Wrecked von Scharon (Soukoku) ================================================================================ Prolog: Birds fly in different directions ----------------------------------------- „Chuya...“ Die Tränen beginnen meine Stimme zu ersticken. „Noch ein bisschen“, machst du mir Mut mit einem sanften Lächeln auf den Lippen, dass mir richtig warm ums Herz wird. „Chuya...“ Mit aller Kraft halte ich die Augen offen, will noch ein wenig länger im tiefen Blau deiner Augen versinken, bevor die so fatal blutende Schusswunde in meiner Brust, mein Ende einläutet. Plötzlich kann ich leichter atmen. „Besser so?“, fragst du mit warmer Stimme und ich bemerke den roten Schimmer, der mich umgibt. Du benutzt deine Fähigkeit, um das Gewicht von meiner Brust zu nehmen. So bemüht habe ich dich selten erlebt. Ist dir das hier so wichtig? Bin ich dir so wichtig? „Ich habe dich nie gehasst...“, bricht es überwältigt aus mir heraus. Du verziehst das Gesicht. „Ach, komm schon. Dies ist nicht der richtige Zeitpunkt für dieses Gespräch.“ Ich blinzel irritiert. „Ich lasse dich nicht sterben.“ Ein tiefer Seufzer entfährt meiner Kehle und ich spüre ein Lächeln auf meinen Lippen. „Chu...“ Bevor ich weiter sprechen kann, werde ich von lilafarbenen Ringen aus gleißend hellem Licht umspielt. Was ist das? „Wehr dich nicht“, sagst du mit festem Blick und das erste Mal in meinem Leben, folge ich deinem Befehl ohne nachzudenken. Ich halte meine Fähigkeit zurück, lasse mich treffen. Stöhnend falle ich zurück zu Boden, in meine Blutlache, während um mich herum Dutzende Schmetterlinge aufsteigen. Erstaunt atme ich ein, doch spüre keinen Schmerz. Nirgendwo mehr. Ich ziehe die Beine unter die Hüfte, setze mich verwirrt aufrecht hin. Du kniest vor mir und grinst zufrieden. Ruckartig wende ich mich um und entdecke eine Frau mit kurzem dunklen Haar. Sie ist schick gekleidet und grinst zu mir runter, während sie die Brille auf ihrer Nase zurecht rückt. „Yosano Akiko“, stellt sie sich vor. „Ich bin Ärztin.“ Beeindruckt nicke ich ihr zu. „Stets zu Diensten, Kollege.“ Sie grinst auf mich herab und ich nicke erneut, immer noch ein wenig von der Situation überrascht. Ich wende mich wieder zu dir um, senke den Blick. „Ich... Kann ich denn mit zurück kommen?“ Schließlich habe ich es nicht geschafft meinen Partner zu beschützen als es darauf ankam und er starb in meinen Armen. Jedenfalls war ich davon überzeugt. Es fühlt sich komisch an, in mir drin. Bin ich verunsichert? „Als der Boss bemerkt hat, dass ich nicht gestorben bin, sondern Yosano mich zurück holen kann, da war seine Wut verflogen.“, sagst du grinsend. Ich sehe dich erstaunt an. „Du hast mich mit deiner Fähigkeit gerettet, auch wenn es nicht so aussah.“ Ich blinzele. „Und du hast verdammt nochmal fast im Alleingang den Boss der scheiß Kröte platt gemacht“, zischst du, wirkst fast eifersüchtig, wenn man deine zusammengezogenen Augenbrauen so interpretieren möchte. „Glaub mal, der Boss freut sich, dich zu sehen.“ Du stehst abwinkend auf während dir mein Blick folgt. „Was ist?“, fragst du mit einer leichten Röte auf den Wangen, dann hältst du mir die Hand hin. „Lass uns nach Hause gehen.“ Ich sehe deine Finger an, die sich mir auffordernd entgegen strecken und merke, wie leichte Freude in mir aufkommt. Ungewohnt. Mit klopfendem Herzen nehme ich deine Hand und lasse mir aufhelfen. Während wir neben einander her laufen, siehst du mich von der Seite an, verschränkst die Hände hinter dem Kopf. „Du... hast dich echt gefreut, als ich aufgetaucht bin. Oder?“ Ich wende dir den Kopf zu, woraufhin du hastig weg guckst, was die roten Wangen nicht schnell genug verbirgt als dass ich sie nicht bemerkt hätte. „Ja“, gebe ich zu. Erstaunt lässt du den Kopf nach vorne fallen und blinzelst mich an. „Das überrascht dich?“, frage ich mit einem leichten Lächeln und einer hochgezogenen Augenbraue. Du ziehst eine Schnute, das ich lachen muss. „Ich hab geheult wie ein Schlosshund als du in meinen Armen gestorben bist.“ Deine Augen werden groß. Dann siehst du vor dir zu Boden. „Dann war alles gelogen?“ Hm? „Dass du mich nicht ausstehen kannst?“ Wir sehen uns in die Augen, dein Blick ist fragend. „Gerade eben hast du gesagt, dass du mich nie gehasst hast.“ „Du hast das Offensichtliche erfasst“, sage ich grinsend und du schnaubst nur wütend. Mein Mund entspannt sich etwas und geht zu einem zarten Lächeln über. „Ich bin stolz, Chuya.“ Du siehst mich wieder an. „Aber wem sage ich das...“ „Was meinst du?“ „Ich bin immer gerne mit dir zusammen auf Missionen gegangen“, ahme ich deine vermeintlich letzten Worte mit hoher Stimme nach, während ich die Hände an meiner Wange falte. Mit hochrotem Kopf schlägst du gegen meine Schulter. „Ach halt die Klappe, Idiot!“ Ich lache. Du grummelst einen Moment vor dich hin, doch bevor ich mich wieder abwende, sehe ich wie sich ein Lächeln auf deine Lippen stiehlt. Kapitel 1: My mind is a place I can´t escape -------------------------------------------- Ich schrecke hoch, spüre sofort den kalten Schweiß, der meinen gesamten Körper bedeckt. Mein Shirt klebt, unangenehm nass, an der Brust und am Rücken. Mit schwerem Atem sehe ich mich um. Ich sitze in meinem Bett, in meinem Zimmer, im Gebäude der Hafenmafia. Die Hand fest auf die Brust gedrückt, versuche ich meinen Atem zu beruhigen, der die Stille im Raum durchbricht. Ich bin aus einem Traum erwacht, einem Alptraum voller Blut, Tränen und Tod. Ich habe von dir geträumt, sah dich abermals in meinen Armen sterben. Es war ein Traum... oder? Ich schlucke und stehe auf. Mit flinken Schritten mache ich mich auf den Weg zu deinem Zimmer, stolpere dabei nicht nur einmal vor mich hin, denn ich bekomme kaum mit was ich tue. Immer noch sind meine Gedanken wirr, mich zu konzentrieren fällt mir schwer. Ich sehe dich schreien, ich sehe bluten, ich sehe dich sterben. Ist es wirklich so, wie meine Gedanken es mir vorspielen? Was ist wahr, was entspricht meiner Fantasie? Ich weiß es nicht. Das wird wohl der Grund sein, warum sich mein wild klopfendes Herz nicht beruhigen will. Ich lege die Hand um deinen Türknauf, will eintreten, doch das Zimmer ist verschlossen. Schluckend starre ich die Türe an, klopfe dann gegen das dunkle Holz. Wenn jetzt niemand öffnet, dann hat jemand anders dein Zimmer verschlossen oder du bist tatsächlich nie von unserer Mission zurück gekehrt. Schweiß bildet sich auf meinen Handflächen, während ich mit zittrigem Atem ausharre. Ich klopfe nochmal, diesmal lauter. Komm schon, Chuya... bitte mach die Tür auf. Ich kneife die Augen zusammen. Ein Klacken lässt mich wieder aufsehen, da öffnet sich die Tür vor mir. Wie eingefroren starre ich dich an, als du dich aus den Schatten schälst. Dein Haar ist wirr, du trägst nur eine Jogginghose. Ich habe dich offensichtlich aus dem Bett geholt. Gähnend reibst du dir durch ein Auge und siehst mich anschließend grimmig an. „Was zum Henker? Hätte ich geahnt, dass du es bist, wäre ich im Bett liegen geblieben.“ Du knurrst. „Scheiße, es ist 3 Uhr nachts. Was willst du hier?“ Ungläubig sehe ich dich an, ignoriere dein Schimpfen. Du stehst tatsächlich vor mir. Das tust du doch oder? Ohne nachzudenken werfe ich mich nach vorne und schlinge die Arme um deine Schultern. Du verschwindest nicht, ich kann dich spüren. Ich drücke die Nase in dein Haar und atme tief ein. Du bist wirklich hier. Erleichtert seufze ich, dann bemerke ich erst, wie stocksteif du in meinen Amen geworden bist. „Dazai... was...?“ Deine Finger graben sich in meine Arme und du versuchst mich von dir zu drücken. „Lass mich los, du Freak!“, zischst du wütend. „Was ist denn mit dir los? Hast du versucht dich mit giftigen Pilzen umzubringen und bist jetzt auf nem Trip?“ Die Verwirrung ist dir deutlich in Gesicht und Stimme geschrieben. Als die Erleichterung endlich meine Arme entspannt, schaffst du es mich von deinem Körper zu entfernen, drückst mich augenblicklich eine Armlänge von dir weg. „Ach, ich wollte einfach mal nach dir sehen.“, entgegne ich fröhlich und du starrst mich mit offenem Mund an. „Schönes Zimmer hast du hier. So viel Geschmack hatte ich dir nicht zugetraut.“ Ich gehe an dir vorbei, ohne dich weiter zu beachten, tiefer in den Raum. Tatsächlich ist dein Zimmer gemütlich, doch funktional eingerichtet. Bett, Sofa mit Kissen und Decke, Kleiderschrank, Lesesessel. In einem Regal stehen, neben Büchern, unter anderem zwei Rotweinflaschen. „Um 3 Uhr nachts?!“, fauchst du empört. „Du hast doch nen Vogel! Verschwinde gefälligst! Ich hab dir nicht erlaubt rein zu kommen!“ Mit geballten Fäusten drehst du dich zu mir um, wirst sekündlich wütender. Ich winke ab, grinse dich an. „Wieso? Versteckst du hier etwas das niemand sehen soll?“, ziehe ich dich auf. Dein Knurren verrät mir, dass es klappt. „Oder hast du gerade was gemacht und kannst jetzt nicht weiter machen? Du weißt schon.“ Ich schlage die Hand vor den Mund, sehe grinsend zu deiner Hose runter. Eine wahrnehmbare Röte schießt auf deine Wangen, was mich nur noch mehr amüsiert. „Was? Nein! Ich habe geschlafen! Geschlafen, wie ein normaler Mensch es um 3 Uhr nachts tut! Und ja, dabei hast du mich gestört.“ Du fährst dir durchs Haar und ich muss mir eingestehen, dass es dir erschreckend gut steht, wie sich deine Finger in die rote Mähne graben und sie aus deinem Gesicht schieben. „Jetzt hau endlich ab, damit ich weiter schlafen kann...“ „Nö.“, sage ich und setzte mich auf das Sofa gegenüber von deinem Bett. Du siehst mich entgeistert an. „Ich habe beschlossen hier zu schlafen.“ Ich werfe mir die Decke über und lege mich hin. „Was?! Ist das dein verdammter Ernst? Das kannst du sowas von vergessen!“ Ich lächle in mich hinein, während du mit Beleidigungen um dich wirfst und auf mich zu gestapft kommst. Ich sehe zu dir auf, ohne die geringste Anstalt mich wieder vom Sofa zu entfernen. Wenn ich jetzt gehe, wird es so enden, wie vor 10 Minuten. Ich träume wieder von dir, kann wieder nicht meinem Verstand trauen und muss wieder zu dir kommen, um mich davon zu überzeugen, dass du wirklich noch da bist. Wenn ich hier schweißgebadet aufwache, dann genügt mir ein Blick, zwei Schritte und ich kann meine Ängste vertreiben. Du beginnst an meinem Arm zu zerren, siehst grimmig zu mir runter. „Verschwinde endlich!“ Ich schüttel den Kopf. „Ich denk, du bist so müde. Los, leg dich hin und schlaf.“ Ich zeige auf dein Bett. Zornig presst du die Finger fester in meinen Unterarm. „Was fällt dir ein? Ich bin kein Hund, dem du Befehle erteilst!“ Mit aufforderndem Blick sehe ich unter der Decke hervor. „Kannst du etwas nicht schlafen, wenn ich da bin?“ Irritiert hältst du inne, blinzelst mich an. „Macht dich meine Anwesenheit nervös?“, provoziere ich dich mit trällernder Stimme. Schwungvoll fährst du herum, lässt mich dabei los. Hab ich da einen Nerv bei dir getroffen? Nicht, dass das eh meine Absicht war. „Ach, mach doch was du willst...“, zischst du wütend und wirfst dich ins Bett. Du wendest dich von mir ab, ziehst die Bettdecke hoch bis zu deinen Schultern. Lächelnd sehe ich zu dir rüber. Geht doch. Warum nicht gleich so? Ich drücke mich in die Kissen, ziehe die Decke zur Nase und komme dabei nicht umher, ihren Geruch zu bemerken. Sie riecht nach dir. Das ist... irgendwie angenehm. Langsam schließe ich die Augen. Ich kann gerade noch so einen Schrei unterdrücken als ich aus dem Schlaf aufschrecke. Meine Befürchtungen sind eingetroffen, ich habe wieder von dir geträumt. Dein Gesicht war voller Blut... Mit klopfendem Herzen sehe ich zu dir rüber. Du hast dich mittlerweile auf den Rücken gedreht, schläfst friedlich mit offenem Mund. Das tust du doch, oder? Du bist keine Einbildung? Ich stehe auf, gehe zu dir rüber. Zaghaft lege ich meine Hand an dein Bein, das unter der verrutschten Bettdecke hervorragt. Ich spüre deine Wärme durch den Stoff, wie sie sich langsam auf meine zitternden Finger überträgt. Erleichtert atme ich durch. Gerade will ich mich umwenden, da gibst du ein wohliges Seufzen von dir. Ein warmer Schauer durchfährt meinen Körper und ich lasse den Blick auf dir ruhen. Du schließt den Mund, dann atmest du wieder ruhig. Ich schlucke. Dann knie ich mich vors Bett und beuge mich über dich bis mein Gesicht neben deinem ist. Darauf bedacht dich nicht zu berühren, atme ich tief durch die Nase ein. Du bist hier. Alles ist gut. Ich lehne mich ein wenig zurück, beobachte dein schlafendes Gesicht. Ich will mir ganz sicher sein, komme dir näher, beobachte deine Lippen, die sich, wie zu einem Traum leicht bewegen. Dein Atem streicht mir übers Gesicht, ich halte die Luft an, nähere mich dir weiter. „Was zur Hölle soll das werden?“ Ich schrecke heftig zusammen. So sehr, dass es einen physischen Schmerz durch meine Brust jagt. Erst jetzt bemerke ich, dass ich die Augen geschlossen hatte, blinzel dich mit wild klopfendem Herzen an. Du hebst eine Augenbraue, wirkst nicht erfreut darüber, das unsere Gesichter nur wenige Zentimeter von einander entfernt sind. Ich... Ich muss etwas tun! Mit einer schnellen Bewegung schlage ich meine Handkante leicht gegen deinen Hals. Du siehst mich überrascht an. „Und du bist tot.“, stelle ich fest, lehne mich wieder zurück, stehe dann auf. „Was?“ Du verziehst das Gesicht. Ich hebe meinen Zeigefinger. „Wie kannst du nur so unvorsichtig sein? Wäre ich ein Feind, hätte ich dich locker über den Jordan befördern können.“ „Hä?!“ Du setzt dich auf, was die Bettdecke in deinen Schoß rutschen lässt. Ich versuche dich mit Absicht nicht anzusehen, wende mich leicht ab. „Ja, toter Hund.“ „Aber...“, beginnst du zögerlich. „Der Raum ist verschlossen und du warst doch da.“ Ich grinse in mich hinein, dass du mal wieder auf meine Spielchen eingehst. „Ach ja? Dann vertraust du mir so sehr, dass du glaubst ich würde dich beschützen?“ „Was? Das habe ich nicht...“ Du brichst deinen Satz ab. Denkst du gerade nach? „Ja.“ Mein Herz macht einen Satz. Damit habe ich nicht gerechnet. Ich schlucke, dann gehe ich wieder zur Couch. „Würde ich nicht tun.