The fragrant Flower von Ryouxi ================================================================================ Kapitel 16: Hortensie --------------------- [[BILD=8424214.png]] Es dauerte einige Sekunden, bis Milo wieder zu sich kam. Fenin legte die Hand auf seine Schulte, was ihn letztendlich die Augen aufreißen und zurückschrecken ließ. Ungläubig starrte er den anderen an, seine Finger an seinen Lippen, während er zu verstehen versuchte, was da gerade geschehen war. „Was hast du?“ Fenin klang nicht nur wie die Ruhe selbst, auch schien ihn dieser Zwischenfall keineswegs aus der Bahn zu schmeißen. Vielleicht war ihm aber generell nicht anzusehen. Milo konnte sich nicht vorstellen, dass so etwas an irgendjemandem spurlos vorbeiging. Er wusste nicht, was gerade mit ihm los gewesen war, doch er konnte es nicht leugnen, dass sie sich geküsst hatten. Alleine bei dem Gedanken daran spürte der Mann, wie sein Kopf heiß wurde. War es nicht bereits schlimm genug, dass es sich bei dem anderen um einen Dämonen handelte, war dieser auch noch ein Mann. Milo war sich ziemlich sicher, dass es nicht an ihm lag. Der Dämon musste irgendeinen faulen Trick angewandt haben, um ihn zu so etwas zu bringen. Sofort stieg die Wut in ihm auf, der er sofort Luft machte. „Was hast du gemacht? Denkst du, ich merke es nicht, wenn du mich verzauberst?“ Am liebsten wäre er aufgesprungen, was an seiner Stelle unter dem Felsen nicht möglich war, weswegen sich der Mann damit begnügte, möglichst viel Abstand zwischen sie zu bringen, während er nach seinem Hirtenstab griff. Zeigte Fenin nun doch sein wahres Gesicht? „Ich habe gar nichts gemacht. Du hast mich geküsst.“ Dass diese Schandtat laut ausgesprochen wurde, machte es für Milo nur noch schlimmer. „Habe ich nicht!“, widersprach er entschieden. „Du hast etwas gemacht, damit das passiert. Dein Geruch ist schuld, dafür nutzt du ihn.“ Milo war sich sicher, dass Fenin ihn in eine Falle gelockt hatte. Schließlich hatte er eben selbst noch von einer Wirkung gesprochen. Er musste gewusst haben, dass so etwas passieren würde. Er hatte es geplant. Während Milo sich immer weiter in seine Gedanken und seinen Ärger steigerte, blieb Fenin seelenruhig sitzen, musterte den anderen und sprach dann in einem ruhigen Tonfall weiter, welcher kaum eine Auswirkung auf den Menschen hatte. „Und was hätte ich davon, von dir geküsst zu werden? Wenn ich deine Seele wollte, könnte ich sie mir jederzeit nehmen, dafür muss ich niemanden betören.“ Fenin machte eine kurze Pause, als würde er auf eine bestimmte Reaktion des anderen warten. „Mein Geruch wirkt sich auf jeden anders aus. Ich kann es nicht beeinflussen. Ich konnte nicht wissen, dass so etwas passiert.“ „Es scheint dich aber auch nicht sonderlich zu stören“, platze es aus Milo heraus. Augenblicklich bereute er seine Worte, rückgängig konnte er sie aber nicht machen. „Das war mit Sicherheit nicht der erste Kuss in meinem Leben.“ Kurz war ein Funkeln in seinen Augen zu sehen, dass auch Milo nicht entging. Der Mann wurde das dumme Gefühl nicht los, dass Fenin eine ganz bestimmte Anmerkung zurückhielt. Da sich sein Kopf aber noch immer drehte, dachte er nicht weiter darüber nach. Stattdessen starrte er den anderen einen kurzen Moment lang sprachlos an, ehe dieser seufzte. „Hör zu, Milo, ich will dir nicht schaden.“ Sein Blick heftete sich an den Hirtenstab, den Milo noch immer fest umklammerte. Nur zögerlich löste dieser schließlich seinen Griff. So schnell die Wut in ihm aufgestiegen war, war sie nun auch wieder verschwunden. Zurück blieb eine derartige Verwirrung, wie er sie noch nie in seinem Leben gespürt hatte. Um ehrlich zu sein wäre er nun am liebsten alleine gewesen. Trotzdem hörte er Fenin an. „Du hast mich nicht nur einmal gefragt, warum ich dir Folge. Es ist nicht so, dass ich es dir nicht sagen will, es ist einfach nur schwierig zu erklären.