Fünfmal Weihnachten von FreeWolf (Ein Adventskalender mit Mut zur Lücke) ================================================================================ Kapitel 3: Dreimal Vorweihnachtszeit ------------------------------------ Kai war kein Morgenmensch; außer seiner Mutter wusste das kaum ein Mensch. Er blinzelte angestrengt auf seinen Wecker, der ihn zum wiederholten Male daran erinnerte, dass er aufstehen und sich für sein Praktikum bereitmachen musste. Der Silberhaarige gab ein unwilliges Geräusch von sich, während er seinHandy vom Nachttisch nahm und mit einem Wischen über den Bildschirm zum Schweigen brachte. Er blinzelte, schon etwas wacher, auf das Display; das Icon seines Messengers kündigte eine Nachricht von Yuriy an.   03:52 Yuriy: (Selfie aus dem Bett: Yuriy ist bis zur Nase zugedeckt, die Augen hängen auf Halbmast) Yuriy: Ich will nur noch schlafen.   06:42 Kai: (Selfie aus dem Bett: Von Kai sind nur ein wuscheliger Haarschopf und seine Augen zu sehen) Kai: Ich will nicht aufstehen   Das vorsichtige Klopfen seiner Mutter riss ihn wenig später doch aus dem Bett; es dauerte nicht lange und Kai ließ sich noch in seinen Schlafshorts und T-Shirt auf seinen üblichen Platz am Esstisch sinken, seiner Mutter gegenüber. Sie tranken schweigend Tee, bis Soichiro aus seinem Zimmer gerollt kam. Er navigierte seinen Rollstuhl ans Kopfende des Tisches, wo Misaki ihm bereits Tee einschenkte. Kais Handy vibrierte in seinem Schoß. Er ignorierte den strengen Blick seiner Mutter, während er die auf die neue Nachricht tippte, um sie zu lesen.   07:00 Yuriy: Wenigstens leiden wir gemeinsam. :*   07:03 Kai: Solltest du nicht noch schlafen?   Ein missbilligendes Räuspern vonseiten seines Großvaters brachte Kai in die Realität zurück. Sie maßen einander für einen langen Moment mit Blicken, ehe Kai aufstand und wortlos an ihm vorbeiging. Er hörte Soichiro etwas Abfälliges über „die Jugend von heute“ und „kein Respekt“ murmeln und verdrehte die Augen.   07:05 Yuriy: Was ist Schlaf?   07:12 Kai: Laut Urban Dictionary solltest du schlafen gehen, wenn du „sleep“ nachschlägst.   07:13 Yuriy: LOL Yuriy: (Foto eines verschlafenen Yuriy, Haare im kurzen Pferdeschwanz, in einem blauen Hemd, der konzentriert in seine Tee-Tasse starrt) Yuriy: Borya sagt ich kann bald die Zukunft aus meinem Tee lesen wenn ich sie weiter anstarre.   Kai trottete nach einem kurzen Zwischenstopp im Badezimmer lustlos zu seinem Schrank und suchte nach geeigneter Kleidung für die Arbeit in der Firma seiner Familie. Er machte das Praktikum nicht gerne, aber es brachte Geld und Berufserfahrung ein. Er zog sich seufzend den Anzug an, knöpfte das Hemd mit einer Hand zu, während er mit der anderen eine Antwort an seinen Freund tippte.   07:18 Kai: Siehst du darin, wann ich dich besuchen komme?   07:22 Yuriy: Hoffentlich bald, sagt der Tee. Er ist auch noch nicht so ganz wach.   Kai überlegte kurz, ehe er sich nach einem Blick auf die Uhr – er hatte noch genug Zeit, bevor seine Mutter und sein Großvater bereit waren, in die Firma zu fahren – einmal durchs Haar fuhr und sich vor den Spiegel stellte. Er versuchte lässig zu wirken, atmete tief ein und aus und schoss gefühlt fünfzig Bilder von sich im Anzug, bis er eines hatte, auf dem er nicht seltsam beleuchtet war oder eine dumme Grimasse schnitt.   07:34 Kai: (Selfie von sich im dunklen Anzug, eine Hand lässig in die Hosentasche gesteckt, das weiße Jackett lässig offen gelassen. Er grinst sein Spiegelbild schelmisch an)   Sein Handy vibrierte in dem Moment, als Misaki nach ihm rief, und Kai kam erst gefühlt eine Ewigkeit später dazu, überhaupt die Antwort zu lesen, die der Rotschopf ihm geschickt hatte. Seine Mutter bestand darauf, dass er in jeder ihrer Abteilungen einige Zeit arbeitete, um ihre Abläufe kennenzulernen. Hinter ihm lag also eine Einführung in seine neuen Aufgaben, er hatte seinen neuen Arbeitsplatz in der Buchhaltung bezogen und mehrere Kartons an Unterlagen, die er während der nächsten Tage sortieren sollte, vor sich. Er schielte kurz in Richtung seines momentanen Vorgesetzten – der Chefbuchhalter war scheinbar ein schwarzer Magier mit Zahlen –, ehe er unauffällig sein Handy aus der Tasche zog.   07:35 Yuriy: Das hat meinen Tag definitiv besser gemacht. Danke.   10:32 Kai: Ich kann ihn noch besser machen.   10:35 Yuriy: Wie? Stehst du gleich vor der Schule und nimmst mich mit?   10:36 Kai: Leider nicht. Würde es dich trösten zu wissen, dass ich keine Unterwäsche trage?   Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)