“, sage ich abwertend und lege mich von dir abgewandt hin. Kurz ist es still, dann höre ich dich grummeln und wie deine Bettdecke raschelt als du dich wohl auch wieder hinlegst. Ich starre die Rückenlehne vor mir mit großen Augen an und lege die Finger über meinen Mund. Was war das eben für eine Aktion von mir? Was sollte das? Es... Es hat nicht viel gefehlt und ich hätte dich... geküsst. Ich spüre die Hitze auf meine Wangen schießen und ein Bild deiner Lippen huscht in meine Gedanken. Fest kneife ich die Augen zusammen. Nein, nein, nein. Das darf doch nicht wahr sein! Ich bin offenbar verrückt geworden! So... So empfinde ich nicht für dich. Ich... ich brauche einfach gerade deine Nähe, weil ich... Angst um dich hatte. Habe. Meine Gedanken verwirbeln schon wieder. Es fällt mir schwer meinen Verstand beisammen zu halten. Ich habe solche Phasen und kenne sie von mir. Das wird vergehen. Ja. Wenn mein Kopf begriffen hat, dass du nicht gestorben bist, dann verfliegt auch die Angst. Da bin ich mir sicher. Du beginnst zu schnarchen, was mich aus dem wilden Gedankenkonflikt in meinem Kopf befreit. Trotz des kratzenden Geräusches, das mit deinen Atemzügen einhergeht, ist es irgendwie beruhigen dir zuzuhören. Ich versuche mich zu entspannen, gleite in einen unruhigen Schlaf. Kapitel 2: I´m becoming everything that I hate ---------------------------------------------- Mit hochgezogenen Augenbrauen mustere ich den Wasserfall vor uns skeptisch. Der Boss hat uns her geschickt, um gemeinsam zu trainieren. Mentale Stärke kommt von einem starken Körper, sagt er. Ich kann allerdings gerade nur an die Erkältung denken, die ich hier davon tragen werde. „Ich weiß nicht“, machst du deinem Unbehagen Luft. „Das sieht verdammt kalt aus.“ Ich grinse. „Ziehst du den Schwanz schon ein, Hündchen?“ Du knurrst. „Du hast gut reden. Ich sehe nicht, dass du im Wasser stehst.“ Du verschränkst die Arme vor der Brust. Ich ziehe die Schuhe aus und streiche mir den Trainingsanzug glatt. Wird schon nicht so wild sein. Ohne die Miene zu verziehen steige ich in das eiskalte Wasser und stelle mich in den Wasserfall. Es ist schweinekalt, doch ich werde es ertragen. Werde ich. Oder... Ich hechte aus den Wassermassen, schlinge die Arme um den Körper. „Woa...“, stöhne ich und ziehe die Nase hoch. Du lachst, doch dann kommst du zu mir ins Wasser. „Wäre doch gelacht. Gegen dich gewinne ich allemal.“ Mit den Händen in den Hosentaschen stellst du dich in den Wasserfall, deine Augen hältst du konzentriert geschlossen. Ich beobachte dich, wie du nicht mal zuckst. Eine Minute. Zwei Minuten. Da ist doch was faul. Ich gehe zu dir und sehe an dir hinauf. Deine dunkle Kleidung scheint überhaupt nicht nass zu werden. Hab ich dich erwischt. Grinsend fasse ich an deinen Hals. „Du seist als Mensch disqualifiziert.“ Erschrocken öffnest du die Augen und deine Fähigkeit zerbricht unter meiner Hand. Das kalte Wasser hüllt dich schlagartig ein und du springst schreiend aus dem Wasserfall. „Du Schummler“, stelle ich fest. „Das Wasser mit deiner Fähigkeit um dich herum fließen zu lassen. Also echt.“ Grimmig siehst du zu mir rüber, klammerst zitternd die Arme um dich. „Halt den Mund!“, rufst du mit roten Wangen und schubst mich nach hinten. Lachend weiche ich zurück. Doch dann trete ich auf etwas Rutschiges und falle rückwärts in den See hinter mir. Sofort spüre ich einen Schmerz am Hinterkopf, der mich von der beißenden Kälte, die mich zu umhüllen beginnt, ablenkt. Ich bin wohl gegen einen Felsen oder so geschlagen. Alles dreht sich als ich mich hinsetze und ich halte mir die Stirn. „Dazai. Alles ok?“, höre ich dich sagen und sehe, wie du einen Schritt auf mich zu machst. „Ja, klar. Ich bin doch nicht aus Zucker.“ Ich stehe auf, doch der mich überkommende Schwindel lässt mich die Augen schließen und nach vorne kippen. Ich spüre einen Druck an den Händen, wie ich weiter nach vorne kippe und auf etwas Weiches falle. Ich öffne die Augen, bemerke dass mein Kopf auf dem rauen Stoff deines Trainingsanzuges liegt. Er liegt auf deiner Brust. „Argh, du bist voll schwer“, maulst du und setzt dich auf. Ich verweile an dich gelehnt, spanne keinen Muskel an. Du packst meine Oberarme und richtest mich leicht auf. „Dazai. Bist du verletzt?“ Echte Sorge klingt in deiner Stimme mit, was mein Herz schneller schlagen lässt. Chuya... Halt mich noch ein bisschen. Ich schüttel deinen Griff ab und werfe mich zurück an deine Brust. Meine Arme legen sich um deinen schmalen Körper. „Da...zai...“ „Lass mich noch kurz ausruhen...“, hauche ich mit wackliger Stimme, drücke die Finger in deine Jacke. Du atmest durch. „Hast dir wohl recht heftig den Kopf angehauen“, murmelst du vor dich hin. Mit dem Ohr an deine Brust gedrückt, kann ich deinen Herzschlag hören. Ganz ruhig und regelmäßig. Wie der Takt eines sanften Liedes. Das tut unendlich gut. „Halt mich...“, kommt es ohne mein Zutun über meine Lippen. Du zuckst überrascht zusammen. „Was sagst du da?“ Leichtes Unbehagen liegt in deiner Stimme. Gleich wirst du mich weg drücken, ich weiß es. Aber ich will es nicht. Meine Finger krallen sich förmlich in den Stoff an deinem Rücken. Wenn du mich wegschieben willst, dann versuch es doch. Ich merke, wie dein Arm sich hebt, dann spüre ich einen leichten Druck an meinem Kopf. Du hast deine Hand auf mein Haar gelegt. Was? „Du verhältst dich merkwürdig, Dazai.“ Deine Finger graben sich in meine Locken und mein Herz klopft schneller. „Du hast es noch nicht ganz verdaut, oder? Dass ich fast drauf gegangen bin.“ Dann hast du es bemerkt? Ich verstecke mein Gesicht an deiner Brust. Du beginnst mir über den Kopf zu streicheln, was mir Tränen in die Augen jagt. „Ist in Ordnung. Ich halte dich.“ Mein Herz schlägt mir bis in den Hals während ich nicht verhindern kann, das Tränen über meine Wangen laufen. Was soll denn das? Warum bist du so nett? Los, schimpf mit mir! Nenn mich einen Versager, ein Weichei! Brüll mich an, schlag und trete nach mir! Beleidige mich! Hör verdammt nochmal auf so sanft zu mir zu sein! Wie soll ich dich da ablehnen? Ich bewege mein Gesicht an deiner Jacke, reibe die Tränen von meinen Wangen. Dann lehne ich mich ein wenig zurück. Deine Hand gleitet von meinem Hinterkopf zu meiner Schulter und deine blauen Augen begegnen mir mit warmem Blick während ich dich ratlos ansehe. Mein Herz schlägt schneller. Wie soll ich widerstehen? Ich beuge mich zu dir, drücke ohne weiter nachzudenken meine Lippen auf deine. Es ist so unwirklich, nichts ergibt einen Sinn. Ich hasse dich! Du nervst, bist laut und ungebildet. Und schrecklich naiv. Ist das der Grund, warum du selbst jetzt nicht zurück weichst? Obwohl ich jegliche Grenze zwischen uns überschreite und dir vermutlich gerade den ersten Kuss stehle? Plötzlich bewegen sich deine Lippen unter meinen, erwidern meinen Druck. Erschrocken weiche ich zurück und sehe dich geschockt an. Du senkst verlegen den Kopf, dann richtest du den Oberkörper auf. „Wir sollten besser nach Hause gehen, bevor wir uns noch erkälten“, sagst du leise und stehst auf. Ich bleibe vor dir sitzen, sehe nur verwirrt zu dir hinauf. Willst du etwa nichts dazu sagen? Ich bin komplett durch den Wind. Hast du meinen Kuss erwidert oder wolltest du mich zurückdrängen? Und warum klopft mein Herz immer noch wie verrückt? Anscheinend bemerkst du meine Verwirrung, denn du siehst zu mir runter, verschränkst die Arme vor der Brust. „Jetzt mach mal keine große Sache draus.“ Ich blinzel zu dir hoch. „Ich weiß, dass du nicht so für mich empfindest.“ Du schüttelst den Kopf, das kleine Wassertropfen durch die Gegend fliegen. „Du bist durcheinander. Das werde ich sicher nicht für mich ausnutzen, etwa um dich zu ärgern. So bin ich nicht drauf.“ Du grinst, dann zeigst du auf mich. „Dir würde ich das allerdings zutrauen.“ Ich weiß nicht was ich sagen soll, bin fast beeindruckt und das kommt wirklich selten vor. „Komm hoch“, forderst du und reichst mir die Hand. Etwas unsicher ergreife ich deine Finger und du ziehst mich zu dir nach oben. „Wenn wir zu Hause sind, lass den Doc mal auf deinen Kopf gucken. Du hast eindeutig eine Gehirnerschütterung.“ Ich schlendere neben dir her als du dich in Bewegung versetzt. „Vielleicht ist aber auch einfach der Dachschaden nun vollkommen über deinen Verstand eingebrochen. War ja eigentlich zu erwarten, dass es dazu kommt. Immerhin bist du ein Freak. Jetzt scheint es nur noch deutlicher durch.“ Du schiebst die Hände in die Jackentaschen und grinst zu mir rüber. „Ach, halt doch die Klappe. Dummer Hund“, grummel ich und du beginnst zu lachen. Tief in mir, fällt ein Stein von meinem Herzen. Du bauschst es nicht auf, dass ich dich geküsst habe, spielst fast charmant damit um dich herum und gibst mir dabei ein wohliges Gefühl. Wahrscheinlich hast du Recht, auch wenn ich das nie laut aussprechen würde. Ein leichtes Lächeln legt sich auf meine Lippen während wir zusammen nach Hause gehen. Im Gang zu unseren Zimmern, bleibst du vor deiner Türe stehen, während ich weiter in Richtung meines Zimmers laufe. „Dazai.“ Ich fahre herum, als ich deine Stimme höre, sehe dich überrascht an. Du schließt knurrend die Augen, ringst wohl mit dir selbst, die Worte auszusprechen wie du es vorhattest. „Möchtest... Möchtet du bei mir schlafen?“ Ich sehe dich mit großen Augen an. Was? „Du... hast doch immer noch diese Albträume...“ Du hast mich durchschaut. Mit offenem Mund binzel ich dich an. Mir war nicht klar, dass du längst Bescheid weißt. Wusstest du das etwa schon die ganze Zeit? „Wenn du willst, dann... lasse ich dich bei mir schlafen, bis es dir wieder besser geht.“ Was ist das für eine Seite an dir? Mein Körper ist wie erstarrt, so überrascht bin ich von dir. Ich atme durch, was mich wieder in den Moment holt. „Du lässt mich bei dir schlafen“, fasse ich deine Worte zusammen, gehe dabei auf dich zu, bis ich direkt vor dir stehe. Mit geröteten Wangen und grimmigem Gesichtsausdruck hebst du den Blick zu mir. „Und das tust du, obwohl ich dich eben geküsst habe?“ „Lass mich das Angebot nicht gleich bereuen!“, fauchst du wütend. „Wenn du nicht willst, fein. Ich wollte nur nett sein.“ Ich fasse deine Handgelenke und du blinzelst voller Unbehagen. „Du bist naiv“, sage ich mit fester Stimme, genieße es auf dich herab zu blicken. Du siehst mich grimmig an. „Was wenn ich wirklich in dich verliebt bin? Vielleicht bleibt es nicht bei dem Kuss und ich stehle mich die Nacht in dein Bett.“ Mit roten Wangen entziehst du mir deine Hände. „So ein Quatsch!“ Du schubst mit beiden Händen gegen meine Brust, dass ich einen Schritt nach hinten gehen muss, um nicht hin zu fallen. Mit schmalen Augen zeigst du mir einen Vogel. „Als ob du jemanden lieben könntest. Du liebst dich ja nicht mal selbst.“ Betroffen ziehe ich die Augenbrauen zusammen. Was du da sagst... dass du so unverblümt einfach die Wahrheit heraus posaunst... Doch... „Vielleicht...“ Meine Gedanken kommen beim Sprechen. „ ...habe ich es erst begriffen als du in meinen Armen gestorben bist.“, sage ich mit leiser Stimme, während ich dich nicht aus dem Blick lasse. Kurz ruhen deine tiefblauen Augen auf mir, dann schnaubst du verächtlich. „Du!“, zischst du. „Du bist der größte Manipulator, den die Menschheit je gesehen hat! Man kann weder deinen Worten noch deinen Taten Glauben schenken.“ Ich hebe die Nase ein Stück. Du bist ganz schön frech. Oder war das ein Kompliment? „Ich bin sicher nicht so blöd, mich auf dich einzulassen.“ Kopfschüttelnd gehst du in dein Zimmer. Ich senke den Blick. Ich kenne doch deine Einstellung mir gegenüber. Warum fühlen sich deine Worte dennoch wie spitze Nadeln an, die mir unter die Haut geschoben werden? „Dazai.“ Ich sehe auf als deine Stimme durch die offene Tür zu mir dringt. „Kommst du oder was?“ Erstaunt atme ich aus. Dein Angebot steht immer noch? Mit kleinen, schnellen Schritten folge ich dir in dein Zimmer, schließe die Türe hinter mir. Da ist ein warmes Gefühl in meiner Brust, das ich nicht zuordnen kann. Doch bin ich mir sicher, dass du es auslöst. Ich beobachte, wie du tiefer ins Zimmer hinein gehst, bis du vor den Regalen stehst. Du streckst dich hoch zum obersten und ich sehe zu, wie deine Jacke hoch rutscht und mir den Blick auf die Haut an deinem Rücken offenbart. So hell. Du nimmst eine der Weinflaschen hinunter. In deiner anderen Hand hältst du zwei aufwändig verzierte Rotweingläser. Ich schlucke. Wo hast du die her? Das du ein Glas hier aufbewahrst, für dich, verstehe ich, doch wieso hast du ein zweites? Trinkst du hier schon mal mit jemandem Wein? Und warum interessiert mich das überhaupt? „Ich bin immer noch durchgefroren. Trotz Dusche und heißem Bad.“, grummelst du vor dich hin, stellst die Gläser auf den Tisch und füllst eines bis zum unteren Drittel mit blutrotem Wein. „Das Beste, um runter zu kommen und ein wenig Genuss in den Abschluss eines Tages zu bekommen.“ Jetzt ist deine Stimme federweich. Du freust dich auf den edlen Tropfen, das merke ich sofort. „Auch wenn ich mir sicher bin, dass du die überragende Qualität nicht zu schätzen wissen wirst...“ Hm? „Willst du auch ein Glas?“ Erstaunt sehe ich auf deinen Rücken, denn du stehst immer noch von mir abgewandt, hältst die Flasche leicht geneigt über das leere Glas vor dir und wartest meine Antwort ab. „Nun.“, fange ich an. „Ein goldener Whiskey wäre mir lieber.“ „Da musst du in eine abgewrackte Kneipe gehen.“, zischst du verächtlich und willst die Flasche wieder schließen. „Warte, warte.“ Du hältst inne. „Das heißt nicht, das ich dein Angebot ablehne. Man soll ja stetig seinen Horizont erweitern.“, lenke ich ein. Du zögerst, doch schließlich schüttest du einen Schluck in das Glas vor dir. Das ist nicht mal halb so viel, wie in deinem Glas ist. Deine Finger legen sich um den schmalen Stiel und du fährst herum. „Zum Probieren?“, frage ich mit erhobenen Augenbrauen, während du mir das dürftig gefüllte Glas in die Hand drückst. „Ich verschwende nicht gerne guten Wein.“ Dein abschätziger Blick trifft mich und ich muss lächeln. Dann sehe ich das Glas in deiner Hand an. Auch wenn ich es nicht zugeben will, so bin ich froh, dass ich gerade hier bei dir bin, dass du mich hier sein lässt, bedeutet mir viel. Bevor du etwas tun oder sagen kannst, bewege ich mich auf dich zu und stoße ganz sanft mit meinem Glas gegen deines. Du zuckst erstaunt zusammen, während ein glockenheller Ton durch den Raum schwingt. „Worauf... hast du mit mir angestoßen?“, fragst du mit noch überrascht geweiteten Augen. Ich lächle dich an. „Auf was auch immer du willst.“ Verwirrt blickst du in dein Glas. Ich nehme einen Schluck, dann beobachte ich wie der Wein sich in meinem Glas bewegt, während ich es schwenke. Es ist ein trockener Wein, ziemlich herb. Ich setze mich auf die Couch und schlage die Beine übereinander. Gedankenversunken gehst du zum Bett sinkst leicht in die weiche Matratze ein. Erst jetzt trinkst auch du. Stille macht sich breit und eine ganze Weile sitzen wir nur schweigend da und genießen den Rotwein. „Dass ich mal in deinem Zimmer sitzen würde und mit dir trinke...“ Ich lächle ungläubig. „Allerdings“, seufzt du. „Ich hätte nie gedacht, dass es soweit kommt.“ Immer noch ist dein Blick auf die rote Flüssigkeit vor dir gerichtet. Worüber denkst du nach? Komm schon, sieh mich an. Sieh mich mit deinen strahlend blauen Augen an. „Der Wein ist gut.“, sage ich und du kommst meinen inneren Wünschen nach, indem du zu mir aufschaust. „Ist ein 73er Petrus“, sagst du andächtig. „Wow“, stöhne ich und du lächelst schief. „Der ist ja voll alt.