Fegefeuer von LadyKaiba ================================================================================ Kapitel 1: Das Tor von Babylon ------------------------------ Fegefeuer Kapitel 1: Das Tor von Babylon „Meister Zeke will, dass du dich ihm anschließt“, überbrachte Nichrom Ren die Nachricht von Yohs Zwillingsbruder, wie es ihm von diesem aufgetragen worden war. Der Gesichtsausdruck des jungen Jury-Mitglieds wirkte zwar neutral, jedoch konnte man an dessen geballten Fäusten deutlich erkennen, dass er alles andere als erfreut sein musste, Ren, den Mörder seines geliebten Bruders Chrom, mehr oder weniger darum bitten zu müssen, sein Mitstreiter zu werden. Im Gegensatz zu Run reagierte Ren nicht schockiert auf dieses Angebot, schließlich bekam er dieses heute nicht zum ersten Mal. „Zeke weiß, dass ich das niemals tun würde“, antwortete Ren nur mit ernster Mimik. Vermutlich war Nichrom gar nicht bewusst, dass sich seine zu Fäusten verkrampften Finger augenblicklich lockerten, als er die Antwort seines verhassten Gegenübers hörte. Er hatte seinen Auftrag erfüllt. Zufrieden verschwand Nichrom wieder und ließ Ren und Run allein. Run stand der Schock ins Gesicht geschrieben. Zeke wollte, dass Ren sich ihm anschloss? Dieses Angebot allein war schon verstörend, doch was sie beinahe noch mehr irritierte, war die Tatsache, dass ihr kleiner Bruder offenbar überhaupt nicht schockiert war. Er schien kein bisschen überrascht. Diese emotionslose Reaktion von Ren machte ihr Sorgen, jedoch beschloss sie, erst einmal nicht nachzufragen. Ren war gerade ziemlich durch den Wind, das Tor von Babylon war nicht spurlos an ihm vorbeigegangen. Vielleicht war das ja auch der Grund für seine seltsame Reaktion. Vielleicht hatte Nichroms Nachricht seinen Verstand ja auch gar nicht richtig erreicht, weil er so durcheinander war. Run schaute ihren Bruder an. Dieser starrte nur gedankenverloren auf das Meer und schwieg. Sanft legte sie ihre Hand auf seine Schulter und sagte: „Wir sollten zurück nach Doby Village gehen, die anderen sind bestimmt auch schon dort.“ Ren nickte nur, hob sein Kwan Dao aus dem Sand auf und machte sich auf den Weg. Weder Run noch Bason wagten es, Ren anzusprechen, während sie den langen Weg zurück zum Dorf liefen. Als sie endlich angekommen waren dämmerte es bereits. In dem kleinen Steinhaus, indem Ren, Joco und Trey wohnten, brannte Licht. Ren und Run waren noch nicht ganz an der Türschwelle angekommen, als Yoh die Tür aufriss. „Ren! Da bist du ja! Wir haben uns schon Sorgen gemacht!“, rief Yoh erleichtert. „Ist er endlich da?!“ „Wurde aber auch Zeit; in einer Minute hätte ich Rens Portion mitgefuttert!“, riefen Trey und Joco aus dem Rauminneren, was Yoh amüsiert schmunzeln ließ. „Hey Leute! Seid ihr alle wohl auf?“, fragte Run in die Runde, erleichtert zu sehen, dass alle Gruppenmitglieder anwesend und offensichtlich unverletzt waren. Auch jetzt sagte Ren kein einziges Wort. Er lief schweigend an seinen Freunden vorbei, die allesamt am prallgefüllten Esstisch saßen und es sich offenbar gut gehen ließen. „Iss erstmal was, Ren“, bat Manta an und schnappte sich sogleich einen leeren Teller, um diesen für seinen chinesischen Freund zu befüllen. Doch dieser schüttelte den Kopf. „Nein danke“, lehnte er ab und verschwand keine Sekunde später im Schlafzimmer. Noch ehe die übrigen Schamanen protestieren konnten, hatte Ren die Tür hinter sich geschlossen. „Er braucht wohl etwas Zeit für sich“, stellte Ryu fest und goss sich ein Glas Bier ein. „So benimmt er sich schon die ganze Zeit...Das Tor von Babylon muss ihn sehr mitgenommen haben“, erklärte Run besorgt. „Ohja, das war echt heftig...“, kommentierte Trey und biss ein großes Stück von seinem Brot ab. Die anderen nickten bestätigend. Bevor Ren und Run gekommen waren, hatten sie sich darüber unterhalten, was sie erlebt hatten, als das mystische Tor sie eingesogen hatte. Jeder von ihnen wurde mit all seinen schmerzhaften Erinnerungen, seinen größten Ängsten und den dunkelsten Tiefen seiner Seele konfrontiert. Es war wirklich eine extreme Erfahrung gewesen. Die Schamanen konnten nur erahnen, wie mitgenommen Ren sein musste. Doch sie kannten den temperamentvollen Chinesen mittlerweile gut genug um zu wissen, dass dieser sich für gewöhnlich schnell wieder einkriegte, wenn man ihn für eine Weile in Ruhe ließ. Also beschlossen sie genau das zu tun. Ein wenig stiller als zuvor aßen sie weiter, während Yoh nur mit besorgter Mimik auf die geschlossene Schlafzimmertür starrte. Run hatte mittlerweile ebenfalls am Tisch Platz genommen und rührte mit ihren Stäbchen nachdenklich in ihrer Suppe herum. Sollte sie Rens Freunden von dem Angebot, das Nichrom Ren von Zeke überbracht hatte, erzählen, oder nicht? Sie war hin und her gerissen. Vermutlich wollte Ren dies am liebsten selbst mit ihnen besprechen, oder vielleicht wollte er auch gar nicht, dass sie überhaupt davon erfuhren. Dies war natürlich Rens gutes Recht und es wäre nicht in Ordnung von Run gewesen, ihrem kleinen Bruder diese Entscheidung einfach abzunehmen. Andererseits wollte sie gerne mit den anderen, oder zumindest mit einem von ihnen, darüber sprechen. Denn Rens seltsame Reaktion auf dieses ungeheure Angebot ihres Erzfeindes machte ihr immer noch große Sorgen. Sie würde ihren Kummer gerne mit Yoh besprechen, denn dieser kannte Ren, abgesehen von Run selbst natürlich, am besten und hatte vielleicht eine plausible Erklärung für Rens Verhalten. Doch sie beschloss zunächst darüber zu schweigen. Sie würde erst einmal abwarten, bis Ren sich wieder normal verhielt, und ihn dann selbst auf das Gespräch mit Nichrom ansprechen. Ren hatte seine Kleidung ausgezogen und sich ins Bett gelegt. Das Tor von Babylon war wahrscheinlich das Schrecklichste, was er je erlebt hatte. So in etwa musste es sich anfühlen, vor dem jüngsten zu Gericht zu stehen. Er wurde mit all dem Schmerz, den er erleiden musste, und mit all den Sünden, die er in seinem Leben begangen hatte, konfrontiert. Die ganzen psychischen und physischen Misshandlungen seines Vaters, jeder Mensch, den er verletzt hatte, jeder Mensch, den er getötet hatte...Jeden einzelnen hatte das Tor ihm noch einmal schmerzlich vor Augen geführt. Mit das Schlimmste war, dass er sich an die meisten Namen und Gesichter seiner Opfer bis dato noch nicht einmal erinnern konnte. Doch das mit Abstand aller Schlimmste war die Freude, die er gespürt hatte, als er die Leben all dieser Menschen ausgelöscht hatte. Dieses unendliche Machtgefühl, die Angst in den Augen seiner Feinde zu sehen, sie um ihr Leben winseln zu hören...Er hatte es sogar genossen. Was war er bloß für ein schrecklicher Mensch gewesen, bevor er Yoh und die anderen kennengelernt hatte? Wie war es nur soweit gekommen? Die Schuldgefühle, die Ren verspürte, waren überwältigend. Er hatte so viele Menschen umgebracht. Und das zum Teil sogar aus Spaß. Mittlerweile hatte er verstanden, was es tatsächlich bedeutete, ein Menschenleben zu nehmen: Es war das Schrecklichste, was man tun konnte. Es war unverzeihlich. So leichtfertig durfte man nicht mit Menschenleben umgehen. Das Leben eines jeden Menschen war kostbar, sogar das eines Feindes. Dass Nichrom auch noch aufgetaucht war, sollte wohl eine weitere Bestrafung für ihn sein. Obwohl Ren es gut überspielen konnte, fiel es ihm unglaublich schwer, Nichrom in die Augen zu sehen. Er hatte dessen älteren Bruder Chrom, welcher ihm den ersten Teil der Schamanenprüfung abgenommen hatte, so schlimm zugerichtet, dass dieser an seinen schweren Verletzungen gestorben war. Die Schuld, die Ren jedes Mal verspürte, wenn er Nichrom sah, war für den jungen Chinesen kaum zu ertragen. Er konnte verstehen, dass der Juror ihn aus tiefstem Herzen dafür hasste, dass er ihm seinen Bruder genommen hatte. Ren hatte auch eine Schwester, und allein der Gedanke daran, dass jemand Run etwas antun würde... Ren hatte die Quelle all diesen Übels bereits ausgemacht: Hass. Es war der Hass, der Menschen wie ihn dazu trieb solch schrecklichen Dinge zu tun. Hass führte zu Gewalt, und Gewalt führte wiederum zu Hass. Dieser Teufelskreis musste ein Ende haben. Das war der Grund, aus dem er Schamanenkönig werden wollte. Natürlich spielte auch sein Stolz nach wie vor eine große Rolle, doch Stolz, Macht und Ehre waren nicht mehr die einzigen Gründe für ihn. Als Schamanenkönig würde er sicher in der Lage sein, die Welt aus dieser ewigen Spirale des Hasses zu befreien. Vielleicht würde er ja auf diese Weise seine Seele wenigstens ein wenig von all den Sünden, die er begangen hatte, rein waschen können... Eine ganze Weile hatte Ren dagelegen und nachgedacht, als er plötzlich hörte, wie die Schlafzimmertür leise geöffnet und wieder geschlossen wurde. Anhand des vorsichtigen Tippelns konnte Ren ohne sich umzudrehen sofort identifizieren, um wen es sich handelte. Das vorsichtige Tappseln kam immer näher, bevor es direkt vor Rens Bett zum Stehen kam. Die Augen des Chinesen waren geöffnet und starrten gedankenverloren aus dem Fenster. Er rührte sich auch nicht, als er plötzlich den Rücken eines Zeigefingers sanft über seine Wange streicheln spürte. „Was ist mit den anderen?“, flüsterte Ren nur, ohne sich einen Millimeter zu bewegen. „Sie sind noch ins Village Café gegangen, um dich nicht zu stören“, antwortete Yoh leise. „Darf ich mich zu dir legen?“ Ren antwortete nicht, hob jedoch die Decke ein wenig an, um Yoh zu signalisieren, dass er sich hinlegen sollte. Ein sanftes Lächeln schlich sich auf das Gesicht des Brünetten. Er zog seine Schuhe aus und krabbelte unter die Bettdecke. Seinen rechten Arm schob er unter Rens Hals her, bis dessen Hinterkopf auf seine Schulter traf und er den Oberkörper des Chinesen komplett mit seinem Arm umklammert hatte. Seinen eigenen Körper schmiegte er an den Rücken des Kleineren und begann, mit seiner linken Hand zärtlich dessen Schulter und Nacken zu streicheln. „Du bist nicht mehr so, Ren. Du hast dich geändert“, sagte Yoh mit sanfter Stimme. Er wusste ganz genau, was mit Ren los war. Und Ren wusste, dass Yoh es wusste. Schließlich war er auch in das Tor von Babylon gesogen worden. Es wunderte ihn nicht, dass seine Freunde dieses Erlebnis gut wegsteckten, schließlich hatte keiner von ihnen so schlimme Dinge getan wie er. „Das macht sie auch nicht wieder lebendig“, erwiderte Ren nur mit einem leisen Hauchen. Yohs Gesichtsausdruck wurde traurig. „Nein“, gab er zu und drückte Ren fester an sich. „Aber du bereust was du getan hast. Du hast dich geändert, bist unser Freund geworden, und nun hilfst du uns, die Welt zu beschützen...Und das ist es, was zählt“, versuchte Yoh seinen niedergeschlagenen Freund zu trösten. Dieser erwiderte nichts, griff jedoch nach der rechten Hand des anderen und verhakte die Finger seiner linken Hand mit den Fingern, die auf seiner Taille ruhten. Yoh streichelte sanft mit seinem Daumen über Rens Handrücken und gab diesem einen zärtlichen Kuss in den Nacken. „Alles wird gut, Ren...Du bist nicht allein...“ Nichrom landete auf dem hohen Fels, auf dem Zeke gemeinsam mit Oppacho am Lagerfeuer saß. Er trat an seinen Meister heran und kniete ehrfürchtig vor diesen. „Nichrom...Wie ist es gelaufen?“, wollte Zeke wissen. „Er hat abgelehnt, Meister“, gab Nichrom zur Antwort. Zeke kicherte amüsiert. „Wirklich zu schade...Aber ich habe auch nichts anderes erwartet...“ „Dieser Ren ist ein Vollidiot...Einfach dein großzügiges Angebot abzulehnen, Meister Zeke!“, kommentierte Oppacho hochnäsig. „Meister...“, begann Nichrom zögerlich. „Darf ich fragen, warum Ihr diesen Abschaum überhaupt als Euren Untergebenen haben wollt?“ „Hüte deine Zunge, Nichrom“, mahnte Zeke in einem ruhigen, aber energischen Ton. Augenblicklich zuckte der Juror leicht zusammen und senkte seinen Kopf demütig. „Bitte vergebt mir, Meister...“, entschuldigte er sich kleinlaut, innerlich jedoch ein wenig sauer darüber, dass Oppacho Ren ohne Ermahnung als „Vollidioten“ bezeichnen durfte. „Schon gut...“, erwiderte Zeke in versöhnlichem Ton. „Ren ist etwas Besonderes...Er wird hervorragend in unser Team passen...“, sprach er weiter, mehr zu sich selbst, als zu seinen beiden Anhängern. Diese hoben verdutzt eine Augenbraue. „Aber...er hat doch abgelehnt, Meister...“, erinnerte Nichrom. „Ja, sogar zwei Mal!“, fügte Oppacho hinzu. „Ich weiß...“, bestätigte Zeke lächelnd. „Aber er wird seine Meinung ändern“, versicherte er überzeugt. „Ach, glaubst du?“, fragte Oppacho mit hörbarer Skepsis in der Stimme. „Ja“, antwortete der Brünette nur, während er lächelnd in das lodernde Feuer starrte. „Und was macht dich da so sicher, Meister?“, wollte der Kleine wissen. Zekes Lächeln verzog sich langsam zu einem Grinsen. „Nur Geduld, mein Freund...Ren wird sich uns anschließen, ganz sicher...“ Tbc. Kapitel 2: Der See ------------------ Fegefeuer Kapitel 2: Der See Die Strahlen der aufgehenden Sonne, die sachte ihren Weg durch das Fenster in Rens Gesicht fanden, ließen diesen ein paar Mal müde blinzeln, bevor er langsam seine Augen öffnete. Sofort fühlte er, dass die angenehme Wärme an seinem Rücken, mit der er irgendwann in der vergangenen Nacht eingeschlafen war, fehlte. Es war schon bezeichnend, dass er nicht bemerkt hatte, wie Yoh verschwunden war, denn normalerweise hatte Ren einen sehr leichten Schlaf und wurde selbst von den leisesten Geräuschen wach. Dies wurde ihm mehr oder weniger von klein auf so antrainiert, denn er musste stets auf der Hut sein. Immer kampfbereit, zu jeder Tages- und Nachtzeit, denn die Feinde lauerten überall... Doch wenn Yoh neben ihm lag, fühlte er sich sicher und geborgen. Das hatte er schon vor einiger Zeit herausgefunden. „Guten Morgen Meister Ren...Hast du gut geschlafen?“, erkundigte sich Bason flüsternd, darauf bedacht, Joco und Trey, die sich noch im Tiefschlaf befanden, nicht aufzuwecken. Ren antwortete mit einem Nicken, erhob sich aus dem Bett, holte sich einen Satz frische Kleidung aus der Kommode und ging ins Badezimmer. Eine heiße, ausgiebige Dusche war genau das, was er jetzt brauchte. Er stellte das Wasser an und genoss wie dieses auf seinen Körper niederprasselte. Er fühlte sich etwas besser als am Vorabend, was sicherlich an Yohs liebevoller Fürsorge lag. Trotzdem würde er an seinen Schuldgefühlen sicher noch eine ganze Weile zu knabbern haben, vermutlich sogar für den Rest seines Lebens. Nachdem Ren, wie immer, wenn er genügend Zeit dafür hatte, ziemlich lange geduscht hatte, trocknete er seine Haare und seinen Körper gründlich ab, öffnete die Dose mit seiner Lieblingskörperbutter und begann damit, seinen gesamten Körper einzucremen. Die nach Pfirsich duftende Creme war sehr teuer und wurde nur in Europa hergestellt, doch das war Ren egal. Geld hatte er sowieso ohne Ende und auf seine Körperpflege legte er größten Wert. Nachdem er seine gesamte Haut eingeschmiert hatte, putzte er sich die Zähne und stylte sein Haar. Als das erledigt war, war auch die Creme eingezogen und er zog sich an. Knapp eine Stunde hatte er im Bad verbracht, und trotzdem war es noch sehr früh. 6:18 Uhr zeigte die Wanduhr im Wohnzimmer. Das laute Schnarchen seiner Teamkollegen verriet ihm, dass diese sich nach wie vor im Land der Träume befanden. Also beschloss Ren einen kleinen Morgenspaziergang durch das Dorf zu machen. Die Straßen waren noch ziemlich leer um diese Uhrzeit, was Ren sehr gefiel. So konnte er ungestört ein wenig durch die Gegend laufen und nachdenken. „Geht es dir heute besser, Meister Ren?“, fragte Bason, während er neben seinem Schamanen her schwebte. „Ja“, war die knappe Antwort, doch sie reichte dem Geist vollkommen aus. „Das freut mich.“ Ren war noch nie ein Mensch großer Worte gewesen, was bei der furchtbaren Kindheit, die er bei den Taos gehabt hatte, auch kein Wunder war. Bason war schon unglaublich dankbar und glücklich darüber, dass Ren ihn mittlerweile als Freund und Gefährten sah, und nicht mehr allein als Diener und Waffe. Viel länger, als eigentlich geplant, spazierten Ren und Bason durch das Dorf, das mittlerweile sehr viel lebendiger geworden war. Der Chinese beschloss zum Village Café zu gehen, wo sich die Truppe mindestens zweimal am Tag zum gemeinsamen Essen traf. Wie fast jeden Tag war das Café gut gefüllt, als Ren dort eintraf. Sogleich erblickte er auch seine Freunde, die wie erwartet an ihrem Stammtisch saßen. Fröhlich begrüßte die Runde den frisch Eingetroffenen und widmeten sich wieder ihrem Frühstück. Yoh rückte auf der Sitzbank ein Stück zur Seite und deutete Ren mit seiner Hand, sich auf den nun freien Platz neben sich zu setzen. Ohne einen Kommentar abzugeben folgte dieser der pantomimischen Aufforderung und nahm Platz. Als er sich gerade hingesetzt hatte, senkte Yoh seinen linken Arm unter die Tischplatte und streichelte einmal unauffällig über Rens Oberschenkel. Keine Sekunde später hatte er seinen Unterarm schon wieder auf dem Tisch abgelegt. Der brünette Schamane tat dies immer, es war sozusagen sein und Rens geheimes Begrüßungsritual, wenn ihre Freunde anwesend waren. Amidamaru und Bason waren die einzigen, zumindest dachte Ren das, die von ihrer heimlichen Beziehung, oder vielleicht sollte man eher sagen, von ihrem heimlichen Verhältnis, wussten. Die beiden hatten nie wirklich darüber gesprochen, wie ihr Beziehungsstatus nun genau bezeichnet werden sollte. Ein richtiges Paar waren sie nicht, zumindest nicht dass Ren wüsste. Normale Freunde waren sie allerdings auch nicht. Irgendwas dazwischen, wahrscheinlich. Doch Ren wollte auf keinen Fall, dass ihre Freunde etwas davon erfuhren, es war eine Sache allein zwischen ihm und Yoh. Das Frühstück verlief ohne besondere Vorkommnisse. Niemand sprach Ren auf sein seltsames Verhalten am Vorabend an. Sie kannten ihren chinesischen Freund gut genug um zu wissen, dass dieser nicht darüber reden wollte, wenn er es nicht selbst ansprach. Und sie respektierten das. Abgesehen davon hatten auch die anderen eine ungefähre Vorstellung davon, wieso Ren so niedergeschlagen gewesen war. Sie ließen sich zwar nichts anmerken, aber sie alle waren erleichtert zu sehen, dass Ren sich wieder normal verhielt. Weder das Team Asakura, noch das Team Ren hatten heute einen Kampf, weshalb sich die Gruppe nach dem Frühstück langsam auflöste und jeder entweder für sich trainieren ging oder irgendetwas anderes vor hatte. Nach einer Weile saßen nur noch Ren und Yoh am Tisch. Während Yoh genüsslich seinen Schoko-Milchshake schlürfte, pustete Ren ein paar Mal auf seinen heißen Milchkaffee, bevor er vorsichtig den ersten Schluck davon trank. „Geht's dir besser?“, fragte Yoh leise. Ren nickte. „Ja...Wie lange warst du eigentlich da? Ich habe gar nicht mitbekommen, wie du abgehauen bist.“ Yoh kicherte: „Ja, du hast geschlafen wie ein Baby...Du wolltest meine Hand gar nicht loslassen...total süß!“ Sofort färbten sich Rens Wangen knallrot. „Lügner! Und nenn' mich nicht süß!“, knurrte er so leise wie er konnte. Yoh musste sich zusammenreißen, nicht auf der Stelle herzhaft loszulachen. Doch dann würde Ren sicherlich ausflippen. „Ich bin so gegen ein Uhr morgens gegangen; als Joco und Trey gekommen sind bin ich schnell aus dem Fenster geklettert und habe mich aus dem Staub gemacht“, erklärte der Brünette grinsend. „Hm“, war der einzige Kommentar seitens Ren. Er trank seinen Milchkaffee aus und erhob sich vom Tisch. „Gehst du schon?“, fragte Yoh überrascht. „Ja. Ich muss noch ein bisschen trainieren“, antwortete der Angesprochene. „Verstehe...“, erwiderte Yoh hörbar enttäuscht. „Bis später“, verabschiedete Ren sich und wollte gehen, als Yoh plötzlich sein Handgelenk griff und ihn zurückhielt. „Ren...Ihr habt morgen keinen Kampf, oder?“ „Nein, wieso?“, stellte Ren als Gegenfrage. „Wir auch nicht...Wollen wir uns heute Abend treffen? Ich meine...nur wir zwei...“, fragte der Braunhaarige und lächelte sanft. Ren spürte, wie sich seine Wangen erwärmten. Verlegen schaute er zur Seite und nickte leicht. „Bei Sonnenuntergang am Waldrand.