Das mörderische Krimidinner von REB ================================================================================ Kapitel 3: Das Dinner beginnt ----------------------------- Kapitel 3. Das Dinner beginnt Helena: Unsicher beobachtete ich Rafael. Dieser musterte den Mann an der Spitze der Tafel so, als wollte er ihn am liebsten den Hals umdrehen. Die zwei Männer schienen sich wirklich nicht zu mögen, doch der Grund offenbarte sich mir nicht. In diesen Moment fiel mir noch etwas Zweites auf. Die Frau in den knappen roten Kleid, welche mir direkt gegenübersaß betrachtete prüfend ihr Besteck. Nach kurzen zögern reichte ich ihr meine Servierte, welche auf dem Teller lag. „Hier bitte.“, sprach ich sie an. Erst danach blickte sie mich verdutzt an, dann nahm sie das Seidentuch entgegen. „Danke, aber was soll ich damit?“, wollte die Fremde von mir wissen. Was mich innerlich fluchen ließ. Hatte ich so falsch gelegen? Offenbar schon. „Ich dachte Sie würden Gift am Besteck vermuten. Mit dem Tuch können Sie es abwischen.“, erklärte ich ihr meine Intention, woraufhin sie mir ein Lächeln schenkte und Anfing ihr Geschirr mit dem Tuch zu reinigen. Daraufhin stupste mich mein angeblicher Großvater an der Schulter an. „Ich weiß du willst helfen, aber du musst dich zurückhalten. Eine derartige Aussage könnte man dir negativ auslegen.“ Er sprach so leise, dass es mir schwer fiel ihm zu verstehen. „Ist gut.“, entgegnete ich artig und betrachtete die anderen Personen am Tisch. Neben der Frau in Rot waren noch drei Männer dazu gekommen. Auch wenn ich nicht gut darin war das Alter einer Person zu schätzen, wirkten alle drei mindestens zwanzig Jahre älter als ich. Wir sollten ein Verbrechen aufklären. Wann hatte dieses Delikt stattgefunden? Vor allem um was für eine Straftat genau ging es? In einem normalen Krimidinner ging es meistens um einen Mord. War es in diesem Fall auch so? Für ordentliche Ermittlungen hatte ich schlichtweg zu wenige Informationen. „Am besten stellt sich ein jeder vor ehe wir mit dem Essen beginnen“, schlug der Unbekannte neben mir vor. Rafael schien von dieser Idee so überhaupt nicht begeistert zu sein. Vielleicht war das nicht die schlechteste Idee. So könnte ich mir einen besseren Blick über die Personen dort verschaffen. „Dann fang doch an.“, giftete mein angeblicher Großvater. Dafür, dass er vorhin noch so lieb zu mir war, verhielt er sich in diesen Moment überraschend garstig. „Bitte, mein Name ist Andreas. Ich arbeite bei der Mordkommission, dieser grantige Mann ist mein ehemaliger Kollege.“ Er machte eine melodramatische Pause in der er auf Rafael deutete. Sie kannten sich also wirklich. „Zu mir gibt es ansonsten eigentlich nicht viel zu sagen. Daher würde ich an meine bezaubernde Sitznachbarin abgeben.“ Mit einer Hand deutete er auf die Frau im roten Kleid. Ich runzelte die Stirn. Wahrscheinlich tat ich ihn damit unrecht. Die Fremde wirkte ein bisschen erschrocken. So als hätte sie nicht erwartet als nächstes an der Reihe zu sein oder sie war schlichtweg davon überfordert bezaubernd genannt worden zu sein. Diese Situation war wirklich nicht geeignet um seltsame Komplimente zu machen. „Mein Name ist Jorina Grim. Ich bin Biologin, verheiratet und Mutter von zwei Kindern.