Paper Umbrella Moon von YoungMasterWei ================================================================================ Kapitel 4: ----------- Wei Ying wurde etwas ungeduldig, je mehr Zeit verstrich und je länger es bedurfte das man Mr. Jade endlich wieder freigab. Jemand hatte sich heute besonders mutig gezeigt und diesen angesprochen und zu Wei Yings kompletter Überraschung schien Mr. Jade sich tatsächlich mit der Dame zu unterhalten.   Womöglich kannten sie einander?   Wei Ying schaute sie sich etwas genauer an, nun wo er näher herangerückt war, in seiner Arbeit einige Produkte in diversen Regalen aufzustocken.   „Wir sind ihnen wirklich dankbar. A-Yang hat seine Noten deutlich verbessern können und scheint nun auch weit mehr Motivation zum Lernen zu haben. Er spricht wirklich in den höchsten Tönen von ihnen.“, hörte er sie sagen und verfolgte wie jene Mr. Jade eines dieser Lächeln schenkte, was ihn ein wenig die Augen verengen ließ.   Diese Frauen waren wirklich wenig subtil, wenn es darum ging mit diesem zu flirten. Dabei konnte er deutlich einen Ehering an ihrer Hand ausmachen.   Wei Ying rückte noch etwas weiter zu ihnen auf.   Die Dame redete nun weiter auf Mr. Jade ein, der nicht den Eindruck erweckte als lege er Wert darauf, was man ihm hier erzählte. Zumindest war es das, was Wei Ying sich einzubilden glaubte.   Besagte Dame streckte nun eine Hand aus. Womöglich sollte es aussehen, als wäre diese Geste aus dem Affekt heraus, doch kam sie nicht soweit auch nur einen schamlosen Finger an Mr. Jade zu legen, war Wei Ying mit seiner nächsten Aktion schneller, als er darüber nachgedacht hatte.   „Lan xiān sheng.“, machte er etwas zu offensichtlich auf sich aufmerksam.   Man schaute ihn darauf fragend an, auf das er die Dame höflich grüßte.   Er war schließlich immer noch ein Angestellter hier, und wollte ihre Kundschaft nicht offensichtlich vergruseln.   „Endschuldigen sie die Unterbrechung, aber ihre Bestellung ist heute eingetroffen und ich würde sie bitten sie zu kontrollieren, ob auch alles zu ihrer Zufriedenheit ist.“ Mr. Jade schaute ungerührt, nickte dann aber und wandte sich der Dame wieder zu. „Wenn sie mich entschuldigen würden.“ Dieser verbeugte sich höflich und trat dann an ihn heran, auf das Wei Ying kurz etwas aus seinem Schauspiel rutschte über dessen Nähe, bevor er ihm mit einem „Wenn sie mir folgen würden.“ aus dem Gang und etwas abseits führte, wo ein paar ungeöffnete Kisten mit Wahre standen.   Dann wirbelte er zu ihm herum und grinste etwas albern.   „Die Tatsache das sie auf meine Finte eingegangen sind, lässt mich annehmen das ich die Situation richtig gedeutet habe, oder?“ Mr. Jade sagte zuerst nichts aber atmete etwas tiefer durch.   „Es war das richtige Timing. Danke.“, meinte dieser darauf jedoch und Wei Ying wurde zum ersten Mal bewusst, dass es für diesen wohl nicht selten war das jemand versuchte ihm auf diese Art zu Leibe zu rücken.   „So ein attraktives Gesicht, kann schon ein Fluch sein, hm?“ Und da war es wieder, das leichte Rotwerden von dessen Ohren, das Wei Ying immer wieder drollig fand.   „Aber um ehrlich zu sein, ich habe tatsächlich etwas für sie.“ Wei Ying schaute auf seine Armbanduhr. „Meine Schicht geht noch drei Stunden.“ Darauf schaute er den anderen unsicher an.   Hätten sie vielleicht heute Abend noch Zeit?“ Er wusste das es etwas dreist war so etwas zu fragen, konnte er sich vorstellen, das der andere sicherlich besseres zu tun hatte, als sich mit ihm zu treffen.   „Es wird sich einrichten lassen.“ Wei Ying grinste dankbar über dessen Zustimmung und zog einen kleinen Notizblock mit Stift aus seiner Schürze.   „Hier. Wenn sie da auf mich warten würden? Es ist das beste Lokal am Platz. Ohne Übertreibung“ Er schob ihm den Zettel mit der Adresse und einer Uhrzeit zu.   Mr. Jade schaute darauf und nickte folglich. Dann kam Wei Ying noch ein Gedanke.   „Warten sie.“ Damit zog er ihm den Zettel wieder aus den Fingern und schrieb abermals etwas darauf.   „Sollte irgendetwas dazwischen kommen, schreiben sie mir eine Nachricht oder so.“   „Wei WuXian!“, hörte man die etwas genervt klingende Stimme einer seiner Kollegen und er lächelte Mr. Jade noch einmal zu, bevor er sich mit einem „Bis später.“ von ihm verabschiedete.   *   WangJi saß in seinem Wagen und schaute auf die Frontfassade des Lokals zu dem ihm Wei Ying gebeten hatte.   „Lotus Cove“ stand in eleganten Zeichen über dem Eingang.   Es schien gut besucht, ging er von den Leuten aus die es betraten.   Hoffentlich würden sie auch einen Platz bekommen.   Es waren noch gut zwanzig Minuten bis zur abgemachten Zeit, doch hatte er zu Hause eh nichts mehr mit sich anfangen können und war schließlich schon hergefahren.   Er war aufgeregt.   Wie immer, wenn es etwas mit Wei WuXian zu tun hatte und er hoffte ebenso, dass er sich nicht irgendwie blamieren würde.   Dass er nicht der geselligste Typ war, wusste er nur zu gut und die Befürchtung, dass er diesen schneller langweilen würde als gewollt, trug zu seiner Aufregung nur noch mehr bei.   Er hatte versucht es mit etwas Meditation zu dämpfen aber hielt der Erfolg nur kurzfristig an.   WangJi schloss dennoch seine Augen und suchte nach innerer Ruhe.   Er hatte ein wenig davon finden können, als er sie wieder öffnete und somit auch etwas Zeit überbrückt hatte, das er nun aus seinem Wagen ausstieg und auf das Lokal zuhielt.   Es mochten vielleicht zwei, drei Minuten verstrichen sein, die er noch gewartet hatte als Wei WuXian den Gehweg entlanggehastet und vor ihm zum stehen kam. Er war reichlich außer Puste und stützte sich somit erst einmal mit seinen Händen auf den Oberschenkeln ab.   Dessen Stirn zierte ein leichter Schimmer, doch strahlte dieser dennoch ungeniert, als er sich wieder aufrichtete.   Wei WuXian richtete seine Sachen und zupfte sich ein paar seiner Haarsträhnen wieder zurecht, die Wangen immer noch rosig vom Rennen.   „Hey. Freut mich, dass sie es einrichten konnten. Und sorry, wenn ich ihnen irgendwelche anderen Pläne durchkreuzt haben sollte.“   WangJi schüttelte leicht den Kopf. „Es ist kein Umstand.“   „Da bin ich ja froh. Dann folgen sie mir mal.“ Damit strebte Wei WuXian auf den Eingang zu und führte ihn in das Lokal hinein.   Wie er es sich schon gedacht hatte war es recht voll, doch schien sich Wei WuXian nicht davon entmutigt zu sehen, steuerte er zielstrebig in eine etwas ruhigere Ecke und auf einen freien Tisch zu.   Sie setzten sich und Wei WuXian schaute darauf über die anderen Gäste, als würde er nach etwas bestimmten Ausschau halten.   Dann winkte er jemandem zu und der zugetane Ausdruck den er dabei zeigte, ließ etwas unruhiges in WangJi aufsteigen, das er dessen Aufmerksamkeit folgte, die sich auf eine zierliche Frau, die eine der Serviererinnen war, gerichtet hielt und die ein ebenso warmes Lächeln in Wei WuXians Richtung schickte.   