“ Yoh nickte ebenfalls. „Gern, dann bis heute Abend“, bestätigte er glücklich und ließ von Rens Handgelenk ab. „Bis dann“, erwiderte dieser und verließ schnurstracks das Café. Yoh stellte seinen Ellenbogen auf die Tischplatte und stützte seinen Kopf auf seiner Hand ab. Mit einem verträumten Lächeln auf den Lippen blickte er Ren noch eine ganze Weile hinterher, während er seinen Milchshake weiter schlürfte. „Du scheinst dich auf heute Abend zu freuen“, holte Amidamaru seinen Schamanen aus dessen Gedanken. Dieser lachte leise, als er antwortete: „Ja, allerdings!“ Yoh rührte mit seinem Strohhalm den Rest seines Shakes ein paar Mal um und trank diesen genüsslich aus. Ein tiefes Seufzen entkam seiner Kehle. „Ren und ich haben nicht oft die Gelegenheit, ungestört Zeit miteinander zu verbringen...“, sagte er, wobei seine Stimme deutlich deprimierter klang als zuvor. „Das ist wahr...Aber der Kampf gegen Zeke ist momentan unser größeres Problem...“, erwiderte der Samurai. „Ja schon...“, bestätigte Yoh nachdenklich. „Diese Geheimniskrämerei gefällt dir nicht...du würdest eure Beziehung lieber offiziell machen, habe ich recht?“ Wieder seufzte der Brünette. „Ja, das würde ich...Aber er ist noch nicht bereit dazu...“, antwortete er und rührte gedankenverloren in seinem leeren Becher herum. Eine Weile schaute Amidamaru sich das Schauspiel an, bevor er sich ein Lachen nicht mehr verkneifen konnte. „Dich hat es wirklich voll erwischt, was Yoh?“ Das Lachen seines Schutzgeistes steckte den Schamanen an. „Oh ja...vom ersten Augenblick an...“ Der weitere Tag verlief soweit ereignislos. Ren hatte sich nach seinem Training noch ein paar Schamanenkämpfe im Kolosseum angeschaut. Schließlich war es wichtig, seinen Gegner zu kennen, dessen Kampfstil und Strategie zu analysieren. Doch die Teams, die er heute gesehen hatte, waren keine Gegner für das Team Ren. Sowohl er selbst, als auch Trey und Joco hätten sie locker allein fertig machen können. Gut zu wissen. Die einsetzende rötliche Färbung des Himmels verriet Ren, dass der Sonnenuntergang nicht mehr lange auf sich warten ließ. Der aktuelle Kampf würde auch jeden Moment vorbei sein, beide Teams hatten fast ihr gesamtes Furyoku verbraucht. Also erhob Ren sich von der Zuschauertribüne und trat in den nächstgelegenen dunklen Tunnel, welcher aus der Arena heraus führte. Bevor er sich mit Yoh traf, wollte er sich noch schnell frisch machen, weshalb er sich geradewegs zu dem Steinhaus begab, indem er und sein Team hier in Doby Village wohnten. Der Weg vom Kolosseum zum Wohnviertel war nicht weit, gerade einmal zehn Minuten brauchte er, bis er an seinem Zwischenziel angekommen war. Wie es schien waren seine Teamkollegen nicht da. Zum Glück, denn Ren hätte nun weder auf Jocos schlechte Witze, noch auf Treys löchernde Fragen, wo Ren denn heute Abend noch hin wollte, Lust gehabt. Er schnappte sich Wechselkleidung aus seiner hölzernen Kommode im Schlafzimmer und schloss sich im Bad ein, um eine schnelle Dusche zu nehmen. Der Schweiß vom Training war ruckzuck abgespült und der Chinese war nach weniger als fünf Minuten schon wieder aus der Dusche raus, trocknete sich ab und richtete sein Haar. Jedoch wollte eine hartnäckige Strähne nicht so recht an ihrem Platz bleiben, weshalb Ren diese mehrmals wieder zurückschob und mit einer extra Portion Gel in die richtige Position zwang. Seiner hochgezogenen Augenbraue nach war der junge Schamane aber immer noch nicht hundertprozentig zufrieden mit seiner Frisur. „Dein Haar sieht gut aus, Meister Ren“, wollte Bason seinen Meister bestärken, woraufhin dieser jedoch augenblicklich rot anlief. „Halt die Klappe, Bason!“, fauchte Ren seinen Geist an, bevor er mit erhobener Nase das Badezimmer verließ. „Verzeihung, Meister Ren“, entschuldigte Bason sich und schwebte Ren hinterher. Er konnte sich ein dezentes Grinsen nicht verkneifen. Zu niedlich fand er die Tatsache, dass sein junger Herr für sein Date mit Yoh gut aussehen wollte. Noch vor einem Jahr hätte er sich niemals träumen lassen, dass er mal eine solche Seite an dem jungen Tao kennenlernen würde. Als der an das Dorf grenzende Wald in Sichtweite gelang, war die Sonne bereits hinter den dichten Baumkronen verschwunden. Lediglich einige vereinzelte Sonnenstrahlen drangen noch zwischen den grünen Blättern hervor. Ren dachte eigentlich, dass er zu früh am Treffpunkt sein und noch eine Weile auf Yoh würde warten müssen, doch da hatte er sich geirrt. Denn der Anführer von Team Asakura saß bereits auf einem Stein unmittelbar am Rande des Waldes und unterhielt sich mit seinem Schutzgeist. Ren spürte, wie sich sein Herzschlag etwas beschleunigte. Dies passierte häufig, wenn er Yoh sah, vor allem, wenn er mit ihm allein war. Sich seine leichte Nervosität nicht anmerken lassend, lief er auf den Brünetten zu. Dieser hatte die Ankunft seiner Verabredung längst bemerkt und winkte Ren mit einem strahlenden Lächeln auf dem Gesicht zu. „Hey, Ren!“, rief er fröhlich und erhob sich von der steinernen Sitzgelegenheit. „Hey“, grüßte Ren betont gelangweilt zurück. „Wollen wir ein bisschen spazieren gehen?“, fragte Yoh und zeigte in Richtung Wald. Der Andere nickte nur. Mit einigen Metern Diskretionsabstand schwebten Amidamaru und Bason hinter ihren Schamanen her und unterhielten sich über die Welt, wie sie zu ihren Lebzeiten gewesen war. Yoh hatte seine Hände hinter seinem Kopf miteinander verhakt und begann das Gespräch: „Was hast du den Tag über so getrieben?“ „Zuerst habe ich mit Bason trainiert...Und dann habe ich mir einige Kämpfe im Kolosseum angeschaut. Und du?“ Yoh kicherte leicht. „Genau das Gleiche...Hast du den Kampf zwischen den Cowboys und den Zirkus-Typen gesehen?“ Rens Lippen verzogen sich zu einem Grinsen. „Ja...Solche Amateure...Kaum zu glauben, dass die es überhaupt in die zweite Runde geschafft haben...“ „Ja, das dachte ich mir auch! Obwohl dieser Clown echt ein paar lustige Witze drauf hatte!“, lachte Yoh herzhaft. Die beiden unterhielten sich noch über einige andere Kämpfe, die sie gesehen hatten und darüber, wie ihr Training verlaufen war, während sie tiefer in den Wald liefen. „Oh, wir sind schon da!“, rief Yoh plötzlich, als sie an eine kleine Lichtung kamen. Ren war kurz irritiert. Er hatte gar nicht mitbekommen, dass sie ein Ziel ausgemacht hatten. Doch jetzt wo er so darüber nachdachte, war der Braunhaarige auf dem Weg ein paar Mal abgebogen und schien genau zu wissen, wo er hinwollte. Nun standen sie hier, an einem kleinen See inmitten des Waldes. Er war maximal vierzig, fünfzig Meter lang und vielleicht fünfundzwanzig Meter breit. Umrandet von einigen großen und vielen kleinen Steinen, zwischen denen verschiedenste Arten von Blumen wuchsen, reflektierte die Wasseroberfläche das bleiche Licht des Mondes, der bereits deutlich am Himmel zu sehen war, auch, wenn die Dunkelheit der Nacht noch nicht vollends eingetreten war. „Ein wunderschöner Ort, nicht wahr?“, fragte Yoh lächelnd. „Ja...Von diesem See wusste ich gar nichts“, erwiderte Ren und blickte sich fasziniert um. „Ich habe ihn vor ein paar Tagen entdeckt und wollte ihn dir unbedingt zeigen“, erklärte der Brünette und trat dabei näher an Ren heran, was dieser zunächst gar nicht zu bemerken schien. Jedoch wusste Yoh dies zu ändern, indem er Rens Kinn mit Daumen und Zeigefinger griff und es sanft in seine Richtung zog, sodass sich ihre Blicke trafen. Sofort legte sich ein leichter Rotschimmer auf die Wangen des Chinesen, als er in das sanft lächelnde Gesicht seines Gegenübers blickte. Als dieser mit seinen Fingern zärtlich über seine Wange streichelte und sein Gesicht langsam hinabbeugte, wusste Ren genau, was nun folgen würde. Und er würde einen Teufel tun, um sich dagegen zu wehren. Er schloss seine Augen und genoss das kribbelnde Gefühl, das sich in ihm ausbreitete, als die warmen, weichen Lippen Yohs seine eigenen umschlossen. Eine ungeheure Wärme durchströmte seinen Körper, während er seine Lippen einen Spalt öffnete, um der Zunge des Größeren Einlass zu gewähren. Dieser umgriff Rens Hüfte mit seinem linken Arm und drückte dessen Körper mit sanftem Druck gegen seinen eigenen. Unbewusst legte auch Ren seine Arme um Yohs Oberkörper, während sich ihre Zungen immer leidenschaftlicher umspielten. Beide genossen den intensiven Kuss in vollen Zügen. Zumindest bis Yoh plötzlich mit einer schnellen Bewegung seinen Fuß in die Kniekehle Rens drückte. Nicht so fest, dass er dem Chinesen Schmerzen bereitet hätte, und doch fest genug, damit dieser das Gleichgewicht verlor und drohte zu Boden zu fallen, was Yoh natürlich verhinderte, indem er Ren mit beiden Armen auffing, ihn sanft auf dem Boden ablegte und sich seitlich über ihn beugte. „Hey! Wa-“ Rens Protest wurde sofort im Keim erstickt, denn Yoh fackelte nicht lang und eroberte die Lippen des jungen Taos erneut. Keine der beiden Turteltauben bemerkte, dass sie nicht allein waren. Im Geäst einer hoch liegenden Baumkrone saß Zeke auf einem Ast und beobachtete das Geschehen. Ein schwer definierbares Grinsen zierte sein Gesicht. 'Hm...Wirklich äußerst interessant...' Tbc. Kapitel 3: Der Verfolger ------------------------ Fegefeuer Kapitel 3: Der Verfolger Es war bereits weit nach Mitternacht, als Yoh und Ren Hand in Hand durch den finsteren Wald liefen, um zurück ins Dorf zu gelangen. Sie hatten sich nur widerwillig auf den Rückweg gemacht. Am liebsten hätten sie die ganze Nacht gemeinsam an dem kleinen See verbracht. Der Sex an sich war schon, wie eigentlich immer, atemberaubend gut gewesen, doch was sie beide sogar noch mehr genossen hatten, war, wie sie stundenlang dort im kühlen Gras gelegen hatten, Haut an Haut, Arm in Arm, sich die funkelnden Sterne angeschaut und über Gott und die Welt geredet hatten. So ungestört und intensiv konnten sie ihre Zweisamkeit fast nie genießen. Doch auch die schönste Zeit ging irgendwann vorbei. Ren wollte keine unnötige Aufmerksamkeit bei seinen Teamkollegen erregen, und Anna würde Yoh einen grausamen Tod sterben lassen, wenn dieser am nächsten Morgen nicht aus den Federn käme, weil er die ganze Nacht durchgemacht hatte. Als die beiden Schamanen das Ende des Waldes erreichten und die ersten Häuser des Dorfes in Sichtweite gelangten, wollte Ren seine Hand aus der des Brünetten herausziehen, was dieser jedoch nicht zuließ. Yoh festigte seinen Griff um Rens Hand und verhakte seine Finger mit denen des Chinesen. Dessen wütenden Blick war zu entnehmen, dass er gerade los fauchen wollte, als Yoh ihn sanft anlächelte und leise flüsterte: „Die Straßen sind leer, niemand wird uns sehen.“ Obwohl es aufgrund der Dunkelheit nicht erkennbar war, wusste Yoh ganz genau, wie das verlegene, mit Schamesröte bedeckte Gesicht Rens in diesem Moment aussah. Und er konnte sich ein leises Kichern einfach nicht verkneifen. Ren war einfach zu niedlich. Viel schneller, als ihnen beiden lieb gewesen wäre, kamen sie an dem Haus von Team Ren an. Wortlos blickten beide ihren jeweiligen Schutzgeist an. Bason und Amidamaru nickten nur. Die Luft war also rein. Yoh trat dicht vor Ren und nahm ihn sanft in die Arme. Ren erwiderte die Umarmung, indem er seine Arme um Yohs Schultern schlang. „Es war ein sehr schöner Abend“, flüsterte Yoh lächelnd in Rens Ohr, welcher zustimmend nickte. Es folgte der für diesen Abend letzte, zärtliche Kuss, bevor die jungen Schamanen sich voneinander lösten. „Schlaf gut, bis morgen!“, sagte Yoh noch leise, als Ren die Haustür öffnete und eintrat. „Du auch, bis morgen“, erwiderte dieser und war im nächsten Moment schon im Haus verschwunden. Yoh betrachtete noch für einige Sekunden die nun geschlossene Haustür, bevor er seinen Blick nach rechts oben richtete. Schnell hatte er Augenkontakt mit Trey, der am Schlafzimmerfenster stand. Wortlos winkte der blauhaarige Schamane Yoh zu, welcher nur fröhlich grinsend zurück winkte und sich daraufhin auf den Weg zu seinem eigenen temporären Heim machte. Ren war geradewegs ins Bad gegangen, wo er sich kurz das Gesicht wusch und seine Zähne putzte, bevor er leise die Tür zum Schlafzimmer öffnete und eintrat. Seine Teamkameraden lagen wie erwartet in ihren Betten und schienen zu schlafen. Als Ren jedoch seinen Pyjama aus der Kommode holte, ertönte plötzlich das müde Murmeln Jocos: „Ren...? Da bist du ja...Wir haben uns schon Sorgen gemacht...“ „Tatsächlich? So besorgt wirkst du gar nicht...“, entgegnete Ren mit einem sarkastischen Grinsen auf den Lippen. „Hm~m“, stimmte Joco im Halbschlaf zu und ratzte umgehend wieder weg. Ren zog sich um und legte sich ebenfalls ins Bett. Er hätte es nie zugegeben, doch er war fast ein bisschen traurig, dass Yoh nicht neben ihm lag... „Wach endlich auf! Es ist schon fast halb neun!“, keifte Anna genervt und riss Yohs Bettdecke gewaltsam weg. Dieser murrte mitleidig, quälte sich aber notgedrungen aus dem gemütlichen Bett und schlurfte gähnend ins Badezimmer um sich anzuziehen und seine Zähne zu putzen. Wie jeden Morgen wünschte er sich insgeheim, er wäre von Ren geweckt worden, anstatt von seiner herrschsüchtigen Zwangs-Verlobten. 'Vielleicht mit ein paar zärtlichen Küssen und einer Tasse heiße Schokolade...', dachte er verträumt, musste sich aber umgehend über seine eigene Fantasie kaputt lachen, weil er genau wusste, dass Ren ihn mindestens genauso brutal wecken würde, wie Anna es tat. Und trotzdem würde er Ren vorziehen, weil er es bei ihm viel niedlicher fände, als bei der Blondine. Wie immer schickte sie ihn erst mal eine Runde joggen. Und wie immer lief Yoh am Haus los, bog um die Ecke und joggte knapp zwei Kilometer bis zum Park. Dort stand eine kleine Bude, die Kaffee, Tee und Milchshakes verkaufte. Er holte sich einen Schoko-Milchshake und setzte sich auf die nächste Parkbank. Er hatte etwa 25 Minuten, bis er wieder zurück joggen musste, damit Anna dachte, er sei die Strecke gelaufen, die sie ihm aufgetragen hatte. Ausgiebig genoss er sein Lieblingsgetränk und beobachtete interessiert die Leute, die durch den Park liefen. Einige von ihnen hatte er bereits kämpfen sehen, bei anderen hoffte er, das er noch die Gelegenheit dazu bekommen würde, weil sie wirklich interessant aussahen. „Hey! Yoh!“, hörte der Brünette plötzlich die nur allzu bekannte Stimme seines Freundes. „Trey! Guten Morgen!“, begrüßte er diesen fröhlich. Trey kam auf ihn zugejoggt und hielt schwer atmend vor der Parkbank an. „Hat Pilica dich auch wieder zu Frühsport verdonnert?“, lachte Yoh amüsiert. „Ja...Vor dem Frühstück trainieren zu müssen ist so grausam...“, antwortete Trey jammernd. „Absolut“, bestätigte Yoh und schlürfte demonstrativ an seinem Milchshake. Trey grinste breit und lief zu der kleinen Bude rüber, um sich ebenfalls ein Getränk zu besorgen. Er kam mit einem kalten Erdbeer-Milchshake zurück und setzte sich zufrieden neben seinen Kumpel auf die Parkbank. „Und, habt ihr schon eine Nachricht für euren nächsten Kampf bekommen?“, fragte er und trank gierig von seinem Shake. Yoh schüttelte den Kopf. „Was ist mit euch?“ Trey verneinte ebenfalls. Eine Weile saßen die beiden da und genossen ihre Getränke, bevor der Blauschopf sagte: „Ach übrigens...Sag Ren, dass er sich bei eurem nächsten Date eine Ausrede ausdenken soll; ich konnte Joco gerade noch davon abhalten, nach ihm zu suchen...Er hat sich Sorgen gemacht, dass Ren Zeke über den Weg gelaufen ist oder so...“ „Ups...sorry...“, entschuldigte sich Yoh und kratzte verlegen seine Schläfe. „Vielen Dank für deine Rückendeckung, Trey, bist'n echter Kumpel!“, kicherte er leise. „Ach was, hab ich doch gern gemacht...Wie war euer Date denn?“, fragte Trey neugierig. Sofort legte sich ein verträumtes Lächeln auf die Lippen des Brünetten. „Hach, es war so schön...aber leider viel zu kurz...“ „Ach, hast du so früh schlapp gemacht?“, neckte Trey mit einem anzüglichen Grinsen. Um ein Haar hätte sich Yoh an seinem Milchshake verschluckt. Doch er schaffte es gerade noch, die süße Flüssigkeit mit einem lauten GLUCK herunter zu schlucken, bevor er breit grinsend erwiderte: „Keine Sorge, was das angeht, habe ich eine Menge Ausdauer, haha!“ „Keine Details, bitte! Ich bin schon traumatisiert genug...“, winkte Trey schnell ab. „Wo wart ihr denn?“ Yoh blickte einen Moment lang nachdenklich zur Seite, bevor er lächelnd antwortete: „Das verrate ich dir nicht...“ „Von mir aus...Ich muss jetzt auch los, sonst kriege ich Ärger mit meiner Schwester...“, seufzte Trey und leerte mit ein paar letzten Zügen seinen Milchshake. „Sehen wir uns gleich im Café?“ „Na klar!“, antwortete Yoh und zeigte fröhlich das Piece-Zeichen. „Prima, dann bis später!“, erwiderte Trey und machte sich auf die Socken. Yoh winkte seinem Freund noch kurz hinterher und widmete sich wieder seinem Shake. Ein paar Minuten konnte er noch sitzen bleiben und die Sonne genießen, bevor er sich auch wieder auf den Weg machen musste. Ren saß im Wohnzimmer des kleinen Steinhauses und reinigte seine Waffen, als Run plötzlich in der geöffneten Haustür stand und zweimal leicht mit der Faust gegen diese klopfte, um auf sich aufmerksam zu machen. „Guten Morgen, Ren“, grüßte sie freundlich und trat ein. „Morgen“, grüßte Ren zurück, ohne sein Tun zu unterbrechen. „Ich muss mit dir reden, Ren“, sagte Run und setzte sich zu ihrem kleinen Bruder an den Tisch. „Worum geht’s?“ „Um das Gespräch mit Nichrom, vorgestern am Strand“, antwortete Run gerade heraus. Ren zuckte bei dem Namen kaum merklich zusammen und fragte: „Was soll damit sein?“ „Naja...Hat es dich denn gar nicht schockiert, Ren? Ich meine...dass Zeke will, dass du dich ihm anschließt...?“, fragte Run neugierig. „Nicht wirklich“, antwortete Ren ohne Umschweife. Perplex starrte Run ihren Bruder an. „Nicht...?“ Ren schüttelte den Kopf. „Zeke ist hinter Yoh her...Einen seiner Freunde auf seine Seite zu ziehen wäre ein genialer Schachzug; zum Einen würde er an mehr Informationen kommen, zum Anderen würde er Yoh schwächen...“ Run dachte einen Moment nach. Diese Erklärung fand sie durchaus einleuchtend, doch eine Frage blieb für sie noch offen: „Und wieso hat er ausgerechnet DICH gefragt?“ Dieses Mal hielt Ren inne und rührte sich für ein paar Sekunden nicht, bevor er schnippisch antwortete: „Tze...Woher soll ich das wissen?!“ „Glaubst du, er hat Trey und die anderen auch gefragt?“ „Ich wiederhole: Woher soll ich das wissen?!“, antwortete Ren genervt, erhob sich vom Stuhl und lief Richtung Badezimmer. „Ich muss mir noch die Zähne putzen, wenn du mich also entschuldigst...“ „Sicher“, erwiderte Run ruhig und erhob sich ebenfalls. „Kommst du gleich ins Café?“ „Jaja...“, hörte sie noch durch die bereits geschlossene Badezimmertür. Die Chinesin wusste, dass mit Ren jetzt sowieso nicht mehr zu reden war. Und sie ahnte auch, warum ihr kleiner Bruder sich dem Gespräch auf einmal so abrupt entzogen hatte. Sie bereute nun, die letzten beiden Fragen gestellt zu haben...Etwas niedergeschlagen verließ sie das Haus und machte sich auf den Weg zum Café. Ren würde sicher gleich nachkommen, sobald er sich beruhigt hatte... Ren stand vor dem Waschbecken, stützte sich mit beiden Händen auf diesem ab und blickte in den Spiegel. Sein Gesichtsausdruck war ernst. Er hätte es nie zugegeben, aber Run hatte einen wunden Punkt getroffen. 'Und wieso hat er ausgerechnet dich gefragt?' Genau diese Frage hatte Ren sich auch schon gestellt. Er war sich ziemlich sicher, dass Zeke niemand anderes aus der Clique gefragt hatte. Trey und die anderen hätten das sofort erzählt. Somit war er der Einzige, dem Zeke angeboten hatte, sich diesem anzuschließen... Bereits nach wenigen Minuten verließ Ren das Badezimmer wieder. Dass er sich die Zähne putzen müsste war nur eine Ausrede gewesen, um nicht weiter auf Runs Fragen eingehen zu müssen. Er ging aus dem Haus und machte sich auf in Richtung Village Café. Eigentlich wäre er seiner Schwester für den Rest des Tages lieber aus dem Weg gegangen, doch es gab einen anderen Grund, aus dem er trotzdem ins Café wollte: Yoh. Ren wollte ihn gerne sehen. Besonders wenn er genervt oder niedergeschlagen war, reichte häufig allein der Anblick des Brünetten, um ihn wieder ein wenig zu beruhigen. Doch schon nach wenigen Schritten stellten sich plötzlich seine Nackenhaare auf. Fast im selben Moment bestätigte Bason, was Ren bereits klar war: „Wir werden verfolgt, Meister Ren...