In another life the sea is in the sky (Teil 1) von YoungMasterWei (Searching for the smile of the moon) ================================================================================ Kapitel 3: ----------- Es war ein paar Tage darauf, als die Sonne hoch am Himmel stand und die Hitze die Luft zum Flimmern brachte, dass sie ein ausgetretener Pfad, vorbei an blühenden Hanffeldern, in ein kleines Dorf führte und sie beschlossen dort Rast zu machen. Der Geruch von Färbe hing in der Luft und Yi Ling konnte hier und da die großen Holzzuber erkennen die dafür gedacht waren. Es gab ein winziges Teehaus, gleich am Rand des Weges, unter dessen schattenspendendes Vordach sich Yi Ling setzte und ergeben über die Wärme stöhnte. Da er der einzige Gast hier war, eilte eine Bedienung auch sogleich zu ihm, um ihn nach seinem Wunsch zu fragen, welchen er mit der Bestellung eines roten Tees, einer Schale Wasser und zwei táng hú lu- Spießen (kandierte Weißdornfrüchte) vorbrachte. Mit einem leichten Nicken und dem Hinweis, dass es nicht lange dauern würde, zog die Bedienung sich wieder zurück. Ein Blick auf den abgelegten Beutel zeigte, das Lan Zhan ebenso hervorgekommen war und sich interessiert umsah. Die Hitze schien ihm nichts auszumachen, trotz seines Fells, und er beneidete ihn wirklich darum. Yi Ling raunte abermals erschöpft über dieses Wetter. Ein paar Kinder rannten an ihnen vorbei, im Spiel des sich gegenseitigen Fangen Wollens. Einige Schritte hinter der übermütigen Gruppe ein Junge der kaum mit ihnen schritthalten konnte und den Tränen nahe schien. Ah, es gab wohl immer dieses eine unglückliche Kind, das den anderen nur verzweifelt nachlaufen konnte. Yi Ling schaute etwas melancholisch über diese Szene. Er kannte das Gefühl. Der Junge kämpfte sich mit schwachen, langsamen Schritten an dem Tee-Stand vorbei. Deutlich außer Atem, als er ins Stolpern kam und Yi Ling schon in der Vorahnung, was folgen würde, mitfühlend das Gesicht verzog. Man brachte ihm seine Bestellung an den Tisch und er stellte Lan Zhan die Schale Wasser hin. Der Junge lag einen Moment regungslos am Boden, hatte es ihn der längelang hingestreckt, dass es in der Tat schmerzhaft sein musste. Dann raffte er sich langsam wieder auf. Das Gesicht, wie auch seine etwas abgetragene Kleidung, schmutzig vom Straßenstaub. Seine Knie waren aufgeschürft und das Zittern seiner Lippen, wie auch die wässrigen Augen verrieten, dass er wirklich damit kämpfte nicht einfach los zu weinen. Yi Ling erhob sich, in einer Hand die kandierten Früchte. Der Junge schien ihn nicht bemerkt zu haben. Erst als er vor ihm in die Hocke ging schaute dieser ihn an. „Du bist wirklich tapfer, das du nicht weinen willst, auch wenn es wehtun muss.“, meinte er zu diesem und lächelte aufbauend. Er war gerade dabei ihm die Früchte anbieten zu wollen, als ein energisches „A-Tōng!“, zu ihnen herandrang, das zweifelsohne von einem anderen Kind stammte. Und bevor sich Yi Ling versah, hatte sich der zweite Junge, der ihn mit wilden, warnenden Augen ansah, beschützend vor den anderen geschoben. „Was wollen sie von A-Tōng!“, wurde er angebellt, und Yi Ling konnte nicht anders, als über dessen mutigen Einsatz zu schmunzeln. Die beiden Jungs ließen ihn an Wēn Yuàn denken. Dieser war sicherlich um einiges gewachsen seit er sich das letzte Mal in Xīzhào Shùlín hatte blicken lassen. Er sollte sich wirklich mal wieder die Zeit nehmen und dort vorbeischauen. Es war jedoch erleichternd zu sehen, das A-Tōng doch nicht so abseits der anderen zu stehen schien und wenigstens einen Freund hatte. „Er ist ein taffer kleiner Kerl. Deswegen wollte ich ihm die hier geben.