What the Body says von Erenya ================================================================================ Kapitel 1: ----------- Ein Treffen unter den Servants hatte ich mir ehrlich gesagt anders vorgestellt, vor allem dann wenn Shirou dabei war. Doch die Anspannung war deutlich. Selbst wenn wir zu Großteilen zum selben Team gehörten. Bersi stand an der Tür von Shirous Kirche und hielt Wache, während der Rest von uns vor dem Altar einen Tisch platziert hatte und an diesem bei Tee und Keksen saß. Wir, dass hieß, Cassy, Paris, Lancer, Caster, Mo, Shirou und ich. Außer Pentheseleia und Assassin waren alle schwarz beschworenen Servants hier anwesend. Wobei Cassy sicherlich an Pentheseleia eine Nachricht absetzen würde, sobald wir ein Ergebnis über unser weiteres Vorgehen hatten. Was Assassin anging… keiner von uns traute ihm, allein schon wegen der versuchten Befreiungsaktion des alten Shishigo, die eindeutig schief gelaufen war.  “Mir scheint als ist die Atmosphäre ein bisschen zu frostig und das obwohl ihr Servants alle auf derselben Seite kämpft”, erklärte Shirou, als ich gerade einen Teller Kekse zu Bersi brachte, der ihn dankbar annahm und gleich einen der kleinen Köstlichkeiten weg knusperte. “Auch wenn wir Verbündete sind, so ist Vorsicht doch geboten. Immerhin sind nicht alle von uns aus den Reihen dieser Fraktion. Wer weiß ob gewisse Anwesende nicht bereit sind uns zu verraten.” Caster lächelte, doch es war eindeutig, dass sie Cassy meinte. Das sie ihr gegenüber nicht sonderlich viel Vertrauen entgegen brachte, war eindeutig. Nicht ohne Grund hatte sie versucht Cassy als erstes aus dem Rennen zu kegeln. “Oh, ich kann verstehen, was sie meinen. Dann lasst uns doch mit einem Spiel beginnen. Einem sehr lehrreichen Spiel”, schlug Cassy vor und lächelte dabei gefährlich. “Wir haben keine Zeit für dumme Spiele!”, wetterte Mo, was ich sehr gut verstehen konnte, immerhin ging es bei diesem Treffen um das Leben eines Verwandten ihres Masters. “Was schlägst du vor, roter Caster?” Caster ignorierte Mo und ich seufzte leise. Es war von Anfang an klar gewesen, dass dies keine harmonische Teatime werden würde. Allein mit hitzigen Gemütern wie Mo und Lancer war dies vorherbestimmt gewesen. “Es ist ein Spiel bei dem wir mehr über unsere Verbündeten erfahren. Nicht nur aus ihrem Leben, sondern auch wie sie sich verhalten wenn sie lügen.” Cassy lächelte spitzbübisch und sah dabei zu mir. “Bevor wir aber anfangen, möchte ich gerne mit Master reden. Sie soll beurteilen, ob wir lügen oder nicht und warum.” “Ich?”, fragte ich fast schon entsetzt und blickte Cassy an, die mich freundlich lächelnd ansah. “Ruler, können wir uns kurz ein Hinterzimmer zur Besprechung leihen. Ich möchte Master noch ein paar Tipps mitgeben, damit sie vorbereitet ist.” “Darf ich denn mitspielen, Caster?”, fragte Shirou unverblümt und ich konnte fast schon dieses freundlich diabolische Lächeln sehen, dass er hinter der würdevollen Maske gut versteckte. “Mach wie es dir beliebt.” “Ihr könnt den Lagerraum zu unserer Linken nutzen.” Cassy nickte, wohingegen ich zweifelnd zu Bersi sah, der nur mit den Schultern zuckte, mir aber ermutigend den Kopf tätschelte. Ich ergab mich meinem Schicksal und folgte Cassy in den Lagerraum, wo sie einen Stuhl für mich bereit stellte und mich mit einer Handbewegung dazu aufforderte mich hinzusetzen. Ich tat wie sie es von mir forderte und sah sie an. “Master, dass wird ein sehr kritischer Moment. Ich hoffe, dass du aufmerksam bist, denn deine Aufmerksamkeit wird essentiell sein. Sagt dir Körpersprache