“ Du nickst, beginnst mir von dem Wein zu erzählen. Wo er angebaut wurde, welche Wetterphänomene ihn geprägt haben und wie er zu dieser Farbe gekommen ist. Ich lasse dich, auch wenn mich das nicht wirklich interessiert. Ich beobachte deine Lippen, lausche deiner beschwingten Stimme, genieße es, deine Euphorie zu spüren, während du nicht aufhören kannst zu reden. Kapitel 3: I wish that I could wish it all away ----------------------------------------------- Mit einem Seufzen öffne ich die Augen und sehe an die Zimmerdecke. Mein Atem geht unruhig, ich reibe mir den Schweiß von der Stirn. Schon wieder dieser Albtraum. Wann wird das aufhören? Ich habe wirklich genug davon, dich sterben zu sehen, den Schmerz immer wieder durchleben zu müssen, dich zu verlieren. Ich sehe erschöpft zu dir rüber. Von mir abgewandt liegst du auf der Seite, dicht an die Wand gelehnt und atmest hörbar tief. Du bist da. Es fällt mir schwerer zu atmen, denn meine Brust zieht sich zusammen. Du bist doch da... oder? Ich hebe mich auf die zittrigen Beine und gehe zu dir rüber. Ich will das nicht. Ich will mich nicht ständig vergewissern müssen, doch ich glaube mir selbst nicht. Genauso wenig, wie du es tust. Langsam lasse ich meine Knie in die Matratze sinken, strecke den Arm nach dir aus, berühre mit der Hand deine Schulter. Du bist da. Natürlich bist du da, wo sollst du denn auch sein? Scheiße. Ich weiß wirklich nicht, wie lange ich diese Quälerei noch aushalte. Meine Hand rutscht über deine Haut als ich mich nach vorne beuge bis meine Stirn an deinem Rücken liegt. Chuya. Warum tut es so weh? Ich verstehe das nicht. Meine Finger bohren sich in meine Arme während ich mit aller Kraft dagegen ankämpfe mental zusammenzubrechen. Wann bin ich so ein Schwächling geworden? Das war doch nie vorher so. Ich kann mich nicht daran erinnern, wann ich das letzte mal geweint habe, bevor ich dich sterben sah. Ich glaube noch nie. Zumindest nicht bewusst. Ich halte die Luft an und beiße mir auf die Unterlippe, kneife die Augen zusammen, versuche gegen das Zittern anzukommen, was Besitz von meinem Körper ergreift. Dann spüre ich etwas Warmes auf meinem Rücken. Erschrocken öffne ich die Augen, starre auf das weiße Laken unter mir während sich die Wärme über meinen Rücken bewegt. Chuya. Ich hebe den Oberkörper an und merke, wie deine Hand von meinem Rücken aus über meine Schulter gleitet. Du sitzt vor mir im Bett, siehst mich mit warmem Blick an. „Chuya...“ Meine Stimme ist brüchig. „Ich...“ Betroffen verengen sich deine Augen, dann lehnst du dich vor, legst deine Arme um mich. Ungläubig bewege ich mich keinen Millimeter. Du umarmst mich? Freiwillig? Ich muss immer noch träumen. Deine Hände bewegen sich über meinen Rücken, drücken meine Schultern, während du deinen Kopf gegen meinen schmiegst. Selbst wenn das ein Traum ist, dann... werde ich ihn genießen. Ich schließe die Augen, lege die Arme um dich und schaffe es zittrig durchzuatmen. Deine Hand wandert in meinen Nacken, drückt mich sanft zu dir. „Ich...“, versuche ich mich noch einmal zu rechtfertigen, doch du unterbrichst mich. „Schon ok.“ Mein Herz schlägt augenblicklich schneller. Deine Stimme ist so weich und sanft, wie ich sie noch nie gehört habe. Deine Finger fahren durch mein Haar, graben sich tiefer in die dunklen Locken, während du deine Wange an meine lehnst. Es ist fast... zärtlich, wie du mit mir umgehst. Selbst wenn das ein Traum ist, es ist so unrealistisch. Das würdest du nie tun. Dennoch... Ist es so, dass ich mir das hier wünsche? Mein Unterbewusstsein ist sich wohl sicher, bei dem was mein Verstand immer noch zu verdrängen versucht. Ich wünsche mir deine Aufmerksamkeit. Ich wünsche mir deine Nähe. Ich will um jeden Preis bei dir sein. Ich bin gerne mit dir zusammen. Nur du lässt mein Herz schneller schlagen. Ich bin in dich verliebt. Wie deine freie Hand über meinen Rücken streicht, ist beruhigend und jagt gleichzeitig wohlige Schauer durch meinen Körper. Ich drehe meinen Kopf zu dir, stelle mich dem Druck deiner Wange. Meine Nase streift dein Ohr, was mein Herz noch mehr beflügelt. Du bist mir so nah, dein Duft berauscht mich förmlich. „Ist es besser?“ Deine Stimme klingt deutlich, obwohl du leise sprichst. Vielleicht bilde ich es mir ein, doch ich glaube deinen Atem an meinem Ohr zu spüren und mich überkommt eine Gänsehaut. Ob es mir besser geht? Du hältst mich in deinen Armen, ich denke nicht, dass es mir überhaupt besser gehen könnte. Doch wenn ich das jetzt zugebe, wirst du mich loslassen. Und wenn ich verneine? Es wäre nicht das erste mal, dass ich dich anlüge, damit du nach meiner Pfeife tanzt. „Ja.“, hauche ich, entscheide ehrlich zu dir zu sein. Dennoch lasse ich meinen Griff um deine schmalen Schultern nicht locker. In Gegenteil. Ich vergrabe meine Nase in deinem Haar, atme leise ein. Auch du verharrst, bewegst dich nicht von mir weg. Wie soll ich das verstehen? Willst du mir nahe sein? Oder tust du das, weil du glaubst, dass ich es noch brauche? Ich würde alles dafür geben in deinen Kopf schauen zu können. Ein Gedanke von dir... Doch du schweigst. Bleibst ein verschlossenes Buch für mich. „Leg dich hin.“, bricht deine Stimme die entstandene Ruhe. Es klingt nicht wie ein Befehl, eher wie ein Vorschlag. Unwillig lehne ich mich zurück, um dir in die Augen zu schauen. Du lächelst nicht. Trotzdem wirkst du nicht abweisend, eher ein wenig nachdenklich. Oder bist du einfach müde? Ich sehe zu, wie du zurück auf die Matratze sinkst, dich mir zugewandt auf die Seite drehst. Zögerlich lege auch ich mich hin. Noch ehe ich den Kopf auf das Kissen bette, richtest du dich wieder auf, doch nur um die Bettdecke über mich zu werfen. Ich spüre eine leichte Röte auf den Wangen als mich die gespeicherte Wärme der Decke trifft. Es ist deine Körperwärme, die sich gerade auf mich überträgt. Ich lege mich, genau wie du, auf die Seite. „Bist du sicher...?“, hauche ich, so leise, dass es kaum einem Flüstern gleicht. Mit dir in einem Bett zu liegen ist ungewohnt, fast unwirklich. Du siehst mir nicht in die Augen, bewegst nur die Hände unter der Bettdecke. Ob ich dir lästig bin? Dann spüre ich deine Hand an meiner. Überrascht sehe ich zu, wie du meine Hand nach oben, bis zu unseren Schultern ziehst und die Finger mit meinen verschränkst. Ich schlucke, blinzle dich an. Deine Haut ist warm, richtig angenehm. Bist du etwa bereit, nicht nur dein Bett mit mir zu teilen, sondern auch noch meine Hand zu halten? Jetzt erst trifft mich dein Blick wieder, wie eine Woge des Ozeans. Ich spüre so deutlich, wie nie zuvor, was du mir bedeutest. Ich will es dir sagen. „Chuya, ich lie...“ Flink schnellt deine freie Hand zu meinem Gesicht und du presst Zeige- und Mittelfinger gegen meine Lippen. Mit großen Augen sehe ich dich an, wie du langsam den Kopf schüttelst. Dein Blick verlässt mich zu keinem Zeitpunkt. „Versuch zu schlafen.“ Ich sehe zum Kissen hinunter als sich deine Lieder senken und du die Hand wieder von meinem Gesicht entfernst, um sie zu deiner Brust zu ziehen. Du willst es also nicht hören. Das hätte ich mir eigentlich denken können. Schließlich... empfindest du nicht das selbe für mich. Du willst nicht, dass sich etwas anderes zwischen uns aufbaut, als die Wand, die dort seit Jahren steht. Und ich kann es dir nicht mal verübeln. Dennoch... tust du das alles für mich. Ich sehe wieder auf, zu deinem entspannten Gesicht. Vielleicht komme ich auch einfach nicht mit dieser Situation klar, weil es paradox ist. Ich verstehe dich nicht. Nicht was du sagst, nicht was du tust. Ich betrachte deine Finger zwischen meinen. Ich hätte nie gedacht, dass mir mal etwas zu hoch sein würde. Kapitel 4: Days pass by ----------------------- Ich spüre, wie der Druck an meiner Hand zunimmt und schlage die Augen auf. Es ist fast komplett dunkel geworden, doch ich erkenne dich gut, denn meine Augen sind wohl an die Dunkelheit gewöhnt. Du liegst mir gegenüber im Bett, presst meine Finger zusammen, verziehst mit geschlossenen Augen das Gesicht. Träumst du? „Chuya.“, sage ich halblaut und richte mich ein wenig auf, stütze mich auf den Ellbogen. Du reagierst nicht. Ich lege die Hand an deine Schulter. „Chuya.“ Meine Stimme ist etwas fester. Dein Gesichtsausdruck ist angespannt. Ich will dich nochmal rufen, doch bevor ein Ton meine Lippen verlässt, ziehst du an mir, indem du unsere Hände zur anderen Seite deines Körpers bewegst. Überrascht verliere ich das Gleichgewicht und während du dich auf den Rücken drehst, falle ich über dich, mit dem Kopf auf deine Brust. Ich blinzel überrumpelt, dann spüre ich, wie du atmest. Das fühlt sich schön an, lädt zum Verweilen ein und wie schon am Wasserfall kann ich deinen Herzschlag hören. Ich drehe den Kopf, sehe gegen dein Kinn und beginne meine weiteren Schritte abzuwägen. Mit den Armen stemme ich mich ein paar Zentimeter hoch, gerade soweit, dass ich dein Gesicht sehen kann ohne deine Wärme zu verlieren. Du schläfst. Mein Blick wandert zu deinen Lippen, die sich in diesem Moment leicht öffnen. Es ist wie eine Einladung, wie könnte ich widerstehen? Ich drücke mich zu dir hoch und küsse dich zärtlich. Sofort schießt ein angenehmes Kribbeln durch meinen Körper. Mehr. Ich bewege die Lippen, öffne meinen Mund ein wenig. Meine Hand fährt über deine Seite. Deine Haut ist warm und weich, es ist so verlockend. Als meine Zunge über deine Lippe streicht, brummst du. „Dazai...“ Du bist aufgewacht. „Was machst du?“ Deine Stimme ist so von Schlaf verhangen, dass ich mich nicht angesprochen fühle. Ich drücke meine Wange an deine, dann senke ich den Kopf und beginne leichte Küsse deinen deinen Hals entlang zu platzieren. Du bekommst eine Gänsehaut, was mich schmunzeln lässt. „Lass... den Mist...“, sagst du viel zu leise als dass es ein Protest wäre. Ich fahre mit den Lippen über deine Haut und höre, wie deine Atemzüge tiefer werden. Und schwerer. „Dazai...“ Deine Stimme wackelt. Bist du dir unsicher? Lass mich dich überzeugen. Ich drehe den Kopf und fahre mir der Zunge über dein Kiefergelenk. Deine Laute des Unbehagens werden plötzlich zu einem Stöhnen, dass mir einen heißen Schauer über den Rücken jagt. „Hör auf!“ Ich hebe den Kopf als deine erschütterte Stimme durch den Raum schallt. Dein Blick hat etwas Flehendes. „Hör auf damit.“ Ich blinzel verständnislos, hätte eher erwartet, dass du wütend wirst. „Wieso?“, kommt es über meine Lippen. „Weil...“ Deine Wangen werden rot und du siehst zur Seite. „Weil mir das gefällt...“ Ich schrecke zusammen und schlage die Augen auf. Mit schwerem Atem blicke ich auf dein schlafendes Gesicht. Deine Finger sind mit meinen verschränkt, während ich neben dir im Bett liege. Es war ein Traum. Ich habe geträumt, dass ich über dich herfalle?! Was ist nur verkehrt mit mir? Ich spüre die Hitze auf meinen Wangen während ich vor mir selbst den Kopf schüttle. Ja, ich will deine Nähe, doch körperliches Begehren? Empfinde ich etwa so für dich? Erst als ich zu dir aufsehe, in dein friedliches Gesicht, beruhigt sich mein Atem. Ich fahre mit meinem Finger deine Fingernägel entlang, bis sich ein Lächeln auf meine Lippen stiehlt. Ich mag dich. Das kann ich nicht leugnen. Ich könnte mir einfach nehmen, wonach mein Körper verlangt. Doch ich werde dich nicht bedrängen, auch wenn ich wahrscheinlich genug Kraft dazu habe, dich einfach unter mich zu dücken. Das hier, dich so nah bei mir haben zu dürfen, das ist doch schon wunderbar. Es ist schon viel mehr als ich gedacht hätte, würdest du mir je zugestehen und viel mehr als ich überhaupt verdiene. Ich werde dich nicht ausnutzen und ich werde dich auch zu nichts überreden. Du sollst nichts tun, was du nicht auch wirklich willst. Solange es von dir ausgeht, ist es ok für mich, doch ich werde mich zurückhalten. Auch weil ich kein Vertrauen in meinen Verstand mehr habe. Was wenn mein Geist mir wirklich etwas vorspielt, aber du dich tatsächlich plötzlich zu mir hingezogen fühlst? Mit dieser Bürde könnte ich wohl nicht umgehen. Auch wenn es wohl das Abwegigste der Welt ist, dass du dich jemals in mich verlieben würdest. Als du am Morgen die Augen aufschlägst, bin ich schon wach. Um dich nicht zu erschrecken, sehe ich zum Kissen runter als ich merke, dass zu aufwachst. Was du wohl jetzt tust, schließlich sind unsere Finger immer noch verschlungen. „Konntest du durch schlafen?“, fragst du erwartungsvoll und meine Brust füllt sich mit Wärme. Ich sehe zu dir hoch und du begegnest mir mit deinen leuchtend blauen Augen. „Ich... bin einmal aufgewacht... wegen eines Traumes.“, gebe ich zu, merke wie ich erröte. Du nickst, drückst meine Hand. „Aber es war ok? Konntest du direkt wieder schlafen? Du hattest keine Ängste heute Nacht?“ Ich nicke leicht, bin überrascht wie viele Fragen du auf einmal stellst, die alle mich betreffen. „Sehr gut.“ Du lächelst mich an, während deine Finger aus meinen gleiten und du dich aufsetzt. Ich tue es dir gleich. „Dann kannst du heute auch bei mir schlafen.“ „Danke...“, hauche ich etwas überwältigt von deiner mir so fremden Freundlichkeit. „Ach, das passt schon.“ Du schlägst mir auf den Rücken, dass ich husten muss. „Mir ist lediglich daran gelegen, dass du funktionstüchtig bleibst.“ Was? Ich sehe dich überrascht an. Du legst den Kopf zur Seite, dann grinst du. „Du musst mich doch retten, wenn ich ausraste. Und das kann ich nunmal besonders gut.“ Ich blinzel. Stimmt. Du brauchst mich. Sogar so sehr, dass du dich auf meine Macken einlässt. Ich versuche mich an einem Lächeln und nicke dann still. „Dazu fällt dir nichts ein?“ Du hebst eine Augenbraue und siehst mich skeptisch an. Hm? Was meinst du denn damit? Du lehnst dich vor und legst die Hand auf meinen Kopf. „Hast du deine Stimme verloren oder was ist los?“ Ich sehe zu dir hoch, während du ruppig meine Haare raufst. „Dachschaden Dazai.“, betitelst du mich grummelnd und rutschst an mir vorbei zur Bettkante. Ich beobachte dich, leicht verwirrt. Als du aufstehen willst, bleibst du mit den Zehen im Bettlaken hängen und strauchelst kurz, bevor du zum Stehen kommst. Ich ziehe belustigt die Augenbrauen hoch. „Selbst mit Dachschaden, verwende ich noch doppelt so viel Gehirnkapazität wie du.“ Knurrend fährst du herum und siehst mich wütend an. „Dummes Hündchen.“, lache ich. „Hör sofort auf zu lachen, Idiot!“ Ich lache lauter. „Hey, hörst du schlecht?“ Ich reibe mir eine Träne aus dem Augenwinkel, was dich sichtlich zur Weißglut bringt. „Ich schmeiß dich gleich raus! Dann kannst du gucken wo du bleibst, mit deinem kaputten Verstand!