“ A-Tōng schaute nun über die Schulter seines Freundes und beide mit leuchtenden Augen auf die kandierten Früchte. Doch schüttelte der zweite Junge plötzlich vehement den Kopf. „Wir nehmen nichts von Fremden. Und Geld haben wir auch keines.“, ließ man ihn mit fester Stimme wissen, dass es Yi Ling schon beeindruckte, war offensichtlich, dass man die Süßigkeit gern würde haben wollen und sich dennoch vorsichtig gab. „Verstehe.“ Yi ling legte seinen Kopf leicht schief als würde er überlegen. „Ok, also mein Name ist Yi Ling und das dort ist Lan Zhan.“ Er deutete auf seinen Hasengefährten, der ihn kurz anblickte, als er dessen Namen gesagt hatte. „Nun sind wir schon mal keine Fremden mehr, oder?“ Der zweite Junge schaute unentschlossen, aber immer noch skeptisch genug. „Oh, darf man den streicheln?“ A-Tōng schien da weniger zurückhaltend. „Hey, Lan Zhan. Tu ihm den Gefallen, huh? Es würde ihm sicherlich Freude machen.“ Es war nicht oft, dass er diesen Weg in dessen Geist wählte, aber hier schien es angebracht erst zu fragen, bevor Lan Zhan später wieder ewig mit ihm schmollen würde. Dieser zeigte sich ungerührt, das Yi Ling schon ansetzte A-Tōng sagen zu wollen, das dieser Streicheln nicht mochte, als er Lan Zhan´s typisch zurechtweisende Stimme in seinem Kopf vernahm. „Nur Streicheln! Kein Hochnehmen! Kein Gedrücke!“ Yi Ling grinste breit. Also besaß der störrische Kerl doch ein weiches Herz. „Nur zu.“, lies er A-Tōng schließlich wissen, dass dieser mit einem großen Strahlen zu Lan Zhan trappte. Doch als er dann direkt vor ihm stand, schaute er wieder unsicher. Yi Ling merkte das er auf seine schmutzigen Hände sah. „Ich mach ihn nur dreckig“, hörte er diesen murmeln, als er ebenso zu ihnen hinüber ging. „Dann lass mich deine Hände sauber machen.“ Yi Ling nahm den ledernen Wasserbeutel in dem er sein Trinkwasser mit sich führte von seinem Gürtel und öffnete diesen. Der Junge hielt seine Hände ausgestreckt, das er das Wasser darüber laufen lassen konnte und dieser eilig versuchte den Schmutz wegzubekommen. Yi Ling erkannte so etwas wie ein Muttermal an dessen Unterarm, das ihn in der Form an eine bājiǎo (Sternanis) Frucht erinnerte. A-Tōng zuckte ab und an zusammen über die Kratzer auf seinen Handflächen, doch biss er die Zähne zusammen. „Gut.“ Yi Ling zog ein Tuch aus seinem Ärmel das er dem Jungen zum Abtrocknen reichte. Dann holte er eines seiner Papiermännchen aus seiner Brusttasche und tippte es kurz an, dass es nur einen Wimpernschlag Gold aufleuchtete, ohne das es A-Tōng aufgefallen wäre. Er tauschte das Tuch gegen das Männlein. A-Tōng schaute angetan auf die Figur. „Leg es zwischen deine Hände. So hier.“ Yi Ling legte seine eigenen zusammen, als würde er einem Gebet folgen. A-Tōng nickte kurz und tat es ihm gleich. „Nun mach die Augen zu und bitte es das es die Kratzer verschwinden lässt.“, wies er ihn an und auch da folgte ihm A-Tōng recht eifrig. „Ok, du kannst sie wieder öffnen.“ A-Tōng schaute folglich auf seine geöffneten, wieder heilen Hände. Das Männlein war jedoch verschwunden. Es war ein kleiner Zauber, den er sich für A-Yuan hatte einfallen lassen, und reichte auch nur für solch winzige Schrammen aus, doch war es immer wieder eine Freude, solch überraschte Kinderaugen zu sehen. „Wo ist es?“ Es war erheiternd zu verfolgen, das A-Tōng mehr besorgt zu sein schien, wo das Männlein abgeblieben war, als sich zu wundern, dass seine Verletzungen verschwunden waren. „Es hat dir deinen Wunsch erfüllt und schläft nun wieder.