Abgelenkt von FreeWolf ================================================================================ Kapitel 5: 5 ------------ Ihr Stammcafé, das laut Kai – der es wissen musste – den besten Eiskaffee in der näheren Umgebung servierte, war brechend voll mit Pärchen, die scheu Händchen hielten und einander verzückt anlächelten. Hiromi seufzte, währed sie geduldig darauf wartete, dass ein Tisch frei wurde. Das Lokal gehörte zu einer kleinen Mall in der Nähe des BBA-Zentrums in Bakuten und war irgendwie genau richtig für ein Date. Die Besitzer hatten die Tische mit etwas Abstand zueinander aufgestellt, sodass es auch voll besetzt noch recht ruhig blieb. Deshalb war es zum Stammcafé für Wochenend-Trainingsbesprechungen geworden: Manabu mochte die relative Abgeschiedenheit der Tischinseln, Kai den Kaffe und Hiromi, dass sie nicht im Dojo saßen, wo sie immer wieder von irgendwem gestört wurden. Das Stundenhotel drei Straßen weiter trug vermutlich auch dazu bei, dass das Café ein beliebter Treffpunkt für Paare war. Der Kellner – Hiromi kannte ihn noch nicht, er musste neu sein – gab ihr ein Signal, dass ein Tisch frei geworden war. Die Japanerin ließ sich auf einen der Stühle sinken und lächelte ihm freundlich zu, während sie zwei Eiscafés bestellte. Sie platzierte ihre Jutetasche auf der Sitzgelegenheit neben sich. Ihr Handy vibrierte mit einer neuen Nachricht.   11:52 Kai: Wann hast du heute Zeit?   Hiromi runzelte die Stirn über die seltsame Nachricht. Sollte Kai als Coach nicht schon längst auf dem Weg sein? Sie hatten sich für ihre wöchentliche Trainingsbesprechung unter anderem auf dieses Café geeinigt, weil sie, Kai und Manabu dieselbe Wegzeit hatten, um es zu erreichen. Hiromi schüttelte den Kopf und beschloss, der Nachricht mit Humor zu begegnen.   12:00 Hiromi: Ich hoffe, du bist schon auf dem Weg, sonst muss ich deinen Eiskaffee auch noch trinken. Denk an meine Figur, Kai!   12:03 Kai: Die letzte Nachricht war nicht für dich bestimmt, sorry. Bin auf dem Weg.   Die Brünette beschloss, dass sie die Wartezeit auch produktiv nutzen konnte und zog den schmalen Ordner mit BBA-Aufdruck aus ihrer Tasche, in dem sie den Ausdruck des Trainingsplans für die kommende sowie ihre Notizen der vergangenen Woche verwahrte. Sie hatte es sich als selbsterklärte Team-Managerin der Bladebreakers – und später der BBA Revolution und des Teams G-Revolution – angewöhnt, spontane Einfälle zum Trainingsplan direkt auf diesem festzuhalten. Die Notizen waren zum Teil verwischt, zum Teil dokumentierten Flecken ihren Speiseplan auf dem zerknitterten Papier. Ihre Eingebungen, Beobachtungen und kurzfristigen Änderungen der letzten Woche waren zwischen Sand, Falten und Flecken ihrer Snacks kaum lesbar, aber das war nichts Neues. Hiromi seufzte und sah sich um. Sie brauchte definitiv Eiskaffee für diese Aufgabe – und definitiv auch Kai, um über ihre Überlegungen zu sprechen. Ihr Handy vibrierte neben ihr am Tisch.     12:05 Kai: Hast du heute Zeit für mich?   12:08 Yuriy: Kommt darauf an wofür, muss in 10 Min. zur Arbeit.     