“, fauchst du und ich werfe mich nach hinten vor lachen. Knurrend stapfst du davon, in Richtung Badezimmer. Ich sehe dir zu, wie du wütend die Zähne zusammenbeißt. Doch kurz bevor du um die Ecke biegst und somit mein Sichtfeld verlässt, meine ich, für einen Sekundenbruchteil, ein Lächeln auf deinen Lippen zu sehen. Kapitel 5: It comes in waves ---------------------------- Ich stehe am Rand des Daches eines der höchsten Gebäude in Yokohama und sehe hinunter in die Tiefe. Dort unten liegt die Stadt, die ich beschütze, als Mitglied der Hafenmafia. All die Menschen, die durch die Straßen laufen, die vielen Autos und Geschäfte zu meinen Füßen, nichts davon hat mir je irgendetwas bedeutet. Ich führe ein trostloses Leben, ohne Ziel. Ich mache, was man mir sagt, wie ein abgerichtetes Raubtier oder ein Soldat. Ich hinterfrage nichts, raube, foltere und morde, wenn es dem Ziel meiner Mission zuträglich ist ohne auch nur den Hauch eines Zögerns oder eines schlechten Gewissens. „Dazai.“ Ich wende dir den Kopf zu, als du ein paar Schritte auf mich zu kommst und dir deine Handschuhe wieder anziehst. „Guter Job“, sagst du ohne die Miene zu verziehen, richtest deine Weste. Wir haben unsere Mission hier erledigt. Du hast deine Fähigkeit benutzt und ich habe dich sofort zurück geholt, noch bevor du die Kontrolle endgültig verloren hast. Es ging auch ohne ein Massaker, was du dann auch eingesehen und umgesetzt hast. Schon, dass die roten Male wieder auf deiner Haut getanzt haben, hat mir die Brust zugeschnürt. Ich wünschte, ich müsse sie nie wieder sehen. Doch sie sind der Grund dafür, dass es unsere Partnerschaft gibt. Wir sind Doppelschwarz, weil du die Lawine bist und ich der Stab, der dich unter den Schneemassen lokalisiert. Ich bin deine Rettung. Und ich bin dein Untergang. Da bin ich mir sicher. „Was ist los?“, fragst du, legst den Kopf zu Seite und siehst zu mir auf. Ich drehe mich weg, trete einen Schritt näher an den Abgrund. Wenn es mich nicht gäbe, dann könntest du das Monster in dir nicht mehr frei lassen. Es würde dich töten. Du bist doch auch so stark. Eigentlich brauchst du mich gar nicht. Ich bin nur ein Risikofaktor. „Dazai?“ Sorge schwingt in deiner Stimme mit. Ich drehe mich wieder zu dir um und gehe lächelnd auf dich zu. „Alles ist in Ordnung.“ Du siehst skeptisch zu mir auf als ich direkt vor dir zum Stehen komme. Ich lege meine Hand auf deine Schulter und du schreckst zusammen. Körperkontakt ist so gar nicht deins, das fällt mir immer wieder auf. Du kommst mir zwar entgegen, doch ich glaube nicht, dass es in deinem Interesse ist, wenn wir uns nah sind. Du tust das für mich. Ich verlange dir so einiges ab, gerade im Moment, wo mein Verstand mir gerne Streiche spielt. Es wird Zeit dich von mir zu erlösen. Also, lass mich noch einmal egoistisch sein. Ich neige mich zu dir runter, schließe die Augen und küsse deine Lippen. Du erstarrst unter meiner Berührung, siehst mich mit weit geöffneten Augen an. Als du den Mund öffnest, weiß ich, dass meine Zeit gekommen ist, denn ich will unter keinen Umständen hören, was du zu sagen hast. „Bitte vergib mir“, hauche ich schnell und schlage meine Handkante an deinen Hals. Sofort wird dein Blick glasig und du gehst stöhnend in die Knie. Ich drehe mich um und laufe mit schnellen Schritten zur Kante des Daches. Auf dem Absatz drehe ich mich zu dir um, sehe, wie du schmerzverzerrt ein Auge zukneifst, deinen Hals mit der Hand verdeckst und zu mir rüber schaust. Mit einem breiten Lächeln auf den Lippen, strecke ich die Arme zu den Seiten aus. Chuya. Es ist vorbei. Ab jetzt wirst du nie wieder das Monster werden müssen, selbst der Boss wird es dir nicht mehr befehlen. Ich lasse dich frei. Mit einem tiefen Atemzug lasse ich mich nach hinten fallen und schließe die Augen. Mein Gewicht reißt mich hinunter, dass der Wind nur so an mir vorbei schießt. Lautes Rauschen legt sich auf meine Ohren. Wie lange wird es dauern bis ich auf den Asphalt aufschlage? Ich kann es jedenfalls kaum erwarten. Mein größter Wunsch wird sich erfüllen, alles findet hier ein Ende. Ich spüre eine Bewegung und das Rauschen verebbt. Bin ich tot? Das hatte ich mir deutlich schlimmer vorgestellt, es war vollkommen schmerzfrei. Ich öffne die Augen, werde kurz von rotem Licht geblendet, dann erkenne ich dich. Mit zornig zusammen gebissenen Zähnen siehst du mich an als wolltest du mich verprügeln. „Dazai!“, zischst du. Jetzt erst realisiere ich die Gebäudefassade hinter dir, den Himmel zu unseren Füßen. Ich falle nicht mehr. Deine Fähigkeit, sie hält uns beide hier fest. „Was zur Hölle ist in dich gefahren?!“ Du schlägst deine rechte Faust gegen meine Wange, was mich zur Seite bewegt. Doch mit der anderen Hand packst du meinen Kragen so fest, dass wir uns nicht von einander entfernen. „Chuya...“, sage ich enttäuscht. Warum hast du mich gerettet? Jetzt kann ich nicht mehr in den Tod stürzen. Wenn ich meine Fähigkeit einsetzte, um deine Gravitationskontrolle aufzuheben, dann wirst du mit mir drauf gehen. Das will ich nicht. „Lass mich doch einfach sterben...“ „Das werde ich nicht tun!“, brüllst du, packst mein Hemd mit beiden Händen und ziehst mich näher an dich ran. „Was soll der Scheiß?! Ich weiß, dass du verrückt bist, aber dich vor meinen Augen umzubringen, sprengt echt alle Register!“ Deine Augen funkeln wütend. Ich ziehe die Augenbrauen zusammen, packe dich ebenfalls am Kragen. „Denkst du überhaupt mal mit?!“ Du siehst mich erschrocken an. „Wenn ich nicht mehr da bin, dann bist du in Sicherheit!“ „Was redest du denn?“ Du schüttelst den Kopf. Ich schnaube. „Du wirst das Monster nie wieder benutzen müssen! Du bist verdammt stark, du brauchst es nicht, um deine Gefechte zu gewinnen.“ Du blinzelst und ich lockere meinen Griff ein wenig. „Niemand wird dich je wieder dazu zwingen, dein Leben in meine Hände zu legen...“ Du siehst mich mit festem Blick an, während ich versuche meinen hektischen Atem zu beruhigen. „Niemand hat mich je dazu gezwungen.“, sagst du ruhig und ich sehe dich skeptisch an. „Ich mache das freiwillig.“ Was? Du legst deine Hände über meine Ohren, dass deine Fingerspitzen sich an meine Kopfhaut drücken. „Hör zu. Vertraust du mir?“ Mit großen Augen sehe ich deinen fokussierten Blick. Ja, das tue ich. Ich nicke. „Ok. Dann glaubst du mir, was ich sage.“ Ich nicke wieder. „Dein Kopf spielt verrückt, hörst du?“ Ich ziehe beunruhigt die Augenbrauen zusammen. „Du bildest dir ein, mir damit zu helfen, doch du tust es nicht.“ „Aber...“ Du stößt deine Stirn gegen meine, was mich überrascht inne halten lässt. „Du hast eine Aufgabe. Erfülle sie gefälligst.“ Ich blinzel, kann mich aber weder aus deinem Griff noch von deinem Blick befreien. „Ich bin hier, um dich zu retten“, nenne ich dir meine Aufgabe. „Falsch.“ Du drückst deinen Kopf fester an meinen. „Deine Aufgabe ist es zu leben, Dazai.“ Ich blinzel dich an. „Ich will nicht, dass du stirbst. Hast du das verstanden?“ Ich schüttel den Kopf, was meine Haut leicht an deiner reiben lässt. Du hältst mich weiter fest im Blick. „Du bist mein Partner und ich will, dass wir gemeinsam leben.“ Wir? Es gibt also tatsächlich ein `wir` für dich, wenn du an mich denkst? Ich starre dich fassungslos an, was dich sichtbar verärgert. „Oh man“, zischst du, dann kippst du den Kopf nach hinten und küsst mich. Als deine Lippen meine verlassen, bin ich nicht weniger verwirrt als zuvor. Eher das Gegenteil ist der Fall. Du siehst mich wütend an. „Wie kann man so intelligent und gleichzeitig so schwer von Begriff sein?!“, fauchst du wütend. „Ich mag dich, Idiot!“ Mit gebleckten Zähnen und roten Wangen siehst du zu mir auf, dann drückst du mich eine Armlänge von dir weg. „Du gehst mir dermaßen auf die Nerven, ich will dich gleich wieder schlagen“, zischst du. Erst jetzt kommen deine Worte langsam bei mir an. „Du... willst also, dass ich lebe?“ Du seufzt, während unsere Füße sanft auf dem Boden aufsetzen. „Auch wenn ich eine Last sein werde?“ „Hör zu, wenn ich noch weiter drüber nachdenke, ändere ich meine Meinung vielleicht, also lass gut sein, kapiert?“ Du schnaubst wütend und ich beginne zu lächeln. Kapitel 6: My eyes stay dry, and I think that I´m okay ------------------------------------------------------ An diesem Abend beobachte ich von der Couch in deinem Zimmer aus, wie du dich für die Nacht umziehst. Von mir abgewandt knöpfst du dein Hemd auf, dass der helle Stoff deinen schmalen Körper zu umspielen beginnt. Als du es zu den Ellbogen runter rutschen lässt, eröffnet mir dies den freien Blick auf deinen Rücken und die Muskeln unter deiner Haut, die sich sichtbar bewegen, dass mir warm ums Herz wird. Wie gerne ich meine Hand über diese Haut gleiten lassen würde, ist dir sicher nicht klar, sonst würdest du sie mir nicht präsentieren ohne mich in Reichweite zu haben. Oder gerade deswegen. Der Gedanke, dass du dich für mich ausziehst, huscht durch meinen Kopf. Dabei ist mir klar, dass dies nicht der Wahrheit entspricht, doch ein wenig davon zu träumen, ist wohl nicht verboten. Gleich nach deinem Hemd, wirfst du deine Jeans auf den Schreibtischstuhl. Viel zu schnell bist du in deine Jogginghose geschlüpft, als dass ich deine Beine und den knackigen Hintern, der sich durch deine Retroshorts abzeichnet, hätte annähernd ausreichend begutachten können. Erst als du ins Bett steigst, beginne ich damit mich umzuziehen. Zu meinem Bedauern schenkst du mir nicht mal einen verstohlenen Blick ehe ich meinen Pyjama übergezogen habe. Schade. Ich hätte gerne gesehen, wie deine Augen auf meinen Körper treffen, hätte versucht zu interpretieren, was du in mir siehst. Ich steige zu dir ins Bett, muss auch jetzt feststellen, dass du mich gar nicht beachtest. Du hast dich auf die Seite gedreht, von mir abgewandt und atmest bereits mit tiefen Zügen. Eine ganze Weile beobachte ich deinen Rücken, wie sich deine Schultern rhythmisch heben und senken, im sanften Takt deiner Atmung. Deine helle Haut präsentiert sich mir als stille Verlockung, deine abweisende Haltung entfacht mein Verlangen nach dir nur noch mehr. Ich strecke die Hand nach deiner Schulter aus, in dem Wissen, das sie jeden Moment weich und warm meine Handfläche berühren wird, da halte ich inne. Hatte ich mir nicht vorgenommen, nichts von mir aus zu beginnen? Dass du es bist, der die Schritte auf mich zu macht und ich mich zurückhalte? Du hast mir gesagt, dass du mich magst, mich sogar geküsst, doch... Was bedeutet das? Mein Herz schlägt schneller bei der Erinnerung an deine weichen Lippen, die sich fast forsch an meine gepresst hatten, als wir in der Luft schwebten und der Moment nur ganz alleine uns gehört hatte. Ich will deine Nähe und ich will sie jetzt. Ich robbe zu dir, lege den Arm um deinen, wie erwartet, warmen Oberkörper und drücke meinen Bauch an deinen Rücken. Du atmest hörbar ein, doch bewegst dich nicht. Ich lasse meine Hand über deinen Bauch, hoch zur Brust gleiten, drücke dich sanft an mich. Immernoch regst du dich nicht, doch du wirkst auch nicht angespannt. Schläfst du etwa? Ich lehne mein Gesicht in deinen Nacken, lächle gegen deine Haut. Eine Gänsehaut läuft dir über den Rücken und ich schließe genießend die Augen. Du bist mir so nah, das fühlt sich unbeschreiblich schön an. Dein betörender Geruch dringt in meine Nase, bringt mich dazu meine Hand weiter wandern zu lassen, das du erschrocken Luft durch die Nase einziehst. Habe ich gerade deine Brustwarze berührt? Wie gerne würde ich jetzt dein Gesicht sehen, möchte wissen, dass du meine Berührung genießt. Ich küsse deinen Nacken, ganz leicht, fast ohne Druck setze ich meine Lippen auf und hebe sie wieder an. Dein Atem beschleunigt, was meinen Puls spürbar antreibt. Gefällt dir das? Ich steichel über deinen Bauch, deine Seite entlang, berühre deinen Arm nur mit den Fingerspitzen, kaum fester als es eine Feder tun würde. Eine Gänsehaut nach der anderen schießt über deinen Körper und ich lächle angetan. Ich sauge vorsichtig an der weichen Haut deines Halses, als du dich bewegst. Überrascht hebe ich den Kopf und auch den Arm über dir an, dass du genug Freiraum hast, dich auf den Rücken zu drehen. Deine Augen treffen auf meine mit fragendem Blick. Gerade als ich meine Hand auf deiner Brust ablege, streckst du deine zu mir hinauf. Zärtlich legst du die Finger an meine Wange, bäumst dich zu mir hoch und küsst mich. Mir bleibt der Atem weg. Mit so einer Reaktion habe ich nicht gerechnet. Ich halte still als du dich enger an mich drückst, deine Hand an meinen Nacken gleitet, wo sich deine Finger in meinen Haaren vergraben. Ein warmes Rauschen fährt durch meinen Körper und ich ergebe mich in deine sanften Küsse. Es hat etwas verspieltes, wie du deine Lippen wieder und wieder an meine drückst. Du willst das hier? Das macht mich so froh. Ich lächle, dann senke ich den Oberkörper ab, bis du wieder auf dem Rücken liegst, gebettet auf der weichen Matratze. Ich sehe dich an, wie du mit angetanem Blick und leicht geöffnetem Mund zu mir aufschaust. Das hier, fühlt sich richtig an. Dir geht es wohl auch so, nicht wahr? Ich winde mich über dich, schiebe die Knie zwischen deine und stütze mich neben deinem Kopf auf den Ellbogen ab. Mit funkelnden Augen lässt du deinen Blick keine Sekunde von mir ab. Ich möchte in diesem blauen Ozean versinken und nie wieder auftauchen. Ich küsse dich, doch nun mit etwas mehr Leidenschaft, keuche auf, wenn sich unsere Lippen verlassen. Deine Hände legen sich an meine Schultern, fahren weiter hinauf, bis in meinen Nacken. Jetzt bekomme ich eine Gänsehaut, denn du ziehst mich zu dir hinunter, das meine Brust gegen deine lehnt. Dein Atem geht zittrig, doch du erwiderst meine Zärtlichkeit, gehst sogar einen Schritt weiter indem du deine Zunge über meine Lippen gleiten lässt. Chuya... Verführe ich dich gerade? Mit wild klopfendem Herzen öffne ich den Mund und gewähre deiner Zunge Einlass. Als sie meine berührt, zuckst du zusammen, drückst dich ins Kissen, um ein wenig Abstand zwischen uns zu bringen. Das war wohl ein bisschen zu viel, kann das sein? Deine roten Wangen und der schnelle Atem lassen dies zumindest vermuten. Ich atme leise durch dann rutsche ich ein Stück an dir herab und lege meinen Kopf auf deine Brust. Dein Herz schlägt aufgeregt. Ich genieße den schnellen Rhythmus zu hören, der zu meinem Lieblingslied gehört. Ich kuschel mich an dich, entspanne auf deinem warmen Körper, der mir ein verlockendes Kissen bietet. Es dauert einen kleinen Moment, da legst du den Arm um mich und dein Herz beginnt sich zu beruhigen. Wir sind uns so nahe, dass ich es kaum glauben kann. Dennoch will ich gerne weiter gehen. Wie du wohl dazu stehst? „Chuya?“ „Hm?“, entgegnest du mir knapp. Ich blicke unfokussiert nach vorne. „Ich will mit dir schlafen.“, spreche ich meine Gedanken aus. Augenblicklich spannt sich dein gesamter Körper an. „Was?!“, quietschst du geschockt und drückst mich von dir. Ich richte meinen Oberkörper auf und sehe dich an. „Ich will Sex mit dir haben.“, sage ich trocken und du blinzelst mich an als wäre ich ein Alien, während deine Wangen immer röter werden. Dein Mund steht weit offen und es dauert einen Moment ehe du deine Stimme wieder findest. „Nein!