Hunter of Darkness - Sidestories von Plotchaser (Sidestories) ================================================================================ Kapitel 3: Juna - 1-Drei ------------------------ Die letzten beiden Monate verstrichen schneller, als mir lieb war. Doch blieb ich nicht untätig. Denn für jede Absage, die zurückkam, schrieb ich mindestens zwei neue Bewerbungen. Auch wenn ich langsam frustriert war und mich manchmal sogar fragte, ob es an meinem Aussehen lag, dass man mir nur Absagen zurücksendete. Man, ich trug nun einmal ausschließlich schwarz, das änderte jedoch nichts an meiner Arbeitsmoral. Und noch weniger an meiner Hartnäckigkeit. Trotzdem führten die Absagen dazu, dass ich mich immer weiter umschaute und in Branchen hineinschaute, von deren Existenz ich bisher nicht einmal wusste. Doch meine Eltern standen voll und ganz hinter mir und unterstützten mich, wo sie nur konnten, wenn ich mal wieder niedergeschlagen den Kopf hängen lies. Ich weiß nicht wieso, aber es überraschte sie kein bisschen, dass ich wegen Prim wegziehen würde. Immerhin diesen Rückhalt hatte ich, während ich für Prim eine Stütze sein musste. Denn, je näher der Umzugstermin rückte, desto verschlossener wurde die Blonde. Es machte mich wütend, sie so zu sehen, doch zeigte ich ihr nichts davon. Stattdessen wanderte ich des Nachts immer noch etwas umher, wenn ich sie heim gebracht hatte oder von ihr nach hause ging. Ich versuchte etwas zu finden, das sie wieder aufmuntern könnte, doch würde dies vermutlich nur eine sichere Zusage für einen Job fertig bringen.   Mit einem Seufzen blickte ich in den sternenklaren Himmel hinauf. Auch heute Nacht wanderte ich wieder durch die Feldwege am Stadtrand. Meine Gedanken spielten Pingpong und wanderten von Prim, zu den ganzen Absagen und wieder zurück. Ich wusste, dass die Absagen sie daran zweifeln ließen, dass ich mein Versprechen wahr machen würde. Und das setzte nicht nur ihr zu, sondern auch mir. Wütend trat ich einen Stein vom Weg und hörte, wie er durch das hohe Gras raschelte, ehe er irgendwo auf den Boden traf und nach einem Moment wieder das nächtliche Zirpen der Grillen weitergeführt wurde. Gerade, als ich wieder weitergehen wollte, klingelte plötzlich mein Handy. Überrascht zog ich es aus meiner Hosentasche und nahm hastig ab, als ich den Namen auf dem Display las. „Prim? Was ist los?“ Am anderen Ende der Leitung hörte ich leises Schluchzen. „Ich... Tut mir Leid, dass ich so spät noch anrufe... Aber... Ich kann nicht schlafen... Ich... Kannst du vorbeikommen...? Bitte...?“ Nur kurz huschte mein Blick auf meine Armbanduhr, da ich das Gefühl für Zeit in den letzten Wochen verloren hatte. Tatsächlich war es bereits 1 Uhr in der Früh und das erklärte ihre Entschuldigung. Insgeheim fragte ich mich, wie lange ich sonst immer unterwegs war und ob meinen Eltern dies auffiel, doch schob ich diese unwichtigen Gedanken beiseite. „Natürlich. Ich bin gleich da, okay?“ Noch während ich diese Worte sprach, hatte ich den Weg zu Prim eingeschlagen und lief zügig zu ihrem Haus. Das gehauchte „Danke“ verunsicherte mich mehr, als mir lieb war, weshalb ich noch einen Zahn zu legte und, ein wenig außer Atem, schließlich eine halbe Stunde später bei ihr ankam.   Leise schlich ich um das Haus ihrer Eltern, bis ich auf der rückwärtigen Veranda den bekannten Blondschopf ausmachte. „Prim?“ Sie saß mit unter das Kinn gezogenen Knien da und starrte auf den Boden. Erst bei meinen Worten zuckte sie leicht zusammen und stand dann zögerlich auf. Trotz der Dunkelheit konnte ich die Tränen auf ihrem Gesicht sehen, die sie mir die letzten Wochen nicht hatte zeigen wollen. Augenblicklich überbrückte ich den Abstand zwischen uns und zog sie in meine Arme. „Was ist passiert?