten ins Gedächtnis zu rufen, die im Jahr davor schon leer ausgehen mussten.«[/LEFT] [LEFT]Der Hauch einer Vorahnung breitete sich in Julie aus. Aber eigentlich war das unmöglich. Ihre Bewerbung war viel zu lange her, die konnte er nicht bei denen vom letzten Jahr gefunden haben.[/LEFT] [LEFT]»Dabei ist mir meine Lieblingsbewerbung in die Hände gefallen«, erklärte er. »Sie ist schon einige Jahre alt, aber in jeder neuen Phase stecke ich sie zu den neuen Bewerbungen, einfach nur, um mich daran zu erinnern, wie viel Leidenschaft dieses Mädchen damals hatte – und wie sehr ich es bereue, ihr kein Pokémon gegeben zu haben.«[/LEFT] [LEFT]Sie versuchte die Aufregung weiter im Zaum zu halten. Bestimmt gab es viele Bewerbungen – von Mädchen –, denen er nicht nachkommen konnte, also war die Wahrscheinlichkeit viel zu gering als dass sie gemeint war. Es musste um jemand anderen gehen.[/LEFT] [LEFT]»Manchmal frage ich mich, welches Pokémon sie sich wohl ausgesucht hätte und wie viele Pokémon wohl schon in ihrem Pokédex registriert gewesen wären, wenn sie zum ersten Mal ins Labor gekommen wäre. Und damit ich das nicht nochmal bereuen muss, wollte ich, dass du mir bei der Vorauswahl hilfst. Ich denke nämlich, dass du ein gutes Auge dafür hast.«[/LEFT] [LEFT]Normalerweise freute sie sich über jedes Kompliment von ihm, aber im Moment schwankte sie zu sehr zwischen Hoffnung und Verneinung, um das genießen zu können.[/LEFT] [LEFT]»Was wurde aus diesem abgelehnten Mädchen?«, fragte sie. »Wissen Sie das?«[/LEFT] [LEFT]Er nickte zufrieden über ihre Frage. »Oh, tatsächlich. Ich habe sie wenige Wochen später vor dem Prismaturm getroffen, gemeinsam mit ihrem Dartignis, den sie sich von einer Sternschnuppe gewünscht hat.« Er lächelte warm, als er sich in dieser Erinnerung verlor, Julies Herz schlug inzwischen wesentlich schneller als sonst. »Sie hatte den Kampf gegen Citro verloren, war aber schon dabei, ihr Leben neu auszurichten. Ich denke, ich konnte ihr dabei helfen.«[/LEFT] [LEFT]Er erinnerte sich doch an sie! Aber woher wusste er, dass die Bewerberin und die Verzweifelte dieselbe Person waren? Es war so typisch für ihn, dass er den eigentlichen Punkt seiner Erzählung so lange hinauszögerte.[/LEFT] [LEFT]»Was macht Sie so sicher, dass es sich um dieselbe Person handelt?«[/LEFT] [LEFT]Das strahlende Lächeln, das er ihr daraufhin schenkte, verbunden mit dem Zwinkern, ließ ihr Herz für einen Schlag aussetzen. »Weil sechs Jahre später eine junge Frau zu mir kam, die genau so aussieht wie das kleine Mädchen damals, ein Fiaro hat, aus Aquarellia stammt – und deren Name Julie ist, genau wie der meiner liebsten Bewerberin.«[/LEFT] [LEFT]Julie blieb stehen. Ihr Herz hämmerte inzwischen gegen ihren Brustkorb, während sie gleichzeitig vor Freude am liebsten gejubelt hätte. »Sie erinnern sich wirklich? Ich dachte die ganze Zeit, Sie hätten mich vergessen.«[/LEFT] [LEFT]Lächelnd breitete er die Arme aus, während er ebenfalls stehenblieb. »Wie könnte ich dieses kleine neugierige Mädchen, das damals so traurig und verloren schien, je vergessen?«[/LEFT] [LEFT]»Nun, ich dachte, ich wäre zu-«[/LEFT] [LEFT]»Ah-ah-ah!« Mahnend wackelte er mit dem Zeigefinger. »Ich habe dir doch gesagt, dass ich dir verbieten werde, dich so zu nennen, wenn ich erst mal dein Chef bin.«[/LEFT] [LEFT]Ganz so hatte er das nicht ausgedrückt, aber damals war er wahrscheinlich auch noch nicht darauf gekommen, dass er irgendwann wirklich ihr Vorgesetzter wäre.[/LEFT] [LEFT]Statt also zu sagen, was sie eigentlich sagen wollte, lächelte sie. »Ich werde das beherzigen, Professor. Und … danke, dass Sie sich damals die Zeit für mich genommen haben. Sie haben mir wirklich sehr geholfen.«[/LEFT] [LEFT]Nur wegen ihm hatte sie sich dann in ihre Studien vertieft, mit einem neuen Ziel vor Augen – eigentlich nur, um sich irgendwann bei ihm zu entschuldigen, aber dank der ungelösten Fragen besonders bei der Mega-Entwicklung war dann doch die Liebe zur Forschung in ihr erwacht. Und nun arbeitete sie seit zwei Jahren für ihn und sie konnte sich nichts Schöneres mehr vorstellen. Sicher, sie waren der Beantwortung dieser speziellen Fragen immer noch nicht näher gekommen, aber wen kümmerte das schon, wenn man die Möglichkeit hatte, jeden Tag mit Professor Platan zu verbringen?[/LEFT] [LEFT]Lächelnd legte er eine Hand auf sein Herz. »Das freut mich wirklich. Und siehst du? Ich habe immer gewusst, dass du deinen Weg finden wirst – und dass das Schicksal uns irgendwann wieder zusammenführt.«[/LEFT] [LEFT]»Oder eine Sternschnuppe«, erwiderte sie.[/LEFT] [LEFT]Natürlich war der Gedanke besonders aus wissenschaftlicher Sicht lächerlich, wie er damals auch schon festgestellt hatte, aber gleichzeitig war es auch furchtbar romantisch – und alles, was romantisch war und sowohl sie als auch Platan beinhaltete, war ihr nur recht. Dann könnte sie sich wenigstens die Hoffnung einreden, dass eines Tages mehr aus ihnen wurde als Professor und Assistentin.[/LEFT] [LEFT]Er nickte zufrieden, dann begab er sich an ihre Seite und legte einen Arm um ihre Schultern. »Komm, während wir zum Restaurant gehen, erzähle ich dir endlich die Geschichte über die Sternschnuppen-Pokémon, die ich dir damals versprochen habe.«[/LEFT] [LEFT]Endlich! Sie hatte schon nicht mehr daran geglaubt. Aber nun konnte sie ausgiebig seiner Stimme lauschen, während sie gemeinsam durch die Stadt liefen, unter einem viel zu hellen Himmel, so dass nicht einmal Sterne zu sehen waren. Und doch waren da irgendwo Sternschnuppen über ihnen – und in diesem Moment wünschte sie sich einfach nur, dass sie noch sehr lange an Professor Platans Seite sein und noch viele Geschichten von ihm hören könnte.[/LEFT] Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)