Unerwartet von Centranthusalba ================================================================================ Kapitel 7: Fünf --------------- „Hast du gesehen? Da war dieser Typ schon wieder.“ „Was für ein Typ?“ „Na der dort, mit den kurzen Haaren und der Tasche über der Schulter.“ „Ach der… Ja, hin und wieder taucht der hier vor unserem Training auf. Ist mir auch schon aufgefallen.“ Viktor zuckt kurz zusammen, als er seine Teamkameraden reden hört. Doch er tut so, als würde ihn das nichts angehen und fährt fort, sich für das anstehende Training umzuziehen. „Hin und wieder ist gut. Der ist fast jeden Tag hier. Mal vor, mal nach unserem Training. Und das bereits seit Wochen! Mit dem ist doch irgendwas komisch.“ Viktor knirscht mit den Zähnen. „Heee ihr Tratschtanten, seid ihr bald fertig?“ „Ja Käpt’n!“, tönt es wie aus einem Mund. „Hört gefälligst auf, Euch von anderen ablenken zu lassen“, setzt er noch nach und stellt einen übertrieben genervten Gesichtsausdruck zur Schau. Dabei ist er alles andere als genervt. Er fühlt eine leichte Angst in sich aufsteigen. Kisho begleitet ihn inzwischen fast jeden Tag zum Training oder holt ihn ab. Anscheinend ist das nicht unbeobachtet geblieben. Auch wenn die Jungs den ‚komischen Typen‘ noch nicht mit ihm in Verbindung bringen, so wird es doch von Tag zu Tag wahrscheinlicher, dass sie entdeckt werden würden. Und dann? Was würde sein Team über ihn denken? Was sagen? Würden sie sich sogar von ihm abwenden und einen neuen Kapitän wählen? Nachdenklich starrt er in seinen Spind. Würden die Teufel einen Kapitän akzeptieren, der mit einem Mann zusammen ist? Kisho lässt ihm für das Geständnis Zeit, das hatte er ihm versichert, auch wenn er meint, dass sich Viktor zu sehr den Kopf darüber zerbricht. „So Käpt’n, jetzt warten wir nur noch auf dich“, reißt ihn Gordons Stimme aus seinen Gedanken. Rasch zieht Viktor sich die schwarze Kappe ins Gesicht. „Gut, dann raus mit euch!“ Lärmend verlässt die Mannschaft der Teufel ihr Clubhaus und läuft auf den großen Trainingsplatz. Viktor schließt langsam seinen Spind und will sich ebenfalls nach draußen begeben, da schiebt sich plötzlich die Clubhaustür vor seiner Nase zu. Steve steht davor und hält seinen ausgestreckten Arm aufhaltend hoch. „Käpt’n, meinst du nicht, du solltest es dem Team langsam sagen?“ Viktor ist wie vor den Kopf geschlagen. „W-was?“ Steve zuckt mit den Schultern. „Du hast selbst gehört, dass es nicht unbemerkt bleibt und die ersten reden schon.“ Viktor schluckt schwer. „Meinst du nicht, es wäre besser, wenn du es ihnen sagst, bevor es zu seltsamen Situationen kommen könnte?“ „Woher weißt du es?“ „Hab euch neulich gesehen, als ihr wohl dachtet, ihr wärt unbeobachtet“ Viktors Mundwinkel zuckt. Mist. „Viktor, wir kennen dich alle seit Jahren. Niemand wird dich verurteilen. Warte nicht bis ein Moment kommt, indem du vielleicht lügen musst.“ Er sieht seinen Käpt’n aufmunternd an. Viktor zögert. „Käääääääpt’n“, tönt es von draußen. Steve lacht und öffnet die Tür. „Die wollen unbedingt anfangen, komm.“ Mit klopfendem Herzen folgt Viktor ihm zu den anderen auf den Platz. Die Mannschaft steht an der Bank, wo sie ihre Sachen abgelegt haben. Viktor stellt seine Trinkflasche dazu und lässt seinen Blick kurz schweifen. Kisho steht etwas entfernt am Durchgang des Zaunes, der das Spielfeld umgibt, bereit zum Gehen, sobald das Training anfängt. „So, kann es losgehen?“ Gordon macht ein paar energische Dehnübungen um seine Bereitschaft zu signalisieren. In Viktors Hals steckt ein dicker Kloß. „Nein“, hört er sich mit erstaunlich fester Stimme sagen, „noch nicht.“ „Häää?“ Er beachtet die fragenden Gesichter vor sich nicht, sondern wendet sich erneut zum Zaun um. Mit einer leichten Handbewegung deutet er Kisho an, herüber zu kommen. Dieser zögert überrascht, begibt sich dann aber doch zu den Fußballern am Spielfeldrand. „Ich… ähmm…“ Viktor holt tief Luft. Wie zur Hölle sollte er es sagen? Kisho ist inzwischen neben ihm angekommen und bleibt auf Armeslänge entfernt neben ihm stehen. Auch er ignoriert die musternden Blicke der anderen. Abwartend sieht er seinen Freund an. „Als euer Käpt’n sollte ich ehrlich mit euch sein. Immerhin müsst ihr wissen, woran ihr bei mir seid. Ich dachte eigentlich, dass es nicht so relevant wäre, aber anscheinend gibt es bereits Gerede und das möchte ich nicht.“ Erneut holt er tief Luft. Dann macht er einen kleinen Schritt zur Seite und ergreift Kishos linke Hand. Dieser hebt erstaunt die Augenbrauen. „Das ist Kisho und ihr werdet ihn in Zukunft öfter hier sehen, denn… denn er ist mein Freund.“ Stille. Vorsichtig sieht er auf in die fragenden Gesichter seiner Teamkameraden. „Äh…“, meldet sich Eric, „Freund-Freund?“ Viktor nickt entschieden. „Ja wir sind zusammen. Wenn ihr euch jetzt einen neuen Kä…“ „Quatsch mit Soße!”, fährt Gordon schnell dazwischen, „Wir kennen dich jetzt lange genug, um das nicht schon immer irgendwie geahnt zu haben.“ Einige kichern etwas verlegen. Eric nickt und streckt die Arme über den Kopf. „Wie ist es? Wollen wir heute noch trainieren?“ Laute Zustimmung von allen Seiten ertönt. Sofort drehen sich die ersten um und rennen auf den Platz. Perplex sieht Viktor ihnen hinterher. Das war‘s? Keine Fragen? Kein Getuschel? Keine dummen Sprüche? Er spürt Kishos Griff an seiner Hand. „Siehst du?“ Er schmunzelt, tritt auf ihn zu und gibt ihm einen kurzen Kuss auf die Lippen. „Ich bin stolz auf dich, Käpt’n“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)