“, flüsterte der Geist in das Ohr seines Schamanen. Dieser nickte nur leicht und lief weiter, als hätte er nichts bemerkt. Seine rechte Hand legte sich jedoch unauffällig um den Griff seines Donnerschwerts, sodass es nur noch eine schnelle Handbewegung brauchen würde, um es zu zücken und Geistkontrolle zu schaffen. „Kannst du sagen wer uns verfolgt?“, fragte Ren seinen Schutzgeist leise. Bason schüttelte den Kopf. „Leider nicht, Meister.“ „Gut, dann sollten wir es herausfinden; bist du kampfbereit?“ „Immer, Meister Ren.“ Ren nickte und bog in eine kleine, menschenleere Seitenstraße ab. Er lief noch einige Meter tiefer in diese hinein, bevor er plötzlich stehen blieb. Sein Griff um sein Schwert festigte sich. Er schloss die Augen und konzentrierte sich auf seine Umgebung. Für einige Sekunden herrschte völlige Stille. Doch dann hörte er unmittelbar hinter sich ein leises, dumpfes Geräusch, als ob jemand sachte mit dem Fuß auftritt. Blitzschnell zückte Ren sein Schwert und drehte sich um. „Baso-“, stoppte er jedoch augenblicklich, als er die Person sah, die ihn offensichtlich verfolgt hatte. „Was willst DU denn?“ Zum dritten Mal innerhalb einer Minute schaute Run auf die Uhr. Es war schon fast eine Stunde her, dass sie ihren kleinen Bruder verlassen hatte. Wo blieb er nur? Hatte er an ihrem Gespräch wirklich so hart zu knabbern? Oder war ihm vielleicht etwas passiert? „Mach dir keine Sorgen, Run. Es ist sicher alles in Ordnung“, sagte Yoh lächelnd. Er, Run, Trey und Pilica waren die Einzigen, die noch im Café saßen. „Klar ist alles in Ordnung, was soll DEM denn schon passieren?!“, bestätigte Trey tiefenentspannt. „Die beiden haben recht, Run...Ren geht es blendend, ganz sicher“, stimmte Pilica zu. „Ja, ihr habt sicher recht...“, erwiderte Run mit einem gezwungenen Lächeln auf den Lippen. Wirklich beruhigen konnten ihre Freunde sie nicht, was wohl daran lag, dass diese nichts von der Situation wussten, die vor zwei Tagen am Strand passiert war. Run machte sich seit dem besonders viele Sorgen, dass Ren erneut Zeke oder einem von dessen Gefolgschaft über den Weg laufen könnte. Auch, wenn sie mit Ren darüber geredet hatte, war sie sich sicher, dass ihr Bruder ihr nicht die ganze Wahrheit erzählt hatte. Irgendetwas verschwieg Ren ihr, doch sie hatte nicht den blassesten Schimmer, was das sein könnte. „Vermutlich hat er es sich anders überlegt und wollte doch lieber ein bisschen trainieren gehen“, sagte Trey und wusste im selben Moment, dass er sich mit dieser Aussage ein Eigentor geschossen hatte. „Approppos trainieren; du solltest auch endlich weiter machen!“, erwiderte Pilica und zog ihren Bruder an dessen Ohrmuschel aus dem Café, ehe dieser auch nur ein einziges Wort des Wiederstandes aussprechen konnte. Yoh winkte seinem Kumpel nur mitleidig grinsend hinterher. Als die beiden aus der Tür waren wandte der Brünette sich Run zu. „Sag mal, Run...Gibt es etwas, das du mir sagen möchtest?“ Verdutzt schaute Run ihr Gegenüber an. „Huh?“ „Ich habe seit vorgestern das Gefühl, dass du mir etwas sagen willst“, erklärte Yoh freundlich lächelnd. Es war offensichtlich, dass die Chinesin sich ertappt fühlte. Schnell setzte sie erneut ein gezwungenes Lächeln auf und entgegnete: „Nein nein, alles bestens, ehrlich.“ „Bist du sicher?“, hakte Yoh ungläubig nach. Er wusste genau, dass Run irgendetwas aus dem Herzen lag, das stand ihr bereits seit zwei Tagen auf der Stirn geschrieben. Er war sich fast sicher, dass es etwas mit dem Tor von Babylon zu tun haben musste, denn seit sie und Ren zurück gekehrt waren, wirkte sie so nachdenklich und besorgt. Und wenn Run nachdenklich und besorgt war, konnte nur Ren der Grund dafür sein. „Ja, ganz sicher, alles ist gut“, versicherte sie, doch Yoh wusste, dass sie log. „Wenn irgendetwas mit Ren ist, dann sag es mir bitte“, bat er Run mit einer, für ihn eigentlich eher untypisch ernsten Mimik. „Natürlich, Yoh...Aber es ist wirklich nichts; ich muss jetzt los, bis später“, sagte sie und verließ schnurstracks das Café. Yoh schaute ihr noch eine ganze Weile hinterher. Was auch immer Run solche Sorgen bereitete, er würde versuchen, es herauszufinden... Tbc. Kapitel 4: Die Entführung ------------------------- Fegefeuer Kapitel 4: Die Entführung Seit über einer Stunde lief Yoh durch die Straßen von Doby Village und hielt Ausschau nach Ren. Dieser war immer noch nicht aufgetaucht, obwohl er Run gesagt hatte, dass er bald zum Café kommen würde. Es wäre übertrieben gewesen, zu sagen, dass Yoh sich Sorgen machte, dass Ren etwas passiert sein könnte. Ren war stark und ein ausgezeichneter Kämpfer, er konnte auf sich selbst aufpassen. Yoh war eher besorgt um Rens mögliche Verfassung. Er vermutete, dass es seinem Freund nicht gut ging. Nur war er sich nicht sicher, ob es noch an den Nachwirkungen des Tors von Babylon lag, oder an dem ihm unbekannten Grund, der Run offensichtlich so sehr beschäftigte. So oder so, wollte er ihn so schnell wie möglich finden und mit ihm reden. Natürlich war er als erstes zum Haus von Team Ren gegangen, doch dort war er nicht. Er musste das Haus also verlassen haben, wie er es Run gesagt hatte. Doch wo war er dann hingegangen? Es wäre zwar durchaus möglich, dass Trey recht hatte, und Ren sich spontan umentschieden hatte, doch irgendwie glaubte Yoh das nicht. Es war sehr viel wahrscheinlicher, dass Ren etwas dazwischen gekommen war. Yoh konnte zwar nicht wirklich erklären, warum, doch er war sich trotzdem sicher, dass seinem Freund nichts passiert war. Ob es nun purer Instinkt oder einfach nur seine Hoffnung war, konnte er nicht sagen. Doch er hatte es im Gefühl. Ren war nicht in Gefahr. Er hätte es gewusst, wenn es so gewesen wäre. Doby Village hatte mehrere Kampfarenen, die Yoh nun eine nach der anderen abklapperte. Im Kolosseum und am Canyon war er bereits gewesen, dort war Ren nicht. Amidamaru hatte im Kolosseum alle Zuschauertribünen abgesucht, Ren und Bason waren definitiv nicht dort gewesen. Auch am Canyon waren die beiden nirgends zu sehen. Normalerweise hätte Yoh den laufenden Kampf dort interessiert verfolgt, doch in diesem Fall wollte er Ren so schnell wie möglich finden und machte sich sofort wieder auf den Weg, als er sicher war, dass der Chinese nicht hier war. Ein wenig frustriert von der bislang erfolglosen Suche steuerte er sein nächstes Ziel an: Den Strand. Und dieses Mal sollte seine Hartnäckigkeit endlich belohnt werden. Auf einer der vielen Sitzbänke der Strandpromenade erblickte er seinen verschollenen Freund. Ren saß dort und blickte auf das Meer. Sofort lief Yoh schnellen Schrittes auf die Bank zu. Bason hatte ihre Anwesenheit sofort bemerkt und sagte etwas zu Ren, was Yoh aufgrund der noch zu großen Entfernung aber nicht hören konnte. Daraufhin erhob der Chinese seinen bis dato leicht gesenkten Blick und drehte sich in Yohs Richtung. Rens Mimik hätte der Brünette in diesem Moment als eine Mischung aus Wut und Trauer beschrieben, was augenblicklich Besorgnis in ihm auslöste. „Da bist du ja endlich, ich habe schon nach dir gesucht!“, sagte Yoh lächelnd. Er überspielte seine Sorge, denn er wusste, dass Ren es hasste, wenn sich andere um ihn sorgten. „Na dann warst du ja erfolgreich“, antwortete Ren nur und blickte wieder zurück auf das Meer. Yoh setzte sich neben Ren auf die Bank in richtete seinen Blick ebenfalls auf das ruhige Meer. „Alles in Ordnung?“ „Alles bestens.“ Genau diese Antwort hatte Yoh erwartet, auch wenn er natürlich wusste, dass sie gelogen war. „Wieso bist du nicht zum Café gekommen?“, fragte er in einem ruhigen Ton, ohne jeden Vorwurf in der Stimme. „Ich hatte keinen Hunger; mir war nach einem Spaziergang“, antwortete Ren, ohne seinen Blick von dem Horizont abzuwenden. Yoh schaute Bason an, welcher jedoch augenblicklich wegschaute, als hätte er Schuldgefühle. Der Geist hatte eindeutig etwas zu verbergen. Doch Bason würde ihm nie irgendetwas erzählen, was Ren ihm verboten hatte, das wusste Yoh. „Verstehe“, erwiderte der Brünette nur, als hätte er geglaubt, dass nicht mehr hinter Rens Fehlen beim Frühstück gesteckt hätte. Es folgten einige Minuten des Schweigens, bevor Yoh erneut seine Stimme erhob: „Wenn dich irgendetwas bedrückt, ganz egal was es ist, dann kannst du jederzeit mit mir reden...Das weißt du, oder?“ Es dauerte einige Sekunden, bis Ren antwortete: „Ja, ich weiß.“ Er machte jedoch keine Anstalten, mehr dazu zu sagen. Einerseits enttäuschte es Yoh, dass sein Freund ihm seinen Kummer, den er zweifelsohne mit sich herumschleppte, nicht anvertrauen wollte, doch andererseits überraschte es ihn auch nicht. Ren war einfach nicht der Typ, der anderen gegenüber sein Herz ausschüttete. Er machte lieber alles mit sich allein aus. Doch trotzdem sollte Ren wissen, dass Yoh für ihn da war. „Du hast noch nichts gegessen, oder? Es ist schon fast Mittag, wollen wir irgendwo was futtern gehen?“, schlug der Brünette vor und hoffte, Ren ein wenig ablenken zu können. Natürlich wusste dieser genau, was Yoh bezwecken wollte. „Eigentlich bin ich nicht wirklich hungrig...“ „Aber du hast heute noch nichts gegessen; also los geht’s!“ Yoh sprang auf und zog Ren an dessen Handgelenk hinter sich her. „Hey! Lass mich los! Ich kann alleine laufen!“, protestierte Ren lauthals, wehrte sich ansonsten aber nicht gegen seinen übermotivierten Freund. Dieser führte die beiden geradewegs in ein chinesisches Restaurant, wo sie gemeinsam zu Mittag aßen. Die ganze Zeit über sprach Ren kein Wort, antwortete auf Fragen nur kurz und knapp und stocherte mehr in seinem Lieblingsessen herum, als dass er tatsächlich aß. Er schien mit seinen Gedanken an einem völlig anderen Ort zu sein. So langsam wurde Yoh klar, dass das, was Ren so sehr beschäftigte, wohl doch ernster zu sein schien, als er bisher angenommen hatte. Der junge Chinese bereitete ihm immer größere Sorgen. Er legte seine Stäbchen auf seiner Reisschüssel ab und blickte Ren mit ernster Mimik an. „Ren...“ „Hm?“ „Bitte sag mir, was los ist“, sagte Yoh in einem ruhigen, aber fordernden Ton. Ren wandte seinen Blick genervt ab. „Ich sagte doch: Es ist nichts.“ „Ich weiß, dass das nicht stimmt, Ren.“ „Tze...“, fauchte Ren leise. „Du weißt überhaupt nichts...“ „Dann sag es mir...“ „Es gibt nichts zu sagen.“ „Oh doch; ich dachte zuerst, dass du noch wegen des Tors von Babylon deprimiert bist, aber da ist noch etwas anderes.“ „Nein, ist es nicht!“, entgegnete Ren energisch. Er wurde langsam wütend. Yoh sollte einfach aufhören mit diesem Thema. „Doch, ist es. Wieso bist du heute Morgen nicht zum Café gekommen?“ Ren ballte seine Hände zu Fäusten und knurrte Yoh entgegen: „Das habe ich dir schon gesagt.“ „Aber das war nicht die Wahrheit...Was ist passiert?“ „Gar nichts!“ Ren wurde immer ungehaltener. Seinen zitternden Fäusten konnte Yoh entnehmen, dass er kurz vorm Ausflippen war. Doch darauf konnte der Brünette jetzt einfach keine Rücksicht nehmen. Er musste wissen, was mit seinem Freund los war. Denn sein Bauchgefühl sagte ihm nun, dass Ren vielleicht doch in Gefahr sein könnte. „Wieso sagst du mir nicht die Wahrheit, Ren? Ich mache mir Sorgen um dich...“, sagte er leise, darauf hoffend, dass sein Gegenüber sich wieder etwas beruhigen würde. Dessen Wut schien tatsächlich ein wenig abzuklingen. Ren blickte zur Seite und schwieg für einige Sekunden, bevor er erwiderte: „Du brauchst dir keine Sorgen zu machen, okay?“ „Nein, nicht okay...Wenn du mir schon nicht verraten willst, was passiert ist, dann sag mir wenigstens, warum du es mir nicht erzählen kannst...Bitte...“, bat Yoh den Anderen mit besorgter Stimme, schob seine rechte Hand über den Tisch und berührte mit seinem kleinen Finger sachte und unauffällig den kleinen Finger Rens. „Bitte, Ren...“ Ren starrte eine Weile auf ihre kleinen Finger, die sich fast automatisch ein wenig ineinander verhakt hatten, bevor er leise seufzte und erwiderte: „Ich...kann nicht...“ „Kannst nicht, oder willst nicht?“, hakte Yoh nach. Doch Ren antwortete nicht. „Antworte mir, Ren.“ Der Chinese schluckte einmal schwer, bevor er seinen Blick noch weiter senkte. „Beides“, flüsterte er regelrecht, doch Yoh hatte es verstanden. Und auch, wenn er nach wie vor nicht wusste, was passiert war, so hatte Ren doch zumindest zugegeben, dass etwas passiert war, und er es nur nicht sagen konnte oder wollte. Wenigstens ein kleiner Erfolg für Yoh. „Bist du in Gefahr?“, fragte Yoh weiter. Ren zog daraufhin skeptisch eine Augenbraue nach oben. „Du meinst mehr als sonst?“, stellte er in leicht sarkastischer Tonlage als Gegenfrage. Anders als erwartet lachte Yoh nicht über Rens Kommentar, sondern blickte seinen Freund nur ernst an und nickte. Ren seufzte laut, bevor er antwortete: „Nein.“ Bason und Amidamaru schwebten vor dem Eingang des Restaurants und beobachteten die vorbei gehenden Leute. Sie warteten vor der Tür, um ihren Schamanen ein wenig Privatsphäre zu geben. „Du wirkst so nachdenklich, Bason, ist alles in Ordnung?“, fragte Amidamaru, nachdem der chinesische Krieger schon eine ganze Weile schweigend in den wolkenlosen Himmel gestarrt hatte. Die Frage holte ihn aus seinen Gedanken und er antwortete etwas hektisch: „Ja, natürlich...Es ist alles in Ordnung...“ Sofort nachdem er geantwortet hatte richtete Bason seinen Blick erneut nach oben und schien auch umgehend wieder in seinen Gedanken zu versinken. Einige Sekunden starrte Amidamaru ihn skeptisch an, bevor er erneut eine Frage stellte: „Warum glaube ich dir das nicht?“ „Du kannst mir ruhig glauben, Amidamaru...Es gibt nichts, worüber du dir Sorgen machen müsstest...“ „Ren verhält sich auch so eigenartig, also ich meine, noch eigenartiger als sonst...Yoh ist auch sehr besorgt...Er ist sich sicher, dass heute früh etwas passiert sein muss...Also warum seid ihr nicht zum Café gekommen?“ „Meister Ren war nach einem Spaziergang, mehr steckt nicht dahinter“, antwortete Bason in einer beinahe emotionsloser Tonlage. Amidamaru bemerkte jedoch, dass dieser sich anspannte und den Blickkontakt mied. Basons Körpersprache passte ganz und gar nicht zu dessen Antwort. „Ich weiß, dass das nicht die Wahrheit ist...Aber vermutlich hat Ren dir verboten, darüber zu sprechen...Das werde ich akzeptieren und nicht weiter nachfragen“, gab der Samurai sich schließlich geschlagen. Er hätte natürlich noch weiter nachbohren können, doch das wollte er nicht. Er wusste um Basons bedingungsloser Loyalität gegenüber Ren, und er wollte seinen mittlerweile guten Freund nicht dazu nötigen, dessen Prinzipien zu missachten. Amidamaru war selbst ein Krieger, er konnte Bason verstehen. „Danke, Amidamaru. Du bist ein guter Freund“, erwiderte Bason mit einem leichten Lächeln auf den Lippen. Er verstand, warum der Samurai nicht weiter nachfragte, und er war dankbar dafür. Gleichzeitig hatte Bason ihm soeben die Bestätigung gegeben, dass in der Tat etwas vorgefallen war, über das er nur nicht sprechen durfte. Die beiden Geister verstanden sich auch ohne große Worte. „Lass uns doch nachher ein bisschen zusammen trainieren...Was hältst du davon?“, wollte Yoh wissen und hoffte, die angespannte Stimmung ein wenig auflockern zu können. „Klingt gut“, antwortete Ren nur. Die beiden bezahlten ihr Essen und verließen das Restaurant. Während sie durch die Stadt liefen sahen sie schon von weitem ihre Freunde Trey, Joco und Ryu. Diese standen vor einem kleinen Verkaufsstand, der Messer, Schwerter und einige andere Waffen verkaufte. Die drei schienen sich in einer heißen Diskussion zu befinden, weshalb sie Yoh und Ren auch nicht bemerkten, bevor diese direkt neben ihnen standen. „Hey Jungs!“, begrüßte Yoh seine Freunde, welche alle erschrocken zusammen zuckten. „Mann! Erschreck' mich doch nicht so!“, jammerte Joco und hatte um ein Haar das Schwert fallen lassen, das er in seinen Händen hielt. „Na sieh mal, Kurzhöschen ist wieder aufgetaucht“, stellte Ryu grinsend fest. „Wo bist du gewesen?“, wollte Trey von Ren wissen und legte das kleine Taschenmesser zurück auf den Verkaufsstand. „Ich war spazieren“, antwortete dieser und verschränkte seine Arme vor der Brust. Joco und Ryu nahmen diese Erklärung hin, einzig Trey blickte Ren mit leichter Skepsis an, sagte jedoch nichts dazu. „Wir haben gerade ausgemacht, dass wir später in der Wüste gemeinsam trainieren wollen, ihr seid doch auch dabei, oder?“, fragte Ryu die zwei. Yoh druckste herum: „Ähm, also...Eigentlich wollten wir-“ „Wir sind dabei“, unterbrach Ren. „Hervorragend! Faust kommt sicher auch mit“, freute Ryu sich. „Dann heißt es euer Team gegen unseres!“, sagte Joco und grinste den Biker herausfordernd an. „Pah! Wir werden euch so fertig machen, dass eure Schutzgeister euch ins Bett tragen müssen! Nicht wahr, Meister Yoh?!“, entgegnete Ryu selbstsicher. „J-Ja, sicher...“, bestätigte Yoh mit einem aufgesetzten Lächeln. Er wollte sich seine Enttäuschung nicht anmerken lassen. Natürlich trainierte er gerne mit der ganzen Truppe, doch heute hätte er die Zeit lieber mit Ren allein verbracht. Nicht nur, weil er die wenige Zeit, die er mit Ren allein verbringen konnte, sehr genoss, sondern auch, weil er den verschlossenen Chinesen eigentlich weiter dazu bewegen wollte, ihm anzuvertrauen, was auch immer diesen momentan so sehr bedrückte. Abgesehen davon tat Yoh der indirekte Korb von Ren innerlich auch etwas weh, denn dieser wollte offensichtlich nicht mit ihm allein trainieren gehen. Yoh sah Ren an, doch dieser mied den Blickkontakt. Ob er ein schlechtes Gewissen hatte, oder einfach nur in Gedanken war, konnte Yoh in diesem Moment nicht sagen. Trey sah einige Male abwechselnd Yoh und Ren an, bevor er sagte: „Ren, du solltest zu Run gehen, sie macht sich Sorgen, weil du heute Morgen nicht zum Frühstück gekommen bist.“ Dieser seufzte einmal genervt. „Wann treffen wir uns?“ „Wie wär's so gegen 16 Uhr?“, schlug Ryu vor. „Von mir aus“, erwiderte Ren und machte sich ohne ein weiteres Wort auf den Weg. Yoh blickte ihm mit leicht deprimierter Mimik hinterher. „Oh Mann, ich hab einen Bärenhunger! Lasst uns was essen gehen!“, schlug Joco vor und rieb sich demonstrativ seinen knurrenden Bauch. „Ich könnte auch was vertragen“, stimmte Ryu dem Vorschlag zu. „Ich habe gerade gegessen, also geht ohne mich; wir sehen uns dann später“, lehnte Yoh lächelnd ab. „Ich komme auch nicht mit, hab noch keinen Hunger“, sagte Trey, woraufhin Ryu ihn mit erhobenem Zeigefinger warnte: „Iss aber nicht direkt vor dem Training, sonst übergibst du dich noch, verstanden?“ „Ja, Mami!“, antwortete Trey augenrollend. „Braver Junge...Also dann bis später!“ Die vier verabschiedeten sich und gingen getrennte Wege. Trey hing sich sofort an Yohs Fersen. Sobald Joco und Ryu außer Hörweite waren, fragte er: „Was ist mit Ren los? Ist etwas passiert?“ „Ja, aber er will mir nicht sagen, was...“, antwortete Yoh seufzend und steckte seine Hände in seine Hosentaschen. „Verstehe...Habt ihr euch gestritten?“, fragte Trey weiter, woraufhin Yoh den Kopf schüttelte. Im Gegensatz zu Joco und Ryu war dem Blauschopf aufgefallen, dass Ren sich Yoh gegenüber seltsam abweisend verhielt, was sicherlich daran lag, dass er der Einzige war, der über das geheime Verhältnis der beiden Bescheid wusste. Yoh blieb plötzlich stehen und starrte einige Sekunden lang schweigend hinab auf den Boden. „Was ist denn los?“, fragte Trey verwundert. Yoh legte seine rechte Hand auf seinen Bauch und antwortete mit ernstem Gesichtsausdruck: „Ich habe ein ganz ungutes Gefühl...“ Pünktlich um 16 Uhr trafen sich die sechs Freunde wie verabredet in der Wüste um zu trainieren. Yoh fiel auf den ersten Blick auf, dass Ren noch immer sehr nachdenklich zu sein schien. „Ich schlage ein Match zwischen Team Asakura und Team Ren vor!“, sagte Ryu euphorisch. „Ich werde mich nie an diesen Namen gewöhnen...“. murmelte Trey genervt. Die Teams stellten sich mit ausreichend Abstand gegenüber und nahmen ihre Kampfpositionen ein. „Okay; das Team, das als erstes sein gesamtes Furyoku verbraucht hat, hat verloren!“, rief Manta und hob in Schiedsrichter-Manier seinen linken Arm. „Auf die Plätze, fertig, los!“ Alle Schamanen schafften Riesen-Geist-Kontrolle. Sie fackelten nicht lange und griffen alle gleichzeitig an. „Fang schon mal an zu beten, Lockenkopf!