“ A-Tōng schien etwas enttäuscht, dass es weg war, doch schaute dieser ihn dann mit Nachdruck an. „Sag ihm Danke.“, wies er Yi Ling an. „Das werde ich.“, vergewisserte er ihm mit einem Lächeln. Dann wandte sich A-Tōng wieder Lan Zhan zu, doch schaute er noch einmal mit einem fragenden Blick zurück auf Yi Ling der ihm bekräftigend zunickte. Kaum hatte die kleine Hand Lan Zhans Fell berührt war ein begeistertes Lachen zu hören. „Er ist so weich.“ Lan Zhan indes hatte seine Augen geschlossen und ertrug es mit Geduld. „A-Xī!“ A-Tōng schaute nun mit leuchtenden Augen zu seinem Freund, der das Ganze mit vor der Brust verschränkten Armen beobachtete. „Komm streichle ihn auch. Es ist als würde man eine Wolke anfassen.“, versuchte A-Tōng ihn zu überreden. A-Xī allerdings schüttelte nur stur den Kopf, was A-Tōng wieder enttäuscht aussehen und er etwas den Kopf hängen ließ. Ein leises Murren war zu vernehmen, als A-Xī nun doch zu ihm hinüber ging und sich neben ihn stellte, dass es A-Tōng´s Gesichtszüge sofort wieder aufhellte. „Ich bin nicht gut mit sowas.“, nuschele A-Xī. „Tiere mögen mich nicht.“ A-Tōng schaute mit einem kindlich sanften Ausdruck auf seinen Freund und nahm schließlich eine Hand von ihn in die seine und führte sie zu Lan Zhan. „Sei einfach nicht zu grob.“, wies er ihn an und Yi Ling glaubte so etwas wie ein ergebenes Raunen in seinem Kopf zu hören. „Keine Sorge Lan Zhan, du machst das wunderbar.“, lobte er, dass dieser nun seine Augen öffnete und ihn genau fixiert hielt. „Selbstverständlich.“, hörte er ihn nur mitteilen, und Yi Ling musste kurz Auflachen über dessen Gemecker. Dieser ließ sich weiter das Fell kraulen, nun wo auch A-Xī recht angetan wirkte. Schließlich zeigte er Erbarmen mit Lan Zhan und ließ die Jungen wissen, dass dieser nun wieder seine Ruhe bräuchte und man seinen Verweis auch ohne Murren akzeptierte. Sich sogar bei Lan Zhan bedankte. „A-Tōng, wir sollten zurück nach Hause. Nǎi nai (Großmutter) macht sich womöglich schon Gedanken.“ Dieser nickte und beide verabschiedeten sich von Lan Zhan. Etwas das Yi Ling schon als recht liebenswert empfand. „Wartet. Könnt ihr mir sagen, wo es hier in der Nähe eine Möglichkeit gibt ein paar Vorräte zu kaufen?“, erkundigte er sich, was A-Xī kurz überlegen ließ. „Lǎo Hú verkauft getrockneten Fisch.“ Yi Ling lächelte. „Genau was ich suche.“ A-Xī deutete die Straße hinunter und meinte, das, wenn er an einem alten Brunnen käme, dort in den Wald einbiegen solle. Am dortigen Fluss würde Lǎo Hú´s Hütte stehen. „Danke. Und hier, für die Hilfe.“ Er drückte ihnen die kandierten Früchte in die Hand. „Na los, bevor es noch Ärger zu Hause gibt.“, wies er sie an, bevor man sein Geschenkt wieder hätte ablehnen können, auf das sich die beiden auch in Bewegung setzten. A-Tōng winkte ihm noch heiter zu, während A-Xī ihn mit sich zog und er erwiderte diese Geste heiter. Dann setzte er sich wieder zu Lan Zhan, nippte an seinem lauwarmen Tee und verzog etwas das Gesicht über das bittere Aroma. *** Der alte Mann der ihnen den getrockneten Fisch verkaufte, hatte ihnen erzählt, dass es ein paar Ortschaften weiter, bald ein Fest geben würde und Yi Ling war dieser Information mit Begeisterung gefolgt. Sie hatten eine Anhöhe erreicht und schon von Weiten konnte man das satte Orange, der in voller Pracht stehenden Granatapfelbäume erkennen. Ein blühender Sonnenring, der den Ort umspannte, dass es etwas Malerisches wiedergab. „Wie die Zeit vergeht.