Wir, am Strand von KiraNear ================================================================================ Kapitel 3: Ich, mit Dean am Shoppen ----------------------------------- Die dritte Nacht verging noch schneller als die zweite, und heute war unser dritter und letzter Tag, welchen wir in Galveston geplant hatten. Noch immer hatten die Jungs keinerlei Anstalten gemacht, mich zu einem Krankenhaus zu bringen oder wegzuschicken. Ein kleiner Teil von mir hoffte, dass es einfach nur daran lag, dass sie meine Gesellschaft genossen und es für sie wie ein kleiner Urlaub war, etwas, was Jäger normalerweise nie hatten. Aber der größte Teil in mir wusste, dass das nicht die ganze Wahrheit war. Vermutlich dachten die Jungs, dass die Frau oder der „alte Freund“ auch nun hinter mir her sein könnten, es könnte der Verdacht im Raum stehen, dass ich Andy näher kennen würde. Oder sie konnten mir etwas antun, nur, weil ich Kontakt zu Andy hatte. Es war möglich, dass sie mich wie Andy in Sicherheit wissen wollten und das taten sie am besten, wenn wir in ihrer Nähe waren. Das würde auch erklären, warum sie die meiste Zeit bisher mit uns zusammenverbracht hatten. Nachdenklich rührte ich meinen Früchtetee um, der Beutel schwamm noch immer in der Tasse und wartete darauf, herausgezogen zu werden. Der Tee hatte bereits eine schöne Farbe angenommen und ich wusste, wenn ich zu lange warten würde, würde der Tee vom Geschmack her zu stark werden. Aber gleichzeitig machte es mir viel zu viel Spaß, einfach nur den Beutel in dem Wasser herumzurühren. „Kira, ist alles in Ordnung bei dir?“, konnte ich Sam wieder fragen hören und blickte von meiner Tasse auf. „Ja, ich bin nur noch nicht so ganz wach, außerdem war ich mir noch nicht sicher, ob ich den Teebeutel schon rausziehen sollte“, log ich ihn an. Ich konnte ihm schlecht meine wahren Gedanken erzählen, das hätte mich ganz schön in Erklärungsnot gebracht. Sam hingegen warf über den Tisch hinüber einen Blick auf meine Tasse, bevor er sich wieder entspannt zurücksetzte. „Ich an deiner Stelle würde den Beutel lieber rausholen“, riet er mir, ich nickte nur und folgte seinem Rat, indem ich den Beutel in den kleinen Tischmülleimer beförderte. „Danke, zwei Meinungen sind immer noch besser als nur eine“, sagte ich, lächelte Sam dankbar zu und schnitt mir ein wenig von meinem Rührei ab. Auch Sam widmete sich wieder seinem Frühstück und beachtete mich nicht mehr weiter. Vielmehr schien er die Gäste zu beobachten, vermutlich eine alte Gewohnheit, denn außer uns befanden sich hier fast nur Rentner und Büroleute, die an ihren Laptops zu arbeiten schienen. Neugierig sah ich zu Andy hinüber, die letzten Tage hatten ihm recht gutgetan, vor allem der gestrige. Was auch immer Dean mit ihm besprochen hatte, es hatte funktioniert. Zwar sah Andy immer noch nicht zu 100% wie das blühende Leben aus, aber er blickte nicht mehr so ängstlich in der Gegend herum. Außerdem hatte er wieder Farbe ins Gesicht bekommen und auch sein Appetit schien zurückgekehrt zu sein. Besonders die Spiegeleier verschlang er, als hätte er gerade eine strenge dreimonatige Fastenzeit hinter sich, die eine Lücke in seinem Magen hinterlassen hatte. Eine Lücke, die es nun zu füllen gab. Mein Blick fiel nun nach vorne, zu der Person, die gegenüber von mir saß und sich bereits am Morgen einen Hamburger gönnte. Die Person, die bei Sams Frühstück nur mit der Nase gerümpft hatte, die Menüs von Andy und mir hatten ihn dagegen eher beeindruckt. Die Person, die hier am Tisch vermutlich der älteste von uns allen war. Der Jäger mit dem Namen Dean Winchester. Seit wir hier angekommen waren, hatte ich kaum noch mit ihm zu tun gehabt. Am ersten Tag hatten Sam und