Vom Fuchs und Raben (NEU!) von Momo_Author ================================================================================ Kapitel 7: Kapitel 7: Ein Rabe zur Rettung ------------------------------------------ Kapitel 7: Ein Rabe zur Rettung „Und, wie hat dir die Arbeit im Antik gefallen?“ Herr Yoshimura begrüßte Kisuna am darauffolgenden Morgen besonders freundlich. Er hatte um ein Gespräch gebeten. Deshalb nahm sie, wie bei ihrem ersten Aufeinandertreffen, auf der Couch gegenüber von ihm in einem der Hinterzimmer des Café Platz. Es kam ihr beinahe zu freundlich vor, das war sie nicht gewohnt. „Gut, wieso fragen Sie? Gab es Probleme?“ „Probleme?“, er lachte vergnügt. „Oh, nein, im Gegenteil.“ Sie verstand nicht wirklich. Bis Yomo sich zu den beiden gesellte und sie diese seltsame, wortkarge Show abzogen, wobei keiner der beiden einen Ton verlor, der andere jedoch sofort wusste, was der Erste meinte. Die beiden waren wirklich eine Klasse für sich. Und sie führten definitiv wieder etwas im Schilde. „Was ist es diesmal?“, fragte sie, wobei sie eine Augenbraue kritisch hochzog. Yoshimura schob ihr einen Kaffee entgegen. „Ich möchte dir etwas anbieten. Schließlich sehe ich, dass du dich wirklich anstrengst. Das soll nicht unbelohnt bleiben.“ Skeptisch runzelte sie die Stirn, sah zu Yomo, der wie gewohnt die Arme vor der Brust verschränkt hatte, dann wieder zu Yoshimura. Der erkannte ihr Misstrauen und wollte sie nicht mehr länger warten lassen. „Yomo hat mir erzählt, dass du zeichnest. Ich habe dein Werk von ihm gesehen, das ist beeindruckend.“ „Danke, aber ich verstehe immer noch nicht ganz, was ihr beide geplant habt.“ Wieder lachte der ältere Herr. Seine Falten bogen sich dabei in die verschiedensten Richtungen, was Kisuna wiederum amüsant fand. „Nun ja, wir haben hier im Erdgeschoss einen Raum, der eigentlich ungenutzt ist. Dort stehen nur ein paar Kisten und Geschirr. Ich habe mir gedacht, wir könnten daraus ein Atelier für dich schaffen. Natürlich nur, wenn du das möchtest.“ „Wirklich, im Ernst?“ Kisuna sprang vor Freude aus dem Sofa. Dann atmete sie tief ein und aus, räusperte sich verlegen und setzte sich dann wieder. „Entschuldigen Sie, aber damit habe ich überhaupt nicht gerechnet. Ich würde das Angebot sehr gerne annehmen. Sind Sie auch sicher?“ Der Chef lächelte ihr herzlich zu. „Selbstverständlich. Du hast es dir verdient.“ Erneut erhob sich die Ghula, spazierte um den Tisch herum zum anderen Sofa, auf dem der alte Herr saß und verbeugte sich tief. Sie war den beiden anderen Ghulen unglaublich dankbar, dass sie hier eine Unterkunft, ein Heim gefunden hatte. Und doch fand Herr Yoshimura immer noch einen Weg, sie mehr zum Staunen zu bringen. Ein eigenes Atelier, wie genial war das den bitte? Als sie sich wieder hochbeugte sah sie zuerst in Yoshimuras zufriedenes Gesicht, dann zu Yomo. Sie wollte sich auch bei ihm bedanken, doch war sie noch etwas unsicher wie sie dies tun sollte. Eine einfache Verbeugung reichte allerdings für beide eigentlich schon lange nicht mehr aus. Bevor sie die Gelegenheit hatte, zu Yomo etwas zu sagen, unterbrach sie der Chef bereits. „Möchtest du dir den Raum gleich noch ansehen?“ Kisuna nicke zustimmend. Herr Yoshimura gab seiner rechten Hand ein Zeichen, sie verstand sofort. „Yomo wird ihn dir zeigen, ich muss mich leider für heute schon verabschieden.“ Die Ghula verbeugte sich nochmals, bevor der ältere Herr schließlich den Laden über den Seiteneingang verließ. Hoffnungsvoll sah sie zu Yomo, welcher nun gelassen auf sie zukam. Seine Schritte hallten wieder, oder war es etwa das Pochen in ihrem Ohr? Ihr Herz schlug schneller, umso näher er ihr kam. Wieder erinnerte sie sich an den Kuss, den sie gestern geteilt hatten. Hitze stieg in ihr auf, sie biss sich nervös auf die Unterlippe. Als er sich an ihr vorbeibewegte, konnte sie für einen flüchtigen Moment seinen Geruch wahrnehmen. Er tanzte in ihrer Nase und sogleich fühlte sie sich entspannter. Sie erinnerte sich an den Abend, an dem er sie fest in den Armen gehalten hatte, als sie schreiend aufgewacht war. Bereits dort hatte sein Duft sie verlockt. Yomo stand schon einige Meter vor ihr, hatte sich umgedreht um nachzusehen, wo sie denn blieb. Etwas aufgeregt holte sie ihn auf, betrachtete ihn aus dem Augenwinkel heraus, als beide wieder Schritt aufnahmen. Er bemerkte dies und sah sie ebenso an. „Was ist?