Giulia hatte sie in ihrem neuesten Instagram-Post markiert. Das Foto war bei der letzten Weltmeisterschaft in Rom entstanden. Hiromi erkannte sich neben Giulia, Mathilda, Emily und Mao. Sie saßen am Rand des Trevibrunnens, die Beine übereinander geschlagen, und lachten ausgelassen. Sie hatten ihre Outfits an dem Tag koordiniert, erinnerte sie sich. Es war ganz schön schwierig gewesen, etwas Weißes zu finden und sie hatte sich ein Top von Mao ausborgen müssen, das nicht wirklich saß. Emily hatte den Dresscode resolut verweigert und schwarz getragen, weshalb sie sie lachend in die Mitte gesetzt hatten. Das Bild war mit den Hashtags #beybaes und #throwback unterschrieben. Hiromi schmunzelte und verkündete mit einem Herz, dass ihr das Bild gefiel. Tatsächlich schien heute #throwback das Hashtag des Tages zu sein: Mathilda postete Bilder von sich und Mihaeru aus Kindertagen, die Giulia pflichtschuldig kommentierte. Emily hatte eine ganze Reihe von Labormänteln mit unterschiedlichen Spuren von Beschädigungen herausgesucht – in ihrem Kommentar verriet sie, dass sie alle wegen unterschiedlicher Beyblade-Teile angesengt, zerschnitten oder mit Farbe bekleckert worden waren. Mao hatte heute ein Date mit Rei und postete ihr Outfit des Tages unter dem Hashtag #outfitoftheday, auf das Hiromi prompt mit einem Herz reagierte. Daran schloss sie noch eine Direktnachricht an: Schwarz steht dir richtig gut!     12:12 maow: Danke! maow: Hast du gut ausgesucht!   12:15 hi_romi: My fashion sense is impeccable!     Mao antwortete mit einem Foto von Hiromi in ihrem Stardasher-Kostüm. Die Brünette verdrehte genervt die Augen und schoss ein Na gut, manchmal lässt er auch aus … Du wirst mich das nie vergessen lassen, oder? zurück. Egal, wie peinlich Hiromi das Outfit sein mochte: Das Foto war gar nicht mal so schlecht. Sie posierte mit Manabus Beyblade im Starter, kurz davor, die Reißleine zu ziehen. Hiromi kicherte in sich hinein und schickte Mao noch ein Danke!, während sie das Bild auf Instagram lud. Sie wählte die Bildunterschrift The one time nobody could stop me from blading und lachte leise in sich hinein, während sie das Hashtag #throwback anhängte. „Was ist so lustig?“ Hiromi sah auf als Kai an ihren Tisch trat. Der Silberhaarige trug ein schlichtes weißes T-Shirt und wieder die Sonnenbrille, die er während der letzten Woche am Strand getragen hatte. Hiromi begrüßte ihn nonchalant mit einem Winken und hielt ihm ihr Display entgegen. „Mao hat zu viele dumme Fotos von mir.“, informierte sie ihn, ein Lächeln auf den Lippen. Der Silberhaarige nahm seine Sonnenbrille ab und legte sie vor sich auf den Tisch. Während er sich auf den freien Platz ihr gegenüber sinken ließ, betrachtete er das Bild aufmerksam und hob eine Augenbraue. „Ich hab‘ dich noch nie mit einem Starter in der Hand gesehen“, stellte er ungläubig fest. „Wann war das? Und was hast du da an?“ Hiromi fühlte die Hitze über ihr gesamtes Gesicht und ihren Hals wandern. Oh, er war ja gar nicht dabei gewesen. Das hatte sie vollkommen vergessen. „Nach der Weltmeisterschaft, als du-“ Sie lächelte verlegen, ohne den Satz zu Ende zu führen. Kai bedachte sie mit einem amüsierten Blick. Wenn er einen Moment einen betroffenen Gesichtsausdruck gemacht hatte, wie immer wenn es um ihr bunt gemischtes Trainingslager ging, das Max halbernst „Camp der Rebellen“ genannt hatte, übersah Hiromi dies gekonnt. „Als ich zu BEGA übergewandert bin?