Hasentage von KiraNear ================================================================================ Kapitel 1: Tag des Verlusts --------------------------- Es war ein Freitag wie jeder andere, zumindest aus menschlicher Sicht. Ein Freitag, erfüllt mit Sonnenschein, warmen Temperaturen und Bienen, die von Blüte zu Blüte flogen, um das zu tun, was ihnen ihr Instinkt diktierte. Es war ein normaler Freitag, wenn man von der Tatsache absah, dass in mehreren Kulturkreisen auf verschiedene Arten ein Osterfeiertag zelebriert wurde. Für die Menschen, die das Osterfest bereits seit hunderten von Jahren kannten, war es keine große Angelegenheit. Doch für die Monster, die erst vor wenigen Monaten wieder an die Oberfläche zurückgekehrt waren, war es eine außerordentliche Besonderheit. Ostern war eines der Feste, von dem nur die wenigsten Monster in ihrem ganzen Leben auch nur gehört hatten. Nur den ältesten unter ihnen, wie Asgore, Toriel oder Gerson, die noch die Zeit vor dem Krieg und der jahrhundertelangen Isolation unter Mount Ebott kannten; nur sie hatten mal vage davon gehört. Doch jetzt, da sie endlich ihre Freiheit wiedererlangt hatten und wieder mit den Menschen unter dem gleichen, unendlichen Horizont leben konnten, konnten sie auch mehr über deren Leben, deren Eigenheiten und auch deren Feiertage kennenlernen. Dazu gehörte auch das Feiern der Osterfeiertage, zumindest so, wie Frisk es ihnen einigermaßen verständlich machen konnte. Während sie den religiösen Hintergrund nur sehr wenig verstanden und als noch weniger interessant empfunden hatten, so waren sie bei dem einen oder anderen Ritual durchaus aufgeschlossener gewesen. Viele von ihnen hatten mit großer Freude ihre Häuser mit diversen Osterdekorationen geschmückt, leckere Kuchen gebacken oder sich an den Vorbereitungen beteiligt. Feste Vorschriften gab es dafür keine und jede Familie nahm für sich das mit, was ihr am besten gefiel. Worüber es die größte Einigkeit gab, war das traditionelle Eiersuchen am Ostertag selbst. Die Aussicht, in einem Versteckspiel nicht nur nach leckeren Eiern, sondern auch nach köstlichen Süßigkeiten zu suchen, die der Osterhase für sie versteckt hatte, gefiel so gut wie fast jedem von ihnen. Und da es niemanden unter den Monstern gab, das auf dieses Spektakel verzichten wollte, hatten sie die Festivität aufteilen müssen, damit es nicht zu Platzschwierigkeiten kommen würde.   Und um sicherzustellen, dass wirklich jedes Monster mit genug Eiern und Süßigkeit versorgt sein würde, hatte man Vorkehrungen treffen müssen. Um sich die Aufteilung zu erleichtern, hatten sie schlicht die Gebiete benutzt, in welchen die Monster früher im Untergrund gelebt hatten. So gab es für alle Monster aus Snowdin und Umgebung eine eigene Suche, für alle Monster aus Hotland… und jeder war damit einverstanden gewesen. Damit auch niemand verpasste, zu welchem Ort er oder sie eingeteilt worden war, hatten die Organisatoren Flugblätter angefertigt, die nun unter die Monster gebracht werden mussten. Auch Papyrus war mit von der Partie, mit riesigen, enthusiastischen Schritten näherte er sich Alphys und den Aarons, die für die Verteilung an die ehemaligen Bewohner von Waterfalls zuständig waren. Es dauerte nicht lange, da hatte er sie eingeholt und sich ihnen angeschlossen. „Ah, hallo Papyrus, schön, dass du uns hier beim Verteilen helfen möchtest“, sagte Alphys, während sie gerade die letzten Anweisungen an die Aarons erteilte. Diese dagegen nutzten die Gelegenheit und beugten ihre Armmuskeln, als wollten sie mit dem Skelett um die Wette flexen. Doch Papyrus ging nicht näher darauf ein, sondern konzentrierte sich mehr auf Alphys. „GERNE DOCH, FRAU WISSENSCHAFTLERIN, WENN ICH HELFEN KANN, DANN MACHE ICH DAS DOCH GERNE! TEAM SNOWDIN HAT SEINE AUFGABE DANK MEINER GROSSARTIGKEIT BEREITS VOLLSTÄNDIG BEENDEN KÖNNEN UND NUN BIN ICH HIER, UM AUCH DEN ANDEREN TEAMS MEINE WERTVOLLE UNTERSTÜTZUNG GEBEN ZU KÖNNEN!“ Bei jedem anderen wäre Alphys vor lauter Selbstbewusstsein und Selbsteinschätzung zusammengezuckt, doch dank den Erklärungen ihrer Freundin Undyne war sie auf Papyrus und sein Verhalten mehr als vorbereitet. Er war so gänzlich anders als Sans. Zwar hatte dieser ihr in der kurzen Zeit, die sie miteinander verbracht hatten, oft von seinem kleinen Bruder erzählt, jedoch nicht so ausführlich wie es Undyne getan hatte. Daher dachte sie sich nichts weiter dabei und lächelte ihn stattdessen an. Da die Aarons bereits in den letzten zwei Tagen die Zeit meist mit flexen verbracht hatten, konnte Alphys einen Helfer mit viel Motivation gut gebrauchen. Zumal es auch das Verteilen an die Temmies erleichtern würde, hatten die massiven Muskel der Aarons diese doch bisher nur abgestoßen und auf Abstand gehalten. Papyrus würde nun alles viel einfacher machen. Zumindest hatte Alphys diese Hoffnung. „Nun gut, ich hatte den Aarons bereits alles erklärt, ich schätze mal, dir muss ich keine Erklärung mehr geben. Immerhin hast du bereits alles von Undyne gehört, als ihr in Team Snowdin beschäftigt wart“, ging Alphys zu Papyrus‘ Freude auf dessen Anspielung von vorhin ein. Dieser nickte, so eifrig er konnte. „DAS IST KORREKT; ICH HABE IN DER TAT KEINE WEITERE ERKLÄRUNG NÖTIG, ICH BIN DANK UNDYNE BEREITS VOLLKOMMEN IM BILDE.“ Mit einem Blick, der von Tatenkraft durchtränkt war, sah Papyrus Alphys an. Noch etwas, was sie von Sans nicht kannte. Diesen konnte sie dagegen nur als „permanent unmotiviert“ einstufen. „Gut, dann werde ich noch kurz die Aufteilungen machen und dann können wir auch schon loslegen“, sagte Alphys und rückte ihre Brille zurecht. Zwar kannte sie mittlerweile viele der ehemaligen Bewohner Waterfalls, manche sogar noch aus der Zeit im Untergrund, doch machte sie die Vorstellung, mit vielen von ihnen zu reden, nervös. Doch zu ihrem Glück ließ sich niemand davon anstecken, etwas, was Alphys alles andere als überraschte. „Nun gut, ich hatte es mir so überlegt … nachdem das gestern ein totales Desaster war“, dabei warf sie einen kurzen, nicht wertenden Blick zu den Aarons, „nun, da hatte ich mir überlegt, dass wir die restliche Verteilung für heute anders machen. Aarons, ihr kümmert euch am besten um alle, die hier auf dieser Liste hier stehen“. Dabei reichte sie einem von ihnen einen kleinen Stapel Zettel, fein säuberlich aneinandergeheftet. Neugierig sahen die Aarons die Liste an, dass es offenbar sehr viele Bewohner waren, die sie mit Handzettel versorgen sollten, störte sie nicht. Dann reichte Alphys jedem von ihnen einen Stapel Flyer, welche sie sofort an sich nahmen. Mit einem kurzen Nicken und einem schnell Beugen der Oberarme, grinsten die Aarons sich an, bevor sie sich auf den Weg machten. Kaum waren sie außerhalb ihrer Sichtweite, begann Alphys erleichtert aufzuatmen.   „Du kannst dir nicht vorstellen, was für eine Hilfe du mir bist. Nichts gegen die Aarons, sie sind feine Kerle, aber mit ihren Prahlereien rund um ihre Muskeln vertreiben sie jede Temmie, wir haben nicht einen einzigen Flyer an sie verteilen können. Daher wäre es echt lieb, wenn ihr beiden zu den Temmies gehen und ihnen welche geben könntet“, sagte Alphys und lächelte Papyrus verlegen, aber auch erleichtert an. Papyrus wiederum erwiderte Alphys Lächeln mit einem verwirrten Blick. Selbst wenn er so tun wollte, als hätte er eine Ahnung, was Alphys meinte, er konnte es nicht. Für einen kurzen Moment keimte etwas wie Hoffnung in ihm auf, als Alphys zur Seite trat. Doch anstatt einer blauen Jacke und pinken Pantoffeln bekam er ein hellblaues T-Shirt mit Dinosauriern und eine hellgrüne Mütze zu sehen. Die Hoffnung, dass sein Bruder ihm unerwarteterweise bei seiner Aufgabe helfen würde, wurde schneller im Keim erstickt als Alphys die Namen ihrer Lieblingsanimes herunterrattern könnte. Um Frisk nicht zu verletzen, ließ Papyrus sich von seiner Enttäuschung nichts anmerken. Lieber wollte er sie sich für nachher aufheben, für seinen Bruder. Oder am besten niemanden daran teilhaben lassen und es vergessen. „FRISK! WELCH EINE WUNDERVOLLE ÜBERRASCHUNG! UND ICH DACHTE, DU WÜRDEST LADY ASGORE UNTER DIE ARME GREIFEN?“, fragte er neugierig nach, aber auch, um keine allzu lange Gesprächspause entstehen zu lassen. Frisk schüttelte langsam seinen Kopf hin und her. „Ja, also nein, wir sind schon fertig. Kann mit dir jetzt Alphys helfen, mit dir zusammen“, sagte Frisk und lächelte dabei mehr als glücklich vor sich hin. Papyrus fühlte sich augenblicklich besser, auch wenn sein Bruder nach wie vor die größere Überraschung gewesen wäre. Eine, die sehr, sehr unwahrscheinlich war und doch konnte er nicht aufhören, an seinen großen Bruder zu glauben. Daran zu glauben, dass dieser an sich arbeiten und sich ändern könnte. Wenn er nur den ersten Schritt tun würde. Papyrus kam nicht dazu, länger über seinen Bruder oder dessen Verhalten nachzudenken, da gerade jemand nach seiner Hand gegriffen hatte. Frisk sah ihn lächelnd an und begann ihn in seine Richtung zu ziehen. „Los komm, lass uns losgehen“, sagte er und wedelte mit den Zetteln, die er bereits von Alphys entgegengenommen hatte. Papyrus spürte, wie seine eigene Motivation zurückkehrte und in ihm überkochte. So lächelte er Frisk an und meinte nur: „DANN LASS UNS BEIDE AUSSERORDENLICH FLEISSIG SEIN! JE MEHR TEMMIES UNSERE ZETTEL BEKOMMEN, DESTO MEHR WERDEN AUCH BEI DER EIERSUCHE TEILNEHMEN.“   Mit großen Schritten begann Papyrus in die Richtung des „New Temmie Village“ zu gehen, dem Ort, welchen die Temmies sich als ihre neue Heimat ausgesucht hatten. Kaum hatten sie, wie alle Monster, die Oberfläche zum ersten Mal betreten können, hatten sie das Gebäude eines verlassenen Supermarkts sofort ihr Eigen nennen können. Die Tatsache, dass sie den Menschen dieses Gebäude sogar hatten abkaufen können, hatte nicht wenige überrascht. Frisk dagegen musste sich Mühe geben, um mit Papyrus‘ Tempo mithalten zu können. Er bemerkte dies und verlangsamte seine Schritte, bis sie nebeneinander liefen. Kurze Zeit später standen Papyrus und Frisk vor dem ehemaligen Supermarkt, welcher nun eine Stadt war. „EINEN SUPERMARKT ALS EIN DORF ZU BEZEICHNEN, DAS SCHAFFEN AUCH NUR TEMMIES“, dachte Papyrus laut nach. „ABER ES PASST ZU IHNEN!“ Frisk unterdrückte ein Lachen. „Das stimmt, immerhin haben sie im Untergrund einen kleinen Raum auch als ihr Dorf bezeichnet. Papyrus nickte zustimmend, schon diese Tatsache hatten viele Monster als sehr seltsam empfunden. Doch waren Temmies keine gewöhnlichen Monster und so dachten sie sich jetzt kaum etwas dabei. Dass es die Temmies sogar noch irgendwie geschafft hatten, sich in kürzester Zeit zu vermehren und College-Abschlüsse zu absolvieren, war nur das Sahnehäubchen. Das Schild, welches sich über dem breiten Eingangsbereich befunden hatte, war längst ausgetauscht worden und begrüßte alle, die sich dem Dorf näherten, mit dem Namen der neuen Temmie Heimat. Sofort wurden sie von diversen Temmies begrüßt, eine von ihnen bot ihnen sogar einen kleinen Trink an. Ein Glas Limonade zum günstigen Preis von 20 G. In der Zwischenzeit, während Frisk zwei Gläser bezahlte und darauf wartete, dass die Temmie seine Bestellung ausführte, reichte Papyrus jeder von ihnen einen Flyer. „hOOOOiii! Suche nach Osterei? Temmie findet spannend. Temmie gute Sucherin. Meister im Suchen!“, sagte eine etwas jüngere Temmie, als sie den Zettel von Papyrus entgegennahm. Es war die letzte und doch hatte Papyrus noch mehrere Flyer übrig. Fragend sah er sich um, doch er konnte kein kleines Monster sehen, welches keinen Flyer bekommen hatte. Hatte Alphys ihm doch zu viele gegeben? Dabei waren die Zettel für die Monster aus der Snowdin Einheit genau abgezählt worden und da auch diese Einheit von Alphys organisiert worden war, wie alle anderen, konnte Papyrus nicht von einem Versehen ausgehen. „WO SIND DENN DIE ANDEREN? DA FEHLEN DOCH NOCH WELCHE!“, sagte Papyrus und blickte sich weiterhin um. Doch obwohl er dank seiner Größe über die Regale hinwegsehen konnte, wurde er nicht weiter fündig. Temmies Gesichtsausdruck war wie immer unlesbar, selbst Frisk konnte darin nicht viel erkennen als das übliche Lächeln, dass die Temmies tagein, tagaus zeigten. „Tems unten am Fluss. Gemütlicher Tag. Entspannung. Temmie sollte auch hingehen. Bye!“ Frisk reichte Papyrus eines der Gläser, komplett aus Plastik, wie er schnell feststellte. „Wir müssen die Gläser wieder zurückgeben. Die Temmies bestehen darauf!“, sagte Frisk, als hätte in der Vergangenheit bereits einen Vorfall gegeben. So beschlossen die beiden, ohne es laut auszusprechen, die Limonade mit einem Schluck auszutrinken. Zu ihrer Überraschung schmeckte sie sehr angenehm, stark nach Zitrone, aber sie war weder zu süß noch zu sauer. Papyrus konnte sich vorstellen, sie öfters zu trinken. Kaum hatten sie die Becher am Stand zurückgegeben, sahen Papyrus und Frisk an sich an. Es fehlten nur noch eine Handvoll Temmies und schon hatten sie ihre Mission beendet.   Es war nicht weit zum Fluss, und dennoch musste Papyrus sich den Weg zeigen lassen, da Frisk der einzige von ihnen beiden war, der eine Karte richtig auslesen konnte. Etwas, was Papyrus ungern zugab. Doch da er sich nicht verlaufen wollte, war er auf die Kartenlesekünste seines menschlichen Freundes angewiesen. Nach rund 15 Minuten hatten sie den Fluss erreicht, ein ruhiges Gewässer, zumindest machte es auf Papyrus den Eindruck. „WOWIE! DER FLUSS SIEHT FAST GENAUSO AUS WIE DER IN WATERFALL, NUR DASS DIESER HIER NOCH KLARER IST. WIE ES WOHL IST, DARIN ZU SCHWIMMEN?“ Frisk schüttelte mit dem Kopf, dann deutete er auf die Mitte des Flusses. „Bei dem Fluss hier muss man aufpassen, der ist sehr gefährlich! Es sieht nicht so aus, aber dieser Fluss hat eine starke Strömung. Das haben mir Erwachsene vor einer Weile erzählt. Die Strömung reißt jeden, der nicht so gut schwimmen kann, weg. Deshalb haben sie mich gewarnt.“ Papyrus blickte Frisk kurz nachdenklich an, dann hob er seinen Brustkorb und blickte den Jungen mit einer sehr großen Portion Stolz im Blick an. „FRISK, ICH FINDE ES DURCHAUS LÖBLICH, DASS DU MICH VOR DEN GEFAHREN DES FLUSSES WARNST. ABER DU MUSST DIR ABSOLUT KEINE SORGEN MACHEN, DENN DER GROSSARTIGE PAPYRUS IST AUCH EIN GROSSARTIGER SCHWIMMER, EINE SCHNELLE STRÖMUNG MACHT MIR NICHTS.“ Leicht zweifelnd sah Frisk ihn an, er hatte Papyrus in der kurzen Zeit, die sie zusammen im Untergrund verbracht hatten, noch nie in Waterfalls schwimmen gesehen. Doch er wollte es ihm im Zweifelsfall einfach glauben. Zumal er auch nicht unbedingt wollte, dass Papyrus sich beleidigt fühlte und seine „großartigen Schwimmkünste“ zu demonstrieren versuchte. Denn falls dies doch nicht der Fall sein sollte, dann würde Frisk ihn kaum retten können. Stattdessen begann er, das Flussufer nach den noch fehlenden Temmies abzusuchen und wurde sofort fündig. Zwei von ihnen saßen an einem Lagerfeuer, eine las in einem Buch in einer Sprache, die Frisk nicht identifizieren konnte und drei weitere angelten. Eine letzte hatte es sich auf der Wiese neben dem Flussufer gemütlich gemacht und träumte vor sich hin. „Wie viele von ihnen sollten eigentlich hier sein?