“, stellte sie sich vor. Interessant, die Frau hatte Kinder? Wie war sie wohl darin verwickelt? Ob sie wohl die Täterin war oder vielleicht eine Zeugin die sich bestechen ließ oder war ihre Anwesenheit zur Ablenkung gedacht? „Das ist irgendwie albern, aber bitte. Wenn es hilft. Mein Name ist Thomas und ich bin Kunsthändler.“, stellte sich der Sitznachbar vor. Ich betrachtete ihn genauer. Er wirkte seriös, so als könnte er in einer Bank oder so arbeiten. Auf den ersten Blick war es mir nicht möglich ihn in irgendeiner Art und Weise einzuschätzen. Es gab noch einen Mann, welcher an der längeren Seite des Tisches saß. Er wirkte so als wäre er mindestens doppelt so alt wie ich. Das auffälligste an ihm war die Brille. An sich war sie ganz normal, doch er war die einzige Person am Tisch welche eine besaß. Ich schaute in die Runde in der Hoffnung etwas in der Mimik der anderen sehen zu können. Die meisten sahen in die Richtung. So als erwarteten sie, dass er sich ebenfalls vorstellte. Mehrere Sekunden herrschte absolute Stille. Schließlich stöhnte der Mann lauthals. „Was soll der Kindergarten? Ach meine Fresse, ich bin Herman. Jetzt zufrieden?“, keifte der Mann weiter. Diese gute Laune war ja richtig Ansteckend. Ob das eine Masche war, um späteres Verhalten zu rechtfertigen? Ich konnte es nicht sagen. „Mein Name ist Cindy und ich werde bald die bekannteste Schauspielerin sein.“ Sie warf theatralisch eine Haarsträhne zurück und warf einen Handkuss in unsere kleine Runde. Verwundert runzelte ich die Stirn. Ähm gut, wieso auch nicht? Ich betrachtete die Blonde, welche am anderen Tischende saß. Sie wirkte deutlich jünger, als die meisten anderen hier am Tisch. Nun wo ich die Frau so betrachtete kam mir eine Frage in den Sinn. War es möglich, dass sie nur wegen ihrer großen Oberweite gefangen wurde? Nein, wahrscheinlich tat ich ihr unrecht und war schlichtweg neidisch. „Mein Name ist Maria. Ich arbeite in einer Bäckerei.“, stellte sich die Frau in dem rosa Kleid noch einmal vor. Sie klang gefasst und machte einen netten Eindruck auf mich. Nur war diese Vermutung nicht gerade aussagekräftig. Über mehr als genug Serienmörder sagten die Nachbarn genau dasselbe aus. Nach dem diese gefasst wurden. „Mein Name ist Rafael und dies ist meine Enkelin Helena.“, sprach Rafael für uns beide. Er deutete auf mich und ich nickte leicht. Ohne etwas näher dazu zu sagen. „Kann deine Enkelin nicht für sich selber sprechen?“, hakte Andreas nach. Wobei er das Wort „Enkelin“ ungewöhnlich betonte. Wortlos blickte ich zu ihm und sah dann auf den Teller. „Ich glaube nicht, dass du dir darum Gedanken machen musst, verehrter Kollege.“, antwortete mein angeblicher Großvater. „Er hat Recht. Es gibt wirklich wichtigere Dinge auf die wir uns konzentrieren sollten. Zum Beispiel diesen Fall, welchen wir lösen sollen.“, warf Maria ein und blickte in die Stunde. Das stimmte schon, schließlich waren wir ohne wirkliche Informationen in den Fall geschmissen worden. Lediglich, dass es einen Fall gab und ich ihn lösen musste. „Wie soll das gehen? Toll, wir haben nur gesagt bekommen, dass es einen Fall gibt. Wir wissen nicht um was es genau geht.“, sprach Cindy meine Gedankengänge laut aus. „Da stimme ich ihr zu. Ist es ein Einbruch, Körperverletzung, Geldfälschung, Raub, Entführung oder Mord?