Paper Umbrella Moon von YoungMasterWei ================================================================================ Kapitel 7: ----------- WangJi hatte Wei Ying angeboten auch noch etwas bleiben zu können, nachdem dieser wieder aufgewacht war und etwas unbeholfen meinte, das er sich mal auf den Heimweg machen würde.   Es war ihm noch immer anzumerken das er sich nicht erholt fühlte, aber er wollte ihn auch nicht bedrängen und überließ es letztendlich ihm, ob er sein Angebot annahm.   Wei Ying hatte für einen Moment unsicher gewirkt und er schon damit gerechnet das er ablehnte, doch dann hatte er mit einem „Wenn es keine Umstände macht?“ zugestimmt und WangJi konnte sich das erfreute Lächeln darüber gerade so verkneifen. Er wollte nicht als seltsam erscheinen und Wei Ying damit doch noch vergraulen.   Also hatte er ihm zuerst etwas zu essen gemacht.   Er war froh, dass er die Dose mit dem exklusiven Chilipulver nicht schon verschenkt hatte, die sich in einem der Präsentkörbe befand, die man der Firma seiner Familie ab und an zukommen ließ, wenn ein Geschäft geglückt war.   Wei Ying mochte anderes gewöhnt sein, wusste er ja nun auch das dessen Schwester ein Lokal führte, doch zeigte sich dieser nicht zurückhaltend als er ihm eine großzügige Schale mit Congee und etwas eingelegtes Gemüse vorsetzte.   Es ließ dessen Wangen gleich wieder etwas Farbe gewinnen, was womöglich auch am Chili liegen mochte.   Dennoch war es ein angenehmes Gefühl auch einmal für jemand anderen zu kochen. Es hatte etwas heimeliges, das er so nicht kannte. Es war nicht mit dem nüchternen Zusammensitzen zu vergleichen, das bei ihnen ein Familienessen darstellte, die es zudem auch eher selten gab, war jeder für sich oft genug ausreichend beschäftigt.   Mit einem zufriedenen Raunen lehnte sich Wei Ying schließlich zurück und zeigte nun auch wieder ein leichtes Lächeln auf seinen Lippen.   „So fühlt es sich schon besser an. Danke Lan Zhan.“ Er schob ihm noch eine Tasse mit Kräutertee zu, als ihm ein Gedanke kam und er ein Glas mit Honig dazustellte. Er wusste mittlerweile, dass dieser solche Dinge eher mit einer süßen Note mochte.   Wei Ying schaute einen Moment überrascht, bevor er sich einen großzügigen Löffel davon in seinen Tee gab.   Dann wirkte er etwas nachdenklich, während er seine Tasse mit beiden Händen umfasst hielt.   „Danke, dass du letzte Nacht für mich da warst. Ich weiß es ist kein schöner Anblick gewesen und ich versichere dir, dass es mir auch ausreichend peinlich ist.“ Er versuchte sich an einem Lächeln, das jedoch zu schwermütig war, um Unbefangenheit vorzutäuschen.   „Aber es tat gut nicht allein damit zu sein.“, gab er etwas leiser von sich und WangJi war wirklich dazu verleitet seine Hand über den Tisch auszustrecken und damit eine von Wei Yings in seine zu nehmen.   Er hatte nicht viel für den anderen tun können, doch wenn es ihm half solche Momente nicht allein durchstehen zu müssen, so würde er es jederzeit wieder anbieten. Doch glaubte er nicht, dass Wei Ying es annehmen würde. Von dem was er ihm erzählt und von dem was er selbst über ihn gelernt hatte, war er ein Mensch, der trotz aller Schwierigkeiten versuchte es immer erst mit sich selbst auszumachen.   „Es ist kein Makel auch einmal Schwäche zu zeigen. Ich bin froh, auch wenn ich nur etwas habe helfen können.“   Er wollte das Wei Ying wusste das er vor ihm keine eiserne Fassade aufrecht zu halten hatte und auch das, wenn dieser es wolle, er für ihn da wäre. Nur wagte er es nicht es derart direkt auszusprechen. Er war sich einfach nicht sicher, wie viel er sich erlauben durfte, um nicht zu aufdringlich zu erscheinen.   „Du bist ein guten Freund, Lan Zhan.“, hörte er diesen einfühlsam sagen und auch wenn es ihn glücklich machen sollte, das Wei Ying ihn als solches sah, so konnte er nicht verhindern, dass er sich gleichzeitig wieder an seinen Platz erinnert fühlte.   Er wäre gern mehr als ein Freund, das konnte er nicht mehr abstreiten, aber er würde auch eine Freundschaft mit ihm in Ehren halten. Wei Ying war ihm einfach zu wichtig geworden, um sich noch vorstellen zu können, dass sie irgendwann wieder Fremde füreinander werden könnten.       Wei Ying machte kurz darauf die üppig gefüllten Bücherregale in seinem Wohnzimmer aus und zeigte sich recht beeindruckt, dass er den Versuch wagte, ihn mit der Aufforderung ruhig in das ein oder andere Werk hineinlesen zu können, noch etwas bei sich zu halten.   Mit einem interessierten Summen ging dieser darauf die Sammlung durch und nahm sich ein, zwei Bücher heraus, als dessen Aufmerksamkeit auf den Kamin fiel und er sich kurzum davorstellte.   WangJi stellte sich neben ihn.   „Deine Mom?“, erkundigte sich Wei Ying, während er auf das Foto auf dem Sims deutete. Er nickte bestätigend. „Sie ist leider nicht mehr unter uns.“ Wei Ying raunte verstehend. „Das tut mir leid zu hören. Man sieht sofort, dass du nach ihr kommst.“ Es mochte unbewusst gewesen sein, als dieser seine Hand austreckte und das hellblaue Seidenband, das sich liebevoll über den Bilderrahmen drapiert befand, mit den Fingern streifte. „Das ist wirklich hübsch.“, meinte dieser darauf in einem sanften Ton. WangJi zog etwas tiefer die Luft ein. Sie standen nahe genug, das Wei Ying seine Reaktion nicht entging und er seine Hand rasch wieder zurückzog. „Uhm…, sorry, ich…das war respektlos.“ Er senkte darauf den Kopf und WangJi befürchtete, dass dieser sich nun aus Verlegenheit doch noch vorzeitig verabschieden würde.   „Es war ein Geschenk von ihr.“, brachte er eilig hervor, um ihm eine falsche Annahme zu ersparen. „Sie mochte es sich mit Handarbeit zu beschäftigen. Sie liebte es zu nähen und zu sticken.“ Seine Hand nahm das seidige Band behutsam auf. Mit seinem Daumen streifte er über die exquisite Wolkenstickerei die sich über das gesamte Band zog und einzeln eingearbeitete Silberfäden diese ein wenig zum Funkeln brachten. „Wenn ich je die richtige Person für mich finden sollte, sollte ich es ihr schenken.“ Seine Ohren gewannen merklich an Wärme über seine Worte, worauf er mit einem versteckten Seitenblick zu Wei Ying linste. Dieser zeigte ein kleines Lächeln dem etwas Melancholie innewohnte, das WangJi annahm das er ihn mit der Geschichte an seine eigene Mutter erinnert hatte.   Das letzte was er wollte war ihn traurig zu stimmen.   „Lass mich dir etwas zeigen.“, lenkte er von der vorherrschenden Stimmung ab, auf das er Wei Ying leicht am Handgelenk griff und ihn in ein Nebenzimmer führte.   „Lan Zhan, was…“ Man konnte Wei Ying die Verwunderung deutlich ansehen.   „Ein Hasengehege.“   „Das sehe ich, aber warum nimmt es fast das gesamte Zimmer ein? Wie viele Hasen willst du dir halten?“ Wei Ying brach nun in heiteres, ungläubiges Lachen aus.   Er wusste, dass er es vielleicht etwas zu gut meinte, aber er hatte sich ausreichend belesen und wollte es den Tieren so angenehm wie möglich gestalten. Hier hatten sie ausreichend Platz, wenn sie schon nicht nach draußen konnten.   „Denkst du es wird ihnen gefallen?“   „Sie werden es lieben.“ Wei Ying strahlte ihn zugetan an, das es ihn ein wenig verlegen machte.   „Lass sie uns zusammen aussuchen.“, rutschte es ihm darüber hervor, dass er sich schlagartig noch etwas alberner fühlte.   „Nur…nur, wenn es Wei Ying keine Umstände machen würde.“ Dieser knuffte ihn leicht gegen den Arm.   „Natürlich kann ich dir dabei behilflich sein, wenn du eine Meinung von jemandem möchtest der sich etwas damit auskennt. Kein Grund sich schüchtern zu zeigen Lan Zhan.“ Man zwinkerte ihm mit einem Grinsen zu und auch wenn es nicht der tatsächliche Grund für seine Bitte war, so ließ er Wei Ying in dem Glauben, dass es sich schlicht um einen Gefallen unter Freunden handeln würde.   Darauf fanden sie sich in entspannter Schweigsamkeit in seinem Wohnzimmer wieder, während Wei Ying schmökerte und er sich um die Auswertung der Test seiner Literaturklasse kümmerte. Über den Nachmittag hatte es erneut angefangen zu regnen, das er schließlich anbot ihnen etwas zu Essen kommen zu lassen, dem Wei Ying nur am Rande zustimmte, war er von seinem Lesematerial kaum abzulenken.   Es zeigte WangJi den wissbegierigen jungen Mann, von dem Wei Ying meinte, dass er die Bindung zu dieser Seite von sich, schon vor langem verloren hatte. Es ließ ihn nicht zum ersten Mal annehmen, das Wei Ying viel zu hart mit sich selbst war. Er sich am Ende nur auf die großen Erfolge konzentrierte und die kleineren Fortschritte wohl kaum als solche anerkannte.   Somit verstrich der Tag in einem gemütlichen Beisammensein, doch auch dieses musste irgendwann zu seinem Ende kommen.   Es regnete noch immer als der Abend bereits angebrochen war, dass er Wei Ying überreden konnte sich von ihm nach Hause fahren zu lassen. Er würde sich somit auch wesentlich besser fühlen wenn er wusste, dass dieser gut angekommen sei.   „Du bist eindeutig zu gut zu mir Lan Zhan.“ Hatte dieser ergeben geseufzt und ihn seinen Kopf durchsetzen lassen.   Auf der Fahrt zu Wei Yings Apartment erkannte er die Strecke wieder die er auch damals gefahren war und nahm an, das Wei Ying in der Nähe wohnen musste, wo sie das erste Mal aufeinander getroffen waren.   Wei Ying zeigte sich etwas verwundert, dass er sich hier auszukennen schien, musste er ihn nur einmal in eine Seitenstraße dirigieren, auf das sie auch schon da waren.   Wei Ying schaute müde aber besser aus als den Tag zuvor, als dieser ihn mit einem leichten Lächeln ansah.   „Danke fürs Herbringen und überhaupt für alles.“ WangJi war in diesem Moment mutig genug dessen Blick direkt zu erwidern. „Ich habe es gern getan.“, ließ er ihn wissen auch wenn ihm bei dieser Antwort das Herz deutlich höher schlug. Wei Yings Ausdruck wurde sanft und es sah so aus als wollte dieser gerade etwas sagen, worauf dessen Telefon den Moment zerbrach.   Ein Blick darauf und Wei Ying lehnte sich plötzlich zu ihm hinüber auf das er aus der Scheibe der Fahrertür schauen konnte.   „Verdammt.“, murmelte er und zog sich auch schon wieder zurück.   „Ist alles in Ordnung?“, erkundigte er sich folglich, sah der andere gerade wieder etwas gehetzt aus.   „Mein Bruder.“ Er deutete auf eines der Gebäude, vor dem er eine Person ausmachen konnte, die zu warten schien.   „Das wird definitiv noch ein langer Abend werden.“, raunte er geschlagen klingend.   „Gibt es ein Problem mit ihm?“ Er hatte mitbekommen das Wei Ying stets etwas gestresst erschien, wenn er mit seinem Bruder telefonierte oder dieser Wei Ying kontaktierte. Er wollte nicht annehmen, dass dies einen ernsten Grund zur Sorge darstellte.   „Das kommt darauf an, wie man es sieht.“ Wei Ying rieb sich über sein Gesicht und atmete darauf einmal tief durch, bevor er ansetzte auszusteigen.   Er lehnte sich jedoch noch einmal in den Wagen hinein.   „Wir sehen uns, Lan Zhan. Komm gut nach Hause. “ Damit schloss er die Tür und er konnte im Seitenspiegel verfolgen, wie er durch den Regen, mit eiligen Schritten, zu seinem Bruder aufschloss. Dieser nahm ihn sofort in den Schwitzkasten, das Wei Ying kurz hilflos mit den Armen ruderte. Dann ließ man wieder von ihm ab und beide verschwanden schließlich im Haus.   Es war das erste Mal, dass es WangJi das Herz schwer machte zu einem einsamen Apartment zurückzukehren.       „Wurde aber auch Zeit!“, maulte Jiang Cheng, sobald er die Stufen des Wohnhauses hinaufkam und sich folglich gleich in einen Schwitzkasten genommen befand, der ihn leidlich murren ließ.   „Was tauchst du auch so unerwartet auf? Du bist selbst schuld! Ich habe immerhin auch noch ein Privatleben.“   Jiang Chengs Blick schweifte in die Richtung von Lan Zhans Wagen, als er ihn auch wieder losließ.   „Gehört die Person in dem Nobelschlitten zu besagtem Privatleben dazu?“, hörte er diesen etwas zynisch klingend fragen, worauf er nicht antwortete, sondern erst einmal aufschloss, damit sie aus dem Regen kamen.   Sie begaben sich vorerst schweigend zu seiner Wohnung hinauf, doch spürte er die Frage seines Bruders noch immer zwischen ihnen.   Ein etwas ruppiges „Und, gehört sie dazu?“, vibrierte schließlich durch das leere Treppenhaus und Wei Ying war klar, dass er nicht umhin kam etwas dazu zu sagen.   „Tut sie. Gibt es ein Problem damit?“ Er fühlte den Drang Lan Zhan zu verteidigen, auch wenn sein Bruder noch nichts weiter dazu gesagt hatte. Aber das würde dieser.   „Das kommt darauf an.“, folgte dessen brüske Antwort, die er mit vor der Brust verschränkten Armen und einem kritischen Blick kombiniert hatte.   „Wie kommt jemand wie du dazu, jemanden zu kennen der so einen Wagen fährt?“ Wei Ying stellten sich bei „jemand wie du“ automatisch die Nackenhaare auf, auch wenn er wusste das Jiang Cheng einfach nicht der Typ für Feingefühl war, traf es ihn dennoch. Klang er so, als wäre er nicht gut genug, um jemanden wie Lan Zhan kennen zu dürfen.   Wei Ying biss die Zähne etwas fester zusammen.   Das Problem war, das er es selbst wusste.   Dass er wusste, dass seine Freundschaft mit Lan Zhan nicht der Norm entsprach. Doch war er selbstsüchtig genug diese Gedanken zu ignorieren. Solange Lan Zhan ihn in seiner Nähe dulden würde, solange würde er es nicht hinterfragen.   „Wir trafen uns auf Arbeit. Er ist ein Stammkunde bei uns.“ Er schaute seinen Bruder nicht an, aber er konnte dessen skeptisch hochgezogene Augenbraue dennoch vor sich sehen.   „Uhuh. Das klingt glaubwürdig.“ Gott, konnte dieser Kerl nicht wenigstens einmal seinen Zynismus stecken lassen!   Genau wegen solcher Dinge, hielt er sich davon fern Jiang Cheng persönlich sehen zu wollen.   Ihre Beziehung zueinander war seit dieser ganzen Shit-Show stets ein Spießrutenlauf.   Egal wie sehr er versuchte es irgendwie zu richten, um etwas von ihrem alten Miteinander wieder zurückzubringen, waren es solche spitzen Bemerkungen, die ihn sämtlichen Willen wieder verlieren ließen und er ihre Treffen einfach nur hinter sich bringen wollte.   „Glaub doch was du willst. Lan Zhan ist ein guter Freund.“ Jiang Cheng ging an ihm vorbei als er seine Schuhe im Flur ausgezogen hatte und auch wenn ihn dessen zweifelndes „Ja, klar.“ nur noch mehr frustrierte, schluckte er es herunter.   „Also, warum bist du hier?“, begann er stattdessen, auch wenn er sich die Antwort darauf schon denken konnte, aber es wäre dennoch ein Themawechsel.   Wenn auch kein willkommener.       Als Jiang Cheng wieder gegangen war, fühlte er sich derart ausgepowert, als habe er einen Ringkampf hinter sich. Sein Bruder besuchte ihn meist sporadisch, mit einer seltsam angespannten Energie, die stets ihre Gespräche und ihren Umgang zu dominieren schien.   