“, hörte er Yi Ling etwas nostalgisch klingend von sich geben. „Bald ist schon wieder Lotus Mond. Hast du je Lotuskapseln gepflückt Lan Zhan? Es geht nichts über einen Tag auf dem Wasser, einfach nur die Beine übers Boot baumeln lassen und Lotussamen essen. Es ist wirklich entspannend. Aber das ist wohl etwas, das welche wie die Euren nicht praktizieren, hm? Mit all dem göttlichen Kram, den es zu handhaben gilt.“ Er klang deutlich belustigt über seine eigene Mutmaßung und Wangji sparte es sich, wie des Öfteren, darauf eine Reaktion zu zeigen. Er erinnerte sich noch an dessen Allüren, als sie auf ihrem Weg dem Lauf eines Flusses ein stückweit durch einen Wald gefolgt waren, bis dieser in einen Wasserfall überging und zu dessen Füßen sich ein Wasserbecken gebildet hatte, das Yi Ling prompt dazu verleitete, sich etwas Abkühlung darin verschaffen zu wollen. Zudem war es ein wirklich idyllischer Ort, der ihn ein wenig an zu Hause erinnerte. Yi Ling hatte es natürlich auch nicht lassen können, ihn mit einem Schwall Wasser einmal komplett durchzuweichen, während er am Ufer gedöst hatte. Er war viel zu oft viel zu müde, und hatte es nicht kommen sehen, doch, so dachte er sich im Nachhinein, hätte er dennoch damit rechnen sollen. Bei all dem Nonsens den der andere ständig fertigbrachte. Die Sonne stand noch hoch genug am Himmel, dass es ihnen möglich sein sollte, Féitián Jué noch vor Einbruch der Dunkelheit zu erreichen. Yi Ling pfiff ein Lied vor sich hin, dass eine unerwartet angenehme Melodie hatte und ihn über das Schaukeln in seinem Tragebeutel sogar ein wenig einzulullen wusste. Dann allerdings war es als würden seine Sinne plötzlich mit einem lauten Geräusch wieder geweckt. Auch Yi Ling hatte inne gehalten und schaute sich mit einem nachdenklichen Gesichtsausdruck um. Es war nichts Ungewöhnliches zu sehen. Vor ihnen die weitläufigen Plantagen. In ihrem Rücken der Hügel von dem sie den Pfad entlang hier her gekommen waren. Ein paar Greifvögel ließen sich von den warmen Winden gefällig durch die Abendluft tragen. Zikaden sangen, ein wenig müde, von einem heißen Sommertag. Dennoch. „Yi Ling.“, machte er auf sich aufmerksam, worauf der andere auch so zu verstehen schien, war es ihm offensichtlich ebenso nicht entgangen. „Ich frage mich, warum ein unscheinbarer Ort wie dieser, solch eine immense Barriere um sich gezogen hat? Zumal es simplen Bauern nicht möglich sein sollte so etwas zu bewerkstelligen oder zu halten.“ Yi Ling zog zwei seiner Papiermännlein hervor. Darauf beschriftete er mit etwas Magie, das eine mit dem Zeichen 鼠 (Maus) und das andere mit 鷹 (Falke) und ließ sie durch das unsichtbare Schild huschen, wo sich die Maus am Boden, entlang des Schildes umsah, während sich der Falke wohl aus der Luft ein Bild für ihn machte. Auf den ersten Blick passierte nichts aufschlussreiches, doch stürzte die Illusion eines Falken plötzlich steil zu Boden, das Wangji im ersten Moment annahm, dass das Papiermännchen doch etwas erlitten haben mochte. Nur um darauf mit ansehen zu können, wie dieses das Maus- Männlein aufgriff, indem es seine Beinchen unter die Arme des anderen schob und etwas aufrollte, damit es festhielt, bevor es wieder etwas nach oben segelte. Sollte jemand, oder Etwas, diesen Schild überwachen, dann hätte diese Szene nichts weiter dargestellt, als einen Raubvogel der Beute geschlagen hatte. Ein umsichtiger Gedanke, wie Wangji gestehen musste. Beide Männchen, glitten wieder durch das Schild und zurück zu ihrem Meister. Sie hüpften auf dessen ausgestreckte Hand und er legte zuerst einen dann dem anderen einen Finger an den runden, flachen Kopf. Entzog ihnen die Energie das sie sachte zusammensanken und er sie darauf wieder einsteckte. „Auf den ersten Blick, scheint es nicht mehr als eine Barriere zu sein, nur warum solch einen Aufwand, wenn es keinen Zweck erfüllen sollte?