er wichtige Dinge erledigen müssen, daher hatte ich die meiste Zeit nur mit Andy verbracht. Gestern dagegen hatte mir Sam während des Tauchgangs eine neue Welt gezeigt, so wie es Aladin einst mit Jasmin auf Teppich getan hatte. Doch mit Dean hatte ich in den letzten Tagen kaum zu tun gehabt, außer bei den gemeinsamen Abendessen. Und ich hätte nicht gedacht, dass jemand Nachos und Käse noch mehr lieben würde als ich, doch da hatte ich Dean Winchester unterschätzt. Dieser bemerkte, dass ich ihn beobachtete und sah mich an. Es schien fast so, als würde er mich beobachten oder irgendwas an mir suchen. Er nahm seine Tasse, nahm einen Schluck und stellte sie ab. Ein kurzer Räusperer folgte. „Hab gehört, du warst mit Sammy gestern im Meer?“, fragte er und ich wusste nicht genau, worauf er hinauswollte. Er war, soweit ich es wusste, nicht gerade für seine Smalltalks bekannt. Gleichzeitig wollte ich ihm auch nichts unterstellen, daher entschied ich mich dafür, ehrlich zu antworten. „Ja, Sam und ich waren gestern im Meer, wir haben uns dort die Korallen und die vielen Tiere dort angesehen“, sagte ich und blickte zu Sam, dieser wiederum blickte zu seinem Bruder hinüber. Dean erwiderte seinen Blick kurz, dann zuckte er mit den Schultern und aß weiter an seinem Burger. „War nur neugierig“, sagte er, kaum, dass er seinen Bissen heruntergeschluckt hatte. „Und, was steht heute auf dem Programm?“ Dabei sah Dean wieder mich an, doch ich hatte absolut keine Ahnung. Überhaupt war ich noch ein Teil der Tagesplanung gewesen, jeder Tag hatte schon etwas für mich zu bieten, doch es war immer wieder eine Überraschung, was. Also überlegte ich, was ich gerne tun würde. Dabei blickte ich an mir herab, auf mein T-Shirt. „Naja, es wäre schon praktisch, ein wenig mehr Wechselwäsche zu haben. Alles an Kleidung, was ich derzeit habe, ist gebraucht und bis ich mal dazu komme, die ganzen Sachen zu waschen … bis dahin muss ich ständig zwischen zwei Outfits wechseln, die ich allerdings schon mehrere Tage lang anhatte“, sagte ich und ich bemerkte, laut ausgesprochen klang es noch unangenehmer, als es noch in meinem Kopf getan hatte. Auch Sam schien dieser Meinung zu sein. „Ja, stimmt, das wäre eine gute Idee, zumindest ein Set neuer Sachen würde dir wirklich guttun“, sagte er und wischte sich den Mund ab. „Wenn du möchtest, können wir beide gerne nachher mal in der Stadt nach einem schönen Kleiderladen schauen und …“ Da legte Dean eine Hand auf den Arm seines Bruders und unterbrach ihn damit. „Kira, ich will ehrlich zu dir sein, wenn du den Rat für Kleidung brauchst, vor allem welche, mit denen du wie eine alte Oma aussehen willst, dann solltest du dich an Sam wenden. Ansonsten, wenn du ein weiteres cooles Shirt haben willst wie das, was du von mir bereits bekommen hast, dann bin ich dein Mann“, sagte er lässig und deutete dabei mit dem freien Daumen auf sich selbst. Sam schaute ihn eingeschnappt an, dabei zog er seinen Arm an sich. Doch so richtig abgeneigt schien er von der Idee nicht zu sein. „Eigentlich ist das eine gute Idee“, meinte er und begann sein Besteck zusammen zu räumen, aus einem mir unbekannten Grund war er viel schneller mit seinem Essen fertig als Andy, Dean oder ich. Nun war es Dean, der seinen Bruder verwirrt ansah. „Naja, so kommst du auch zu einem Tag, den nur du allein mit Kira verbringst. Andy und ich hatten sie schon für uns, jetzt bist du mal an der Reihe. Du redest sehr wenig mit ihr, es ist überhaupt ein Wunder, dass sie keine Angst vor dir bekommt“, sagte Sam und ich glaube, er meinte das nicht wirklich so. Dass es nur als ein Scherz gemeint war, wenn auch als ein etwas seltsamer. Auch Dean wusste ich nicht so recht, was er darauf antworten sollte, blickte nur noch einmal kurz zu Sam, während er seinen Burger aufaß. Auch Andy, der bereits eine zweite Portion Spiegeleier fast schon inhalierte und ich mit dem Rest meines Rühreis, wir beide aßen unser Frühstück auf. Wie schon beim letzten Mal bezahlte Sam unser Mahl und wir verließen geschlossen das Lokal ohne weitere Zwischenfälle.   „Alles klar, Andy und ich machen es uns in unserem Zimmer gemütlich, wir können dann auch gleich noch besprechen, wie wir am besten vorgehen. Vielleicht kann ich noch ein paar Telefonate führen, wegen dieser … Manager-Lady“, sagte Sam, als wir mit dem Impala beim Motel standen. Andy hatte das Auto bereits verlassen und stand nun da wie bestellt, aber nicht abgeholt. „Klingt gut. Kira und ich werden dann den einen oder anderen Laden abklappern und ihr was Ordentliches zum Anziehen holen.“ Vor allem den letzten Teil des Satzes sprach Dean sehr betont aus, als wollte er noch einmal unterstreichen, was er vom Kleidungstils seines Bruders hielt. Allein schon der Ton verriet, dass es nicht sonderlich viel war. „Jaja, mach du nur, ich habe zu tun“, sagte Sam, stieg aus dem Wagen aus und führte, nachdem er mir zugewunken hatte, Andy in unser Zimmer hinein. Nun waren Dean und ich allein im Impala. „Los, komm ruhig nach vorne“, sagte er und ich ließ mir das nicht zweimal sagen. Zwar hatte mich Sam bereits am Vortag vorne sitzen lassen, doch da es Deans Heiligtum war, wollte ich mich nicht einfach so umsetzen. Da kam mir die Einladung gerade recht. Kaum hatte ich mich vorhin hingesetzt, sah ich, dass Dean eine Kassette in das Fach des Impalas steckte, und ich hatte eine leise Ahnung, welche Musik mich damit erwarten würde. Sofort ertönte der wundervolle Sound von „Smoke on the water“ aus den Lautsprechern und ich begann zu grinsen. Was Dean sofort auffiel, als er zu mir herübersah. „Da hat endlich mal wieder hier jemand den richtigen Musikgeschmack“, sagte er, drehte den Schlüssel um und startete das Auto.   Während wir durch die Stadt fuhren und Dean sich einen Klamottenladen nach dem anderen nur von außen ansah, hörte ich mir die rockigen Lieder auf seiner Kassette an. Besonders als „Eye of the Tiger“ lief, konnte ich nicht anders, als leise ein wenig mitzusingen. „The eye of the tiger“, sang ich so leise ich konnte mit, hoffte aber darauf, dass Dean es nicht hören würde, das wäre mir dann doch zu peinlich gewesen. „Hey, das ist echt ein klasse Lied. Du kannst ruhig lauter singen, mach ich auch immer“, meinte er, doch dabei ließ er die Straße nicht aus dem Blick. Auch ich blickte stur durch die Windschutzscheibe hindurch, meine Wangen fühlten sich mehr als warm an. Doch meine Lautstärke zu heben, das traute ich mich nicht. Mir war es unangenehm, dass Dean mich gehört hatte. Das bekam er entweder nicht mit, oder es störte ihn nicht sonderlich. Im Gegenteil, er trommelte gegen das Lenkrad und fing selbst laut zu singen an. „THE EYE OF THE TIGER!“, sang er mit dem entsprechenden Teil des Liedes mit, dann blickte er kurz zu mir, fast so als wollte er sagen: Komm, sing laut mit mir mit. Jetzt war Dean nicht gerade als der beste Sänger bekannt und man konnte es ihm auch anhören. Doch das schien ihn weder zu stören noch aufzuhalten. Dafür bewunderte ich ihn, so viel Mut zu haben. „THE EYE OF THE TIGER!“, sangen wir bei der nächsten Gelegenheit laut zusammen und fingen anschließend zu lachen an. Das Eis war gebrochen, genauer gesagt hatten Survivor es mit ihrem spitzen Lied in zig Stücke geschlagen. Wir zwei waren unter uns, wir, als schlechte Sänger. Doch der Spaß stand im Vordergrund und das ist es, was im Moment zählte. Mehr verlangten wir auch gar nicht.   