Er hatte ihre Schwester einmal darauf angesprochen.   Sie hatte gemeint, dass es Jiang Chengs Weg wäre sicher zu gehen, dass er in Ordnung sei. Doch kam es Wei Ying mehr wie eine Kontrolle vor, ob er auch nichts angestellt hatte, das ihre Familie abermals enttäuschen würde.   Es war anstrengend, denn letztendlich konnte er nichts dagegen aufbringen, gab es eben schwerwiegende Gründe, warum dieser genau solche Gedanken hegen mochte.   Er hatte sich gerade ins Bett gelegt, als sein Smartphone angab eine Nachricht bekommen zu haben.   Irgendwo hoffte er, dass es eine Nachricht von Lan Zhan wäre, doch stattdessen war es eine von Jiang Cheng.   Der konnte wohl heute nicht genug davon bekommen ihm auf den Geist zu gehen!   Er öffnete sie in der Absicht diesem einen Schwall anzüglicher Emojis zu schicken, als ihn dessen Frage merklich irritierte.   Jiang Cheng: Ist das dein guter Freund?   Las er dort und konnte selbst in diesen wenigen, geschriebenen Worten dessen widerborstige Art heraushören. Ein Link war angehängt, den er mit nervös schlagendem Herzen öffnete, das er sich selbst nicht erklären konnte.   Es folgten diverse Bilder und Wei Yings Herz blieb nahezu stehen.   Es war tatsächlich Lan Zhan.   Wei Ying: Wie hast du ihn gefunden?   Erkundigte er sich sofort und mit einem merkwürdig beklemmenden Gefühl.   Jiang Cheng: Du hast seinen Namen genannt. Erzähl mir nicht, dass er tatsächlich dieser Freund sei.   Wei Ying: Wie schon gesagt, glaub doch was du willst!   Es folgte nicht sofort eine Antwort und Wei Ying hoffte, das Jiang Cheng es aufgegeben hatte.   Jiang Cheng: Du solltest dich von ihm fernhalten.   Wei Ying: Und warum sollte ich das tun?   Jiang Cheng: Kannst du dir das nicht selbst denken? Leute wie er geben sich nicht einfach so mit einem strauchelnden Nobody ab. Geb mir einen guten Grund, was es ihm bringt dein Freund zu sein? Und es wäre nicht das erste Mal, dass du die falschen Leute auf dich aufmerksam machst.   Das unwohle Gefühl breitete sich weiter aus, je mehr Jiang Cheng zu sagen hatte und es ließ ihn sein Telefon so fest umfassen, dass es ein ominöses Knacken von sich gab.   Es lief also tatsächlich wieder nur darauf hinaus, dass er ein unbedarfter Idiot in den Augen seines Bruders war.   Das dieser ihm nie wirklich vergeben konnte, nachdem was damals ihm und seiner Familie zugestoßen war, hatte er akzeptieren gelernt und auch das Jiang Cheng es ihm immer wieder einmal vorhielt. Was aber nicht bedeutete, dass es einfacher wurde mit diesem Wissen zu Leben.   Jiang Cheng: Ich will einfach nicht, dass du dir schon wieder irgendwelche Probleme auflädst.   Natürlich! Was auch sonst!   Wei Ying antwortete nicht mehr darauf und schaltete sein Smartphone komplett aus.   Dennoch ließ ihn die Sache mit Lan Zhan nicht in Ruhe und wenig später saß er vor seinem klapprigen Laptop und gab mit unruhigen Fingern dessen Namen ein.   Es zeigte ihm einen Artikel über die Lan-Familie an, den er öffnete und sich augenblicklich lächerlich vorkam.   Natürlich kam ihm der Name Lan damals bekannt vor. Wie könnte er auch nicht, wenn ihnen eines der bekanntesten Familienunternehmen gehörte?   Doch auf der anderen Seite, und diese Erkenntnis stach doch mehr als nötig, warum hätte er annehmen sollen, dass jemand aus dem Lan-Clan in ihrem Geschäft zu einem Stammkunden werden würde? Oder das man sich mit ihm anfreunden wollte?   Jiang Chengs Worte drängten sich sofort wieder in seinen Kopf, über diesen Gedanken, und es ließ ihn sich gleich noch elendiger fühlen.   