“, fragte Frisk, da er die Flyer nicht in der Hand hatte. Papyrus zählte sie durch und antwortete: „Laut meiner Flyer Anzahl müssten es genau sieben Temmies sein.“ Und so lief es weiterhin wie am Schnürchen. Der schlafenden Temmie legte Frisk einen Flyer unter eine Wasserflasche, sie würde ihn lesen können, sobald sie aus dem Land der Träume herausgefunden hatte. Die zwei am Lagerfeuer nahmen sie glücklich entgegen und nutzten sie nach dem Lesen sofort als Brennmaterial. Die lesende Temmie hatte keine Zeit verschwendet und aus dem Zettel ein kleines Lesezeichen gefaltet, welches sie neben sich ablegte. Das kleine, grüne Blatt, welches sie davor wohl genutzt haben musste, flog dagegen in einem hohen Bogen weg. Doch es kam nicht weit, eine der Lagerfeuer-Temmies fing es und fügte es ebenfalls dem kleinen brennenden Holzstapel hinzu. Fehlten nur noch die angelnden Temmies. Sie saßen auf einer kleinen Picknick-Decke, hatten alle drei ihre Angeln ausgeworfen und warteten darauf, dass etwas anbiss. Ein kleiner Fisch, der sich von ihren Ködern angelockt fühlte. Papyrus und Frisk näherten sich ihnen, doch die drei Temmies machten keine Anstalten, auf die beiden in irgendeiner Weise zu reagieren. Sie wussten nicht so recht, wie sie den Temmies die restlichen drei Flyer geben sollten. So sahen Papyrus und Frisk sich erst fragend an, doch fanden im Gesicht des jeweils anderen keine Antwort darauf. Daher beschlossen sie, den Temmies die Zettel in den kleinen Korb zu legen, der sich neben ihnen befand. Vermutlich wollten sie darin ihren Fang transportieren. Die größte von ihnen, mit einem knallroten Anglerhut auf dem Kopf, drehte sich kurz zu ihnen um. „HoIIII! Papier! Kostenloses Papier!“, sagte sie begeistert, doch Papyrus schüttelte nur ganz leicht den Kopf. „NICHT GANZ! ABER SO GANZ DANEBEN LIEGST DU AUCH NICHT. DAS SIND FLYER FÜR UNSERE OSTEREISUCHE ÜBERMORGEN. KOMMT BITTE ZAHLREICH, ES WERDEN SEHR VIELE EIER VERSTECKT, DIE VON EUCH GEFUNDEN WERDEN WOLLEN!“ Für einen kurzen Moment musste Frisk an eine der Temmies denken, die er im Untergrund in ihrem alten Dorf getroffen hat. Sie hatte ein Ei bewacht und darauf gewartet, dass es schlüpft. Doch darauf hätte sie ewig warten können, da es sich um ein hartgekochtes Ei gehandelt hatte. Ob die anderen Temmies es besser gewusst hatten? Frisk hatte sich nicht zu fragen getraut.   Seine Gedanken wurden von Papyrus unterbrochen und wenige Sekunden später hatte er sie auch bereits wieder vergessen. „IN ORDNUNG, UNSER WERK HIER IST GETAN! BERICHTEN WIR ALPHYS DAVON.  DAS GANZE GING EINFACHER UND SCHNELLER ALS GEDACHT, ABER KEINE ARBEIT IST FÜR DEN GROSSARTIGEN PAPYRUS ZU SCHLICHT UM SIE ABZULEHNEN. AUCH DIE EINFACHE UND SCHNELLE ARBEIT MUSS VON JEMANDEM ERLEDIGT WERDEN!“ Frisk lächelte ihn an und musste kurz an dessen Bruder denken. Dieser hätte vermutlich so wenig Anstrengung in diese „kleine Aufgabe“ hineingesteckt wie nur irgendwie möglich. Gleichzeitig hatte er dem nichts hinzuzufügen, und so nickte er nur. Bevor sie sich umdrehten und sich auf den Rückweg machten. Bevor das Schicksal entschied, dass es doch nicht so einfach werden sollte. Sie hatten sich nur wenige Meter von den Temmies entfernt, als sie einen lauten, erfreuten Aufschrei hörten. „Hoiiii! Fisch hat angebissen! Großer Fang!“, konnten sie eine von ihnen rufen hören. Neugierig drehten Frisk und Papyrus sich zu den beiden um, wollten sehen, welchen großen Fang die eine Temmie gerade gemacht hatte, doch alles, was sie zu sehen bekamen, war eine Temmie, welche wie verrückt an ihrer Angel zog. Oder zog die Angel an ihr? Sie konnten es schwer sagen, offenbar tat die Temmie sich schwer, als sie versuchte, ihren Fang an Land zu ziehen. Und dann ging alles ganz schnell. „HoIIII!“, rief sie laut aus, als ihre Kräfte schließlich nachließen und sie mitsamt ihrer Angel in den Fluss gezogen wurde. Erschrocken blickten die anderen Temmies ihr hinterher, Papyrus und Frisk dagegen rannten zurück zum Fluss. „Können … können Temmies schwimmen?“, fragte Frisk mit zittriger Stimme. Er wusste zwar, dass sie im Untergrund in der Nähe von Waterfalls gelebt hatten, doch er hatte sie so gut wie nie außerhalb ihres kleinen Dorfes angetroffen. Papyrus, der den Blick nicht von dem Fluss nahm, konnte die Frage nicht beantworten. Doch die Tatsache, dass die kleine Temmie versuchte, gegen die Strömung und den Fluss an sich anzukämpfen, das war Antwort genug. „Wir müssen ihr helfen!“, rief Frisk und zog sich die Schuhe aus, doch da war Papyrus schneller. Mit einer Arm hielt er die Schulter des Jungen und drückte sie ein wenig. „DAS IST ZU GEFÄHRLICH, BLEIB LIEBER HIER, DAS IST EINE AUFGABE FÜR DEN GROSSARTIGEN PAPYRUS! HOL LIEBER ALPHYS, SIE WIRD WISSEN, WAS WEITER ZU TUN IST!“ Ohne ein weiteres Wort zu verlieren, nahm Papyrus Anlauf und sprang in den Fluss hinein, schwamm der Temmie hinterher, die von der Strömung immer weiter fortgetrieben wurde. „HALTE DURCH!“, rief Papyrus Temmie zu, während er sie immer weiter einholte. Diese dagegen versuchte immer verzweifelter, an der Oberfläche zu bleiben, was ihr von Sekunde zu Sekunde immer schwerer fiel. Besonders die starke Strömung in der Flussmitte machte ihnen beiden zu schaffen und Papyrus realisierte, dass er den Fluss aufgrund seines harmlosen Anblickes vor wenigen Minuten noch unterschätzt hatte. Schwimmzug um Schwimmzug näherte er sich der Temmie, bis er sie endlich einholen konnte. Mit einem Arm schnappte er sich das kleine, verzweifelte Monster, während er damit begann, so schnell wie möglich ans rettende Ufer zu kommen. Es dauerte eine gefühlte Ewigkeit, aber je mehr sich Papyrus von der Flussmitte entfernte, desto mehr und mehr nahm die Strömung ab. Die Angel hatte die Temmie längst verloren und sie trieb irgendwo in der Ferne. Doch nichts konnte ihnen beiden egaler sein. Stattdessen kletterte Papyrus aus dem Fluss und setzte die zitternde Temmie neben sich auf den Boden. Erschöpft und leicht verschwitzt blickte er sie an, versuchte zu erkennen, ob mit ihr alles in Ordnung ist. Doch er konnte es nicht in Worten ausdrücken, dazu war er zu sehr erschöpft. Mittlerweile kamen Frisk und die restlichen Temmies angerannt, mit dem Jungen an der Spitze. Frisk nahm die Picknick-Decke, auf welcher die Angler vorher gesessen hatten und wickelte die verängstigte Temmie darin ein. Es dauerte ein paar Minuten, bis sie sich in Frisks Armen soweit beruhigt hatte, dass sie sich von ihm abtrocknen ließ. Papyrus dagegen fand wieder zu neuer Energie und stand auf. Zwar war auch er von Kopf bis Fuß nass, doch das störte ihn nicht. „DAS WÜRDE SCHON NOCH TROCKNEN“, sagte er, als Frisk ihm die Decke ebenfalls anbot. „IST MIT TEMMIE ALLES IN ORDNUNG? DIE STRÖMUNG IST WIRKLICH SEHR STARK GEWESEN, SELBST ICH MUSSTE MIR SEHR VIEL MÜHE GEBEN, UM GEGEN SIE ANKOMMEN ZU KÖNNEN“, gab Papyrus zu und Frisk wusste, dass dieser das nicht leichtfertig zugeben würde. Er sah der geretteten Temmie in die Augen, diese hatten bereits wieder Leben in sich. Auch das typische Temmie-Grinsen kehrte langsam in ihr Gesicht zurück. Dann begann sie zu husten und spuckte ein wenig Wasser aus. „Ja, es geht ihr gut. Sie hat sich einen ziemlichen Schrecken geholt, aber ich denke, es ist jetzt wieder gut. Aber ich werde trotzdem Mama Toriel anrufen, sie kann die Kleine bestimmt untersuchen.“ „Das würde ich auch sagen, das wäre viel besser. Ich bin zwar eine Wissenschaftlerin, aber mit Medizin kenne ich mich kaum aus. Nun ja, zumindest nicht mit Temmies“, gab eine Stimme kleinlaut zu und Papyrus sah in ihre Richtung. Erst jetzt bemerkte er, dass sich Alphys zu ihnen gesellt hatte. Erst jetzt erinnerte er sich an die Anweisung, die er Frisk gegeben hatte. Es fühlte sich an, als wäre er vor einer halben Ewigkeit in den Fluss gesprungen. Alphys musste den Weg zum Fluss gerannt sein, sie schnaufte und ihre Wangen waren vor Anstrengung tiefrot gefärbt. Erst nach einer kurzen Pause hatte sich ihr Atem wieder normalisiert. „Gut, dass euch beiden nichts passiert ist. Und mit dir ist auch alles in Ordnung, Papyrus?“, fragte sie ihn und er schüttelte den Kopf. „MICH HAT DAS SCHWIMMEN NUR EIN WENIG VERAUSGABT, ABGESEHEN DAVON IST ALLES IN BESTER ORDNUNG!“ Doch er wich Alphys Blick aus, für einen kurzen Moment verkrampften sich seine Hände, bevor er sie wieder entspannte. „ICH WAR SCHON IMMER EIN EXCELLENTER SCHWIMMER. ICH MUSSTE ES SCHON IMMER SEIN, ES WAR ETWAS, WAS ICH SCHON SEHR FRÜH LERNEN MUSSTE. EINE SEHR FRÜHE LEBENSLEKTION“, entgegnete er und Alphys entging der Schmerz in seinen Worten nicht. Doch sie ging nicht darauf ein und Papyrus erwiderte nichts mehr dazu. Stattdessen versuchte sie, das Gespräch in eine andere Richtung zu lenken. „Gut. Auf jeden Fall vielen Dank, dass du und Frisk uns beim Austeilen geholfen habt. Und es ist großartig, dass du die Temmie gerettet hast. Wer weiß, was passiert wäre, wenn ihr nicht hier gewesen wärt…“ Sie schüttelte mit dem Kopf so fest sie konnte. Sie wollte nicht aussprechen, was so gut wie jede anwesende Person dachte. „Am besten ist es, wenn ich Mama Toriel anrufe, sie wird dann auch sofort kommen und sich die Temmie ansehen. Ist das ok für euch?“, fragte Frisk in die Runde, doch niemand hatte etwas dagegen. So suchte Frisk Toriels Nummer in seiner Handykontaktliste, wie zu erwarten nahm sie den Anruf sofort entgegen. „Mama Toriel, hast du kurz Zeit? ...“ Papyrus dagegen entschied sich, zusammen mit Alphys und den anderen Temmies auf Toriel zu warten. Er legte vorsichtig seine Hand auf den Kopf der geretteten Temmie, erst jetzt fiel ihm auf, dass sie ihren roten Anglerhut verloren hatte. Langsam und sachte begann er ihren Kopf zu streicheln. „ES WIRD ALLES WIEDER GUT, LADY ASGORE HAT SEHR GUTE HEILKRÄFTE, SIE ÜBERRAGEN SOGAR DIE MEINEN“, sagte er und lächelte die Temmie an, auch wenn sie es nicht sehen konnte. Danach schwiegen sie, bis Toriel eintraf.   ~   „wow. das ist wirklich sehr beeindruckend, bro“, sagte Sans und sah seinen Bruder an. Ihm war vollkommen klar, dass Papyrus so reagieren würde. Es war ihm schon bei der Stelle der Erzählung bewusst, in welcher die Temmie in den Fluss gefallen war. Das, was daraufhin folgte, hatte seinen Verdacht nur bestätigt. „NUR DEIN GROSSARTIGER BRUDER WAR DAZU IN DER LAGE, DAS ZU TUN. UND OFFENBAR KÖNNEN TEMMIES NICHT SCHWIMMEN, DA SIE ES NIE LERNEN MUSSTEN…ABER SIE ÜBERLEGEN WOHL, IN DER NÄCHSTEN ZEIT EINEN KURS DAFÜR ZU BELEGEN.“ Papyrus verstummte, als er sah, dass sein Bruder ihn beobachtete. Mit schwarzen, leeren Augenhöhlen. Es dauerte nur einen kurzen Augenblick, bevor das Licht wieder zurückkehrte. Bevor Sans ihn wieder normal ansah. „JEDENFALLS“, Papyrus hatte nach ein paar Sekunden seine Stimme wiedergefunden, „GEHT ES DER TEMMIE MITTLERWEILE WIEDER GUT. LADY ASGORE HAT DAS SICHERGETELLT UND BIS AUF EIN WENIG VERSCHLUCKTEM WASSER UND SCHRECKEN HAT TEMMIE NICHTS WEITER. ABER ICH DENKE, SIE WIRD DEN FLUSS IN DEN NÄCHSTEN TAGEN ERST EINMAL MEIDEN. WIE GUT; DASS DIESER KEIN TEIL DER OSTERSUCHAKTION SEIN WIRD.“ Noch immer beobachtete Sans seinen Bruder, ohne etwas zu sagen. Ein seltsames Gefühl kratzte an seinem Hinterkopf, doch Sans konnte nicht sagen, was es war. Also sah er seinen Bruder immer wieder und wieder an, von oben bis unten. Papyrus fiel es sofort auf. „MIT MIR IST ALLES IN ORDNUNG, DU WEISST, DASS ICH EIN AUSSERORDENTLICH TALENTIERTER SCHWIMMER BIN. DU WEISST, DASS MIR ALLES LEICHT FÄLLT!“ Sans schüttelte mit dem Kopf. „ich weiß, bro, du bist der beste. aber das ist es nicht. irgendwas ist anders an dir…“ Dann fiel der Schalter in seinem Kopf um, und er wusste sofort, was an dem Bild, das er vor sich hatte, nicht stimmte. Noch immer trug Papyrus seinen „Battle Body“, ursprünglich ein Partykostüm, mochte er das Outfit auch nach Monaten immer noch. Doch etwas fehlte. Etwas ganz Entscheidendes. „bro, wo ist dein schal?“, fragte Sans ihn schließlich. Papyrus sah direkt an sich selbst herunter, dann wieder zu Sans. „OH! MIR IST GAR NICHT AUFGEFALLEN, DASS ER WEG IST!“ Sans sah ihn besorgt an, konnte es ihm aber auch nicht verübeln, nach allem, was an dem heutigen Tag erlebt hatte. „nicht so schlimm. der wird wieder auftauchen, keine angst“, sagte er so locker es ihm möglich war. Doch seine beruhigenden Worte hatten keinen Effekt auf Papyrus, im Gegenteil. „NICHT SO SCHLIMM? NATÜRLICH IST DAS SCHLIMM, BRUDER, IMMERHIN HABE ICH DEN SCHAL VON DIR BEKOMMEN, ALS ICH NOCH EIN KLEINER KNIRPS WAR! DU WEISST DOCH, DAS WAR EIN GEBURTSTAGSGESCHENK! ICH KANN DEN NICHT EINFACH VERLIEREN, DAS IST UNMÖGLICH!“ Sans sah seinen Bruder an, und seufzte. Dann stand er auf, und schlurfte über den Teppichboden zu seinem Bruder hinüber. Setzte sich zu ihm auf die Couch, während Papyrus voller Scham sein Gesicht hinter seinen Händen versteckte. „mach dir keine gedanken. das kann jedem passieren, selbst so coolen personen wie dir. du wirst ihn schon wieder finden!“ Doch Papyrus gab ihm keine Antwort. Da ihn Sans dazu nicht drängen wollte, schwieg er ebenfalls, hörte aber nicht auf, seinen Bruder genau zu beobachten. So entging ihm die einzelne Träne, die sich ihren Weg an den Händen seines kleinen Bruders vorbeibahnte, nicht. „hey, bro, er wird wieder auftauchen“, versuchte er ihn zu trösten und legte seine kleine Hand auf dessen Rücken. Und aus einer Träne wurden viele. Papyrus begann unter der Last seiner Emotionen zu beben. „SO SEHR ICH DAS AUCH MÖCHTE, SO SCHNELL WERDE ICH NICHT DANACH SUCHEN KÖNNEN! MEINE PFLICHTEN VERHINDERN LEIDER, DASS ICH MICH AUF SEINE SUCHAKTION BEGEBEN KANN. DENN LEIDER HABE ICH MICH LADY ASGORE FÜR MORGEN VERSPROCHEN UND ÜBERMORGEN IST BEREITS DIE OSTEREIERSUCHE…“ Er seufzte, so laut und so schwer, wie es Sans schon lange nicht mehr bei ihm gehört hatte. Wie er gehofft hatte, still für sich, dass er es nie wieder hören würde. Nun begann er, Papyrus am Rücken ein wenig zu streicheln. So gut wie er an diesen herankam. „ich kann für dich den schal suchen gehen. mich hat niemand zu irgendwas gebeten, wie du weißt, ich habe eine menge zeit. dann werde ich eben den schal für dich finden.“ Papyrus hob seinen Kopf, noch immer liefen Tränen aus seinen Augenhöhlen, ein Anblick, der Sans‘ Seele einen kleinen Stich gab. Vorsichtig wischte er mit seinem eigenen Handschuh ein paar Tränen aus Papyrus Gesicht, während dieser sich immer mehr beruhigte. „KANNST DU DAS FÜR MICH MACHEN? WIRKLICH? VERSPROCHEN?“ Sans spürte, wie seine Hände in den Handschuhen schwitzig wurden. „du weißt, ich gebe nicht gerne versprechen. aber ja, das kann ich machen.“ Papyrus‘ Miene hellte sich nun deutlich auf. „WIRKLICH?!  DU VERSPRICHST ES? WOWIE!“ Sans zuckte nur mit den Schultern. Gleichzeitig überlegte er, wie, wann und wo sein Bruder den Schal überall hätte verlieren können. Doch das ließ er sich nicht anmerken. „klar, versprochen.