Nach einer Weile hatten wir einen Klamottenladen gefunden, genauer gesagt, Dean hatte einen gefunden. Die meisten hatte er als „zu teuer“, „zu hässlich“ oder „zu Sam“ abgestempelt, wobei ich es interessant fand, dass sein Bruder offenbar auch einer Kleidungskategorie entsprach. Doch er war der Fahrer, ich nur die Shotgun, und ich hielt es für besser den Mund zu halten, auch, wenn es dabei nicht um die Musikauswahl ging. Wir standen vor einem Laden, der mit schließlich bekannt vorkam, kaum las ich den Namen draußen. „Forever 21“ war dort auf einem Schild zu sehen, und Dean steuerte auch schon direkt in den Laden rein. Da ich sowieso keine andere Wahl hatte, folgte ich ihm hinein. Im Ladeninneren war nicht sonderlich viel los, nur wenige Kunden und besonders Kundinnen hatten sich an diesem Tag hier hineinverirrt. Dean ignorierte sie alle, sogar die Verkäuferin, die sofort bei unserer Sichtung angelaufen kam. „Willkommen bei Forever 21, wie kann ich Ihnen weiterhelfen?“, fragte sie betont höflich, doch Dean beachtete sie nicht. Dafür reagierte ich kurz auf die freundliche Frau. „Danke, nein, wir sehen uns hier nur um“, sagte ich und lief so schnell ich konnte Dean hinterher. Dieser begann sich bereits umzusehen. Ich dagegen begann nur auf meiner Unterlippe zu kauen. „Dean?“, begann ich vorsichtig und dieser blickte von einem rotfarbenen Top zu mir auf, sagte jedoch nichts. „Ich bin mir nicht sicher, ob wir hier richtig sind, ich meine, was, wenn mir die Sachen nicht passen? Ich bin jetzt nicht gerade schlank oder so …“ Während ich sprach, ging Dean um den Kleiderständer, der uns voneinander trennte, herum und sah mich von Kopf bis Fuß an. „Ne scharfe Braut bist du jetzt wirklich nicht, rein vom Äußerlichen“, sagte er direkt und es traf mich doch etwas härter, auch wenn ich mir das selbst immer wieder einredete. Doch es noch von jemand anderen zu hören als eine Art Bestätigung, das war dann doch etwas schmerzhaft. „Aber“, sagte Dean und verringerte die Distanz, nur um dann mit dem Finger auf die Stelle zu drücken, in welcher sich mein Herz befand. „Hier drin bist du eine verdammt scharfe Lady. Und irgendwann, wenn du dir Mühe gibst, wird es dein Körper auch zeigen“, sagte er in einer Tonlage, die ich absolut nicht deuten konnte. Waren vorhin meine Wangen rot geworden, so war es nun mein ganzer Kopf. Meine Augen fühlten sich feucht an, aber ich wollte jetzt hier nicht anfangen zu weinen. „Danke, das wird er bestimmt“, sagte ich verschämt und sah von einer Seite auf die andere. Dean nahm derweil seinen Finger wieder zurück und suchte weiter an dem Ständer, an welchem er sich zuvor schon umgesehen hatte. Dann nahm er ein rotes T-Shirt heraus, hielt es an mich hin und schüttelte energisch mit dem Kopf. „Nein, das Ding hier nicht, das sieht aus wie ein Sonnenbrand aus Stoff“, sagte er und hängte das Shirt wieder rein. Doch er hatte Recht, hier gab es wohl auch Kleidung in meiner Größe, zumindest der „Sonnenbrand aus Stoff“ sah danach aus, als hätte er mir gepasst. Auch bin begann mit meiner Suche, so viele T-Shirts, die schön aussahen, aber auch sehr kurz. Und ich hatte weder den Mut noch den richtigen Bauch, um diese tragen zu können. Schließlich konnte ich Deans Stimme in der Nähe hören. „Sag mal, was sind eigentlich deine Lieblingsfarben?