“, fauchst du empört und ziehst die Augenbrauen zusammen. „Nein, ganz sicher nicht.“ Deine Haare fliegen wild hin und her als du energisch den Kopf schüttelst. Ich lege den Kopf zur Seite. „Aber wieso denn nicht?“, frage ich stutzig. Der Kuss und alle deine Bewegungen, wie du dich mir entgegen gedrängt hast, alles spricht dafür, dass du mich auch willst. „Nein!“, wiederholst du dich und siehst zur Seite. „Das geht nicht.“ „Natürlich geht das.“, sage ich lächelnd und du schüttelst wieder den Kopf. Ich beobachte dich, wie du auf deiner Unterlippe kaust und meinem Blick ausweichst. Du bist eindeutig nervös. „Du hast sowas noch nie gemacht, oder?“ Dein Kopf läuft noch röter an als zuvor, was ich eigentlich nicht mehr für möglich gehalten hätte. Du schweigst, was ich als Bestätigung empfinde. „Ich kann nicht mit dir schlafen.“, flüsterst du nach einem kurzen Moment der Stille. Nachdenklich senke ich den Blick, dann sehe ich dich wieder an. „Fühlst du dich körperlich nicht zu mir hingezogen?“ Du siehst mich kurz überrascht an, dann blickst du wieder zur Seite, blinzelst ein paar mal. „Ich... denke... Doch. Ich denke schon.“, murmelst du kaum hörbar, dass ich lächeln muss. So süß kannst du sein. „Ich dachte schon, es sind vielleicht die Bandagen.“, lenke ich ein, sehe über meine Verbände ehe ich meine Aufmerksamkeit wieder ganz dir schenke. Du schüttelst zaghaft den Kopf. Doch was hält dich dann ab? „Ist es weil ich ein Mann bin?“ Deine Augen weiten sich erschrocken. Habe ich ins Schwarze getroffen? „Also ich habe bisher auch nur mit Frauen geschlafen.“, gebe ich zu und sehe dabei zur Decke auf. Dann lächle ich dich an. „Mit einem Mann wäre es für mich auch das erste Mal.“ Irgendwie scheint dich das nicht zu beruhigen. Dein Blick huscht nervös, doch ziellos umher. Wie kann ich dich nur überzeugen? „Im Grunde genommen ist da aber kaum ein Unterschied.“, lenke ich ein. „Das sollte nicht schwierig sein.“, gebe ich mich zuversichtlich. Schüchtern senkst du den Kopf, siehst mir auf die Brust. „Ich...“, beginnst du zu murmeln und ich sehe dich erwartungsvoll an. „Ich möchte mein erstes Mal... als Mann erleben.“ Ich blinzel irritiert. „Du bist ein Mann, Chuya. Wie willst du es da nicht als Mann erleben?“ Das ergibt doch keinen Sinn. Du grummelst vor dich hin, kriegst es wohl nicht über die Lippen. Nachdenklich beobachte ich deinen unzufriedenen Gesichtsausdruck, da kommt mir eine Vermutung auf. „Ah. Du willst der aktive Part sein.“ Du siehst mich perplex an, während neue Röte auf deine Wangen schießt. „Sag das doch einfach.“ Ich lächle dich mit geschlossenen Augen an. „Das können wir ruhig so machen. Ist kein Problem für mich.“ Als du ein verunsichertes Keuchen von dir gibst, sehe ich dich wieder an. Du kauerst dich regelrecht vor mir zusammen. Ist dir dieses Gespräch so unangenehm? „Das sagst du so...“, grummelst du. Ich nicke und du schüttelst den Kopf. „Ich will nicht mit dir schlafen, verstanden?“ Noch immer schaffst du es nicht meinem Blick Stand zu halten. Vielleicht bist du einfach noch nicht soweit. „Schon ok.“, sage ich und neige mich zu dir. Überrascht trifft mich dein Blick kurz bevor ich deine Stirn küsse. „Keine Eile.“ Du siehst mich unzufrieden an, während ich meinen Kopf wieder sanft auf deiner Brust bette. Es macht mir nichts aus zu warten, bis wir eins werden. Ich lausche deinem Herzschlag, atme deinen Duft ein und spüre deine weiche Haut an Wange und Fingern. Genussvoll schließe ich die Augen, als du seufzt und deine Hand wieder auf meinen Kopf legst. Für den Moment habe ich mehr als genug von dir, dass ich auskosten möchte. Kapitel 7: I´ve tried to put this all behind me ----------------------------------------------- Ich schwanke von einem Bein aufs andere als die Erschütterung das Gebäude zittern lässt. Meine Ohren dröhnen, trotz dem ich sie fest mit den Händen abschirme. Wer konnte den ahnen, dass die letzten Männer des Feindes, die noch stehen können, plötzlich mit Raketenwerfern auf uns zielen? Schwerfällig öffne ich die Augen, da sehe ich, wie du auf mich zu gesprungen kommst, die rechte Hand weit zu mir ausgestreckt. „Dazai!“, brüllst du, da erfasst mich dein fester Griff und du wirfst mich förmlich zur Seite weg. Erstaunt, von der Situation überfordert, sehe ich zu dir als dich die Wucht einer Explosion davon reißt, die genau an dem Punkt einschlägt, an welchem ich bis gerade gestanden habe. Erschrocken ziehe ich Luft ein, da pralle ich auch schon auf dem Boden auf, werde von der Druckwelle ein ganzes Stück nach hinten geschoben. Chuya! Schnell sehe ich auf, um noch mit zu bekommen, wie du in eine Wand geschleudert wirst, von der aus augenblicklich Trümmerteile zu Boden fallen. Auf dem Bauch liegend, stemme ich mich auf die Arme hoch, während meine Füße schon zu dir los laufen wollen. Stolpernd, stütze ich mich kurz mit einer Hand am Boden ab, ehe ich weiter auf dich zu renne. Ich blicke in die Richtung aus der auf uns geschossen wurde, doch dort steht niemand mehr. Die Meisten hast du mit deiner Gravitationskontrolle in den Erdboden gequetscht oder ihnen fatale Verletzungen zugefügt. Ich habe auch ein paar Feinde ausgeschaltet, doch deine Flächenangriffe sind weitaus effektiver als meine Schüsse oder der Nahkampf. Ich entdecke dich, sehe wie du in den Trümmern liegst, auf dem Rücken, den Kopf nach rechts gelehnt, die Augen geschlossen. Blut läuft über deine Stirn, an deinem Auge vorbei. „Chuya!“, rufe ich dich aus der Entfernung, doch du rührst dich nicht, bist mindestens bewusstlos. Ich balle die Hände zu Fäusten, gleich habe ich dich erreicht. Während ich mich dir nähere, sehe ich mich um. Kein Feind ist mehr kampffähig... oder doch? Mein Blick bleibt auf einem Mann haften, der sich schwerfällig aufsetzt, um den Lauf eines Maschinengewehres auf dich zu richten. Ich sehe erschrocken zu dir rüber, doch du verharrst regungslos. Er wird dich erschießen! Ich hechte nach vorne, komme vor dir zum Stehen und strecke die Arme zu den Seiten aus, während ich den Mann zornig fokussiere. Er wird dir nichts tun, das lasse ich nicht zu. Wenn es sein muss, dann soll er mich erschießen, doch ich werde keine Kugel zu dir durchlassen. Ich beschütze dich und wenn es mein Leben kostet. Ich lasse dich nie wieder sterben. Nie wieder! Mit zittrigem Arm drückt er ab, dass einige Patronen auf mich zu schießen. Ich kneife die Augen zusammen, in der Erwartung gleich in Schmerzen unterzugehen, da höre ich ein Dröhnen, spüre eine starke Kraft. Schnell reiße ich die Augen wieder auf, um zu erkennen, dass die Patronen vor mir in der Luft stehen, umspielt von einem mir allzu vertrauten roten Leuchten. Deine Hand befindet sich unter meinem rechten Arm, streckt sich dem Feind mit der Handfläche entgegen, strahlt ebenso rot, wie die Kugeln. Deine Finger bewegen sich, was die Patronen die Richtung ändern lässt. „Peng!“, stöhnst du hinter mir, formst eine Pistole mit den Fingern und lässt sie auf den Feind zuschießen. Dieser geht keuchend zu Boden, von mehreren Kugeln getroffen. „Chuya.“, sage ich erstaunt, wende mich zu dir um, gerade noch rechtzeitig, um dich aufzufangen als du nach vorne kippst. Angestrengt hältst du dich auf den Beinen, klammerst die Finger in meine Jacke, um dich an mir aufrecht zu halten. Du kneifst das Auge zu, an welchem das Blut dein Gesicht herunter läuft. Ich keuche, werde von deinem Gewicht herum gerissen, versuche aber dennoch deinen Stand zu stabilisieren. Du stöhnst, dann packst du meinen Kragen. „Mach das nie wieder, Idiot!“, brüllst du mich überraschend laut an, wenn man deine Verfassung bedenkt. Perplex blinzel ich dich an. „Was..?“ Was meinst du? „Stell dich nie wieder vor mich!“ Du zerrst mich zu dir runter. „Wenn du für mich stirbst, dann bring ich dich um!“, zischst du wütend und lässt erschöpft den Kopf fallen, wirst plötzlich so schwer, dass ich mich anstrengen muss, dich nicht fallen zu lassen. „Hörst du..?“, keuchst du außer Atem. „Ich... beschütze dich. Nicht andersrum.“ Du bist kaum noch bei Bewusstsein. So siehst du das also? Das Blut beginnt in kurzen Intervallen von deinem Kinn zu tropfen, fließt sichtbar an deinem Gesicht entlang. Ich gehe mit dir in die Hocke, nehme dann deinen Kopf zwischen meine Hände. „Du blutest ziemlich stark.“, sage ich, drehe deine Wunde zu mir. Du entgegnest nichts, atmest nur angestrengt während du dich auf wackeligen Armen an meinen Oberschenkeln abstützt, um nicht zur Seite umzufallen. Ich ziehe mein Taschentuch aus der Innentasche meiner Jacke und drücke es gegen deine Verletzung. Seufzend stelle ich fest, dass du es nicht dort festhalten kannst und ich auch nicht, da ich dich wohl mehr oder weniger tragen werden muss, um von hier weg zu kommen. „Es ist zwar nicht der hygienischste Weg...“, gebe ich meine Bedenken preis, während ich die Bandage von meinem rechten Unterarm entferne. Kurz betrachte ich die helle Haut darunter, die sich makellos offenbart und spüre ein Ziehen in der Brust. „Aber zum Fixieren sollte es reichen.“ Du stöhnst als ich den Verband um deinen Kopf wickle, das Taschentuch fest auf die Wunde gedrückt. „Kannst du laufen?“, frage ich als ich das Ende der Bandage in deinem Nacken verknote. „Mh.“ Du nickst. Ich sehe dich skeptisch an und stehe dann mit dir auf. Deine Finger krallen sich in meine Schultern, dein Atem geht schwer und unregelmäßig. „Sicher? Ich kann auch Hilfe rufen.“, biete ich an, doch du läufst einfach los und ich stolpere dir nach. „Nein. Für sowas doch nicht...“, zischst du und ich ziehe eine Augenbraue hoch. „Selbst wenn wir nochmal angegriffen werden, kann ich dich noch beschützen...“ Ich lege deinen Arm um meine Schultern und stütze dich im Gehen, betrachte dich im Augenwinkel. Du bist so stur, dass es mir fast gefällt. „Ist gut.“, sage ich annähernd fröhlich, dass du zu knurren beginnst. „Ich verlasse mich auf dich, kleines Hündchen.“ Du murrst vor dich hin, während wir laufen und ein zufriedenes Lächeln legt sich auf meine Lippen. Ich starre an die Decke, während du neben mir im Bett liegst und ab und zu leise stöhnst. Du hast Fieber bekommen, was ein gutes Zeichen ist, bedenkt man, dass dein Körper dabei ist zu regenerieren und du hast ganz schön was abbekommen. Yosano hätte dich sicher heilen können, doch du wolltest dich nicht behandeln lassen. Stolzer, dummer Hund. Bericht durfte ich aber alleine erstatten. Der Boss war sehr zufrieden, haben wir einen Großteil der feindlichen Gesellschaft eliminiert. Sogar so sehr, dass es ihn nicht gestört hat, dich nicht zu sprechen und er nur nickte als ich deine Abwesenheit damit begründet habe, dass du dich ausruhen wolltest. Ich sehe zu dir rüber tätschel sanft mit den Fingerspitzen deine feuchtgeschwitzte Wange. Die Wunde an deinem Kopf hat aufgehört zu bluten und ich habe Verband samt Taschentuch abgenommen, als ich dich ins Bett gelegt habe. Ich stehe auf, nehme den Waschlappen von deiner Stirn und du beginnst augenblicklich zu grummeln. Er ist lauwarm, hat deine heiße Haut aber noch gekühlt, oder? Mit flinken Schritten gehe ich ins Bad und halte ihn unter kaltes Wasser, beeile mich dann zu dir zurück zu kehren, damit du nicht unnötig lange ausharren musst. Ein genussvolles Seufzen entsteigt deinem Mund als ich das ersehnte kühle Nass auf deiner Stirn bette. Sofort atmest du ruhiger. Ich lege mich zu dir, lächle dich auf der Seite liegend an. Meine Gedanken sind unsortiert, springen zwischen den Ereignissen von heute, dir in den Trümmern liegend, hin zu deinem trüben Blick, als wir zusammen Wein getrunken haben. Bist du glücklich, so wie es jetzt ist? Ich erinnere mich an deine roten Wangen, den abfälligen Blick als ich dir offenbart habe, dass mein Körper ebenso wie mein Geist nach dir verlangt. Dann sehe ich dich vor mir schweben, den intensiven Blick in deinen Augen als du mir zu verstehen gegeben hast, dass es ein ´Wir´ gibt. Was ist Glück überhaupt? Für mich ist es, dass ich bei dir sein darf, doch was ist es für dich? Sicher bedeutet es nicht, neben einem Wahnsinnigen zu liegen, der ständig versucht sich umzubringen. Ich bin eine Last. Deine Worte schallen mir durch den Kopf. „Ich will das du lebst“, hast du gesagt. Mein Blick schweift hinunter zu meinem ungewohnt nackten rechten Arm, dessen Bandage ich dir geliehen hatte. Sobald ich wieder in meinem Zimmer bin, werde ich einen neuen Verband anlegen, doch jetzt möchte ich nur bei dir sein und in deinem Schlaf über dich wachen. Ich blinzel langsam, sehe dann zu meinem linken Arm, der von Ellbogen bis Handgelenk bandagiert ist. Ich habe zwar nicht vor, diese Verbände irgendwann abzunehmen, dennoch weiß ich, dass ich aufpassen muss, dass du niemals erblickst, was sich darunter befindet. Es würde alles mit einem Schlag beenden, da bin ich mir sicher. Die Sonne steht schon hoch am Himmel, doch du schläfst immer noch, wohlig seufzend. Dein Fieber ist weg, jetzt brauchst du nur noch ein wenig Ruhe und wirst wieder der Alte sein. Ich bleibe bei dir liegen, will auch nicht aufstehen. Viel lieber lausche ich deinem Atem. Kapitel 8: One more rainy day ----------------------------- Du stehst in der Küche und siehst mich irritiert an, als ich zu dir gelaufen komme, ein breites Grinsen auf meinen Lippen. „Chuya!“, trällere ich und greife nach deinem Arm. Erschrocken lässt du den Kochlöffel fallen und er titscht gegen den Rand des Topfes, bevor er in der Suppe versinkt. „Komm mit! Du musst sofort mitkommen!“ „Was zur...? Dazai!“, schimpfst du, als ich an dir ziehe, stemmst dich gegen meine Laufrichtung. „Siehst du nicht, dass ich gerade keine Zeit für so was habe?!“, fauchst du, strauchelst überrumpelt, doch erreichst im letzten Moment den Knopf, um den Herd auszuschalten. Widerwillig folgen deine Beine meiner Bewegung, während ich dich hinter mir her ziehe. „Wohin schleppst du mich?“ Ich zerre dich unbeirrt weiter mit mir den Gang entlang, bis wir nach draußen in den Hof treten. „Das musst du sehen!“, beteuere ich mit aufgeregt hoher Stimme. „Einfach der Hammer!“. Du schüttelst den Kopf, lässt dich nun mitschleifen und schließlich kommen wir an einer Grünfläche mit Wildblumen an, direkt neben der Bank. „Du hast mich nicht ernsthaft vom Herd weg gezerrt, nur um mir Blumen zu zeigen.“, knurrst du, reibst die Hände an der Schürze. „Natürlich nicht.“, sage ich grinsend und gehe vor den Blumen in die Hocke. „Es ist nicht irgendeine Blume.“ „Echt jetzt?!“, schnaubst du. Ich angele deine Hand und ziehe dich zu mir nach unten. Die andere Hand lege ich sanft um eine rotorange Blume mit dichten Blütenblättern und dunkler Mitte, bedacht darauf sie nicht unnötig oft zu berühren. „Sieh doch nur.“, meine Augen funkeln die kleine Pflanze an. Murrend hockst du dich neben mich und betrachtest sie mit mir. „Und nun?