“ Kapitel 2: Tag des Bastelns --------------------------- „UND DU BIST DIR SICHER, DASS ICH MICH AUF DICH VERLASSEN KANN?“, sagte Papyrus mit einer nicht geringen Menge Skepsis in der Stimme. Sein Bruder, der gerade eine Tupperdose aus dem Schrank holte, drehte sich mit dieser in der Hand zu ihm um. „natürlich, bro, sonst hätte ich es ja nicht gesagt“, antwortete er und begann, mit der Gabel sein Frühstück in die offene Box zu schieben. Die Spaghetti würde er später essen, wenn er mehr Hunger darauf hätte. Und auch die Zeit. Zwar hatten sich die Kochkünste seines Bruders in den letzten Wochen dramatisch verbessert, doch das änderte nichts an der Tatsache, dass Sans am frühen Morgen kaum bis gar nichts herunterbrachte. Sein Bruder wusste das und so sagte er nichts, als Sans die Tupperdose im Kühlschrank verstaute. Zu den anderen Resten, die dort aufbewahrt wurden. Stattdessen wartete er, bis Sans sich wieder zu ihm umdrehte. „ES IST NICHT SO, DASS ICH DIR NICHT VERTRAUE, BRUDER, ABER…“ Papyrus beendete den Satz nicht, doch das musste er auch nicht tun. Sie beide wussten, dass Sans nicht das zuverlässigste Monster war, besonders in den letzten Jahren nicht. Doch bevor Sans darauf etwas erwidern konnte, ballte Papyrus die Fäuste zusammen und blickte seinen Bruder sehr entschlossen an. „IN ORDNUNG! ICH BIN BEREIT, DIR DIESE CHANCE ZU GEBEN. ICH WÄRE IMMERHIN KEIN GROSSARTIGER BRUDER, WENN ICH NICHT WEITERHIN AN DICH GLAUBEN WÜRDE! JEDER KANN SICH VERÄNDERN UND ICH BIN MIR SICHER, DU KANNST ES AUCH SCHAFFEN! DU… DU BRAUCHST NUR ETWAS MEHR MOTIVATION. DANN WIRD ES AUCH DIR GELINGEN. DAS SPÜRE ICH!“ Sans zwang sich zu einem Ansatz eines Lächelns und das schien Papyrus zufrieden zu stellen. Er wollte, dass sein kleiner Bruder das Haus mit einem guten Gefühl verließ. Außerdem hatte er noch einiges vor sich, woran Sans ihn auch zugleich erinnerte. „sag mal, müsstest du jetzt nicht zu den anderen gehen, irgendwas mit basteln? ich kann dich gerne hinbringen, damit du nicht zu spät kommst. dir ist pünktlichkeit wichtig, das weiß ich doch…“, sagte Sans, zwinkerte seinen Bruder an und hielt ihm eine Hand hin. Papyrus wollte erst etwas erwidern, doch dann fiel sein Blick auf die Küchenuhr. Was auch immer er Sans sagen wollte, er hatte es so schnell wieder geschluckt, wie es ihm in den Sinn gekommen war. Stattdessen nahm er Sans‘ Hand in die eigene. Ein zweifelnder Blick lag in seinen Augenhöhlen. „DU HAST JETZT ABER NICHT DAS VOR, WAS ICH DENKE?“, sagte Papyrus noch, da leuchtete bereits Sans linkes Auge in hellblauer Farbe. Nur einen Herzschlag später standen sie nicht mehr in der Küche ihres neuen Zuhauses, sondern vor Toriels Haustür. Sie hatte diese bereits mit einer kleinen Dekoration verziert, einem kleinen Hasen, auf welchem „Hoppy Easter“ draufstand. Papyrus unterdrückte ein Grinsen, als er das Schild sah. Sans sah allerdings in eine andere Richtung, so viel ihm das Schild gar nicht erst auf. „doch. ich habe gerade eben eine abkürzung genommen“, sagte Sans und grinste seinen Bruder frech an. Dieser ließ Sans‘ Hand los und schüttelte mit dem Kopf. „DU WEISST, ICH MAG ES NICHT, WENN DU DEINE RAUM-ZEIT-SPIELCHEN MIT MIR SPIELST!“ Er dachte ein paar Sekunden nach, bevor er mich räusperte. „AUF DER ANDEREN SEITE BIN ICH DANK DIR NOCH PÜNKTLICH ANGEKOMMEN UND KANN SOMIT MEINEN RUF ALS DAS ZUVERLÄSSIGSTE SKELETT ALLER ZEITEN BEWAHREN. DAFÜR BEKOMMST DU MEINEN VOLLEN DANK, BRUDER.“ „ist doch ein kinderspiel, bro“, sagte Sans und zuckte mit den Schultern. „also dann, bis heute abend.“ „BIS HEUTE ABEND, BRUDER. UND VERGISS DEINE SPAGHETTI NICHT!“ Wieder zwinkerte Sans ihn an: „werde ich nicht. sie werden bestimmt pasta-tastisch sein.“ Doch bevor sein Bruder darauf reagieren konnte, hatte Sans sich längst wieder wegteleportiert. Daher stieß Papyrus, mit einem leichten Anflug eines Lächelns, nur einen großen Seufzer aus. Anschließend blickte an sich herunter, auf die Stelle, an welcher sich üblicherweise sein Schal befand. Als könnte er ihn dennoch auf eine magische Weise ertasten, fuhr er mit den Fingerspitzen über seinen Brustharnisch und verharrte dort. Es war lange her, dass er seinen Schal freiwillig abgelegt hatte, nur, wenn er nicht zu seinem aktuellen Outfit oder der derzeitigen Wetterlage passte. Doch sein Battle Body, ein Kostüm, dass er nach wie vor mit sehr viel Stolz trug, war ohne den langen roten Schal nicht vollständig. Doch bevor er sich noch weiter Gedanken darüber machen konnte, wurde er von einer lauten und begeisterten Stimme unterbrochen. „Hey, Papyrus, wie erwartet bist du vor uns da!“, konnte er die Stimme seiner ehemaligen Chefin hören, wie sie sich ihm von der Seite näherte. Schnell nahm er seine Hand herunter, blickte zu ihr und erwiderte lächelnd ihr Winken. „Oh nein, ich wusste es, wir sind die letzten“, sagte Alphys und ließ ihre Schultern hängen. Woraufhin ihr Undyne ihr aufmunternd auf die Schulter klopfte. Papyrus konnte erkennen, dass sie sich dabei mehr als zurückhielt, um Alphys beim Versuch sie aufzumuntern versehentlich zu verletzen. „NEIN, ICH DENKE, WIR LIEGEN GENAU RICHTIG IN DER ZEIT, ALPHYS!“, versuchte Papyrus sie zu beruhigen. „ICH BIN AUCH GERADE ERST ANGEKOMMEN UND MEINE INNERE UHR SAGT MIR, DASS WIR WEDER ZU FRÜH NOCH ZU SPÄT SIND; SONDERN GENAU PÜNKTLICH!“ Mit wenigen Schritten näherten sich die beiden Frauen Papyrus und so standen sie zu dritt vor Toriels Tür. „Dann sollten wir auch dafür sorgen, dass es so bleibt“, meinte Undyne und klopfte energisch an der Tür. Toriel öffnete ihnen und lächelte sie freundlich an. „Pünktlich wie die Handwerker“, sagte sie und ließ ihre Gäste einen nach den anderen in ihr Haus eintreten.   „Schön, dass ihr heute gekommen seid. Es ist nicht mehr viel, was erledigt werden muss, nur ein wenig Deko, die wir hier und da verteilen werden“, sagte sie, während sie ihre Gäste ins Wohnzimmer führte. Dort wartete Frisk bereits auf sie und lächelte die drei an. „Möchte jemand von euch etwas zu trinken haben? Wir haben Wasser, zuckerfreie Limonade und Kaffee hier“, schlug Toriel vor und sah ihre Gäste an, während sie auf Antworten wartete. Kaum hatte sie diese erhalten, steuerte sie auf die Küche zu. Papyrus, Undyne und Alphys dagegen setzten sich zu Frisk an den großen Tisch mit der geblümten Tischdecke. „Hey, Punk, alles klar?“, wollte Undyne nun von ihm wissen und er nickte ein wenig. „Ja, es ist alles klar. Mama Toriel hat alles ganz gut geplant und wir werden wohl heute fertig“, antwortete Frisk. Seit er mit Toriel zusammen unter einem Dach wohnte, hatten sich seine Sprachkenntnisse und sein Satzbau deutlich verbessert, auch redete er deutlich mehr als früher. In diesem Augenblick kehrte Toriel mit den Getränken zurück und übergab es jedem ihrer Gäste einzeln. „In Ordnung, für Papyrus das Wasser mit Eis, für Undyne die Limo und für Alphys der schwarze Kaffee“, zählte sie alles auf, während sie die Gläser und Tassen auf dem Tisch abstellte. Sie selbst hatte an ihrem Sitzplatz ebenfalls ein Glas Wasser stehen, während Frisk das gleiche Getränk wie Undyne bekam. „Vielen Dank!“, sagten die drei Gäste fast synchron und sahen sich näher auf dem Tisch um. Dann stellte Undyne die Frage, welche bereits seit mehreren Minuten unausgesprochen im Raum stand. „Was genau sollen wir nun eigentlich machen? Frisk hat uns zwar am Telefon erzählt, dass ihr noch ein wenig Hilfe beim Basteln braucht, aber was genau muss heute noch gemacht werden?“, fragte sie, und die anderen sahen Toriel ebenfalls interessiert an. Diese hatte sich in der Zwischenzeit ebenfalls an den Tisch gesetzt und nahm einen großen Schluck aus ihrem Wasserglas. Dann sah Toriel ihre Gäste abwechselnd an. „Nun, es gibt nicht mehr viel, was wir heute noch zu erledigen haben, aber für Frisk und mich wäre es dann doch zu viel Arbeit für einen Tag. Zwar habe ich alles genau eingeplant, aber dennoch hat es am Ende nicht gereicht. Daher bin ich euch wirklich sehr dankbar, dass ihr heute gekommen seid“, sagte Toriel und sah sie alle nacheinander an. Ihr Blick blieb schließlich bei Papyrus hängen. „Oh, wollte dein Bruder heute nicht mitmachen? Ich dachte, ich hätte ihn vorhin kurz an der Tür gehört“, fügte sie noch hinzu, was Papyrus mit einem leisen Seufzen kommentierte. „DIESE HOFFNUNG HATTE ICH AUCH BIS ZUM SCHLUSS, ABER AM ENDE HAT MICH MEIN BRUDER VOR DEINER TÜR STEHEN GELASSEN, LADY ASGORE!“, sagte er nach ein paar Sekunden Schweigen. Dass Sans sich vor der Bastelarbeit drückte, überraschte keinen von ihnen und doch konnten sie Papyrus ansehen, dass er auch ein wenig enttäuscht war. „WIE AUCH IMMER, BEIM NÄCHSTEN MAL WERDE ICH MIR EBEN MEHR MÜHE GEBEN MÜSSEN UND HÄRTER AN IHM ARBEITEN. ER KANN EIN STURER DICKKOPF SEIN, ABER DAS KANN ICH EBENFALLS. ICH MUSS EBEN NOCH STURER ALS ER SEIN UND DANN WIRD ER SICH SCHON ZU IRGENDEINER ARBEIT ÜBERZEUGEN LASSEN!“ Er pausierte und machte den Eindruck, als wollte er noch etwas hinzufügen. Doch was auch immer ihm in seinem Geist herumschwirrte, er beschloss, es nicht mit den anderen Anwesenden zu teilen. Um die Stimmung zu retten, klatschte Toriel entschlossen in die Hände. „Im Grunde gibt es nur noch zwei Aufgaben, die wir erledigen müssen. Zwar haben wir bereits viel davon, aber noch nicht die Menge, die wir für morgen benötigen. Zum einen müssen wir immer noch genug Eier ausblasen und mit Farbe verzieren; zum anderen brauchen wir noch genug Körbe für die Suche morgen. Damit jeder, der fündig wurde, das auch angemessen transportieren kann während des Events.“ Da keiner es wagte, sie bei ihrer Ansprache zu unterbrechen oder eine Frage dazu stellte, erzählte Toriel mehr von ihren Planungen. „Ich hatte mir das so vorgestellt“, sagte sie und holte einen kleinen Zettel hervor, auf welchem mehrere kleine Notizen standen. „Papyrus, es wäre super, wenn du und Alphys die Eierkörbe flechten könntet. Es geht ziemlich schnell und einfach, sobald man den Dreh heraushat. Natürlich werdet ihr von mir eine Anleitung bekommen, wie man das genau erledigen muss. Frisk hat die Anleitung im Internet gefunden und mir beim Ausdrucken geholfen“, sagte sie und legte ihre Pfote auf Frisks kleinen Kopf. Dieser lief ein wenig rot an, aber lächelte. „Das ist eine Arbeit, für die man gut mit kleinen Details arbeiten sollte. Sans hat mir erzählt, dass du ziemlich künstlerisch begabt bist, Papyrus. Möglicherweise kannst du uns dann auch noch beim Bemalen der Eier helfen, abhängig davon, wie schnell du mit den Körben vorankommst. Aber mach dir da keinen Stress. Und du, Alphys, wenn ich richtig informiert worden bin, hast du diesen Unterhaltungsroboter gebaut, ist das richtig?“ Alphys, die nun noch roter wurde als Frisk wenige Augenblicke zuvor, schaute auf ihre Klauen hinab. „Ja, das stimmt… Toriel. Ich habe Mettaton und seine neue Form gebaut. Aktuell arbeite an einer Lösung für sein Akkuproblem, da seine neue Form doch ziemlich energieintensiv ist und das ist alles andere als optimal. Ich kenne mich daher mit kleinen und feinen Kabeln ziemlich gut aus“, sagte sie, wagte es kaum, den Blick zu heben. Daher sah sie auch nicht, dass Toriel sie mütterlich anlächelte. „Sehr gut, dann habe ich ja genau die zwei richtigen Personen dafür ausgewählt. Nun zu dir, Undyne. Ich bin mir sicher, dass du handwerklich genauso gut bist wie deine beiden Freunde, aber ich habe eine Aufgabe gefunden, die dir sicherlich viel mehr Spaß machen wird. Denn hier kannst du dein gesamtes Können zeigen… nun ja, das meiste davon, ich habe schon mitbekommen, dass du ziemlich stark bist.“ Undyne grinste voller Stolz, sie lachte sogar ein wenig. „Und wie ich stark bin! Soll ich dir das zeigen, hier und jetzt?“ Bereit, Toriel ihre Macht zu demonstrieren, ballte Undyne ihre rechte Hand zu einer Faust und machte sich bereit, aufzustehen. Doch Toriel schüttelte nur mit dem Kopf. „Nein, ich denke nicht, dass das notwendig ist, ich glaube dir das bereits auch so schon. Sonst hätte mein Mann dich damals nicht zur Kapitänin der königlichen Garde ernannt“, sagte Toriel und ließ ein erleichtertes Schnaufen von sich, als Undyne sich wieder entspannte. „Aber ich finde es wundervoll, wie bereit du dafür bist. Ja, die Aufgabe passt wirklich gut zu dir“, sagte Toriel. Jetzt verschränkte Undyne die Arme und sah Toriel gespannt an. „Und was genau wird meine Aufgabe sein? Muss ich irgendwas zerdrücken? Oder auseinanderschlagen? Sag mir, was muss ich tun?“ „Nun, du wirst mit Frisk und mir zusammenarbeiten“, sagte Toriel und legte ihre Pfoten ineinander. „Wir drei werden uns um die Ostereier kümmern, die wir als Dekoration aufhängen werden. Dabei hatte ich es mir so gedacht: Frisk macht die Löcher in die Eier, du pustest sie aus und ich werde sie bemalen oder anderweitig schmücken. Du wirst also einen langen Atem brauchen. Und nein, das ist kein Witz“, sagte sie in Papyrus‘ Richtung, welcher allerdings darauf nicht reagierte. „Eier auspusten? Klar, das klingt wie ein Kinderspiel. Lass mich nur machen, ich bekomme das schneller hin, als du schauen kannst“, sagte Undyne und grinste vor sich hin. Derweil überlegte Toriel sich die eine oder andere Strategie, wie sie Undyne dazu bringen könnte, die Eier auszupusten, ohne sie dabei zu beschädigen. „WOWIE, DAS MUSS DANN EINE AUSSERORDENLICH GROSSE ANZAHL AN EIERN SEIN, DIE DU DAFÜR VERWENDEN MÖCHTEST, LADY ASGORE“, sagte Papyrus beeindruckt. Fragend sah er Toriel an. „NUR, WAS WIRST DU MIT ALL DIESEN EIERN MACHEN? DOCH NICHT ETWA WEGWERFEN?!“ Nun musste Toriel ein wenig lachen. „Aber nein, das wäre ja wirklich eine ziemliche Verschwendung. Nein, ich werde jede einzelne Eierfüllung nutzen und verschiedene Gerichte damit kochen. Omeletts, Rührei, Pfannkuchen, Spiegeleier … ich bin mir sicher, dass ich sehr viele Rezepte umsetzen werden kann. Morgen werde ich es dann alles an die Essenstationen spenden, ich bin mir sicher, alle werden sich darüber freuen. Wer weiß, vielleicht verirren sich ja auch ein paar Menschen zu uns?“ Beeindruckt sah Papyrus Toriel an, er hatte bereits von Sans und dessen wenigen Erzählungen herausgehört, dass Toriel sehr gute Back- und Kochfähigkeiten besitzen sollte. Doch bevor er etwas darauf erwidern konnte, stand Toriel auf und ging ein paar Schritte von ihnen weg. „Gut, dann sollten wir am besten loslegen, nicht wahr? Alles, was wir für die Eier und die Körbe benötigen würden, habe ich in der Küche verstaut. Am besten, Frisk und Undyne, wir arbeiten drüben. Papyrus und Alphys, ihr könnt ja die Körbe hier im Wohnzimmer basteln. So kommen wir uns nicht in die Quere und die Eier haben nur einen sehr kurzen Transportweg, so kann auch nichts daneben gehen. Hat noch jemand von euch irgendwelche Fragen?“ Zu ihrer Überraschung hob nicht Papyrus, sondern Undyne ihre Hand. Dabei hatte er bis eben den Eindruck gemacht, als wollte er ihr etwas sagen. Doch entweder hatte er es bereits wieder vergessen oder es sich anders überlegt. „Wer von uns wird dann die Körbe verteilen und die Eier aufhängen? Die Suche findet ja morgen bereits statt, wenn wir da erst noch alles vorbereiten müssen, dann wird es aber ziemlich eng für uns!