“, dachte Andreas den Fall weiter und griff nach einen der Brote. Dieses betrachtete er, so als war er sich nicht sicher ob er es essen sollte. In diesen Augenblick kam mir ein Gedanke. In einem regulären Krimi Dinner, einem das man im Internet kaufen konnte, ging es immer um einen Mord. Zumindest in den Teilen die ich gekauft hatte. Ich tippte Rafael an. Dieser beugte sich etwas in meine Richtung, sodass ich ihm etwas in Ohr flüstern konnte. So leise wie möglich, flüsterte ich ihn meine Vermutungen ins Ohr. Der ältere Mann hörte mir zu und nickte leicht. „Verstehe, da könntest du nicht ganz Unrecht haben.“, antwortete er mit leiser Stimme. „Was soll das ganze Überhaupt? Wieso wir? Weshalb wurden wir alle an diesen Ort entführt?“, erkundigte sich Thomas lautstark. „Ganz ehrlich. Wäre die Kleine nicht wüsste ich weshalb die Frauen entführt wurden.“, spottete Herman. Erst nach mehreren Sekunden wurde mir klar was genau er damit sagen wollte. Als es mir bewusst wurde verdrehte ich lediglich die Augen. „Das ist nicht der richtige Zeitpunkt für solche Bemerkungen. Wir sollten konstruktiv überlegen wie zur Hölle wir rauskommen.“, warf Andreas ein. Ein paar Sekunden herrschte eine drückende Stille zwischen den Anwesenden. „Ich denke es geht um Mord.“, meldete sich mein angeblicher Großvater schließlich zu Wort. Womit er sich die Aufmerksamkeit aller sicherte. Jeder starrte ihn an, doch kaum einer sagte etwas zu seiner Hypothese. „Sind Sie sich sicher? Vor allem wie kommen Sie darauf?“, fragte Thomas leicht verwundert nach. „Nun so ein Krimidinner kann man ganz regulär kaufen und nachahmen. In solchen Fällen geht es immer um Mord.“, erläuterte Rafael seine Aussage. Er blieb dabei unglaublich gelassen, während er den Fragenden genau musterte. Zufällig blickte ich genau im richtigen Moment in Andreas Richtung. Dieser starrte angewidert zu meinem angeblichen Großvater. Nur für einen kurzen Augenblick. Dann wurde sein Gesichtsausdruck wieder ruhig. Für ein paar Sekunden meinte ich es mir nur eingebildet zu haben. „Das kann man kaufen? Ist das ein Spiel oder was? Wie Monopoly?“, fragte Cindy sichtlich herablassend. „Scheint so.“, antwortete Maria. Während mir die Art wie sie die wenigen Worte aussprach mir Rätsel aufgaben. Sie sprach leise und in einer ruhigen Stimme. Sie schien sich bei jedem einzelnen Wort genau Gedanken zu machen. Weshalb war sie so derart darauf bedacht? „So und was machen wir nun? Hier rumsitzen und essen?“, wechselte Herman aufgebracht das Thema. Das war ein guter Einwand. Wir mussten etwas tun, doch was? Zögerlich griff ich nach einem dritten Brot mit Käse. Es hatte einen kräftigen, würzigen Geschmack, welcher mir nicht so ganz zusagte. Dennoch aß ich den kleinen Happen komplett auf. „Wir sollten uns etwas in der Gegend umsehen. Wir sollen einen Mörder finden, also brauchen wir hinweise.“, schlug Maria vor. „Dann teilen wir uns auf. Wieso bilden die beiden Bullen nicht ein paar.“, rief Herman. Wahrscheinlich interpretierte ich nur zu viel dort hinein, doch auf mich machte er einen sehr nervösen Eindruck. „Nur über meine Leiche. Mit diesem Manne werde ich unter gar keinen Umständen ein Team bilden.“, rief Rafael aufgebracht. „In diesen Fall würde ich mit Jorina ein Team bilden oder gibt es irgendwelche Einsprüche?