“, fragte er mich. „Rot, gefolgt von Schwarz“, sagte ich, eine Antwort, wie ich sie schon gefühlt tausendmal so gegeben habe. Deans Reaktion darauf konnte ich nicht sehen, aber offenbar hatte ihm das schon weitergeholfen. Nur kurze Zeit später kam er mit einem schwarzen T-Shirt zurück, welches nicht kurz oder zu dünn geschnitten war. „Hier, das wäre doch was für dich“, sagte er und drehte das Shirt um, damit ich es sehen konnte. Darauf war ein rundes Bild mit einem Mann zu sehen, er hielt eine Gitarre oder einen Bass fest. Um das Bild herum standen Wörter. „High Voltage“ war so geschrieben worden, als würden die einzelnen Buchstaben aus Blitzen bestehen. Auch konnte ich den Schriftzug „ACDC“ ablesen, und mir wurde sofort bewusst, dass es sich dabei um ein Bandshirt handeln sollte. Zusätzlich zu den Worten konnte ich hier und da ein paar Blitze erkennen, wie auch das „Tour 76‘, welches sich auf dem unteren Teil des Shirts befand. „Das Shirt sieht schon sehr cool aus“, gab ich ehrlich zu. „Aber ‚Tour 76?‘, da bin ich ja noch nicht mal geboren worden“, sagte ich und konnte mir das Grinsen nicht verkneifen. „Na und? Ich auch nicht. Spielt das eine Rolle?“, fragte er mich und grinste mich ebenfalls an. „Nein, eigentlich nicht“, meinte ich und nahm ihm das Shirt weg. Dean schien sehr zufrieden zu sein. „Gut, dann schau ich nach einer Hose und du … du schaust nach der Unterwäsche. Es kommt komisch rüber, wenn ein Kerl das macht, du weißt schon …“ Ich nickte, auch wenn ich nicht genau wusste, ob das in unserer modernen Zeit wirklich noch so ein großes Ding war. Warum sollte ein Mann nicht für eine Frau Unterwäsche kaufen sollen? Doch es würde auch Zeit sparen und so stimmte ich dem zu. „Ok, dann bis gleich … Achja, irgendwas, auf das ich achten soll?“, fragte er mich, so, als wäre ihm die Frage erst jetzt eingefallen. „Ja, nimm bitte keine Cordhosen, ich kann das Zeug nicht anfassen, das … fühlt sich einfach ekelhaft an“, sagte ich, auch wenn ich nicht glaubte, dass es sowas hier überhaupt in diesem Laden gab. „Alles klar“, sagte Dean und ging auch schon zu den vielen Hosen hinüber. Ich dagegen machte mich auf dem Weg in die Unterwäscheabteilung.   Eine so große Auswahl an BHs und Unterhosen war ich schon lange nicht mehr gewohnt, vor allem nicht, da ich die meiste Zeit welche im C&A kaufte. Ich sah mich da nie sonderlich um, sondern nach einfach einen Pack mit mehreren, schlichten Unterhosen und war damit zufrieden. Doch hier wollte ich mir etwas gönnen, auch wenn ich mir nicht sicher war, ob Dean für mich bezahlen würde. Nach wie vor war es mir selbst nicht möglich, doch ein paar Tage mit den Jungs hatten mein schlechtes Gewissen in den Schrank verbannt. So sah ich mir die ganzen verschiedenen Arten von Unterwäsche an und blieb kurz bei den Tangas hängen. Leider sahen die an mir nur aus wie ein Stück seltsame Zahnseide und ich vermisste die Zeit, als die noch an mir besser ausgesehen hatte. Gleichzeitig aber erinnerte ich mich an das Gefühl, dass ich damals hatte. Zum einen hatte sich der String sehr seltsam angefühlt, doch auf der anderen Seite war ich stolz, dass ich sowas überhaupt tragen konnte. Später, als ich dann nicht mehr so schlank war, konnte ich das allerdings vergessen und alle meine wenigen Tangas wegwerfen. Es hatte sich nicht mehr gut angefühlt. Schließlich blieb mein Blick an einem Unterwäscheset hängen, welches hellblau mit einem grün-blauen Cocktail als Motiv darauf war. Es war frech und sah gleichzeitig nach Urlaub aus, auch wäre es eine nette Abwechslung zu den Farben, die ich mir bisher sonst immer gekauft hatte. Unschlüssig sah ich das Set an, doch dann beschloss ich, wieder mutig zu sein. Ich suchte mir die Größe heraus, von der ich vermutete, dass sie mir passen würde und hielt mir das Höschen an die Hüfte. Auch diese Kontrolle sagte: Ja, das könnte funktionieren. Der BH hatte auch die richtige Körbchengröße und er gefiel mir sehr gut. Zufrieden nahm ich meine Fundsachen und wanderte damit zu Dean herüber. Dieser stand noch immer bei den Hosen und hatte bereits eine in der Hand, eine Art dunkle Jeans, doch er schien sie mit einer anderen Hose zu vergleichen. „Ah, gut, dass du kommst“, sagte er und hielt die Hose an mich heran. Wieder sagten meine Hüften ja, soweit ich es erkennen konnte. Auch Dean schien beeindruckt zu sein. „Die Jeans steht dir echt gut. Du bist wohl nicht für so Girlie-Kram gemacht, oder?