“ Aber auch darauf hatte Toriel eine Antwort parat. „Ich verstehe deine Bedenken, Undyne, aber auch hier habe ich bereits die richtigen Maßnahmen getroffen. Die Hundeeinheit, die früher Teil der Garde waren, werden für uns die Eier aufhängen, zusammen mit den Aarons. Wir müssen uns nur um den kreativen Teil kümmern, alles andere erledigen sie. Sie sind nur gerade damit beschäftigt, geeignete Verstecke zu finden, sonst hätten sie uns sicherlich auch gerne geholfen.“ Sie blickte von einer Zimmerecke zur andere. „Was aber auch nicht so schlimm ist, so groß ist mein Haus nun auch wieder nicht, um so viele Gäste hier zu beherbergen. Und um auf die Körbe zurückzukommen, diese werden erst morgen bei der Suche ausgeteilt.“ Dann nahm sie Frisks kleine Hand, dieser ließ sich kommentarlos von ihr zur Küche führen. Undyne, Alphys und Papyrus folgten ihr, und da keiner von ihnen noch eine Frage hatte, teilten sie sich recht schnell in ihre Arbeitsgruppen auf.   Während Undyne zum dritten Mal versuchte, ein Ei auszupusten, ohne es dabei zu zerdrücken, trugen Papyrus und Alphys die letzten Behälter mit Stroh ins Wohnzimmer herüber. Dort nahmen sie wieder an dem Tisch Platz, an welchem sie zuvor gesessen hatten. Die meisten Gläser hatten sie in die Küche gebracht, nur ihre eigenen beiden Getränke standen am Tischrand. Alphys leerte ihren nun mittlerweile abgekühlten Kaffee mit einem Schluck herunter und verzog ihr Gesicht ein wenig. Papyrus dagegen faltete die Bastelanleitung, die sie von Toriel erhalten hatten und begann diese zu studieren. „Ist das die Anleitung?“, fragte Alphys vorsichtig nach und Papyrus nickte. Dann hob er die Anleitung ein wenig zu ihr herüber, so dass sie diese auch sehen konnte. Sofort begutachtete Alphys die erklärenden Zeichnungen und Beschreibungen so gut sie konnte. „Sieht ziemlich einfach aus, wenn du mich fragst. Das dürfte zu schaffen sein. Aber ich würde es erst einmal an einem Prototyp versuchen und dann sehen wir, wie gut wir zurechtkommen.“ Sie wartete auf eine Antwort seitens Papyrus, doch dieser schwieg. Hielt sein Wasserglas fest und schwieg. Die Eiswürfel darin waren zu kleinen Klümpchen zerschmolzen und hatten das Glas fast wieder aufgefüllt. „Ähm, nun ja, wie Toriel sagte, ich habe die beiden Körper von Mettaton gebaut, die normale und EX-Version, beides sehr hochkomplizierte Geräte“, sagte Alphys, um die Stille zu unterdrücken. „Da sollte so ein kleines Körbchen aus Stroh doch ein Kinderspiel sein, nicht wahr, Papyrus? Papyrus?“ Am Ende hatte sie ihre Stimme erhoben, woraufhin Papyrus aus seinen Gedanken gerissen wurde. Schnell nahm er einen Schluck aus seinem Glas und stellte es wieder an den Rand ab. „JA, DOCH, ICH DENKE SCHON“, sagte er und Alphys bekam den Eindruck, als wäre das Skelett geistig nur halb anwesend. Sich auf die Unterlippe beißend, legte sie die Anleitung vor ihnen auf dem Tisch ab und schnappte sich mehrere Strohzweige. „In Ordnung, dann fange ich einfach schon mal an… ok, laut der Anleitung müssen die hier und hier verbunden werden… so, dann kommen die hier quer drüber“, sagte sie und griff sich mehr von den Zweigen. Papyrus dagegen sah ihr nur zu, bewegte sich jedoch kein Stück. Nervös blickte Alphys immer wieder zwischen ihm und dem Körbchen hin und zurück. Es dauerte ein paar Minuten, bis sie sich ein Herz fasste und sich traute, den sprichwörtlichen Elefanten im Raum anzusprechen. „Hör mal, ich will jetzt hier kein Fass aufmachen, offensichtlich wollte das hier keiner, auch wenn es mehr als … sichtbar ist, dass etwas an dir nicht stimmt“, sagte Alphys mit leiser Stimme. „Aber ist alles in Ordnung bei dir? Undyne hatte dich als viel lebendiger und aktiver beschrieben, aber davon merke ich jetzt nicht sonderlich viel, wenn ich mir die Bemerkung erlauben darf… naja, du musst auch nicht darüber reden, wenn du das nicht willst.“ Sie ließ von dem Körbchen ab, das sie nun bereits zur Hälfte fertiggestellt hatte und begann mit ihren kleinen Armen zu rudern. „Ich kann vollkommen verstehen, wenn man über etwas nicht reden möchte, ich meine, wer könnte das mehr verstehen als ich, vielleicht noch dein Bruder oder der König, aber sonst… also… ich meine…, wenn du darüber reden möchtest, ok, aber du musst es nicht. Nur als jemand, die ein schlimmes Geheimnis mit sich herumgetragen hat, sehe ich, wenn jemand ebenfalls ein schweres Päckchen mit sich herumträgt.“ Nervös begann sie, ihre Klauen ineinander zu verhaken und wünschte sich, sie hätte das Thema gar nicht erst angesprochen. Dass sie nur an dem Körbchen gearbeitet hätte. Doch ihr Mut wurde belohnt. „… ICH HABE MEINEN SCHAL VERLOREN“, sagte Papyrus und klang gar nicht mehr so enthusiastisch, wie er es zuvor noch bei ihrem gemeinsamen Gespräch zu fünft getan hatte. „Oh, das… das tut mir leid“, sagte Alphys überrascht, woraufhin Papyrus sie mit einem Blick ansah, den sie nicht deuten konnte. „Verstehe mich nicht falsch“, rechtfertigte sie sich sofort. „Ich dachte nur, es wäre irgendwas mit dir oder deinem Bruder. Oder etwas anderes, dass dir auf dem Herzen liegt… der Schal, er war dir wohl sehr wichtig, oder?“ Wieder nickte Papyrus, starrte auf das halbfertige Osterkörbchen und wusste nicht so recht, was er mit seinen Händen anstellen sollte. Diese steckten nach wie vor in seinen üblichen, roten Handschuhen. Er begann seine Hände zu kneten. „JA, ER IST MIR SEHR, SEHR WICHTIG. MEIN BRUDER HAT IHN MIR GESCHENKT, ALS ICH NOCH GANZ KLEIN WAR. UND JETZT IST ER TEIL MEINES BATTLE BODYS. ICH MUSS IHN IRGENDWO VERLOREN HABEN, KANN ABER AUCH NICHT DANACH SUCHEN. SANS MEINTE, DASS ER DANACH SUCHT, ABER…“ Unsicher ließ Alphys ihre Klauen los und legte stattdessen eine von ihnen auf Papyrus Hände. Sofort hörte er mit dem Kneten auf und blickte zu ihr hinüber. „Ich bin jetzt auch kein Sans-Experte, ich kenne ihn jetzt nicht so gut wie du, aber ich bin mir sicher, dass er sehr zuverlässig ist, wenn es darauf ankommt. Wenn er schon hier nicht mitmacht, dann wird er bestimmt alles tun was in seiner Macht steht, um deinen Schal wieder zu finden. Er weiß doch sicher, wie viel dir dieser Schal bedeutet, oder nicht?“ Sie konnte sehen, wie Leben in seine Augenhöhlen zurückkehrte. Überhaupt war wieder mehr Leben in seinem Körper vorhanden, das konnte sie sehen und spüren. Beeindruckt, wie viel sie mit ihren wenigen Worten hatte ausrichten können, wurden Alphys‘ Augen für einen kurzen Moment feucht. Sie blinzelte es weg. Sie wollte nicht, dass der Fokus von Papyrus auf sie fiel. „DU HAST RECHT! ABSOLUT RECHT! VIELLEICHT SOLLTE ICH MICH SCHÄMEN, DASS ICH SO WENIG VERTRAUEN IN MEINEN BRUDER HABE. ABER DAMIT IST SCHLUSS! VON JETZT AN WERDE ICH SANS VOLL UND GANZ VERTRAUEN, ER WIRD DAS SCHON MACHEN.“ Entschlossen ballte Papyrus seine Fäuste zusammen, dann zog er seine Handschuhe aus und legte sie auf dem Tisch ab. „JETZT MUSST DU MIR NUR NOCH ERKLÄREN, WIE MAN SO EIN KÖRBCHEN BASTELT. ICH HABE DIR ZWAR ZUGESEHEN, ABER UM EHRLICH ZU SEIN, MEINE AUFMERKSAMKEITSSPANNE WAR IN DIESEM MOMENT NICHT SO GROSS, WIE ICH GEDACHT HABE…“ „Das macht doch nichts“, entgegnete Alphys freundlich. Dann widmete sie sich wieder dem Prototyp und begann, mehrere Zweige hinzuzufügen. „Ich kann es dir Schritt für Schritt erklären, anhand des Protomodells hier und dann versuchen wir beide es. Klingt das gut für dich?“ Papyrus nickte und lächelte. So sah er nun viel energiegeladener aus, so, wie Undyne ihn ihr vor wenigen Stunden erst noch beschrieben hatte. „DAS KLINGT SEHR GUT FÜR MICH!“, sagte Papyrus, beobachtete Alphys bei ihrem Erstversuch und lauschte jedem ihrer Worte. An seinen Schal oder seinen Bruder dachte er für den Rest des Tages nicht mehr. Zumindest nicht mehr in der Zeit, die er zusammen mit den anderen in Toriels Haus verbrachte.   Erst gegen Abend war das letzte Osterkörbchen geflochten, das letzte Osterei ausgepustet und angemalt worden. Toriel verpasste ihnen einen letzten Schliff, indem sie ihnen noch alle kleine Streichhölzer mit Schnüren daran befestigte. „Die hier sind dafür da, damit die Hunde und Aarons die Eier aufhängen können“, erklärte Toriel ihnen mütterlich. Nachdem Papyrus und Alphys mit ihren Körbchen als erste fertig geworden waren, hatten sie die anderen in der Küche mit den Eiern unterstützt. Nun hatte auch das letzte Ei seine Schnur erhalten und wurde in einen Korb zu vielen, vielen anderen gelegt. Zufrieden, aber auch ein wenig müde, betrachteten sie ihr gemeinsames Werk. „WOWIE, SEHT DOCH NUR MAL, WIE VIEL WIR AN EINEM TAG ERREICHT HABEN! DIE HUNDE WERDEN DAMIT SICHERLICH VIEL ZU TUN HABEN, ABER DANK IHRER HILFE WIRD DAS OSTERFEST MORGEN GROSSARTIG AUSSEHEN. WAS AUCH BESONDERS DANK UNSERER WUNDERSCHÖNEN KÖRBE SEIN WIRD. NICHT WAHR, ALPHYS?“, fragte er und drehte sich kurz in ihre Richtung. Alphys dagegen kratzte sich verlegen an der linken Wange. „Ich denke schon, auf jeden Fall sehen sie sehr brauchbar aus und werden auch nicht so schnell auseinanderfliegen, soweit ich die Konstruktion eines solchen Körbchens an sich beurteilen kann“, sagte sie und blickte zur Seite. Toriel kicherte ein wenig und sagte: „Ach, da würde ich mir keine Sorgen machen. Ich denke, ihr beide habt das gut hinbekommen, soweit ich das vorhin sehen konnte, als ich euch kurz was zum Trinken gebracht habe. Ich bin mir sicher, dass ihr das wundervoll gemacht habt.“ „DANKE, LADY ASGORE, DEINE WARMEN WORTE ERWÄRMEN MEINE SEELE!“, sagte Papyrus aufrichtig und wieder musste Toriel kichern. „Das habe ich doch gerne gemacht“, sagte sie, als ihr Blick auf die Uhr fiel. Dann seufzte sie ein wenig. „Ich möchte euch ja ungern hinauswerfen, gerade jetzt, wo es so gemütlich ist. Aber bald werden die Aarons und die Hunde kommen, um die Eier abzuholen. Die Körbe werden wir erst morgen vor der Suche verteilen, aber sie werden sie dennoch heute schon mitnehmen wollen. Ich bin ohnehin froh, dass sie das auch noch erledigen. Immerhin waren sie den ganzen Tag mit dem Verstecken der Eier und der Süßigkeiten beschäftigt.“ „Ach, die Hunde sind ziemlich hart im Nehmen und sie verbuddeln gerne Dinge. Ich bin mir sicher, sie hatten heute bei ihrer Aufgabe ziemlich viel Spaß. So wie wir heute, nicht wahr?“, meinte Undyne und blickte in Alphys Richtung. Diese errötete und nickte langsam. „Den Aarons sieht man es vielleicht nicht an, aber wenn man sie dazu bringen kann, sich nicht die ganze Zeit mit dem Training oder Angeben ihrer Muskeln zu beschäftigen, dann können sie auch ziemlich viel in kurzer Zeit auf die Beine bringen. Zumal sie auch ziemlich viel Energie haben… zu viel Energie manchmal, wenn du mich fragst“, fügte Undyne noch hinzu. Sie sah kurz zu Frisk und wuschelte ihm durch die kinnlangen Haare. „Also gut, Punk, Toriel, wir werden uns dann mal auf dem Weg machen. Kommt, ihr beiden, wir sollten uns dann mal verabschieden.“ Mit diesen Worten nahm Undyne sowohl Papyrus‘ Hand als auch die von Alphys und zerrte sie zur Tür. Mehrere Verabschiedungsworte wurden ausgetauscht, diverse Grüße wurden versprochen und Verabredungen für den nächsten Tag getroffen. Kurze Zeit später hatte Toriel hinter ihnen die Tür verschlossen, während die drei Besucher sich dem Haus immer weiter entfernten. „Kommst du zurecht? Wirst du von Sans abgeholt? Oder gehst du nach Hause? Wir wohnen ja in einer anderen Richtung als ihr, wie du weißt“, sagte Undyne und deutete mit dem Daumen in die Seite der Straße, von welcher sie Stunden zuvor angekommen waren. Papyrus schüttelte mit dem Kopf. „NEIN, DAS GEHT SCHON IN ORDNUNG. SANS WEISS GAR NICHT, WANN ICH KOMME, ICH HABE IHM AUCH KEINE UHRZEIT GENANNT, ZU DER WIR FERTIG SEIN WÜRDEN. UND EIN KLEINER ABENDSPAZIERGANG TUT MIR NACH DEM STUNDENLANGEN SITZEN MEHR ALS GUT!“, sagte er und streckte sich. Ob er das tat, weil es wirklich brauchte oder nur zu demonstrativen Zwecken, das konnte Undyne nicht einordnen. Doch sie wollte ihn auch zu nichts drängen, daher beließ sie es bei einem freundlichen Lächeln. „In Ordnung, dann werden Alphys und ich nach Hause gehen. Wir sehen uns morgen und viel Glück bei der Eiersuche!“, rief sie ihr zu, dann nahm sie Alphys Hand und trat mit ihr zusammen den Heimweg an. „DANKE, EUCH EBENFALLS EINE GUTE HEIMREISE!“, rief Papyrus ihnen noch hinterher, dann drehte er sich um und ging schnellen Schrittes zurück zu ihrem gemeinsamen Zuhause. Er spürte, wie Hoffnung in ihm aufkeimte und er freute sich schon, seinen Bruder wiederzusehen.   ~   Papyrus seufzte, kaum hatte er die Haustür hinter sich geschlossen. Er wusste, tief in seinem Inneren hatte er den Anblick erwartet, der sich ihm nun bot und doch hatte er auf das Gegenteil gehofft. Oder auf etwas anderes. Er hatte gehofft, dass sein Bruder vor ihm stehen würde, dass er auf ihn warten würde, mit dem roten Schal in der Hand. Dass er ihn wie üblich angrinsen würde und erzählen, wo er den Schal gefunden hatte. Papyrus wäre ihm mehr als dankbar um den Hals gefallen und hätte ihn so fest wie möglich an sich gedrückt. Er hätte ihm sehr, sehr deutlich seine tiefe Dankbarkeit gezeigt. Sich dann den Schal angezogen und ihnen dann eine Kleinigkeit gekocht, zur Not auch einfach nur Reste aufgewärmt. Papyrus hatte es sich auf seinem Heimweg so schön ausgemalt. Doch die Realität hatte ihn eingeholt und sie sah lange nicht so schön aus, wie es seine Vorstellungen waren. Die Realität hatte ihm nur eins gezeigt; dass sein Bruder sehr zuverlässig war. Zuverlässig darin, unzuverlässig zu sein. Denn anstatt vor dem Haus oder im Wohnzimmer auf ihn zu warten und ihn grinsend zu begrüßen, lag er auf der Couch und schlief. Ein Fuß hing von der Couch herab, offenbar hatte Sans sich auf die Couch geworfen und war augenblicklich eingeschlafen. Wie lange er dort lag, konnte Papyrus nicht sagen. Aber so, wie er seinen Bruder kannte, war es vermutlich sehr lange, wenn nicht sogar den ganzen Tag. Es bestand sogar die Möglichkeit, dass Sans ihn erst zu Toriel gebracht und sich dann auf die Couch gelegt hatte. Erneut seufzte Papyrus und ging in die Küche. Ein Blick in den Kühlschrank zeigte ihm, dass Sans die Tupperdose seit dem Morgen nicht mehr angefasst hatte. Sie stand genau auf der Stelle, an welcher sie Sans sie vor vielen Stunden abgestellt hatte. Da Papyrus in diesem Moment einen sehr guten Blick auf das Innere des Kühlschranks hatte werfen können, hatte er sich diesen Anblick sehr gut einprägen können. Enttäuscht verschloss er die Kühlschranktür und begann seine Stirn zu reiben. Versuchte seine Gedanken zu sortieren und sich seine nächsten Worte zu überlegen. Die Hoffnung, die er zuvor noch gespürt hatte, machte nun der Enttäuschung Platz. Enttäuschung, Trauer, aber auch Wut. Schließlich verließ er die Küche wieder, trat an die Couch heran und begann, seinen Bruder zu wecken. Erst langsam, dann rüttelte er stärker an dessen Arm. Es dauerte ein paar Momente, bis Sans die Augen öffnete. Blinzelnd richtete er sich auf und sah seinen Bruder mehr als verwirrt an. Papyrus sah die dunklen Augenringe und schüttelte mit dem Kopf. Überhaupt machte sein Bruder alles andere als einen hellwachen Eindruck. „ES IST WIRKLICH UNGLAUBLICH! DA SCHLÄFST DU VERMUTLICH DEN GANZEN TAG UND BIST IMMER NOCH TODMÜDE! VERMUTLICH SCHLÄFST DU ZU LANGE, SO DASS DEIN KÖRPER GAR NICHT MEHR WEISS, WIE ES SICH ANFÜHLT, WACH ZU SEIN!