etwas?”, fragte mich Cassy und ich nickte. “Ja. Menschen zeigen durch ihre Körpersprache unbewusst viele Dinge. Wen sie mögen, ob sie gerade aufgeregt sind und so.” “Und ob sie lügen. Dir ist das Pokerspiel sicher nicht unbekannt.” Ich nickte. “Auch dort kann man bei Menschen sehen wenn sie bluffen. Sei es wie sie ihre Augen bewegen, ihre Finger, vielleicht auch wie ihre Haltung ist. Und genau dasselbe passiert wenn Menschen Lügen. Beobachte nachher einfach alle ganz genau wenn sie Ihre Geschichten erzählen.” “Cassy, ich weiß nicht ob ich das schaffe. Ich kenne die meisten kaum und ich bin mir sicher, dass es nicht so leicht wird.” Behutsam nahm Cassy meine Hand, strich über den Handrücken und lächelte. “Wir fangen mit den leichten Kandidaten an. Das wären Archer und Saber. Danach machen wir es schwerer mit Lancer und mir. Das Schlusslicht bilden Ruler und Caster. Beide werden sich nur schwer die Blöße geben. Wenn du aber etwas aus ihrem Leben weißt oder erkennst, wer sie in ihrem Leben waren, sollte das kein Problem sein.” “Warte… Cassy… versuchst du auf diese Weise herauszufinden wer Caster wirklich ist?” Cassy grinste verschmitzt und nur zu gerne hätte ich mir den Kopf gegen die Wand geschlagen. Cassy war durch und durch diabolisch. Wie konnte so ein himmlisches aussehendes Wesen nur so durchtrieben sein. “Du bist ganz schön hinterhältig”, murmelte ich, wurde aber wenige Sekunden später von Cassy in die Arme gezogen. “Ich muss doch tun was ich kann, um meinen Master zu beschützen. Und Wissen ist Macht. Bedenkt man, dass sich Caster mal gegen uns wenden könnte, ist jedes Wissen hilfreich.” Es war beruhigend, dass Cassy mir helfen wollte, dennoch hatte ich bei ihr immer wieder das Gefühl, dass sie mir einfach so die Kontrolle aus der Hand nahm. Ob böswillig oder nicht, konnte ich dabei nicht sagen. “Also schön, dann spiele ich mit. Mach du es mir aber wenigstens nicht so schwer…”, schmollte ich etwas, eigentlich nicht darauf bauend, dass Cassy es mir leicht machen würde wenn sie sich schon eine Stufe höher stellte als Paris und Mordred.   “Also Paris, du fängst an.”, erklärte Cassy, als wir zurück zum Tisch gekehrt waren und uns an diesen setzten. Paris schien es gar nicht zu gefallen, dass er schon jetzt anfangen sollte, doch ergab sich dem Befehl seiner Schwester, wie so oft. “Gut, dann fange ich mit der ersten Geschichte an. Auch wenn ich der Prinz von Troja war, lebte ich nie wie es einem Prinzen gebührte. Ich bevorzugte sogar die Ställe mehr als ein weiches königliches Bett. Erst als ich mit Helena zurückkehrte, mied ich die Ställe, auch wenn ich mich nach ihnen sehnte.” Noch während Paris sprach, beobachtete ich ihn. Er wirkte ruhig, seine Augen waren direkt auf mich gerichtet, kein Anzeichen für eine Lüge. Bedachte man, dass Paris selbst als eine Art Hirte oder Schäfer gelebt hatte, schien es mir sogar verständlich. Dass er mit Helena im selben Bett geschlafen hatte, zeugte wohl nicht nur davon, dass er sie geliebt hatte, sondern auch davon, dass er nicht wollte, dass sie sich unwohl fühlte. “Was ist dein Urteil, Erenya?”, fragte Cassy und ich sah Paris ein weiteres Mal. Er wich meinem Blick nicht aus, fixierte mich sogar mit diesem Blick von Treue, den man sonst bei Hunden sah, wenn sie ein Leckerli erbetteln wollten. “Die Geschichte ist wahr. Archer zeigt oft genug, dass er aus dem einfachen Leben kommt. Er kocht sehr viel und gut, macht den Haushalt und zeigt dabei immer Finesse. Er hat nicht einmal ein Problem auf dem harten Boden zu schlafen. An sich wirkt Archer recht