“ Yi Ling schaute mit einem, für diese Situation eher unpassenden Grinsen zu ihm. „Ich denke, es könnte ganz interessant hier werden. Was meinst du?“ Wangji hatte da seine Bedenken. Dennoch konnte er nicht so einfach drüber hinweg sehen, sollte diesem Ort etwas innewohnen, das Probleme bereiten könnte. „Dann werde auch nicht unvorsichtig.“, mahnte er diesen schlicht und Yi Ling lachte amüsiert. „Ich doch nicht.“ Wangji atmete ergeben durch. Sie betraten Féitián Jué und es zeigte sich das das Festival schon so einige Besucher angelockt hatte. Um sicher zu gehen, das sie nicht zu sehr auffielen und es Lan Zhan dennoch nicht zu unbequem werden würde, indem er sich die ganze Zeit in seinem Beutel versteckt hielt, hatte er beide mit einem kleinen Zauber belegt der sie für eine Weile unsichtbar für das menschliche Auge werden ließ. Da nicht abzuschätzen war, was sie hier erwarten würde, war diese Option am Ende vielleicht von Vorteil. Man hatte die Straßen bereits mit Laternen und farbigen Bändern geschmückt und es gab nicht nur ein Gasthaus, das zum Verweilen und Trinken einlud. Somit suchte sich Yi Ling zuerst ein Zimmer, bevor er sich hier ein wenig umsehen würde. Yi Ling schlenderte interessiert an den verschiedenen Ständen vorbei. Schaute sich bei dem ein oder anderen etwas an und schwatzte dabei ein wenig mit den Einheimischen. Es war eine eingespielte Methode sich schon einmal ein Bild machen zu können, wie die Dinge hier so verliefen. Bis jetzt erschien auch alles recht normal. Die alte Frau die Kämme und Haarschmuck verkaufte, erzählte ihm das die Ernte im letzten Jahr wieder sehr reich ausgefallen wäre und sie mit dem Ertrag genug Geld einnehmen konnten, um den Ort gut über den Winter zu bringen. Einem etwas abwesend wirkenden jungen Mann, der Korbwaren feilbot, konnte er entlocken, dass es dieses Fest schon seit über hundert Jahren und es keinen besseren Platz zum Leben gäbe. Hatte es in all der Zeit nie eine Dürre und andere Plagen gegeben, die ihren Plantagen zugesetzt hätten. Er hörte jemanden sagen, dass es ihnen Dank des Schutzes des alten, heiligen Granatapfelbaumes so gut erginge und sie dieses Fest für ihn stattfinden ließen. Zwei junge Frauen in feinen Kleidern und hübsch geschminkten Gesichtern lächelten ihm interessiert zu, als er an ihnen vorbei kam und sich von ihnen den Weg zu besagtem Baum weisen ließ. Er fand ihn schließlich, als das Herzstück einer kleinen Tempelanlage vor. Im Gegensatz zu den Plantagen, war dieser Baum riesig in seiner Erscheinung und wirkte mit der weitreichenden Krone und dem mächtigen Stamm wahrlich erhaben. Er mochte gut 5 zhàng (ca.15 m) hoch sein doch trug er keine einzige Blüte. Er war gerade daran ihn sich etwas näher ansehen zu wollen, als eine endschuldigende Frauenstimme ihn darauf verwies, dass dieser Tempel nur befugten Personen zugänglich sei und er dies bitte entschuldigen solle. „Ich bitte um Verzeihung. Das wusste ich nicht. Es ist das erste Mal das ich dieses Fest besuche.“ Er lächelte etwas verlegen. Man schien ihm seinen Fehltritt nicht übel zu nehmen, schenkte man ihm ebenso ein leichtes Lächeln. „Wir möchten Störungen vermeiden. Unser Baum ist wahrlich etwas Besonderes doch dadurch auch recht anfällig. Er blüht nur für einen Tag. Zum Höhepunkt des Festes. Ich hoffe sie können ihren Aufenthalt dennoch in vollen Zügen genießen. Wir freuen uns über jeden Gast, der zufrieden wieder weiterzieht.