“, sagte Papyrus und stemmte die Hände in die Hüfte. Sans dagegen rieb sich die Augenhöhlen, kniff sie mehrmals zusammen und versuchte so gut wie möglich, seinem Bruder ins Gesicht zu sehen. „hey, bro. willkommen zurück. wie war das basteln?“, fragte Sans ihn mit einer Unschuldsmiene, die Papyrus noch wenig wütender machte. Dieser schnaufte mehrmals tief ein und aus, bevor er zu einer Antwort ansetzte. „DAS BASTELN LIEF ÜBERAUS ERFOLGREICH, BRUDER, DANKE DER NACHFRAGE!“ Er sah seinen Bruder von oben bis unten an, dieser gähnte herzhaft vor sich hin. Soweit es ihm anatomisch möglich war. „DU WARST OFFENBAR NICHT SEHR ERFOLGREICH, WIE ICH SEHEN KANN…“, sagte Papyrus und konnte seine Enttäuschung nicht länger verbergen. Sans dagegen schloss seinen Mund und grinste seinen Bruder an. „so kann man das nicht sagen. ich habe sehr erfolgreich ein nickerchen halten können“, sagte er und streckte sich so gut er konnte. Wieder rieb Papyrus sich die Stirn. „DAS. KANN. ICH. SEHEN.“ Papyrus richtete sich auf und verschränkte seine Arme vor dem Brustkorb. Dass sich seine Finger fast schon in seine Ellenbogenknochen hineinbohrten, entging Sans nicht. Doch er sprach es nicht an. Stattdessen versuchte er, die Stimmung in eine andere Richtung zu drücken. „es war ein sehr gutes nickerchen. nun, bis du mich geweckt hast. aber das ist schon in ordnung.“ Papyrus wartete ab, ob Sans noch etwas hinzufügen oder etwas anderes machen wollte, doch dieser regte sich nicht. Saß auf der Couch und grinste ihn müde an. Enttäuscht drehte Papyrus sich weg. „ICH HATTE WIRKLICH, WIRKLICH AN DICH GEGLAUBT, BRUDER. ICH HATTE MICH AUF DEIN WORT VERLASSEN… DU WEISST, WIE WICHTIG MIR DIESER SCHAL IST! ABER DAS IST DIR OFFENBAR EGAL. DABEI HAST DU ES SOGAR VERSPROCHEN.“ Sans konnte das Gesicht seines Bruders nicht mehr sehen, doch das brauchte er auch nicht, um zu wissen, was los ist. Allein die Art, wie die Stimme seines Bruders erst enttäuscht, dann brüchig geworden war, reichte vollkommen aus. Er spürte, wie sich ein Knoten in seiner Seele bildete. Das Licht in seinen Augenhöhlen starb ab, als er zu Papyrus hinübersah, welcher sich immer weiter von ihm entfernte. „es tut mir leid.“ Papyrus blieb stehen, drehte sich jedoch nicht zu Sans um. Offenbar überlegte er, ob und was er sagen sollte. Sans sah, wie sein Bruder kurz zitterte, sich dann aber alle Mühe der Welt gab, sich zu beruhigen. Sich jetzt keine Blöße zu geben. „ICH WERDE UNS ABENDESSEN KOCHEN. DECKE DOCH BITTE DEN TISCH, WENN DAS NICHT AUCH ZU VIEL VERLANGT IST.“ Dann, ohne ein weiteres Wort zu sagen, schritt Papyrus mit großen Schritten in die Küche. Sans wartete ein paar Minuten, immer wieder und wieder rieb er sich die Augen, doch die Müdigkeit wollte nicht weichen. Dann, als er es schließlich aufgegeben hatte, fiel sein Blick auf die Wanduhr. Ein Fundstück von Undyne, welches sie ihnen zwei Wochen nach ihrem Einzug geschenkt hatte. Es war eine gewöhnliche Uhr, nur dass sie keine normalen Zeiger hatte, sondern zwei kleine Skelettarme, die die Uhrzeit anzeigten. „eine stunde also? verstehe. das erklärt so einiges“, sagte er, raffte sich auf und erhob sich langsam von der Couch. Aus der Küche konnte er den dezenten Geruch von warmen Haferflocken riechen, das Blubbern des kochenden Wassers hören und Papyrus, wie dieser versuchte eine Packung mit Spaghetti zu öffnen. Doch Sans konnte noch mehr hören. Ein kleines, feines Geräusch und doch war es im Augenblick das lauteste Geräusch der Welt. Er kannte dieses Geräusch bereits, seit Papyrus noch ein ganz kleines Kind war. Damals hatte er ihn immer trösten können, doch er wusste, das war ihm heute nicht möglich. Dieses Mal nicht. Er selbst war die Ursache dafür und die Tatsache schmerzte noch mehr als seine pochende Stirn oder die brennenden Augenhöhlen. Als er die Küche betrat, sagte er nichts. Papyrus stand am Herd und regte sich nicht, Sans war sich nicht einmal sicher, ob dieser überhaupt mitbekommen hatte, dass er in die Küche gekommen war. Und er wollte ihn auch nicht darauf aufmerksam machen. Stattdessen nahm er den kleinen Falthocker aus der Ecke und begann, das Geschirr aus dem Schrank zu holen. Und auch während des gemeinsamen Abendessens sprachen sie kein einziges Wort miteinander. „WIR SOLLTEN FRÜH INS BETT GEHEN, WENN ES MORGEN EINE ERFOLGREICHE SUCHE WERDEN SOLL“, waren die letzten Worte, die Sans hörte, bevor Papyrus sich in seinem Zimmer einschloss. Kurz überlegte er, ob er sich in das Zimmer hineinteleportieren sollte, doch er war zu müde dazu. Auch war das Geräusch, dass der Schlüssel beim Herumdrehen in Papyrus‘ Zimmertür gemacht hatte, ein mehr als deutliches Signal. So schleppte Sans sich in sein eigenes Zimmer, kuschelte sich an die undefinierbare Kugel aus Bettlaken und fiel in einen tiefen, traumlosen Schlaf. Kapitel 3: Tag der Suche ------------------------ „Bitte schön! Hier sind deine Karte und dein Korb. Viel Spaß wie auch Erfolg beim Suchen!“, sagte Dogaressa, während sie Papyrus ein Stück Papier und einen der Körbe überreichte, die er am Tag zuvor noch mit Alphys gemeinsam gebastelt hatte. Er blickte zur Seite, Dogamy war gerade damit beschäftigt, Toriel und Frisk ebenfalls mit ihren Suchuntensilien auszustatten. Nun sah Papyrus die junge Hundedame vor sich an und lächelte sie ein wenig, was sie sofort erwiderte. „VIELEN DANK, DAS WERDEN MEINE FREUNDE UND ICH SICHERLICH HABEN!“ Zusammen mit Toriel und Frisk verabschiedeten sie sich von dem Hundepaar und während diese weitere Ankömmlinge mit Gegenständen versorgten, ging das Dreierteam ein Stück auf die Seite und überlegte sich, wo sie am besten mit der Suche beginnen konnten. „In Ordnung, wir sollten uns am besten gleich einig werden, wo wir mit dem Suchen anfangen … Frisk, mein Kleiner, wo möchtest du denn am liebsten beginnen? Ich richte mich da ganz nach dir“, sagte Toriel und tätschelte ihren kleinen Jungen ein wenig am Kopf. Dieser sah sich erst die Karte an, dann deutete er auf mehrere Gebüsche, nicht weit weg von ihnen. „Ich will da anfangen!“, sagte er, vollkommen überzeugt und entschlossen. Toriel lächelte ein wenig und nahm Frisks Hand. Dann sah sie zu Papyrus. „Gut, Frisk hat entschieden, wir fangen unsere Suche dort drüben bei den schönen Rhodondendronbüschen an, ich bin mir sicher, dass wir dort fündig werden. Und danach darfst du für uns einen Platz aussuchen“, schlug Toriel ihm vor. Papyrus Augenhöhlen fingen zu leuchten an, wenn auch nur für eine kurze Zeit. Eifrig begann er mit dem Kopf zu nicken. „SEHR GERNE! AUCH WENN ICH AN FRISK KEINE ZWEIFEL HABE, SO BIN ICH MIR SICHER, DASS ICH EBEN SO GUTEN PLATZ AUSWÄHLEN WERDE; WENN NICHT SOGAR EINEN NOCH VIEL BESSEREN!“ Toriels Kichern wandelte sich zu einem kurzen Lachen um, als sie sich den Büschen näherten, auf welche Frisk gezeigt hatte. „AUF DASS WIR GANZ VIELE EIER UND NOCH MEHR SÜSSIGKEITEN FINDEN! DEN GROSSARTIGEN PAPYRUS VERLANGT ES NACH SEHR; SEHR VIEL KÖSTLICHER SCHOKOLADE!“, begann Papyrus seine kleine Gruppe zu motivieren, was Frisk und Toriel ebenfalls ein wenig in ihren Vorhaben bestärkte. Dann teilten sie sich auf und durchsuchten die Büsche, welche in einer großen Anzahl dicht nebeneinander wuchsen. Dennoch dauerte es nicht lange, bis sie fündig wurden. „Mama Toriel, sieh mal, ein blaues Ei!“, rief Frisk aus und legte es in seinen kleinen Korb hinein. „Das ist großartig, gut gemacht!“ Toriel lobte ihren kleinen Sohn mit viel Wärme in der Stimme, während sie sich selbst einen kleinen Schokohasen nahm. Papyrus dagegen sah sich um, wirkte aber nicht, als wäre er vollkommen bei der Sache. So übersah er zwei gelbe Eier mehrere Male, bis er sie schließlich richtig wahrnehmen konnte. „OH; SEHT DOCH MAL, ICH HABE ZWEI WUNDERSCHÖNE GELBE EIER GEFUNDEN!“, sagte er und grinste glücklich vor sich hin. Dann setzte auch er seine Suche fort und bemerkte nicht, dass Toriel und Frisk sich mit einem fragendem Blick ansahen. Ihr Bauchgefühl hatte sich nun verstärkt. Besonders da es Frisk aufgefallen war, dass Papyrus die zwei Eier vor seinen Augenhöhlen nicht gesehen hatte. Toriel beobachtete ihren Sohn, dann nahm sie sich ein Herz und räusperte sich ein wenig. „Schönes Wetter heute, nicht wahr, Papyrus?“, fragte sie unverfänglich, woraufhin sie Frisk ein wenig verwundert ansah. Doch er wusste, sie war älter als er und hatte mehr Erfahrung, daher überließ er das Reden ihr. „DEFINITV, LADY ASGORE! HEUTE IST DER IDEALE TAG, UM DAS OSTERFEST SO GUT WIE MÖGLICH ZU FEIERN. EINE WIRKLICH SCHÖNE TRADITION, DIE DIE MENSCHEN DA HABEN“, sagte er und schob mehrere Zweige zur Seite. Toriel tat ebenfalls so, als würde sie nach weiteren Süßigkeiten suchen, doch ihr Blick wanderte nur von einer Blüte zur nächsten. „Ja, das ist es wirklich. Es ist schön zu sehen, wie viele Monster sich hier versammelt haben, es tut ihnen gut, etwas Neues kennenzulernen. Irgendwann fiel einem im Untergrund die Decke auf dem Kopf und man kannte bereits alles. Außerdem ist es die ideale Gelegenheit, etwas mit Freunden zu unternehmen und neue Freunde kennenzulernen. Apropos Freunde, weißt du zufällig, ob Sans heute auch noch mitmachen wird?“, fragte Toriel und versuchte ihre Frage so beiläufig wie möglich zu formulieren. Dabei blickte sie oberflächlich den Busch vor sich an, fand jedoch nicht mehr als ein rotes Osterei. Papyrus, der sich gerade nach einer kleinen Packung Gummibärchen ausstreckte, hielt in seiner Bewegung kurz inne. Dann griff er sich die Packung und legte sie in seinem Körbchen ab. Es war nur für einen kurzem Moment, doch dieser kleine Augenblick war für Toriel mehr als Aussage genug. Dennoch wartete sie ab, ob und was Papyrus auf ihre Frage antworten würde. „NEIN, LADY ASGORE, DAS KANN ICH DIR LEIDER NICHT SAGEN. ABER SO WIE ICH MEINEN BRUDER KENNE, WIRD ER NICHT KOMMEN UND LIEBER DEN GANZEN TAG MIT SCHLAFEN VERBRINGEN. SO WIE IMMER… SO WIE IMMER.“ Wieder sahen Toriel und Frisk sich an, nun waren sie sich sicher, dass zwischen den beiden Skelettbrüdern etwas im Argen lag. Doch sie spürten auch, dass Papyrus nicht das Bedürfnis verspürte, mit ihnen darüber zu reden. Um die Stimmung zu retten, beschlossen sie wortlos, das Thema ruhen zu lassen und zu einem anderen überzugehen. Dass sie noch immer mit der Ostereisuche beschäftigt waren, war dabei mehr als hilfreich. „Sieh mal, Mama Toriel, ich habe einen kleinen Osterhasen gefunden, der eine kleine Schleife trägt“, sagte Frisk stolzer und lauter als nötig, und er erntete zwei Paar Lächeln dafür. „Der sieht ja fast genauso aus wie Mettaton auf der letzten Faschingsparty“, sagte Papyrus und konnte sich ein Grinsen dabei nicht verkneifen. Bis aus dem Grinsen ein Lachen wurde und seine Freunde sich ihm anschlossen. Mehrere Minuten vergingen, bis Toriel sich lachend den Bauch hielt und versuchte, zu einer normalen Atmung zurückzukehren. „Wir sollten lieber zusehen, dass wir mit der Suche weitermachen, sonst bekommen wir unsere Körbe nie voll“, sagte Toriel und wischte sich eine Lachträne aus dem Auge. Frisk und Papyrus, die sich ebenfalls erst von ihrem Lachanfall hatten erholen müssen, nickten ihr zu. Sofort zückte Papyrus seine Karte und begann sie ein wenig zu studieren, dann ging er zu seinen Freunden hinüber. Mit einem Finger umkreiste er einen kleinen Bereich, der sich etwas weiter weg von ihrem jetzigen Standort befand. Toriel blickte von der Karte in die Richtung, in welcher Papyrus Ziel lag und legte ihm eine Pfote auf den Arm. „Ich habe dir bereits versprochen, dass du den nächsten Platz aussuchen darfst“, sagte Toriel mit sanfter Stimme zu ihn. „Und ich muss sagen, dein Vorschlag sieht wirklich ziemlich versprechend aus, ich glaube, bisher sind noch nicht viele Suchende dorthin gegangen. Sicher kann ich es natürlich nicht sagen… aber einen Versuch ist es doch wert. Nicht wahr, mein Lieber?“, fragte sie und lächelte ihn an. Papyrus erwiderte ihr Lächeln, erst zaghaft, dann aus voller Überzeugung. Ob es ihm gelungen war, seine gute Laune wiederzufinden oder ob er die düsteren Gedanken einfach nur unter den Teppich gekehrt hatte, das konnte Toriel nicht sagen. Doch das wollte sie nicht ansprechen, nicht an diesem Tag, nicht in diesem Moment. Stattdessen nahm sie Frisk wieder an der Hand und wandte sich an Papyrus. „Wir sind einverstanden, lass uns dorthin gehen!“   Papyrus’ Vorschlag, es unter den großen, schattigen Eichen zu versuchen, hatte sich als ein Glücksgriff herausgestellt. Sie alle hatten kleine Löcher und Höhlen, die irgendwann von Tieren errichtet und bereits wieder verlassen worden waren. Diese eigneten sich nun perfekt als Verstecke für Ostereier, Schokohasen und Gummibärchen, wie die drei zufrieden feststellen konnten. „Frisk, in die Löcher hineinzusehen war eine gute Idee von dir. Ich wäre ehrlich gesagt nie darauf gekommen, dass es auch Tiere gibt, die sich auf diese Art und Weise ein Zuhause einrichten“, sagte Toriel verträumt, eine Pfote an der Wange. Weder sie noch Papyrus kannten dieses Verhalten, da es so gut wie keine Vögel im Untergrund gab, die keine Monster waren. Oder zumindest nicht so viele. Dann drehte sie sich zu Papyrus um und sah auch ihn lobend an. „Und dir haben wir die Idee zu verdanken, dass wir hier überhaupt nachgesehen haben. Dank euch beiden wurde dieser Tag etwas ganz Besonderes. Doch selbst wenn wir nichts gefunden hätten, so hätte ich alleine die Gesellschaft mit euch beiden mehr als genossen“, sagte sie, woraufhin Frisk ihre andere Pfote nahm und leicht drückte.  „Du bist wirklich ein gutes Kind. Mein kleiner, süßer Engel“, sagte Toriel und nahm Frisk in ihre Arme, drückte ihn sanft, aber bestimmt an sich. Doch kaum hatte sie sich von ihm gelöst, ging sie auf Papyrus und ehe er etwas erwidern konnte, fand auch er sich in einer warmen, liebevollen Umarmung wieder. Überrascht, aber auch mit einem Lächeln im Gesicht, erwiderte Papyrus sie. „Du bist stark, stärker als du glaubst“, sagte sie und streichelte ihn ein wenig am Hinterkopf. „Und ich denke, das weißt du auch.