“ Ich lache leicht. „Sieh doch, die roten gebogenen Blütenblätter. Sie ist noch nicht ganz erblüht.“ „Mhm.“, grummelst du unbeeindruckt. „Und dort.“ Ich zeige auf die rechte Seite der Blume. „Dort sind ihre Blütenblätter noch ganz verschrumpelt und dunkel.“ „Mhm.“, machst du skeptisch, zweifelst eindeutig an meinem Verstand, doch ich lache nur und neige den Kopf der Blüte vorsichtig ein wenig nach vorne. „Sieht aus, als würde sie einen Hut tragen.“ Ich drehe mich zu dir und kann deutlich sehen, wie deine Augen größer werden, während du die Blume anstarrst und die Erkenntnis dich trifft. „Sie sieht genau aus wie du.“, grinse ich. Ein erstauntes Raunen dringt aus deinem geöffneten Mund. Hast dus jetzt kapiert? Ich wende mich wieder der Blume zu, lächle zart. „Sie ist vollkommen in ihrer Unvollkommenheit, wunderschön.“ Als ich dich wieder ansehe, funkeln deine Augen, doch dein Mund steht immer noch ungläubig offen. „Genau wie du.“, ergänze ich und lächle dich an. Warum schaust du so erstaunt? Hast du etwa bis jetzt noch nicht verstanden, was ich in dir sehe? Gut, dann werde ich eben noch deutlicher. „Chuya...“ Mein Herz schlägt etwas schneller als mich deine blauen Augen fokussieren. „Chuya, ich liebe d...“ Flink schießen deine Finger nach vorne und du presst sie mir so fest auf die Lippen, das es an den Zähnen schmerzt. Ich blinzel dich verwirrt an, doch du schüttelst den Kopf. „Sag das nicht.“ Deine Augenbrauen ziehen sich zusammen. „Sag das nicht.“, wiederholst du, doch dieses Mal klingt es nicht so fest, fast wie ein Flehen. Du stehst auf und ich schnelle dir nach in die Höhe. „Sag es bitte nicht.“ Gequält drehst du den Kopf weg und ich kann dich nur verunsichert anblinzeln. „Aber warum denn nicht?“, frage ich verständnislos. Es hat sich doch einiges geändert zwischen uns. Du hast gesagt, dass du mich magst. Also was ist daran so schlimm? So empfinde ich eben für dich. Ich bin mir sicher. Du ziehst die Schultern hoch, dann siehst du mich wütend an. „Weil es dann kein Zurück mehr gibt.“ Ich lege verwirrt den Kopf zur Seite. Was meinst du denn jetzt damit? Du packst mich am Kragen und ich strauchel einen Schritt nach hinten, als du mich erst vor dir wegdrückst, um mich gleich darauf näher an dich ran zu ziehen. „Dazai...“ Deine blauen Augen funkeln, wie das Meer in der Sonne, was mir den Atem raubt. Du bist so schön, dass ich es kaum aushalte. „Ich bin drauf und dran, mich in dich zu verlieben.“ Sofort schlägt mein Herz schneller. Chuya... so empfindest du für mich? „Doch...“ Ich schlucke, beunruhigt, was da folgen wird. „Ich will das nicht.“ Ich blinzel langsam. Du willst mich nicht lieben? „Aber...“, hauche ich, doch du fällst mir ins Wort. „Nichts aber!“ Du schubst mich von dir und ich kann dich wieder nur verwirrt ansehen. „Ich will nicht in dich verliebt sein.“ Du schüttelst den Kopf, kneifst mit geballten Fäusten die Augen zusammen. „Und ich will auch nicht mit dir zusammen sein.“ Ich schlucke wieder, spüre den Kloß, der sich in meinem Hals bildet. Tatsächlich habe ich gedacht, dass wir bereits ein Paar sind, nach den Küssen in deinem Bett. Das war wohl naiv von mir. Oder hast du es dir anders überlegt? „Wieso?“, frage ich dich, ehe ich darüber nachgedacht habe, dass du mir antworten wirst und mich diese Antwort zerschmettern wird. „Weil...“ Du schnaubst, dann siehst du mich kopfschüttelnd an. „Weil du ein verdammter Irrer bist!“ Ein dumpfer Schmerz zieht durch meine Brust, schießt bis in die Fingerspitzen und die Beine hinein. „Du bist vollkommen wahnsinnig! Man weiß nie woran man bei dir ist.“ Ich starre dich an, während du mir Tatsachen an den Kopf wirfst. „In einem Moment ist alles gut, dann zwinker ich einmal und du bringst dich um!“ Ich senke leicht den Kopf, spüre die Kälte, die deine Worte in mir auslösen. „So jemanden kann und will ich nicht lieben.“ Deine Stimme zittert. Ich hatte vermutet, dass du es schwer mit mir hast, doch das meine Existenz dich so fertig macht, habe ich nicht gedacht. „Ich...“, flüstere ich, finde dann meine brüchige Stimme. „Ich hatte keine Ahnung...“ Als ich aufsehe, blickst du mich erschrocken an. Von jetzt auf gleich hat sich das Gefühl in meiner Brust verändert. Die Wärme, der Frohmut, das Glück, weichen der Leere, die ich seit Jahren empfunden habe und die sich dennoch unangenehm in mir ausdehnt. Du willst mich nicht. Ich habe verstanden. Und ich kann es dir nicht mal verübeln. Du hast Recht mit dem was du sagst, bist dir noch besser bewusst als ich selbst, dass man mir nicht trauen kann. Ich drehe mich um, entferne mich mit langsamen Schritten von dir. Der Kies hinter mir knirscht, doch ich drehe mich nicht um. Ich gehe weiter. Auch du hältst mich nicht auf. Wozu auch? Unsere Fronten sind geklärt. Kapitel 9: Remember the words that you said ------------------------------------------- In dieser Nacht gehe ich nicht zu dir, liege in meinem eigenen Bett und starre die Wand zu meiner linken an. Ich habe es gewusst. Ich wusste jedes einzelne Wort, dass du mir an den Kopf geworfen hast, war mir dessen klar. Dennoch merke ich, wie schwer es mein Verstand hat, dies zu verarbeiten. Was habe ich mir nur eingebildet für dich zu sein? Mein Handy vibriert und ich nehme es mechanisch vom Nachttisch. „Willst du sicher nicht herkommen?“, lese ich deine Nachricht leise vor. Was denkst du dir dabei, mir so etwas zu schreiben, nachdem du mir so deutlich gesagt hast, dass du mich in Wahrheit nicht ausstehen kannst? Doch das Schlimmste ist eigentlich, dass ich wirklich zu dir will, trotz deiner verletzenden Worte. Ich halte diesen Abstand, wache zitternd aus Albträumen auf, kann nicht schlafen, weil ich dich nicht unnötig quälen will. Denn ich liebe dich, daran hat dein Ausbruch nichts geändert. Und ich will dich immer noch. Allein der Gedanke, wie du halb nackt in deinem Bett liegst, so wie ich auf das Handydisplay starrst und an mich denkst, all das steigert meine Sehnsucht nur. Ich dachte, du hättest verstanden, welchen Einfluss du auf mich hast, doch... Ich setze mich auf. Du hast es nicht begriffen. Du verstehst noch nicht, dass es besser wäre mich zu hassen. Oder weißt du es und schaffst es nur nicht? Vielleicht... sollte ich es dir ein wenig deutlicher machen... dir helfen. Mit wirren Gedanken schwanke ich zu deinem Zimmer und klopfe an, lehne mich schwer an die Wand. Gleich... Gleich habe ich dich. Komm... Komm mach sie auf, die Türe, die uns trennt. Ich will... es zu Ende bringen. Klackend öffnet sich das Schloss und du erscheinst im Türrahmen, trägst noch Hemd und Hose. Bist du etwa noch gar nicht ins Bett gegangen? Du öffnest den Mund, willst etwas sagen, doch ich dränge dich mit meinem Körper zurück in dein Zimmer, schubse die Türe mit dem Fuß zurück ins Schloss. Ich grinse dich mit leerem Blick an. „Du hättest mich lieber nicht einladen sollen.“, sage ich leise und du siehst mich irritiert an. „Dazai... was ist mir dir?“, sagst du unsicher während du mich betrachtest. Ich werfe den Kopf zur Seite. „Was soll denn sein?“ Ich zeige mit beiden Zeigefingern auf meine Schläfen. „Ich bin verrückt. Das weißt du doch schon.“ Du machst einen Schritt zurück. „Was denn? Jagt dir das jetzt plötzlich Angst ein?“ Ich springe auf dich zu, packe dich am Kragen und werfe dich gegen die Wand, dass die Gläser auf dem Regalboden klappern. Du stöhnst auf, von meiner Wucht getroffen, krallst dich in meine Handgelenke, versuchst mich von dir zu drücken. „Die ganze Zeit...“ Ich lehne mich nah an dich ran. Du gibst beunruhigte Laute von dir, schaffst es aber nicht, dich zu befreien. „...habe ich mich zurück gehalten. Damit ist jetzt Schluss.“ Du ziehst erschrocken Luft ein, begegnest mir mit erstauntem Blick. „Ich mach dich fertig.“ Du blinzelst keuchend. Ich hebe dich ein Stück an, fest gegen die Wand gedrückt, bis deine Füße den Boden nicht mehr berühren. „Beenden wir diese Partnerschaft mit einem Knall.“ Meine Stimme ist fast unangenehm hoch, kommt nur gepresst hervor. Ich will das du mich hasst. Nur so habe ich vielleicht eine winzige Chance mich loszueisen. Plötzlich spüre ich einen Schmerz in den rechten Rippen. Du hast dein Knie in meinen Körper gerammt. Ich keuche auf, lockere den Griff an deinem Hemd, was dich augenblicklich dazu befähigt, dich loszureißen und hinter mich zu winden. Mit einem zusammengekniffenen Auge, fahre ich herum, da erwischt mich dein Faustschlag, dass ich nach hinten umkippe. Du hechtest mir nach, kniest dich auf meine Oberarme und drückst mein Gesicht zur Seite, bis meine Wange unangenehm hart den Boden berührt. „Du scheinst wohl zu vergessen, dass ich da ein Wörtchen mitzureden habe.“, fauchst du, drückst mich fester zu Boden. Ich stöhne schmerzverzerrt auf. Du bist nicht besonders schwer, doch deine spitzen Knochen bohren sich unangenehm in meine Armmuskeln. „Ich bin kein schwaches Geschöpf, ich weiß gut, mich zu verteidigen.“ Ich lache. „Ja, wehr dich. Das motiviert mich nur. Ich werde dich bezwingen.“, zische ich, dann werfe ich mein Bein hoch, zu deiner Schulter. Den Überraschungsmoment ausnutzend, hebel ich dein Gleichgewicht aus, lasse dich zur Seite stürzen. Ehe du dich auffangen kannst, winde ich mich um dich herum, packe deinen Hals und werfe dich in Rückenlage zu Boden. Du keuchst, ich drücke fester zu und knie mich rechts und links neben deine Hüfte. Deine Fingernägel bohren sich in mein Handgelenk. Wohlig schießt der Schmerz durch meinen Arm. „Ich werde es zerschlagen... das Band zischen uns.“ Du schnappst schwerfällig nach Luft, kratzt über meine Haut. „Ich bitte dich. Als wüsstest du nicht längst, dass ich immer bekomme, was ich will.“ Ich lege mich auf dich, dass du nur noch zucken kannst. Deine Bewegungen kontrolliere ich, vergiss es also einfach. „Und du bekommst es auch.“ Du siehst mich mit großen Augen an. Zufrieden sehe ich in deinen angespannten Blick. Ich werde sie zerstören, jede Hoffnung, dann bin ich frei. „Jeder bekommt hier was er will.“ Du blinzelst und ich komme deinem Gesicht näher. „Ich bekomme die unantastbare Leere zurück, die du mir genommen hast...“ Du schluckst spürbar unter meiner Handfläche. „ ...und du bekommst den Hass zurück, den du so gerne für mich empfindet würdest.“ Du siehst mich erschrocken an. „Es ist eine Win-Win-Situation.“, hauche ich, da plötzlich lockern sich deine Hände an meiner und du lässt den Kopf zur Seite fallen. Erstaunt hebe ich mich ein Stück an und sehe dich an. Die Wut in deinem Ausdruck ist verschwunden, hat Raum gemacht für ein seltsam entspanntes, eher trauriges Gesicht. Was soll das? Ich drücke fester auf deinen Hals, doch du blinzelst nur, lässt mein Handgelenk nun komplett los, um die Hände neben deine Schultern zu legen. Ich starre dich fassungslos an. Diese Haltung... vollkommen schutzlos... Du... gibst auf? „Hey!“, brülle ich wütend und schüttele dich. „Wehr dich gefälligst!“ Zornig bewege ich die Finger an deinem Hals, während du regungslos bleibst. „Schlag mich! Tritt nach mir!“ Mein Herz beginnt unangenehm schneller zu schlagen. „Lass mich nicht einfach gewinnen!“ Meine Stimme überschlägt sich und ich merke, wie sich mein Hals zusammen schnürt. So bringt das doch nichts! Du sollst mich hassen! Wenn du einfach still hältst und meine Wut über dich ergehen lässt, dann... hast du doch gar nichts davon. Das ist nicht mein Plan. Ich schlucke schwer, da drehst du mir den Kopf wieder zu. Mit glänzenden Augen siehst du zu mir auf, streckst die Hände zu mir hoch, nur um sie sanft an meine Wangen zu legen. Überwältigt starre ich dich an, lockere den Griff um deinen Hals und vergesse zu atmen als du mich anlächelst. „Dazai...“, haucht deine Stimme gebrochen. „Es tut mir leid.“ Es sticht tief in meiner Brust, dein trauriges Lächeln und die feuchten Augen. „Was...?“, seufze ich kaum hörbar, fassungslos, ohne mein Zutun. „Dass du so ausrastest... ist allein meine Schuld.“ Deine Finger fahren über meine Wangen, schicken einen Schauer meinen Rücken hinunter. Was redest du da? Warum entschuldigst du dich bei mir? Ich bin es doch, der dir gerade körperlichen Schmerz zufügt. „Ich habe dich angelogen.“ Was? Ich blinzel erstaunt, während du scheinbar mit der Fassung ringst. Jedenfalls ist deine Stimme mehr als wackelig. „Dass du verrückt bist, ist nicht der Grund, warum ich mich nicht in dich verlieben will. Das weiß ich doch schon längst.“ Ich lege den Kopf zur Seite, verstehe nicht was du mir sagen willst. „Ich bin stolz.“ Ich blinzel dich an. Genau das habe ich zu dir gesagt als ich dir das erste mal gesagt habe, dass ich dich nicht wirklich hasse. Heißt das...? „Es ist einfacher dir gemeine Sachen an den Kopf zu werfen, als sich der Wahrheit zu stellen.“ Deine Finger steicheln über mein Gesicht. Chuya... „Ich...“, setzt du wieder an. „...will... mich nicht nach dir sehnen, will nicht wachliegen, um an dich zu denken. Ich... will nicht verletzlich sein, nicht abhängig von dir sein.“ Du schluckst und ich tue es dir gleich, lege meine Hand über deine, drücke sie ein wenig fester an meine Wange. „Ich will mich nicht in dich verlieben.... aber...“ Du atmest durch und schenkst mir anschließend das wärmste Lächeln, dass mir in meinem gesamten Leben begegnet ist. „Dafür ist es schon längst zu spät.“ Mir schießen Tränen in die Augen. Langsam nehme ich die Hand von deinem Hals, richte mich ein Stück auf und schlage sie vor meinen Mund. Das kann doch nicht wahr sein. Du setzt dich zu mir, siehst mich bedauernd an. Ich fasse mir an die Stirn, meine Gedanken fahren Achterbahn. „Ist alles ok?“, fragst du leise, legst die Hand an meine Schulter. Ich versuche durchzuatmen, mich zu konzentrieren, während du dich etwas tiefer beugst, um mir ins Gesicht sehen zu können. Ich drehe dir den Kopf zu, sehe in deinen betrübten Blick. „Du liebst mich?“, hauche ich ungläubig. Dieser Gedanke beherrscht die anderen und lässt mich nicht frei denken. Du senkst den Blick, siehst verlegen zur Seite mit geröteten Wangen. „Das habe ich so nicht nicht gesagt.“ Meine Augen weiten sich, dann lehne ich mich zu dir vor. „Das brauchst du auch nicht... ist okay.“, platzt es aus mir heraus und du siehst erstaunt zu mir rüber. „Chuya, ich liebe...“ Mein Mund bewegt sich weiter, doch es kommt kein Ton mehr über die Lippen. Ich liebe dich. Das ist es, was ich dir sagen will. Warum geht es nicht? Irritiert senke ich den Kopf, starre den Fußboden an. Dann spüre ich deine Finger, die sich sanft an mein Kinn legen und meinen Kopf wieder anheben, bis du mir in die Augen sehen kannst. „Du bist ein Mann der vielen Worte, dabei bedeuten sie dir im Grunde doch nichts.“, meinst du mit einen ruhigen Lächeln. „Worte muss man nämlich glauben und glauben liegt dir überhaupt nicht, weil dein Kopf so nicht funktioniert.