“, konterte Andreas. Er klang nicht so als hätte er vor mit meinen angeblichen Großvater eine Gruppe zu bilden. Was wohl der Grund war weshalb die beiden so auf Kriegsfuß standen? „Ich würde mich mit Cindy umsehen.“, rief Maria in einem hektischen Tonfall. Auf mich machte sie den Eindruck, als wollte sie um jeden Preis verhindern mit einer bestimmten Person in ein Team zu kommen. Nur wer könnte es sein? Herman schien eine aufbrausende Person zu sein, doch vielleicht war es nur die Nervosität? Wir alle machten uns Sorgen, doch er wirkte auf mich fast noch ängstlicher als die anderen. Oder doch Thomas? Einen Mann über den ich keine Meinung hatte. Er schien jemand zu sein, der seine Emotionen gut im Griff hatte. Was es schwerer machte sein Verhalten zu deuten. Vielleicht kam diese Eigenschaft von ihm, weil er als Kunsthändler arbeitete. Da musste man sicher viel Verhandeln. „Bitte, warum nicht? Besser als mit diesen Rentnern.“, antwortete die blonde Frau in einem aufbrausenden Tonfall. Plötzlich gingen alle Türen auf einmal auf. Wie von Geisterhand könnte man meinen. Oder ein gut vernetztes Haus. Von meinem Platz aus, konnte ich ein Raum erkennen, welcher von den Schränken her ein Archiv oder eine Leichenhalle sein könnte. Vorsichtig deutete ich auf den Raum und Rafael nickte mir zu. „Das ist eigentlich keine so schlechte Idee“, antwortete dieser und wir gingen schon einmal los. Der Raum war groß und voller Regale. Es handelte sich um ein wahres Labyrinth. Ich betrat als erstes die Tür. Rafael folgte mir mit wenig Abstand. Während ich stehen blieb betrachtete er die Schränke. Diese entpuppten sich als klobige metallene Aktenschränkte. Plötzlich hörte ich ein verdächtiges Geräusch hinter mir. Ein Blick zurück bestätigte meine Theorie. Die Tür war geschlossen und wahrscheinlich nicht durch einen Windzug oder dergleichen. „Also doch“, flüsterte ich mit einer gewissen Zufriedenheit. Diese wich jedoch schnell als ich ein leises knacken hörte. Fast wie wenn jemand die Tür abgeschlossen hatte. „Irgendjemand steuert von einem anderen Ort aus die Türen.“, sprach Rafael meine Vermutung noch einmal laut aus. „Ja, dass denke ich auch. Nicht wirklich verwunderlich, wenn man das bisherige Verhalten unserer Entführer bedenkt. Hier ist alles geplant. Diese Leute überlassen wahrlich nichts den Zufall.“, stimmte ich ihm zu. Da waren wir uns einig. „Aber eigentlich ist das keine so schlechte Sache. So können wir uns erst einmal überlegen was wir wissen.“, fasste Rafael die Vorzüge der Trennung von der Gruppe zusammen. Da hatte er Recht. Egal was ich sagte. Der Mörder würde es nicht mitbekommen. Außer Rafael wäre es. Vorstellen konnte ich es mir nicht und inzwischen betete ich, dass er es nicht war. Sollte ich es drauf ankommen lassen? Eine andere Wahl blieb mir eigentlich nicht. „Insgesamt sind wir zu acht. Ein Detektiv und ich nehme an einen Mörder. Sechs weitere Personen, deren Rollen nicht näher beschrieben sind. In einem normalen Krimi Dinner läuft das anders.“, stellte ich fest und blickte mich in den Raum um. Der ältere Mann rüttelte an der Tür und schüttelte schließlich den Kopf. Er murmelte etwas von, dass es ja zu erwarten wäre, bevor er sich wieder an mich wandte. „Wie würde ein normales Krimi Dinner denn ablaufen?