“, fragte er direkt und ich nickte ein wenig. „Ja, Hosen stehen mir besser, Röcke und Kleider sehen dagegen echt seltsam aus an mir …“ Dean schien das aber weder sonderlich zu stören noch zu beeindrucken. „Solange du dich wohl fühlst, ist doch alles ok. Darauf kommt es doch bei Kleidung an, nicht wahr?“, sagte er und reichte mir die Hose. „Bist du fündig geworden?“, fragte er mich und ich nickte ein wenig. Dann sah er sich um und deutete auf das andere Ende des Ladens. „Gut. Dann zieh dich um und wir sehen, ob wir das richtige erwischt haben oder nicht.“   Mit schnellen Schritten machten wir uns auf dem Weg zu den Umkleidekabinen. Einfach kurz reingehen, die Sachen probieren und im besten Fall würde alles passen. Nicht perfekt, aber gut. Das würde mir schon reichen. Zumindest nahm ich es mir so vor, in der Theorie. In der Praxis wurde ich durch etwas, was mir im Seitenwinkel in den Blick fiel, ausgebremst. Sofort drehte ich mich zu der Sache, die meine Aufmerksamkeit gefangen hatte und steuerte direkt auf sie zu. Dean hatte das ebenfalls mitbekommen und folgte mir. „Was ist los, hast du noch was gefunden?“, fragte er und war ein wenig verwirrt über mein Verhalten. Doch ich sah nur das Objekt an, es war ein schwarzer, langärmeliger Pulli mit Bunny aus Sailor Moon darauf zu sehen, mit unbekannten japanischen Schriftzeichen darauf. Als ich ihn umdrehte, konnte ich dagegen Sailor Moon selbst sehen, die gerade mit den Fingern das Victory-Zeichen zeigte. Sofort war ich von dem Pulli begeistert. „Jetzt zeig schon, was hast du da?“, fragte Dean nun leicht ungeduldig. Ungläubig, so einen coolen Pulli gefunden zu haben, zeigte ich ihm diesen. Dean sah das Motiv kurz an, dann auch die Rückseite und nickte beeindruckt. „Du magst Animes?“, fragte er mich und ich nickte eifrig. „Ja, ich gucke gerne Animes, seit meiner Kindheit schon. Und Sailor Moon ist einer meiner allerersten Animes gewesen“, sagte ich und lächelte den Pulli an. Von allen Dingen, die ich bisher in diesem Laden gesehen habe, gefiel er mir am besten. „Ich sehe, du hast nicht nur bei der Musik guten Geschmack“, sagte Dean und ich hatte das Gefühl, dass es nun zwei ideale Bedingungen dafür gab, weshalb wir Freunde werden könnten. Er nahm den Pulli aus meiner Hand und schob mich in die Richtung der Umkleidekabinen zurück. „Hey, hör zu, ich habe einen Deal für dich. Du probierst diese Sachen und wenn dir alles passt, dann bekommst du den hier von mir noch dazu“, sagte er und hob den Pulli hoch. Da dieser an sich recht weit zu sein schien, hatte ich bei ihm keine Bedenken, dass er mir passen würde. Doch bei dem Rest, den ich in meinen Händen hielt … Ich schluckte meine Bedenken herunter und ging mutigen Schrittes in die Umkleidekabine hinein. Sofort begann ich mich, bis auf meine Unterwäsche auszuziehen und zog die neue mit dem netten Cocktaildesign drüber. Zu meiner Überraschung und meiner Freude passte beides, auch wenn es sich ein wenig merkwürdig anfühlte, zwei BHs übereinander zu tragen. Schnell zog ich sie wieder aus und schlüpfte in das ACDC Shirt hinein, welches Dean für mich ausgesucht hatte. Glücklicherweise passte es mir und fühlte sich auch sehr angenehm zu tragen an. Das war ein weiterer positiver Pluspunkt. Ich blickte auf den Stuhl, das letzte Teil, das ich bis zum Schluss vermieden hatte, lag dort. Wartete darauf, von mir anprobiert zu werden. Nervös nahm ich tief Luft, nahm die Hose an mich und steckte meine Beine hinein. Wie schon so oft, erwartete ich auch dieses Mal, dass bei meinen breiten Oberschenkeln Schluss sein würde, dass ich die Hose nicht drüberziehen können würde … doch es passte. Zwar nicht zu 100% flüssig, aber ich bekam sie drüber und konnte sie auch ganz bequem an meiner Hüfte zumachen. Ungläubig starrte ich an mir herunter, kaum, dass ich die Hose verschlossen hatte. „Wow, das sieht wirklich gut aus und es passt sogar!