“, brüllte Ryu Joco grinsend an, während ihre Geister sich bereits ineinander verhakt hatten und sich augenscheinlich nichts schenken wollten. „Den selben Rat wollte ich dir auch gerade geben, Schmalzlocke!“, erwiderte Joco nicht weniger selbstsicher und setzte direkt zum nächsten Angriff an. „Wen nennst du hier Schmalzlocke du Möchtegern-Komiker?!“ Auch bei Yoh und Ren ging es gleich zur Sache. Beide setzten direkt zum Angriff an. Ren setzte Yoh schwer zu, indem er ihn immer wieder von allen Seiten gleichzeitig anzugreifen schien. Yoh merkte jedoch, dass Rens Kampfstil heute untypisch war. Er war zwar schnell und machte es dem Brünetten schwer, die Richtung, aus der Ren als nächstes angreifen würde, vorauszusagen, jedoch wirkten dessen Angriffe unkontrollierter, als gewöhnlich. Ren gab sich alle Mühe, Yoh keine Zeit für einen möglichen Gegenangriff zu lassen. Er sprang um diesen herum und attackierte ihn aus jeder Richtung. Er spürte selbst, dass er dieses hohe Tempo und diesen immensen Kraftaufwand nicht lange durchhalten würde, doch er konnte nicht anders. Er musste sich auspowern und irgendwie seinen Kopf frei kriegen. So griff er weiter an, obwohl er eigentlich schon an die Grenzen seiner Ausdauer stieß. Yoh hatte bisher jeden seiner Angriffe abblocken können, doch Ren war sich sicher, dass dessen Verteidigung seinen schnellen Angriffen nicht mehr lange standhalten würde. Also setzte er umgehend zur nächsten Attacke an, dieses Mal von hinten. 'Jetzt habe ich di-' '-Du MUSST es tun, Ren!' 'Wa-' „-AAH!“ Unfreiwillig verschaffte Ren Yoh eine Sekunde, um einen Gegenangriff zu starten. Mit voller Wucht traf Yohs Schwert den Chinesen, der nicht schnell genug reagieren konnte, um die Attacke abzuwehren. Ren wurde gegen die nächste Felswand geschleudert. Mit einem lauten Knall prallte sein Körper gegen diese, wodurch sich einige große und viele kleine Felsbrocken lösten und samt Ren ungebremst zu Boden fielen. „REN!“, schrie Yoh schockiert, löste seine Geistkontrolle und rannte sofort zu Ren. Auch die anderen Schamanen unterbrachen den Kampf umgehend und liefen Yoh hinterher. „Ren! Geht es dir gut?!“, rief der Brünette, während er auf seinen augenscheinlich am Boden liegenden Freund zu rannte. „Meister Ren!“, brüllte Bason Ren an und rüttelte vorsichtig dessen Körper. Yoh kniete sich vor den regungslosen Chinesen und erblickte sofort eine kleine Blutlache unter dessen Kopf. „Oh nein, Ren...“ Behutsam hob Yoh Rens Kopf an und legte diesen auf seinen Schoß. Eine Platzwunde erstreckte sich über Rens rechte Schläfe, welche leicht blutete. Mit zittrigen Händen schlug Yoh ihm vorsichtig auf die Wange. „Ren! Wach auf!“ „Hey! Was ist denn passiert?!“, fragte Trey und kniete sich zu den beiden. „I-Ich...Ich glaube, er war abgelenkt...“, antwortete Yoh entgeistert. Er hatte nicht damit gerechnet, dass er seinen Freund so heftig treffen würde. Er kannte Ren, normalerweise hätte dieser einen solchen Angriff mit Leichtigkeit abwehren können. Er fühlte sich furchtbar, er hatte Ren verletzt... „E-Es tut mir so Leid...“, sagte Yoh leise. „Sei nicht so hart zu dir selbst, Meister Yoh...So etwas kann passieren...Ren ist hart im Nehmen, der ist in Null Komma Nichts wieder auf den Beinen...“, versicherte Ryu und legte seine Hand tröstend auf Yohs Schulter. „Ryu hat recht; die Wunde sieht nicht schlimm aus...Er ist nur bewusstlos, weil er mit seiner Schläfe gegen den Fels geschlagen ist...“, stimmte Manta zu. „Ja, das stimmt“, pflichtete Amidamaru den beiden bei. „Trotzdem frage ich mich, wieso Ren unserem Angriff nicht ausweichen konnte...War er unkonzentriert?“ Der Samaurai richtete seine Frage an Bason. Dieser nickte. „Ja...Ich bin nicht sicher, warum, aber auf einmal war Meister Ren abgelenkt und hat die Geistkontrolle verloren...“ „Und das mitten im Kampf?! Sowas passiert ihm doch sonst nicht...“, wunderte Joco sich. „Darf ich mitspielen?“ Bei der nur allzu bekannten Stimme schreckten alle auf und nahmen wie automatisch ihre Kampfpositionen ein. „Zeke...“, knurrte Yoh wütend. „Was willst du denn hier?!“ „Mach dich gefälligst vom Acker!“ Vor den Schamanen stand der riesige Geist des Feuers, auf dessen Schulter Yohs Zwillingsbruder saß. Dieser hatte sein typisches, freundliches Lächeln aufgesetzt. Yoh und die Anderen stellten sich schützend vor den bewusstlosen Ren und schafften Geistkontrolle. „Ihr solltet eure Kräfte lieber schonen, ihr könnt mich ohnehin nicht besiegen“, sprach Zeke in ruhigem Ton. „Sei dir da mal nicht so sicher!“, entgegnete Ryu provokant. „Sag uns gefälligst was du willst, Zeke!“, forderte Yoh. Doch Zeke antwortete nicht. Stattdessen schossen wie aus dem Nichts riesige Flammen-Fontänen aus dem Boden und kreisten die Schamanen ein. Sofort griffen sie den Geist des Feuers an, doch jede ihrer Attacken blieb erfolglos. Egal mit wie viel Kraft sie ihren Gegner auch angriffen, es schien diesem nicht das Geringste auszumachen. „Wir müssen alle gemeinsam angreifen!“, schrie Yoh seinen Freunden entgegen, welche verstehend nickten und ihr Furyoku für einen kollektiven Angriff sammelten. Doch Zeke machte ihnen einen Strich durch die Rechnung, denn der Geist des Feuers hob seinen riesigen linken Arm, holte aus und schleuderte alle fünf Kämpfer wie ein paar kleine Fliegen gegen einen der hohen Felsen. „AAHH!!!“, schrien sie synchron, als sie mit einem unglaublich lauten Knall gegen den Felsen schlugen. Der halbe Fels wurde durch den massiven Zusammenprall regelrecht zerstört. Eine dichte Staubwolke umgab die Freunde, sodass sie nicht einmal mehr die Hand vor Augen erkennen konnten. Husten und schmerzhaftes Stöhnen war zu hören. „Seid ihr alle in Ordnung?!“, rief Yoh durch den Nebel aus Staub und Sand. „J-Ja...mir geht’s gut“, antwortete Trey, hörbar angestrengt. „Mir ging's schon besser...“, stöhnte Joco gequält. „Alles bestens, Meister Yoh, keine Sorge!“ „Eliza und mir geht es auch gut!“ Eigentlich hatte Yoh damit gerechnet, dass Zeke keine Zeit verlieren, und sofort wieder angreifen würde, doch es war plötzlich verdächtig still. Plante er vielleicht einen Überraschungsangriff? „Seid auf der Hut, Jungs...“, warnte Yoh seine Freunde und wusste genau, dass diese bestätigend nickten, auch, wenn er es nicht sehen konnte. Der Wind löste die dichte Staubwolke langsam auf, wodurch der Geist des Feuers Stück für Stück wieder sichtbar wurde. Er stand still da und hielt seinen linken Arm angewinkelt. Es war zwar noch nicht richtig zu erkennen, doch aus Erfahrung vermutete Yoh, dass Zeke auf der Handfläche seines Schutzgeistes stand. Die nach wie vor herrschende Stille wurde plötzlich von Basons verzweifelt klingender Stimme durchbrochen: „MEISTER REN!!!“ Augenblicklich zuckten die Schamanen zusammen. Yohs Herz begann zu rasen. „REN?!“ „BASON?! WO IST REN?!“, schrie Yoh panisch. Plötzlich war das amüsierte, und gleichzeitig so dunkle Kichern Zekes zu hören, dass es allen Anwesenden einen eiskalten Schauer über den Rücken laufen ließ. In Yoh zog sich alles zusammen, als der Nebel endlich soweit verflogen war, dass er erkennen konnte, dass Ren nicht mehr an der Stelle auf dem Boden lag, an der er vorhin noch gewesen war. 'W-Wo ist er...?!' „Zeke, du Bastard!“ „Lass ihn sofort los, du elender Schurke!!!“, hörte Yoh Trey und Ryu schreien, woraufhin er zurück zum Geist des Feuers blickte. Und sofort gefror er innerlich zu Eis. Denn nun war der Nebel soweit verflogen, dass er Zeke endlich erkennen konnte. Genau wie er vermutet hatte, stand dieser auf der Hand seines Schutzgeistes. Doch er war nicht allein. In seinen Armen hielt er den bewusstlosen Ren. Die Beine des Chinesen lagen über Zekes linkem Arm, sein Oberkörper wurde von dessen rechtem Arm gehalten. Rens Kopf hing regungslos hinab. Eine unglaubliche Welle der Wut durchströmte Yohs Körper. Wenn Blicke töten könnten, wäre Zeke auf der Stelle tot umgefallen. „Fass ihn nicht an!!! Lass ihn sofort frei!!!“, brüllte er seinem Zwillingsbruder entgegen und schaffte erneut Geistkontrolle. „Ganz ruhig...Ren und ich haben einiges zu besprechen...“, erwiderte Zeke so ruhig wie die Ruhe selbst. Dieses aufgesetzte Lächeln machte Yoh nur noch rasender. „Du hast mit ihm gar nichts zu besprechen! Lass ihn frei!!!“ Wieder kicherte Zeke amüsiert, bevor er sich verabschiedete: „Bis bald, Yoh...“ Noch ehe dieser reagieren konnte, verschwand Zeke in dem aufflammenden Feuer, das ihn, Ren und seinen Schutzgeist innerhalb einer Sekunde komplett umgab und genauso schnell wieder erlosch. Zeke war verschwunden. Und mit ihm Ren. „Nein! Meister Ren!“ Nach einigen Sekunden der Schockstarre sank Yoh langsam auf die Knie. Mit brüchiger Stimme hauchte er: „Ren...“ Tbc. Kapitel 5: Hilflos ------------------ Fegefeuer Kapitel 5: Hilflos Als er langsam zu sich kam spürte Ren als erstes ein schmerzhaftes Stechen in seiner rechten Schläfe. Er war noch nicht in der Lage, seine Augen zu öffnen, hob aber seine rechte Hand unter der Bettdecke hervor, um vorsichtig mit der Kuppe seines Mittelfingers auf die pochende Stelle seiner Schläfe zu tippen. Der brennende Schmerz, den die sachte Berührung zwischen seinem Finger und dem Pflaster auslöste, ließ ihn diese Entscheidung jedoch sofort bereuen. Er zuckte einmal zusammen und legte seinen müden Arm auf der Decke ab. Auch sein Rücken und seine rechte Schulter schmerzten, doch der Schmerz in seiner Schläfe dominierte. Wieso tat sein Kopf eigentlich so weh? Hatte er sich verletzt? Er versuchte sich zu erinnern: Er war mit Yoh essen, dann hatten sie auf dem Markt ihre Freunde getroffen und sich mit ihnen zum Trainieren in der Wüste verabredet. Und dann hatten sie sich auch in der Wüste getroffen und angefangen zu kämpfen. Er hatte sofort Vollgas gegeben und Yoh angegriffen. Er war sich sicher, dass er seinen Freund mit der nächsten Attacke erwischen würde, doch dann... 'Du musst es tun, Ren!' Ren biss sich auf die Unterlippe. Er erinnerte sich zwar nicht, doch er konnte nun eins und eins zusammen zählen: 'Ich muss in diesem Moment die Geistkontrolle verloren haben...Yoh hat sicher sofort einen Gegenangriff gestartet und mich erwischt... ' Ein ausgiebiger Seufzer entkam seiner Kehle. Dass es Yoh gelungen war ihn K.O. zu schlagen kränkte seinen Stolz als Kämpfer, doch das war gerade nicht sein größtes Problem. Noch immer hatte Ren seine Augen nicht geöffnet. Er war ziemlich müde, doch er befürchtete, dass seine Kopfschmerzen ihm wohl nicht erlauben würden, einfach wieder einzuschlafen. Er beschloss jedoch, es wenigstens zu versuchen. Das Bett war warm und gemütlich. Allerdings kam ihm die Matratze irgendwie etwas weicher vor als sonst. Aber möglicherweise bildete er sich das auch nur ein, weil sein Rücken schmerzte. Obwohl sich auch die Bettdecke anders anfühlte als gewöhnlich. Sie war dicker und flauschiger. Jetzt wo er darüber nachdachte, roch es aus ganz anders, oder? Ja, in der Tat. Hier lag eindeutig ein fremder Geruch in der Luft. Lag er vielleicht gar nicht in seinem eigenen Bett? Hatten seine Freunde ihn etwa ins Krankenhaus, oder irgendwo anders hingebracht, weil er verletzt war? Wieder seufzte er. Normalerweise hätte er ja neugierig seine Augen geöffnet, um zu sehen, wo er sich befand, doch gerade war es ihm wirklich egal. Er würde es sicher früh genug herausfinden... Ren blieb noch einige Minuten still liegen und versuchte wieder einzuschlafen, als sich ganz plötzlich, von einer Sekunde zur anderen, seine Nackenhaare aufstellten. Sofort riss er seine Augen auf und saß blitzschnell aufrecht im Bett. Dies war allerdings keine besonders gute Idee, denn auf durch die viel zu schnelle Bewegung wurde auf der Stelle schwindlig. Er kniff die Augen zusammen und hielt instinktiv seine rechte Handfläche vor seine pochende Stirn. „Langsam, Ren; du bist verletzt...“ Bei der Stimme, die Ren plötzlich neben sich vernahm, schien sein Körper von einem heftigen Stromschlag durchzogen zu werden. Erschrocken riss er seine Augen erneut auf und blickte hinauf. Augenblicklich verfinsterte sich seine Miene, als er Yohs Zwillingsbruder erblickte. Dieser stand vor der geschlossenen Zimmertür, etwa drei Meter von dem Bett entfernt, in dem Ren saß. Zeke hielt ein Glas Wasser in der Hand und hatte sein typisches, freundliches Lächeln aufgesetzt. „Wie fühlst du dich?“ „Zeke...“, knurrte Ren mit zusammen gebissenen Zähnen. Er sprang regelrecht aus dem Bett, auch wenn das Schwindelgefühl noch nicht verflogen war. „Wo bin ich hier?“ „In meinem Haus“, antwortete Zeke freundlich. „Wie komme ich hierher?!“, fauchte Ren. „Ich habe dich hergebracht, während du bewusstlos warst.“ „Während ich bewusstlo- Wo sind meine Freunde?!“, fragte Ren besorgt. Hatten Yoh und die anderen etwa gegen Zeke gekämpft, während er ausgeknockt war?! Zeke kicherte leicht, bevor er antwortete: „Keine Sorge, deinen Freunden geht es gut.“ „Wieso hast du mich hierher gebracht?“, wollte Ren wissen und trat automatisch einen kleinen Schritt zurück, als sein Gegenüber einen auf ihn zu machte. „Nicht, um mit dir zu kämpfen, Ren. Ich will nur mit dir reden, ganz in Ruhe und unter vier Augen“, antwortete Zeke seelenruhig und hielt Ren das Wasserglas entgegen. „Du bist sicher durstig, oder?“ Ren blickte einmal skeptisch auf das Glas, machte jedoch keine Anstalten, es zu nehmen. Er war tatsächlich durstig, doch dumm war er nicht. Wieder kicherte Zeke amüsiert. „Du glaubst doch nicht wirklich, dass ich dich hierher bringen würde, um dich dann zu vergiften, oder Ren?“ Der Chinese antwortete nicht, woraufhin Zeke das Glas auf dem kleinen Nachtschrank abstellte, der neben dem Bett stand. Argwöhnisch folgten Rens Augen den Bewegungen seines Entführers. Er wollte sein Donnerschwert greifen, doch natürlich trug er dieses nicht bei sich. Er ließ seinen Blick einmal durch das Zimmer schweifen, in dem er sich befand. Es war vom Boden bis zur Decke aus dunkelgrauem Gestein, was den Raum insgesamt sehr düster wirken ließ. Elektrizität schien es hier nicht zu geben, denn erleuchtet wurde das Zimmer ausschließlich von einigen brennenden Fackeln, die in schwarzen Halterungen an den Wänden befestigt waren. Da es offensichtlich Nacht war drang kein Licht durch die zwei großen, scheibenlosen Fenster. Der Raum war bescheiden, aber mit dem Nötigsten eingerichtet. Ein Bett mit Nachtschrank, ein hölzerner Schreibtisch mit Stuhl, und eine Kommode, gefertigt aus dem Selben Holz waren die einzigen Möbelstücke. Das Zimmer wirkte insgesamt wie ein Bediensteten-Zimmer in einer mittelalterlichen Burg, oder so etwas in der Art. Während Ren sich umsah behielt er Zeke durchgehend aus den Augenwinkeln heraus im Blick. Dieser hatte sich in der Zwischenzeit auf den Stuhl gesetzt, der vor dem Schreibtisch stand. Elegant schlug er seine Beine übereinander und lächelte Ren an, als er mit seinem rechten Zeigefinger auf das Bett zeigte und sagte: „Ich habe dein Hemd gewaschen; es war ziemlich dreckig und hatte ein paar Blutflecken von deiner Kopfwunde.“ Ren schaute hinter sich auf das Fußende des Bettes und erblickte tatsächlich sein rotes Hemd, fein säuberlich zusammengefaltet. Dass er dieses nicht am Leib trug, hatte er bis zu diesem Moment überhaupt nicht realisiert. „Ich hätte natürlich deine gesamte Kleidung gewaschen, aber ich dachte, dass dir das vermutlich nicht recht gewesen wäre...“, fügte Zeke lächelnd hinzu. „Da hast du verdammt recht!“, fauchte Ren nur, zog umgehend sein Hemd an und lief Richtung Tür. „Ich gehe jetzt!“ Doch als er gerade nach der Türklinke greifen wollte, entflammte diese plötzlich. Den Bruchteil einer Sekunde später stand die gesamte Tür in Flammen. Erschrocken wich Ren von dem heißen, lodernden Feuer zurück und blickte zu Zeke. Dieser erwiderte seinen Blick aus den Augenwinkeln heraus. Ren ließ es sich nicht anmerken, doch das bösartige Grinsen, zu dem sich Zekes freundliches Lächeln verzogen hatte, ließ ihm einen kalten Schauer über den Rücken laufen. „Lass mich gehen!“, forderte Ren laut. Seine Hände zitterten vor Wut. Wie konnte dieser Bastard es wagen, ihn so zu behandeln? Er ließ sich doch nicht einsperren wie ein Köter in einem Zwinger. Das Grinsen des Brünetten wich erneut einem versöhnlichen Lächeln, als er entgegnete: „Natürlich. Nachdem wir geredet haben.“ Auch wenn Zekes Tonlage ruhig und freundlich war, so ließen seine Worte doch keinerlei Widerspruch zu. Noch einmal blickte Ren zur Tür, die nach wie vor lichterloh brannte, bevor er abwehrend seine Arme vor der Brust verschränkte und genervt sagte: „Dann rede.“ Als Yoh und die anderen am Haus von Team Ren ankamen, wurde die Haustür aufgerissen, ehe sie die Türschwelle erreicht hatten. Run kam heraus gerannt und schrie hysterisch: „WAS IST PASSIERT?!“ Mit gesenktem Kopf standen die sechs Freunde da, keiner wagte es, Run in die Augen zu schauen. Trey hatte Kohoro vorgeschickt um Run, Anna und Tami vorzuwarnen und mehr oder weniger zu einem Krisengespräch zusammen zu trommeln. „Mach dir keine Sorgen Run, wir werden deinen Bruder retten“, versuchte Ryu die aufgebrachte Chinesin zu beruhigen. „Es ist meine Schuld...Ich habe versagt, ich konnte Meister Ren nicht beschützen...Es tut mir Leid...“, hauchte Bason mit brüchiger Stimme, woraufhin Amidamaru tröstend seine Hand auf dessen Schulter legte. „Gib dir nicht die Schuld, mein Freund. Du hättest nichts tun können...“ „Geht schon mal ins Haus, ich muss mit Run und Bason reden“, sagte Yoh, ohne seinen gesenkten Blick zu heben. Mit beiden Händen hielt er Rens Donnerschwert fest. Die anderen waren zwar ein wenig irritiert, taten jedoch was ihr Anführer verlangte und verschwanden schweigend im Haus. Sobald die Haustür geschlossen war, wand sich Yoh an Run: „Sag mir, was passiert ist.“ Run wusste, was Yoh meinte. Er hatte ihr neulich bereits klar gemacht, dass er wusste, dass ihr etwas auf dem Herzen lag, was mit Ren zu tun hatte. Und auch, wenn sie ihren kleinen Bruder nicht verraten wollte, war ihr klar, dass sie Yoh erzählen musste, was vor ein paar Tagen am Strand passiert war. Sie atmete einmal tief durch. „Nachdem ihr von dem Tor von Babylon eingesogen worden seid, habe ich Ren am Strand gefunden...“, begann sie zu erzählen. „Und weiter?“, wollte Yoh wissen. „Dann...tauchte plötzlich Nichrom auf...“ Überrascht blickte Yoh auf. „Nichrom?“ Run nickte. „Was wollte er?“, fragte Yoh weiter. „Er sollte Ren eine Nachricht von Zeke überbringen...“, antwortete Run bedrückt. Yoh wurde immer nervöser. „Was für eine Nachricht?“ Run schluckte schwer, bevor sie die Antwort aussprach: „Zeke wollte, dass Ren sich ihm anschließt...“ Instinktiv festigte Yoh seinen Griff um Rens Donnerschwert. Eine unglaubliche Welle der Wut durchströmte seinen Körper. 'Dieser Bastard...' „Natürlich hat Ren sofort abgelehnt, aber...“, unterbrach Run sich selbst. „Aber?“, fragte Yoh, sich offensichtlich große Mühe gebend, nicht einfach auszuflippen. „Naja, weißt du...Rens Reaktion kam mir irgendwie...komisch vor...“, fuhr sie unsicher fort. „Inwiefern?“ Wieder musste Run einmal tief ein- und ausatmen, bevor sie antwortete: „Sagen wir, es war die 'fehlende' Reaktion, die mir komisch vorkam...Ich konnte es nicht fassen, was Nichrom sagte, aber Ren...er schien überhaupt nicht überrascht oder schockiert zu sein...Natürlich könnte es einfach daran gelegen haben, dass er wegen des Tors von Babylon so durch den Wind war, aber trotzdem hatte ich das Gefühl, dass irgendetwas nicht stimmt...“ Yoh hörte Run aufmerksam zu, kommentierte jedoch nicht was sie sagte. Er richtete seinen Blick auf Bason. „Hast du noch irgendwelche Informationen?“ Der Geist schüttelte den Kopf. „Ich denke, dass Zekes Angebot Meister Ren nicht weiter beeindruckt hat, lag daran, dass es für ihn ohnehin nicht in Frage kam.“ Amidamaru schaute Bason ein wenig skeptisch an, sagte aber nichts dazu. Yoh nickte nur. „In Ordnung, danke, dass du es mir erzählt hast, Run. Gehen wir rein, wir brauchen einen Plan...“ „Ich möchte, dass du dich mir anschließt“, kam Zeke direkt auf den Punkt. „Und ich sagte 'nein', schon zwei Mal“, erwiderte Ren energisch. „Ich weiß, aber ich habe die Hoffnung, dass ich dich umstimmen kann.