“, erkundigte sich Rafael bei mir. „Es gibt eine Tötung und Teilnehmer die mit dieser Tat zu tun haben. Jeder von ihnen könnte der Schuldige sein. In den Versionen die ich kenne weiß nicht einmal der Mörder, dass er schuld ist. Der Detektiv ist eine Audiodatei auf einer CD. Der Spielleiter verteilt die Hinweise im Laufe des Abends. Diese liefern die Motive der Teilnehmer. Zum Schluss äußert jeder seinen Verdacht und es gibt eine Abstimmung. Dann löst der Detektiv den Fall auf.“, schilderte ich den normalen Ablauf eines Krimi Dinners. Mein Gesprächspartner nickte leicht. Anschließend runzelte er leicht die Stirn. „Interessant. Gibt es in einem normalen Krimi Dinner auch etwas zu essen?“, erkundigte sich Rafael bei mir. „Ja, ein drei Gänge Menü. Ein Salat, eine Hauptspeise und ein Nachttisch…Vielleicht sollten wir uns etwas hier umsehen.“, schlug ich vor und trat zu einem der großen Schränke. Sie waren beschriftet. Offenbar war bei der Tür der Anfang mit dem Buchstaben A. „Wir sollten uns aufteilen und versuchen die Personen zu finden die hier Anwesend sind.“, schlug Rafael vor. Ich nickte und wir teilten uns auf. Als erstes suchte ich nach meiner eigenen Akte. Diese war überraschend dünn. Egal was diese Leute über mich wussten. Viel konnte es nicht sein. Gut, über mich gab es im Grunde auch nicht viel zu sagen. Nüchtern betrachtet war ich eine sehr langweilige Person. Danach fand ich die Akte von Jorina. Aus reiner Neugier schlug ich diese auf. Nach schnellen durchlesen fiel mir etwas Interessantes aus. Es gab einen Lebenslauf und einige Kopien von Dokumenten. Jedoch wurde mir schnell etwas bewusst. Ihre Akte war unvollständig. Es war als würde ihr Leben erst mit der Ehe beginnen. Davor gab es nichts. Könnte dahinter mehr stecken? Eine entscheidende Information, welche uns noch vorenthalten wurde oder lediglich eine miese Finte des Entführers? Eine falsche Spur um von dem wahren Täter abzulenken? „Diese Akte ist unvollständig.“, informierte ich Rafael. Dieser nickte interessiert. „Spannend, darf ich einmal sehen?“, bat er darum. Ich reichte ihm diese. Mein angeblicher Großvater schaute sie sich mit gerunzelter Stirn genauer an. Dann reichte er sie mir zurück. Auch er war fündig geworden. Keiner von uns sagte ein Wort. Wir beide machten uns Gedanken darüber was dies zu bedeuten hatte. In diesen Moment ging die Türe wieder auf. Wie auf Kommando nickten Rafael und ich uns zu. „Wir sollten gehen. Diese Türen wurden nicht grundlos geöffnet.“, sprach Rafael meinen Gedanken laut aus. Damit hatte er absolut Recht. Jorina: Die kleinen Happen taten mir sehr gut. Besonders, wenn man bedachte wann meine letzte Mahlzeit war. Nach der Vorstellungsrunde und der Diskussion wer mit wem die Räumlichkeiten nach Hinweisen durchsuchen würde schlossen sich die Türen wie von selbst auf. Es waren so viele Eindrücke sodass ich erst als letzte mich vom Platz erhob. Helena und ihr Großvater machten sich auf. Als sie jedoch den neuen Raum betraten fiel die Tür krachend zu. Erschrocken fuhr ich zusammen. Mehrere Sekunden starrten wir uns einfach nur an. Keiner schien zu wissen was zu tun war. Schließlich stand Andreas auf und ging zum verschlossenen Eingang. Dort rüttelte er an der Türklinke und schüttelte schließlich den Kopf. „Es geht nicht auf“, stellte er überflüssigerweise fest. Auch als wir versuchten sie mit