das Symbol einer Fee von Shooga ================================================================================ Prolog: wer ich bin ------------------- Mein Name ist Lavender. Wie das englische Wort für Lavendel. Tantchen fand mich einst in einem Lavendelfeld und benannte mich auch nach dieser violetten Blume, die einen sehr intensiven Duft hatte. Ich weiß nicht, ob es etwas damit zu tun hatte, aber es sagten viele, ich würde den Duft der besagten Blume an meinem Körper tragen. Ich selbst würde das wohl nie bejahen können, da ich mich so sehr daran gewöhnt habe, dass ich nur noch die Unstimmigkeiten bemerke. Ich war noch ganz klein, als ich da lag, umgeben von diesen violetten Blumen. Später erzählte Tantchen mir darüber, dass meine Mutter sich wohl erhängt hatte, da sie nur wenige Meter entfernt eine Leiche einer Frau fand. Über meinen Vater wusste ich nichts. Aber auch sie nicht. So gesehen, war das schon etwas Trauriges, nur konnte es mich nicht weniger interessieren. Tantchen war die einzige Familie, die ich hatte und die ich brauchte. Im Dorf, zu welchem sie mich mitnahm und in welchem ich aufwuchs, traute mir keiner über den Weg. Irgendwann machten sich unmenschliche Kräfte in mir bemerkbar. Und genau das war der Punkt, weshalb alle einen großen Bogen um mich machten. Ich war ein außergewöhnliches Kind, verspottet von den Erwachsenen und verachtet von den Kindern. Trotzdem gab es mein Tantchen an meiner Seite. Nur leider nicht mehr sonderlich lange. Irgendwann erfuhr ich darüber, dass ich von Magie gesegnet war. Nicht von irgendeiner, sondern von einer Drachenmagie. Das machte sich leider auch alles auf einmal bemerkbar, was dazu führte, dass ich versehentlich einen Schrein vernichtete und somit auch die Angst der Bürger schmecken konnte. Ich konnte jedoch nichts dafür. Ich wusste zu der Zeit nichts über Magie oder Magier oder gar darüber, wie ich das alles kontrollieren sollte. Das erlernte ich alles viel später. Tantchen war eine ältere Frau. Sie hatte zwei Jungen in die Welt gesetzt und ihr Mann starb bei einem Unfall auf dem Feld. Ihre Kinder waren beide lange weggezogen und so war sie ganz alleine in diesem Dorf, namens Shiza. Ich war so gesehen jemand, der sie erfreute, so sagte sie es mir jedenfalls immer. Sie hatte ein großes Glück, dass sie mich einst fand, damit ihr Leben noch Sinn erlangen konnte. Sie starb an Altersschwäche. Es war also nichts, was man hätte aufhalten können. Die Bestattung fiel wunderschön aus und trotz des Hasses auf mich, war das ganze Dorf versammelt. Und das war auch das letzte Mal, dass wir alle einander sahen. Ich verließ Shiza im schwachen Alter von 10 Jahren. Ich wusste nicht, wohin ich gehen sollte, doch meine Füße trugen mich einfach nur durch die Welt. Auf meinen Reisen begegnete ich unterschiedlichsten Leuten, die mir die Welt der Magie näher brachten und mir alles erklärten und erzählten. Eine Dame war dabei eine sehr große Hilfe für mich. Sie nannte mir nie ihren Namen, ich nannte sie einfach nur Lady. Sie praktizierte keine Magie, wusste jedoch über alles Bescheid. Nachdem sie mich bei sich aufgenommen hatte, glaubte ich, in einer Bibliothek zu wohnen. Bücher waren überall zu finden, in jedem einzelnen Zimmer. Während ich aus diesen die Theorie lernen konnte, ließ mir Lady die Freiheit, ihren Garten zu zerstören – aber ich musste diesen natürlich auch immer im Nachhinein richten. Ich zerstörte so ziemlich alles in diesem doch so schönen Garten, bis ich lernte, dass meine Kraft auch dazu war, um zu verteidigen und sogar zu heilen. Windmagie. So nannte es Lady. Ich konnte Wind erzeugen. Ich