“, sagte ich fröhlich und freute mich im Inneren noch mehr, als ich es außen zeigte. Nur meine funkelnden Augen verrieten das hohe Maß an Freude, das in mir brodelte. „Dann komm raus und zeig es mir“, sagte Dean und ich wollte ihn nicht so lange warten lassen, also schob ich den Vorhang meiner Kabine zur Seite und kam zu ihm in den Flur hinaus. Dean musterte mich ganz genau, erst von vorne, dann von hinten. Dann kam er wieder nach vorne, nickte immer wieder zufrieden und klopfte mir dann auf den Rücken. „Gut gemacht, du hast dir den Pulli wirklich verdient. Die ganze Angst, die du da geschoben hast, war unnötig“, sagte er und ich wusste, er wollte mir damit nur auf seine Art aufbauen, daher ließ ich es zu. Gleichzeitig wurde mir damit auch bewusst, dass es mir wohl sehr deutlich im Gesicht gestanden haben musste, wie ich mich beim Betreten der Umkleidekabine gefühlt hatte. „Steht dir auch gut, vor allem das Shirt. Es passt einfach zu dir“, sagte er und drückte mir den Pulli in die Hand. „Meinst du, ich kann die Sachen auch gleich anbehalten? Ich meine, ich würde daheim dann noch die Unterwäsche austauschen, also nicht daheim, aber in dem Zimmer, in dem wir grad übernachten“, begann ich wie ein Wasserfall zu reden, doch Dean zuckte nur mit den Schultern. „Klar, ich denke, das sollte kein Problem sein, solange wir damit zum Bezahlen gehen“, meinte er und deutete auf die Sachen, die noch in der Umkleide lagen. „Dann solltest du aber auch schnell in deine neue Unterwäsche wechseln und deine alten Sachen hier nicht vergessen.“ Da ich befürchtete, dass das passieren könnte, war ich dankbar für Deans Hinweis und verschwand schnell wieder hinter dem Vorhang, damit ich das mit den beiden Dingen schnell nachholen konnte. Von der Unterwäsche riss ich vorsichtig die Preisschilder ab, bevor ich sie mir überstreifte und nahm all meine alte Kleidung zu einem wirren Knäul gedrückt an mich. Den neuen Pulli dagegen trug ich darüber, damit er nicht unterging.   „Fertig, wir können gehen“, meinte ich und Dean schien damit zufrieden zu sein. Es war ihm wohl recht, dass wir aus diesem Laden so schnell wie möglich wieder verschwanden. Um meinen Eindruck zu untermauern, nahm er mein Handgelenk und zog mich sachte, aber auch schnell zur Kasse, wo er mich neben der Kassiererin parkte. „Wir nehmen einmal das, was sie anhat, bis auf die Socken und Schuhe“, meinte er und ich bemerkte erst jetzt, dass ich immer noch die gleichen Socken trug. Schnell griff ich neben mich in eine Art Grabbelkiste und holte ein paar schwarzer Socken heraus. Diese hatten zum Glück meine Größe. „Nein, die hätte ich gerne noch mit dazu“, sagte ich und Dean zuckte wieder nur mit den Schultern. Die Mitarbeiterin begann dagegen, die Schilder von meinen Sachen zu entfernen und abzuscannen, vermutlich war sie es öfters gewohnt, dass die Kunden ihre neuen Sachen auch gleich tragen wollten. Die Socken würde ich allerdings erst im Impala wechseln können. „Wollen Sie eine Tüte für ihre anderen Sachen?