Sie machte eine Geste die anzeigte, dass er etwas warten müsse und dieser nickte verstehend.   Währenddessen hatte eine andere Bedienung ihnen zwei Schalen und eine kleine Kanne mit heißen Wasser an den Tisch gebracht, das sie ihnen einschenkte und mit einer leichten Verbeugung wieder verschwand.   Dann schaute Wei WuXian wieder zu ihm.   „Ich kann ihnen hier wirklich alles empfehlen, aber nichts kommt an die Lotuswurzelsuppe mit Schweinerippchen (ling ngau tong) ran.“, ließ er ihn wissen und es war schon der erste Schritt diesem etwas von seiner Begeisterung nehmen zu müssen.   „Ich esse kein Fleisch.“, weihte er Wei WuXian ein, der ihn darauf etwas verwundert ansah, sein munterer Ausdruck aber nicht deswegen abebbte.   „Ok, kein Problem. Es gibt hier auch vegetarische Gerichte. Mögen sie Luo Han Guo? Ich kann…“ Wei WuXian kam nicht weiter in seiner Ausführung, trat nun die Bedienung von vorhin an ihren Tisch und Wei WuXian erhob sich prompt, um diese in eine herzliche Umarmung zu ziehen.   „Jiě jie. Wie geht es dir?“   „ Mir geht es gut.“, erwiderte diese und schaute sich den jungen Mann vor sich nun etwas eingehender an.   „A-Xian, warum hast du nicht gesagt das du vorbei kommst?“ Sie strich ihm in einer schwesterlichen Geste über die Wange, ihr Blick prüfend.“   „Du bist schmaler im Gesicht geworden.“, stellte sie dann auch schon fest und Wei WuXian schaute tatsächlich etwas ertappt darüber.   „Es war etwas stressig in letzter Zeit. Aber mir geht es gut, versprochen.“ Sie gab ein leichtes Seufzen von sich, als wäre die Sorge, dass dieser nicht richtig aß nichts Neues.   „Jiě jie lass mich dir jemanden vorstellen.“ WangJi nahm an das dieser Wechsel auch dazu diente von sich abzulenken, worauf sich dessen ältere Schwester ihm zuwandte und freundlich lächelte. WangJi erhob sich der Etikette wegen ebenso und verbeugte sich leicht vor ihr.   „Das ist Mr. Ja…Mr. Lan. Mr. Lan das ist meine Jiějiě. Ihr gehört das Lokal.“ Es war deutlich, dass Wei WuXian stolz auf seine Schwester war. „Mr. Lan, es freut mich sie kennenzulernen.“, erwiderte sie höflich. „Ich führe das Lokal gemeinsam mit meinem Mann. Ich hoffe das sie mit unseren Speisen zufrieden sein werden.“ Wei WuXian gab ein mürrisches Raunen von sich. „Jin ZuXian wäre ohne dich doch kaum zu etwas vernünftigen im Stande. Er ist und bleibt ein arroganter…“   „A-Xian.“ Dieser hielt auf diese Zurechtweisung, welche man dennoch in einem sanften Ton ausgesprochen hatte inne, schaute allerdings noch einen Moment trotzig, bevor er ein „Ich sag ja schon nichts mehr.“ von sich gab.   Schließlich reichte man ihnen zwei Karten, auf das WangJi nach einem Oolong Tee verlangte und Wei WuXian sich etwas Alkoholisches gönnte   Darauf ließ man sie vorerst wieder für sich.   WangJi nahm einen Schluck von seinem Wasser, wusste er noch immer nicht, was genau Wei WuXian vor hatte ihm zu geben und dieser schien auch nicht darauf aus das Geheimnis lüften zu wollen, brütete er über der Menükarte und ließ darüber die ein oder andere Empfehlung verlauten. WangJi hörte ihm aufmerksam zu, doch schien der andere eher das Gegenteil anzunehmen, als er plötzlich in einem Satz inne hielt und sich für sein Gequassel entschuldigte.   WangJi schüttelte den Kopf. „Es ist hilfreich eine Meinung dazu zu hören. Ich bin mit den meisten Gerichten nicht wirklich vertraut.“, ließ er ihn ehrlich wissen und brachte Wei WuXian damit dazu ihn nun etwas fragend anzuschauen.   „Was essen sie den sonst?