bevorzugte jedoch den Ausdruck 'Luftmagie'. Es war nämlich mehr, als nur der Wind. Ich konnte damit Windböen erzeugen, schneidende Sichel formen, aber auch die Luft in Schwingung bringen und diese so erhitzen, dass es selbst für ein Lagerfeuer reichte. Neben des Elements hatte ich die Fähigkeit das Böse zu sehen. Das klang vielleicht eigenartig, doch sobald ich meine 'Drachenaugen' nutzte, konnte ich den dunklen Kern in einem Menschen oder einem Tier sehen. Ich lernte auch schnell, dass ich in der Lage war, diesen zu extrahieren. Das verdankte ich der Vielzahl an Büchern, die ich in der Zeit gelesen hatte, in der ich bei Lady wohnte. Wir mussten dennoch beide feststellen, dass ich selbst nie Drachen zu Gesicht bekommen hatte. Also hatte ich wohl ein Stück eines Drachen in mir. Oder meine Eltern waren sogenannte Drachentöter. Ich verabscheute diesen Ausdruck. Drachen brachten Menschen Magie bei. Nicht aus dem Grund, damit diese sich eines Tages erhoben und die mächtigen Kreaturen töten, sondern, um ihnen das Leben zu erleichtern. Oder etwa nicht? Es vergingen wenige Jahre, bevor ich auch Lady hinter mir ließ. Sie erzählte mir jedes mal von magischen Gilden und, dass ich mich doch bei ihnen vorstellen konnte. Das war mir jedoch alles zu anstrengend. Ich wollte nie viele Menschen um mich herum haben. Mir reichten meine zwei kleinen Freunde, ich auf meinen Reisen gefunden hatte; zwei Füchse namens Tori und Mori. Sie waren magische Wesen. Warum sie damals zu mir aufschlossen, wusste ich nicht, doch sie folgten mir. Und seit dem Tag waren wir die besten Freunde. Ich befolgte mehr oder weniger den Vorschlag von Lady und suchte nach einigen magischen Aufgaben, die ich aufgreifen konnte. Von Zeit zur Zeit war das ziemlich anstrengend, doch ich kämpfte mich gut durch, was auch daran lag, dass ich meine zwei Gefährten hatte. Hin und wieder stieß ich auf Magier aus unterschiedlichen Gilden. Einige boten es mir an, mit ihnen zu gehen, die anderen stießen mich sofort von sich. Ich sei gefährlich, haben sie gesagt. So eine Macht sollte nicht frei herum laufen. Doch keiner bedachte, dass ich das nicht mit Absicht machte. Ich konnte es mir nicht aussuchen, als wer ich geboren wurde. Die Netteren wollten mich jedes Mal einladen, einer Gilde beizutreten. Ihren Erzählungen nach, könnte es sehr witzig werden, doch ich konnte es nicht. Das Böse rief mich inständig. Ich hatte keine andere Wahl, als den Rufen zu lauschen und nach den bösen Kernen zu suchen. Zumeist hatte ich Glück und war früher da, als die Gildenmitglieder und konnte so auch meine eigenen Aufträge schneller bewältigen, als ich dabei gestört werden könnte. So konnte ich auch schneller weg sein, als dass man mich erwischen könnte. Manchmal waren sogar die Vollstreckungseinheiten eher da, als die besagten Gildenmagier. Aber das war jetzt nichts, was mich irgendwie interessieren sollte. Doch irgendwann, war es wohl aus mit dem Versteckenspielen, denn ich traf auf eine Magiergilde, die mein ganzes Leben auf den Kopf stellte... Kapitel 1: erste Begegnung -------------------------- Mein Weg führte mich nach Lydalis. Eine süße, kleine Stadt in den Gebirgen. Ich hatte selten so schöne Bäume gesehen, wie sie hier wuchsen. Die Zweige streckten sich in die Höhe, als würden sie um jeden Preis die weißen Wolken berühren wollen. Das saftige Grün der Blätter glänzte im Sonnenlicht und bildete mit seiner Dichte einen Dach, unter welchem ich saß. An meiner Linken waren Tori und Mori. Die kleinen Wesen waren zusammengerollt im Gras weg genickt. Obwohl sie gleich aussahen, wusste ich ganz genau, wer von ihnen