Jägerpfade von Charly89 (Ein Horizon Zero Dawn MSP) ================================================================================ Kapitel 4: Realitätscheck ------------------------- Ich wache auf, aber nicht wie gehofft zu Hause. Genau genommen, wache ich gar nicht auf. Ich träume. Oder ich halluziniere. Oder ich bin woanders hingeglitcht, ich weiß gerade noch nicht so recht. Ich bin aber definitiv nicht mehr in Rosts Haus, ich bin in einer Ruine der Alten. Was passiert hier zum Teufel? Warum bin ich jetzt woanders? Ich fahre mir frustriert mit der Hand seitlich über das Gesicht und plötzlich springt mit dem typischen futuristischen Surr-Geräusch, dass beinahe wie ein Laserschwert klingt, der Fokus an. Ich habe ihn augenscheinlich versehentlich berührt. Der Bildschirm taucht auf, der Ladebalken und … Und er funktioniert! Keine Fehlermeldung, sondern diverse Menus und Fenster öffnen sich. Vor mir tauchen allerlei Informationen auf, die ich aufgeregt in Augenschein nehme. Aber die Enttäuschung im nächsten Moment ist groß. Ich kann nichts damit anfangen, weil es einfach nur Buchstabensalat ist. Warum? Ist der Fokus kaputt? Ist das eine Fremdsprache? Ich fühle mich daran erinnert, als mein Sohn es geschafft hat, meinen alten Nintendo DS auf Chinesisch einzustellen. Das war ziemlich kompliziert ihn wieder auf Deutsch umzustellen. Ich musste mir tatsächlich aus dem Internet die Menüführung rausziehen … Plötzlich erinnere ich mich an etwas, dass mir Joe ein, zwei, drölfzig mal erzählt hat: man kann in Träumen nicht lesen. Liegt es womöglich daran? Ich erinnere mich, dass man testen kann, ob man träumt oder nicht. Realitätscheck nennt man das, aber wie ging der gleich noch? Nase zu halten, oder? Ich halte mir also die Nase zu. Und ich atme trotzdem normal weiter. Das ist crazy! Und es fühlt sich sehr, sehr seltsam an. Das kann man gar nicht beschreiben, nur erleben – total verrückt! Okay, ich träume ganz offensichtlich. Zumindest das habe ich erstmal geklärt. Und weiter? Ich bin eigentlich kein Klarträumer, eigentlich träume ich nicht mal erinnerbar … Warum ist das nun anders? Plötzlich dämmert mir, dass ich ja nicht ich bin. Sanya könnte eine Klarträumerin sein, dass würde das hier erklären. Ich sehe mich um. Offenbar befinde ich mich in einer Art Schlafsaal, es stehen überall kojen-ähnliche Betten herum, die durch Wände voneinander getrennt sind. Mir kommt das hier bekannt vor, auch wenn ich noch nicht so recht weiß woher. Zumindest scheine ich nicht „weltfremd“ zu träumen, was mich in meiner Annahme bekräftigt, dass das hier eigentlich Sanyas Traum ist. Ich werfe den Fokus erneut an, wenn er schon funktioniert, kann er mir ja vielleicht doch nützlich sein. Lesen kann ich zwar nicht, aber er kann mir Dinge anzeigen, die hier mal gewesen sind. Es leuchten überall gespenstisch LED’s, die es schon lange nicht mehr geben sollte. Eines der Dinge, die ich tatsächlich echt cool fand beim Spielen. Man hat eine trostlose, fast gruselige Höhle und dann überall diese fluoreszierenden Lichter. Man bekam eine grobe Vorstellung davon, wie es damals gewesen war. Mir werden einige Fokusse in meiner unmittelbaren Nähe angezeigt. Ich gehe zu einem und finde eine mumifizierte Leiche. Sie liegt auf einem Sofa einer Sitzecke. Sie ist weder eklig, matschig noch stinkt sie, aber trotzdem wird mir einen Moment ganz anders. Die Menschen in den Bunkern sind langsam und im vollen Bewusstsein dessen was passieren wird zu Grunde gegangen. Eine schreckliche Vorstellung. Gefangen, kein Ausweg; mich schaudert es einen Augenblick. Ich atme kurz durch um mich zu sammeln und meine Nerven und meinen Magen zu beruhigen. Danach scanne ich den Fokus. Eine Sprachnachricht bzw Audio-Log spielt sich ab. Inhaltlich kommt nichts Spektakuläres dadurch ans Licht, wie bei den meisten dieser Dinger. Sie sind, gerade am Anfang, so kryptisch, dass man sich einfach keinen Reim auf die Geschehnisse und Geschichte der Alten machen kann. Es ist ein Teil eines Ave Maria, außerdem erzählt der Mann etwas von Medikamenten, die alle im Bunker von jemandem bekommen haben. Okay, also das hilft mir nicht weiter. Habe ich auch nicht wirklich erwartet um ehrlich zu sein. Ich drehe mich um und sehe mir den Raum erneut an. Woher kenne ich den nur? Ich laufe los, quetsche mich