“ „Natürlich. Ich habe gehört, dass der Wein hier, einer der besten sein soll. Und mit ein paar hübschen Mädchen zur Gesellschaft, wird es mir sicherlich an nichts fehlen.“ Er spürte einen leichten Tritt an seiner Hüfte, den er allerdings ignorierte. Sie sagte nichts weiter dazu, lächelte nur seicht und Yi Ling sah es angebracht sich zu verbeugen und zu verabschieden. Als sie zurück zur Hauptstraße fanden, waren die Laternen bereits erleuchtet, heitere Musik und muntere Stimmenwirbel tanzten durch die warme Abendluft. Auch wenn es Yi ling sonst dazu verleitet hätte sich ebenso mit unter das Volk zu mischen und einfach seinen Spaß zu haben, schlängelte er sich vorbei an den hübschen Mädchen und den eifrig Feiernden. Es kam bei solchen Festlichkeiten nicht unerwartet, das mancher etwas über die Strenge schlug, wenn er zu viel guten Wein genossen hatte und durch den kopflosen Mut der Trunkenheit den Mädchen hier auch schon mal zu sehr zu Leibe rückte. Sie schienen es gewöhnt zu sein, ertrugen sie die tollpatschigen Offerten mit einem gekonnten Lächeln und belustigten Gebaren. Man schien sich gut auf ihre Gäste eingestellt zu haben, doch blieb es dennoch nicht aus, das jemand zu überschwänglich wurde und er mochte es noch nie zu sehen, wenn man darüber hinaus sich und sämtliche Manieren vergaß. Er packte die ausholende Hand des Trunkenboldes von hinten, das es diesen wirsch und ungelenk zu ihm herumfahren ließ und man ihn mit einem zornig, verklärten Blick bedachte. Man wollte schon ansetzen ihn zu beschimpfen, doch war das letzte was Yi Ling wollte noch mehr Aufmerksamkeit zu erregen und mit einem unauffällig wirkenden Fingerdruck in die Mitte des Brustkorbes, gab der Mann nur noch ein schläfriges Nuscheln von sich und sackte zusammen. Er hievte ihn gegen eine Hausfassade und ließ ihn dort seinen Rausch ausschlafen. Die Schaulustigen waren weitergezogen, doch stand die junge Frau, der er zu Hilfe gekommen war, mit einem Male vor ihm und lächelte ihn verhalten an. Sie verbeugte sich über eine Danksagung was Yi Ling lediglich Abwinken ließ. „Schon gut.“, meinte er ungezwungen. „Aber vielleicht kann man mir sagen, wo der Wein hier am besten schmeckt?“ Sie kicherte kurz über seine Frage. „Hier gibt es nur guten Wein, den wir selbst aus der Ernte des letzten Jahres gemacht haben.“, ließ sie ihn wissen und er zeigte sich beeindruckt. „Das klingt ja recht vielversprechend.“ Trotz der Verlockung waren sie zurück in ihr Gasthaus gekehrt und hatten vorerst wieder ihr Zimmer aufgesucht. Darauf kramte Yi Ling in seinem Robenärmel herum bis er schließlich einige Talismane hervorzog und diese an der Tür und dem Fenster, sowie an der Decke und dem Boden anbrachte, um ungebetenes Herumschnüffeln zu unterbinden. Mit einer kurzen Geste seiner rechten Hand nahm er den Zauber von Lan Zhan, der nun aus seinem Beutel hüpfte, welcher zuvor auf dem Bett abgelegt worden war. „Lan Zhan, ich hab dein putziges Gesicht schon fast vermisst.“, zog dieser ihn auf und ließ sich rücklinks auf das Bett fallen, das es Lan Zhan mit einem raschen Satz zur Seite springen ließ und er ein tadelndes Murren in dessen Kopf schickte. „Also? Du hast die gesamte Zeit über nicht gesagt. Ist dir etwas Ungewöhnliches aufgefallen?“, hakte Yi Ling nach, der sich nun auf die Seite rollte um ihn ansehen zu können. Und da diesem wohl einfach der Sinn danach stand, kraulte er ihn keck hinter den langen Ohren. „Du bist wirklich niedlich. Es wäre eigentlich schon eine Schande sich zurück zu verwandeln, meinst du nicht auch?