wer war. In Lydalis war ich vor ein paar Stunden angekommen. Von einigen Reisenden habe ich gehört, dass es hier wohl jemanden gab, der die Bürger schikanierte. Eine Bande sollte sich hier zusammen getan haben und so sorgte sie dafür, dass hier einige in Angst und Schrecken verfielen. Die Kinder trauten sich mittlerweile nicht mehr aus den Häusern, aus Angst, dass ihnen etwas zu stoßen könnte. Die Frauen trauten sich nicht mehr alleine hinaus und wenn, dann huschten sie nur schnell über die Straßen, um möglichst schnell wieder Zuhause zu sein. Ich hatte mich bei dem Bürgermeister erkundigt und dieser erzählte mir darüber, dass die Bande meistens abends unterwegs war. Die Kerle würden sich an junge Frauen ran machen, einige Läden ausrauben und selbst vor Älteren und Kindern machten sie keinen Halt. Sie schien wie die perfekten Schurken einer Heldengeschichte. Scheinbar hatten sie das Problem auch schon den Gilden gemeldet, was durchaus hieß, dass ich mich beeilen sollte. Ich wollte nicht mehr auffallen, als jetzt schon. Mein ganzes Aussehen war der Inbegriff des Auffallens. Das schwarze Haar reflektierte die Sonnenstrahlen in bunten Farben, während meine Augen einen Verlauf von rotorange zu blau hatten. Ich hatte eine sehr helle, beinahe milchige Hautfarbe und wären meine Lippen rot, könnte man mich wohl als Schneewittchen ansehen. Ich trug mein Haar meist offen, aber heute hatte ich eine Schleife in der Höhe meiner Schulterblätter gebunden. Der Pony fiel über meine dunkle Brauen, bedeckte jedoch nicht die Augen, während einige lose Strähnen mein Gesicht umspielten. Ich hatte mir sagen lassen, ich sei schön. Nur, was nutzte mir die Schönheit, wenn meine Einsamkeit das Ergebnis davon war, dass ich praktisch verstoßen wurde, weil ich so war, wie ich war? Natürlich waren da diese Leute, die mich zu einigen Gilden mitnehmen wollten, doch ich wusste einfach nicht, was ich von ihnen halten sollte. Ich hatte keine Menschenkenntnis. Ich hatte... Angst. Die Dunkelheit zog über die Stadt und lud so auch die Kälte mit ein. Es war schon eigenartig, wie schnell es kalt wurde, kaum dass die Sonne sich hinter den Bergen versteckt hatte. „Aufstehen, ihr Schnarchnasen. Wir sollten aufbrechen.“ Ich fuhr beiden Füchsen durch das weiche Fell an ihren Rücken und zupfte Mori am Ohr, da er so auch eher wach wurde. Tori schnaubte leise und drehte sich auf den Rücken, um mir seinen Bauch zum Kraulen zu geben, weshalb ich schmunzelte, aber der stummen Bitte nachging. „Ist es schon soweit?“, gähnte Mori nun und streckte sich in die Länge, stemmte die Pfoten in die Erde und drückte seinen Rücken durch, ehe er mit dem Schweif zuckte. Auch seine Ohren zuckten und er schloss abermals die Augen, um noch einmal ordentlich zu gähnen und sich dann hinzusetzen. „Wo sind sie? Sind sie schon da? Los! Wir sollten uns um sie kümmern!“ Tori sprang auf und hüpfte auf dem Platz herum, während er die Aussicht nach den Schurken hielt. Doch hier waren nur wir drei und niemand anderes. Ich lachte über seine plötzlich aufgeweckte Art und stand von meinem Sitzplatz auf. „Wir sollten zunächst in die Stadt hinab gehen.