durch eine halb offene Tür und verlasse den Schlafsaal. Ich gehe eine Treppe hinunter und finde mich in einem Gang wieder. Langsam laufe ich ihn entlang, da ist ein kleiner Nebenraum in den ich gehe. Ich sehe mich um, noch eine Leiche auf einem Sofa und eine weitere in einer Nische. Die versteckt in der Ecke hat ebenfalls ein Audio-Log. Der Mann macht sich darin über die anderen lustig, die offenbar alle das Medikament genommen haben. Aber er will nicht einfach verschwinden, er will nachhallen. Am Ende ist ein Schuss zu hören. Okay, offensichtlich haben die Bewohner dieses Bunkers ihr Elend selbst beendet. Ob bewusst oder in Folge von Hoffnungslosigkeit oder Lagerkoller lässt sich nicht in Erfahrung bringen. Aber es war scheinbar an Silvester, zumindest entnehme ich das einem weiteren Audio-Log das ich finde. Ich komme vor einer Tür an, die offensichtlich keinen Strom besitzt. Gut, hier geht es nicht weiter. Mein Weg führt mich durch ein Loch in der Wand auf der anderen Seite und durch einen Raum, dessen Zweck sich nicht mehr erahnen lässt. Die nächste Tür, der ich begegne, ist nur einen kleinen Spalt offen. Da ich nicht Aloy bin und keinen Speer besitze, kann ich sie leider nicht aufstemmen. Also weiter den nächsten Gang entlang. Ich komme an einer Stalaktiten-Stalagmiten-Formation vorbei und schaue zwischen ihnen hindurch. Dahinter ist ein Raum, dessen Wände komplett überwuchert sind. In der Mitte liegt in einem Lichtstrahl von oben eine mumifizierte Leiche … Plötzlich fällt bei mir der Groschen. Das ist die Ruine, in die klein Aloy ganz am Anfang stürzt und ihren Fokus findet. Später kommt man wieder hierher und erst dann kann man sie komplett erkunden. Zumindest weiß ich jetzt wo ich bin. Aber warum träume ich hiervon? Oder besser: warum träumt Sanya hiervon? Und so detailliert. War sie schon mal hier? Aber warum? Die Nora meiden die Ruinen … Oder sollten es zumindest laut Stammesregeln. Nun gut, unsere „Begegnung“ war auch bei Ruinen … Vielleicht nimmt sie es nicht so genau mit den Regeln? Ein Geräusch lenkt mich ab. Irgendwo in der Nähe ist scheinbar jemand. Zumindest klingt es so, als würde jemand einen Raum auf links drehen. Die Neugier treibt mich voran; wer da wohl ist? Passieren kann mir ja, theoretisch, nichts, da das hier ein Traum ist. Ich gehe nach links, einen Gang entlang und komme in einer Art Vorratsraum an. Unerwarteter weise steht da ein Nora. Obwohl nein, er steht nicht, er ist vornübergebeugt und durchwühlt eine Kiste. „Graik?“, frage ich. Warum? Keine Ahnung, aber irgendwie weiß ich, dass der Mann da Graik ist. Er flucht lautstark, richtet sich auf und knallt dann den Deckel wütend zu. Er dreht sich zu mir um. „Da bist du ja endlich.“ Ich? Er hat mich erwartet? Okay, scheinbar weiß ich wer er ist, also ist das nicht so abwegig. Verwirrt mustere ich ihn. Er kommt mir bekannt vor … Er sieht aus wie … Moment! Ich habe Sanya zwar nur einmal gesehen, aber ich könnte schwören, der Mann da sieht aus wie sie. Als wäre er die männliche Ausführung von ihr. Ein alternativer Charakter? Als wäre ich Zuschauer in der Premium-Ersten-Reihe oder als hätte ich eine VR-Brille auf, verselbstständigt sich Sanya, zumindest habe ich keinen Einfluss mehr auf sie. Der Realitätscheck vorhin hat sich bereits seltsam angefühlt, aber das jetzt toppt das Ganze. Sanya geht auf den Mann zu. „Nichts gefunden?“, fragt sie. „Nichts“, presst Graik frustriert hervor. „Sicher, dass es hier ist?“, hakt sie nach. „Ja, der Händler hat gesagt, dass es in diesen Ruinen ist“, erklärt er und lässt seinen Blick durch den Raum schweifen. Sanya seufzt und verschränkt die Arme. „Auf dem Weg hierher bin ich an einigen Räumen vorbeigekommen, in die man nicht so einfach hineinzukommen scheint. Vielleicht ist es da?“ „Möglich. Er hat nur gesagt, dass es in hier sein sollte. Und dass wir unsere Bezahlung nur erhalten, wenn wir es ihm unversehrt bringen.“ Graik kratzt sich am Kinn und sieht sich erneut um. Danach sieht er mich an und ringt sich ein Lächeln ab. „Na komm, suchen wir weiter, Schwester …“ Schwester? Graik ist Sanyas Bruder? Plötzlich wird es unfassbar grell um mich herum. Das Licht löscht die Szene aus, scheint sie regelrecht zu verbrennen, dann ist es komplett dunkel … Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)