“ „Und dann ist jetzt der richtige Zeitpunkt?“, ging Milo ihn beinahe resigniert klingend an. Wenn es wirklich schwierig zu erklären war, wie kam der andere dann darauf, dass er es in seinem jetzigen Zustand verstehen würde? „Ich kann mir nun zumindest sicher sein, dass du mich nicht vollkommen verabscheust.“ Milo öffnete seinen Mund, wollte etwas entgegnen auf diese Unterstellung. Er hatte Fenin nicht geküsst, weil er es gewollt hatte, er war nicht bei sich gewesen. Trotzdem stimmte es, was der Dämon sagte. Er verabscheute ihn nicht, das war dem Mann längst bewusst geworden. Fenin wartete einen Augenblick und gab ihm so die Möglichkeit etwas zu sagen, ehe er weitersprach. „Wir Dämonen haben selten Interesse an Gesellschaft. Weder an der anderer Dämonen und erst recht nicht der von Menschen. Als ich dich das erste Mal gesehen habe, hatte ich dieses unerklärliche Gefühl, das mich daran gehindert hatte, einfach weiterzuziehen. Ich konnte nicht anders, als dir zu folgen und dich zu beschützen.“ „Mich zu beschützen?“, wiederholte Milo die letzten Worte, wobei er seine Stirn in Falten legte. Er wusste nicht so recht, was er von dem allen halten, beziehungsweise wie er es verstehen sollte. Er war sich nur sicher, dass es üblicherweise nichts Gutes war, wenn ein Dämon Interesse an einem Menschen hatte. „Nun ja, hier und da eine starke Bestie abwehren, einen niederen Dämon schwächen... Solche Sachen eben.“ Fenin hatte seinen Blick auf das kleine Feuer gerichtet, so dass Milo ihn ausgiebig mustern konnte. Er konnte es nicht so recht glauben, was er da hörte. Ob Fenin das wirklich getan hatte? „Wie lange folgst du mir schon?“ Eigentlich war Milo davon ausgegangen, dass Fenin ihn das erste Mal bei seinem Kampf gegen den Keiler gesehen hatte. Auf einmal war er sich da aber nicht mehr sicher. Und tatsächlich entstand kurz eine unangenehme Stille. Auch wenn Milo nichts in Fenins Mine lesen konnte, so glaubte er doch zu wissen, dass es hinter seiner Stirn arbeitete. Als der Dämon schließlich aufschaute, zog sich Milos Brust zusammen. Der Blick des anderen genügte ihm, um seinen Verdacht bestätigt zu wissen. „Länger als du vermutlich annimmst. Ich bin damals an dem Ort vorbei gereist, der dein Zuhause war. Mir war noch nie zuvor jemand derartig aufgefallen, weswegen ich eine Weile in der Nähe geblieben bin. Als dieser andere Dämon kam, konnte ich nicht einfach zuschauen und habe dich aus dem Feuer gerettet.“ Milo starrte ihn ungläubig an. Er hatte mit dieser Antwort gerechnet und doch entsetzte es ihn, dass Fenin damals alles mit angesehen hatte. Nicht nur das. Er hatte ihn gerettet aber seine Familie sterben lassen. „Warum... warum hast du diesen Dämon dann nicht aufgehalten?“ Er klang beinahe vorwurfsvoll, doch zum ersten Mal seit Jahren war der Mann den Tränen wieder nah. Nicht nur wurden seine Erinnerungen nun schon zum zweiten Mal in kurzer Zeit aufgewühlt, auch war da diese Stimme, die ihm plötzlich einredete, dass alles hätte anders kommen können. Fenin hätte nur anders handeln müssen. „Er war zu stark. Es war ein Wunder, dass ich ihm entkommen bin. Wie du schon sagtest, meine Fähigkeiten sind nicht zum Kämpfen geeignet. Gegen einen solchen Dämonen mit dieser Fähigkeit reichen meine normalen Kräfte leider nicht.“ Fenin klang nicht nur aufrichtig, sondern auch bedauernd, was Milos Ärger linderte und ihn traurig auf die beinahe erloschene Flamme blicken ließ. „Es tut mir leid, wenn ich dir damit Leid zugefügt habe. Ich weiß, wie schwer die Zeit danach für dich war.“ Milo warf ihm nur einen bösen Blick zu, da er davon nichts hören wollte. „Warum hast du dich mir nie gezeigt?