“ Seine Stimme klang ernst, doch gleichzeitig etwas besorgt. Kisuna konnte ihm nicht länger in die Augen schauen, zu sehr hang ihr die Erinnerung nach, spürte sie noch immer seine Lippen auf den ihren. „Nichts“, antwortete sie eintönig, wollte nicht, dass er ihr die Angespanntheit anmerkte. Doch das würde Yomo so oder so. Als er plötzlich stoppte, staunte die Ghula nicht schlecht. „Wow, das ist ja riesig!“, stellte sie überrascht fest. Sie begann den Raum zu observieren, begann sich bereits auszumalen, wie sie ihn einrichten würde, wo und wie sie ihre Materialien anrichten würde. All das während Yomo sie, gegen einen Tisch lehnend, seine Arme verschränkt vor der Brust haltend, beobachtete. Schließlich sah sie zu ihm, er fing ihre Blicke wie magisch ein, schien sie zu absorbieren. Es war als ob er ihre Aufmerksamkeit automatisch auf sich zog, nur in dem er sie stets im Auge behielt. Da fiel ihr ein, dass sie sich noch bei ihm bedanken wollte. Gerade stand sie einfach nur da, sah ihn an und überlegte. Es musste dumm wirken, aber das interessierte sie nicht. Denn weder sie ließ ihn, noch er sie aus den Augen. Der Blick beider Ghule haftete jeweils konzentriert auf dem Anderen. Yomo senkte den Kopf etwas, hinterfragte er die Situation gerade? Dann bewegte sie sich endlich auf ihn zu. Er hob den Kopf wieder, war wohl gespannt, was sie vorhatte. So genau wusste Kisuna dies auch nicht, aber wollte sie nicht mehr länger einfach nur mitten im Raum wie angewurzelt dastehen und Löcher in die Luft starren. Wohl eher Löcher in Yomo starren. Sie wollte sich unbedingt noch bedanken, doch je tiefer Yomos Blick sie durchdrang, umso mehr kreuzte der Kuss ihren Gedanken aufs Neue und ließ sie innerlich erbeben. Es fühlte sich an wie in Trance. Kisuna dachte zurück an das Gefühl seiner Hände auf ihren Hüften, wie er sie an sich, an seinen muskulösen Oberkörper zog, er seine Finger während des Kusses in ihre Haut drückte. Wie seine Lippen auf die ihren trafen und ihre Zungen sich in einem sinnlichen Tanz abwechselten. Wieso musste sie immer noch daran denken? Was war es, dass Yomo in ihr auslöste, sodass sie anscheinend nicht mehr klar denken konnte? Kisuna dachte über all dies nach, während sie auf ihn zuschritt. Versunken in ihrer eigenen, inneren Welt bemerkte sie nicht, wie sie versehentlich stolperte. Sie riss ihre Augen weit auf, als sie bereits am Fallen war. Doch war sie schon nah genug an dem männlichen Ghul gewesen, sodass sie auf ihn fiel und sich vor Schreck an seinem Shirt festklammerte. Yomo hatte einen Arm auf den Tisch hinter sich gestützt um Halt zu bewahren, dabei umschlang sein anderer Arm die gestürzte Kisuna. Diese lehnte an seiner Brust, den Kopf darin vergraben. Als sie hochsah, warf sie ihm einen beunruhigten Blick zu. Verwirrung und Verlegenheit standen ihr ins Gesicht geschrieben, hatte er sie schließlich schon wieder aufgefangen. „Irgendwie lande ich immer in deinen Armen“, lachte sie etwas zaghaft. „Schon gut“, meinte Yomo. Sein Blick schweifte von ihr ab. Moment, war das ein Ausdruck von Verschämtheit seinerseits? War das bei ihm überhaupt möglich? Kisuna hätte schwören können, dass er gerade etwas errötet war... Oder bildete sie sich das nur ein? Ohne Scheu legte sie ihre Wange wieder auf seiner Brust ab. „Erst der Kuss und jetzt das...“, murmelte sie unbedacht vor sich hin. Dann wurde ihr erst bewusst, dass sie es laut ausgesprochen hatte. Entgeistert sah sie zu ihm hoch, nun wieder in seine Augen. Auch Yomo sah etwas erstaunt aus. „Das ähm, war keine Absich“, stotterte sie betreten. Nanu, was war denn nun mit ihr geschehen? Wieso genierte sie sich so? Seufzend ärgerte sie sich über ihre eigene Absurdität. „Das habe ich mir eigentlich nur gedacht“, fügte sie schließlich noch hinzu. Sie wich seinem Blick aus. Doch die Stille war ihr wiederum ebenso unangenehm. „War es... war es dein erster Kuss?