“ „Kannst du aber nicht. Ich sage es dir jetzt zum dritten und zum letzten Mal: Ich werde mich dir niemals anschließen, verstanden?“ Mit todernster Mimik starrte Ren in die Augen seines Gegenübers. Dieser behielt sein Lächeln bei, schwieg jedoch. „Sind wir dann fertig?“, fragte Ren nach einer Weile genervt. „Du hast das Großbuch der Schamanen gelesen und enorme Kraft gewonnen...Ich habe es dir bereits beim letzten Mal gesagt, aber ich kann dir noch viel mehr beibringen...Ich kann dir helfen mächtiger zu werden als du es dich je zu träumen gewagt hast...“ „Deine Worte haben mich das letzte Mal nicht beeindruckt, und das tun sie auch heute nicht.“ „Das sollten sie aber...Ich weiß, dass du Yoh übertreffen willst, doch das wirst du ohne meine Hilfe nicht schaffen...“ „Und ob ich das werde, und gleich danach werde ich DICH fertig machen, das verspreche ich dir...“, knurrte Ren wütend, was Zeke jedoch nur ein leises Kichern entlockte. „Ich fürchte, selbst wenn du es schaffen würdest, Yoh im Kampf zu besiegen, wirst du dazu sowieso keine Gelegenheit bekommen...“ Verdutzt zog Ren eine Augenbraue hoch. „Was soll das denn jetzt heißen?“ „Ich habe vor, meine perfekte Schamanenwelt so schnell wie möglich zu erschaffen...Yoh ist ein wichtiger Teil meines Plans, und seine Freunde....Naja sagen wir, sie haben keinen Platz in meiner Welt...“ Ein dunkles Grinsen bildete sich auf Zekes Gesicht als er den letzten Satz aussprach. Und wieder lief Ren ein Schauer über den Rücken. Nicht nur wegen dieses absolut unheimlichen Grinsens, sondern auch, weil er natürlich genau verstanden hatte, was Zeke ihm sagen wollte. Wut und Nervosität steigerten sich gleichermaßen in Ren. Zeke hatte ihm gerade durch die Blume gesagt, dass er all seine Freunde töten wollte. Wütend funkelten seine gold-gelben Augen Zeke an. „Das werde ich nicht zulassen...“, flüsterte er leise, doch Zeke hatte es verstanden. Plötzlich spürte Ren einen so unglaublich schmerzhaften Druck in seiner Brust, dass er keinen Atemzug mehr machen konnte. #Wa-Was ist denn jetzt...?#, dachte er panisch, doch in der nächsten Sekunde wurde sein ohnehin schon schmerzender Rücken heftig gegen etwas kaltes und hartes gedrückt. Er stand mit einem Mal mit dem Rücken an der Zimmerwand, obwohl er einen Wimpernschlag zuvor noch in der Mitte des Raumes gestanden hatte. Nicht nur sein Oberkörper, sondern auch sein Kopf und seine Gliedmaßen wurden an die steinerne Wand gedrückt, so dass Ren sich keinen Millimeter bewegen konnte. Es fühlte sich an, als würde ein unsichtbarer Körper sich mit aller Kraft gegen seinen eigenen drücken und ihn auf diese Weise an der Wand fixieren. Dass Zeke nun genau vor ihm stand und ihm mit einem eiskalten Grinsen in die Augen starrte, ließ sein Herz noch schneller rasen. „Ren...“, sprach Zeke mit tiefer, dunkler Stimme, hob seinen rechten Arm und legte seine Hand an die Kehle des Chinesen. „Ich könnte dich hier und jetzt töten...Du bist mir hilflos ausgeliefert...Und du glaubst, dass du deine sogenannten 'Freunde' vor mir beschützen könntest...?“ 'Ich kann...' „Nein, kannst du nicht...“, antwortete Zeke auf Rens Gedanken, was diesen innerlich zusammen zucken ließ. Er wollte den Brünetten entgegen schreien, dass er seine Freunde zufrieden lassen soll, doch das konnte er nicht. Er konnte genauso wenig sprechen, wie er sich bewegen konnte. Zeke festigte seinen Griff um Rens Kehle, was diesen noch schwerer atmen ließ, als ohnehin schon. „Und überhaupt...Was sollen das für Freunde sein, die dir sowieso nur im Weg stehen, Ren? Ich frage mich ernsthaft, wie sie dich als Freund gewinnen konnten...Sie passen nicht zu dir...Sieh sie dir doch an; sie sind schwach, sie sind keine wahren Schamanen...Du hingegen...“ Zeke löste seine Hand von Rens Kehle und legte sie versöhnlich an dessen Wange. Dieser hätte sich am liebsten gegen die ungewollte Berührung gewehrt, doch er war nach wie vor gelähmt. Seine Nackenhaare stellten sich wieder auf, als Zeke seinen Kopf nach unten beugte und in sein Ohr flüsternd fortfuhr: „...bist etwas besonderes...“ Eine unangenehme Gänsehaut breitete sich auf Rens Hals aus, als er die Lippen seines Feindes an seiner Ohrmuschel spürte. „Du passt nicht in diesen Schwarm lästiger, umher schwirrender Fliegen, Ren...Du passt viel besser zu MIR...“ Ein schmerzhafter Stich durchzog die Brust des jungen Taos. 'Nein...' „Doch...“, hauchte Zeke grinsend in Rens Ohr, bevor er seinen Kopf zurück zog und Ren wieder in die Augen blickte. Er zog mit seinem Daumen einmal zärtlich die Lippen des Chinesen nach. Er senkte seinen Kopf langsam hinab, bis ihre Nasenspitzen sich beinahe berührten. „Du weißt genau, dass ich recht habe...“, hauchte er noch gegen Rens Lippen, bevor er einen Schritt zurück trat und von Ren abließ. Auf einmal war der Druck, der Ren an die Wand gepresst hatte, fort. Seine Knie fühlten sich so wacklig an, dass er sich nicht auf den Beinen halten konnte. Langsam sank er an der kalten Wand herab. Er brauchte eine Weile, um seinen rasenden Puls und seine Kurzatmigkeit wieder unter Kontrolle zu bringen. Nach einigen Minuten hatte er das Gefühl, wieder aufstehen zu können. Die helfende Hand, die Zeke ihm entgegen gestreckt hatte, ignorierte er. Zeke schien dies nicht zu stören. Offenbar gut gelaunt drehte er sich um und lief zu einem der beiden großen Fenster. Ren folgte ihm und sah hinaus. Das Gebäude, in dem sie sich befanden, schien sich auf einem hohen Berg zu befinden. In einigen Kilometern Entfernung sah der die Lichter einer Stadt. Am hell beleuchteten Kolosseum erkannte er, dass es sich um Doby Village handelte. Ein dichter Wald trennte das Dorf von dem Fuße des Berges, auf dem sie sich befanden. Der See, an dem Ren und Yoh die letzte Nacht verbracht hatten, befand sich ebenfalls in diesem Wald, allerdings auf der anderen Seite, von ihnen aus gesehen hinter dem Dorf. „Ein wunderschöner Ausblick, nicht wahr?“, sagte Zeke mit einem verträumten Lächeln auf den Lippen. Ren antwortete nicht. Er stand nur schweigend da und blickte gedankenverloren hinaus in die Ferne. Dabei nahm er beiläufig ein Geräusch wahr, das sich anhörte, als würde ein Feuer erlöschen. Er richtete seinen Blick zu der Zimmertür, die bis gerade eben noch in Flammen gestanden hatte. Ren schaute wieder zurück zu Zeke, der ihn zum wiederholten Male freundlich anlächelte. Er schaute wieder hinaus in Richtung Doby Village und fragte: „Soll ich dich hinbringen?“ Ren schüttelte den Kopf. „Ich finde den Weg“, antwortete er leise und ging in langsamen Schritten zur Tür. Er wirkte beinahe wie hypnotisiert, als er die Klinke griff und die Tür öffnete. „Ach, Ren...“, erklang noch einmal die Stimme Zekes, woraufhin dieser stehen blieb. „Goldva trägt ein Amulett um seinen Hals. Es hat magische Kräfte und ist äußerst wertvoll. Ich werde es ihm abnehmen...In drei Tagen.“ Für einige Sekunden starrte Ren Zeke an, der immer noch am Fenster stand und hinaus blickte. „Verstehe“, antwortete er nur und verschwand aus dem Zimmer, um sich auf den Weg zurück nach Doby Village zu machen. Tbc. Kapitel 6: Die Entscheidung --------------------------- Fegefeuer Kapitel 6: Die Entscheidung Langsamen Schrittes lief Ren durch den düsteren Wald. Das Rascheln von Ästen und gelegentliche Heulen von Eulen nahm er kaum wahr. Er hatte keine Ahnung, wie lange er schon unterwegs war oder wie weit es wohl noch bis zum Dorf sein würde, doch eigentlich war es ihm auch egal. Er war so in seinen Gedanken versunken, dass er nicht einmal den kalten Wind, der ihm eine Dauer-Gänsehaut bescherte, bewusst wahrnahm. Wie ein nicht enden wollendes Echo hallten die Worte Zekes immer und immer wieder durch seinen Kopf: 'Ich könnte dich hier und jetzt töten...Du bist mir hilflos ausgeliefert...Und du glaubst, dass du deine sogenannten Freunde vor mir beschützen könntest...?' 'Du passt nicht in diesen Schwarm lästiger, umher schwirrender Fliegen, Ren...Du passt viel besser zu mir...' Das Krisentreffen von Yoh und seinen Freunden war auch in den frühen Morgenstunden noch in vollem Gange. Mittlerweile hatte sich Silver dazu gesellt, nachdem die jungen Schamanen diesen mittels ihrer Orakelpager kontaktiert hatten. „Ich kann verstehen, dass Zeke versucht, Ren auf seine Seite zu ziehen...Das würde euch als Team erheblich schwächen...“, stellte Silver mit ernster Miene fest. „Ja schon, aber Ren würde sich ihm niemals anschließen, das hat er Nichrom auch deutlich gesagt...Wieso hat er ihn also entführt?!“, fragte Run besorgt. „Vielleicht glaubt er zu wissen, wie er Ren doch überzeugen kann, sich ihm anzuschließen...“, antwortete Faust nachdenklich. „Aber das würde Ren niemals tun!“, schrie Run schon beinahe. „Beruhige dich Run, das wissen wir doch...“, redete Joco auf die aufgebrachte Chinesin ein. „Was auch immer Zeke bezwecken will, wir werden es verhindern; Er kann Ren überall hingebracht haben...“, sprach Yoh, während er sich sichtbar bemühte, seinen Zorn zu überspielen und richtete sich an Silver: „Kannst du nicht mit Goldva reden? Er hat alles, was in Doby Village passiert im Blick, er würde Ren bestimmt finden...“ „Ich kann deine Bitte verstehen, Yoh, aber das würde nichts bringen...“, antwortete Silver bedrückt. „Aber wieso denn nicht?“, fragte Run verzweifelt. „Weil wir Jurymitglieder uns nicht in das Turnier einmischen dürfen.“ „Aber einen Konkurrenten zu entführen muss doch auch gegen die Regeln verstoßen!“, rief Trey wütend. „Ich fürchte nicht...Es gibt keine Regel, die das verbietet. In diesem Turnier wird der Sieger zum König der Schamanen gekrönt; wer sich nicht durchsetzen kann, sei es innerhalb oder außerhalb eines offiziellen Schamanenkampfes, der kann eben nicht der König der Schamanen werden...“, erklärte Silver. Diese Aussage löste eine Welle des Unmuts unter den Freunden aus. Heftig schlug Ryu mit den Fäusten auf den Tisch und rief: „Soll das etwa heißen, dass Ren selbst Schuld an seiner Lage ist?!“ „Das wollte ich damit nicht sagen...Ich wollte euch nur erklären, warum es bei diesem Turnier ganz bewusst nur sehr wenige Regeln gibt...Ich sage ja nicht, dass ich es gut finde, was Zeke tut, und ich würde euch und Ren wirklich gerne helfen, doch von offizieller Seite können wir als Schiedsrichter da leider nichts machen...“, stellte Silver klar. „Das gibt’s doch nicht...“, seufzte Manta. „Was sollen wir nur tun?“, fragte Run und schlug verzweifelt die Hände vor ihr Gesicht, woraufhin Pei Long ihr tröstend eine Hand auf die Schulter legte. „Mach dir keine Sorgen, Run...Wir werden deinen Bruder finden, ganz sicher...“ „Wir werden nach Ren suchen, das tun wir; die Geister können das Dorf und seine Umgebung viel schneller abklappern als wir...wir teilen uns auf und suchen jeden Winkel ab, bis wir ihn gefunden und gerettet haben!“, sagte Yoh entschlossen, was alle Übrigen durch Nicken bestätigten. „Meine Geister werden euch dabei helfen, die kennen Doby Village wie ihre Westentasche“, versicherte Silver ebenso entschlossen. „Vielen Dank, Silver...“ Trotz ihres Schlafmangels waren die Schamanen hochmotiviert. Sie standen auf um sich auf die Suche nach ihrem Freund zu machen, als Tokageru, der die ganze Zeit über vor dem Fenster schwebte und hinaus starrte, plötzlich rief: „Ähm, wartet mal, Leute...“ Fragend blickte die Truppe den Geist an. „Was ist denn, mein grüner Freund? Wir haben keine Zeit zu verlieren, wir müssen nach Ren suchen...“, kommentierte Ryu. „Naja, das wird nicht nötig sein...“, entgegnete Tokageru entspannt. „Wie meinst du das?“, fragte die halbe Gruppe synchron, woraufhin Tokageru mit seinem Finger aus dem Fenster zeigte und antwortete: „Da ist Ren.“ „Hä?! Was soll das denn hei-“, wurde Yoh von der sich plötzlich öffnenden Haustür unterbrochen. Ungläubig starrten alle die Tür an, durch die tatsächlich Ren in das Haus eintrat. „REN?!“, riefen sie gleichzeitig, als ob sie sich vergewissern wollten, dass ihr Freund wirklich hier war, und sie sich ihn nicht nur einbildeten. Doch das taten sie nicht. Ren war tatsächlich da. Mit deutlich langsameren Bewegungen als gewöhnlich trat er ein und schloss die Tür hinter sich. Sein Kopf war gesenkt, als wollte er den Blickkontakt mit seinen Freunden vermeiden. Trotzdem war deutlich zu sehen wie blass der Chinese war. Augenblicklich lief Run auf ihn zu und schloss ihren kleinen Bruder fest in ihre Arme. „Ren! Ich bin ja so froh! Ich habe mir solche Sorgen gemacht!“, sprach sie mit Tränen der Erleichterung in den Augen, bevor sie die Umarmung löste, ihre Handflächen an seine Wangen legte und erschrocken feststellte: „Ren! Du bist ja eiskalt! Deine Lippen sind schon blau!“ Tatsächlich hatte Rens Haut gefühlt die Temperatur eines Eiszapfens. Eine Gänsehaut zog sich über seinen gesamten Körper und er zitterte stark. „Ich bin ein paar Stunden gelaufen, der Wind war kalt...“, antwortete Ren nur leise und monoton. „Ren! Bist du verletzt?!“ „Hat Zeke dir etwas getan?!“ „Habt ihr gekämpft?!“ „Wie bist du entkommen?!“, prasselten die Fragen der Schamanen alle gleichzeitig auf Ren ein. Doch Ren antwortete nicht. Erst jetzt spürte er, wie erschöpft er eigentlich war. Starke Kopf- und Gliederschmerzen, Schwindel und leichte Übelkeit nahm er plötzlich wahr. Die Stimmen seiner aufgebrachten Freunde und seiner Schwester wurden immer leiser und wichen Stück für Stück einem unangenehmen Rauschen in seinen Ohren. „Hey, Ren! Geht's dir gut?“, fragte Joco, sich über Rens Schweigen wundernd. „Was ist das für eine Frage? Natürlich geht es ihm nicht gut, du Genie!“, erwiderte Ryu genervt. „Ren?! Ren!“, schrie Run laut, als ihr kleiner Bruder plötzlich zusammensackte und in ihre Arme fiel. „Er ist ohnmächtig! Faust!“ Sofort kniete sich Faust neben die beiden Geschwister und begutachtete Ren. Er fühlte den Puls den Chinesen und prüfte dessen Atmung. „Er ist völlig erschöpft, unterkühlt und dehydriert, wir müssen ihn aufwärmen. Eliza, bitte lass schnell ein heißes Bad ein!“ Eliza nickte und machte sich sofort auf in das angrenzende Badezimmer. Fürsorglich streichelte Run durch das Haar ihres bewusstlosen Bruders. Auch Yoh hatte sich neben Run auf den Boden gekniet und blickte seinen ohnmächtigen Freund besorgt an. Was war mit ihm passiert? Er sah nicht aus, als wäre er verletzt, abgesehen von seiner Unterkühlung und Dehydrierung zumindest. Am liebsten hätte Yoh Ren in seine Arme geschlossen, doch natürlich tat er dies nicht. Doch Sorge war nicht das Einzige, was Yoh momentan empfand. Auch Wut drohte ihn mehr und mehr zu überwältigen. Was hatte Zeke ihm nur angetan? Auch wenn Ren offenbar nicht verletzt war, so wirkte er doch ziemlich verstört. Yoh konnte im Moment nicht einschätzen, was wohl zwischen Ren und Zeke passiert sein konnte. Er konnte sich auch keinen Reim darauf machen, wieso Ren wieder hier war, auch wenn er natürlich froh und erleichtert darüber war. Doch wie war Ren entkommen? 'Ich glaube nicht, dass sie miteinander gekämpft haben...Selbst wenn Ren ihn besiegt hätte, wäre er sicher nicht völlig unversehrt...Dass er entkommen ist, ohne dass Zeke es gemerkt hat, kann ich mir auch nicht vorstellen, dafür ist Zeke zu clever...Dann bliebe eigentlich nur noch die Möglichkeit, dass Zeke ihn tatsächlich hat gehen lassen...Aber wieso? Wieso sollte er Ren aus heiterem Himmel entführen, um ihn dann nach ein paar Stunden wieder frei zu lassen? Das ergibt doch keinen Sinn...' „Okay, bringen wir ihn schnell in die Badewanne!“, wurden Yohs Gedanken von Faust unterbrochen. Gerade als Ryu den Bewusstlosen auf seine Arme heben wollte, hielt Yoh diesen zurück: „Warte Ryu, ich mache das.“ Der Biker machte zwar ein verwundertes Gesicht, nickte jedoch. Vorsichtig schlang Yoh seinen linken Arm um den Oberkörper Rens, legte seinen rechten Arm unter dessen Kniekehlen und hob ihn mit einem Ruck hoch. Für eine Sekunde erinnerte er sich, wie so oft in den letzten Stunden, an das Bild, wie Zeke seinen Freund genauso auf den Armen trug, wie er selbst es jetzt tat. Er hasste dieses Bild. Schnell schüttelte er einen Kopf ein paar Mal hin und her, als könnte er den verhassten Anblick, wie Zeke seinen Ren anfasste, auf diese Weise aus seinen Gedanken verbannen. Er trug Ren in das Badezimmer, in dem die Badewanne mittlerweile etwa zur Hälfte mit heißem, dampfendem Wasser gefüllt war. Während Yoh Ren vorsichtig auf dem Rand der Wanne absetzte und stützte, zog Faust dessen Hose und Hemd aus. Nur noch mit seiner Unterhose bekleidet wurde Ren von den beiden Schamanen behutsam in das heiße Wasser gelegt. Erst als sein Körper bis zum Hals mit Wasser bedeckt war, schaltete Faust den Wasserhahn aus. „Er bleibt jetzt erst einmal eine Weile in der Wanne liegen, bis sich sein Körper wieder richtig aufgewärmt hat“, sagte Faust und setzte sich auf den kleinen Hocker, der neben der Dusche stand. „Du kannst ruhig gehen, Yoh, ich sage euch Bescheid, wenn es etwas Neues gibt“, fügte er hinzu und sah dabei auch Run an, die im Türrahmen des Badezimmers stand und ihren kleinen Bruder nach wie vor besorgt anschaute. „Ist schon gut, Faust. Ich werde bei ihm bleiben...Gibt es etwas, worauf ich achten muss?“, erwiderte Yoh, ohne seinen Blick von Ren abzuwenden. Faust schwieg einige Sekunden, antwortete dann aber: „In Ordnung; wenn die bläuliche Färbung auf seinen Lippen verschwunden ist und seine Wangen rot werden, ruf mich bitte. Oder wenn er aufwacht, natürlich...“ Yoh nickte verstehend und richtete seinen Blick auf Run. „Keine Sorge, ich werde auf ihn aufpassen...“ Die Chinesin zögerte zwar kurz, nickte dann aber ebenfalls. „Okay“, sagte sie und verließ gemeinsam mit Faust das Badezimmer. Nachdem sie die Tür hinter sich geschlossen hatten, holte Yoh sich den kleinen Hocker, stellte ihn neben die Badewanne und setzte sich darauf. Er tauchte seine rechte Hand in das warme Wasser, griff nach Rens Hand und verhakte seine Finger mit den Seinen. Mit seiner linken Hand streichelte er ein paar Mal durch das leicht feuchte Haar seines Freundes, bevor er mit seinem Daumen sachte über das Pflaster an dessen Schläfe fuhr. Eine ganze Weile verging und Yoh beobachtete mit Erleichterung, dass sich sowohl Rens Gesichts- als auch Lippenfarbe mehr und mehr normalisierte. Trotzdem quälten ihn Schuldgefühle. Wenn er beim Training besser aufgepasst hätte, wäre Ren vielleicht nicht von Zeke entführt worden. Er senkte seinen Kopf hinab und küsste Ren zärtlich auf die Stirn, bevor er seine eigene Stirn auf seiner ablegte. „Du musst dich nicht schuldig fühlen, Yoh. Es war keine Absicht, und niemand von uns konnte damit rechnen, dass Zeke plötzlich auftauchen würde...“, versuchte Amidamaru seinen Schamanen zu trösten. „Er hat recht...“, hörte Yoh auf einmal die leise Stimme Rens. Erschrocken hob er seinen Kopf ein Stück an und schaute in das Gesicht seines Freundes, dessen Augen sich langsam öffneten. „Ren! Ich bin so froh! Wie fühlst du dich?“, fragte er hastig und legte seine Hände an die mittlerweile aufgewärmten Wangen des Chinesen. Dieser ließ seinen Blick einmal durch das Zimmer schweifen, bevor er seine müden Augen wieder schloss und fragte: „Wieso bin ich im Bad?“ „Du warst unterkühlt und bist ohnmächtig geworden...Ist das Wasser zu heiß? Oder zu kalt? Soll ich Faust hol-“ „Nein...Ist gut so...“, unterbrach Ren mit leiser und etwas heiser Stimme. Er musste sich Mühe geben, sich nicht anmerken zu lassen, wie peinlich es ihm war, vor seinen Freunden umgekippt zu sein. Zuerst wurde er beim Training von Yoh besiegt, und jetzt war er auch noch vor den Augen aller zusammengebrochen? Was für eine Schande für einen Kämpfer. Yoh holte Rens Zahnputzbecher aus dem Schrank, spülte diesen kurz aus, füllte ihn mit Wasser und hielt Ren den Becher an die Lippen. „Du bist dehydriert, trink das.“ Ohne Widerspruch öffnete Ren seine Lippen und leerte den Becher in einem Zug. „Willst du noch mehr?“, fragte Yoh, bereit sofort wieder aufzuspringen und den Becher erneut zu füllen, doch Ren schüttelte den Kopf. Er schloss seine Augen und legte seinen Kopf wieder ab. Obwohl das Wasser schön heiß und angenehm auf seiner Haut war, fror er innerlich immer noch ein wenig. Er fühlte sich schwach und erschöpft, trotzdem zwang er sich seine müden Augen erneut zu öffnen und in die besorgten und traurigen Augen Yohs zu schauen. „Sie mich nicht so mitleidig an, ich hasse es...