“ „Auch wenn du vorher keine negativen Erfahrungen gemacht hättest. Dämonen und Menschen leben in unterschiedlichen Welten, die Schnittpunkte sollten so gering wie möglich gehalten werden. Ich wollte dein Leben nicht noch komplizierter machen.“ Auf diese Worte schaute Milo ihn zweifelnd an. Er verkniff sich den Kommentar, dass ihm dieses Vorhaben nicht gerade gelungen war. Fenin schien ihn aber auch so bestens zu verstehen. „Trotz allem fällt es mir schwer weiterzuziehen und nicht zu wissen wo du bist und wie es dir ergeht. Nachdem du aber nicht nur von mir wusstest, sondern wir auch noch eine angenehme Zeit zusammen hatten, konnte ich nicht einfach wieder in den Hintergrund rücken.“ „Was sind das für Gefühle? Stehst du etwa auf mich?“, fragte Milo schließlich direkt, was ihm augenblicklich das Blut in den Kopf schießen ließ. Diese Vorstellung war noch immer absolut absurd und unwirklich. Trotzdem musste er einfach die Gewissheit von dem anderen bekommen, dass es nicht so war. Dieser musterte ihn kurz, ehe er den Kopf schüttelte. „Sag du es mir. Ich bin mir ziemlich sicher, dass nicht nur ich diese Anziehung spüre.“ „Also benutzt du doch deine Fähigkeiten, um andere zu manipulieren?“, ging Milo ihn sogleich wieder an, da er dachte, dass Fenin sich schon wieder auf den Kuss bezog. „Wer weiß“, war alles, was der Dämon dazu zu sagen hatte. Er warf den Mann damit komplett es der Bahn und brachte ihn zum Schweigen. Auch Fenin blieb für eine Weile ruhig. Während Milo versuchte seine Gedanken zu sortieren und herauszufinden, was genau er nun fühlen sollte, hatte er seinen Blick auf die Flammen gerichtet, die Fenin mit neuen Zweigen wieder zum Auflodern brachte. Nichts desto trotz wurde dem Mann immer kälter. Es war längst vollkommen dunkel geworden. Je weiter die Nacht voranschritt, desto eisiger wurde es. Schließlich ließ sich der Dämon wieder neben ihm nieder. „Willst du unbedingt krank werden?“ Mit diesen Worten legte er Milo ungefragt seinen Umhang über die Schultern. Dieser konnte gar nicht schnell genug reagieren. Alles was er tun konnte, war den anderen entsetzt anzuschauen. „Er wird dich nicht fressen“, entgegnete dieser tonlos und lehnte sich gegen den kalten Fels hinter ihnen. Die Wärme die von dem Kleidungsstück ausging, durchströmte Milos Körper auf der Stelle. Am liebsten hätte er ihn wieder abgestreift, doch er wusste, dass Fenin Recht hatte. Letztendlich zog er den Umhang sogar etwas enger und tatsächlich hörte er schon bald auf zu zittern. Fenin neben sich zu riechen war eine Sache. In dessen Umhang, den er tagtäglich trug, gewickelt zu sein, war etwas ganz anderes. Gerade jetzt, nachdem er nicht nur wusste, wie besonders der andere roch, sondern auch, wie dieser Duft ihn manipulieren konnte, machte ihn der intensive Geruch schier wahnsinnig. Er versuchte ihn nach Möglichkeit nicht einzuatmen, was ein unmögliches Vorhaben war. Milo wollte vermeiden, dass wieder seltsame Dinge mit ihm geschahen, dass er etwas tat, was er nicht steuern konnte. Gleichzeitig konnte er nicht anders, als den Geruch im Geheimen zu genießen. Er hasste sich selbst dafür und fragte sich, was wirklich mit ihm los war. Fenin behauptete zwar, dass er ihn damit nicht manipulieren konnte, aber was, wenn er es selbst nicht wusste? Oder konnte es tatsächlich möglich sein, dass es zum Teil doch an ihm lag? Denn um ehrlich zu sein, auch wenn er diesen Kuss mit Sicherheit nicht gewollt hatte, so empfand er ihn im Nachhinein alles andere als Abstoßend. Obwohl doch genau das der Fall sein sollte. Nicht nur, weil der andere ein Dämon war, sondern vor allem, weil er ein Mann war. Fürs Erste schob Milo dieses Durcheinander auf den Umhang, der ihn nach wie vor in Fenins süßlichen Duft hüllte. Eine ruhige Nacht stand ihm trotzdem nicht bevor. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)