“, erkundigte er sich mit merklicher Neugier in der Stimme.   „Unsere Familie folgt einer abgestimmten Ernährung. Kein Fleisch, keine dominanten Gewürze, kein unnatürlicher Zucker.“ Wei WuXian verzog über diese Information leidlich das Gesicht, als habe er ihm gerade erzählt das Essen kein Vergnügen, sondern nur eine Notwendigkeit sein dürfe.   Es war ihm auch nicht wirklich zu verdenken und WangJi fühlte sich wiederholt unpassend in dessen Präsenz, schien Wei WuXian, was Essen anbelangte, recht passioniert und probierfreudig, ging er von dessen vorangegangenen Erklärungen zu den hier angebotenen Speisen aus.   Er war eben wenig interessant und noch nie hatte es ihn so gestört wie jetzt.   Die Chancen, dass Wei WuXian in Betracht ziehen würde, erneut Zeit mit ihm verbringen zu wollen, waren sicherlich mehr als verschwindend.   „Das nenne ich eine beeindruckende Disziplin. Ich muss sagen sie überraschen mich immer wieder.“ Es war keine Antwort mit der er gerechnet hatte und es ließ ihn etwas perplex zurück.   „Oh, da fällt mir ein, ich habe da ja noch etwas für sie.“ Damit wandte dieser sich seiner Umhängetasche zu die er neben dem Tisch abgestellt hatte und zog folglich eine dünne, weiße Plastikmappe hervor, die er ihm dann reichte, als würde es sich um ein äußerst gewichtiges Dokument handeln, indem er seine beiden Arme nach vorn gestreckt hielt und den Kopf über sein Darbieten gesenkt hatte. „Yuan yì shù jiā bat mich es ihnen zu überreichen.“, erklärte er dann auch in einem ehrfürchtigen Ton, auf das WangJi ihm die Mappe abnahm und sie schließlich auch aufschlug.   Darin befand sich ein Blatt das nahezu komplett von einem riesigen türkisfarbenen Fleck ausgefüllt wurde.   Von der Oberseite dieses Flecks erstreckten sich zwei dicke längliche Ovale nach hinten. Ein kleiner Kreis befand sich an der unteren Seite. Im Fleck selbst, auf der entgegengesetzten Seite, hatte man noch einen roten Punkt auf halber Höhe plaziert.   In einer Ecke des Papiers stand in etwas wackeligen Zeichen „Für Yù gē ge von A-Yuan“.   „Ein Hase.“ Es war keine Frage, sondern eine zugetane Feststellung.   „Ich hab mit den Wolken geholfen.“, hörte er Wei WuXian mit kindlichem Nachdruck sagen und WangJi musste über die Zeichnung, wie auch den Mann vor ihm, ein wenig lächeln.   „Ihr zwei seit wirklich sehr talentiert.“, gab er darüber in einem sanften Ton zum Ausdruck, doch blieb es merkwürdig still von Wei WuXians Seite her, das er ihn kurzum wieder ansah.   Dieser wirkte etwas abgedriftet, fing sich aber rasch wieder als er merkte, dass sein Blick auf ihm lag und räusperte sich kurz, bevor er wieder ein Grinsen aufsetzte.   „Es ist eine Entschuldigung, dafür das er ihre Hose eingesaut hatte. Er hatte selbst die Idee. Er war ganz angetan davon, als ich ihm sagte das sie Hasen mögen und setzte sich gleich dran.“ Wei WuXian klang führsorglich und liebevoll als er über A- Yuan sprach und es wärmte WangJi´s Herz etwas mit.   „Es ist eine wirklich gelungene Entschuldigung. Richte A-Yuan meinen Dank aus.“ Wei WuXian strahlte ihn auf seine Worte zufrieden an. „Das werde ich gern tun.“   Man servierte ihnen inzwischen auch ihre Getränke und sie bestellten jeweils etwas zu essen.   WangJi legte das Bild zurück in die Mappe und schloss sie, bevor er diese etwas an den Rand des Tisches schob, damit er sie dann auch nicht vergaß.   