minimalistisch.” “Gut, dass ist dein Urteil, was sagst du Archer? Hat Erenya recht?” “Hat sie. Diese Geschichte entspricht der Wahrheit. Auch wenn man es nicht wirklich eine Geschichte nennen kann. Das Zweite ist schon eher eine.” Gespannt sahen wir zu Paris, der noch nicht einmal angefangen hatte und schon errötete. Scheinbar kam gleich eine Story die ihm wohl mehr als peinlich war. “Ihr kennt sicher die Legende, dass ich den Eris Apfel der schönsten Göttin geben sollte. Ich entschied mich für Aphrodite, nicht wegen des Versprechens das sie mir gemacht hatte… also nicht ausschließlich, sondern weil sie die schönste Frau war, die ich je erblickt hatte. Als meine Wahl gefallen war, zogen sich Hera und Athene zurück. Aphrodite verblieb jedoch und…” Paris hielt inne und verzog die Lippen leicht. Anders als bei der Geschichte zuvor sah er weg. Auch wenn er immer wieder versuchte mich anzusehen, konnte er den Blickkontakt nicht halten. Ebenso spielte er mit seinen Fingern, rieb seine Hände nervös. Das war kein Anzeichen mehr dafür, dass es ihm unangenehm war diese Geschichte zu erzählen. Paris war selten etwas unangenehm. Wenn er wollte berichtete er stolz von den Nächten die er mit Frauen verbracht hatte. Manchmal wirkte er dabei sogar etwas prahlerisch. “Und was?”, fragte Lancer murrend, als Paris die Pause so sehr es ging ausgedehnt hatte. “Wir schliefen miteinander. Sie roch nach Rosen, ihre Haut war so weich wie die Daunen eines Schwans. Ihre Lippen waren warm und samtig und-” “Das reicht, keine weiteren Details, wir haben es verstanden. Erenya, sagt er die Wahrheit oder lügt er?”, unterbrach Cassy ihn ruppig. Scheinbar wollte sie die ganze Sache doch nicht so ins Detail hören. Ich ehrlich gesagt auch nicht, wenn man bedachte, dass Paris oft genug um meine Gunst warb. Das letzte das man als umworbene Frau hören wollte, waren Bettgeschichten mit anderen Frauen, ob wahr oder nicht. “Er lügt. Archer ist in der Regel nicht der Typ der verlegen wird, wenn er von alten Liebschaften berichtet. Nicht einmal in meiner Gegenwart. Er ist auch ziemlich nervös, schaut niemanden in die Augen und reibt sich sehr Auffällig die Hände. Ich weiß aus Erfahrung, dass Archer niemanden gerne in die Augen sieht wenn er lügt, außerdem reibt er sich die Hände wenn er nervös ist. Vermutlich ist er aufgeregt weil er nicht will, dass man dies als Lüge erkennt.” “Archer, wie sieht es aus? Gab es diese widerwärtige Nacht?” “Nein…”, nuschelte Paris kleinlaut, als Cassy ihn förmlich mit ihren Worten die Pistole auf die Brust legte. “Du solltest kleinere Lügen erzählen. Selbst wenn du nicht so nervös gewesen wärst, hätte man das doch sofort erkannt”, schelte Lancer ihn. Irgendwie tat mir Paris leid, denn so von allen Seiten kritisiert zu werden, war einfach nicht schön. “Gut das heißt es steht Eins zu Null für Erenya. Saber ich hoffe du machst deine Sache besser als Archer.” Cassy grinste Mordred an, die nur wegsah. Ich konnte schon verstehen, dass Cassy meinte, dass Mordred nicht gut im Lügen war. Sie war von aufrichtiger Natur und trug ihr Herz im wahrsten Sinne des Wortes auf der Zunge. “Auch wenn ich dieses Spiel doof finde… okay. Der Zauber der meinem Vater unterstand hatte nach einen Erben für Vater gesucht und war der festen Überzeugung gewesen, dass ich für die Krone geeignet war. Vater hatte allerdings nicht vor mich als seinen Sohn, geschweige denn seinen Nachfolger zu akzeptieren. Also… wiegelte er meine Freunde gegen mich auf und… forderte mich zum Kampf heraus. Sie töteten dabei dieser Fr- Meine Mutter, in der