“ Ich kann nicht anders als dich perplex anzusehen, während du mit warmer Stimme zu mir sprichst. „Ganz anders sieht das mit Taten aus.“ Ich setzte mich aufrecht hin und du lehnst dich zu mir. „Sie sagen mehr als tausend Worte. Ist es nicht so?“ Was du sagst klingt logisch. „Du verlässt dich auf deine Sinne. Das was du siehst, riechst, schmeckst und spürst, das ist für dich die Wahrheit.“ Dein warmes, doch selbstbewusstes Lächeln fährt mir ungebremst ins Herz. Du hast Recht. Nicht selten weiß ich nichts mit Worten anderer anzufangen, doch wie du mich gerade ansiehst, spricht Bände. Du magst mich, vielleicht liebst du mich sogar. Das kann ich nicht glauben, doch vielleicht kann ich es spüren. Ich merke, wie sich der Gedankenstrom beruhigt und schaffe es dir auch ein kleines Lächeln zu schenken. „Tut mir leid, dass ich dich zum Sündenbock für meinen fehlenden Mut gemacht habe.“, sagst du und verziehst das Gesicht. Mein Lächeln wird sanfter. „Schon gut.“ Ich verzeihe dir wirklich, auch wenn du mich ganz schön aus dem Konzept gebracht hast. „Du hast ja Recht. Ich bin ein Irrer.“ Ich lächle bitter. Betroffen siehst du zu Boden. „Ich hätte das nicht sagen dürfen.“ Ich lege fragend den Kopf zur Seite. „Auch `verrückt` ist nicht das richtige Wort. Du hast eben Probleme.“ Ich sehe dich blinzend an und du drehst schnell den Kopf weg, mit geröteten Wangen. „Wahnsinn.“, korrigierst du dich, dann siehst du vor mir zu Boden. „Doch den Wahnsinn hast du unter Kontrolle.“ Ich blinzel erstaunt. Wie meinst du das? „Gefährlich wird es nur, wenn du dich auf den Wahnsinn einlässt.“ Mich darauf einlassen? Du siehst zu mir auf. „So wie gerade eben.“ Das was ich dir antun wollte, war gesteuert von meinen Trieben, die ich nicht unterdrückt habe. Es war nie meine Absicht dich zu verletzen, doch gerade eben, hätte ich es in Kauf genommen. Ich muss feststellen, dass du schon wieder Recht hast. Ohne es wirklich zu merken sinke ich tiefer, rolle mich zusammen, bis meine Stirn auf deinem Oberschenkel liegt. Ich habe dich deutlich unterschätzt, wie mir nun klar wird. Ich lege die Hände neben meinem Kopf auf dein Bein und schmiege mich an deinen warmen Körper. „Dazai...“, hauchst du mit dünner Stimme. Du hast mich analysiert. Wie hast du das geschafft? Selbst mir ist das die meiste Zeit unmöglich und ich lebe in diesem Verstand. Deine Hand fährt warm und beruhigend über meinen Rücken, dass sich Entspannung in mir breit macht. Immer noch zusammengekauert, lege ich mich an deiner Seite auf den Boden, drücke Kopf und Hände an deinen Oberschenkel. Du beginnst mein Haar zu streicheln, was wohliges Kribbeln durch meinen Körper jagt. Ich schließe die Augen und schneller als ich weiter denken kann, bin ich eingeschlafen. Kapitel 10: Everything reminds me --------------------------------- Der Wind peitscht den Regen gegen meine Wangen als wir dem letzten Feind am Hafen gegenüber stehen. Eines unserer besetzen Schiffe wurde angegriffen und der Boss hat uns beide hergeschickt, um das zu klären. Mein Blick schweift zu dir rüber. Während ich auf einem der Container hocke und alles von oben beobachte, stehst du am Pier, die Hände in den Hosentaschen. Du hast deinen Hut tief nach vorn gezogen, was zumindest dein Gesicht eine wenig vor dem forschen kühlen Nass von oben schützt. Du hast ihn auch nicht abgesetzt oder gar verloren, als du du die knapp 20 Mann, die wir hier angetroffen haben, in den Boden gestampft hast. Ich habe dich dabei beobachtet, wie du ohne große Anstrengung durch die Luft gesaust bist und Einen nach dem Anderen, schön der Reihe nach, außer Gefecht gesetzt hast. Wie immer, war ich vollkommen überflüssig an deiner Seite, stelle ich lächelnd fest. „Du weißt, warum du noch stehst?“, zischst du und der dunkelhaarige Kerl vor uns zuckt zusammen. Er steht knapp 30 Meter vor uns, mit dem Rücken zu einer Lagerhalle. „Sag deinem Boss, er soll sich nicht in die Geschäfte der Hafenmafia einmischen. Beim nächsten Mal schicken wir keinen Boten mehr nach Hause.“ Deine Stimme ist von Wut erfüllt. Auch wenn du sicher Spaß am Kämpfen hast, so kannst du es gar nicht leiden, wenn sich jemand mit der Hafenmafia anlegt. Für dich ist diese Organisation etwas wie eine Familie und wer sich mit der Familie anlegt, wird Blut spucken. „J-Ja.. Das mache ich.“, kommt es mit wackliger Stimme aus seinem Mund und hebt zögerlich die Hände. In seiner rechten Hand entdecke ich einen Gegenstand. „Pass auf!“, rufe ich und du gehst sofort in Verteidigungshaltung. „Das ist ein Zünder...“, stelle ich fest. Eine Bombe? Aber wo... Noch ehe ich mich umsehen kann, bemerke ich wie ihn dein rotes Licht umgibt. Dennoch, auch wenn der Wind wütet, kann ich das verheerende Piepsen hören. Die Erde erzittert und der Kran zu meiner linken beginnt sich zu bewegen. Ich wende den Kopf, stelle fest, dass sein Fundament von Rissen durchzogen ist. Schon jetzt ist zu erkennen, dass der Boden unter ihm so sehr beschädigt ist, dass er ins Meer stürzen wird. Knackende Geräusche bestätigen meine Schussfolgerung und er beginnt sich Richtung Wasser zu neigen. Ich verstehe nicht ganz, was das soll. Was haben sie davon den Kran zu versenken? Eine weitere Explosion reißt mich aus den Gedanken und ich sehe schnell in die Richtung der Detonation. Das Gebäude neben uns beginnt zusammen zu brechen, erste Trümmer stürzen bereits herab, auf dich zu. „Chu...!“, will ich deinen Namen rufen, da spüre ich, wie es mir den Boden unter den Füßen wegreißt. Ich schlage unsanft auf den Container unter mir auf, werde mit hoher Geschwindigkeit am Bein in Richtung Wasser gezogen. Was zum...? Alles geht verdammt schnell. Noch während ich vom Container stürze, erkenne ich, dass ein Seil um meinen linken Knöchel gewickelt ist. Ich folge ihm mit den Augen, bis ich erkenne, dass das andere Ende am Kran befestigt ist. Mit lautem Getöse und einer riesigen Welle schlägt der Kran einen tiefen Krater ins Wasser und beginnt augenblicklich zu versinken. Ich versuche meinen Fuß zu erreichen, doch mein Sturz lässt mich gegen einen weiteren Container knallen, dass mir kurz die Luft wegbleibt. So kann ich nichts dagegen tun, dass mich der riesige Stahlkoloss hinter sich her ins Wasser reißt. Kurz bevor ich versinke, sehe ich einen Mann am Ufer, dicht an den Container auf dem ich gestanden hatte gelehnt, der mir mit großen Augen nachsieht. Ein weiterer Feind? Zumindest trug er die gleichen Klamotten wie die anderen. Ob er es war, der mich in diese Falle gelockt hat...? Die Explosion war eine Ablenkung. Ich beiße fest die Zähne zusammen. So ein Mist, sie haben mich ausgetrickst! Wütend versuche ich nach meinem Bein zu greifen, doch der Wasserdruck ist zu hoch. Ich werde zu schnell nach unten gezogen als dass ich mich dem entgegen stellen könnte. Meine Ohren schmerzen und ich merke, wie das Wasser beginnt auf meinen Körper zu drücken. Ich halte mir Mund und Nase zu, um nicht ungewollt auszuatmen. Es dauert einen Moment, da merke ich, dass der Kran auf den Grund schlägt. Das ist meine Chance! Ich neige mich runter, befreie meinen Fuß mit wenigen Handgriffen und sehe auf, in Richtung Oberfläche. Ich... bin verdammt tief gesunken. Ein mulmiges Gefühl macht sich in deiner Brust breit als mich die Erkenntnis trifft. Ich werde es nicht schaffen die Oberfläche zu erreichen. Selbst wenn ich mich beeile, so reicht die schon fast vollständig verbrauchte Luft in meiner Lunge nicht für diesen Weg aus. Was soll ich tun? Eine Druckwelle trifft mich, lässt mich im Wasser hin und her schwanken. Das warst du, ich bin mir sicher. Du kämpfst da oben. Waren es etwa doch nicht alle Feinde, die wir ausgeschaltet haben?! Ich beginne nach oben zu schwimmen, auch wenn ich es besser weiß. Ich will nicht, dass es so endet. Ich will nicht aufgeben. Das würdest du auch nicht. Und ich will dich erreichen. Ich will nicht hier sterben! Meine Lunge zieht sich zusammen. Ich bin schon ein ganzes Stück aufgestiegen, doch es scheint noch endlos weiter zu gehen, ehe ich dich erreiche. Wieder schiebt mich Druck zur Seite und wieder motivierst du mich weiter zu kämpfen. Ich schiebe mich durch die Wassermassen, strecke die Hand dem Licht entgegen, doch die Oberfläche scheint unerreichbar. Mein Blick beginnt sich zu trüben, die Ohren rauschen etwas leiser. Du wirst kommen, um mich zu holen oder? Doch selbst, wenn du jetzt ins Wasser springen würdest, wäre es wohl zu spät für mich, denn der Sauerstoff in meiner Brust ist aufgebraucht. Trotzdem wünsche ich mir dich herbei. Wenn ich schon sterben muss, dann wäre es schön, wenn du an meiner Seite wärest. Chuya... Gerade als ich die Augen schließen möchte, sehe ich das mir so vertraute rote Licht, welches mit einem riesigen Schlag ins Wasser schießt. Chuya. Ich strecke mich dir entgegen, doch kann ich nicht aufhalten, dass die Dunkelheit mich überkommt. Ich spüre einen Druck an meinen Wangen, dann auf den Lippen und plötzlich kann ich einatmen. Ich reiße die Augen auf und erkenne dich, wie du vor mir im Wasser schwebst. Deine Hände sind fest an meinen Kopf gedrückt und dein Mund liegt auf meinem. Durch deine geöffneten Lippen strömt die so verzweifelt ersehnte Luft in meine Lunge und mein Blick klärt sich augenblicklich. Ich sehe dich überrascht an als du dich von mir entfernst, da packst du mich am Kragen und ziehst mich mit dir hinauf. Dein Körper leuchtet rot, du hast dich mit deiner Fähigkeit leichter als das Wasser gemacht, was uns starken Auftrieb verschafft. Es knackt in meinen Ohren und ich schlucke unwillkürlich. Die Oberfläche nähert sich uns stetig doch ich spüre bereits, dass mich meine Kräfte wieder verlassen. Ich versuche meine Sinne beisammen zu halten, doch mein Geist driftet davon... Ein Dröhnen liegt über meinen Ohren, doch dringt eine stark gedämpfte Stimme an sie heran. Zwei Silben, die sich immer wiederholen. Deine Stimme. Du... rufst meinen Namen. Ein Druck auf meiner Brust bewegt meinen regungslosen Körper hin und her. Ich höre dich... Ich spüre dich... doch ich kann mich nicht bemerkbar machen. Jetzt fühle ich sogar den Regen auf meinem Gesicht. Dann verwindet er. Stattdessen spüre ich deinen zärtlichen Kuss. Ein Reflex lässt mich ausatmen, was mich sofort in einen unkontrollierten Hustenanfall überleitet. Keuchend schnappe ich nach Luft, spüre wie das Leben zurück in meinen Körper schießt. Du fasst meine Schultern, hebst meinen Oberkörper in deine Arme. Als ich die Augen öffne, sehe ich in dein besorgtes Gesicht. Du hältst meinen Kopf in der Armbeuge und tätschelst mit der anderen Hand meine Wange, während Wassertropfen deine roten Haare hinunterlaufen und auf mich nieder fallen. Erleichterung schießt in deine Gesichtszüge als ich dich schwach anlächle. Dann schenkst du mir einen Blick, der tief in mein Herz fährt. Deine sanften Augen, ein winziges, doch warmes Lächeln. Du siehst mich an, wie etwas sehr kostbares, als wäre ich wertvoll. So hat mich noch nie jemand angesehen. Ein wohliges Kribbeln breitet sich in mir aus. Dieses Gefühl ist mir neu. Du hebst mich an, schmiegst deinen Kopf gegen meinen während du mich fest an dich drückst. Ein tiefes Seufzen dringt an mein Ohr. „Du hast mir nen riesen Schreck eingejagt, Idiot.“, murmelst du in mein Haar und ich lache leicht auf, erfreut über deine Sorge. „Tut mir leid.“ Meine Stimme ist kratzig. „Schon gut.“, konterst du sofort, atmest durch. „Alles ist gut.“ Ich lächle, fühle mich sicher in deinen Armen. Geborgen. „Du hast die platt gemacht oder?“ Du zuckst. „Natürlich, was denkst du denn?“, grummelt du, lässt mich nicht los. „Alle drei.“ Drei waren es also noch, die dich aufgehalten haben. Dann hast du mich gerettet. „Danke.“ „Halt die Klappe, Idiot.“, knurrst du und festigst deinen Griff. Ich lasse mich von dir halten, genieße einfach deine Nähe, während der Regen auf die Container prasselt. Kapitel 11: Fading away ----------------------- Wir sitzen auf dem Boden in deinem Zimmer, den Rücken an die Couch hinter uns gelehnt. Ich sehe in das leere Weinglas, welches ich locker in meiner Hand halte, dann gleitet mein Blick zum Tisch, auf dem deines steht, ebenfalls leer. Die Flasche, die du heute Abend für uns geöffnet hast, ist noch fast voll. Ich lächle leicht. Mit guten Tropfen bist du wirklich sparsam, nicht wahr? Im Augenwinkel erfasse ich dich, du siehst zur Decke hinauf, schweigst schon eine ganze Weile. Was auch immer dich beschäftigt, ich lasse dich in Ruhe mit deinen Gedanken, genieße einfach bei dir zu sein. Gerade als ich die Augen schließen will, berührst du meine Wange mit deinen schmalen Fingern und drehst meinen Kopf sanft zu dir. Vom plötzlichen Hautkontakt überrascht, folge ich deiner Bewegung und wir sehen uns in die Augen. Ich starre dich an, versinke sofort im tiefen Blau des Ozeans, der meinen Blick gefangen hält. Wir sehen uns lange an, bewegen uns beide keinen Millimeter bis du schließlich blinzelst und dich zu mir rüber neigst. Ich schließe die Augen als du mich sanft küsst, erwidere deine Zärtlichkeit mit leichtem Druck. Es raubt mir immer noch den Atem, wenn du es von dir aus tust, wenn du liebevoll zu mir bist, ohne dass ich es einfordere oder provoziere. Deine Hand gleitet meinen Hals entlang, du fasst meine Schultern, rutschst noch näher und ich drehe den Oberkörper zu dir, stelle das Weinglas neben mir auf dem Boden ab, um mit den Fingern in deine rote Mähne zu fahren, genieße, wie sich deine Locken um sie wickeln. Dein Geruch dringt mir in die Nase, lässt mein Herz wieder schneller schlagen und beschleunigt meinen Atem. Du keuchst in unseren Kuss, dann kletterst du auf meinen Schoß, lässt deine Hand in meinen Nacken gleiten, um meinen Kopf näher an deinen zu ziehen. Überrascht lasse ich mich auf dich ein, lege die Hände an deine Hüfte. Warm streift dein Atem mein Gesicht als du den Mund öffnest, um hörbar tief zu atmen. Hitze durchströmt meinen Körper und ich spüre, wie deine Zunge in meinen Mund wandert. Mein Herzschlag beschleunigt noch mehr als meine nun auf deine Zunge trifft. Weich und heiß begegnen sie sich in meinem Mund. Diesmal schreckst du nicht zurück, tastest dich neugierig voran. Das gefällt mir sehr. Als ich deine Hände nicht mehr spüre, öffne ich die Augen ein Stück, nur um zu erkennen, dass du die Knöpfe deines Hemdes öffnest ohne dabei den Kuss zu unterbrechen. Ziehst du dich gerade für mich aus? Ein Rauschen legt sich über meine Ohren, während sich mir die Frage aufdrängt, was du mit diesem immer intensiver werdenden Kuss bezweckst. Die Innenseite deiner Oberschenkel drückt sich an meine Hüfte, während du dich tief zu mir runter beugst, gewillt meinen Mund keine Sekunde zu verlassen. Mit Schwung wirfst du dein Hemd neben dem Tisch zu Boden, lässt deine Hände wieder zu meinen Schultern schnellen. Hast du es in den paar Sekunden etwa bereits vermisst, mich zu berühren? Ich lasse meine Hände deinen Oberkörper hinunter wandern, spüre jeden Muskel unter der hellen Haut, die sich heiß an meinen Fingern anfühlt. Angetrieben durch deine leidenschaftlichen Berührungen, fasse ich deinen Po und du schreckst zusammen. Ich will zu dir aufsehen, um deinen Blick zu deuten, doch du drängst dich mir im nächsten Augenblick wieder entgegen, setzt einen fordernden Kuss an. Dann ist das ok für dich? Ich bewege die Finger, tätschel deinen Hintern, doch du küsst mich weiter, unbeirrt. Ein heißer Schauer strömt durch meinen Körper. Gut, dann will ich mehr. Ich dränge dich mit meinem Kuss zurück, bis ich genug Platz habe, um meine Beine unter die Hüfte zu ziehen, dann fasse ich deine Oberschenkel und stehe auf, dich vor mir tragend. Erstaunt keuchst du auf und siehst mich überrascht an. Ich grinse. „Was? Dachtest du, ich sei nicht stark genug, um dich Leichtgewicht zu tragen?