“ Papyrus erwiderte nach wie vor nichts, stattdessen blickte er Frisk an, doch dieser sah ihn nur mit einem fröhlichen Gesichtsausdruck an. Er selbst machte den Eindruck, als müsste er über Toriels Worte erst noch nachdenken. Es vergingen mehrere Minuten, dann ließ Toriel auch von ihm ab. „DANKE. ICH WEISS DAS ZU SCHÄTZEN“, sagte Papyrus und ließ offen, was genau er damit meinte. Doch das war Toriel Antwort genug, stattdessen drehte sie sich wieder zu den Bäumen um und setzte ihre Suche wortlos fort. Nach einem kurzen, freundlichen Blickaustausch schlossen Frisk und Papyrus sich ihr an. So verging eine ganze Weile, die sie mit dem erfolgreichen Suchen nach verschiedenen Süßigkeiten und bunten, gekochten Ostereiern verbrachten. Sie waren so konzentriert auf ihre Arbeit, dass sie alles andere ausblendeten. So fuhr ihnen, als sie die Lautsprecher hörten, der Schreck deutlich in die Glieder. „Wir möchten unsere Besucher noch einmal auf unser Gewinnspiel hinweisen“, konnten sie Dogaressas Stimme hören, wie sie laut und deutlich in die Menge sprach. „Unter den vielen versteckten Items befinden sich mehrere goldene Hasen, die wir gut versteckt haben. Sobald einer dieser Hasen gefunden wurden, bringt sie umgehend zu uns, um einen der Spezialpreise zu erhalten.“ Mit leuchtenden Augen sah Frisk abwechselnd Toriel und Papyrus an, doch auch die beiden waren neugierig darüber, was die Spezialpreise sein würden. „Genauer gesagt gibt es drei Spezialpreise und der Gewinner kann sich einen davon aussuchen. Der Hase ist auch übertragbar, sollte der seltene Fall eintreten und jemand nichts mit den Preisen anfangen können“, fuhr nun eine andere Stimme fort, Papyrus erkannte sie sofort. „Das ist Doggo!“, sprach er, ohne zu überlegen laut aus, bevor er sich selbst wieder zum Schweigen brachte. Schnell legte er seine Hände auf seinen Mund, um sich selbst am weiteren Reden zu hindern. „Die Gewinner können sich zwischen folgenden Preisen entscheiden: Einen Tag mit König Asgore verbringen; einem großen Korb gefüllt mit gutem Obst und Gemüse von unseren lokalen Bauern oder ein Mettaton-Fan-Paket. Und wie gesagt, der Hase ist übertragbar… viel Glück!“, konnten sie Doggos leicht kratzige Stimme hören, bevor der Lautsprecher wieder verstummte. Ein kurzes Knarzen, gefolgt von Stille, signalisierte, dass die Hunde mit ihrer Ankündigung fertig waren. Die drei sahen sich an, dass sie den Hasen finden wollten, stand außer Frage. „DASS WIR EINEN DER BESONDEREN HASEN FINDEN WERDEN, DARAN HABE ICH ABSOLUT KEINE ZWEIFEL. NICHT MIT UNSEREN GROSSARTIGEN TALENTEN, ÖSTERLICHE ITEMS ZU FINDEN, WIE WIR BEREITS SEIT BEGINN DER VERANSTALTUNG BEWEISEN!“, sagte Papyrus und blickte stolz auf sein bereits halbgefülltes Körbchen. „NUR AUS NEUGIERDE, WENN IHR DEN HASEN FINDEN UND ABGEBEN WÜRDET, FÜR WELCHEN PREIS WÜRDET IHR EUCH ENTSCHEIDEN?“ Toriel rollte ein wenig mit den Augen, bevor sie entschuldigend die Pfoten hob. „Das war nicht gegen dich gerichtet“, sagte sie so freundlich sie konnte. „Es ist nur … allein die Vorstellung, mit Asgore auch nur eine Stunde in einem Raum verbringen zu müssen… nein danke“, dabei schüttele sie so energisch mit dem Kopf, dass ihre langen Ohren ihr um den Kopf flogen. „Mit Mettaton kann ich nicht so viel anfangen, daher würde ich mich für den Korb mit Obst und Gemüse entscheiden. Frische Vitamine sind wichtig für ein gesundes Wachstum bei Kindern. Und ich würde auch mit meinen Freunden und Nachbarn teilen, je mehr damit ihre Freude haben können, desto besser.“ Allein bei der Vorstellung, ihre Freunde damit ebenfalls glücklich machen zu können, klatschte sie in die Hände. Dann sah sie Papyrus an. „Und, was würdest du dir wünschen?“, fragte sie in einem Ton, als ob sie die Antwort bereits kannte. Papyrus dagegen musste nicht lange überlegen. „NUN, DA ICH EIN SEHR GROSSER FAN VON METTATON UND SEINEN WERKEN BIN, UND ZWAR VON JEDEM EINZELNEM SEINER WERKE, KÄME FÜR MICH NATÜRLICH NUR DAS FANPAKET IN FRAGE… UND AUCH ICH WÜRDE TEILEN. DENN JE MEHR MONSTER ODER GAR MENSCHEN FAN VON METTATON WERDEN; DESTO BESSER!“ Toriel und Frisk begannen zu kichern, eine andere Antwort hatten sie von ihm gar nicht erwartet. Papyrus ließ sich davon nicht beirrten, stattdessen sah er Frisk fragend an. „WAS WÜRDEST DU NEHMEN, FRISK?“ Dieser hörte zu kichern auf, spielte mit seinen Fingern und blickte nachdenklich in die Runde. Wippte von einem Bein aufs andere. Auch seine Pupillen wanderten hin und her. Erst, als er für sich eine Antwort gefunden hatte, sah er Papyrus wieder an. „Ich weiß es nicht so genau“, sagte er offen und ehrlich. „Aber ich denke, ich würde den Hasen einfach dir oder Mama Toriel schenken. Damit ihr nehmen könnt, was ihr wollt… Mettaton schickt mir hin und wieder Fansachen, daher brauche ich da nichts. Und Zeit mit Asgore kann ich immer verbringen, wann ich will und so oft ich will“, dabei sah er kurz unsicher zu Toriel, doch diese nickte nur. „Es macht mir nichts aus, dass du mit ihm befreundet bist. Immerhin hat er seine Lektion gelernt… hoffe ich zumindest für ihn“, sagte sie, räusperte sich ein wenig und beschloss, nichts weiter zum Thema Asgore zu sagen. Stattdessen tätschelte sie Frisk ein weiteres Mal am Kopf, was diesem sichtlich zu gefallen schien.   Es brauchte keine weitere Aufforderung für die drei, mit ihrer Suche weiterzumachen. Hier und da konnten sie Rufe hören, dass jemand etwas gefunden hatte, doch ein goldener Hase war bisher noch nicht dabei gewesen. Doch ganz leer gingen sie nicht aus, ihre Körbchen füllten sich immer mehr und mehr. Immer wieder zeigten sie sich ihre Funde gegenseitig und beglückwünschten sich dazu. So ging es eine ganze Weile lang, bis … bis Frisk etwas auffiel. Er hatte eher beiläufig zur Baumkrone hinaufgesehen, hatte über einen kleinen Witz von Toriel gelacht und den Blick dabei nach oben gerichtet, als er sich seinen Bauch halten musste. Er kniff seine Augen zusammen, um sie besser fokussieren zu können, dann ging er auf den Baum zu und begann, auf diesen hinaufzuklettern. Bis ihn ein Paar Hände festhielten. Ein Paar Hände in roten Handschuhen. „VORSICHT, KLEINER FRISK, DAS KÖNNTE SEHR GEFÄHRLICH WERDEN UND LADY ASGORE WÜRDE UNGERN ZEUGIN DAVON WERDEN, WIE DU VOM BAUM FÄLLST UND DIR ERNSTHAFTEN SCHADEN ZUZIEHST“, sagte Papyrus und machte sich daran, Frisk auf den Boden abzusetzen. Doch dieser strampelte ein wenig und deutete auf die Baumkrone. Papyrus’ Blick folgte der Richtung, in welche der kleine Zeigefinger deutete; kaum hatten Frisks Beine den Boden berührt, ließ Papyrus ihn wieder los. „VERSTEHE, DU HAST DORT OBEN ETWAS GEFUNDEN UND WOLLTEST ES HOLEN?“, fragte er und sah dann Frisk an. Dieser nickte eifrig vor sich hin. „MACH DIR DA KEINE GEDANKEN! ICH BIN EIN GROSSARTIGER KLETTERER, EIN HOHER BAUM IST KEIN HINDERNIS FÜR JEMAND SO GROSSARTIGEN WIE ICH!“ Gesagt, getan, kletterte Papyrus den Baum so schnell und gleichzeitig so geschickt hoch, dass Toriel und Frisk ihn nur bewundernd dabei beobachten konnten. Und so schnell das Skelett den Baum hinaufgeklettert war, so rasch verließ er diesen auch wieder. Als er einen der unteren Äste erreicht hatte, sprang er in einem Satz herunter und landete wie ein Katze auf seinen Beinen. Stolz grinste er in die Runde. „Wahnsinn, ich hätte nicht gedacht, dass du das so gut kannst“, sagte Toriel und legte ihm erstaunt eine Pfote auf die Schulter. Papyrus grinste dagegen weiterhin vor sich hin. „NUN, MEIN BRUDER UND ICH HABEN SEHR LANGE IN SNOWDIN GELEBT UND VIEL ZEIT IM DANEBENLIEGENDEN WALD VERBRACHT, DA LERNT MAN DIE EINEN ODER ANDEREN DINGE. WIE DAS RASCHE KLETTERN AUF BÄUMEN! ICH HATTE UNDYNE DAMALS SOGAR VORSCHLAGEN, DASS WIR UNSERE WACHPOSTEN AUF EINEN DER BÄUME BEZIEHEN, DOCH LEIDER HAT IHR DIE IDEE NICHT ZUGESAGT. SIE MEINTE; DASS WÜRDE DIE HUNDEEINHEIT NUR AUF DUMME IDEEN BRINGEN. ABER ICH HABE IHR HEUTE, JAHRE SPÄTER, ERFOLGREICH DAS GEGENTEIL BEWIESEN. DENN SONST HÄTTEN SIE DAS HIER NICHT DORT OBEN VERSTECKT!“, sagte er und öffnete seine rechte Faust. Darin lag ein kleiner, goldener Osterhase, kaum größer als ein kleiner Tennisball. „Glückwunsch, ihr beiden“, sagte Toriel und klatsche ein wenig in die Hände. „Frisk, du hast wirklich gute Augen, ich wäre nie auf die Idee gekommen, dort oben nach einem der Hasen zu suchen.“ „JA, GLÜCKWUNSCH FRISK! DU BIST WIRKLICH EIN GLÜCKSPILZ. DAS MUSS WOHL MEIN EINFLUSS SEIN!“, sagte Papyrus, ließ allerdings offen, wie er das meinte. Stattdessen legte er Frisk den Hasen in die kleinen Hände, dieser betrachtete die Figur von allen Seiten. Seine Miene war nachdenklich und er schien über irgendetwas zu knappern. Schließlich sah er zu Toriel hinüber, diese schien zu verstehen, aber nickte nur. Ein kurzer, wortloser Austausch. Dann drehte sich Frisk wieder zu Papyrus um, nahm dessen Hand und legte vorsichtig wieder den Hasen hinein. „FRISK?“, fragte dieser verwirrt und sah den kleinen Jungen auch genauso verwirrt an. Doch dieser hatte sich bereits wieder ein paar Schritte von ihm entfernt. „Ich schenk ihn dir. Du kannst dir damit die Mettaton-Sachen holen. Hab ich ja gesagt!“, sagte er fröhlich, während sich in Papyrus‘ Augenhöhlen Tränen ansammelten. Mit einer schnellen Wischbewegung trocknete er diese wieder. „VIELEN DANK, FRISK, DAS IST WIRKLICH MEHR ALS GROSSARTIG VON DIR! VIELLEICHT IST JA DIESER NEUE BADEMANTEL DABEI, DEN METTATON NEULICH AUF DEN MARKT GEBRACHT HAT! ODER EINE SPECIAL EDITION EINER SEINER FILME… HACH; ICH BIN MEHR AUFGEREGT. DANKE DIR, FRISK!“, sagte Papyrus, ging auf Frisk zu, hob ihn zu sich hoch und umarmte ihn so heftig, dass Frisks Beine hin und her schwangen. Toriel dagegen beobachtete die Szene mit einem warmen Lächeln. Sie würde ihren Sohn dafür später belohnen, das stand für sie fest. Dafür, dass er einem Freund beistand, als es diesem nicht so gut ging. Frisk dagegen lächelte Papyrus an, soweit es sein Schwindel ihm zuließ.   „WOWIE, DAS SIEHT WIRKLICH ALLES SEHR LECKER AUS. UND DAS HAST DU ALLES GESTERN ABEND NOCH GEKOCHT?“, fragte Papyrus begeistert, als er sich am Buffett umsah. Er konnte die Augenhöhlen gar nicht von den vielen Gerichten nehmen, die ihm hier angeboten wurden. Überfordert hielt er seinen Teller und wusste nicht so recht, wo er als erstes zugreifen sollte. „Nicht ganz, Frisk hat mir dabei geholfen. Und eine Freundin von ihm, die sich ebenfalls sehr gut in der Küche auskennt. Wie heißt die junge Dame nochmal, die uns mit ihrer halben Familie unterstützt hat?“, fragte Toriel in Frisks Richtung. „Muffet, das war Muffet, Mama Toriel“, sagte Frisk, während er sich eine große Menge Rührei auf seinen Teller schaufelte. Toriel nickte. „Richtig, Miss Muffet war das. Sie hat mit uns zusammen die ganzen Eiergerichte zubereitet…, wenn du nicht weißt, was du nehmen sollst, ich denke, die Omeletts sind uns am besten gelungen“, sagte Toriel, während sie sich zwei der eben erwähnten Omeletts nahm. Papyrus folgte ihrem Beispiel. Kaum hatten sie sich für mehrere Gerichte entschieden, gingen sie zu einem der Sitzbänke, die dort extra aufgestellt worden waren. Eine Spende der Menschen aus der nahegelegenen Stadt, wie viele andere Dinge, die sie in ihrem Alltag nutzten. Dass sie seit ihrer neugewonnen Freiheit größtenteils so gut aufgenommen worden waren, und auch unterstützt, war eine große Hilfe für sie. Nur den Feiertag, den wollten sie dann doch lieber erst einmal unter sich feiern. „Bitte schön, hier ist der Himbeertee, den ich für uns gekocht habe“, sagte Toriel und holte eine Thermosflasche, wie auch drei kleine Becher aus ihrem Inventar heraus. Diese verteilte sie an ihre beiden Freunde, bevor sie den Tee hineingoss. „WIE AUFMERKSAM VON DIR, LADY ASGORE“, sagte Papyrus und nahm einen großen Schluck. „Gerne doch“, erwiderte Toriel und begann mit ihrem Mittagessen. „Frisk trinkt diesen Tee sehr gerne und ich dachte mir, dass es eine gute Idee wäre, ein wenig davon mitzunehmen. Er schmeckt so herrlich fruchtig, aber auch nicht zu süß. Es soll ja auch schließlich genießbar sein!“, erklärte sie weiterhin. Papyrus nickte nur und so setzten sie ihr gemeinsames Mahl fort. Zwar sprachen sie das eine oder andere Thema an, jedoch eher oberflächlich und ganz entspannt. Ein Thema jedoch umschifften Toriel und Frisk ganz bewusst und so vermieden sie für den Moment alles, was auch nur irgendwie mit Sans zu tun hatte. Zwar hatte Papyrus seine gute Laune längst wiedergefunden, dennoch wollten die beiden nichts daran ändern. Erst, als sie ihr Mittagessen fast beendet hatten, nahm Frisk sich ein Herz und stellte eine Frage, die schon seit Stunden auf seiner Zunge kribbelte und kratzte. „Papyrus, kann ich dich was fragen?“, wollte er von ihm wissen und Papyrus sah zu ihm herüber. „NATÜRLICH, FRISK, DU KANNST MICH ALLES FRAGEN, WAS DU WISSEN MÖCHTEST“, sagte Papyrus und nahm einen letzten Schluck aus seinem Becher. Unsicher sah Frisk für einen kurzen Herzschlag zu Toriel, bevor er wieder den Mund aufmachte. „Was ist eigentlich mit deinem Schal passiert? Den hast du doch sonst immer an, wenn du dein Kostüm trägst“, wollte Frisk nun von ihm wissen. Papyrus, der bis eben den Becher an seinen Mund gehalten hatte, setzte ihn nun langsam auf dem Tisch ab. Die Stimmung am Tisch fühlte sich nun deutlich kälter an und Frisk bereute es, die Frage gestellt zu haben. „DARÜBER MÖCHTE ICH NICHT REDEN. ES HAT KEINE BEDEUTUNG“, sagte Papyrus monoton und blickte seinen Becher an. Doch bevor die beiden reagierten konnte, sah Papyrus sie abwechselnd an und lächelte, wenn auch nicht mehr so aufrichtig wie noch wenige Minuten zuvor. „LASST UNS LIEBER MIT DER SUCHE WEITERMACHEN, BEVOR DIE VERANSTALTUNG ZUENDEGEHT UND WIR NICHTS MEHR FINDEN KÖNNEN!“, sagte er und stand ruckartig von seinem Platz auf. Mit schnellen Schritten ging er um den Tisch herum und sammelte die Teller ein. „VIELEN DANK FÜR DIE LECKEREN KÖSTLICHKEITEN, SIE WAREN WIRKLICH AUSGEZEICHNET. GERADEZU VORZÜGLICH!“, lobte er Toriels Küche, bevor er sich daran machte, die Teller wegzubringen. Toriel dagegen steckte die Becher wie auch die Thermoskanne weg und warte, bis Papyrus zu ihnen zurückgekehrt war. Dann erhoben sie, wie auch Frisk sich von den Sitzbänken. „Ich denke, das ist eine gute Idee“, sagte Toriel, während sie sich von den Sitzbänken fortbewegten, auf eine kleine Ansammlung aus Sonnenblumen unterschiedlichster Größen. Frisk wagte nichts zu sagen, sondern nickte ihnen nur zu. „JA, DAS IST WIRKLICH EIN GUTER ORT; ZWISCHEN ALL DIESEN SONNENBLUMEN KÖNNTE NOCH DIE EINE ODER ANDERE SACHE VERSTECKT LIEGEN!“, sagte Papyrus voller positiver Überzeugung. Doch dann brach seine Stimme ein wenig ab. „SCHADE, DASS SANS NICHT HIER IST, ER HÄTTE BESTIMMT AUCH VIEL SPASS BEI DER GANZEN SUCHE GEHABT UND DEN TEE GENOSSEN“, fügte er mit bedrückter Miene hinzu. Doch weiter kam er nicht. Kam keiner von ihnen. Denn bevor Papyrus oder seine Freunde noch etwas dazu sagen konnten, nahm er eine kleine, leise, wie auch müde Stimme hinter sich wahr. Hörte, wie diese Stimme ihn ansprach. Ein paar Worte zu ihm sagte, bevor sie abrupt abstarben. Gefolgt von einem stumpfen Geräusch, als wäre irgendetwas oder irgendjemand hinter ihm auf die Wiese gefallen.   ~   Sans hatte absolut keinen Spaß bei dem, was er gerade tat. Aber er machte trotzdem weiter. Er musste weiter machen, eine Alternative dazu gab es schlicht nicht. Und dazu musste er alles ausblenden, was ihn am weiteren Vorgehen hindern würde. Er schob alles von sich. Er blendete die Schmerzen aus, die sich in seiner linken Augenhöhle gebildet hatten und jedes Mal pulsierten, sobald er seine Teleportation benutzte. Er blendete die Kopfschmerzen aus, die sich mittlerweile immer weiter ausbreiteten. Er blendete das Schwindelgefühl aus, die Übelkeit und die Müdigkeit, die sich wie eine kalte Decke über seinen gesamten Körper ausgebreitet hatte. Und am meisten blendete er das Bedürfnis aus, seine Augenhöhlen auch nur für einen Moment zu verschließen. Denn dieser Moment wäre nur der Anfang vom Ende. Sans wusste, würde er auch nur für eine Sekunde nachgeben, würde er in einen tiefen Schlaf fallen. Doch diesen Schlaf konnte er sich gerade nicht leisten. Er hatte viel wieder gutzumachen und wenn er dafür das eine oder andere einstecken musste, das nahm er hin. Mit den Folgen würde er sich später arrangieren müssen, das war ihm bewusst. Aber auch das war ihm im Augenblick egal. Was jetzt zählte, war, seinen Bruder wieder glücklich zu machen. Dass er ihn am Vorabend so verletzt hatte, hatte ihn bis in seine tiefsten Albträume verfolgt. So lange, bis er sie nicht mehr hatte aushalten können. Doch im Dunkeln konnte man selbst als Skelett nicht so viel erreichen und so hatte er bis zum Morgen gewartet. Gewartet, bis sein Bruder nach einem kurzen Frühstück das Haus verlassen und ihn allein gelassen hatte. Papyrus hatte ihm kein Wort des Abschieds gesagt, doch Sans konnte nicht sagen, ob er das getan hatte, weil Papyrus noch wütend auf ihn war. Oder weil dieser dachte, er würde noch schlafen. Dennoch war es Sans nur recht. Ein kurzer, zufälliger Blick in sein Spiegelbild hatte ihm einen Schrecken eingejagt. Er konnte sich nicht daran erinnern, wann er zuletzt so dunkle Ringe unter seinen Augenhöhlen gehabt hatte. Doch er dachte nicht darüber nach. Nachzudenken verursachte zu viele Schmerzen und davon hatte er im Moment mehr als genug. Schweigend beugte sich Sans über den Rand vor ihm, er hatte sich erst wenige Minuten zuvor auf das Dach des neuen Temmie Dorfes teleportiert, um eine bessere Übersicht zu haben. Nachdem er alle Orte genauestens unter die Lupe genommen hatte, von denen er wusste, dass Papyrus sich dort länger als fünf Minuten aufgehalten hatte, war er auf dem Dach des ehemaligen Supermarktes gelandet. Doch weder auf dem Parkplatz noch im Gebäude selbst war er fündig geworden. Die Temmies, die ihm lieber das eine oder andere Item zum Kauf andrehen wollten, waren auch keine sonderlich große Hilfe. Sans seufzte, langsam gingen ihm die Ideen aus; die Möglichkeiten und Orte, wo er sich noch umsehen konnte. Und dennoch, er wusste, er konnte nicht aufgeben. Dabei wäre es so einfach. Es einfach sein zu lassen, sich hier auf diesem Dach auf den Rücken zu legen und zu schlafen. Die ganze Sache zu vergessen. Doch er konnte es nicht. Er musste beenden, was er angefangen hatte, einzig und allein für seinen Bruder. So schwer es sich für Sans auch anfühlte und so sehr alles in ihm schrie, es sein zu lassen… er musste weitergehen. Erschöpft rieb Sans sich an der Stirn, versuchte zu überlegen, was sein Bruder ihm noch erzählt hatte. Dabei fiel sein Blick in die Ferne, ohne etwas Bestimmtes im Fokus zu haben. Er sah die Bäume, die Straße, die zu diesem Gebäude führte und den Fluss. Selbst dort hatte Sans alles abgesucht, er hatte es dort als allererstes versucht, nachdem sein Bruder ihm von seiner Heldentat berichtet hatte. Davon, wie die Temmie von der starken Strömung davongerissen und beinahe darin ertrunken war. Sans konnte sich noch daran erinnern, wie erleichtert er gewesen war, dass sein Bruder ebenfalls wohlbehalten die Rettungsaktion überstanden hatte. Er hätte sich lieber nicht ausmalen wollen, was Papyrus alles dabei hätte passieren können… Mit einem Ruck riss Sans die Augenhöhlen weit auf, die Schmerzen nahm er eher beiläufig wahr. „die strömung… warum habe die nicht die ganze zeit beachtet? ich hätte sie mit einberechnen sollen… was, wenn der schal nicht an das ufer gespült, sondern weiter weggetrieben worden ist?“, murmelte er vor sich hin. Dann blickte er wieder zum Fluss und wusste, er durfte keine weitere Zeit vergehen lassen.   Es war bereits sehr viel Zeit vergangen, seit Sans die Erkenntnis bekommen und sich zurück an den Fluss teleportiert hatte. Seitdem wechselte er stetig von einer Flussseite zur anderen, dabei fiel ihm auf, dass sein Zielen dabei zunehmend ungenauer wurde. Auch musste er sich bereits mehrere Male vor dem Umkippen bewahren. Seine Beine wurden immer schwerer und sein Kopf drehte sich nach jeder Teleportation ein klein wenig. Doch Sans konnte und wollte sich davon nicht aufhalten lassen. Er musste weitermachen. So lange, bis er ihn endlich gefunden hatte. Doch es entpuppte sich als die berühmte Suche nach der Nadel im Heuhaufen und Sans hätte nicht gedacht, dass es so schwer werden würde, in einer eher farbarmen Umgebung einen orange-roten Schal wiederzufinden. Und dennoch wurde ihm seit Stunden das Gegenteil bewiesen. Frustration machte sich in ihm bereit, und der Kampf wurde immer schwerer und schwerer. Sein Körper und auch die Zeit arbeitete gegen ihn… je länger die Suche dauern würde, desto weniger würde er diesen Kampf gewinnen können. Seine rechte Augenhöhle reibend, in der Hoffnung, er würde sie danach ein paar Minuten länger auflassen können, blickte er den Fluss hinab. Und für einen Augenblick dachte er, er hätte was gesehen. Oder war es doch nur eine Einbildung? Sans wusste keine andere Möglichkeit, also nahm er alles zusammen, was er noch an Kräften hatte und teleportierte sich zu dem auffälligen Farbfleck, den er in der Ferne hatte ausfindig machen können. Er hatte ihn zwischen zwei Steinen gesehen, nur einen kleinen Fetzen, aber das hatte ausgereicht. Sans, der sich an einem der Steine stützte, weil es ihn beinahe von den Füßen gerissen hatte, versuchte das rote etwas zu identifizieren. Dann, als er sich einigermaßen sicher auf seinen Beinen fühlte, lehnte er sich nach vor und griff in die Spalte zwischen den beiden Steinen hinein. Bekam das seltsame Etwas zu fassen und zog es vorsichtig heraus. Es war lang, hatte eine orange-rote Farbe und war vollgetränkt mit Flusswasser. Sans konnte nicht anders, als zu lächeln. „da ist er. endlich, ich habe ihn!“, sagte er und hielt den orange-roten Schal vor sich. Durch das Wasser war er viel schwerer als üblich, doch das war Sans egal. Vorsichtig, um ihn nicht zu beschädigen, begann er das Fundstück auszuwringen, drückte jedes bisschen Wasser, das sich darin befand, heraus. Er lachte sogar ein wenig vor Erleichterung. Dass dabei seine Handschuhe nass wurden, störte bemerkte er nicht. „pap wird sich freuen, wenn er den hier sieht“, sagte er, als er den Schal in seiner Jackentasche verstaute. Und er wollte ihn nicht auch nicht mehr so lange warten lassen. Während Sans sich an dem größeren der beiden Steine anlehnte, überlegte er, wo sein Bruder nun sein könnte. Versuchte zusammenzureimen, was Papyrus ihm alles zum heutigen Tage erzählt hatte. Nur, dass Sans wie üblich nur mit einem halben Ohr zugehört hatte. Und sein schmerzender Kopf war auch keine sonderlich große Hilfe. Doch er suchte weiter in seiner Erinnerung, so wie er es mit dem Schal getan hatte. Ging das Gespräch im Geiste noch einmal durch, so gut es ihm gelang. Versuchte, die Lücken durch Logik zu schließen. Und dann fiel es ihm ein. „richtig. der westpark. dort machen sie doch die eiersuche“, sagte er und er überlegte, sich in den Park zu teleportieren, als ihm auffiel, dass er absolut keine Ahnung hatte, wo der Park war. Und für eine größere Suche hatte er wieder die Nerven, noch die Energie. Sans seufzte erneut. „gut, bro, dann werde ich eben dich suchen“, sagte er ganz leise vor sich hin, während er die Augen zusammenkniff und sich ein letztes Mal versuchte zu konzentrieren. Erst sah er es ganz schwach, doch dann wurde das Licht von Papyrus’ Seele immer stärker. Sans konnte sie immer besser erkennen. Er begann zu grinsen und sein linkes Auge begann, wie schon unzählige Male zuvor, hellblau aufzuleuchten. Dann, einen Herzschlag später, war er verschwunden. Es fühlte sich an, als würde es vor Ort ein Erdbeben geben, doch Sans wusste es besser. Nicht die Erde bebte, nicht der Boden wackelte; es waren einzig und allein seine Beine, die versuchten einen Halt zu finden. Obwohl er nur die Seele seines Bruders als Orientierung hatte, so hatte er ihn sofort gefunden. Papyrus stand mit dem Rücken zu ihm, er schien irgendetwas zu irgendjemanden zu sagen, doch Sans konnte seine Worte nicht verstehen. Er dachte, er hätte kurz seinen eigenen Namen gehört, aber sicher war er sich dabei nicht. Überhaupt fühlte sich Sans gerade mit allem überfordert, selbst das Sprechen fiel ihm schwer. „hey bro, ich hab da was für dich, das wird dir gefallen…“, sagte er, bevor er sah, dass der Boden sich ihm in einer rasenden Geschwindigkeit näherte. Er konnte sich noch kurz darüber wundern, bis alles schwarz wurde. Den Aufprall auf den Boden spürte er bereits nicht mehr. Verwundert drehte Papyrus sich um, überlegte, was er gerade gehört hatte und ob es nur ein Kind war, das hingefallen war. Doch als er den Anblick sah, der sich ihm tatsächlich bot, drehte sich etwas schmerzhaftes in seiner Seele um. Ein kurzes Aufblitzen, eine kurze Erinnerung… Papyrus wurde schlecht. „SANS!“, rief er aus und rannte zu seinem Bruder. Das Körbchen fiel ihm aus der Hand, doch Frisk reagierte schnell genug, um es noch während des Falles aufzufangen. Toriel hob erschrocken eine Pfote vor ihrem Mund. Papyrus dagegen hob seinen Bruder hoch, hielt in seinen Armen fest und drückte ihn so fest er konnte an sich. Doch davon bekam Sans nichts mehr mit. Kapitel 4: Tag der Versöhnung ----------------------------- Grün. Als er wieder zu sich kam und die Augenhöhlen ein Stück weit öffnete, sah er das helle Grün des Heilzaubers, welcher an ihm angewandt wurde. Diese warme, sanfte Magie, die ihn wieder aufbauen sollte. Sie hatte es sogar geschafft, einen Teil seiner Schmerzen zu mildern, was Sans dankbar zur Kenntnis nahm.   Die Augenhöhlen noch immer halb geöffnet, versuchte Sans sich zu orientieren, versuchte herauszufinden, was mit ihm passiert war. Er hatte sich direkt zu Papyrus teleportiert, nachdem er seinen Schal am Fluss gefunden hatte… er hatte ihn noch begrüßen wollen. Hatte er das getan? Sans konnte es nicht mehr sicher sagen. Langsam bekam er immer mehr und mehr von seiner Umgebung mit, spürte, wie er fest von jemanden gedrückt wurde. Es war ein mehr als bekanntes Gefühl. Doch erst, als er mehrere kleine Wassertropfen auf seinem Gesicht spürte und hörte, wie jemand schwach seinen Namen flüsterte, wusste er, was passiert war. Sein Blick festigte sich und er öffnete seine Augen komplett. „Papyrus! Er ist wieder wach!“, konnte er Frisks Stimme hören und eine andere Person, offenbar weiblich, hielt erschrocken den Atem an. Kaum hatte sich sein Blick vollständig stabilisiert, konnte er erkennen, wem er den Atem geraubt hatte. Neben Frisk stand Toriel, sie beide sahen ihn mit bleichen Gesichtern und Schock in den Augen an. Schließlich sah er nach oben und sah direkt in Papyrus verweinte Augenhöhlen. Wieder bohrte sich ein scharfes Schwert in Sans‘ Seele, doch er versuchte sich davon nichts anmerken zu lassen. „hey, paps, alles klar?“, versuchte er locker wie möglich zu klingen, doch er konnte heraushören, dass dem nicht so war. Und ihm war bewusst, dass die anderen das ebenfalls heraushören konnten. Der Druck der Umarmung nahm zu und Sans hätte seinem kleinen Bruder nur zu gern den Rücken gestreichelt, doch das war nicht möglich. Sein Arm war zwischen ihnen beiden eingeklemmt und Sans war zu erschöpft, um Papyrus darauf hinzuweisen. Also ließ er es bleiben. „sorry, bro, das war nicht meine absicht, ich weiß auch nicht so genau, was da passiert ist…“, versuchte er es wieder, doch sein Bruder schien sich nicht zu beruhigen. Stattdessen fielen weitere Tränen auf Sans‘ Schädel, jeder einzelne von ihnen schmerzten ihn in seiner Seele. „papyrus, mit mir ist alles in ordnung, hey, sieh mich an“, sagte Sans so sanft es ihm möglich war und wieder spürte er das Bedürfnis, seinen Bruder zu berühren. Ihm zu zeigen, dass er lebte. Doch mit seinen Worten hatte er wohl alles schlimmer gemacht. Sein Bruder zitterte nun und die Tränen nahmen immer weiter zu. Genau das hatte Sans mit seinen Worten nicht erreichen wollen. „ES TUT MIR LEID! ES TUT MIR SO LEID, BRUDER! ZWAR WEISS ICH NICHT, WAS GENAU MIT DIR LOS IST, ABER ICH HÄTTE DICH NICHT SO BEDRÄNGEN SOLLEN!“, sagte er mit bebender Stimme und schluchzte nach jedem dritten Wort. Sans, der seinen Arm sehr langsam hatte herausziehen können, hob ihn so gut er konnte und wischte seinem Bruder ein paar Tränen aus dem Gesicht. „aber jetzt bin ich doch wach, siehst du, es ist alles wieder gut“, sagte er und bemühte sich um ein Lächeln. Doch seinem Bruder war ganz und gar nicht danach, dieses Lächeln zu erwidern. „NEIN, NICHTS IST IN ORDNUNG, SONST WÄRST DU JA NICHT UMGEKIPPT! OFFENBAR IST MIT DIR ALLES ANDERE ALS ETWAS IN ORDNUNG! UND MIR IST ES NICHT AUFGEFALLEN… MIR IST ES NICHT AUFGEFALLEN. WAS, WENN ICH DICH VERLOREN HÄTTE? WAS, WENN ES WIE DAMALS GEWESEN WÄRE, DAMALS, ALS ICH DICH AUS DIESEM POOL GEZOGEN HABE?“ Papyrus schniefte und wischte sich nun selbst mit dem Handschuh über das Gesicht. „ALS ICH DICH DA SO LIEGEN SAH, SO LEBLOS UND ÜBERHAUPT NICHT WIE DU, NICHT AUF EINE DER UNZÄHLIGEN ARTEN, WIE DU DEINE NICKERCHEN HÄLST… ICH DACHTE…ICH DACHTE… ICH DACHTE ES WÄRE WIE DAMALS. DASS DU WIEDER INS KOMA GEFALLEN BIST UND JETZT NIE WIEDER AUFWACHEN WÜRDEST! DASS ICH DICH VERLIEREN WÜRDE!“, sagte Papyrus und drückte Sans nun so fest an sich, dass ihm für einen Augenblick die Luft wegblieb. Wieder wurde sein rechter Arm dabei eingedrückt, doch das war ihm egal. „bro, papyrus, es ist wirklich alles in ordnung. ich verspreche es und du weißt, das tue ich nicht einfach so. ich war einfach nur müde, weil ich kaum zum schlafen gekommen bin. jetzt bin ich ja wieder bei dir, oder?“ Daraufhin erwiderte Papyrus nichts mehr, drückte seinen Bruder so fest wie möglich an sich, als wollte er ihn nie wieder gehen lassen. Einzig sein Schniefen war das einzige Geräusch, das man für Minuten von ihm hören konnte. Doch schließlich, nach einer gefühlten Ewigkeit, konnte Papyrus sich wieder beruhigen. Er schien sein Gesicht mit irgendetwas abzutrocknen, doch mit was, das konnte Sans nicht erkennen. Allein die Bewegungen, die Papyrus machte, verrieten es ihm. Offenbar hatte er sich soweit beruhigt, dass er Sans aus der Umarmung nahm, er hielt ihn nur noch mit einem Arm fest, den Papyrus um Sans‘ Schulter gelegt hatte. Erst jetzt bemerkte Sans, dass er auf Papyrus‘ Oberschenkelknochen saß. „JA. JA, DU BIST WIEDER HIER. UND ICH FREUE MICH, DICH ZU SEHEN. NUR BITTE, JAG MIR NIE WIEDER EINEN SOLCHEN SCHRECKEN EIN! WAS, WENN ICH DICH EINMAL NICHT HEILEN KANN?  