“, erwähnte ich beiläufig und setzte mich schon in Bewegung. Mori war der erste, der sich in die Luft erhob und mir nach schwebte, während Tori auf dem Boden blieb und uns nach tapste. Tori und Mori waren Geschwister. Sie waren Füchse, oder sie wollten als welche angesehen werden. Für mich sahen sie wie eine Art Katze aus, aber sie hatten auch etwas von einem Fuchs. Sie waren beide Grauschwarz. Die Spitzen ihrer Schweife waren bläulich. Ihre Tatzen waren ebenso blau und an den Beinen hatten sie blaue Streifen, genauso wie am Schweif auch. Ihre Nasen, Augen und auch das Innere ihrer Ohren trugen dieselbe Farbe. Tori hatte jedoch eine Art Muttermal am linken Ohr, was auch die beiden von einander unterschied. Sie hatten die Größe eines mittelgroßen Hundes. Wäre nicht ihre Farbe, so würden sie als normale Haustiere durchgehen. Sie beide hatten magische Kräfte. Nicht nur konnten sie schweben, sondern auch ihre Gestalt ändern. Sie konnten größer werden, oder ganz winzig. In den Büchern wurde so etwas Verwandlungsmagie bezeichnet. Mori hatte jedoch noch die bedeutsame Kraft, anderen die Magie zu leihen. Und diese teilte er immer nur mit uns beiden, so ging uns die magische Kraft so gut wie nie aus. Wenn ich so darüber nachdenke, wüsste ich nicht, wie ich jemals ohne diesen beiden Füchsen überleben könnte. Ich verdanke ihnen so sehr viel. „Oh. Die Stadt ist ganz schön ruhig geworden...“, stellte Mori fest, als er seine Pfötchen auf meiner Schulter ablegte. „Total gruselig...!“, beichtete Tori bei und schloss nur noch näher zu uns auf. Er war noch immer auf dem Boden, hielt seine Ohren jedoch gespitzt. „Das muss wohl an den komischen Kerlen liegen!“ Mori hielt die Stimme leise. Die Ruhe und die Verlassenheit der Straßen zwang einen praktisch dazu, selbst leise zu sein, was schon ziemlich albern war. Dennoch spürte ich selbst dieses Unbehagen in mir und versuchte bei jedem Schritt leise zu sein. Wir passierten einige Häuser und Geschäfte, die schon schlossen, wohl aus eigenen Sicherheitsgründen. Das war traurig. Es war noch so früh am Abend und doch lag die Angst schon in der Luft. Tori hielt an und hob die Nase in die Luft, um zu schnüffeln. Auch ich hielt an und sah in die Richtung, in die sich seine Nase bewegte. Wir hatten alle drei eine gute Nase, sie hatten jedoch besseren Ohren. „Da ist jemand...“, ließ Mori uns wissen. Ich nickte nur stumm und schloss die Augen, um dann durch meine Drachenaugen sehen zu können. Die Straßen waren beleuchtet und eigentlich konnte man ganz gut bis zu dem nächsten Haus durchsehen, doch ich nutzte diese Augen, um die Aura erkennen zu können. In diesem Moment sah ich auch nichts anderes, als nur die Umrisse der Gebäude, die Lichtquellen und die Auren. Jedes Mal, wenn ich durch die Augen eines Drachen sah, war ich blind in der realen Welt, erkannte jedoch alles Verborgene. „Das sind einfach nur Schwachköpfe mit magischer Kraft.“ Ich sah nichts Besonderes an der Farbe der Männer, die nun die breite Straße betraten und auf uns zukamen. Sie waren laut und ungehobelt, ihre Erzählungen machten für mich keinen Sinn und die Sachen, die ich auffasste, machten mich sauer. Sie redeten über Diebstahl und darüber, wie die Frauen als Spielzeug benutzten und Kinder zu Sklaven machen wollten. Es gäbe doch eh niemanden, der sie aufhalten würde. „Aber wir gehen doch nicht wieder, oder, Aven?“, erkundigte sich Tori schwach und richtete seine Aufmerksamkeit auf mich. „Als ob ich so etwas durchgehen lassen würde.“, war meine simple Antwort, da es sowieso kein Entkommen mehr geben würde. Die Aufmerksamkeit der Männer lag schon bereits auf uns, oder wohl auf mir. „Heh, sieht so aus, als hätten wir einen Neuankömmling!“, prustete einer los. „Und wir hatten ihren Einzug nicht einmal gefeiert! Das müssen wir sofort nachholen!