“, hakte sie weiter nach. Blamiert hatte sie sich bereits, also konnte sie ihn auch das noch fragen. Mit einer richtigen Antwort rechnete die dunkelhaarige Ghula bei Yomo bezüglich solcher Themen sowieso nicht. „Und wenn es das war?“ Kisuna zuckte auf, wagte wieder einen Blick zu ihm. Wie gewohnt ruhte sein Augenmerk konzentriert auf ihr. Er hielt sie noch immer in seinen Armen, hatte schon seinen anderen Arm um ihre Hüfte gelegt, damit er sie besser festhalten konnte. Warum genau Yomo diese Nähe ohne Weiteres zuließ, wusste er selbst nicht so genau. Doch es störte ihn nicht, ihr Halt zu geben, sie gegen seine Brust gepresst zu spüren. Wie ihre Hände leicht zitterten und sie sich etwas unsicher an ihm festkrallte. Er wusste, dass sie das nicht bemerkte, doch er ließ sie einfach. Er würde sie nicht von sich wegschieben, was würde das bringen? Oder wollte er es vielleicht auch gar nicht? Kisuna war sichtlich überrascht von seiner Antwort. Andererseits wusste sie, dass er unerfahren auf diesen Gebieten zu sein schien. „Tut mir Leid, dass du deinen ersten Kuss an mich verschwenden musstest.“ Es war ihr deutlich unangenehm. „Wieso verschwendet?“ Wieder zuckte sie auf, ihre Augen durchfuhren Yomo mit Neugierde. „Hat es... hat es dir denn gefallen?“, fragte sie, etwas verwundert und dennoch hoffnungsvoll. Was sollte er denn darauf antworten? Bisher war der männliche Ghul noch nie in solch eine Lage geraten, Kisuna hatte ihn verwirrt. „Schon gut, sag nichts“, unterbrach sie ihn dann aber doch und fuhr sich nervös durchs Haar. „Ich habe dich schon zu sehr mit meiner Fragerei bedrängt“, ergänzte sie, wobei sie verkrampft lächelte. Yomo wunderte sich über ihren plötzlichen Rückzug. Sonst war sie doch immer so aufbrausend? Verlegen senkte sie den Blick und hielt kurz Inne. Dann beugte sich die Ghula etwas hoch und küsste ihn auf die Wange. „Eigentlich wollte ich mich noch bei dir bedanken... also...Danke, Yomo.“ Zaghaft stützte sie sich auf, versuchte sich aus seinen Armen zu lösen. Yomo packte sie jedoch an den Schultern, bevor sie die Chance hatte, sich von ihm abzuwenden. Seine grauen Augen fesselten sie mit seinem Blick, ließen sie nicht entkommen. Kisuna fühlte sich wie in seinen Bann gezogen, wusste dass sie errötete. Sie öffnete den Mund etwas, entschied sich dann doch dazu, zu schweigen und wartete gespannt, was er nun vorhatte. Sein Verhalten war äußerst untypisch, aber das war das ihre wohl auch. Wann war sie schon gar verlegen? Und zierte sich so vor einem Mann? Yomo schaffte es wohl irgendwie, tiefer zu ihr durchzudringen, seine Berührungen allein reichten schon aus um sie in Bedrängnis zu bringen. Das hatte sie noch nie und sie wusste nicht, was sie davon halten sollte. Was war es nur? Was würde er jetzt tun? Warum sah er sie so an? Was fühlte sie da? „Was macht ihr beiden denn da?“, platzte eine weibliche Stimme hervor, sie ließ beide Ghule aufhorchen. Es war Touka. Kisuna wandte sich von Yomo los, platzierte sich einen Schritt weit entfernt von ihm mit verschränkten Armen. Gleichfalls tat er dies. „Yoshimura meinte ich würde euch hier finden. Damit habe ich aber nicht gerechnet, was war das?“ „Nichts.“ Yomo antwortete kurz und knapp für beide. „Nach Nichts sah das aber für mich nicht aus.“ Touka drehte sich zu Kisuna hin. „Du bist doch die Neue, habe ich da Recht?“ Diese nickte. „Ja. Kuromori Kisuna, freut mich dich...“, sie überlegte einen kurzen Moment. „...vernünftig kennenzulernen.“ „Tss.“ Die blauhaarige Ghula hielt anscheinend nicht viel von ihrer Antwort, aber das dachte sie sich bereits. Nichts was sie jetzt gesagt oder getan hätte, hätte diese Situation noch retten können. „Und bist du nicht diejenige, die Yomo verletzt hatte?“ Kisuna knirschte die Zähne zusammen. Yomo sah zu ihr, wollte ihr wohl verdeutlichen, Ruhe zu bewahren. „Ja, die bin ich wohl“, entgegnete sie monoton. Touka zog darauf skeptisch eine Augenbraue hoch. „Und jetzt willst du es gutmachen, in dem du dich an ihn schmeißt?