ICH BIN DOCH DEIN GROSSARTIGER BRUDER, ABER WENN ICH DABEI VERSAGE, DANN… DANN…!“ Sans, dessen Arm mittlerweile wieder frei war, legte seine rechte Hand auf Papyrus‘ Wange und lächelte ihn so sanft wie möglich an.   „du wirst nicht versagen. das weiß ich, bro, du bist einfach zu cool, um zu versagen. und hey, nur für jemanden wie dich legt sogar so ein fauler knochen wie ich sich ins zeug“, sagte er und fischte mit der anderen Hand den Schal aus der Jackentasche heraus. Dass dieser in der Zwischenzeit den Stoff der Jackentasche angefeuchtet hatte, störte Sans nicht im Geringesten. Papyrus‘ Augenhöhlen, als sie seinen Schal erblickten, rissen weit auf und wieder sammelten sich Tränen in seinem Blick. Sans zog seine Stirn in Falten. „DU HAST IHN GEFUNDEN! DU HAST IHN WIRKLICH GESUCHT UND GEFUNDEN!“, sagte Papyrus, der es wohl offenbar nicht richtig glauben konnte. Er setzte zu einem Lächeln an, welches jedoch sofort wieder abstarb. „VERSTEHE. DU HAST DEIN VERSPRECHEN GEHALTEN UND WIRKLICH NACH DEM SCHAL GESUCHT… SANS, SEI BITTE EHRLICH ZU MIR.“ Mit einem Mal sprach Papyrus in einem viel ernsteren Ton, ernster, als Sans es von ihm gewohnt war. „WARST DU DESHALB GESTERN SO MÜDE? WEIL DU NACH MEINEM SCHAL GESUCHT HAST?“ Sans‘ Augenlichter, welche von Minute zu Minute immer heller strahlten, blickten zur Seite. Er überlegte, ob er die Karten nun vollständig auf den Tisch legen wollte und schien mit sich zu hadern. Sein Blick traf den seines Bruders und Sans wusste, dass er ihm nichts mehr verheimlichen konnte. „du hast es erfasst. Ich habe tatsächlich wenig schlaf abbekommen, weil ich überall nach deinem schal gesucht habe.“ Papyrus seufzte, und fuhr sich mit der freien Hand über den Schädel. Als er weitersprach, konnte man sofort heraushören, wie sehr er sich schuldig fühlte. „UND ICH HABE DICH GESTERN ANGESCHRIEN. HABE DIR UNFAIRE DINGE AN DEN KOPF GEWORFEN. SAG; ALS ICH DICH GESTERN ABEND AUF DER COUCH GEFUNDEN HABE, WIE LANGE HAST DU DA WIRKLICH GESCHLAFEN?“ Dieses Mal überlegte Sans nicht so lange. „als ich dann auf die uhr gesehen habe, war es genau eine stunde schlaf, die ich abbekommen habe… hey, nicht weinen, es ist alles gut. hey, bro, sieh mich an…“, sagte er und versuchte, den Blickkontakt zu seinem Bruder wiederherzustellen. Dieser dagegen kämpfte wieder mit seinen Tränen. „ICH WAR EIGENTLICH AUCH GAR NICHT SAUER AUF DICH. NICHT MEHR“, sagte Papyrus nach ein paar Minuten des Schweigens. „VIEL MEHR WAR ICH ENTTÄUSCHT, ICH DACHTE, DU HÄTTEST DAS VERSPRECHEN VERGESSEN ODER KEINE LUST GEHABT, NACH MEINEM SCHAL ZU SUCHEN. DABEI HAST DU DIE GANZE ZEIT NICHTS ANDERES GEMACHT… DARF ICH FRAGEN, WIE UND WO DU IHN GEFUNDEN HAST?“ Sans konnte nun nicht anders, als seinen Bruder stolz anzugrinsen. „klar darfst du fragen, bro“, sagte er und streichelte Papyrus’ Wange ein wenig. „erinnerst du dich noch an die rettung der temmie, von der du mir erzählt hast? ich habe zwar als allererstes am fluss nachgesehen, aber da war nichts. also habe ich an sehr, sehr vielen anderen orten gesucht. doch dann fiel mir ein, dass du von einer starken strömung erzählt hattest und ich bemerkte, dass meine berechnungen nicht ganz korrekt waren. ich hatte die strömung nicht mit einberechnet. also habe ich es nochmal versucht, dieses mal viel weiter weg im flussverlauf. geschätzt rund 100 kilometer von der stelle, an der die Temmie ins wasser gefallen ist, habe ich den schal dann schließlich gefunden. sorry, dass er nass ist, aber ich bin nach dem fund direkt hierhergekommen…“ Papyrus schüttelte mit dem Kopf und wischte sich die letzten Tränen aus dem Gesicht. „DAS MACHT NICHTS, BRUDER, EIN NASSER SCHAL KANN WIEDER TROCKNEN… DANKE, DASS DU IHN GEFUNDEN UND MIR WIEDER GEBRACHT HAST. ICH HÄTTE NICHT AN DIR ZWEIFELN SOLLEN. SELBST JEMAND WIE DU KANN AN SICH ARBEITEN! UND NIEMAND GERINGERES ALS DU HAST MIR DEN BEWEIS DAFÜR GELIEFERT. ICH HAB DICH LIEB, BRUDER. NUR; BITTE, WENN DU DAS NÄCHSTE MAL ERSCHÖPFT BIST, LASS ES MICH WISSEN, BEVOR DU IN OHNMACHT FÄLLST.“ Sans schloss seine Augenhöhlen, bevor er seinem Bruder eine Antwort gab. „werde ich machen, bro. wenn es soweit sein sollte, werde ich dir bescheid geben.“ Er öffnete eine der Augenhöhlen wieder, um einen Blick auf seinen Bruder zu werfen und konnte sehen, wie dieser bereits wieder zu lächeln begann. Ein warmes, aufrichtiges und glückliches Lächeln. Der Knoten, der sich die ganze Zeit über in Sans‘ Seele gebildet hatte, löste sich in Wohlgefallen auf. „UND ICH WERDE IM GEGENZUG AUF DICH AUFPASSEN. ICH HÄTTE MEHR AUF DICH ACHTEN SOLLEN, DIE ZEICHEN BESSER DEUTEN SOLLEN. KEIN WUNDER, DEINE AUGENRINGE WAREN SO DICK UND SCHWARZ WIE AUTOREIFEN! ABER ICH HABE NICHT DARAUF GEACHTET. DOCH DAMIT IST SCHLUSS! DENN WIE SOLL ICH DENN EIN GROSSARTIGER BRUDER SEIN, WENN ICH NICHT BEMERKE, DASS MEIN EIGENER BRUDER SICH UNWOHL FÜHLT? DAMIT WIRD NUN SCHLUSS SEIN! VON NUN AN WERDE ICH IMMER AUF DICH ACHT GEBEN UND DICH MOTIVIEREN, ABER NICHT MEHR SO STARK DRÄNGEN.“   Allein die Vorstellung, wie Papyrus ihm auf eine sanfte Art immer wieder und wieder in den Hintern treten würde, und sei es rein mit Worten, brachte ihn zum Lachen. „ja, das wirst du, da bin ich mir sicher“, sagte er, als er Papyrus den Schal übergab und sich aufrichtete, so gut es ging. Papyrus dagegen wickelte sich den Schal wie gewohnt um, stand auf und legte eine Hand auf Sans‘ Schulter. „KANNST DU STEHEN? IST WIRKLICH ALLES IN ORDNUNG MIT DIR?“, fragte er vorsichtig nach und Sans nickte ein wenig. „ja, alles wieder gut, bro. aber langsam könnte ich etwas zum essen gebrauchen, ich habe einen ziemlichen hunger!“, sprach Sans laut aus und streckte sich ein wenig. Wie auf ein Stichwort ließ Papyrus Sans‘ Schulter los und begann, sich ein paar Schritte von ihm zu entfernen. „DAGEGEN KANN SOFORT ETWAS UNTERNOMMEN WERDEN, BRUDER! FRISK, SEI DOCH BITTE SO NETT UND BRING MEINEN BRUDER ZU DER SITZBANK, ICH WERDE IHM SOFORT EINEN TELLER MIT DEN LECKERSTEN EIERSPEISEN BRINGEN, DIE ER JE IN SEINEM GESAMTEN LEBEN GEGESSEN HAT!“, sagte er und kaum hatte Frisk seine Bitte gehört, brachte dieser Sans zu der gleichen Sitzbank, auf welcher sie selbst zuvor gegessen hatten. Toriel dagegen begleitete Papyrus zurück zum Buffett, wo dieser begann, diverse Gerichte auf einem Teller zu stapeln. „Ich bin froh, dass es deinem Bruder wieder gutgeht. Ihr hängt wirklich sehr aneinander, nicht wahr? Er hat mir oft von dir erzählt, viel mehr, als er über sich selbst geredet hat. Damals, als wir uns immer an der Ruinentür getroffen und uns gegenseitig schlechte Witze erzählt haben“, sagte Toriel in einem schon fast nostalgischen Ton. „Ihr hattet offenbar einen Streit? Ist denn wieder alles gut zwischen euch?“ Papyrus nickte ein wenig, bevor er sich zu Toriel drehte. „JA, ZWISCHEN UNS BEIDEN IST WIEDER ALLES IN ORDNUNG. AUCH WENN ICH MIR EINEN WEITAUS WENIGER DRAMATISCHEN ANLASS DAFÜR GEWÜNSCHT HÄTTE.“ Toriel überlegte kurz, ob sie ihn auf das ansprechen sollte, was er zuvor in seiner Panik angedeutet hatte, doch entschied sich dagegen. Papyrus hatte lange gebraucht, um sich emotional und körperlich wieder zu beruhigen, es würde sich eine passendere Gelegenheit dafür bieten. Bis dahin konnte sie warten. So dringend wollte sie es dann doch nicht wissen. Sie bemerkte erst, dass sie sich in ihre eigenen Gedanken vertieft hatte, als sich etwas Goldenes in ihre Sicht schob. Sie blickte auf den goldenen Gegenstand hinab und sah, dass Papyrus ihr den goldenen Hasen reichte. Der Teller mit Sans‘ Essen lag dagegen auf dem Buffett Tisch. „Oh, Papyrus, willst du ihn etwa nicht? Aber du wolltest doch unbedingt das Fan Paket von diesem Unterhaltungsroboter haben!“, sagte sie verwirrt, doch da hatte Papyrus längst eine ihrer Pfoten genommen und den Hasen in diese gelegt. „NIMM DU ES RUHIG. DAS FAN PAKET WÄRE WIRKLICH SCHÖN GEWESEN, ABER…“, stockte er und sah zu Sans, der lächelnd Frisk bei einer Erzählung zuhörte. „MEIN BRUDER HAT MIR BEREITS DEN BESTEN GEWINN ALLER ZEITEN GEGEBEN, DAHER KANN ICH FRISKS FREUNDLICHE GESTE NICHT MEHR ANNEHMEN. STATTDESSEN MÖCHTE ICH DEN HASEN NUN DIR GEBEN. WIE DU BEREITS VORHIN ERWÄHNT HAST, MÖCHTEST DU DEN OBST- UND GEMÜSEKORB NEHMEN, WAS BEDEUTET, DASS IHR BEIDE DAVON PROFITIEREN WERDET. AUF DIESE WEISE GEHT HEUTE NIEMAND LEER AUS.“ Toriel lächelte den Hasen an, dann ging sie auf Papyrus zu und nahm ihn in eine kurze, aber warme Umarmung. „Danke, das ist wirklich sehr aufmerksam von dir!“, sagte sie, kaum hatte sie sich wieder von ihm gelöst. „BITTE GERNE DOCH. UND JETZT MUSS ICH DAFÜR SORGEN, DASS ICH DEM RUF DES BESTEN BRUDERS DER WELT GERECHT WERDE, BEVOR SANS NOCH VOM FLEISCH FÄLLT. AUCH; WENN ER EIGENTLICH KEINS HAT“, sagte Papyrus lächelnd und nahm den Teller wieder an sich. „Dein Bruder und du, ihr versteht euch wirklich gut. Es ist immer schön, wenn zwei Geschwister so liebevoll zueinanderhalten, auch wenn es hin und wieder zu Streitigkeiten kommt. Das müsst ihr euch auf jeden Fall bewahren“, sagte Toriel, während die beiden sich Sans und Frisk näherten.   Verwirrt, aber auch dankbar für den Rat sah Papyrus sie an, hielt es jedoch für das Beste, vorerst nicht darauf weiter einzugehen. Stattdessen reichte er seinem Bruder den Teller, welcher sich sofort auf das Rührei stürzte. „ketchup hatten sie keinen da oder?... ich mach doch nur spaß, das weißt du?“, ruderte Sans schnell zurück, als Papyrus ihn mit einer Mischung aus Entsetzen und Ekel betrachtete. „war nur spaß, das essen ist super, das bekomme ich auch so runter“, fügte Sans hinzu. Nun nahm er sich das Spiegelei vor, welches die Form eines Kleeblatts hatte und sah die drei vor ihm an, einen nach dem anderen. „ich will ja kein spielverderber sein, aber müsst ihr nicht noch bei der eiersuche weitermachen? oder ist mir beim essen zuzusehen spannender? ich werde schon nicht mehr so schnell aus den pantoffeln fallen, seht ihr, sitzen bombenfest“, sagte er und wippte abwechselnd mit den Füßen. Ertappt rissen die drei ihren Blick von Sans weg, so dass sich dieser zum Tisch umdrehte, um dort sein Mahl in Ruhe fortzusetzen. Zu seiner Überraschung gesellte Papyrus sich schließlich zu ihm. „was machst du da?“, fragte er seinen Bruder verwundert. „ICH LEISTE DIR GESELLSCHAFT!“, antwortete Papyrus offen und ehrlich. Sans kaute auf dem Stück Pfannkuchen herum, länger als eigentlich nötig, bevor er es herunterschluckte. „meinetwegen musst du nicht auf die suche verzichten, bro. ich komme wirklich gut zurecht, dank dem leckeren essen fühle ich mich auch schon viel besser!“, sagte er und hob seine Gabel, welche er grade in eine kleine Menge Kaiserschmarrn geschoben hatte. Doch Papyrus schüttelte nur mit dem Kopf. „LADY ASGORE, FRISK, IHR KÖNNT DIE SUCHE RUHIG OHNE MICH WEITERMACHEN. UND ICH VERZICHTE AUF NICHTS, BRUDER, IMMERHIN BIN ICH SCHON FÜNDIG GEWORDEN. ICH MÖCHTE NUR EIN WENIG HIER BLEIBEN UND AUFPASSEN, OB ES DIR WIRKLICH GUT GEHT. WIE BEREITS GESAGT, MIR IST DEIN SCHLECHTER ZUSTAND SCHON EINMAL ENTGANGEN, ABER DAS WIRD DEM BESTEN BRUDER DER WELT NICHT NOCH EINMAL PASSIEREN!“, sagte er und hob mahnend den Zeigefinger. Sans wurde das Gefühl nicht los, als wollte Papyrus sich selbst damit tadeln. „dann gleib ruhig, deine gesellschaft ist immer sehr angenehm“, sagte Sans und lächelte vor sich hin. Und er lächelte Toriel an, als diese sich den beiden näherte und ihnen zwei Becher mit Tee einschenkte. „In Ordnung, dann werden Frisk und wir beide euch alleine lassen. Aber vorher sollte Frisk dir deinen Korb zurückgeben, Papyrus… wenn Sans sich besser fühlen sollte, könnt ihr euch uns nachher wieder anschließen“, schlug sie vor, während Papyrus dankbar den kleinen Korb wieder entgegennahm. Die beiden Skelettbrüder sahen ihren Freunden noch hinterher, wie sie in der Menge verschwanden, dann waren es nur noch die beiden, die sich an der Sitzbank befanden. „zwischen uns beiden ist doch wieder alles in ordnung, oder?“, fragte Sans und sah seinen Bruder an. Sein Lächeln war lange nicht mehr so selbstsicher, wie noch wenige Augenblicke zuvor. Papyrus legte ihm eine Hand auf die Schulter. „NATÜRLICH IST ZWISCHEN UNS BEIDEN WIEDER ALLES IN ORDNUNG. ES GIBT NICHTS, WAS UNS BEIDEN AUF DAUER ENTZWEIEN KÖNNTE. DAFÜR IST DIE MACHT UNSERER BRUDERSCHAFT VIEL ZU MÄCHTIG, ALS DASS ICH EWIG AUF DICH SAUER SEIN KÖNNTE.“ Er hielt kurz inne, überlegte sich seine nächsten Worte gut, dabei verkrampfte sich seine Hand ein wenig. Etwas, was Sans nicht entging. „ICH WEISS, DU HASST ES VERSPRECHUNGEN ABZUGEBEN UND DU HÄLST DICH AUCH NUR IN DEN SELTENSTEN FÄLLEN DARAN. ZU BEHAUPTEN, ES WÄRE NIE DER FALL, DAS WÄRE ANGESICHTS DES HEUTIGEN TAGES EINE ASTREINE LÜGE. NUR, ICH MÖCHTE, DASS DU MIR WIRKLICH VERSPRICHST; DASS WENN ES DIR MAL WIEDER NICHT SO GUT GEHEN SOLLTE, DASS DU DICH MIR ÖFFNEST. ES REICHT EIN WORT UND ICH WERDE IMMER FÜR DICH DA SEIN. ACHTE BITTE MEHR AUF DICH, WAS, WENN ICH EINMAL NICHT IN DER NÄHE BIN UND DICH HEILEN KANN…“ Sans seufzte, wie zum gefühlt tausensten Mal an diesem Tag und nahm mit seiner kleinen Hand die von Papyrus. Nahm sie von seiner Schulter und drückte sie so fest er konnte. Dann sah er Papyrus direkt in die Augenhöhlen. „ich verspreche es, bro, und das meine ich ernst.“ Papyrus suchte Sans‘ Gesicht ab, suchte nach versteckten Ausdrücken oder anderen Dingen, die er nicht übersehen durfte. Dann begann er zu strahlen und grinste seinen Bruder an. „hey, bro, wenn ich das hier nachher aufgegessen habe, willst du mir dann ein wenig weitersuchen? Ich meine, ich werde nicht viel gehen können und nachher verdammt viel schlaf brauchen, aber gegen ein bisschen brüderliche zeit spricht ja an sich nichts, oder?“ Papyrus‘ Freude waren nun keine Grenzen mehr gegeben, nur zu gerne hätte er seinen Bruder wieder in einer festen Umarmung an sich gedrückt. Dass dieser sich mehr als zurückhielt, konnte Sans sehr gut erkennen. „WOWIE; WILLST DU DAS WIRKLICH MACHEN? DAMIT WÜRDEST DU MIR EINE SEHR, SEHR GROSSE FREUDE MACHEN! WIR BEIDE ALS DREAMTEAM! DIE SUCHE WIRD UNS BEIDEN SEHR LEICHTFALLEN UND DIE ANDEREN WERDEN DAS NACHSEHEN HABEN.“ Voller Kampfgeist hatte Papyrus die freie Faust gebannt, räusperte sich dann ein wenig. „ABER VORHER MÖCHTE ICH, DASS DU ERST DEINEN TELLER AUFISST. DU MUSST ZU KRÄFTEN KOMMEN, WENN WIR ALS DREAMTEAM AGIEREN WOLLEN, DANN SOLLTEN WIR UNSEREN AUSGEZEICHNETEN TEAMGEIST BEREITS JETZT ZUR SCHAU STELLEN. UND ICH WERDE ES TUN, INDEM ICH DICH IN RUHE AUFESSEN LASSE.“ Sans lachte ein wenig vor sich hin, als er die letzten Gerichte auf seinem Teller zusammenschob. „bro, du bist der beste“, sagte er und biss in den kümmerlich kleinen Teil seines Pfannkuchens hinein. Stolz und fröhlich schloss Papyrus seine Augenhöhlen. „ICH WEISS, BRUDER, ICH WEISS!“, sagte Papyrus und nahm einen Schluck von seinem Tee. Der Tag konnte nur noch besser und besser werden, das wusste er. Und nichts und niemanden würde es ihm noch versauen können. Nichts und niemand auf dieser Welt. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)