“, lachte der andere los. Tori und auch Mori entfernten sich mir, damit ich meine Freiheit hatte. Zumeist saßen die beiden Füchse abseits und schauten mir zu, während sie Wetten darüber schlossen, wer als erstes davon rennen würde oder wie lange ich brauchen würde, bis jeder von ihnen kampfunfähig war. Darauf achtete ich jedoch nicht, weil ich mich immer nur auf den Kampf konzentrierte. Einer der Männer näherte sich mir, streckte die Hand nach mir aus, kam jedoch nicht weit, da ich ihn am Handgelenk erfasste. Meine Drachenaugen richteten sich auf sein Gesicht, während ich seine Hand schmerzhaft verdrehte und ihn somit in die Knie zwang. Ein kräftiger Schlag mit dem Knie gegen seine Stirn reichte vollkommen aus, um ihn aus dem Rennen zu nehmen. „Das ist bestimmt 'ne Magierin aus so 'ner Gilde! Macht sie fertig!“ Ich konnte es nicht erkennen, wer von ihnen das Sagen hatte, doch das brauchte ich auch nicht, wenn ich sie einfach alle erledigen konnte. Man würde sie sowieso abholen kommen und so schnell würden sie dann nicht auf freiem Fuß sein. Sie hatten Messer und Schwerte, sogar einige Pistolen. Doch mit meiner Kraft, die ich perfekt beherrschte, machte es mir nichts aus. Ihr konzentrierte die Luft um mich herum, um eine Barriere zu erstellen. Für den Fall, dass ich zu spät reagieren würde und so nicht schnell genug ausweichen können würde, würde mich die Barriere vor Verletzungen schützen. Ich nutzte die Luft auch dazu, um schneller zu sein, stärker zuzuschlagen und höher zu springen. Es verging einige Zeit, bis ich fertig war. Ich war außer Atem und doch musste ich die Flüchtigen wieder einfangen. Zu meinem Nachteil brach einer von ihnen in ein Haus ein. Seine Magie war etwas mit Feuer, denn er steckte alles in Flammen. Ich konnte das Paar aus dem Haus manövrieren, doch war zu langsam, um selbst den Ausgang zu finden. Das Haus wurde von den Flammen zersetzt. Ich hatte noch nie gesehen, wie schnell sich das Feuer doch verbreiten konnte. Meinem Gegner schien das alles nichts auszumachen, doch mir stand schon bald die Luft knapp. Es war eine große Herausforderung für mich, mich durchzukämpfen und ihn zu erreichen, um ihn mit einigen Schlägen endlich zur Strecke zu bringen. Bevor ich jedoch selbst nach dem Ausgang suchen konnte, vernahm ich ein Wimmern und schon war ich auf der Suche nach dem Geräusch. Ein kleines Mädchen saß zusammengekauert auf dem Boden, hielt einen Hasen ganz nah bei der Brust und weinte. Der Boden krächzte unter meinen Füßen mit jedem Schritt, den ich ging. Ich glaubte, jeden Moment durchzufallen und doch band mich der Wunsch, das Mädchen zu retten. „Hab keine Angst. Ich werde dich hier raus holen, okay?“ Ich versuchte die Aufmerksamkeit des Mädchens auf mich zu lenken, doch dieses traute sich nicht einmal, den Kopf zu heben. „Mama, Papa...“, wimmerte die kleine Gestalt immer und immer wieder. Ich spürte, wie der Boden unter meinen Füßen einriss. Der Rauch würde mir jegliche Sicht nehmen, wenn es nicht meine Drachenaugen wären, die auf das helle Licht des Mädchens gelenkt waren. Hier gab es kaum Luft, weshalb ich dieses Element auch nicht nutzen konnte, also setzte ich alles in einen einzigen Satz, den ich zu dem Mädchen machte. Der Boden hielt das jedoch nicht aus und kaum, dass ich das Mädchen fasste, stürzten wir hinab. Ich hielt das kleine Wesen fest im Arm, als ich bemerkte, wie das Feuer verschwand. Die Hitze wurde immer weniger und schon bald konnte ich ordentlich aufatmen. Ich hörte Stimmen von außerhalb, einige panische Schreie. Es war nicht zu überhören, dass es die Eltern waren, die nach dem Mädchen riefen. Es vergingen ein paar weitere Sekunden, bis ich endlich die Kraft erlangte und mit einem Druck das Holz von mir entfernte. Ein paar Latten flogen zu den Seiten und ich konnte endlich aufstehen. Nur langsam richtete ich mich auf. Das dunkle Haar reflektierte jedes Bisschen an