“, half er weiter. Die Brünette nickte peinlich berührt. „Ich bin viel zu lange am Kostüm gesessen und habe viel zu wenig daran gearbeitet, den Beyblade richtig zu starten.“, erzählte sie und beobachtete, wie Kai schmunzelte. Er beugte sich über das Foto, um auf den Beyblade zu zoomen. Dann hob er den Kopf, um sie mit einem seltsam intensiven Blick zu mustern. „Hast du Manabus Beyblade geklaut?“, hakte er ungläubig nach. „Du hast unerwartet viel kiminelle Energie, Hiromi.“ „Ich weiß nicht, wieso ihr alle glaubt, ich könnte kein Wässerchen trüben.“, bestätigte Hiromi und klatschte lachend in die Hände. „Manabu war so böse! Du hättest sein Gesicht sehen sollen, Kai, es war filmreif!“ Der Angesprochene lachte leise. „Und wie ist es ausgegangen?“, wollte er dann wissen, obwohl er sich die Antwort bestimmt schon denken konnte. Hiromi kratzte sich verlegen am Kopf. „Nun“, begann sie peinlich berührt. „Sagen wir so: Ich war definitv nicht Teil der Startaufstellung für das Justice-Five Turnier.“ Kai ließ ein leises Glucksen hören. „Das kann ich mir vorstellen.“, bemerkte er, ehe er das souverän das Thema wechselte. „Wo wir bei Manabu sind: Hast du etwas von ihm gehört?“ Die Brünette schüttelte resigniert den Kopf. „Er arbeitet sicher wieder kurzfristig im Restaurant“, vermutete sie. Die Vermutung lag nahe: Es war bestimmt schon das dritte oder vierte Mal seit sie begonnen hatten intensiv zu trainieren, dass Manabu kurzfristig aushelfen musste. „Seine Eltern kennen keine Gnade.“ Kai zuckte nur mit den Schultern. „Er sagt auch immer zu, auszuhelfen“, bemerkte er knapp. Es war kein Geheimnis, wie er zu Manabus Prioritäten stand. Hiromi hatte keine Lust auf diese Diskussion – sie kannte den Ausgang ohnehin schon. „Es ist ihr Familienunternehmen“, konterte sie. „Und er könnte auch nein sagen“, gab Kai in neutralem Tonfall zurück. „Aber das macht er nicht.“ Die Brünette schnaubte und beschloss, das Thema fallenzulassen. Sie nahm ihr Handy zur Hand und tippte eine SMS an den Brillenträger: Bist du wieder im Shop? Ich schicke dir nachher eine Mail. Dann steckte sie das Mobiltelefon wieder in die Jutetasche. Sie wusste, dass von Manabu keine Antwort zu erwarten war; er war meist leichter per E-Mail zu erreichen als über SMS. Meistens ließ sein Handy irgendwo liegen und vergaß seine Existenz vollkommen. „Wenn er bis jetzt noch nicht da ist, kommt Manabu sicher nicht mehr, das steht jedenfalls fest. Ich hab‘ ihm eine Nachricht geschrieben, aber ich werde ihn bitten, uns möglichst bald ein Update zu den neuen Cores zu geben.“, beschloss sie. „Zwischen dem Familienbetrieb und dem Training fürchte ich so langsam, dass er sich übernimmt.“ Kai nickte nachdenklich. „Manabu hat schon unter schwierigeren Umständen neue Teile entwickelt. Bislang hat er es immer irgendwie hingekriegt.“, gab er zu bedenken. Hiromi verzog unglücklich das Gesicht. „Ja, aber zu welchem Preis? Ich weiß, wie viele Nachtschichten in den MS Cores steckens und diesmal hat er nicht ein ganzes Entwicklerteam bei sich, sondern ist allein. Ich versuche zwar, zu helfen, aber ich bin nicht gut genug, um ihm wirklich Arbeit abzunehmen.