“, hakte diese weiter nach. Kisuna war deutlich genervt, doch versuchte sie sich wirklich zurückzuhalten. Herr Yoshimura hatte sie längst aufgeklärt, dass diese Ghula wohl nicht mühelos zu überzeugen war. „Wie lächerlich ist das denn.“ „Touka.“ Yomo funkte dazwischen, bevor sie selbst auch nur ansatzweise reagieren konnte. Besser so. „Du bist auf ihrer Seite?!“ Empört stemmte die Andere die Hände in die Hüften. Kisuna verdrehte genervt die Augen. „Ich bin auf keiner Seite.“ Der männliche Ghul hatte sich aufgerichtet, sein Blick wieder streng. Seine Muskeln spannten sich in seinem gewöhnlichen weißen Shirt und seine Augen verengten sich. Kisuna kannte diese Pose, sie bedeutete nichts Gutes. Glücklicherweise war jedoch nicht sie diejenige, die mit Yomos schlechter Laune bestraft wurde. Nein, es war Touka, die selbst mehr als nur vor Ärger aufgeladen zu sein schien. Eine Weile starrten sich die beiden an, dann seufzte die andere Ghula gereizt. „Ich soll euch ausrichten, dass wir heute zu dritt Schicht haben. Wir öffnen in einer halben Stunde, seit dann vielleicht fertig mit euren Liebeleien.“ Energisch drehte Touka sich um, warf Kisuna dabei noch einmal einen prüfenden Blick zu und spazierte davon. Yomo seufzte ebenso, sah dann zu ihr, die sich nicht einen Zentimeter bewegt hatte, doch völlig verwirrt war. „Was war das denn?“ Sie atmete tief ein und wieder aus. „Ist sie immer so angriffslustig?“ Yomo nickte nur, worauf sie ebenfalls seufzte. „Der Chef hat das mit Absicht gemacht“, stellte sie fest, wobei sie die Hände schwungvoll in den Nacken warf. Auch darauf nickte er. Die Arbeit mit Touka funktionierte relativ entspannt, was Kisuna erstaunte. Vor den Kunden lächelte sie sogar, war freundlich, ganz anders als zuvor zu ihr. Aber das musste sie wohl auch. Beide Ghule brachten nun reichlich schneller die Bestellungen an den Tisch, wobei Kisuna noch öfter Yomo hinter der Theke etwas half. Mittlerweile hatte sie den Trick herausgefunden, damit auch ihr Kaffee vergleichsweise genießbar schmeckte. So gut wie Yomo oder der Chef selbst war sie natürlich lange noch nicht, doch sie freute sich über den Fortschritt, den sie gemacht hatte. Und er blieb auch ihrem Kollegen nicht unbemerkt. Yomo hatte sie gelobt, selbstverständlich hatte sie dies noch um einiges mehr motiviert. „Hey, sieh mal!“, flüsterte sie ihm dann zu. „Das ist doch Nozomi dort drüben, die unbedingt mit dir ausgehen wollte.“ Kisuna deutete auf die blonde Schönheit, sie hatte an einem Tisch am Fenster Platz genommen. Ihr gegenüber saß ein gutaussehender junger Mann, ein Ghul, der ebenfalls öfters das Antik besuchte. Die beiden schienen sich gut zu unterhalten. „Sie ist schnell über dich hinweg gekommen“, scherzte Kisuna. Ein freches Grinsen konnte sie sich dabei nicht verkneifen. Yomo sah sie misstrauisch an. Sie hatte sich auf den Tresen gestützt, der Kopf ruhte in einer Hand. „Was hast du noch getan, gestern?“ Erschrocken fuhr sie auf. Hatte Yomo sie durchschaut? Sein Blick hatte sich verfinstert, kein gutes Zeichen. „Nichts schlimmes, ich habe sie nur noch einmal zurechtgewiesen.“ Er runzelte die Stirn, schien ihre Aussage anzuzweifeln. Sie hatte nicht gelogen, nur die Wahrheit etwas verschönert. Der Blick der anderen Ghula streifte durch den Raum, erfasste Kisuna, worauf sie blitzschnell wieder wegsah. Diese schmunzelte zufrieden, erntete darauf erneut einen strengen Blick von Yomo. „Hey, du bist nicht fürs Faulenzen hier“, beschwerte sich Touka, die mit leeren Tellern zu den beiden zurückhuschte. Kisuna richtete sich auf und half ihr. Dennoch konnte sie spüren, wie Yomos Blick sie weiterhin verfolgte. „Willkommen im Antik, was darf es für Sie sein?“, fragte sie äußerst freundlich am nächsten Tisch angekommen. „Einen Kaffee, schwarz. Und vielleicht noch deine Nummer?