Licht, das mich gerade erreichte, während meine Augen aber jede Lichtquelle verschluckte. Meine Schleife war im Feuer zum Opfer gefallen und an meiner Seite hatte ich einen Schnitt. Nicht nur die Kleidung war hin, auch meine Haut hatte einen feinen Riss. Ich spürte die Blicke auf mir, weshalb ich mich langsam umsah, bis ich ihn sah. Seine dunkle Augen waren auf mich gerichtet. Neben ihm standen noch ein paar andere Personen, doch ich nahm sie kaum wahr. Es war nur er. Ich kannte ihn nicht, habe ihn noch nie in meinem Leben gesehen und doch schien es fast schon so vertraut, genau ihn zu sehen. „Ist sie ein Gegner?“, fragte das Mädchen neben ihm. Ein anderes Mädchen hingegen zog bereits das Schwert. Auch der junge Mann neben ihm hielt sich in einer Angriffsposition. Doch nicht er. Der junge Mann in der Mitte sah mich an. Ich spürte seinen Blick auf mir so intensiv, dass es mir sogar unangenehm wurde. Deshalb sah ich als erste weg und senkte den Blick hinab, ehe ich mich leicht neigte, um dem Kind hoch zu helfen. Ich hob das Mädchen auf den Arm und stieg mit einer seltenen Eleganz von den Trümmern hinab, um das zitternde Kind endlich an die Eltern zu geben, welche sich mehrmals bei mir bedankten. „Das... tut mir leid. Es hätte nicht so ausgehen müssen.“ Ich verneigte mich entschuldigend. Für gewöhnlich schaffte ich es, alles ganz zu lassen. Aber hin und wieder musste das eine oder das andere Gebäude dran glauben. Und heute war es wohl nicht anders. „Aven! Aven! Wir haben sie alle auf dem Präsentierti- oh, wer's das?“ Tori hielt mitten im Satz inne, als er die Truppe erblickte, die sich nicht ganz weit entfernt von uns befand. „Der junge Mann dort, hat das Feuer... gegessen?“ Der Zuschauer war sich wohl auch nicht sicher, was wirklich passiert war. Aber mich überraschte schon lange nichts mehr. Ich richtete den Blick wieder an die Truppe. Helle, schöne Lichter glühten in ihrem Inneren, was mir verriet, dass sie keine Feinde waren. Aber es hieß auch beim Weiten nicht, dass sie Freunde sein könnten. Ich blinzelte einmalig und schon kehrte meine eigentliche Vision zurück. Diesmal betrachtete ich die Truppe etwas genauer. „Die sind von Fairy Tail!“, hörte ich jemanden sagen. „Ihr seid jedoch ein wenig zu spät.“, fügte jemand anderes hinzu. „Aven, du bist verletzt! Geht es dir gut? Hast du Schmerzen?“ Tori war sofort aufgebracht, als er seine Runden um mich drehte, wodurch es mir schwindelig wurde. Ich fing den Fuchs ein und sah noch einmal zu dem Pinkhaarigen. Es kam mir so vor, als hätte er den Blick noch kein Mal von mir abgewandt oder ich sah ihn einfach zu oft an. „Kennst du ihn? Warum siehst du ihn so an?“, wollte Mori wissen, während er sich denselben jungen Mann ansah. „Ist nicht wichtig.“, schaffte ich nun doch zu sagen. Zumindest auf eine Frage musste ich ja antworten. So setzte ich mich auch in Bewegung. Tori ließ sich einfach tragen, während Mori sich an meine Schulter heftete. „Sie werden bald abgeholt.“, meldete sich Mori zu Wort. „Wir haben die Zuständigen informiert.“, fügte er an und ließ ein kleines, schnurrendes Geräusch von sich hören. Ich wollte einen anderen Ausgang aus der Stadt wählen, wurde jedoch so ziemlich nach zwanzig Schritten wieder angehalten. Der Bürgermeister stand vor uns und hielt mir eine Belohnung hin. „Ich muss dir für deine Arbeit danken! Ohne dich würden wir sicherlich noch länger in Angst leben!