Worten zu erreichen um uns zu versichern, dass es ihnen gut geht kamen wir nicht weiter. Ich untersuchte das Schloss und bemerkte, dass ich es nicht öffnen konnte. Es handelte sich um eine elektronische Verrieglung. Eine die man wahrscheinlich nur im Kontrollraum beeinflussen kann. Hektisch berichtete ich den anderen von meiner Einschätzung. Diese wurde von Thomas bestätigt. Ängstlich blickte ich zum Eingang. Hoffentlich ging es dem Mädchen und ihrem Großvater gut. Schließlich waren sie nur zu zweit dort drinnen. „Ich glaube nicht, dass den beiden etwas geschehen ist. Immerhin wollen sie uns lebend“, beruhigte uns Andreas. „Da kann man nicht sicher sein“, merkte ich düster an und dachte an meine Familie. Sollte ich falsch handeln würde es ihren Tod bedeuten. Meine Hände begannen zu zittern. Um das zu verbergen verschränkte ich meine Arme. Ich starrte die Tür noch eine Weile an und ich fragte mich wie es dazu kam, dass man ein so junges Mädchen wie Helena dabeihaben musste. War sie nur als Druckmittel da um ihren Großvater zu zwingen mit zu machen? Oder waren ihre Eltern das wahre Druckmittel? So viele Vermutungen und keine klaren Antworten. Nach einer mehr oder weniger erfolglosen Diskussion kamen wir zu dem Schluss, dass es nichts bringen würde, wenn wir weiter vor dieser Tür standen. Daher betraten ich und die anderen drei Männer eine Art Wohnzimmer. Eines mit einem prasselnden Kamin sowie zwei roten Sofas mit einem Tisch dazwischen. In mir trat eine gewisse Hemmung auf einzutreten. Wollte man uns trennen und in den verschiedenen Räumen einsperren? Als Andreas eintrat ohne dass etwas geschah wagte ich es ihm zu folgen. Meine Hände strichen über den Bezugsstoff der Sofas und verharrten. Die Entführer besaßen eindeutig viel Geld und wahrscheinlich Einfluss. Ob es uns gelingen würde aus deren Fängen zu entkommen? Nun wurde auch dieser Raum untersucht. Nach kurzem umsehen schnappte ich mir einige Bücher aus den Regalen und untersuchte sie nach hinweisen. Leider beinhaltete keines dieser dicken Wälzer eine geheime geschriebene Nachricht. Zumindest keines von denen die ich oder Andreas uns ansahen. Kurz blickte ich nach was die anderen taten. Genau wie ich schaute Andreas in den Büchern nach. Thomas dagegen schien besonders in die Ecken etwas zu vermuten. So gründlich wie er diese musterte. Herman hingegen nahm den Wohnzimmertisch genauer in Augenschein. Eventuell vermutete er ein paar versteckte Akten darunter geklebt. Nachdem wir gefühlt alles doppelt und dreifach abgesucht hatten im Raum steuerte ich die nächste Türe an. Kurz davor stoppte ich und sah hinein. Soweit ich es erkannte befand sich ein Wohnzimmer vor mir. Als ich auch hier nichts Besonderes bemerken konnte suchte ich noch zwei weitere Räume auf. Bei den handelte es sich um ein Bad und ein Schlafzimmer. Gerade als ich wieder zu den anderen im Kaminzimmer dazu stieß sprach mich Thomas an und schob mich zur Seite. „Komm mit“, flüsterte er und deutete an ihm zu folgen. Wie um seine Worte zu unterstreichen griff er nach meiner Hand und zog mich wieder zurück ins Schlafzimmer. Dort schloss er die Tür hinter uns. Instinktiv horchte ich auf das Geräusch einer Verriegelung. Dies trat jedoch nicht ein. „Ich weiß wer du bist Jorina, beziehungsweise wer du einmal warst“, fing er direkt an. Was mich sofort einen Schritt zurückweichen ließ. „Was meinen Sie?