“ Wie bitte? Verblüfft sah sie ihren neuen Kunden an. Er war attraktiv, hatte karamellbraunes Haar, das nach hinten geglättet war. Ein paar einzelne Strähnen wollten aber nicht sitzen und fielen ihm in sein schmales Gesicht. Seine Augen schimmerten ebenso bräunlich, jedoch ein paar Töne dunkler als seine Haarpracht, sie musterten Kisuna von oben bis unten. Er war athletisch gebaut, nicht so muskulös wie Yomo, aber dennoch angenehm zu betrachten. Seine schwarze Lederjacke passte zu seinen dunklen Sneakers, die definitiv ein Vermögen gekostet hatten. Und er war ein Mensch. Sie lächelte neckisch, begann dann die Bestellung zu notieren. „Kommt sofort. Wenn du dir das nächste Mal etwas Besseres einfallen lässt, vielleicht.“ Sie zwinkerte ihm amüsiert zu, fragte dann seinen Freund neben ihm nach seinen Wünschen. „Steht das Angebot auch wirklich?“, hakte der Kerl nochmals nach. Kisuna überlegte einen Moment. Warum eigentlich nicht? Vielleicht könnte sie mit ihm ihren Spaß haben. Essen könnte sie ihn sowieso nicht, dann würden der Chef und Yomo sie wohl wieder auf die Straße setzten. Außerdem wollte sie nicht ihr frisch gewonnenes Atelier opfern müssen. Doch ein wenig Unterhaltung, was könnte das schon schaden? „Kommt darauf an, was du zu bieten hast.“ Schwungvoll wandte sie sich um und brachte die Bestellung zu Yomo. Dieser sah überhaupt nicht begeistert aus. Eifrig half sie ihm, alles zuzubereiten, um seinem strikten Ausdruck schnell entfliehen zu können. Was hatte er nun schon wieder? „Hier, das Gewünschte.“ Es klimperte ein wenig, als sie die Tassen abstellte. Der junge Mann nahm seinen Kaffee freudig und vor allem flott entgegen, streifte dabei ihre Hand. Natürlich war dies beabsichtigt, er wollte sie wohl unbedingt überzeugen. „Deine Tattoos sind echt cool und so gut gestochen“, komplimentierte er die Ghula. Dann krempelte er einen Ärmel hoch. „Hab‘ bis jetzt nur eines, aber ich möchte definitiv mehr.“ Kisuna fühlte sich schon etwas geschmeichelt. Da sowohl beide ihre Oberarme, Hände als auch ihr Dekolletee und Hals tätowiert waren, stoß sie häufig auf Ablehnung und Ekel. Viele fanden ihre vielen Tätowierungen widerwärtig, abscheulich und skandalös. Doch das interessierte sie nicht. Viel mehr schätzte sie es jedoch, wenn auch jemand daran Begeisterung fand. Wie Uta oder eben dieser Mann hier. „Du sammelst Pluspunkte, was findest du noch gut an mir?“, wollte sie wissen, wobei sie ihm ein freches Lächeln schenkte. „Wenn ich ehrlich bin, bis jetzt alles. Sonst hätte ich dich doch nicht angesprochen. Meine Name ist übrigens Katou Akio.“ Er lächelte freundlich, doch sein Blick strahlte Stolz aus. Kisuna wollte ihren echten Namen nicht nennen, also überlegte sie sich schnell einen anderen Nachnamen. Er war schließlich immer noch ein Fremder, ein Mensch noch dazu. „Ishida Kisuna. Freut mich.“ Sein Lächeln wurde breiter, seine Augen funkelten noch heller. „Darf ich dich zum Essen einladen?“, fragte er geradeheraus ohne einen Funken Scheu in seinem Ton. Seine Selbstsicherheit ließ sie perplex zurück, sie atmete tief aus. „Warum nicht.“ Katou-san strahlte überlegen, lies sich dann gegen die Lehne des Stuhles fallen. Einen Arm hatte er darauf abgelegt, er wirkte wie einer dieser Aufreißer aus alten Romance-Filmen. „Wie wäre es gleich heute Abend?“ „Von mir aus. Du kannst mich hier abholen nach meiner Schicht, 20:00 Uhr.“ Er nickte gut gelaunt und nahm schließlich triumphierend einen Schluck von seinem Kaffee. Kisuna hatte wieder Kurs zurück zum Tresen aufgenommen, wo Yomo bereits mit düsterem Blick auf sie wartete. Er signalisierte ihr, dass sie mitkommen sollte, gab Touka ein Zeichen, dass sie kurz Pause machten, da nicht viel los war. Mit mulmigem Gefühl verschwand sie mit ihm durch die Tür in den hinteren Gang. „Was ist?“ Sie runzelte verwunder die Stirn. Yomo hatte sich ihr gegenüber aufgebaut, die Arme vor der Brust gekreuzt. Das war seine übliche Pose, die er stets einnahm. „Was war das eben?“ Langsam dämmerte es ihr, was er von ihr wollte. Mit einem schwermütigen Seufzer ließ sie sich gegen die Wand hinter sich fallen, verschränkte die Arme genau wie ihr Gegenüber. „Ich wurde zum Essen eingeladen und habe zugesagt.“ Sie verstand es als nichts Großartiges. „Ja, er ist ein Mensch, aber ich werde ihm nichts tun. Ich will nur meinen Spaß und er meiner Meinung nach genauso. Nicht mehr.“ Nun runzelte Yomo die Stirn. „Spaß?“ Kisuna rollte instinktiv mit den Augen. „Muss ich dir das wirklich erklären?