Hoffnung, dass es mich hart treffen würde.” Ich hob eine Augenbraue und sah zu Mordred, die die ganze Zeit starr in ihre Tasse geblickt hatte. Durch den Augenkontakt konnte ich also nicht viel ausmachen, dafür bemerkte ich, wie angespannt Mordreds Schultern wirkten. Kurz illerte ich unter den Tisch und bemerkte den Grund dafür. Mordred hatte ihre Hände zu Fäusten geballt. Sie krampfte also wenn sie log. Na schön. “Und Erenya?”, fragte Cassy deutlich amüsiert von diesem Spiel. Wahrscheinlich gewann sie wirklich mehr Informationen aus jeder Geschichte als ich. “Sie lügt. Saber wirkt ziemlich steif wenn sie es erzählt. Gerade als sie von Ihrer Mutter sprach, schien sie sich zu verkrampfen. Sie vermied zwar den Augenkontakt, aber ich vermute sie tat es, damit es nicht so auffällt wie bei Archer.” Kaum dass ich mit meiner Ausführung fertig war, seufzte Mordred und zeigte damit nur zu deutlich, dass ich Recht hatte. “Treffer versenkt. Aber bei der Geschichte wirst du sicher nicht wissen ob sie wahr oder falsch ist!”, erklärte sie sofort und richtete sich auf. Ihr Blick war wieder auf die Tasse gerichtet, sie routierte mit den Schultern. Scheinbar versuchte Mordred sich locker zu machen. Ob sie dennoch eine Lüge erzählen wollte und versuchte sich locker zu machen, damit ich es nicht erneut erkannte. “Als ich unter Arthurs Rittern war, kämpfte ich an der Seite meines Vaters. Die Schlacht war blutig, unsere Gegner fraßen Staub und doch es gelang einem gegnerischen Ritter Arthur Excalibur aus der Hand zu schlagen. Auch wenn Arthur ein starker Ritter war, wusste jeder dass seine Macht durch Excalibur kam. Ich bemerkte, dass sein Schwert fehlte und fand dieses auf dem Boden. Ich hob es auf und spürte mit einem Mal etwas. Es war die Last die es dem Träger des Schwertes brachte. Eine unglaubliche Last, die die eines ganzen Königreichs war. Ich spürte auf einmal die Last und das Leid das mein Vater durchlebte und wollte nur eines… Ihm diese Last nehmen, ihm ein Leben schenken, dass er genießen konnte. Das war, bevor ich wusste, dass er mein Vater war.” Ich beobachtete Mordred, lauschte ihrer Stimme und versuchte herauszufinden ob sie wirklich Excalibur in der Hand gehalten hatte. Ihre Schultern wirkten entspannt und ich wusste auch, dass sie wirklich Ihrem Vater eine Last abnehmen wollte. Dass sie wirklich wollte, dass er lächelte. Auffällig war aber ihre Stimme, als sie davon sprach, dass sie das Schwert in der Hand gehalten hatte. Und dazu kam, dass ihr Mundwinkel zuckte, als sie von dem Schwert sprach. So als biss sie in eine Zitrone.  “Leicht ist es wirklich nicht, aber dennoch… ist es eine Lüge. Du hast Excalibur nie in den Händen gehalten. Ein Teil deiner Geschichte ist aber wahr. Du wolltest deinem Vater helfen, du wolltest ihm die Last nehmen. Du hast deinen Vater wirklich respektiert.” “Woran hast du es dieses Mal festgemacht?”, wollte Mordred wissen, und schien sich ergeben.  “Deine Mundwinkel zuckten als du Excalibur erwähnt hast und deine Stimme wurde leiser. Ich denke das geschah aus Respekt vor der wissenden Last.” Mordred errötete und blickte weg. “Ich bin also ein offenes Buch für dich, genau wie Archer.” Ihre Stimme klang schon verbittert, fast so als mochte sie den Gedanken nicht, dass sie so leicht zu durchschauen war. “Ich hab den Vorteil, dass ich weiß wie dein Leben verlief. Immerhin ist die Arthur-Saga sehr bekannt. Auch wenn ich gestehen muss, dass es einige Unterschiede gibt.” “Das liegt sicher nur daran, dass dir als Person aus dem Westen die dortigen Sagen und Legenden vertraut