Etwas rutschte unter dieser hervor und er nahm den zweiten Zettel automatisch in seine Hände. Nicht weil er neugierig war sondern, weil er annahm, dass es eine Unterlage von Wei WuXian sein musste, die wohl an der Mappe festgehangen hatte.   Es sah aus wie ein Prüfungsbogen, erkannte er auch beim bloßen darüber Schweifen mit dem Blick, den typischen Benotungsspiegel, hatte er selbst schon genügend sollcher Bögen vor sich gehabt.   Die geringe Punktzahl ließ allerdings annehmen, dass dieser Test nicht besonders gut gelaufen war.   „Oh, der gehört mir.“ Wei WuXian zog ihn diesen eilig aus den Fingern und wirkte darüber merklich peinlich berührt.   „Denn hab ich ziemlich in den Sand gesetzt.“ Er lächelte etwas schief, während sein Blick auf dem Test festhing, bevor er ein tiefes Seufzen von sich.   „Ich sollte es wohl doch wieder aufgeben.“, gab er in einem leisen und ergebenen Ton von sich, schien folglich aber nur noch verlegener, als habe er diesen Gedanken eher im Affekt hervorrutschen lassen.   Es ließ WangJi etwas die Augenbrauen zusammenziehen.   Er hatte angenommen, dass Wei WuXian älter wäre, doch war dies eindeutig ein Test für die Sekundarstufe gewesen.   Es brachte ihn innerlich doch etwas aus dem Gleichgewicht.   „Uhm…“   „Vielleicht könnte ich behilflich sein.“ WangJi war über sich selbst erstaunt, diesen Vorschlag unterbreitet zu haben.   Wei WuXian schaute ihn folglich auch mit so etwas wie überraschter Skepsis an.   WangJi fühlte sich prompt unwohl über sein unbedachtes Angebot, und das er sich über die Annahme, dass der andere womöglich noch nicht einmal volljährig war, gefühlstechnisch auf reichlich dünnes Eis begab.   „Könnten sie?“   „Ich unterrichte selbst.“   „Tun sie?“ Wei WuXian wirkte interessiert und es ließ die Anspannung in WangJis Schulter sich wieder etwas auflockern.   Er nickte bestätigend.   „Sie stecken wirklich voller Überraschungen  Yù xiān sheng.“ Dann schmunzelte dieser in einer Art die es WangJi schwer machte wegzusehen, um nicht beim Starren erwischt zu werden.   „Ok. Und wo wir nun schon so weit sind und gemeinsam Essen. Lassen sie mich, mich endlich vernünftig vorstellen.“   Er brachte sich demonstrativ in eine formelle Haltung. „Mein Name ist Wei WuXian. Fühlen sie sich frei mich Wei Ying zu nennen.“ Wei Ying lockerte sich wieder und schaute keck, womit er deutlich machte, das er damit auch ihn dazu aufforderte sich ihm richtig vorzustellen.   „Lan WangJi.“, erwiderte er und etwas in ihm stieß seinen Mut nachdrücklich an. „Oder, Lan Zhan.“, fügte er etwas unbeholfen an, fühlte es sich für ihn wie ein riesiger Schritt an jemandem die Erlaubnis zu geben diesen Namen benutzen zu dürfen. Nicht einmal sein Bruder nannte ihn Lan Zhan. Die letzte Person die dies getan hatte war seine Mutter gewesen. Doch das war bereits gut zwei Jahrzehnte her.   Plötzlich fühlte er sich unangenehm bloßgelegt in seinem Eifer, dem anderen entgegenkommen zu wollen.   Generell sollte er eher den Rückzug antreten was Wei Ying betraf und nicht noch anfangen vertrauter mit ihm umzugehen.   Er würde sich auf kurz oder lang keinen Gefallen damit tun.   „Lan Zhan.“, hörte er Wei Ying sagen und all seine Zweifel zerstoben prompt wieder. „Gefällt mir.“ Dieser lächelte herzlich und es fühlte sich für WangJi vernichtend richtig an.   Wei Ying griff nach der Schale mit Wein und setzte sie sich an die Lippen, als WangJi ihm mit einem „Stopp“ davon abbrachte.   Man schaute ihn darauf etwas irritiert an und schien darauf zu warten, dass er sich erklärte.   „Minderjährige sollten keinen Alkohol trinken.“, meinte er strikt und nun wo er das Wort auch ausgesprochen hatte, fühlte er sich umso älter.   Wei Ying blinzelte ihn sichtlich perplex an, schaute dann auf die Schale Wein und wieder zu ihm, bevor er in ein amüsiertes Lachen überging, das so schnell auch nicht wieder verstummte, das andere Gäste ihnen schon Blicke zuwarfen.   Dann wischte sich Wei Ying die Lachtränen aus den Augenwinkeln und schaute ihn mit einem breiten Grinsen an.   „Lan Zhan…“, es klang wirklich gut in WangJis Ohren. „…ich kann dich beruhigen. Ich bin alt genug für sämtlichen Erwachsenenkram.“ Er zwinkerte ihm schelmisch zu und nippte an seinem Wein.   „Aber die Spekulation ist gerechtfertigt.“ Wei Ying wirkte mit einem Male nachdenklich und auch etwas melancholisch, während er die Schale zwischen seinen Finger leicht schwenkte.   „Ich bin 24. Wäre mein Leben etwas anders verlaufen, hätte ich womöglich nun meinen Uni Abschluss vor Augen.“ Er leerte die Schale nun komplett und sobald sie auf dem Tisch aufsetzte, hatte Wei Ying auch zurück zu seinem unbeschwert wirkenden Ich gefunden.   „Ich denke das ist eine Story für einen anderen Tag.“, hakte er dieses Thema damit ab.   WangJi hoffte das Wei Ying nicht mit zu vielen Dämonen zu kämpfen hatte, die er alle stets nur mit einem aberwitzigen Lachen zu blenden versuchte, wusste er, das man sich zwar dahinter verstecken aber nicht auf ewig davor davonlaufen konnte.   Vielleicht aber konnte er für ihn als ein Beistand heranwachsen, sollte dieser es zulassen wollen.   Das plötzliche Klingeln von Wei Ying´s Smartphone ließ diesen eilig danach greifen, gefolgt von einem genervten Murren als er darauf schaute.   „Der Kerl gibt einfach nicht auf.“, hörte er diesen murmeln und tatsächlich schien der Anrufer sich nicht geschlagen geben zu wollen.   „Tut mir leid, ich…es dauert nur einen Moment.“ Damit drehte er sich zur Seite und nahm den Anruf entgegen, doch bevor er etwas erwidern konnte, donnerte ihm schon eine Stimme aus dem Hörer entgegen.   „Wurde aber auch Zeit! Bist du in der Tiefsee unterwegs, das man dich nie erreicht, oder was!!“ Wei Ying rollte mit den Augen. „Jiang Cheng, ich bin ein vielbeschäftigter Mann, klar.“, zischte er zurück, was ihm ein energisches „Ich weiß das du bei Jiějiě im Lokal sitzt.“, einbrachte und er sich ergeben mit seiner freien Hand die Stirn rieb.   „Beruhigt dich erst mal wieder, man hört dich noch Tische weiter.“   Es wurde darauf etwas leiser, sodass man nur noch Wei Yings Seite des Gesprächs vernahm.   „Du weißt ganz genau, dass sie mich nicht dabeihaben will, also tu ich dieser Familien nur einen Gefallen wenn ich mich fernhalte.“   „…“   „Wann war es schon einmal anders?   „…“   „Nein, bin ich nicht!“ Wei Ying beendete das Gespräch mit einem Grollen und stopfte sein Telefon darauf in seine Umhängetasche, aus der man das leise Vibrieren eines weiteren Anrufes hören konnte, welchen dieser aber ignorierte.   Es war dem anderen anzusehen, dass er darauf seine eigentliche Gefühlslage unter einer abtuenden, doch nicht wirklich überzeugenden Fassade versteckte und es ließ WangJi annehmen das die Dinge mit dessen Familie wohl nicht wirklich zum Besten standen. *** xiān sheng – Herr/Mister (yù – Jade) gē ge – großer Bruder jiě jie – große Schwester yì shù jiā – Anrede für einen Künstler Hosted by Animexx e.V. 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