“ Sanft schüttelte sie den Kopf und schluchzte einfach nur leise. Erneut zerriss es mir das Herz, doch wartete ich, dass sie sich selbst zum Reden durchringen würde. Währenddessen streichelte ich ihr beruhigend über den Rücken. Nach einer gefühlten Ewigkeit drückte Prim sich schließlich von mir weg und wischte sich die Tränenspuren aus dem Gesicht. „Können wir wo anders hin?“ Während ich bereits nickte, überschlug ich im Kopf, wo wir um diese Uhrzeit hin konnten. „Lass uns auf den Spielplatz gehen“, schlug ich dann vor, da dieser nicht weit weg war, aber weit genug von den Häusern, dass wir niemanden störten. Erst, als Prim zustimmend genickt hatte, schlang ich einen Arm um ihre Schultern und führte sie die Straße hinunter, an dem Garagenblock vorbei zu dem versteckten Spielplatz, der sich hinter diesen befand. Einer meiner Mundwinkel zog sich zu einem schiefen Lächeln nach oben, als ich daran dachte, wie viel Zeit wir im letzten Jahr hier verbracht hatten. Und aus diesem Grund lenkte ich unsere Schritte zu einer Bank, die uns beiden vertraut war, damit wir uns setzen konnten. „Was beschäftigt dich, dass du mich mitten in der Nacht anrufst, hm?“ Ich unterbrach die Stille zwischen uns mit dem Wissen, dass Prim sich sonst um eine Antwort drücken würde. Dann wartete ich geduldig auf ihre Antwort. „Ich... Ich kann... nicht mehr... Ich... Ich will nicht... Ich will nicht weg ziehen... Ich will nicht weg... von dir... Ich...“ Überrascht hielt ich die Luft an, als die Blonde zu sprechen begann. Wieder lief ihr eine Träne über die Wange und ich konnte mich nicht davon abhalten, diese mit dem Daumen aus ihrem Gesicht zu wischen. „Ich hab dir doch versprochen, dass ich dich nicht alleine lassen werde, oder etwa nicht?“ Ich sah, wie sie sich auf die Unterlippe biss, ehe sie den Blick abwandte und die Knie wieder unters Kinn zog. Kritisch zog ich einen Moment lang die Augenbrauen zusammen. „Aber... Du hast... Du hast immer noch keinen... Job... Du kannst nicht umziehen, wenn du... wenn du kein Geld... verdienen kannst... Und... Wir... Wir können uns dann... dann... nicht mehr... sehen...“ Wieder stieg Wut in mir auf. Wieso vertraute Prim sich selbst und anderen nur so wenig? Sie musste endlich sehen, dass ich meine Versprechen hielt, egal unter welchen Umständen. Doch wie sollte ich das anstellen? Frustriert seufzte ich vor mich hin, ehe ich näher zu ihr rückte und den Arm wieder um ihre Schultern legte. „Prim“, ich ließ ein wenig Nachdruck in meiner Stimme mitschwingen, damit sie mich anschaute. „Ich habe dir etwas versprochen und ich breche meine Versprechen nie, verstanden? Wenn ich nicht direkt einen Job finde, muss ich mich Vorort eben persönlich bei denen vorstellen, bis ich etwas habe. Und wenn ich solange vom Geld meiner Eltern lebe, schön. Ich zahle es ihnen zurück, sobald ich selbst Geld verdiene. Ich lasse es nicht zu, dass du in einer fremden Stadt alleine bist.“ „Aber... Aber...“ „Kein Aber. Du bist mir wichtig, deswegen werde ich alles dafür tun, um einen Weg zu finden, bei dir zu bleiben.“ Erschrocken riss Prim die Augen auf. Mist, hatte ich etwas falsches gesagt? Als sie aufstand, lies ich locker, um ihr ihren Freiraum zu lassen. Doch als ich ihr nun in die Augen sehen konnte, war da keine Angst zu sehen. Der Blick ihrer karamellfarbenen Augen war forschend, nachdem sie sich die Augen mit dem Ärmelrücken ihres grauen Hoodies trocken gewischt hatte. „Was... meinst du... damit...?“ Okay, ich hatte einen Schritt zu weit nach vorne gewagt. Innerlich rang ich mit mir selbst, während ich die Ellenbogen auf meinen Knien ablegte. Ich würde erst einmal versuchen, sie nicht mit meinen Gedanken zu verschrecken, die ich mir in den letzten Wochen gemacht hatte. Vermutlich waren ihr diese Gedanken zu viel, also versuchte ich es einfach auf der freundschaftlichen Basis, die sich zwischen uns beiden aufgebaut hatte. „Ich meine es so, wie ich es gesagt habe, Prim. Ich lasse dich nicht alleine.