“ Ich ließ Tori los und er krabbelte auf meine Schulter, ehe er sich über meinen Kopf legte. Das Gewicht war mittlerweile nichts, was mich störte, da ich daran gewöhnt war, dennoch war er kein kleiner Fuchs mehr und nahm somit auch ziemlich viel Platz ein. Einen Moment lang wusste ich nicht, was ich sagen sollte, nahm jedoch das Kuvert an. Es fühlte sich gut gefüllt an, sogar dick. Ein wenig peinlich war es mir jedoch schon, dass ich die Belohnung annahm, hinter der ich nicht einmal her war. Ich kannte nicht einmal die Höhe der Belohnung. „I-ich kann das ni-“ ich konnte nicht einmal den Satz beenden, als der Bürgermeister mir dazwischen kam; „Hätten wir auf Fairy Tail gewartet, wäre mehr verwüstet gewesen, als nur ein einziges Haus.“, lachte er. Ich fand das alles andere als witzig. So, wie es jetzt jedoch aussah, würde ich mich nicht herausreden können, deshalb nickte ich geschlagen. „Vielen Dank.“ Ich schenkte dem älteren Mann ein Lächeln, worauf er lachte. „Nein, wir haben dir zu danken.“ Ich verabschiedete mich von ihm und verließ die Stadt wieder, um an den Baum zu kommen, bei dem ich meine Tasche noch liegen hatte. Diese wollte ich nicht mit mir herum schleppen, weshalb ich sie einfach da gelassen habe. „Wer war dieser Mann?“, wollte Tori wissen, während er mir dabei zu sah, wie ich das Kuvert in meiner Tasche verstaute. Ich zuckte mit den Schultern. „Ich habe keine Ahnung. Das ist das erste Mal, dass ich ihn sehe. Aber irgendwie... er fühlt sich... vertraut an.“ Wie sollte ich das beschreiben? Als ich ihn ansah, hatte ich das Gefühl, ihn schon ewig zu kennen. Seine Ausstrahlung, sein Blick. Es war so, als würde ich das bereits kennen und mich vom Neuen daran erinnern. Das war jedoch das erste Mal, dass ich ihn überhaupt gesehen habe. „Ohoho Liebe auf den ersten Blick.“, lachte Tori nun. Ich wollte ihm alleine wegen des Kommentars etwas antun. Deshalb warf ich mein Oberteil nach ihm, nachdem ich dieses ausgezogen hatte. Es war ja sowieso schon hinüber. Aus der Tasche nahm ich ein neues heraus und zog es mir über den Kopf, ehe ich das Haar befreite. Ich mochte Leichtigkeit und Bequemlichkeit. Deshalb trug ich immer nur ein loses Oberteil und eine Shorts. Meine Sachen variierten nur nach dem Wetter. Verständlich. Aus der Tasche zog ich mir noch ein Pulli heraus und schlüpfte in diesen, ehe ich die Tasche schloss und diese über meine Schulter warf. „Ich denke eher, sie sind dir nun böse, weil du ihnen die Aufgabe geklaut hast.“, erwähnte Mori und legte sich um meine Schultern, als wäre er ein Schal. Sein Schweif schlang sich um mein Dekolletee und er seufzte leise. „Sie haben auch so genug zu tun. Eine Aufgabe mehr, eine weniger. Darauf kommt's nicht an.“ Tori tapste wieder neben mir her, als ich den Weg zum Ausgang wählte. Durch die Stadt laufen, würde ich jetzt nicht unbedingt wollen. Schon alleine, weil wir wieder auf diese Gilde treffen würden. Wie hießen sie doch noch gleich...? „Kennt jemand von euch Fairy Tail?“, fragte ich in die Runde. Tori und Mori waren nicht immer nur bei mir. Manchmal gingen sie ihren eigenen Wünschen nach. Deshalb konnte es sein, dass sie schon mal was von dieser Gilde gehört hatten. „Fairy Tail... mhm Feen...schweif?“ Tori seufzte und schaute sich nachdenklich um. „Haben Feen denn Schweife?“, hinterfragte Mori direkt. „Was weiß ich. Ich bin froh, dass ich meinen hab!“ „Es geht hier nicht um dich!“ Die kleine Debatte der beiden ging noch eine ganze Weile, weshalb ich sie einfach nur ließ. Dennoch nahm ich es mir vor, mich darüber zu erkundigen, wer diese Fairy Tail waren und vielleicht könnte ich herausfinden, wer der Pinkhaarige sein könnte. Jemand würde da schon was wissen. Zu dem Zeitpunkt hatte ich keine Ahnung, dass ich noch mehrmals auf sie treffen würde... Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)