Treasure von -Kiara ================================================================================ Kapitel 1: Auf Schatzsuche -------------------------- Die Sonne stand tief am Firmament und schickte die letzten Strahlen des Tages zur Erde hinab. Mühselig kämpfte sich das restliche Tageslicht zwischen den Bäumen, Blättern und Ranken eines dicht bewachsenen Dschungels hindurch. Das muntere Kreischen und Pfeifen der einheimischen Vögel ebbte langsam ab, je mehr Tiere sich allmählich zur Nachtruhe betteten. Inmitten des Dschungeldickichts wurden mit einem auf Hochglanz polierter Säbel neue Wege durch das wuchernde Grünzeug geschnitten. Die treibende Kraft dahinter war eine Frau mit feuerrotem wallendem Lockenschopf, welcher nur mäßig mit einem um den Kopf gebundenen, violett gemusterten Tuch gebändigt wurde. Das Schwingen des Säbels trieb ihr bereits den Schweiß auf die Stirn, die kilometerlange Schneise hinter ihr, die Frucht ihrer Anstrengung. Ihre feinen Lederstiefel waren mit Matsch besprenkelt und hatten eine Dreckkruste um die Sohlen angesammelt und auch die dunkle Stoffhose, deren Beine sorgfältig in die Stiefelschäfte gestopft waren, hatte bereits bessere Zeiten gesehen. Solche, an denen ihre gröbste Strapazierung aus stundenlangem Sitzen auf Samtpolstern und Spaziergängen auf gepflasterten oder festen Wegen bestand. Am heutigen Tag hatte die Trägerin dieser hochwertigen Kleidung Flüsse durchwatet, Felsen erklommen und an Lianen über Klüfte geschwungen. Und trotzdem machte sie keine Anstalten eine Pause einzulegen, erpicht darauf das Dschungellabyrinth vor Einbruch der Nacht zu verlassen. Etwas unbeholfener stolperte eine blonde Begleitung ihr auf diesem Abschnitt der Reise hinterher. Er blieb mit seinem blauen, abgetragenen Mantel an Büschen und Geäst hängen und hatte Schwierigkeiten, Kompass und Karte in seinen Händen zu ordnen, während er sich freikämpfte. Unachtsam trat er durch das feine Netz einer Spinne und prustete reflexartig, um die Fäden in seinem Gesicht loszuwerden. Als dies offensichtlich keinen Erfolg hatte, wischte er sich kurzerhand über Augen, Nase und Vollbart und schüttelte die klebrigen Überreste wirsch von der Hand. Dann galt seine Aufmerksamkeit wieder den Navigationsinstrumenten. Die Nadel in seinem Kompass wies den Weg unermüdlich der Dämmerung entgegen. Und ein mächtiger Pirat, wie er, wusste, dass die Sonne niemals im Norden unterging. „Bitte mach einen Schritt schneller, Guybrush“, seufzte die Frau und halbierte kurzerhand das nächste Gestrüpp vor ihren Augen. „Ich möchte wirklich ungerne hier kampieren müssen.“ Die Karte in Guybrush’s Händen hatte versprochen, sie zu einem Schatz zu führen. Sie hatten Bestien bezwungen, Stürme durchsegelt und den ein oder anderen Voodoofluch gelüftet, um die verheißungsvolle Insel zu erreichen. Nun irrten sie seit Stunden in Kreisen umher, das Ziel längst aus den Augen verloren. „Ich verstehe es nicht. Beim Schildkrötenfelsen hätte es eine Abbiegung nach links geben müssen und dort wären wir zum Huhn-förmigen Teich gekommen“, murmelte er und starrte auf die Landkarte hinab, als wolle sie absichtlich etwas vor ihm verbergen. Dabei übertrat er nur ganz knapp eine Wurzel, welche ihn nur zu gerne aus den Piratenstiefeln reißen wollte. Nebensächlich duckte Guybrush sich unter einer Schlinge hindurch, welche seinen blonden Locken haarscharf streifte und ein paar Käfer auf ihn abwälzte. Doch dies bemerkte der Schatzjäger kaum, zu vertieft in seinem Versuch die Markierungen unter seinen Fingern zu enträtseln. Guybrush drehte die Karte im und gegen den Uhrzeigersinn, während er die Zeichnung nach erkennbaren Anhaltspunkten absuchte. Doch auch ein Perspektivwechsel änderten nichts an seinen Navigationsfähigkeiten. „Möchtest du mal auf die Karte gucken, Schatz?“, bot er seiner Frau schließlich demütig an und hielt ihr das Papier entgegen. Elaine wandte sich um und warf zuerst einen genervten Blick auf das Stück Pergament und anschließend in Guybrush‘s überfragtes Gesicht. „Nein, danke. Ich brauche keine Karte, um zu erkennen, dass wir uns völlig verlaufen haben.