“ Lan Zhan zwickte ihn als Antwort und Yi Ling feixte, wie so oft, unangebracht über seine Zurechtweisung. „Rede keinen Unsinn. Wir sollten vorsichtig bleiben. Diese seltsame Energie zieht sich durch den gesamten Ort und wir wissen nicht was ihre Quelle ist.“ „Oh, ich hab da schon so eine Mutmaßung. Aber die Frage was hier eigentlich vor sich geht, bleibt auch weiterhin bestehen. Mir erscheint der Aufwand den gesamten Ort mit einer Barriere zu umgeben etwas dramatisch. Zumal man sie so gesehen problemlos durchqueren kann. Dann die enorme Energie die dafür benötigt wird, warum solch ein Kraftakt, wenn er nichts zu schützen scheint? „Was wenn es nicht das hinein, sondern das hinaus wäre?“, holte Lan Zhan ihn mit dieser Frage aus seinen Überlegungen. „Du meinst, das man nicht versucht etwas draußen zu halten, sondern etwas abhalten will hinaus zu gelangen? Aber warum?“ „Bist du nicht deswegen hier? Um diesem Rätsel nachzugehen?“ Yi Ling rollte sich wieder auf den Rücken und raunte bekräftigend, bevor er sich rasch aufsetzte und kurz aber ausgiebig streckte. Es klopfte leise ans Fenster, etwas das ihre Vorsicht hervorrufen sollte, doch öffnete Yi Ling dieses ohne Zögern, und ließ Bàng Hēi in ihr Zimmer hüpfen, wo er ihr als Abendmahl, wie gewohnt, ein paar getrocknete Maulbeeren hinlegte, die sie rasch aufpickte, bevor sie sich auf eine der Deckenstreben niederließ. Sie mit Blut zu füttern schien keine Notwendigkeit, wohl eher eine besondere Belohnung? „Dann werde ich mich mal unter die anderen Gäste mischen. Vielleicht bekomme ich noch ein paar nützliche Informationen. Die Talismane werden das Zimmer sicher halten, also keine Sorge.“ Dann streckte er seine Hand abermals nach Lan Zhan aus und kraulte ihn erneut, konnte einem Biss aber rechtzeitig ausweichen. Bàng Hēi gab einen kurzen, zurechtweisenden Laut von sich und fixierte Lan Zhan streng, dass es Yi Ling sachte auflachen ließ. „Also dann, macht keine Dummheiten.“, meinte er amüsiert und verließ schließlich das Zimmer. Wangji hatte das Bett nicht verlassen, gab es dafür auch keinen Grund. Somit hing er seinen eigenen Gedanken nach. Bàng Hēi´s Präsenz war unverkennbar, umgab sie dieselbe dunkle Aura wie Yi Ling. Er schaute sie sich, nun wo er die ungestörte Gelegenheit dazu hatte, eingehender an. Er hatte mitbekommen, dass sie nur in den sonnenlosen Stunden zu gegen war. Ihr dunkelrotes Gefieder das der ausklingenden Laubfärbung eines Vollmond-Ahorns glich und ihre drei Beine; Merkmale die ihm nicht fremd waren. Jeder der Seinen kannte die Geschichte der yángwū. Der goldenen Krähen. Zehn Sonnen von denen neun den Pfeilen von Hòu Yì zum Opfer fielen, um die Welt vor ihren alles verschlingenden Flammen zu bewahren. Bàng Hēi besaß nichts von der göttlichen Unsterblichkeit, die diese einst besessen hatten, sollte sie tatsächlich eine der zehn yángwū gewesen sein. Sie schien einzig von yuàn qì (negatives Qi) erfüllt, die Yi Ling für sie gezähmt zu haben schien, war sie weder mordlüstern noch tollwütig unter seiner Hand. Der dünne, silberne Reif, welchen sie um den Hals trug, und an dem sich ein zinnoberroter Seelenstein befand, diente als Verbindung zwischen ihr und Yi Ling. Er hatte selbst darüber gelesen, wie man die Seele eines yāoguài, in solche Steine einschließen konnte. Entweder um diese für ewig wegzusperren oder, wenn man das notwendige Geschick dafür besaß, sie sich gefügig zu machen. Alte Schriften berichteten von Meistern die sich auf diese Weise einen oder mehrere Schutzgeister gehalten hatten. Doch dazu bedurfte es eines starken Geistes, um auch die Kontrolle darüber zu halten, legte man mit solch einer Verbindung auch einen Teil von sich selbst offen. Als er ihn fragte, wo er sie gefunden habe, hatte dieser mit den Schultern gezuckt und eines dieser albernen Grinsen aufgesetzt. „Ich scheine halt ein Händchen für das Einsammeln von eigenartigen Persönlichkeiten zu haben.