“, flüsterte er gereizt und wollte seinen Blick von dem des Brünetten abwenden, was dieser jedoch nicht zuließ. Mit beiden Händen hielt er Rens Wangen fest und zwang diesen, ihm ihn die Augen zu sehen. „Sag mir, was passiert ist, Ren“, sagte Yoh leise. Seine Mimik war in diesem Augenblick schwer zu deuten, Ren hätte sie als Mischung aus Sorge und Wut beschrieben. „Nichts ist passiert“, erwiderte Ren und schaute Yoh in die Augen. „Und das soll ich dir glauben?“ Ren wurde wütend. Yoh hatte doch wohl verstanden, dass er nicht darüber reden wollte, konnte er ihn also nicht einfach in Ruhe lassen? „Die Einzige Verletzung an meinem Körper stammt von DIR“, fauchte Ren den Brünetten an, woraufhin dieser erst kurz geschockt inne hielt, dann schuldbewusst seinen Blick senkte und flüsterte: „Es...tut mir Leid...“ Rens Brust zog sich ein wenig zusammen bei diesem Anblick. Das hätte er besser nicht sagen sollen. Doch er konnte es nun auch nicht mehr rückgängig machen. Für einige Sekunden herrschte Stille zwischen den beiden, bevor Yoh seinen Blick wieder hob und Ren erneut in die Augen blickte. „Bitte erzähl mir, was passiert ist. Wieso hat Zeke dich entführt? Und wie bist du entkommen?“, versuchte Yoh es erneut. Er wollte auf keinen Fall locker lassen. Er musste wissen, was zwischen Ren und Zeke vorgefallen war. Seine Handflächen lagen nach wie vor an Rens Wangen. Hauchzart streichelte er mit seinen Daumen einmal darüber. „Erzähl es mir, Ren“, bat er den Chinesen mit sanfter Stimme, senkte seinen Kopf hinab und umschloss dessen Lippen zärtlich mit den Seinen. Yoh schloss seine Augen und leckte mit leichtem Druck über die geschlossenen Lippen Rens, als er plötzlich dessen Warme Hände auf seiner Brust spürte. Mit einem kräftigen Ruck schubste Ren den Anderen von sich weg und keifte: „Lass das!“ Doch noch im selben Moment riss Ren erschrocken die Augen auf, denn er hatte Yoh so überrascht, dass dieser das Gleichgewicht verloren hatte und mit dem Hintern auf dem Fliesenboden gelandet war. Das hatte Ren nicht beabsichtigt. „Au...“, jammerte Yoh und rieb mit seiner linken Hand sein schmerzendes Hinterteil. „Ähm, en-entschuldige...“, stammelte Ren und wand seinen Blick von dem Brünetten ab. „Was hast du de-“, setzte Yoh an, unterbrach sich jedoch selbst. Weil Ren seinen Blick abgewandt hielt, konnte er nicht sehen, wie Yoh schlagartig leichenblass im Gesicht wurde. Eine Mimik des puren Horrors zeichnete sein Gesicht, denn auf einmal fuhr ein grauenhafter Verdacht durch seinen Kopf. Blitzschnell stand er wieder auf den Beinen und griff Rens Schultern. Dieser war völlig perplex und ein wenig erschrocken von der plötzlichen Aggression, die von seinem Freund ausging. War Yoh wirklich so wütend, weil er ihn weg geschubst hatte? So kannte er Yoh gar nicht, das machte ihn nervös. „Was...Was ist-“ „Ren...“, unterbrach Yoh mit lauter Stimme. „Zeke...Hat...Hat er dich etwa...angefasst?!“ Für ein paar Sekunden starrte Ren den Anderen nur verwirrt an, bevor er verstand, worauf dieser hinaus wollte. „Natürlich nicht! Wie kommst du denn darauf?!“, wies er Yohs Verdacht energisch zurück. „Wirklich nicht?“, hakte Yoh nach. „Wirklich nicht.“ Es vergingen erneut einige Sekunden der Stille, bevor Yoh mit trauriger Stimme fragte: „Und wieso hast du mich dann weg geschubst?“ Mit einem lauten Seufzer antwortete Ren: „Ich habe einen harten Tag hinter mir und bin erschöpft; mir ist jetzt einfach nicht danach, okay?“ „Okay...“, erwiderte Yoh leise und stand auf. „Ich werde Faust holen, damit er dich untersuchen kann.“ Damit verließ er geknickt das Badezimmer. Ren sagte nichts dazu. Er schloss seine Augen, legte seinen Kopf wieder ab und wollte versuchen ein wenig das heiße Wasser auf seiner Haut zu genießen, als plötzlich die Stimme seines Schutzgeistes in sein Ohr drang: „Meister Ren...“ Ren öffnete die Augen und blickte zur Seite, wo Bason vor der Badewanne mit gesenktem Kopf auf dem Boden kniete. „Ich habe als Schutzgeist versagt...Ich habe es nicht geschafft, dich zu beschützen...Es tut mir so Leid, Meister Ren...Bitte verzeih mir...“ Basons zittriger Stimme war zu entnehmen, wie schwer der Vorfall auf dessen Gewissen lastete. Ren hob seinen rechten Arm aus dem Wasser und legte seine Hand auf die Schulter seines Gefährten. „Es ist alles in Ordnung, Bason...Du musst dich nicht entschuldigen...Du hättest nichts dagegen tun können...“ Der Geist öffnete zunächst seine Lippen um zu widersprechen, entschied sich dann aber dagegen. „Ich...bin froh, dass es dir gut geht, Meister Ren...“ „Hallo Ren, wie fühlst du dich?“, fragte Faust, der gerade in das Badezimmer eintrat. „Ich bin müde, habe Kopfschmerzen und mir ist ein bisschen übel“, antwortete Ren ohne seine Augen zu öffnen. „Die Übelkeit kommt von der Dehydrierung; ich habe dir eine Flasche Wasser mitgebracht, trink sie so schnell wie möglich aus, du brauchst Flüssigkeit“, erwiderte der Arzt und setzte sich auf den Hocker neben der Badewanne. „Lass mich deine Kopfwunde ansehen.“ Während Faust Ren im Bad verarztete saßen die übrigen Schamanen im Wohnzimmer. „Hat er dir gesagt, was passiert ist, Yoh?“, fragte Run neugierig, woraufhin dieser den Kopf schüttelte. „Nein, er wollte mir nichts erzählen.“ „Zeke hätte ihn wohl kaum einfach entkommen lassen, was bedeutet, dass er Ren vermutlich wieder frei gelassen hat“, schlussfolgerte Anna und trank seelenruhig von ihrem Tee. „Ja, das habe ich mir auch schon gedacht“, pflichtete Yoh ihr bei. „Aber wieso sollte er das tun?“, fragte Trey verwirrt. „Das frage ich mich auch...Zuerst dachte ich, dass Zeke uns vielleicht schwächen will, indem er Ren gefangen hält, um uns ruhig zu stellen oder erpressen zu können...Und nachdem Run die Geschichte mit Nichrom erzählt hat, dachte ich, es ginge vielleicht darum, Ren auf seine Seite zu ziehen...Aber wenn Ren abgelehnt hat, hätte Zeke ihn doch erst recht nicht gehen lassen...“, erwiderte Yoh nachdenklich. „Stimmt...Ich werde aus diesem Zeke einfach nicht schlau...“, sagte Ryu und trank seine Dose Bier mit einem Zug aus. „Naja, wie auch immer...Die Hauptsache ist doch, dass Ren wieder da und unversehrt ist...“, versuchte Joco die Stimmung etwas aufzulockern. „Stimmt schon, aber trotzde-“, wurde Yoh von der sich öffnenden Badezimmertür unterbrochen. Nur mit einem Handtuch um die Hüften bekleidet trat Ren in das Wohnzimmer ein, gefolgt von Faust. „Wie geht es dir, Ren?“, wollte Run wissen. „Mir geht’s gut“, antwortete dieser knapp und verschwand umgehend im Schlafzimmer, ohne seine Schwester oder seine Freunde auch nur einmal anzusehen. „Keine Sorge, er muss sich nur etwas ausruhen“, sagte Faust lächelnd und setzte sich neben Yoh an den Tisch, als plötzlich das nur allzu bekannte Piepen der Orakelpager erklang. Sofort schauten alle Kämpfer auf ihre Pager. „Wir haben einen Kampf; morgen Mittag im Kolosseum“, stellte Trey fest, was Joco durch ein Nicken bestätigte. „Oh nein...Ren kann doch nicht morgen schon wieder kämpfen!“, rief Run besorgt. „Ach, keine Sorge, Run; die machen Trey und ich auch allein platt!“, versicherte Joco überzeugt. „Genau, Ren soll sich erst mal erholen, den nächsten Kampf übernimmt er dann!“ „Ja, das ist eine gute Idee“, stimmte Yoh zu, und auch Run nickte erleichtert. „Wir sollten dann jetzt auch schlafen gehen, wenigstens ein paar Stunden; es ist schon nach sechs“, schlug Ryu vor, womit alle übrigen einverstanden waren. Ren war hier und unverletzt, das war für den Moment die Hauptsache. Als Ren etwa dreißig Minuten später davon überzeugt war, dass seine beiden Teamkameraden tief und fest schliefen, stieg er leise aus dem Bett, holte sich Kleidung aus der Kommode und ging ins Bad. Schnell zog er sich an und kämmte sein Haar, bevor er das Haus verließ und durch die leeren Straßen Doby Villages lief. „Meister Ren, willst du dich nicht lieber ein wenig ausruhen?“, fragte Bason mit besorgter Stimme. „Mir geht’s gut, keine Sorge“, antwortete Ren nur, offenbar in seinen Gedanken versunken. „Wo gehen wir denn hin, Meister Ren?“, fragte der Geist vorsichtig, bekam jedoch keine Antwort. Doch als sie sich mehr und mehr auf den Fuße eines hohen Felsens bewegten, hatte Bason langsam eine Ahnung, wo sein Meister hin wollte. Schon von weitem war der Eingang zu einer Höhle erkennbar, die sich in der riesigen Felswand befand. Vor der Höhle standen drei Schiedsrichter, die augenscheinlich als Wachen fungierten. Ren trat vor diese und forderte: „Lasst mich zu Goldva.“ Offensichtlich irritiert über den Befehlston des jungen Schamanen zogen die drei Wachen je eine Augenbraue hoch. „Das geht nicht, er ist beschäftigt; wir können ihm aber eine Nachricht überbringen, wenn du-“ „-Nein!“, unterbrach Ren energisch. „Sagt ihm, dass Ren Tao sofort mit ihm sprechen muss.“ Für einige Sekunden schwiegen die drei Schiedsrichter, bevor einer von ihnen ohne ein weiteres Wort in der Höhle verschwand. Nicht einmal eine Minute später kam er wieder heraus und deutete Ren einzutreten. Ebenfalls schweigend tat er dies und lief einen langen, kaum beleuchteten Gang entlang, der geradewegs in einen großen Raum führte. Vor mehreren Bildschirmen saß Goldva, Ren den Rücken zugewandt. Ohne ein Wort der Begrüßung setzte der Chinese sich auf einen Sessel, und schlug seine Beine übereinander. „Du wolltest mit mir reden, Ren?“, durchbrach Goldva die Stille, ohne seinen Blick von den Bildschirmen abzuwenden. „Ich werde es tun“, erwiderte Ren mit ruhiger, beinahe unbeteiligter Stimme, woraufhin Bason überrascht zusammenzuckte und seinen Schamanen fragend anblickte. Auch Goldva drehte seinen Kopf ruckartig zur Seite und schaute Ren mit ernster Mimik an. „Tatsächlich?“, fragte er ungläubig. Ren nickte. „Ich werde mich Zeke anschließen...“ Kapitel 7: Die Abmachung ------------------------ Fegefeuer Kapitel 7: Die Abmachung Doch schon nach wenigen Schritten stellten sich plötzlich seine Nackenhaare auf. Fast im selben Moment bestätigte Bason, was Ren bereits klar war: „Wir werden verfolgt, Meister Ren...“, flüsterte der Geist in das Ohr seines Schamanen. Dieser nickte nur leicht und lief weiter, als hätte er nichts bemerkt. Seine rechte Hand legte sich jedoch unauffällig um den Griff seines Donnerschwerts, sodass es nur noch eine schnelle Handbewegung brauchen würde, um es zu zücken und Geistkontrolle zu schaffen. „Kannst du sagen wer uns verfolgt?“, fragte Ren seinen Schutzgeist leise. Bason schüttelte den Kopf. „Leider nicht, Meister.“ „Gut, dann sollten wir es herausfinden; bist du kampfbereit?“ „Immer, Meister Ren.“ Ren nickte und bog in eine kleine, menschenleere Seitenstraße ab. Er lief noch einige Meter tiefer in diese hinein, bevor er plötzlich stehen blieb. Sein Griff um sein Schwert festigte sich. Er schloss die Augen und konzentrierte sich auf seine Umgebung. Für einige Sekunden herrschte völlige Stille. Doch dann hörte er unmittelbar hinter sich ein leises, dumpfes Geräusch, als ob jemand sachte mit dem Fuß auftritt. Blitzschnell zückte Ren sein Schwert und drehte sich um. „Baso-“, stoppte er jedoch augenblicklich, als er die Person sah, die ihn offensichtlich verfolgt hatte. „Was willst DU denn?!“ „Gesellschaftliche Umgangsformen werden der Jugend von heute wohl nicht mehr beigebracht...“, murmelte Goldva vor sich hin. „Tze...Ich habe gefragt was du willst...wieso verfolgst du mich?“, fragte Ren genervt. „Weil ich mit dir reden muss“, antwortete der Indianerhäuptling, faltete seine Hände hinter seinem Rücken und lief auf Ren zu. „Ich wüsste nicht worüber, also nein danke“, lehnte Ren ab und wollte gerade an dem Anderen vorbei gehen um die Seitenstraße wieder zu verlassen, als er jedoch daran gehindert wurde. Goldva hielt Rens Oberarm mit seiner rechten Hand fest und sah mit ernster Miene zu diesem hinauf. Rens Augen formten sich zu schmalen Schlitzen. „Lass mich los, alter Mann...“, knurrte er in bedrohlichem Ton. Doch Goldva machte keine Anstalten, Rens Forderung nachzukommen. Stattdessen nahm Ren aus den Augenwinkeln heraus ein Licht wahr, dass sich offenbar von der Brust des Häuptlings innerhalb einer Sekunde ausbreitete. Es wurde so grell, dass Ren seine Augen zusammen kneifen musste, um nicht geblendet zu werden. „Was soll denn da-“, unterbrach er sich selbst, als er seine Augen wieder öffnete. Verwirrt blickte er sich um, denn er stand nicht mehr in der kleinen Seitenstraße. Er befand sich offensichtlich in einer Art Höhle. „Wo...Wo sind wir?!“ „Nennen wir es mein Büro...Von hier aus überwache ich das Turnier“, antwortete Goldva und trat an die Bildschirme heran, die in einer Ecke des Raumes aufgebaut waren. Jeder Bildschirm zeigte einen anderen Ort in Doby Village: Sämtliche Kampfarenen, das Café, der Marktplatz etc. . Goldva schien tatsächlich alles, was in dem Dorf vor sich ging, im Blick zu haben. Neben den vielen Bildschirmen befanden sich noch eine Feuerstelle, eine Sitzgarnitur mit zwei Sesseln und Tisch und ein Bett in der Höhle. Goldva setzte sich auf einen der Sessel und deutete Ren mit seiner Hand sich auf den zweiten zu setzen. Dieser lehnte jedoch ab: „Ich habe nicht vor zu bleiben, sag mir was du zu sagen hast damit ich wieder gehen kann.“ „In Ordnung“, willigte Goldva ein. „Ren, ich weiß, dass Zeke will, dass du dich ihm anschließt; ich habe das Gespräch zwischen dir und Nichrom beobachtet“, sagte er und faltete seine Hände auf seinem Schoß. Ren musste schlucken. „Nun, dann weißt du ja auch, was ich ihm geantwortet habe...“ „Natürlich, aber-“ „-Aber was?! Du glaubst, dass ich es mir anders überlege und mich ihm doch anschließe?! Ist es das, was du mir sagen willst?!“, unterbrach Ren wütend. „Das würde Meister Ren niemals tun!“, rief Bason überzeugt. Goldva ließ sich von der Aggression seiner Gäste nicht beeindrucken und erwiderte seelenruhig: „Das glaube ich auch...Du würdest dich Zeke nicht anschließen...“ Etwas verdutzt schauten Ren und Bason den Häuptling an. „Und...Was willst du dann von mir?“, fragte er verwirrt. Goldva schloss für einen Moment seine Augen, als wollte er sich selbst mental auf das, was er nun sagen würde vorbereiten wollen, bevor er sie wieder öffnete und Ren mit einem todernsten Blick ansah. „Ich möchte, dass du es dennoch tust.“ Wieder blickten Ren und Bason den anderen verwirrt an. „Wovon redest du? Was soll ich dennoch tun?“, fragte Ren und wurde immer wütender. Er verstand nicht, was der alte Mann von ihm wollte. Wieso hatte er ihn hierher gebracht und verschwendete seine Zeit? „Was ich sagen will ist, dass du sein Angebot annehmen sollst; schließe dich Zeke an“, sprach Goldva endlich Klartext. Mit großen Augen starrte Ren ihn an, und auch Bason schien sprachlos. „Das...ist ein Witz, oder?“, fragte Ren ungläubig, woraufhin Goldva den Kopf schüttelte. „Nein, Ren, das ist mein voller Ernst“, stellte er klar. „Und wieso sollte ich das tun?!“ „Ganz einfach: Um Zeke auszuspionieren...Wenn du zu seiner Gefolgschaft gehörst und sein Vertrauen gewinnst, wirst du an wichtige Informationen kommen. Finde heraus was er plant, welche Kräfte er hat, und gib diese Informationen an mich weiter...Je mehr wir über ihn wissen, desto besser können wir herausfinden wie wir ihn ein für alle mal besiegen können...“ Ren hatte den ersten Schock offenbar überwunden und zog skeptisch eine Augenbraue hoch. „Mit anderen Worten: Ich soll einen auf Undercover-Agenten machen...“ Goldva nickte. „Könnte man so sagen.“ Ren musste laut lachen. „Das ist ja lächerlich...Das werde ich sicher nicht tun...“ „Du musst es tun, Ren!“, entgegnete Goldva energisch, woraufhin sich Rens amüsiertes Grinsen zu einer Mimik der puren Wut verzog. „Pass auf wie du mit mir redest, alter Mann! Du kannst deinen Schiedsrichtern Befehle erteilen, aber nicht mir, klar?!“, schrie er ungehalten. „Wieso überwachst du ihn nicht einfach mit deinen Kameras?!“ „Kann ich nicht; Zeke hält sich für gewöhnlich außerhalb von Doby Village auf, und wenn er hier ist, weiß er, dass er beobachtet wird...Es ist unsere größte Chance Zeke zu besiegen, Ren...Diese einmalige Gelegenheit müssen wir nutzen...Denk an Yoh und deine anderen Freunde, und an deine Schwester, du willst sie doch beschützen, oder?“, versuchte Goldva den aufgebrachten Chinesen zu überzeugen. Doch dieser wurde nur noch wütender: „Lass ja meine Freunde aus dem Spiel! Ich kann sie auch so vor Zeke beschützen!“ „Nein, kannst du nicht, und das weißt du auch...Zeke ist viel zu mächtig, doch wie mächtig genau, wissen wir nicht....deshalb sollst du es herausfinden“, entgegnete Goldva in ruhigem Ton. „Und wieso ich? Schick doch einfach einen deiner Schiedsrichter!“ „Nein, das würde Zeke sofort durchschauen...Du bist der Einzige der es tun kann.“ „Tatsächlich? Und wieso, wenn ich fragen darf?“, wollte Ren wissen und verschränkte abwehrend seine Arme vor der Brust. „Zum einen weil Zeke dich unbedingt in seinem Team haben will; wenn ich deine Reaktion auf Nichrom richtig gedeutet habe, war das nicht das erste Mal, dass du dieses Angebot bekommen hast...“ Ren klammerte seine Hände fester in seine Oberarme. Dieser alte Mann war scharfsinniger, als er gedacht hatte. „Und zum anderen?“, fragte er, ohne auf Goldvas Schlussfolgerung einzugehen. Dieser schloss erneut für einige Sekunden seine Augen, wohl wissend, dass seine Antwort für den jungen Schamanen nur schwer zu verdauen sein würde. „Zum anderen hast du dein ganzes Leben auf der Seite des Bösen gestanden; wenn DU dich Zeke anschließen würdest, wäre das...“ Rens Hände zitterten. Ob vor Wut oder vor Nervosität, wusste er selbst nicht genau. „Wäre das WAS?“ Goldva blickte Ren mit ernster Miene in die Augen, als er antwortete: „...Glaubwürdig.“ Wie ein scharfes Messer durchstieß dieses Wort Rens Brust. Glaubwürdig? Wenn er sich Zeke anschließen würde wäre das glaubwürdig? Ren musste schwer schlucken und wand seinen Blick von dem anderen ab. Bevor er sich mit Yoh und den anderen angefreundet hatte wäre es zweifellos glaubwürdig gewesen, wenn er sich Zeke angeschlossen hätte, aber jetzt? Hatte Goldva wirklich Recht? Würde sich wirklich niemand wundern, wenn er sich (wieder) auf die Seite des Bösen schlagen würde? Sahen seine Mitmenschen ihn wirklich noch so, obwohl er so hart an sich arbeitete? „Ich...werde es nicht tun...Ich gehe jetzt...“, sagte er leise und hoffte, dass Goldva nicht bemerkte, wie sehr seine Worte ihn verletzt hatten. Ren steuerte auf die einzige Tür zu, die es ihn dem Raum gab. „Denk darüber nach, Ren“, hörte er Goldva noch sagen, ging jedoch nicht darauf ein sondern verließ schweigend die Höhle... * * * „Ich nehme an, dass dein Sinneswandel etwas mit deiner Entführung zu tun hat“, schloss der Häuptling aus Rens überraschender Entscheidung. „Korrekt“, bestätigte dieser. „Darf ich fragen wie er deine Meinung geändert hat?“, wollte Goldva wissen. Nachdenklich schaute Ren zur Seite. Ich könnte dich hier und jetzt töten...Du bist mir hilflos ausgeliefert...Und du glaubst, dass du deine sogenannten Freunde vor mir beschützen könntest...? „Spielt keine Rolle; aber ich habe meine Meinung nicht wirklich geändert; ich schließe mich ihm nur zum Schein an“, stellte Ren klar. Goldva nickte. „Ja, das weiß ich; ansonsten wärst du ja nicht her gekommen, um es mir zu sagen.“ „Das Amulett um deinen Hals...damit hast du mich beim letzten Mal hergebracht, richtig?“ „Ja“, bestätigte Goldva und zog den hölzernen Anhänger unter seiner Kleidung hervor. Er hatte die Form einer Sonne und sah ziemlich unscheinbar aus. „Woher weißt du von dem Amulett?“ „Von Zeke...Er will es dir abnehmen“, antwortete Ren gerade heraus. Der Häuptling seufzte. „Das wundert mich nicht, es ist äußerst mächtig...Es stammt vom König der Geister höchst persönlich und vereint verschiedene magische Kräfte“, erklärte er. „Wie Teleportation?“ „Zum Beispiel...“ „Es ist ein wichtiger Teil meines Plans; wenn ich mich Zeke anschließe muss es überzeugend sein.“ „Ich verstehe, wie sieht dein Plan aus?