“ „Nein.“ Seine Stimme klang bestimmt und ein wenig erbost. War er nun wirklich auf sie sauer? „Hör mal“, begann sie, während sie Yomo mit ihren Augen fixierte. „Er kann uns nicht gefährden, solange ich ihm nichts antue. Und er kennt auch nicht meinen richtigen Nachnamen.“ Noch immer vorwurfsvoll hob Yomo eine Braue. Es war doch nicht wie bei ihm eine verrücktgewordene Ghula, sondern ein einfacher Mensch, der höchstens einen Hang zur Arroganz aufwies. Das war es aber auch schon, also was sollte das Ganze? Yomo kam einen Schritt auf sie zu, blickte zu Boden. Es wirkte, als ob er nachdenken würde. Nachdem er kurz Inne gehalten hatte, sah er wieder zu ihr. Seine kühlen, grauen Augen durchdrangen sie, ließen sie leicht erzittern. „Du solltest absagen.“ Seine Worte hallten in ihr nach. Er konnte doch nicht einfach so über sie hinweg entscheiden, was dachte er sich dabei? „Werde ich aber nicht.“ Trotzig schnaubte sie durch die Nase aus, spürte dabei wie ihr Atem an ihrer Nasenspitze kitzelte. Wieder kam er näher auf sie zu. Er stemmte die Hände neben sie gegen die Wand, verlagerte sein Gewicht auf ein Bein und fokussierte sie bedrohlich mit seinem Blick. Kisuna fühlte sich bedrängt, denn sie wusste, dass an seinen durchtrainierten Armen kein friedlicher Weg vorbeiführte. Gereizt wich sie seinem Blick aus, sah nach rechts, wo sich der Gang weiter nach hinten erstreckte. „Was soll das, hm?“ Yomo hingegen interessierte ihre Frage aber nicht, er beugte sich weiter zu ihr vor. Nun konnte die Ghula wieder seinen Geruch wahrnehmen, konnte sich diesem ebenso nicht entziehen, auch wenn sie gerade wütend auf ihn war. „Es ist leichtfertig und keine gute Idee.“ Sein Ton wurde zorniger, er meinte es wohl wirklich ernst. „Das ist aber nicht deine Entscheidung“, entgegnete sie ihm schnippisch und starrte impulsiv zurück. Yomos Blick verfinsterte sich erneut. Nach einer kurzen Weile seufzte er, ließ letzten Endes von ihr ab, drehte ihr den Rücken zu und ging Richtung Café. „Wie du meinst.“ Kisuna richtete sich ebenso auf. Spannung verließ ihren Körper, der Ärger wich langsam von ihr. Dafür verspürte sie nun deutlich eine Blockade in ihrer Brust. Es war, als ob jemand auf ihre Lunge drücken würde und sie deshalb nicht vollends ein-und ausatmen konnte. „Verdammt, Yomo...“, murmelte sie für sich. Als ihre Schicht zu Ende war, half Kisuna den anderen beiden noch putzen. Sie fühlte sich überhaupt nicht wohl, wusste das Yomo ihr eindeutig böse war. Er erschien ihr noch stiller als sonst und das war bereits fast unmöglich, da er nie wirklich viel von sich gab. „Fertig.“ Touka ließ erschöpft einen Atemzug ausdringen. Sie machte sich auf den Weg in ihr Zimmer, somit blieben die beiden allein übrig. „Ich gehe noch schnell mit hoch, mich umziehen“, teilte sie ihm mit, doch er sah sie nicht einmal an. Ein stumpfes „Mhm“, war seine einzige Reaktion. Als sie die Wohnung wieder verließ, fühlte sie stets noch Schwermut, doch versuchte sie dies zu ignorieren. Das Essen hingegen lief einigermaßen gut. Gewiss schmeckte alles für die Ghula einfach grauenhaft, doch ein routinemäßiger Gang zu den Sanitäreinrichtungen glich dies wieder aus. Akio war definitiv von sich überzeugt, hatte einen leichten Drang zur Dramatik, aber das störte sie nicht. Sie musste sich ehrlich eingestehen, dass sie die Hälfte seiner Worte nicht einmal richtig aufnahm. Zu sehr schwebte sie in ihren Gedanken, die stets bei Yomos erzürntem Blick festhingen. Dieser Blick, er erschien ihr auf eine gewisse Art und Weise nicht nur zornig, nein, sondern zudem verletzlich. Kisuna dachte, sie hätte sich dies nur eingebildet, doch er hatte sich so festgesessen, dass sich die Situation immer und immer wieder vor ihrem inneren Auge abspielte. Wie in Dauerschleife sah sie seine grauen Augen direkt durch sie hindurchsehen. Schlug er sie zu, öffneten sie sich sofort wieder mit demselben Ausdruck, der ihr Sorgen bereitete und gleichzeitig Wut in ihr aufsteigen ließen. „Gehen wir?