“ Prims Augenbrauen zogen sich misstrauisch zusammen und ich konnte erkennen, dass sie genau merkte, dass ich ihr etwas verheimlichte. Aus Angst, dass sie davon laufen würde, stand ich von der Bank auf und machte einen Schritt auf sie zu. Ich musste ihr also meine Gedanken offenbaren. „Gut, es ist nicht ganz so, wie ich es gesagt habe. Ich meine-...“ Mit einem Mal wurde ich von Prim unterbrochen, die mit schockiertem Blick zurück stolperte und auf dem Hosenboden landete. Ihre Augen leuchteten in der Dunkelheit und jagten mir einen kalten Schauder über den Rücken. Doch hielten sie mich nur einen Moment tatsächlich davon ab, auf Prim zu zu stürzen und mich zu ihr zu knien. Denn, als ich bei ihr saß und meine Hände sie berührten, spürte ich ihr heftiges Zittern und ich verfluchte mich für mein Zögern. „Prim? Was ist los?“ Angst schnürte mir fast die Kehle zu, da ich dieses Verhalten von ihr nicht kannte und sie kein bisschen auf mich reagierte. „Prim?!“ „Es kommt... Es ist gleich da...“ Wieder erschauderte ich, als ich die geflüsterten Worte der Blonden hörte. „Prim, verdammt, was kommt?“ Und da befiel auch mich ein ungutes Gefühl. Dieses beklemmende Gefühl im Magen, wenn etwas nicht stimmte, wenn böses in der Luft lag. Dieses Gefühl, das sich mit brennenden Krallen in meinen Nacken klammerte und mich panisch herum fahren lies. Doch stand dort niemand, auch wenn ich fest damit rechnete. „Was zur Hölle...? Prim, verdammt...“ Mein Gefühl trieb mich dazu an, fort zu laufen, also packte ich die Blonde unter den Achseln und versuchte sie auf die Beine zu hieven, da sie noch immer auf dem Boden saß. Ich spürte, dass sie versuchte, auf ihren eigenen Beinen zu stehen und lies den Blick kurz von der Umgebung zu ihr hin schweifen. „Prim, alles klar?“ „Juna“, ihre Stimme klang schwach, als hätte sie hohes Fieber. „Du bist in Gefahr... Etwas wird dich...“ „Sei ruhig“, herrschte ich sie jedoch an und blickte mich wieder voll unbegründeter Panik um. „Ich bring dich jetzt heim, dir geht’s nicht gut. Und mir passiert nichts, okay?“ Ich hatte Prim kaum drei Schritte vorwärts geschleppt, da warf sich irgendetwas auf meine Brust. Ich konnte nur im Augenwinkel ausmachen, wie Prim den Halt verlor und stürzte, während ich selbst von etwas Unsichtbarem auf den Boden geschmettert wurde. Panische Angst schnürte mir die Kehle zu und ich spürte heißen Atem in meinem Gesicht, doch war dort nichts. Da ich mich nicht auf meine Augen verlassen konnte, kniff ich diese zusammen und konzentrierte mich auf das schwere Gefühl auf meiner Brust. Dort lag etwas, das definitiv um die 50 Kilogramm wog. Doch es schien mir nichts tun zu wollen. Ich spürte, wie es das Gewicht verlagerte und sich in eine andere Richtung umwandte. Einen kurzen Moment war ich erleichtert, bis mir in den Sinn kam, dass Prim in dieser Richtung sein musste. „Verdammt!“ Ohne auch nur einen weiteren Gedanken zu verschwenden, griff ich nach vorne und ertastete ledrige Haut. Was ich spürte, erinnerte mich an Echsen und verwirrte mich, weshalb ich die Augen öffnete und wieder ins Leere blickte. Was zur Hölle ging hier ab? Egal, ich musste Prim beschützen. Also krallte ich meine Finger in das Fleisch unter diesen und zog dieses 50-Kilo-Tier an mich heran. Ich konnte spüren, wie es in meinem Griff herumwirbelte und ebenso, dass es wütend knurrte, denn das Brummen vibrierte in meinem eigenen Körper wider. Und im nächsten Moment durchschoss mich nur noch ein siedend heißer Schmerz am Kopf. Das Letzte, das ich wahrnahm, war der moderige Mundgeruch dieses Wesens. Dann war alles still. Hosted by Animexx e.V. 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