sind. Was meine Geschichte angeht, so bin ich mir sicher, dass du nicht so ein Glück haben wirst”, erklärte Lancer kampflustig. Er griff zu seinem Tee, nippte kurz daran und begann. “Als Kapitän meiner Einheit, habe ich viele Schlachten ausgetragen. Eine der bedeutesten war jedoch die Schlacht beim Hamaguri Vorfall. Wir verfolgten ein paar Choushin Vasallen in den Wald und sahen wie sie Seppuku begingen. Eine Schmach für uns, denn diese Bastarde hatten alles andere als Ehrenhaft gekämpft.” Ich war mir geschichtlich nicht sicher, wie wahr dieses Ereignis war. Lancer hatte Recht, im Westen lehrte man nicht die Geschichte Japans. Alles was ich wusste oder zu wissen glaubte, verdankte ich dem Spiel Hakuouki und einigen Hintergrundinformationen, die ich mir aus dem Internet gesaugt hatte. Ich beobachtete Lancer daher ganz genau. Sein Körper war nicht angespannt, seine Augen ruhten auf mir fixiert. Keine Nervösen Handlungen. Und doch war da etwas. Er war vorgebeugter, herausfordernder. Sein Lächeln war selbstsicher. Die Frage war nur was es bedeutete.  “Du bist dir ziemlich sicher, dass ich falsch liegen werde, oder?”, fragte ich und Lancers Grinsen wurde breiter. Ja, er war sich sicher, dass ich falsch liegen würde. “Ich weiß du wirst falsch liegen. Also wie ist deine Antwort?” Ein leises kichern drang von Cassys Seite, was Lancers Aufmerksamkeit auf sie lenkte. “Was, Caster?”, fragte er murrend, sein Lächeln war verstorben. Seine Körperhaltung änderte sich. Die Angriffslust war gewichen, er fühlte sich bedroht. Hatte er Angst?  “Du drängst sie schon ganz schön zur falschen Antwort, aber du kannst Master nicht täuschen. Sie kennt die Antwort bereits. Du solltest es doch am besten wissen, Lancer.”  Lancers Augenbraue zuckte. Er lehnte sich zurück und wandte seinen Blick zu mir. Er wirkte auf einmal verunsichert. “Sag es ihm Master.”, säuselte Cassy und grinste dabei bis über beide Ohren. “Die Hamaguri Rebellion gab es wirklich. Choushu versuchte einen Putsch und ich weiß, dass auch der Satsuma Clan half diese Rebellion nieder zu ringen. Die Shinsengumi wurde vom Aizu Clan zur Klärung geschickt, aber auf Reserve gestellt. Als aber der Aufstand losging, zogen sie zum Hamaguri-Tor.” Ich sah wie sich Lancers Augen weiteten. Scheinbar hatte mein Scheinwissen doch auf gewisse Weise Hand und Fuß. Und kaum dass Lancer das verstand, wurde er nervös. Aber warum? Es gab doch keinen Grund nervös zu werden, wenn er die Wahrheit sagte. Das konnte nur eines bedeuten. “Du lügst. Du bist niemals den Abtrünnigen nach. Vermutlich hat dir jemand aus der Shinsengumi von dem Seppuku erzählt. Was klar ist, ihr wart ein Team.” Lancers Mundwinkel verzogen sich, er holte tief Luft und schloss kurz die Augen. “Mieser Trick, Caster. Aber ja, ich hab gelogen”, antwortete Lancer und schien verstanden zu haben, dass Cassy ihn wirklich verunsichert hatte um mich der Wahrheit näher zu bringen. “Aber das kannst du nicht wissen, Master. Zu meinen Lebzeiten habe ich viele Frauen kennengelernt. Man sagte mir nach ich sei bei den Männern gnadenlos, bei den Frauen beliebt gewesen. Doch als ich mich von der Shinsengumi getrennt hatte, fand ich die Frau, von der ich mir gewünscht hätte, dass ich bis zum Lebensende an ihrer Seite sein konnte. Sie schenkte mir auch eine Tochter.” Ich brauchte nicht lange um zu wissen das er log. Denn diese Geschichte kannte ich. Es war wahr, er hatte eine Frau, er hatte auch ein Kind, aber dieses Kind war ein Sohn.  “Eine Tochter also?”, fragte ich und konnte sehen, wie Lancer sich zurücklehnte, die Arme verschränkte und kurz angebunden antwortete. “Ja.” Lancer hielt sich kurz angebunden, so als fürchtete er sich zu verplappern. Noch dazu kam seine Antwort viel zu schnell.  “Sie war sicher ein süßes Mädchen~”, wisperte Cassy und erntete Lancers bösen Blick.  “Du lügst, Lancer. Du hattest kein Mädchen, sondern einen Sohn.” “Woher-” “Wäre es wirklich ein Mädchen, hättest du Cassy Recht gegeben und stolz geprahlt, wie niedlich sie war. Vielleicht hättest du sogar über ihr Lächeln geschwärmt. Außerdem warst du auf meine Frage hin sehr kurz angebunden, und hast obendrein viel zu schnell geantwortet und keine Miene verzogen. Manche Menschen werden bei Erinnerungen an ihre Kinder melancholisch, zeigen Emotionen und denken an sie”, erläuterte ich und genoß förmlich wie Lancer ein wenig zu kochen begann. “Damit steht es wohl zwei zu null für Master. Kommen wir also ohne Umschweife zu meinen Geschichten.” Cassy lächelte geheimnisvoll und sah sich in den Reihen um. Ich war gespannt, was sie erzählen würde, denn sie selbst sah sich als eine Person, die man nicht so leicht durchschauen konnte, wo es aber dennoch machbar sein sollte. “In meiner Jugend wurde ich von Nymphen großgezogen, wodurch ich die Gabe des Sehens erlernte. Meine erste Vision war die von einer brennenden Stadt. Durch diese Vision wäre ich fast gestorben, doch ein Gebräu der Nymphen stärkte mich, so dass folgende Visionen kein Problem mehr waren.” Ich beobachtete Cassy. Ihre Stimme war stoisch und ruhig. Ihre Haltung war vollkommen normal, nicht angespannt, nicht abwehrend, einfach nur ruhig. Es war wirklich schwer zu erkennen ob sie die Wahrheit sagte. Doch da Cassy mir schon hin und wieder etwas über Vergangenheit erzählt hatte, fiel mir etwas auf. Ihre Finger bewegten sich, während ich sie weiter beobachtete. Wie ein Tick, wie eine Beschäftigung, damit sie nichts anderes tat. Oder tat sie es mit Absicht? “Das ist definitv nicht die Wahrheit, Cassy. Deine Finger bewegen sich zu angespannt.” “Sehr gut, Master. Ja, das war gelogen. Dann machen wir doch gleich mal mit dem nächsten weiter.” Cassy schwieg einen Augenblick, dachte ruhig nach und lächelte schließlich. “Ich war liiert mit einem Mann, der mir die Welt zu Füßen gelegt hätte. Doch bei einer Rebellion in seinem Dorf wurde er ermordet.” “Du… Was?”, hörte ich Paris antworten doch Cassy warf ihm einen strengen Blick zu, so dass Paris förmlich in sich selbst zusammen sank. Seufzend fuhr sich Cassy durchs schwarze Haar und schüttelte den Kopf. “Glaub es oder nicht”, murrte sie mit steinerner Miene und spielte mit einer Haarsträhne, indem sie sich diese an den Fingern zusammen lockte. “Gelogen. Du warst nie liiert, oder? Und Paris weiß das, deswegen reagierst du so giftig und versucht nun abzulenken, doch du spielst nervös mit deiner Strähne.” “Du hast mich ertappt. Ich selbst sah mich nie als liiert an. So, kommen wir zu Caster und Ruler. Wer von euch möchte den Anfang machen?” Süßlich lächelte Cassy die beiden an, wobei ihr Lächeln eher Caster galt, die unbeeindruckt auf ihrem Platz saß. Ruhig, gelassen, bedacht. “Dann werde ich wohl anfangen.” Es war Shirou der sich zu Wort meldet und mich sofort fixierte. Ein Schauer lief mir über den Rücken und doch war ich gespannt zu sehen wie er sich verhielt wenn er log. Oder was für Geschichten er zum besten gab. “Dies ist mein drittes Mal, dass ich beschworen wurde. Meine erste Beschwörung war auf Seiten der Einzberns. Dort agierte ich als Ruler. Doch weil der Krieg ein unschönes Ende nahm, verweilte ich auf Erden. Der große Gral wurde