“ „Das wirst du schon sehen, misch dich nicht ein, ich mache das auf meine Weise, verstanden?“ „Verstanden...Ich vertraue dir, Ren. Und ich bin mir sicher, dass du weißt, worauf du dich einlässt.“ Rens Blick wurde traurig. „Yoh...und die anderen...Sie werden glauben, dass ich sie verraten habe...“ „Ja...“, bestätigte Goldva leise. „Sie werden mich hassen...“, flüsterte Ren mit gesenktem Blick. „Schon möglich...Das Opfer, das du erbringst, ist das größte, was ein Mensch nur erbringen kann...Aber du tust es, um die Welt vor dem Untergang zu retten...“ Ren schwieg für eine Weile, bevor er fragte: „Am Turnier werde ich vermutlich auch nicht länger teilnehmen können, wenn ich mein Team verlasse, oder?“ „Diese Frage kann ich dir leider nicht beantworten, das werden wir sehen, wenn es soweit ist“, antwortete Goldva ehrlich. „In drei Tagen ist es soweit“, erwiderte der Chinese und erhob sich von dem Sessel. „Ich habe noch eine Bedingung.“ „Und die wäre?“ „Meine Freunde, Yoh und all die anderen, und meine Schwester natürlich...Ich will, dass sie von nun an unter deinem persönlichen Schutz stehen“, forderte Ren und stellte sich genau vor den Indianerhäuptling. Dieser nickte. „Das ist fair; ich kann mich nicht in das Turnier einmischen, aber ich kriege das schon hin; ich gebe dir mein Wort“, versicherte er und hielt Ren seine Hand hin. Dieser streckte ebenfalls seine rechte Hand aus und mit einem Handschlag besiegelten die beiden Schamanen ihre Abmachung. „Wir beide sind die Einzigen, die hiervon wissen, und das muss auch so bleiben; niemand darf davon erfahren, besonders nicht meine Freunde, unter keinen Umständen...“, stellte Ren klar. „Selbstverständlich...Ich bewundere deinen Mut, Ren...Du tust das Richtige.“ „Wir sehen uns in drei Tagen“, erwiderte Ren nur und verließ damit die Höhle, gefolgt von seinem Schutzgeist. Bason hätte es nie gewagt, seinem Meister in Gegenwart des obersten Schiedsrichters zu widersprechen, doch jetzt wo sie wieder draußen und unter vier Augen waren, konnte er nicht mehr still bleiben: „Bitte tu das nicht, Meister Ren!“, flehte der Geist schon beinahe. „Überleg' es dir noch mal, Meister, ich bitte dich! Es ist viel zu gefährlich!“ „Mein Entschluss steht fest, Bason...Egal was du sagst, du kannst mich nicht davon abbringen“, entgegnete Ren unbeeindruckt und lief weiter durch das kleine Waldstück, um zurück ins Dorf zu gelangen, als sein Schutzgeist ihn plötzlich dazu zwang stehen zu bleiben, indem er sich vor ihn auf den Boden kniete und mit verzweifelter Stimme sagte: „Meister Ren, ich flehe dich an...Wenn Zeke auch nur den geringsten Verdacht schöpft wird er keine Sekunde zögern und dich töt-“ „-Ich weiß, Bason“, unterbrach Ren den Geist. „Deshalb darf auch niemand den wahren Grund erfahren, aus dem ich mich ihm anschließe...Wir beide müssen absolut überzeugend sein...“ „A-Aber Meister Re-“ „-Bason...Wir haben eine gefährliche Aufgabe vor uns...wir begeben uns in die sprichwörtliche Höhle des Löwen...du bist nun der Einzige auf den ich mich verlassen kann. Ich brauche deine uneingeschränkte Loyalität jetzt mehr denn je...“, sprach Ren und legte seine rechte Hand auf Basons Schulter. „Vertraue mir, Bason...So wie ich dir vertraue“, fügte er hinzu und schenkte seinem treuen Schutzgeist, dessen Erinnerung nach zum ersten Mal in seinem Leben, ein warmes, freundschaftliches Lächeln. Tränen der Rührung bildeten sich in Basons Augenwinkeln. Er legte seine Handfläche auf seine Brust und versicherte: „Ich vertraue dir blind, Meister Ren...Du kannst dich auf mich verlassen; ich werde immer an deiner Seite sein, egal was passiert...“ Vor einem lodernden Lagerfeuer saß Zeke auf einem Baumstamm und genoss den kühlen Wind auf seiner Haut. Es war noch dunkel und kein einziges Wölkchen am Himmel verdeckte die vielen funkelnden Sterne am Firmament. Zeke liebte die Natur und hielt sich am liebsten draußen an der frischen Luft auf, umgeben von allen vier Elementen gleichzeitig. Die Kombination aus heißem Feuer und eisigem Wind bescherte ihm eine angenehme Gänsehaut. Ren war vor etwa einer Stunde gegangen und würde sicher noch ein bis zwei Stunden brauchen bis er Doby Village erreicht haben würde. Er hat sich geweigert etwas zu trinken, hoffentlich kippt er unterwegs nicht um..., dachte Zeke amüsiert. Natürlich machte er sich nicht wirklich Sorgen um Ren. Der Chinese war stark und hatte einen eisernen Willen. Allein sein Dickkopf würde ihn davor bewahren unterwegs zusammen zu brechen, egal wie seine körperliche Verfassung war. Er war wirklich faszinierend. Und in drei Tagen würde er sich endlich seinem Team anschließen, da war er sich ganz sicher. „Meister Zeke?“, sprach Nichrom, der gerade an die Feuerstelle herantrat und sich zur Begrüßung verbeugte. „Da bist du ja, ich habe schon früher mit dir gerechnet“, sagte Zeke freundlich. „Entschuldigt, Meister...Ich habe die anstehenden Kämpfe gecheckt, wie Ihr es mir aufgetragen habt; morgen Mittag wird Team Ren gegen Team Magical Illusions antreten, ansonsten sind keine interessanten Kämpfe angesetzt...“, berichtete Nichrom. „Ich verstehe, gute Arbeit, Nichrom“, erwiderte Zeke zufrieden. Ihm fiel auf, dass Nase und Ohren seines Untergebenen rot waren und dass dieser stark zitterte. „Bist du etwa den ganzen Weg hierher gelaufen?“, fragte er neugierig. Nichrom nickte. „Ja, mir war nach einem Spaziergang“, antwortete er, doch Zeke wusste genau, dass mehr dahinter steckte. „Ich weiß, dass heute ein schwerer Tag für dich ist...Es ist dein erster Geburtstag, an dem dein Bruder nicht da ist, richtig?“ Nichrom zuckte zusammen, er hätte nicht damit gerechnet, dass Zeke seinen Geburtstag kannte. Er nickte erneut. Er war den ganzen Weg zu Fuß gelaufen um sich abzulenken. Fast den ganzen Tag über hatten Wut und Hass auf Ren, den Mörder seines geliebten Bruders überwogen, doch in den letzten Stunden war die Wut tiefer Trauer gewichen. „Du bist ja ganz durchgefroren, komm her, wärm dich auf“, sagte Zeke und deutete mit seinem Zeigefinger auf den Platz neben sich. Nichrom kam dessen Aufforderung nach und setzte sich im Schneidersitz vor den Baumstamm auf das Gras, direkt neben seinen Meister. Seinen Kopf hielt er gesenkt, doch Zeke konnte den traurigen Blick des jungen Mannes trotzdem gut erkennen. Fürsorglich legte er seine Hand in Nichroms Haar und streichelte zärtlich durch die braunen Strähnen. Nichrom schloss seine Augen und genoss sowohl die Wärme des Feuers, als auch die sanften Berührungen seines Meisters. „Du bist jetzt neunzehn, stimmt's? Wie alt war dein Bruder?“, fragte Zeke mit sanfter Stimme. „Dreiundzwanzig“, antwortete Nichrom leise. „Er war also vier Jahre älter als du...“ „Viereinhalb...“, korrigierte Nichrom. „Aber Ren Tao...hat ihn getötet...“, flüsterte er, sowohl mit Wut, als auch mit Trauer und Bitterkeit in der Stimme. „Ich weiß...“, erwiderte Zeke, legte seine Hand an die Kopfseite Nichroms und übte leichten Druck aus, bis dieser seinen Kopf auf seinem Schoß abgelegt hatte. Er legte den langen, geflochtenen Zopf des jungen Schamanen über dessen Schulter um seinen Nacken freizulegen, auf den er seine sanften Streicheleinheiten ausweitete. Immer wieder spürte er unter seinen Fingerkuppen, wie diese eine Gänsehaut bei Nichrom verursachten. Er grinste amüsiert. Nichrom war wie ein kleines, verwundetes Kätzchen, das nach Liebe und Fürsorge lechzte. Zeke verkniff sich ein Kichern. Zu niedlich... Während Nichrom bereits nach wenigen Minuten eingeschlafen war, beobachtete Zeke die aufgehende Sonne am gelb-rötlich gefärbten Horizont. Tag eins bricht an... Tbc. Kapitel 8: Das letzte Mal ------------------------- Fegefeuer Kapitel 8: Das letzte Mal Als Ren wieder am Haus von Team Ren angekommen war, rechnete er fest damit, dass seine beiden Teamkameraden sich noch im Tiefschlaf befanden. Schließlich waren sie alle erst nach sechs Uhr ins Bett gekommen und nun zeigte die Uhr kurz nach acht. Auch Ren war extrem müde und brauchte dringend ein paar Stunden Schlaf, schließlich stand morgen ein Schamanenkampf an. Als er die Haustür öffnete wurde er allerdings nicht wie erwartet von Schnarch-Geräuschen begrüßt, sondern von zwei wild herum rennenden Teamkollegen. „REN! DA BIST DU JA! WO WARST DU DENN?!“, schrien Trey und Joco ihm entgegen. „Was ist denn mit euch los?! Jetzt kommt mal runter!“, erwiderte Ren sowohl verwirrt als auch genervt. „Wir sollen runter kommen?! Alter! Du warst plötzlich verschwunden! Wir dachten schon Zeke hätte dich wieder gekidnapped!!!“, schrie Joco aufgebracht. „Genau! Wo warst du denn, Mann?!“, fragte Trey, nicht minder aufgeregt. „Ich hatte etwas zu erledigen“, antwortete Ren ruhig und ging Richtung Schlafzimmer. „Was zu erledigen?! Faust hat gesagt, dass du dich ausruhen sollst!“, erinnerte Joco. „Genau das habe ich jetzt auch vor. Schlafen wir ein bisschen, wir haben morgen einen Kampf“, sagte Ren, ging ins Schlafzimmer und zog sein Hemd aus. „Wir haben das schon besprochen; Joco und ich werden morgen kämpfen...du kannst dich noch erholen und beim nächsten Kampf-“ „-Nein, ICH werde morgen kämpfen, und zwar allein“, unterbrach Ren Trey. Die beiden starrten Ren für ein paar Sekunden ungläubig an. „Hä? Was soll das denn?! Du kannst morgen nicht kämpfen, und schon gar nicht allein...“, entgegnete Joco. „Ich kann, und ich werde, das ist mein letztes Wort!“, stellte Ren klar, zog Hose und Schuhe aus und legte sich ins Bett. Trey und Joco starrten einander nur irritiert an, deuteten sich dann aber gegenseitig via Zeichensprache, dass es jetzt ohnehin keinen Sinn hatte, mit ihrem Teamchef zu diskutieren. Erleichtert darüber, dass Ren entgegen ihrer Befürchtungen nichts zugestoßen war, legten auch sie sich wieder ins Bett um sich den dringend benötigten Schlaf zu holen. Auch im Haus von Team Asakura lagen alle in ihren Betten. Doch anders als seine beiden Teamkameraden schlief Yoh nicht. Er lag auf dem Rücken, hatte seine Arme unter seinem Kopf gekreuzt und starrte gedankenverloren die Zimmerdecke an. Er war zwar sehr müde, doch er fand einfach keine Ruhe. Die Ereignisse der letzten Stunden verwirrten ihn viel zu sehr. Er verstand nicht, was Zeke vorhatte. Was war nur zwischen ihm und Ren vorgefallen? Wieso hatte Zeke ihn wieder frei gelassen? Und wieso hatte Ren sich so seltsam verhalten? Yoh konnte sich einfach keinen Reim darauf machen. Nachdem Ren ihn so grob von sich geschubst hatte, nachdem er ihn küssen wollte, fuhr der schreckliche Verdacht, dass Zeke Ren angefasst haben könnte durch seinen Kopf. Doch als er Ren danach gefragt hatte, hatte dieser den Verdacht zurückgewiesen. Yoh fand Rens Reaktion glaubwürdig. Im ersten Moment hatte der Chinese tatsächlich keine Ahnung gehabt, worauf Yoh hinaus wollte. Einerseits beruhigte ihn, dass seine schlimmsten Befürchtungen nicht zutreffend gewesen waren, doch andererseits sagte Yohs Bauchgefühl ihm, dass er mit seinem Verdacht zumindest nicht vollkommen daneben lag. Immer wieder erinnerte er sich daran, wie harsch Ren ihn vorhin abgewiesen hatte. Und jedes Mal verursachten diese Bilder einen schmerzhaften Stich in seiner Brust. Er konnte damit umgehen, dass Ren ihm in der Öffentlichkeit mehr oder weniger die kalte Schulter zeigte, weil er nicht wollte, dass jemand anderes von ihnen beiden erfuhr, doch zuvor im Badezimmer waren sie allein gewesen. Rens Abfuhr hatte weh getan, sowohl physisch, als auch seelisch. Doch die Erklärung, dass Ren nur erschöpft und gerade nicht in Stimmung war, war maximal die halbe Wahrheit gewesen, da war Yoh sich hundertprozentig sicher. Wenn es nur das gewesen wäre, hätte nicht einmal der temperamentvolle Chinese so dermaßen überreagiert. Doch Ren wollte ihm nicht sagen, was vorgefallen war. Es deprimierte Yoh, dass sein Freund sich ihm nicht anvertrauen wollte, doch vor allem hatte dies zur Folge, dass Yoh gar nicht anders konnte, als sich das Schlimmste auszumalen, auch wenn Ren dies glaubhaft zurückgewiesen hatte. Ein tiefes Seufzen entkam Yohs Kehle. Er drehte sich auf die Seite und schloss seine Augen. 'Ich muss herausfinden, was Zeke im Schilde führt...' Am nächsten Morgen war Yoh auf dem Weg zum Haus von Team Ren. Er hatte den gesamten gestrigen Abend damit verbracht nach Ren zu suchen, weil er mit diesem reden wollte. Doch er war erfolglos geblieben. Ren war der gesamten Clique aus dem Weg gegangen; weder Trey und Joco, noch Run wussten, wo Ren sich den ganzen Tag herumgetrieben hatte. Sicher hatte sich der Chinese absichtlich zurückgezogen, weil er den löchernden Fragen seiner Freunde aus dem Weg gehen wolle. Irgendwann hatte Yoh die Suche aufgegeben und beschlossen, heute mit Ren zu sprechen. Trey und Joco würden in etwas mehr als zwei Stunden im Kolosseum kämpfen. Dies wollte Yoh ausnutzen, um in Ruhe mit Ren reden zu können. Wie er es immer tat, klopfte Yoh zwei Mal mit der Faust gegen die Haustür, drückte die Klinke herunter und trat ein. Anders als er es erwartet hatte, stolzierte er geradewegs in heiße Diskussion von Team Ren. „Jetzt sei doch nicht so kindisch, Ren! Du kannst doch den nächsten Kampf übernehmen!“, brüllte Trey wütend, was Joco durch schnelles Kopfnicken unterstützte. „Ihr zwei seid wirklich die letzten, von denen ich mir kindisches Verhalten vorwerfen lasse!“, knurrte Ren zurück. „Faust hat gesagt, dass du dich ausruhen sollst!“, erinnerte Joco den Chinesen energisch. „Ich habe mich genügend ausgeruht, ich bin topfit, also haltet die Klappe!“ „Wieso musst du nur so stur sein?!“ Yoh blickte ein paar Mal verwirrt zwischen den beiden Parteien, die offensichtlich aus Trey und Joco gegen Ren bestanden, hin und her, bevor er den Streit unterbrach und fragte: „Was ist denn hier los, Jungs?“ Die Drei schauten Yoh kurz verdutzt an. Sie waren so in ihrer Diskussion vertieft gewesen, dass sie ihren Kumpel noch gar nicht bemerkt hatten. „Yoh! Bitte bring ihn zur Vernunft!“, flehte Joco beinahe und wies mit seinen Händen auf Ren, der mit übereinander geschlagenen Beinen und vor der Brust verschränkten Armen auf einem Stuhl saß. „Was ist denn los?!“, wiederholte Yoh seine Frage, noch immer ahnungslos. „Ren will gleich allein kämpfen!“, klärte Trey den Brünetten auf. „Was?! Ist das dein Ernst, Ren?!“, fragte Yoh schockiert. „Natürlich ist das mein Ernst“, antwortete Ren schnippisch, erhob sich von seinem Stuhl und schnappte sich sein Donnerschwert. „Ich werde jetzt gehen; ihr könnt ja von der Zuschauertribüne aus zusehen“, sagte er noch zu seinen Teamkollegen und verließ damit das Haus. Ratlos starrten die drei Schamanen auf die nun ins Schloss gefallene Tür. Doch Yoh fing sich schnell wieder, lief ohne ein weiteres Wort hinaus und holte Ren ein. „Ren! Was soll das?! Wenn du schon unbedingt kämpfen willst, dann kämpfe wenigstens mit Trey und Joco gemeinsam!“ „Nein ich kämpfe allein, und jetzt lass mich in Ruhe!“, fauchte Ren zurück. „Ich lasse dich nicht in Ruhe! Sag mir endlich was mit dir los ist! Was hat Zeke-“ „-Nichts hat Zeke! Und mir geht es hervorragend, also krieg dich mal wieder ein!“, zischte Ren genervt. „Das glaubst du doch wohl selbst nicht!“ Mittlerweile waren die beiden am Kolosseum angekommen. Ren lief geradewegs zu einem kleinen Stand, an dem zwei Schiedsrichter saßen, und meldete sein Team an. Einer der Schiedsrichter nickte und hakte das Team Ren auf seiner Liste als anwesend ab. „Du kannst in Raum 1 gehen; die Treppe hoch und die erste Tür links“, sagte der andere Schiedsrichter, woraufhin Ren nur nickte und zu dem angegebenen Raum ging, gefolgt von Yoh. Im Kolosseum befanden sich mehrere Aufenthaltsräume, in denen die kämpfenden Teams sich vor ihrem Kampf einfinden und vorbereiten konnten. Der Raum war etwa dreißig Quadratmeter groß, mit einer Couchgarnitur, einem Fernseher und einem Kühlschrank ausgestattet. Durch eine große Fensterfront konnte man direkt auf den Ring des Kolosseums blicken. Dort war gerade ein anderer Schamanenkampf in vollem Gange. Ren stellte sich an das große Fenster und beobachtete für einige Sekunden den laufenden Kampf, bis Yoh sich direkt neben ihn stellte. „Ren...Ich mache mir Sorgen um dich...“, sagte er mit sanfter, und zugleich trauriger Stimme und strich Ren sachte eine Strähne aus dem Gesicht. Dieser wand seinen Blick nicht von dem Kampf ab, seufzte jedoch einmal laut, bevor er entgegnete: „Ich habe dir schon mehrmals gesagt, dass du dir keine Sorgen machen brauchst; mir geht es gut.“ „Und wieso kannst du mir dann nicht in die Augen schauen? Du meidest den Blickkontakt mit mir schon seit ein paar Tagen...“, stellte Yoh fest und streichelte dabei sanft über Rens Wange. Sich ertappt fühlend zuckte Ren innerlich zusammen. „Das...ist nicht wahr“, wies er zurück, allerdings klang seine Stimme dabei nicht so überzeugend, wie er gehofft hatte. „Beweis es“, forderte Yoh. „Sieh mir in die Augen und sag mir, dass alles in Ordnung ist.“ Ren musste einmal durchatmen, bevor er seinen Blick etwas zögerlich anhob und Yoh in die Augen schaute. Dessen bohrender Blick war so ernst, wie Ren es selten bei seinem sonst so sanftmütigen Freund erlebt hatte. „Es ist alles in Ordnung“, sprach er, froh darüber, dass seine Stimme fest klang. Nachdem er die Worte ausgesprochen hatte, die Yoh hatte hören wollen, wollte Ren seinen Blick wieder abwenden, doch der Brünette hinderte ihn daran, indem er Rens Kinn mit Daumen und Zeigefinger griff und ihm tief in die Augen schaute. Er beugte sich ein Stück nach vorn und wollte gerade Rens Lippen mit seinen eigenen umschließen, als dieser, ähnlich wie am gestrigen Morgen in der Badewanne, seine Hand auf Yohs Brust legte und diesen leicht von sich weg drückte. „Warte“, sagte Ren leise und drehte sich leicht zur Seite. Ein stechender Schmerz durchfuhr Yohs Brust. Wieso wollte Ren sich wieder nicht von ihm küssen lassen? Verletzt senkte Yoh seinen Kopf, hob diesen jedoch schnell wieder, als er hörte, wie Ren offenbar die Vorhänge des Fensters zuzog. Nachdem der blaue Vorhang nun die Durchsicht versperrte hob Ren seinen Blick und schaute Yoh wieder in die Augen, dieses Mal viel intensiver als zuvor. Yoh verstand die Körpersprache des Chinesen und folgte dessen Einladung nur zu gern, indem er nun seine Lippen sanft auf Rens legte und diesen in seine Arme schloss. Er schob seine Zunge durch Rens leicht geöffneten Lippen und ließ sie über die Zunge Rens gleiten. Ein leidenschaftlicher Zungenkuss entflammte, den beide Schamanen mit geschlossenen Augen sehr zu genießen schienen. Immer wieder seufzten sie leise in den Kuss hinein, und mittlerweile hatte auch Ren seine Arme um die starken Schultern Yohs geschlungen. Yoh war erleichtert darüber, dass Ren ihn doch nicht erneut abgewiesen hatte, auch wenn er nicht glaubte, dass auch nur ein einziger Mensch im Publikum auf dieses Fenster, anstatt auf den Schamanenkampf geachtet hätte. Eine ganze Weile genossen sie ihren innigen Kuss, bevor sie ihn langsam lösten. „Treffen wir uns heute Abend an dem See?“, fragte Ren, während die beiden immer noch in ihrer Umarmung verharrten. Yoh blickte Ren überrascht an. Hatte er gerade richtig gehört? „Ähm, ja, gern...“, antwortete er, sowohl froh als auch etwas verwirrt. „Bei Sonnenuntergang?“ Ren nickte und löste nun seine Arme von Yoh. Dieser war verwundert, denn Ren hatte ihn noch nie zu einem Date eingeladen. Bisher war immer Yoh derjenige gewesen, der den ersten Schritt gemacht hatte. Ren öffnete die Vorhänge wieder und schnell war zu erkennen, dass der Kampf vorbei war. Dies bedeutete, dass der nächste Kampf, also Rens Kampf, bald losgehen würde. „Lass mich jetzt bitte allein, ich muss mich auf meinen Kampf vorbereiten.“ „Willst du es dir wirklich nicht noch mal überlegen?“, fragte Yoh mit besorgter Stimme. „Nein; ich werde meine Gegner im Handumdrehen erledigt haben“, entgegnete Ren siegessicher. Er spürte, wie Yoh dessen Hand auf seiner Schulter ablegte und ihm einen sanften Kuss auf die Schläfe drückte. „Natürlich wirst du das“, bestätigte Yoh lächelnd, was Rens Wangen deutlich erröten ließ. „Ich freue mich auf deinen Kampf...und noch mehr auf heute Abend“, fügte er noch hinzu und verließ den Raum. Er lief durch das große Kolosseum zum Stammplatz der Clique. Dort saßen sie immer, wenn eines ihrer Teams kämpfte und er konnte schon von weitem sehen, dass sich Trey, Joco, Ryu, Manta und Run bereits an ihren Plätzen befanden. „Ich habe versucht ihn umzustimmen, aber keine Chance...