“, fragte mich eine Kollegin von ihr, während die Dame an der Kasse Dean abkassierte. Den genauen Endpreis konnte ich nicht erkennen und ich war mir sicher, wenn ich Dean danach fragen würde, ich würde darauf keine Antwort bekommen. „Das sieht wirklich gut an Ihnen aus“, meinte die Frau und bestaunte mich von allen Seiten. Selbst wenn es nur eine gespielte Höflichkeit sein sollte, so freute ich mich trotzdem darüber. „Danke, das freut mich“, sagte ich und lächelte ein wenig. Ließ es zu, dass es mich zum Lächeln brachte. Gerade, als die zweite Mitarbeiterin alle meine anderen Sachen in einer Tasche verfrachtet hatte, kam Dean mit einer kleineren Einkaufstasche zurück. Darin mussten sich wohl meine Socken als auch der Pulli befinden, den mir die Kassiererin zuvor abgenommen hatte. „Sag mal, Sie und Ihre Freundin, Ihr hättet nicht zufällig Lust, heute Abend mit auf eine Party zu kommen? Es ist eine Beachparty, ein cooler DJ wird kommen und die Getränke sollen auch ziemlich der Hit sein“, sagte sie und sah dabei hauptsächlich Dean an. Ich wusste nicht, ob sie ihn damit versuchte, ein wenig zu bezirzen, aber sie schien dabei keinen großen Erfolg zu haben. Denn wie auch ich, war Dean kein wirklicher Partygänger. Ihn lockte man eher mit anderen Dingen hinter dem sprichwörtlichen Ofen hervor. Dean dagegen sah er mich an, dann wieder die Dame an der Kasse. „Nein, sorry, kein Interesse.“ Die Mitarbeiterin zog eine lange Schnute, verabschiedete sich und suchte dann ihren Weg in den Verkaufsbereich, nur um so schnell wie möglich aus der Situation rauskommen. Erst jetzt fiel mir auf, dass sie mich als Deans Freundin bezeichnet hatte, was ich merkwürdig fand. Es erinnerte mich an die Situation von gestern, als ich schon für Sams Freundin gehalten wurde, doch im Gegensatz zu seinem Bruder hatte Dean keinerlei Anstalten gemacht, den Fehler zu korrigieren. Merkwürdig, als man ihn und Sam verdächtigt hat, ein Paar zu sein, hat er das auch doch auch sofort bestritten und das jedes Mal… Ich konnte mir keinen Reim darauf machen und wollte ihn das jetzt auch nicht extra fragen. Stattdessen folgte ich ihm zum Impala und machte es mir wieder auf dem Beifahrersitz bequem. Dieses Mal, ohne auf seine Einladung oder Aufforderung zu warten. „Danke, dass wir nicht zu der Party gehen, das ist nicht so meins“, sagte ich dankbar, während ich schnell meine Socken austauschte und die alten in der größeren Tüte verfrachtete. Beide Tüten legte ich dann auf den Rücksitz, damit sie vorne nicht zu sehr störten. „Kein Thema, meins ist es auch nicht“, sagte Dean und startete das Auto. „Thunderstruck“ begann zu laufen, wie passend. „Das richtige Lied zu deinem T-Shirt“, fiel Dean grinsend auf und begann damit, sein geliebtes Baby auszuparken. „Ja, das ist wirklich“, sagte ich und lehnte mich zurück. Ich hatte keine Ahnung, wohin Dean mit mir als nächstes fahren würde, aber ich würde mich einfach überraschen lassen. Irgendwas hatte er bestimmt im Kopf. Und das ließ er mich auch wissen. „Du musst wissen, ich verbringe meine Zeit lieber mit dem einen oder anderen guten Bier in einer gemütlichen Bar, am besten eine, die auch die richtige Musik am Laufen hat. Wie siehst du das, Lust auf ein Bierchen?“ Ich sah auf die Uhr, es war mittlerweile früher Nachmittag geworden und ich spürte, wie ein kleines Hungergefühl in mir aufstieg. „Wenn ich dazu auch einen Hamburger haben könnte? Der von dir heute Morgen sah echt lecker aus“, sagte ich und ich spürte, wie mir das Wasser im Mund zusammenlief. Dean sah mich überrascht an, dann wieder zur Straße. „Hamburger und Bier? Ich denke, das lässt sich machen“, sagte er und fuhr mit mir die Straße entlang. Mit mir, ACDC und der Aussicht auf einen gemütlichen Aufenthalt in einer Bar, in welcher wir zusammen eine gute Zeit haben würden. Zumindest ging ich davon aus und ich war überzeugt, Dean ging es genauso. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)