“ Kurz drängt sich mir der Gedanke auf, dass ich dich schon einmal vor mir her getragen habe. Damals aber auf meinen Armen liegend und leblos. Ich schlucke, dann spüre ich wie du die Schenkel in meine Seiten presst, dein Gewicht ein Stück weit selber auf meiner Hüfte trägst. Du bist hier, mit Körper und Geist. Ich lächle angetan, gehe mit dir zum Bett rüber, um dich vorsichtig auf die Matratze zu betten und mich über dich zu legen. Wie du so unter mir liegst, gefällt mir verdammt gut. Das hier ist richtig, da bin ich mir sicher. Ich hebe mich noch einmal von deinem Körper, doch nur um mein Shirt auszuziehen. Mit roten Wangen blickst du zu mir auf. Ein kurzer Moment vergeht, in dem ich geduldig deine Reaktion abwarte, bis du dich entscheidest mit der Hand über die Bandagen an meiner Brust zu fahren. Haut wäre dir sicher lieber, so geht es mir zumindest. Doch... „Die lasse ich dran.“, sage ich und sehe zur Seite. „Sie...“ „Ich weiß.“, unterbrichst du mich. „Sie gehören zu deinem Körper. Ist schon okay.“ Deine Stimme ist warm und ohne jeden Vorwurf. Siehst du das wirklich so? Erstaunt sehe ich zu dir runter. „Obwohl unter den meisten davon wohl keine offenen Stellen sind...“, flüsterst du, fährst die weißen Wickel mit den Fingern bis zu meinem Bauch hinunter. „... so schützen sie deine Wunden.“ Beeindruckt atme ich aus. Ich hatte nicht erwartet, wie verständnisvoll du in Wahrheit bist, versteckst du dich doch ständig hinter coolen Sprüchen und deinem aufbrausenden Temperament. Du kannst richtig sanft sein, das machst du mir gerade wieder klar. Und deine Berührung tut unendlich gut. Auch damit habe ich nicht gerechnet. Ich beuge mich zu dir runter und deine Hände wandern zu meinen Schultern, dann an die Oberarme. Dort ist eine der wenigen Stellen, an denen du blanke Haut berühren kannst. Wieder nimmt mich dein Blick gefangen, reißt mich mit sich wie eine Welle und ich nähere mich deinen Lippen. Dein Atem streift mein Gesicht, sorgt dafür, dass mein Herz schneller schlägt. Ich berühre deine Nase mit meiner und du schließt die Augen, kommst mir entgegen, um die letzten Millimeter zwischen uns zu überbrücken und mich zärtlich zu küssen. Noch bevor meine Augen ganz geschlossen sind, spüre ich, wie du dich zu mir hoch drückst, den Kuss intensivierst, bringst sogar deine Zunge ins Spiel. Meine Sehnsucht nach dir schlägt spürbar in Verlangen um. Ich will dich so sehr, dass ich es kaum aushalte. Zittrig kralle ich meine Finger in deine Schultern, breche den Kuss ab, um nach Luft zu schnappen. Unbeirrt lässt du deine Lippen meinen Hals entlang gleiten, bevor du mein Ohrläppchen sanft mit den Zähnen einfängst. Eine Gänsehaut jagt meinen Rücken hinunter. Ich will mehr, doch wenn ich dir das jetzt sage, wirst du erschrecken. Du bist so herrlich in der Situation gefangen, dass ich dich nicht unnötig irritieren möchte. Wenn du es nicht willst, dann wirst du mich schon aufhalten, das weiß ich. Ich hebe meinen Körper an und du siehst mit leidenschaftlichem Blick zu mir hoch. Erst als ich den Bund deiner Hose greife, keuchst du leicht auf. Davon lasse ich mich nicht beirren, ziehe den Stoff über deinen Hintern. Deine Wangen nehmen eine rosige Farbe an, doch du lässt es zu, dass ich dich ausziehe. Erleichtert und auch angetan lächle ich zu dir runter, fahre mit der Hand über deinen flachen Bauch. Nur mit den Fingerspitzen berühre ich deine Haut, bewege meine Hand aufwärts, bis meine Handfläche auf deiner Brust liegt. Hier gibt es nichts, wonach ich beherzt greifen könnte, doch das irritiert mich nicht. Es ist das erste Mal, dass ich mich zu einem Mann hingezogen fühle, aber mir drängt sich der Gedanke auf, dass ich dich begehre, weil du du bist. Ich möchte deine Seele berühren. Du siehst hinunter zu meiner Pyjamahose und ich verstehe direkt, was du mir damit sagen möchtest. Ich sollte mit dir gleich ziehen, sonst ist es ungerecht, oder? Langsam stehe ich auf und entledige mich des letzten Kleidungsstückes zwischen uns, bevor ich mich zu dir nach vorne lehne. Du beobachtest mich, bist sicher ein wenig nervös, was ich gut verstehen kann. Es ist das erste Mal für dich, dass du in einer solchen Situation bist, das weiß ich. Keine Sorge, ich werde dich leiten und dabei ganz sanft zu dir sein. Ich neige mich tief zu dir runter, hauche einen flüchtigen Beruhigungskuss auf deine Lippen, der seine Wirkung wohl erfüllt, denn du atmest etwas langsamer als ich deinen Mund verlasse. Die Hände neben deine Schultern gestemmt, klettere ich über deine Beine. Du schluckst, doch ich gebe dir keine Zeit darüber nachzudenken, was ich vorhabe, verwickle dich in einen zärtlichen Kuss. Du steigst ein, fährst mit den Fingern durch mein Haar, dass mir gleich noch heißer wird. Ich kann es kaum erwarten. Erst als du stöhnend den Kopf in den Nacken wirfst, merke ich, dass meine Hand in deinen Schoß gewandert ist. Du willst es also auch, das kann ich deutlich spüren. Lächelnd und mit spürbar steigendem Blutdruck, greife ich hinter meinem Rücken nach unten, um dich zu dirigieren. Tatsächlich bin ich auch ein bisschen nervös, da ich auch nicht weiß, wie es sich anfühlen wird, doch ich bin noch mehr neugierig darauf, wie mein und auch wie dein Körper reagieren wird. Gerade als ich die richtige Position gefunden habe, bäumst du den Oberkörper zu mir hoch. Du wirfst die Arme um meine Schultern und ziehst mich plötzlich so fest an dich ran, dass ich im Reflex beide Ellbogen neben dich ins Kissen stemme, um nicht mit meinem gesamten Gewicht auf dich zu fallen. „Warte.“, flüsterst du in mein Ohr, drückst mich fest an dich. Was ist denn los? Willst du es etwa doch nicht tun? Ich versuche mir meine Gedanken nicht anmerken zu lassen und warte geduldig ab, bis du weiter sprichst. Du legst die Hand in meinen Nacken, schmiegst deine Wange an meine. „Ich will, dass du es tust.“ Erstaunt weiten sich meine Augen und ich starre das weiße Laken unter dir an. „Ich will...“ Ich hebe mich ein Stück an, um dir in die Augen zu sehen, die mir mit leidenschaftlichem Blick begegnen. „Ich will dich spüren.“ Mein Herzschlag verdoppelt sich erstaunt. Damit habe ich nicht gerechnet. „Bist du dir sicher?“, hake ich nach. „Du wolltest doch...“ „Ja, bin ich.“ Dein entschlossener Blick ist beeindruckend. „Ich will fühlen, wenn du...“ Ich spüre, wie ich rot werde als du weiter sprichst. Chuya. Ich hatte nicht erwartet mal derart versaute Worte aus deinem Mund zu hören. Ich lächle breit. Das gefällt mir sehr. „Gut, wie du magst.“ Ich nicke und du tust es mir gleich. Den Rücken durchstreckend manövriere ich meine Beine zwischen deine Knie. Dann neige ich mich wieder tief über dich und küsse deine Lippen gefühlvoll. Etwas angespannt, brauchst du einen Moment, ehe du dich auf den Kuss und meine Berührungen einlässt, doch dann steigst du leidenschaftlich ein. Du küsst mich so einnehmend, dass mir annähernd die Luft wegbleibt. Ich drücke meine Hüfte gegen deine, möchte dir zeigen, worauf du dich einlässt. Du stöhnst in unseren Kuss, doch bewegst unbeirrt die Lippen weiter. Von einander berauscht, geben wir uns unserem Verlangen hin, pressen uns gierig an einander als könnten wir uns nicht nahe genug sein, während nur unser schwerer Atem die Stille der Nacht durchbricht. Epilog: I see you again ----------------------- Ungläubig starre ich in den Hof hinunter, als sich die gesamte Stadt in pastelligem Licht vor mir auftut, während der warme Wind durch meine Haare fährt und sie sanft bewegt. Meine Finger klammern sich an den Rahmen des Fensters, welches ich geöffnet habe. Ich versuche durchzuatmen, muss erstaunt feststellen, dass es funktioniert. Es ist ein wahrer Bilderbuchmorgen. Die Sonne scheint am wolkenlosen Himmel, kein Straßenlärm erreicht uns hier oben. Der Blick aus deinem Zimmer ist wirklich wunderschön. Und ich kann sie hören. Ich schließe die Augen, um meine Gehör zu schärfen. Ich kann sie tatsächlich hören, die Stimmen von dutzenden Vögeln, die auf den Ästen der hohen Bäume ihre Flügel ausruhen. Was ist das nur? Ich habe das Gefühl, dass ich diese Geräusche, diese Stadt, diese Welt noch nie so sehr wahrgenommen habe, wie in diesem Moment. Der Blick in die Tiefe sollte die Lust in mir antreiben, mich hinunter zu stürzen, so wie sonst auch, doch... „Dazai...“, dringt deine von Schlaf verhangene Stimme gedämpft an mein Ohr und ich wende dir den Kopf zu. Du liegst in den weißen Lacken, auf den Bauch gedreht und drückst dein Gesicht in das Kissen unter deinen verschränkten Armen. Mit halb geöffneten Augen siehst du zu mir hoch, während das Sonnenlicht das Bett und deine helle Haut leuchten lässt. „Ist alles in Ordnung?“, murmelst du in die Federn und hebst dann doch den Kopf, um mich müde anzublinzeln. Ich lächle dir zu. „Ja.“ Beschwingt lasse mich neben dich auf die Matratze sinken, betrachte dabei dein wirres Haar, während du gähnst. „Es könnte nicht besser sein.“ Du stemmst deinen Oberkörper hoch, drehst dich auf die Seite, was mir deinen flachen Bauch präsentiert. Den Kopf auf die rechte Hand gestützt, siehst du zu mir auf. „Jetzt übertreibst du aber.“, grummelst du, beginnst mich kritisch zu mustern. Ich kann dir nicht mal verübeln, dass du mir nicht glaubst. Solche Worte sind untypisch für mich oder sie sind gelogen. Ich lächle sanft, lasse es mir nicht nehmen den Blick über deinen Körper gleiten zu lassen. Du bist hier und ich bin es auch. „Ich will mit dir zusammen sein.“ Meine Stimme ist warm und das Lächeln auf meinen Lippen wird ein bisschen breiter. Überrascht lehnst du den Kopf zur Seite und setzt du dich auf, dass die dünne Bettdecke in deinen Schoß rutscht. Ich sehe zum Fenster hinaus. „Ich habe lange nachgedacht, was das zwischen uns eigentlich ist.“ Der Wind lässt deine Vorhänge flattern, wirft ein wildes Spiel aus Licht und Schatten auf die Wand neben den Regalen. „Und ich komme immer nur zum gleichen Schluss.“ Ich wende dir den Kopf wieder zu und du siehst mich mit großen Augen erwartungsvoll an, deinen wunderschönen blauen Ozean-Augen. Du neigst dich etwas nach vorne und ich lehne mich auf den Arm, der dir zugewandt auf der Matratze ruht. „Dass ich dich liebe.“ Erstaunt keuchst du auf, deine Augen werden noch größer. Du wusstest es sicher längst, doch ich habe es zum ersten Mal geschafft es auszusprechen und es fiel mir nicht im geringsten schwer. „Ich liebe dich, Chuya.“ Du blinzelst und deine Wangen nehmen einen rosigen Ton an. „Ich möchte an deiner Seite sein. Ich möchte mit dir aufwachen, mit dir diese Stadt beschützen, auf deiner Brust einschlafen. Ich will deine Hand halten, dich küssen und an mich drücken.“ Dein Mund öffnet sich vor Erstaunen und ich lächle etwas beherzter. „Ich kann die Vögel zwitschern hören.“ Du blinzelst irritiert. „Das... habe ich vorher nie gehört.“, erkläre ich und du bewegst geistesabwesend den Kopf, scheinst noch nicht zu verstehen, was ich dir sagen möchte. Dann lass mich etwas deutlicher werden. „Du hast mich verändert...“, hauche ich und spüre, wie mein Herz schneller schlägt. „Ich habe kurz darüber nachgedacht, ob wir gemeinsam Selbstmord begehen könnten.“ Du blinzelst mich an und ich lächle schief. „Ich dachte immer, das wäre das Romantischste überhaupt, doch...“ Ich sehe kurz zu Bettdecke runter, dann wieder in deinen erstaunten Blick. „Du hast mir gegeben, was ich so lang gesucht habe.“ Ich nehme deine Hand, doch du starrst mich nur perplex an. „Einen Grund.“, führe ich weiter aus. „Einen Grund zu leben.“ Du beginnst mit glänzenden Augen an deiner Unterlippe zu knabbern, während dein Blick mich für keine Sekunde verlässt. „Ich will mit dir leben, Chuya.“ Ein beherztes Lachen, dringt aus meinem Mund, tief aus der Brust, während ich die Augen schließe. Ich hätte erwartet, dass es sich merkwürdig anfühlt so ehrlich zu dir zu sein, doch das tut es nicht. Ich fühle mich...gut. Plötzlich werde ich nach hinten geworfen, winkel mein Bein an, um nicht vom Bett zu fallen. Schnell öffne ich die Augen, sehe, dass mich deine Umarmung aus dem Gleichgewicht gebracht hat. Du hast dich in meine Arme geworfen, drückst dein Gesicht an meine Brust, hältst mich fest umschlungen. „Chu...“, kommt es überrascht über meine Lippen und du drückst dich noch fester an mich. Deine Finger fahren meinen Rücken hinauf, legen sich von hinten um meine Schultern, während dein Kopf an meiner Brust hinaufrutscht, bis er gegen meinen Hals lehnt. Du schmiegst dich an mich und langsam erreicht mein Gehirn den Körper wieder. Ich lege die Arme um dich, neige den Kopf gegen deinen und atme tief ein. Genussvoll schließe ich die Augen. „Ich will mit dir zusammen sein. Für immer.“ Du seufzt erstaunt und ich nicke. „Du hast mir gezeigt, dass das Leben einen Wert hat, denn...“, flüstere ich und kuschel mich an dich. „Denn dein Leben bedeutet mir mehr als alles andere auf dieser Welt...“ „Ist das dein Ernst?“, murmelst du gegen meinen Hals und ich lächle entzückt. „Ja. Das ist mein voller Ernst.“ Ich drücke dich an mich und du hältst einen Moment still, dann lehnst du dich etwas zurück. Widerwillig lasse ich dich aus meiner Umarmung gleiten bis sich unsere Blicke treffen. Du siehst mir tief in die Augen und ich erwidere deinen Blick lächelnd. Ich könnte dich den ganzen Tag ansehen, doch du hast anscheinend einen anderen Plan, denn du bewegst dich auf mich zu. Ich blinzel überrascht als du die Augen schließt und mich küsst. Es fühlt sich schön an, wie sich deine weichen Lippen an meinen bewegen. Gerade als ich den Kuss erwidern will, lehnst du dich zurück und siehst mich mit roten Wangen an. „Wenn du leben willst, dann beschütze es.“, sagt du mit warmer Stimme und ich lege irritiert den Kopf zur Seite. Was meinst du denn jetzt damit? „Dann beschütze mein Herz.“ „Was?“, hauche ich erstaunt und du beginnst mit zittrigen Lippen zu lächeln. „Ich liebe dich, Dazai.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)