gestohlen und im darauffolgenden Fraktionskrieg trat ich als Assassins Master an und äußerte meinen ersten Wunsch. Dieser wurde mir vom Gral erfüllt, doch der Gral wurde fortgeschafft, dahin wo kein Mensch ihn je finden würde.” Ruler lächelte, wohingegen die anderen ihn aber ernst fixierten. Seine Worte schienen misstrauen zu wecken und bedachte man die Umstände wie er in diesem Krieg zum Ruler beschworen wurde, war dies nur verständlich. Ich jedoch wusste, dass er die Wahrheit sagte, was das Vertrauen in ihm nicht weniger erschüttern würde. “Also, Erenya, sag den anderen, was meine Geschichte für einen Wahrheitsgehalt hat.” Ich biss mir etwas auf die Unterlippe, war unsicher, ob ich es sagen sollte. Noch dazu war ich mir im klaren, dass Shirou wahrscheinlich ganz genau wusste, was ich über seine Vergangenheit wusste und was nicht. Daher fühlte es sich so an, als habe er bewusst etwas erzählt, was nur ich wissen konnte. War das ein Test? Wollte er mir damit etwas beweisen? “Ruler sagt die Wahrheit”, fiel mein Urteil kurz angebunden aus. Ich spürte das Lancers Blicke ernster wurden, dass er näher zu mir rückte, so als wollte er mich beschützen.  “Ich wusste, dass du es erkennen würdest”, erklärte Shirou und klang fast schon stolz. Und auch erleichtert. War es doch ein Test gewesen? “Dann komme ich mal zu meiner zweiten Geschichte. Wobei sie ist noch keine Geschichte. Durch die Kriege die ich erleben durfte als Servant, wurde mir bewusst, wie wenig Einfluss wir noch auf die Welt der Lebenden haben. Und ja, ich sehe ein, dass es nicht rechtens ist, wenn wir, die unsere Leben genutzt haben um das Weltgeschehen zu beeinflussen, noch versuchen zu intervenieren. Nichts desto trotz wünschte ich mir jemanden, der uns Servants beschützt und nicht länger wie ersetzbare Werkzeuge sieht. Dieser Wunsch bescherte uns Erenya. Und ich bin wirklich froh, dass sie hier ist. Sie ist mehr als ich mir gewünscht habe.” Mein Herz setzte einen Schlag aus, als Shirou mich ansah. In seinem Blick lag soviel Wärme, soviel Herzlichkeit. Er schien alle um uns herum auszublenden. “Was soll diese Gefühlsduselei? Versuchst du sie um den Finger zu wickeln, damit sie nicht erkennt, dass du lügst, Ruler?” Mordred schien nicht erfreut und sie war nicht die einzige. Paris Blicke hätten sicher Bonbons geworfen, Lancer hatte mich an sich rangezogen, so als wollte er mich vor Shirous Blicken beschützen. Auf Casters Wangen legte sich ein rötlicher Schimmer, so als erkannte sie das Geständnis, dass Ruler hier gerade machte. “Ruler lügt nicht. Er sagt die Wahrheit”, flüsterte ich und sah weg. Ich ertrug es nicht mehr, dass Shirou mich so ansah. Es war mir unangenehm. “Dann bin ich wohl die letzte. Es tut mir leid, aber ich kann euch keine Geschichten aus meinem Leben erzählen. Es war recht ereignislos. Ich widmete mein Leben Gott und erhielt von ihm Bilder, die zu meiner Zeit andere nicht zu sehen vermochten.” Caster lächelte, ihre Haltung war absolut natürlich, hatte sich nicht zu zuvor verändert. Und dennoch konnte ich mir nicht vorstellen, dass sie die Wahrheit in Gänze sagte. Vielleicht war sie sich dessen aber auch nicht bewusst. “Caster, ich halte dich für eine sehr kluge Frau. Dein Wissen zur Kräuter- und Heilkunde sind wirklich hervorragend. Noch dazu wurdest du als Servant in diesen Krieg beschworen, was bedeutet, dass dein Leben nicht so ereignislos warst, wie du uns glauben machen willst. Vielleicht hast du es nicht als ereignisreich wahrgenommen, aber es ist so wie Ruler sagte, deine Existenz hat das Weltgeschehen beeinflusst