“, blockte ich ihn irritiert ab und versuchte Abstand zwischen uns noch etwas mehr zu vergrößern. „Hast du deine Vergangenheit so sehr verdrängt um deinen alten Partner zu vergessen der dir damals half dein Studium besser finanzieren zu können?“ Seine Worte ließen Erinnerungen aufkommen. Erinnerungen die ich nicht ohne Grund tief in meinem Inneren vergraben hatte. Als ich ihn so ansah weiteten sich meine Augen und ich erkannte ihn von damals. Eine leichte röte zierte meine Wangen als ich mich daran entsann wie sehr ich für ihn geschwärmt hatte. „Wie ich sehe habe ich recht“, fuhr er weiter fort worauf ich beschämt nickte. Er betrachtete mich mehrere Sekunden, dann schüttelte er den Kopf. „Wie dem auch sei. Erinnerst du dich noch an den Überfall von damals? Bei dem alten Ehepaar, welcher so gründlich schiefging?“ Er sprach nun leiser und doch wirkte mein ehemaliger Partner nun noch bedrohlicher. Eine Aussage auf die ich nur mit einem weiteren nicken reagieren konnte. Diese ganze Sache zu vergessen war mir trotz all der Zeit nie vergönnt gewesen. „Ja, die zwei waren zu Hause obwohl es hieß sie wären verreist. Du musst mich nicht daran erinnern wie es ausging“, wisperte ich. Es tat mir weh mich an diesen Vorfall erinnern zu müssen. „Der Fall den dieser Detektiv lösen muss. Es könnte um das gehen was damals geschah“, schilderte mir Thomas seinen Verdacht. Es schockierte mich wie gelassen er darüber sprach. Trotz der Tatsache, dass an jenem Tag zwei Menschen starben. Bevor er weiter sprechen konnte wurden wir von Rafael herbeigerufen. Hastig eilte ich ins Wohnzimmer zurück um erleichtert festzustellen, dass es Helena und ihm gut ging. Der Großvater legte auf den leeren Wohnzimmertisch einige Akten hin. „Dies hier sind Informationen welche unsere Entführer über uns gesammelt haben“, teilte uns der alte Mann mit. Cindy nahm eine der Akten aus dem Haufen und runzelte ihre Stirn. Kurzerhand schritt sie zum Kamin und warf diese ins Feuer. Eine Reaktion über die jeder verblüfft schien. „Was? Glaubt ihr über dieses Mädchen gäbe es irgendetwas Erwähnenswertes zu berichten“, spöttelte sie und deutete auf Helena. Rafael nahm die restlichen Akten wieder an sich. Wahrscheinlich um eine Wiederholung zu vermeiden. Als man meine Akte vorführte wurde ich leichenblass. Mit einem Mal realisierte ich wie viele Informationen über mich dort drinnen stehen konnten. Ein kurzer Blick widerlegte diesen Verdacht recht schnell. Zum Glück begann die Akte erst nach meiner Heirat was eine Verbindung mit dieser Tat erschwerte. Nach der Besprechung untersuchte ich das Archiv und fand die Akte mit den fehlenden Informationen. Sie wurde mit meinem Mädchennamen Jorina Stein aufgeführt. Verblüfft bemerkte ich einen losen Zettel. „Glaub ja nicht, dass du deine Akten so leicht zerstören kannst“, hieß es darin. Ich erinnerte mich an die erste Nachricht von den Entführern und mir wurde klar, dass man über meine Vergangenheit mehr wusste als mir lieb war. Ich dachte an Thomas und daran was wäre wenn meine Familie über mein dunkles Geheimnis denken wird. Ob mein Mann mich verlassen würde mit den Kindern? Allein der Gedanke zerbrach mir das Herz. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)