“ Nicht so wie Mihaeru oder Emily, gegen die sie im G.B.C. antreten würden. Hiromi verdrängte den Gedanken schnell mit einem Kopfschütteln. Sie wurden vom Kellner unterbrochen, der Eiskaffee servierte und Hiromi dabei mit einem Lächeln bedachte. Er zwinkerte ihr zu, als er sich abwandte. Die Brünette fühlte ihre Wangen heiß werden und warf Kai einen finsteren Blick zu. „Sag nichts“ Der Angesprochene behielt einen neutralen Gesichtsausdruck bei. „Habe ich etwas gesagt?“, erwiderte er, ruhig aber deutlich amüsiert. Hiromi seufzte und stützte das Kinn in die Hand, während sie ihren Eiskaffee umrührte. „Die neuen Teile sind zwar wichtig, aber genauso wichtig ist es, dass alle genug Zeit haben, um sich an die neuen Modelle zu gewöhnen, sonst fliegen wir achtkant in der Vorrunde raus“, teilte sie Kai ihre Befürchtungen mit. „Das wird nicht passieren.“ Seine Worte wirkten selbstsicherer als Hiromi sich in Anbetracht der wenigen Wochen Training, die sie noch vor sich hatten, fühlte. Sie beobachtete, wie Kais Mundwinkel verräterisch nach oben zuckte. Er tippte auf den Trainingsplan, den Hiromi noch kurz zuvor zu entziffern versucht hatte. „Nicht mit unserer Geheimwaffe.“ Hiromi lachte und räusperte sich. „Wo wir schon dabei sind: Ich habe mir ein paar Gedanken für Anpassungen im nächsten Turnus gemacht und wäre neugierig, was du denkst.“ Kai nickte und zog den schmalen Taschenkalender aus der Hosentasche, in dem er seine Notizen zum Training verwahrte.   Sie verbrachten die nächste Stunde damit, die vergangene Woche zu besprechen und den Plan für die nächste Woche anzupassen. „Wir haben während der letzten Woche auf Muskelaufbau fokussiert, deswegen habe ich ein paar mehr Dehnübungen rausgesucht, um das auszugleichen“, erklärte Hiromi, während sie auf die Auflistung der Übungen zeigte. Kai machte ein nachdenkliches Geräusch und blätterte durch seinen Taschenkalender. Er verglich seine Notizen mit Hiromis Trainingsplan und notierte sich ein paar Dinge in der für ihn charakteristischen Mischung aus Kanji und Kyrillischen Buchstaben. „Warum fokussierst du so stark auf die Schultern?“, fragte er dann. Hiromi blinzelte überrascht. „Mir ist aufgefallen, dass Max, Mao und Daichi sich bei den Hindernisparcours ziemlich verspannen. Daichi hat praktisch seine Schultern bei den Ohren! Das schränkt ihre Mobilität sehr ein. Ich hoffe, dass die Übungen die Spannung abbauen und sie damit besser bladen können.“, erklärte sie. Kai bedachte sie mit einem langen Blick, den sie nicht deuten konnte. Hiromi strich sich fahrig eine Haarsträhne aus der Stirn. „Was?“, platzte sie etwas zu laut heraus. Sie versuchte, das Brennen zu ignorieren, das sich langsam von ihren Ohren über ihre Wangen zog. Kai schwieg noch einen Moment länger. „Du bist eine gute Managerin, das ist alles.“, erklärte er dann schlicht. Hiromi versteckte die Röte in ihren Wangen hinter ihrem Eiskaffee. „Ich mach nur meinen Job“, winkte sie leise ab. Sie räusperte sich und wechselte das Thema. „Hast du dir schon Gedanken wegen der Trainingsmatches nächste Woche gemacht? Ich habe noch ein paar mehr Videos zu den neuen Teams gesehen, aber es waren nur kurze Ausschnitte. Ich denke, wir sollten uns sehr umfassend vorbereiten.“ Kai nickte. „Was hast du dir überlegt?“, wollte er dann wissen. „Ich denke, Takao und Rei sollten mal wieder gegeneinander antreten. Die beiden haben schon lange nicht mehr gegeneinander gespielt. Ich würde Max auch gern mal gegen Daichi sehen, vor allem nachdem Daichis gerade die neuen Attacken entwickelt.