“ Sie stieß frustriert den Atem aus. Es war nur eine Frage der Zeit gewesen, bis Guybrush’s Orientierungssinn sie vom Weg abkommen ließ, wenn er voran ging. Es hatte seinen Grund, warum sie es bevorzugte, selbst jegliche Seekarten und Landkarten zu studieren und aufzubewahren. Und würde er nicht ständig impulsiv drauf losrennen, hätten sie bereits vor Stunden klären können, dass keine seiner Richtungsangaben auch nur im Entferntesten etwas miteinander gemein hatten. Besonders, wenn man sich auf einen Kompass verließ, der nicht nach Norden zeigte, aber die Karte ausrichtete, als wäre dem so. Elaine wunderte sich überhaupt nicht mehr woher Guybrush diese kuriosen Dinge hernahm. Sie war sich nicht sicher, ob der Kompass überhaupt in eine bestimmte Richtung wies, oder einen vielleicht zu dem führte, was man sich angeblich am sehnlichsten wünschte. Schuldbewusst presste Guybrush die Lippen zu einer schmalen Linie und wägte ab, welche Worte er als nächstes wählte. Er rollte die Karte zusammen und ließ sie achtlos in einer seiner vielen, schier bodenlosen Manteltaschen verschwinden. „Soll ich weiter das Gestrüpp wegschneiden?“, gab er versöhnlich von sich. „Da vorne ist eine Lichtung, auf die letzten Meter mache ich jetzt auch nicht mehr schlapp“, entgegnete Elaine starrsinnig. Doch Guybrush bestand darauf, seiner Frau zur Hand zu gehen und zog seine eigene, nicht mehr ganz so scharfe und gekerbte Klinge. „Dann lass mich dir wenigstens helfen.“ Sein Schwert mochte zwar seine besten Tage bereits hinter sich haben, doch es erwies dem mächtigen Piraten immer noch gute Dienste. Gezielt begann er das Blattwerk vor ihnen zu beseitigten. „Und wenn wir wieder auf der Screaming Narwal sind, verspreche ich dir eine Massage, die du nie vergessen wirst!“ Elaine hob interessiert eine Augenbraue und schmunzelte ihn amüsiert von der Seite an. „Ich kann es kaum erwarten.“ Geschickt wich sie seinem ausufernden nächsten Hieb gegen die Natur aus. „Dabei fällt mir ein, wolltest du mich nicht auch schon längst für deine lange Abwesenheit entschädigen?“, erinnerte sie ihn und das Lächeln in ihren Mundwinkeln wurde breiter. „Ehrlich gesagt, sollte der Schatz das tun“, gestand er, den Blick konzentriert auf das Dickicht gerichtet. Die Scham kroch dennoch hinauf in seine Wangen. „Auch wenn kein Gold und keine Juwelen dieser Erde aufwiegeln könnten, was du für mich getan hast.“ Mit gemeinsamer Kraft erreichten sie das ersehnte Ende des Dschungels und fanden sich am Rande einer Klippe wieder. Vor ihnen der Horizont, das weite Meer und der in rosarot getauchte Himmel der Abenddämmerung. Erleichtert, endlich aus dem Labyrinth entkommen zu sein, ließen sie die Schwerter aus den erschöpften Griffen achtlos ins Gras gleiten. „Du bist ein Holzkopf“, entschied Elaine. Guybrush setzte gerade dazu an, sie überrascht anzublinzeln, als sie seine Hand ergriff und zu sich zog. Ehe er sich versah, hatte sie ihre Arme um seinen Hals geschlungen. Instinktiv fanden seine Hände ihren Rücken und drückten sie fest an sich. „Als ob mich Schätze interessieren“, murmelte sie in seine Halsbeuge. Guybrush zog die Stirn in Falten. „Tun sie nicht? Dabei warst du so motiviert für diese Schatzsuche.“ Elaine lockerte ihre Umarmung um ihrem Mann eindringlich in die meerblauen Augen zu sehen. „Natürlich. Um Zeit mit dir zu verbringen!“ Nun war er an der Reihe amüsiert zu schmunzeln. „Dafür gehst du mit mir auf ein Piratenabenteuer?“ Er löste eine Hand um diese sanft an ihre weiche Wange zu legen. Federleicht strich sein Daumen über ihre zarte Haut. Zärtlich zog er sie heran, um einen Kuss auf ihre Stirn zu hauchen. „Du hättest nur etwas sagen brauchen, dann hätten wir ein paar entspannte Tage auf Booty Island verbracht.“ Elaine neigte den Kopf und ließ ihren Blick über sein Gesicht schweifen. „Ach weißt du, das Inselleben kann auf Dauer ganz schön ermüdend sein.“ Sie zog beiläufig einen verirrten Käfer aus einer seiner Locken hervor und pustete ihn in die Freiheit. Anschließend zwirbelte sie seinen Pferdeschwanz liebevoll zwischen den Fingern. „Außerdem erinnert mich das hier an unsere Flitterwochen.“ „Aber dieses Mal trage ich dich über die Schwelle der Kapitänskajüte“, bemerkte Guybrush bestimmt. Ihre Lippen kräuselten sich zu einem zufriedenen Lächeln, welche sie zärtlich über seine strich. „Du kannst es gerne versuchen.“ Im nächsten Moment verschwand die warme Hand von ihrer Wange und mit einem Mal spürte sie einen Druck in den Kniekehlen, welcher ihre Füße vom Boden riss. „Guybrush!“, stieß sie erschrocken aus und schlang ihre Arme fester um seinen Hals. Er wiegte sie beinahe mühelos in seinen Armen und lehnte sich mit einem stolzen Grinsen in einen Kuss, der ihr beinahe den Atem raubte. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)