“, riss Akio sie aus ihren Gedanken. Nun hatte sie ihre Chance verpasst, noch ein letztes Mal zu den Toiletten zu gehen. Sie ließ es bleiben, war der Meinung, dass es mittlerweile zu auffällig werden würde. Als sie das Restaurant schließlich verließen, war ihr bereits unwohl in der Magengegend. „Und jetzt?“ Katou-san schien wohl Nichts anbrennen lassen zu wollen. Doch Kisuna war mittlerweile nicht mehr nach Spaß zumute. Sie konnte sich nicht mehr konzentrieren, hatte das Gespräch beinahe schon ganz vergessen. Es hatte sowieso keine Bedeutung, wenn sie ehrlich war. Alles, was die Ghula sich aus diesem „Date“ erhofft hatte, hätte sowieso erst zur späteren Stunde stattgefunden, also was nutzte ihr schon der Smalltalk? „Weiß nicht, was meinst du?“ Sie sagte einfach irgendetwas. Akio blieb abrupt stehen, nahm sie an der Hand und gestikulierte mit seiner andern Hand komische Zeichen in die Luft. „Naja, was hast du dir denn gedacht, was wir machen?“ „Um bei der Wahrheit zu bleiben, Bettspaß... Aber ich bin nicht mehr in Stimmung, also bring mich einfach zurück zum Laden.“ Sie schritt voran, doch der junge Mann zog sie zurück. Dann schüttelte er ungläubig den Kopf, nahm ihre zweite Hand und drückte fest zu. Was sollte das? „Nein, Kisuna. Was wird denn dann aus MEINEM Spaß?“ „Bespaß‘ dich doch selbst. Jetzt lass mich bitte los.“ Katou-san war ihr nicht mehr geheuer. Sein Grinsen ekelte sie an, was hatte sie sich nur dabei gedacht? Nun hielt auch sie es für eine schlechte Idee. Sie wollte einfach nur noch weg. Doch bevor Kisuna es wirklich realisierte, zerrte er sie auch schon mit sich, sein Griff zu fest, um sich loszureißen. Nach ein paar Metern machte er schließlich Halt. Sie waren in einer abgelegenen Seitengasse. Das einzige, das etwas Licht spendete, war ein Getränkeautomat. Genau gegen diesen Automaten pinnte er sie nun, griff höher, sodass er ihre Handgelenke umfasste und presste ihre Arme nach hinten. Ein Bein stemmte er zwischen die ihren, sodass sie sich nicht einmal mehr ansatzweise bewegen konnte. Wieso passierte so etwas immer ihr? Angestrengt versuchte sie gegen ihn anzukommen, für einen Menschen war er ziemlich stark. Ihre einzige Chance war ihre Kralle, doch würde sie sich ihm als Ghul offenbaren, wäre sie dazu gezwungen, ihn zu töten. „Du wolltest doch auch Spaß haben, was hat dir die Laune verdorben?“ Kisuna biss verkrampft die Zähne zusammen, ihre Augen verengten sich. Sie wusste nicht, wie sie dieser Situation gewaltfrei entfliehen hätte können. Sonst hätte sie ihm einfach die Kehle durch geschlitzt, kurz und schmerzlos eben. Doch sie konnte nicht. „Verdammt, Yomo, hätte ich nur auf dich gehört!“, dachte sie sich. Kisuna bereute ihre Entscheidung. Bereute, dass sie ihn sogar noch angeschnauzt hatte. Akio begann ihren Nacken zu küssen, was ihr absolut missfiel. Sie wollte es nicht, wollte weg von diesem Kerl, wollte sich losreißen. Vergebens versuchte die Ghula sich zur Wehr zur setzen, strampelte mit den Füßen, versuchte ihre Handgelenkte unter seinem Griff wegzudrängen. Doch er drückte mit aller Gewalt gegen sie. „Nein, Süße. Vergiss es.“ Er grinste verschmitzt, küsste sie bereits den Hals aufwärts und entlang ihrer Wange. Nein, sie wollte nicht, dass es dieser Mensch war, der sie küsste. Wenn sie von jemandem geküsst werden wollte, dann von einem ganz bestimmten Ghul. Sie erinnerte sich an heute Morgen, als Yomo sie auffing und wieder in den Armen hielt. Er hatte sie nicht losgelassen, obwohl sie bereits Halt gefasst hatte. Doch auch sie hatte sich gar nicht von ihm abwenden wollen, es gefiel ihr sozusagen an seine Brust gedrückt zu werden, während er sie mit seinen starken Armen umschlang. Sie wollte zu ihm nach Hause. Sich in das kuschlige Bett neben ihn legen, seinen Geruch wahrnehmen. Yomos Geruch wahrnehmen. Moment... Dieser Geruch...Yomo?! Konnte das wirklich wahr sein? War es Yomo, den sie da gerade roch? Eine dunkle Silhouette kam aus den Schatten der Gassen langsam und gemächlich auf die beiden zu. Kisuna japste nach Luft, riss die Augen erstaunt auf. Er war es, wahrhaftig! Mit seiner Rabenmaske und der Kapuze übergestülpt hätte sie ihn erst nicht erkannt, doch erinnerte sie sich an ihre erste Begegnung. Dort hatte er diese ebenfalls getragen. „Was zappelst du so?