und aus dieser Welt das gemacht, was sie heute ist.” “Deine Worte ehren mich, Erenya. Aber ich war wenn nur eine einfache Beraterin. Meine Empfehlungen waren eben nur das. Ob der Beratene sie umsetzt lag immer schon in seinem Ermessen. Demnach sind die einflussreichen Taten von eben jenen und nicht von mir gekommen.” Caster lächelte sanft, griff zu ihrem Tee und trank diesen aus. Sie erhob sich von ihrem Platz, verbeugte sich an Shirou gewandt. “Danke für den Tee, Ruler. Diese Runde war wirklich sehr aufschlussreich. Ich werde meinem Master mitteilen, was ich heute erfahren habe. Einer Partnerschaft zur Befreiung des Verwandten von Sabers Master steht nichts im Wege. Seid euch dessen bewusst.” Fragend sah ich zu Cassy, die eindeutig nicht erfreut war. Scheinbar hatte sie gehofft, mehr über Caster zu erfahren, doch was sie gehört hatte, war sicher nicht ausreichend gewesen. Vielleicht hatte Caster ihren Plan durchschaut und deswegen darauf verzichtet an diesem Spiel teilzunehmen. “Roter Caster, ich vertraue dir immer noch nicht”, setzte Caster an Cassy gewandt zu. Ihr Lächeln verstarb und ihr Blick wurde ernster. “Aber ich durfte Erenya kennenlernen. Und ich bin mir sicher das du nicht ganz unbeteiligt an meiner damaligen Rettung bist. Daher werde ich dich in den Reihen der schwarzen Fraktion akzeptieren.” Caster verbeugte sich, bevor sie in Richtung der Tür, am Tisch vorbei lief. Vor Bersi blieb sie stehen. Sie sah ihn an, zog etwas aus ihrer Tasche und reichte es ihm. Sie lächelte dabei, flüsterte etwas, dass nur er hören konnte. Schließlich verließ sie die Kirche und ihre Aura schwand vollständig.   Nachdem Caster gegangen war, hatte sich auch Mordred verabschiedet. Sehr erfreut darüber, dass wir keinerlei Planung begonnen hatten, schien sie nicht. Cassy garantierte ihr aber, dass sie sich demnächst melden würde mit einem Plan, der dieses Mal für den Erfolg sorgen würde. Kurz darauf hatte Cassy auch Paris mitgenommen und Lancer war ebenfalls gen Heimat verschwunden. Lediglich Shirou, Bersi und ich waren in der Kirche verblieben und räumten den Tisch beiseite.  “Das war wirklich ein sehr aufschlussreiches Spiel”, erklärte Shirou, als wir in seiner kleinen Küche standen und das Geschirr per Hand abwuschen. “Ich hab noch nie so bewusst auf die Körpersprache meiner Servants geachtet. Aber ich denke ich habe dadurch wirklich mehr über sie gelernt.” Ich trocknete gerade einen Teller ab und stellte diesen zurück in den Schrank, den mir Shirou zuvor gezeigt hatte. “Nur über sie?”, fragte er spitzbübisch und ich erinnerte mich daran, was er gesagt hatte. Dass ich mehr war als er sich gewünscht hatte. An seine Blicke, die er mir in diesem Moment zugeworfen hatte. “Mir wäre lieber gewesen du hättest in diesem Moment gelogen.” “Ich würde dich niemals belügen. Dazu bist du mir zu wichtig. Auch wenn ich bereits wehmütig werde, wenn ich daran denke, dass ich dich nach dem Krieg verlassen muss.” Ich errötete, holte tief Luft und spürte, wie ich zitterte. Entweder wusste Shirou nicht was er da sagte, oder er hatte seine Freude mich mit seinen Implikationen verlegen zu machen. “I-Ich sollte dann mal gehen. Berserker ist sicher auch schon fertig und Lancer wird sicher wieder grummelig wenn ich zu spä-” Ich konnte gar nicht so schnell gucken, wie ich Shirous sanfte Lippen auf meiner Wange spürte. Entsetzt sah ich ihn an, direkt in die Augen. So nahe wie er mir war, musste ich keine Körpersprache verstehen um zu wissen, was er da gerade implizierte.   Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)