“, gab er seufzend zu als er sich neben Trey setzte. „War uns schon klar...“, erwiderte Trey nur. „Dieser Sturkopf...“, fügte Joco ebenfalls seufzend hinzu. Der nächste Kampf war über die Lautsprecher bereits angesagt worden und die zwischenzeitlich halbleeren Zuschauertribünen waren innerhalb weniger Minuten wieder voll besetzt. Die Kämpfe von Team Ren hatten die Schamanen in Doby Village bereits mehrfach begeistert, weshalb jeder Ren Tao und dessen Team sehen wollte. Team Ren galt in diesem Match als klarer Favorit. Es war soweit. Silver betrat die Arena, und bestieg den Ring. Für alle Anwesenden war klar, dass der Kampf des Tages gleich beginnen würde. Es wurde verhalten geklatscht und ein wenig gejubelt, als das Team Magical Illlusions, bestehend aus drei absolut identisch aussehenden jungen Männern, aus einem der vier großen Tunnel heraustrat und ebenfalls den Kampfring bestieg. Die drei Schamanen trugen allesamt einen schwarzen Smoking mit Knöchellangem Umhang, einen schwarzen Zylinder und eine weiße Augenmaske. Auf ihrer Schulter saß jeweils der Geist einer weißen Taube. Diese Magier-Typen gegen Team Ren schien einen interessanten Kampf zu versprechen. Von einer Sekunde auf die andere brach das Publikum plötzlich in tosenden Applaus aus. Ren betrat die Arena aus dem gegenüberliegenden Tunnel. Mit einer geschmeidigen Eleganz die an eine Raubkatze erinnerte lief Ren auf den Ring zu und stieg die Treppe hinauf. „Aww! Er ist so sü~ß!“ „Ja! Und so hübsch und so stark!“ „Er ist bestimmt ein Tier im Bett!“, schwärmten ein paar Mädels, die hinter Yoh und den anderen auf der Tribüne saßen. Trey hielt sich die Hand vor seinen grinsenden Mund und warf Yoh einen lasziven Blick zu. Dieser konnte nicht verhindern, dass sein linkes Auge leicht zu zucken anfing, woraufhin Trey sich ein herzhaftes Lachen nicht verkneifen konnte. Er musste noch lauter lachen, als Yoh ihm als Erwiderung nur einen genervten Todesblick zuwarf. „Seit wann bist du denn so eifersüchtig, Kumpel?“, flüsterte Trey dem Anderen amüsiert ins Ohr. „Bin ich gar nicht...“, entgegnete Yoh nur und verschränkte beleidigt seine Arme vor der Brust. „Natürlich nicht...“, kicherte Trey. Während Ren den Ring bestieg suchten seine Augen die Zuschauertribünen ab. Schnell hatte er gefunden, wonach er gesucht hatte. 'Dachte ich's mir doch...' „Wo ist der Rest deines Teams?“, fragte Silver verwundert. „Ich trete allein an“, antwortete Ren trocken. „Hä?! Du willst allein gegen uns kämpfen?! Was soll das denn?!“, fragte einer der Gegner irritiert. „Tja, ich habe das kurze Streichholz gezogen, also muss ich mich heute mit euch Losern abgeben...“, spottete Ren breit grinsend, woraufhin die Zuschauer in lautes Gelächter ausbrachen. Auch Yoh musste lachen. Und er war irgendwie erleichtert. Ren schien wieder ganz der alte zu sein. Wie er dort stand, tiefenentspannt, mit seinem Donnerschwert in der Hand, dieses freche Grinsen auf seinen Lippen...Das war Ren Tao wie er leibte und lebte. „Hey! Was erlaubst du dir, Kleiner! Hol gefälligst deine Teamkameraden her damit wir den Leuten einen richtigen Kampf bieten können!“ „Ach was, sei doch froh...So wird es noch viel einfacher als wir dachten!“ „Ruhe!“, wies Silver das gegnerische Team zurecht und richtete sich an Ren: „Bist du sicher, dass du allein kämpfen willst?“ „Ganz sicher“, nickte Ren. „In Ordnung. Macht euch kampfbereit!“, rief der Schiedsrichter und hob seinen rechten Arm. „Auf die Plätze, fertig, los!“ Die Tauben-Geister des gegnerischen Teams fuhren in deren Zylinder, während Ren mit Bason und seinem Donnerschwert ebenfalls Geistkontrolle schaffte. Die drei Zylinder wurden etwa drei Meter groß und vervielfältigten sich, wodurch Ren binnen einer Sekunde von einem Wald aus riesen-Zylindern umgeben war. Die drei Kämpfer waren nicht mehr zu sehen. Aus scheinbar allen Richtungen gleichzeitig erklangen die amüsierten Stimmen der Gegner: „Na? Wo sind wir nur? Kannst du Wirklichkeit von Illusion unterscheiden? Haha!“ Ren blickte sich um, schien aber, im Gegensatz zum Publikum, ziemlich unbeeindruckt. „Oh man! Das müssen um die hundert Hüte sein! Muss Ren jetzt jeden einzelnen zerstören, um diese blöden Zauberer zu finden?!“, rief Joco in die Runde. Plötzlich schossen aus mehreren Zylindern kleine, weiße Federn, die sich so schnell um die eigene Achse drehten, dass sie wie scharfe Klingen geradewegs auf Ren zurasten. Gleichzeitig begannen die Zylinder in einem schnellen Tempo zu rotieren, sodass die Angriffe sekündlich aus anderen Richtungen kamen. Ren blieb einfach stehen und bewegte seinen Körper immer nur minimal. Ohne offensichtliche Anstrengung wich er jeder einzelnen Attacke aus, indem er entweder einen kleinen Schritt zur Seite machte, seine Schulter ein Stück zurückzog oder einfach nur seinen Kopf zur Seite neigte. Doch diese minimalen Bewegungen führte er so schnell und präzise aus, dass keine einzige Attacke ihn traf. Die Zylinder legten einen Zahn zu und rotierten in noch höherem Tempo als zuvor, wodurch auch die Angriffe immer schneller wurden und sich die Richtungen, aus denen sie kamen, noch zackiger änderten. „Was hat Ren vor? Wieso greift er nicht an?“, fragte Trey etwas verwirrt. „Hm...Ich bin nicht sicher...“, antwortete Yoh nachdenklich, ohne seinen Blick von dem Kampf abzuwenden. Während das Publikum mit ihren Augen überhaupt nicht mehr folgen konnten, machte Ren noch immer keine Anstalten irgendetwas zu tun, außer den Angriffen mit Leichtigkeit und bezaubernder Eleganz auszuweichen. Dies schien die Magier langsam zu nerven. „Hey Kleiner! Hör auf zu tanzen und zeig mal was du drauf hast!“ Doch Ren hatte wohl nicht die Absicht, dieser Aufforderung nachzukommen. Er wich geduldig allen Attacken aus, bis er nach einer Weile wahrnahm, wie die schnellen und energiegeladenen Angriffe langsam an Schnelligkeit und Power verloren. 'Es ist soweit...' Ren legte seine Arme an seinen Körper und schloss seine Augen. Er blendete sämtliche unwichtige Geräusche aus und konzentrierte sich nur auf seine direkte Umgebung und die Angriffe seiner Gegner. Blitzschnell öffnete er seine Augen, hob sein Schwert mit beiden Händen und stieß dieses mit voller Wucht in den Boden. Durch genau drei der etwa achtzig Zylinder bohrten sich lange, scharfe Klingen, zwischen denen die drei Magier nun gefangen waren. Alle übrigen Hüte lösten sich auf der Stelle auf und auch die drei echten Zylinder fielen nur so in sich zusammen. Keiner der Gegner konnte seine Geistkontrolle halten und auch nicht mehr neu schaffen, da sie zuvor so viel Furyoku verbraucht hatten, dass diese Attacke ihnen den Rest gegeben hatte. Sie zappelten und versuchten sich zu befreien. Silver tauchte neben Ren auf und hob erneut seinen rechten Arm. „Team Magical Illusions kann nicht mehr weiter kämpfen; Team Ren ist der Sieger!“ Nachdem für einige Sekunden eine ehrfürchtige Stille die Arena erfüllt hatte, brach das Publikum nun erneut in tosenden Jubel aus. „Hat...Hat er die drei Typen gerade wirklich mit einer einzigen Attacke fertig gemacht?!“, fragte ein junger Mann ungläubig, der eine Reihe vor der Clique im Publikum saß. Auch Trey, Joco und die anderen waren für einen Moment sprachlos, bevor auch sie ihrem Freund zujubelten. „Klasse, Ren! Wuhuu!“, rief Trey. „Unseren Teamchef sollte man eben nicht unterschätzen!“, fügte Joco jubelnd hinzu. Yoh war ebenso beeindruckt. 'Er hat seine Gegner die ganze Zeit angreifen lassen damit sie sich auspowern; dabei haben sie ohne es zu merken so viel Furyoku verbraucht, dass es nur noch einen letzten Schlag brauchte, um sie zu besiegen...eine sehr clevere Strategie...Ich wusste gar nicht, dass er in einem Kampf so ruhig und geduldig bleiben kann...Seine mentalen Fähigkeiten haben sich stark entwickelt...', analysierte Yoh gedanklich. Ren war wirklich ein Ausnahmekämpfer. Nachdem sein Sieg offiziell verkündet worden war, zog Ren seine Waffe aus dem Boden und löste seine Geistkontrolle. Er erhob sich und schaute mit ernster Mimik auf die höchste Zuschauerreihe der nördlichen Tribüne. Sofort hatte er Blickkontakt mit Zeke. Für einen Moment blendete er die tobende Menge aus und starrte in Zekes Augen. Dieser erwiderte Rens Blick mit einem zufriedenen Lächeln auf dem Gesicht. Nach wenigen Sekunden wand Ren seinen Blick wieder ab und verließ unter lauten Jubelschreien die Arena. Zekes Blick folgte dem Chinesen, bis dieser in dem selben Tunnel verschwunden war, aus dem er zuvor gekommen war. 'Eine hervorragende Vorführung, Ren Tao...Ich bin beeindruckt...' Die Sonne war bereits untergegangen, wodurch der Himmel in einen wunderschönen, gelb-roten Schleier gehüllt war, als Yoh die Lichtung des Waldes erreichte, an dem sich der kleine See befand. Schon von weitem konnte er Ren erkennen, der auf einem der Steine saß, welche den See umgaben, und gedankenverloren auf das Wasser starrte. Yoh spürte, wie sein Herz höher schlug. Ein sanftes Lächeln legte sich auf seine Lippen, als er auf seinen Freund zulief. Dieser hatte Yoh längst bemerkt, erhob sich von seiner Sitzgelegenheit und lief seinerseits auf den Anderen zu. „Ren! Der Kampf heute war echt der Ha-mpf!“, wurden Yohs Worte im Keim erstickt, als Ren seine Lippen auf seine eigenen drückte und seine Arme um Yohs Hals schlang. Der Brünette war so perplex, dass er für einen Moment erstarrte. Ren ließ sich davon nicht irritieren und ging gleich zur Sache. Er schob seine Zunge in die Mundhöhle Yohs und küsste ihn leidenschaftlich. Nachdem dieser den ersten Schock überwunden hatte, schlang er seine Arme fest um den Chinesen und erwiderte dessen Kuss ebenso leidenschaftlich. Er war wie immer überwältigt von Rens einzigartigem Geschmack. Er liebte es, Ren zu küssen, ihn zu schmecken, zu riechen und zu fühlen. Jedes Mal entflammte der junge Tao ein wahres Feuerwerk der Leidenschaft in Yoh. Er hatte sich so sehr in ihrem innigen Kuss verloren, dass er von einem Tritt in seine Kniekehle überrascht wurde. Genauso, wie er selbst es bei ihrem letzten Treffen hier getan hatte, hatte nun Ren ihm einen nicht allzu brutalen, aber doch effizienten Tritt verpasst, sodass er das Gleichgewicht verlor und zu Boden fiel. Wieder war Yoh zu überrascht, als das er reagieren konnte. Bevor er richtig verstand was vor sich ging, hatte Ren sich schon breitbeinig auf seine Hüften gesetzt, streifte einmal mit beiden Händen über die noch bekleidete Brust Yohs und beugte sich hinab, um dessen Lippen erneut in Besitz zu nehmen. Yoh legte seine Hände an der schlanken Taille des Chinesen ab und streichelte diese zärtlich auf und ab, was Ren immer wieder genussvoll in den Kuss seufzen ließ. Kurz darauf löste Ren ihren Kuss und setzte sich wieder auf. Ein roter Schimmer zierte seine blassen Wangen, und als er ein Rinnsal Speichel aus seinem Mundwinkel leckte, während seine gold-gelben Augen auf Yoh herab funkelten, konnte dieser deutlich spüren, wie eine nicht unerhebliche Menge an Blut schlagartig in seine unteren Regionen schoss. Doch so aufgeregt und vorfreudig er auch war, fand er die ganze Situation auch ein wenig beängstigend. „Ren...Was ist los mit dir?“, fragte er etwas besorgt. „Was sollte los sein?“, stellte Ren als Gegenfrage und begann damit, die Schleifen seines roten Hemdes zu lösen. Achtlos ließ er dieses an seinen Armen hinabgleiten und warf es zur Seite. „N-Normalerweise machst du...so etwas nicht...“, stammelte Yoh erregt und unsicher zugleich. Ren griff nach Yohs rechter Hand, die nach wie vor auf seiner Taille ruhte, führte diese zu seiner nackten Brust und legte Yohs flache Hand auf dieser ab. Sofort spürte Yoh den unglaublich schnellen Herzschlag Rens unter seinen Fingern. „Gefällt es dir nicht?“, fragte Ren. Was für eine Frage. „Doch natürlich...aber-“ „-Na also...“, unterbrach Ren, führte seine Hand zu Yohs Schritt und begann die harte Beule zu massieren. Yoh zog scharf die Luft ein und legte seinen Kopf in den Nacken, woraufhin Ren sich erneut hinabbeugte und immer wieder über Yohs Hals küsste, leckte und hier und da leicht hinein biss. Mit einer geschickten Handbewegung hatte er Gürtel und Reißverschluss von Yohs Hose geöffnet und das zu voller Größe geschwollene Glied befreit. Schnell und grob rieb er den harten Schaft auf und ab, während er mit seinem Mund den Hals, und mit seiner linken Hand die Brustwarze des Brünetten verwöhnte. Yohs Körper bebte unter den leidenschaftlichen, beinahe wilden Berührungen des Chinesen. Es fühlte sich so unfassbar gut an. Zu gut. „Ren...hör auf..I-Ich..komme gl-eich...“, stöhnte Yoh und hob immer wieder unbewusst sein Becken an, um sich noch mehr gegen seinen Partner zu reiben. Ren kam Yohs Aufforderung nicht nach, im Gegenteil. Er intensivierte seine Berührungen noch mehr, was Yoh nur wenige Sekunden später mit einem kehligen Stöhnen kommen ließ. Ren brachte sein Gesicht über das des Brünetten und blickte dieses für ein paar Sekunden an, bevor er seinen Kopf senkte und ein paar zarte Küsse auf Yohs Lippen hauchte. Dieser brauchte einen Moment, bevor er seine Augen wieder öffnen konnte. Doch was er sah, als er dies tat, ließ ihm beinahe einen Stromschlag durch Mark und Bein laufen. Über sich erblickte er das Gesicht von Ren, der mit einem so traurigen Blick auf ihn hinabsah, wie Yoh ihn noch nie bei seinem Freund gesehen hatte. „Ren...Was ist los?“, hauchte er leise, noch etwas schwer atmend. „Gar nichts“, erwiderte Ren nur, zog Yoh eilig dessen Shirt aus, rutschte ein Stück mit seiner Hüfte zurück und setzte sich auf dessen Beine. Noch ehe Yoh verstand, was Ren vorhatte, beugte dieser sich hinab und begann das Sperma, das auf Yohs Unterleib getropft war und dessen erschlafftes Glied bedeckte, mit seiner Zunge ab zu lecken. Sofort richtete Yoh sich etwas auf und sagte ein wenig schockiert: „Ren! W-Was machst du denn da?!“ Aus den Augenwinkeln heraus blickte Ren zu Yoh hinauf und fragte: „Darf ich nicht?“ „D-Doch...a-aber- OH GOTT!“, stöhnte Yoh laut auf, als Ren seinen Penis auf einen Schlag in den Mund nahm und diesen grob mit seiner Zunge umspielte. Yoh legte seine Hände in Rens Haar und streifte immer wieder durch die seidigen Strähnen, während Ren sein Glied in null Komma nichts wieder einsatzbereit gemacht hatte. Als der Schaft wieder seine volle Größe erreicht hatte, setzte Ren sich auf und zog in Windeseile seine Hose und seine Schuhe aus. Mit verträumtem Blick betrachtete Yoh den nackten Körper vor sich. Rens Figur war extrem schlank, fast schon dünn, und trotzdem zeichneten sich seine harten, fein definierten Muskeln deutlich unter seiner blassen Haut ab. Diese gold-funkelnden Katzenaugen, in denen man sich so schnell verlieren konnte, wenn man nicht aufpasste, dieses hübsche Gesicht, dieses glänzende, seidige Haar...Er war so schön. Yoh konnte vor Erregung kaum noch klar denken. Doch als Ren sich plötzlich über seinem steifen Glied positionierte, sagte er schockiert: „Warte! Du musst doch erst-“ „-Nein“, unterbrach Ren und ließ sich mit einem schnellen Ruck auf den harten Schaft sinken. Ein schmerzvolles Zischen entkam seinen zusammengekniffenen Zähnen, denn der brennende Schmerz, den der viel zu große Penis in seinem unvorbereiteten Anus verursachte, war nicht ohne. So konnte er auch nicht, wie er eigentlich wollte, die gesamte Länge auf einen Schlag aufnehmen. Auch Yoh biss die Zähne zusammen, denn die heiße Enge, die etwas mehr als die Hälfte seines Glieds umgab, war viel zu eng. Er brauchte seine gesamte Willenskraft um sich davon abzuhalten zu kommen. Er wollte Ren gerade sagen, dass er ihn wieder raus ziehen soll, damit er Ren vernünftig vorbereiten konnte, doch als dieser mehrmals hintereinander seine Hüften anhob und mit einer Brutalität wieder sinken ließ, dass man fast den Eindruck haben konnte, Ren wollte sich selbst pfählen, brachte Yoh kein Wort mehr heraus. Er kniff seine Augen zu und biss sich so stark auf die Lippe, dass es fast an ein Wunder grenzte, dass diese nicht zu bluten begann. Schmerz war das Einzige, was ihn gerade von einem Orgasmus abhalten konnte. Als Ren nach mehreren, schmerzhaften Versuchen endlich die komplette Länge Yohs in sich aufgenommen hatte, seufzte er einmal erleichtert auf, wartete jedoch keine weitere Sekunde und begann damit, Yoh in einem schnellen Tempo zu reiten. Sein Stöhnen sowie sein Gesichtsausdruck waren dabei viel schmerzerfüllter, als erregt. Obwohl Lust den größten Teil von Yohs Verstand vernebelte, gab es noch einen kleinen Teil in seinem Gehirn, der durchblutet wurde. „Ren...nicht so schnell...Es-Es tut doch weh, oder?“, fragte er besorgt und richtete seinen Oberkörper auf um eine sitzende Position einzunehmen. Er hielt überrascht inne, als Ren seinen Mund mit dessen Handfläche bedeckte und flüsterte: „Hör auf zu reden...“ Daraufhin schlang Ren seine Arme um Yohs Schultern und drückte seine von Schweiß feuchte Brust an die des Brünetten, bevor er damit fortfuhr, sich immer wieder schnell und hart auf Yohs Penis sinken zu lassen. Auch wenn dieser nicht ganz einverstanden war kam er Rens Aufforderung nach. Er schlang seine Arme um die Hüften des Chinesen und unterstützte diesen dabei einen gleichmäßigen Rhythmus zu finden. Ren stöhnte und keuchte ungehemmt in Yohs Ohr, während er sein Tempo Stück für Stück weiter erhöhte. Langsam wich der brennende Schmerz und mit jedem weiteren Stoß fühlte es sich besser an. Unbewusst umklammerte Ren Yohs Oberkörper noch fester und vergrub sein Gesicht in dessen Halsbeuge. 'Lass mich noch einmal alles spüren, Yoh...Schmerz, Vergnügen, Erregung...Gib mir alles was du hast...' Yoh fühlte, dass Ren kurz vorm Höhepunkt war. Weil er seinen eigenen Orgasmus auch nicht mehr lange würde hinauszögern können, umgriff er Rens erregtes Glied und pumpte dieses im selben Rhythmus ihrer Stöße. Unbeabsichtigt bohrte Ren seine Fingernägel in Yohs Schulterblätter und stöhnte noch lauter und kehliger in dessen Ohr. Mit einem letzten, tiefen Stoß kamen beide gleichzeitig, wobei sie sich gegenseitig noch fester aneinander drückten. Erschöpft von diesem wahren Tsunami der Gefühle sackten beide leicht zusammen und verharrten noch eine Weile in dieser Position. Beide atmeten schwer und unregelmäßig, weshalb sie ein paar Minuten brauchten, um ihre Atmung wieder unter Kontrolle zu bringen. Vorsichtig hob Yoh Rens Hüfte ein Stück an und trennte sie voneinander. Betrübt musste er feststellen, dass sich auf seinem erschlafften Glied ein paar Blutstropfen abzeichneten. Er beschloss jedoch besser nichts dazu zu sagen. Stattdessen lehnte er sich zurück in das weiche Gras und zog Ren sanft mit sich. Dieser schloss seine Augen und genoss die zärtlichen Streicheleinheiten, die Yoh über seinen Nacken und Rücken verteilte. Eine ganze Weile lagen die beiden so da ohne ein Wort zu sagen, bis Ren die Stille durchbrach und leise sagte: „Ich glaube, ich habe mich noch nie richtig bei dir bedankt...“ Yoh war verwirrt. „Wofür?“ „Für alles“, flüsterte Ren, woraufhin Yoh aufhörte ihn zu streicheln, Rens Gesicht in seine Richtung zog und in die gold-gelben Augen des Chinesen blickte. „Wieso habe ich das Gefühl, dass du dich von mir verabschieden willst?“, fragte er leise und legte seine Handfläche sanft an Rens Wange. „Keine Ahnung“, antwortete dieser, griff nach der Hand an seiner Wange und zog diese in seinen Nacken. „Mach weiter“, sprach er leise, schloss seine Augen und legte seinen Kopf wieder auf der Schulter des Brünetten ab. Er wollte Yoh mit all seinen Sinnen spüren. Seinen einzigartigen Körpergeruch, seine braunen, leicht strohigen Haare, die seine Nase kitzelten, seine tiefe, und zugleich so sanfte Stimme, seine Hände, die ihn so intensiv und leidenschaftlich, und doch so unglaublich zärtlich anfassten...Er wollte dieses wunderbare Gefühl Yoh so nah zu sein so lang wie möglich genießen, denn er wusste, dass es das letzte Mal sein würde... Tbc. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)