“, wollte Akio genervt wissen. Kisuna antwortete ihm nicht, nein, sie grinste ihm nur genauso schelmisch zu, wer er es davor getan hatte. Ihr Angreifer war sichtlich verwirrt. Gemessenen Schrittes bewegte Yomo sich weiter auf die beiden zu. Dann bemerkte auch Akio den verhüllten Mann hinter sich. Ruckartig ließ er von Kisuna ab. „Scheiße, was ist das denn. Ei- ein Ghul?!“, schrie er, wobei er am ganzen Leib zitterte. Nun war er wohl nicht mehr so taff. Yomo kam erneut näher. „B-bleib weg von mir, du Monster!“ Katou-san blickte aufgewühlt zu ihr, die sich streckte. „Da, nimm sie, aber verschon mich!“, rief der Mensch, Schweiß rann ihm über das ganze Gesicht, das jegliche Farbe verloren hatte. Als Yomo sich nun weiter auf Kisuna zubewegte, die natürlich wusste, wer auf sie zukam, nahm der junge Mann letztendlich ganz Reißaus. Er lief los, fiel vor Schreck und Bangen noch einmal zu Boden, wandte sich um, um Sicherheit zu haben und floh nach allem mit einem Schrei in die Nachtstille davon. Wie der silberhaarige Ghul dann bei ihr ankam, hielt er sie an ihren Schultern fest, nahm seine Maske mit einer Hand ab. Seine grauen Augen funkelten sie an, dieses Mal jedoch nichts boshaft sonder... besorgt? Sie senkte ihren Blick. „Tut mir Leid, du hattest Recht“, gestand Kisuna ihm. „Ich bin stolz auf dich.“ Was meinte er da? Hatte er das gerade wirklich gesagt? „Wie bitte?“ Erstaunt sah sie Yomo nun wieder an. „Du hast ihm nichts getan, wie versprochen.“ Die Ghula seufzte entkräftet. „Ich wüsste nicht, ob es dabei geblieben wäre, wenn du nicht aufgetaucht wärst.“ „Aber ich bin hier.“ Seine Aussage überraschte sie, sie spürte wie sie errötete. Plötzlich schien Yomo überhaupt nicht mehr sauer zu sein. Er hätte jeden Grund dazu gehabt, doch wieder vergab er ihr direkt. Wie konnte er nur so ausgeglichen bleiben, immer Ruhe bewahren? Kisuna bewunderte ihn definitiv dafür. Erschöpft ließ sie einen schweren Atemzug von sich. „Können wir gehen?“, keuchte sie. Die ungewollten Berührungen von Katou-san hatten sie derartig angeekelt, sie verspürte das dringende Verlangen danach, sich zu waschen. Yomo antwortete ihr mit einem Nicken, bot ihr dann seine Schulter als Stütze, die sie dankend annahm. Das warme Wasser tat gut, es half ihr sich zu beruhigen und einen klaren Gedanken zu fassen. Als sie aus der Dusche stieg und sich anzog, fuhr sie noch einmal über die Stellen, an denen der Mensch sie geküsst hatte. Sie hatte als Ghul schon viele schlimme Dinge erlebt, doch dies hatte ihr wieder einmal gezeigt, dass man nicht so leichtfertig vertrauen durfte. Egal ob Ghul oder Mensch, beide konnten äußerst gefährlich sein. „Was hast du dir nur dabei gedacht?“, warf sie sich selbst im Spiegel vor. Doch was brachte es jetzt noch, sich Vorhaltungen zu machen? Nichts. Es war geschehen und sie hatte etwas daraus gelernt. Warum sie es überhaupt getan hatte? Wahrscheinlich am Ende nur, um gegen Yomo anzukommen. Denn er war es, bei dem sie sich verletzlich, verwirrt, verlegen fühlte. Das wollte sie nicht, doch sie wusste, dass sie es nicht verhindern konnte. Es war wie ein Reflex, der einfach kam und einfach ging. Wenn seine Augen so fokussiert auf ihr weilten, dann war dies der Auslöser, das musste sie sich eingestehen. Genauso auch, wenn er sie in den Armen hielt, ihr Schutz bot. Trotz all dem spaltete sich ihre Meinung in ihrem Innersten. Eigentlich gefiel es ihr doch auch auf eine seltsame Art und Weise... Sollte sie es hinnehmen und schlichtweg auf sich zukommen lassen? Oder sollte sie es hinterfragen und dem Ganzen auf den Grund gehen? „Kommst du?“ Erschrocken fuhr Kisuna auf. Yomo stand halbnackt im Türrahmen, verschränkte die Arme wie gewohnt. Er schien auf sie zu warten. Als sie ihn ansah, wusste sie was sie zu tun hatte. Auch wenn die Ghula nicht genau bestimmen konnte, was sie in seiner Nähe fühlte, so wusste sie aber mittlerweile genau, wann sie seine Nähe brauchte. Und dieser Moment war zweifelsohne jetzt gewesen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)