“ Kai segnete ihre Überlegungen nickend ab. Hiromi setzte einen Haken neben die Paarungen, während sie über diese sprachen. „Max‘ Defensive ist ein guter Testlauf für seine neuen Attacken. Danach sollte er aber auch mal seine Defensive üben.“, stimmte Kai zu. Hiromi machte sich eine Notiz, ehe sie seufzte und nach ihrem Kaffee griff. Sie stellte enttäuscht fest, dass sie ihn schon ausgetrunken hatte. „Machen wir bitte kurz eine Denkpause? Ich kann mich bald nicht mehr konzentrieren.“ Kai lehnte sich zur Antwort in seinem Stuhl zurück. Hiromi beobachtete, wie er sein Handy aus der Tasche zog. Seine Mundwinkel zuckten verräterisch, ehe er sie zu einer schmalen Linie zusammenpresste, während er eine Nachricht tippte; ein sicheres Zeichen für rasch absteigende Laune.     14:47 Kai: Ich dachte, du hast Wochenende?   14:51 Yuriy: Heh. Guter Witz. In Soviet Russia, week ends you.     Hiromi beobachtete, wie Kai mit gerunzelter Stirn sein Display anstarrte, ehe er erneut tippte, innehielt, den Kopf schüttelte und über seinen Bildschirm wischte – wohl, um die App, die er gerade verwendete, zu schließen. Die Japanerin fragte sich nicht zum ersten Mal, was Kai dazu brachte, so viel Zeit mit seinem Handy zu verbringen. „Schlechte Nachrichten?“, hakte sie nach. Ihr Gegenüber schüttelte abwesend den Kopf. „Nur Dummheit“, brummte er. Sie beäugte seufzend den Trainingsplan vor sich. Sie tippte mit dem Stift nervös aufs Papier, wog die nächsten Worte sorgfältig ab. „Ich hab‘ mir Gedanken über Mao gemacht“, begann sie, beobachtete aufmerksam Kais sorgfältig neutral gehaltene Miene. Er verschränkte die Arme, schien ihr jedoch zuzuhören. „Ich würde gern vermeiden, dass sie und Rei gegeneinander bladen. Sie kennen sich zu gut und sie ist bei uns, um zu lernen.“ Kai hob eine Augenbraue, erwiderte jedoch nichts. Hiromi atmete kontrolliert ein und aus, darauf gefasst, dass ihr Gegenüber ihre Idee im Keim ersticken würde. „Außerdem hatte ich den Eindruck, dass Rei beim Training seltsam war.“ Er schnaubte und bemerkte gelassen: „Er hat sich eben von ihrem Hintern ablenken lassen.“ „Das meinte ich nicht.“, widersprach sie genervt und verdrehte die Augen. „Sie ist aber da und sie lenkt Rei ab“, brummte Kai in einem Tonfall, der verriet, dass er nicht viel von Maos Anwesenheit beim Training hielt. Hiromi kämpfte resolut gegen ihr Temperament, das in ihr hochkochte. „Hör mal“, presste sie so gefasst sie konnte hervor. „Ich weiß, dass nicht geplant war, dass sie mit uns trainiert, aber Mao ist eine gute Bladerin und sie profitiert vom Training mit uns.“ Er hob eine Augenbraue. „Ach, tut sie das?“, sein Tonfall ging ins Beißend-Spöttische. „Wie schön für sie.“ Hiromi hielt nur mit Mühe ein entnervtes Geräusch zurück. Sie begegnete stur seinem Blick „Ja, das ist es. Worauf willst du hinaus?“ In Kais Blick lag eine unausgesprochene Herausforderung, während er ruhig erwiderte: „Mao mag mit dir befreundet und mit Rei zusammen sein, aber ich sehe nicht, wieso sie mit uns mittrainieren sollte. Was haben wir als Team von ihrer Anwesenheit, abgesehen von einem Haufen Arbeit, den sie nicht schätzen kann?