Denn wenn er ehrlich war, hatte er sich diese Frage, was Lan Zhan mit jemandem wie ihm zu tun haben wollte, selbst schon einige Male gestellt. Selbst als er noch nicht wusste, dass er der zweite junge Herr der Lan-Familie war, war nicht von der Hand zu weißen, dass dieser aus einer vollkommen anderen sozialen Schicht kam.   Es war der Grund, warum Wei Ying in erster Linie überhaupt auf ihn aufmerksam geworden war und auch der Anreiz diesen, auf seine Art, etwas unter die Lupe nehmen zu wollen.   Aber selbst wenn er mit seinen unmöglichen Allüren nur seiner Neugier gefolgt war, so erklärte es dennoch nicht, warum Lan Zhan nicht irgendwann Distanz von ihm gesucht hatte, wie es wohl jeder andere getan hätte, um nicht weiter genervt zu werden.   Wei Ying klickte auf die Bilderoption und schaute sich die Auswahl nachdenklich an.   Es waren nur wenige offizielle Bilder, wenn Lan Zhan mit seiner Familie irgendwo geladen gewesen war, oder es um das Lan-Unternehmen an sich ging.   Und selbst dann wirkte dieser immer recht distanziert von all dem Rummel.   Ein Bild weckte jedoch seine Aufmerksamkeit besonders, dass er es schließlich anklickte.   Es war das Gefühl einer wagen Erinnerung, der er einfach nur wieder auf die Sprünge helfen musste, das ihm beim Betrachten umfing.   Es war eines der wenigen Bilder die Lan Zhan mit einer modisch, adretten Brille zeigten, seine Haare wesentlich länger, als er sie jetzt trug und zu einem eleganten Zopf geflochten.   Warum glaubte er, dass er ihn schon einmal so gesehen hatte, wenn er sich sicher war, dass sie sich noch nie begegnet waren, bevor er das erste Mal einen Fuß in ihr Geschäft gesetzt hatte?   Er scrollte sich noch durch ein paar andere Bilder, als ihm ein Detail bei einem anderen Schnappschuss ins Auge fiel.   Es war der Schirm den Lan Zhan hielt.   So gesehen nichts Ungewöhnliches.   Schirme gab es unzählige in dieser Stadt.   Er hatte sich damals gefragt, wer um alles in der Welt in der heutigen Zeit noch mit einem traditionellen Papierschirm unterwegs war und es amüsierte ihn genug, das er seine Aufmerksamkeit auf die Person gerichtet hielt die diesen trug.   Als er näher kam, hatte er dann auch ZiXuns arrogante Stimme gehört und auf was dieser aus war.   Es war genau dieser verquere Heldeninstinkt, den Jiang Cheng so missbilligte, der ihn hatte eingreifen lassen, bevor er sich über mögliche Konsequenzen Gedanken machen konnte.   Sie waren sich also tatsächlich schon einmal begegnet.   Das aufgewühlte Empfinden in seinem Bauch wogte wieder mehr auf, als ihm darauf diverse andere Dinge in den Sinn kamen.   War sich Lan Zhan dem die gesamte Zeit über bewusst?   Warum hatte er nichts dazu gesagt?   Leute wie er geben sich nicht einfach so mit einem strauchelnden Nobody ab. Geb mir einen guten Grund, was es ihm bringt dein Freund zu sein?   Eine Erkenntnis, wie ein Schwall eiskaltes Wasser kam daraufhin über ihn.   War…war es möglich das Lan Zhan tatsächlich ein bestimmtes Motiv mit seiner vertrauenswürdig erscheinenden Art verfolgte?   Der Eindruck den er an jenem Abend wiedergegeben hatte, um ihm aus dieser Situation herauszuhelfen.   War dies womöglich der wahre Grund für dessen Interesse an ihm?   Hatte Jiang Cheng womöglich doch recht und er war gänzlich naiv in eine Situation getappt, die ihn letztendlich wieder ein Stück seiner selbst kosten würde?   Denn egal was Lan Zhan´s wirkliche Absichten sein mochten, so hatte er bereits zu viel Herz in den anderen investiert, um noch halbwegs unbeschadet da wieder heraus zu kommen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)