“, war seine Erklärung gewesen und Wangji der Eifer vergangen, sich weiter mit ihm unterhalten zu wollen, wenn dieser eh nur wieder unnütze Dinge von sich gab. Bàng Hēi kam und ging ohne sich durch irgendwelche offensichtlichen Fesseln gebunden zu sehen, doch schien sie so oder so die Nähe ihres Herren zu suchen. Ein wachsames Auge auf ihn und seine Umgebung zu haben, wenn sie zugegen war. Dennoch hielt sie sich soweit verborgen, wenn Yi Ling sich unter Menschen begab. Selbst wenn Yi Ling ihr Aussehen verfälschte, war es immer noch etwas das Aufmerksamkeit erregte, wenn jemand mit einer Krähe auf der Schulter herum lief. Was auch in dieser kleinen Stadt nicht anders sein würde. Yi Ling hatte Recht, es gab so gesehen nichts weiter Auffälliges hier, wenn man nicht ein Gespür für eben diese magischen, übernatürlichen Details besaß. Es lag wie ein feiner Schleier in der Luft und schien sich um jeden zu legen, der die Barriere durchtrat. Er wollte keine voreiligen Schlüsse ziehen, schon gar nicht wenn er in dieser Form bestimmte Dinge nur recht schwach wahrnahm. Er hatte gehofft, dass sich sein Zustand schneller bessern würde, doch selbst nach Tagen, fühlte er sich noch immer angeschlagen. Selbst mit Yi Lings líng qì (spirituelles Qi). Ein Gedanke machte sich in seinem Kopf breit, nun wo er seit langen wieder einmal allein und munter war. Konnte es sein, das Yi Lings Hilfe nicht das war, wonach sie aussah? Dessen zügellose und schamlose Art; was wenn es einfach nur ein Akt war, um von dessen eigentlichen Charakter und Absichten abzulenken?   Am Ende war es dessen angebliche Hilfe die ihn nicht zu Kräften kommen ließ, da er andere Motive verfolgte? Dass er womöglich nicht mehr am Leben wäre, hätte dieser ihn schlicht zurückgelassen, nach seiner Wandlung, war nicht auszuschließen. Er war schwach genug gewesen, nach dieser Attacke der giftigen Materie, dass ihn ein wilder Hund ohne Probleme hätte reißen können. Vielleicht hielt Yi Ling ihn nun schwach, damit er nicht davon liefe, war nicht abzustreiten, dass er in seinem jetzigen Zustand eh nicht weit kommen würde. Aber sollte er deswegen sein Schicksal einfach so annehmen? Wer wusste schon, was ihm bevor stand, wenn er länger mit ihm unterwegs sein würde? Ihn zu verkaufen wäre ein leichtes, nur wäre er eben nicht viel Wert, bis auf einen winzigen Tropfen spiritueller Energie. Er könnte die jetzige Chance nutzen und verschwinden. Er könnte sich eine Stelle suchen, wo er sich versteckte, bis es ihm besser erging. Es dürfte ihn nur wirklich niemand finden. Weder Mensch noch Tier, noch yāoguài. Er würde auch Bìchén nicht mit sich nehmen können, sondern müsste darauf vertrauen durchzukommen, um es später dann zu suchen und wieder an sich zu nehmen. Ein Teil seiner unsterblichen Seele ruhte in seinem Schwert, der Stolz der Lans ebenso. Es zurückzulassen wäre in der Tat eine große Schmach. Wangji seufzte innerlich, wenn er es so schon nicht konnte. Er würde vorerst weiterhin die Gefahr auf sich nehmen müssen, an Yi Lings Seite zu bleiben und am Ende selbst einen Weg finden, der ihm weiterhelfen würde.             Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)