“ Hiromi schwieg, fühlte die Empörung in sich aufwallen, während der rationale Teil in ihr Kai leise zustimmte. Sie presste trotzig die Lippen zusammen und verschränkte die Arme vor der Brust. Ihr Gegenüber bedachte sie mit einem langen Blick. „Das habe ich mir gedacht.“     20:59 Yuriy: Bin gerade Zuhause angekommen.     „Bist du sicher, dass du nicht weiter mitspielen willst, Rei?“, fragte Mao als er sich erhob. Der Angesprochene nickte. „Nein, ich glaube, ich habe genug verloren für heute.“, winkte er ab und öffnete das letzte Bonbon, das ihm von seinem Einsatz geblieben war, um es zu verspeisen. „Hast du etwa Angst, dich vor deiner Freundin zu blamieren?“, triezte Takao freundlich. Rei kratzte sich peinlich berührt am Hinterkopf, warf einen Seitenblick zu Mao, die ihm keck zuzwinkerte. „Ich glaube, noch dümmer anstellen als ich kann sich niemand hier am Tisch“, kommentierte er. „Poker ist einfach nicht mein Spiel“ „Eine weise Entscheidung das ist.“, neckte Max in seiner besten Imitation von Meister Yoda, während er die Karten austeilte. Takao lachte ausgelassen. Hiromi neben ihm bemerkte, wie Manabu versuchte, möglichst unauffällig seinen Gewinn mit ihrem zu vergleichen. „Drei Matcha-Kitkat mehr…“, murmelte er, wohl während er überlegte, wie er möglichst viele von ihnen im nächsten Zug zum All-In bluffen konnte. Manabu hatte erschreckend viel kriminelle Energie, wenn es ums Pokern ging. „Ich glaube, es ist endlich der Tag gekommen, wo ich deinen Siegeszug beende, Manabu-kun!“ Hiromi musterte den kleinen Haufen an Süßigkeiten, die sie bislang gewonnen hatte, zufrieden, eine Hand auf ihrem Kinn abgestützt und ein zufriedenes Grinsen auf den Lippen. Sie maß den Angesprochenen mit herausfordernd vorgerecktem Kinn. Manabu rückte seine Brille zurecht. Ein Knistern ließ sie zusammenfahren – Takao hatte eines der Matcha-KitKats, die ihre Führung ausmachten, geöffnet und schob es sich gerade in den Mund. Sie blinzelte ihn einen Moment lang sprachlos an, ehe sie sich auf ihn stürzte. „Lucky at play, unlucky in love”, kommentierte Max. Rei lachte. „Ich habe eben klare Prioritäten!“, erklärte er leichthin und beugte sich zu Mao, um ihr einen Kuss auf die Wange zu drücken. Hiromi war nicht ganz klar, auf wen sich Max bezogen hatte - auf Rei und Mao oder auf sie, die Takao in einen Schraubstockgriff genommen hatte. Sie fühlte ihre Wangen heiß werden und ließ von ihrem besten Freund ab, jedoch nicht ohne ihm noch einmal zu drohen. „Wehe, ich verliere wegen dir!“ In dem Moment erhob sich Kai mit einem Blick auf sein Handy. „Hey, wo gehst du hin?“, protestierte Daichi. „Das Spiel ist noch nicht vorbei!“ „Spielt ohne mich weiter, ich muss kurz telefonieren“ Bevor jemand etwas erwidern konnte, hatte Kai die Schiebetür zur Engawa hinter sich zugeschoben. Hiromi tauschte einen irritierten Blick mit ihren Freunden, ehe sie Kais Verhalten mit einem Schulterzucken abtaten. Takao rieb sich mit einem verschmitzten Grinsen die Hände. „Mehr Süßigkeiten für uns!“, frohlockte er und zwinkerte Daichi zu. Manabu klopfte ihnen mit der flachen Hand auf die Finger. „Hier geht es mit fairen Dingen zu!“, verkündete er und rückte streng die Brille zurecht.     23:05 Eingehender Anruf von: Kai Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)