Bis in alle Ewigkeit von Tarima (Michi-Woche) ================================================================================ Kapitel 1: Fantasie ------------------- Es war immer wieder komisch, die alte blecherne Keksdose nach all der Zeit in den Händen zu halten und wie jedes Jahr unter den Kirschbäumen zu warten. Ich öffnete sie und die ganzen kleinen Zettel kamen zum Vorschein, die wir seit zehn Jahren dort hinterließen. Sie enthielten unsere geheimsten Wünsche. Träume, die wir uns im kommenden Jahr erfüllen wollten. Ich grinste und zog wahllos ein paar alte Zettel aus der Dose.   Matt: Im nächsten Jahr werde ich eine Band gründen. Joe: Nächstes Jahr werde ich Klassenbester sein. Mimi: Ich werde Abschlussballkönigin. Ich musste lachen. Das passte zu ihnen. Im Laufe der Zeit wurden die Zettel immer weniger. Vor einem Jahr hatte ich geschrieben: Ich werde Mannschafts-Bester.   Dann nahm ich Mimis letzten Zettel in die Hand, den sie vor zwei Jahren geschrieben hatte.   Nächstes Jahr werde ich so was von Karriere machen!!!   Schmunzelnd legte ich ihn zurück. Der von letztem Jahr fehlte. Sie war nicht gekommen, so wie alle anderen. Keiner hatte Zeit für vergangene Träume. Und auch dieses Jahr würde ich wohl der Einzige sein, der seinen Wunsch aufschrieb. „Hey, warum hast du schon angefangen?“, sagte plötzlich eine vertraute Stimme. Ich sah überrascht auf. Mimi stand vor mir und stemmte die Hände in die Hüften. „Das finde ich nicht nett von dir, Tai. Es ist Tradition, dass wir die Wünsche zusammen aufschreiben.“ Etwas ungläubig starrte ich sie an, doch dann musste ich einfach lächeln. „Sorry, ich dachte, es kommt niemand mehr.“ Ihre Miene entspannte sich und sie setzte sich neben mich. „Tut mir leid, dass ich dich letztes Jahr versetzt habe“, entschuldigte sie sich. „Aber… Mein Freund hat einen Tag vorher Schluss gemacht. Irgendwie war mir nicht hiernach.“ Ich nickte verständnisvoll. Das konnte ich ihr nicht verübeln. Auch meine Beziehungen waren die letzten Jahre über alle in die Brüche gegangen. „Wir hatten wohl beide nicht besonders viel Glück in der Liebe, was?“ Mimi lächelte traurig und ich konnte diesen Schmerz nachempfinden. „Ach, was soll’s“, sagte sie plötzlich wie ausgewechselt. „Wollen wir?“   Wir saßen eine gefühlte Ewigkeit mit unseren leeren Zetteln schweigend nebeneinander. Keiner von uns schrieb auch nur ein Wort. Irgendwann sagte Mimi dann: „Hast du auch das Gefühl, dass unsere Wünsche immer ziemlich… na ja, oberflächlich waren?“ „Deine vielleicht. Meine ganz sicher nicht.“ Dafür kassierte ich einen Schlag gegen den Arm. „Du weißt genau, wie ich es meine. Vielleicht sollten wir uns was wünschen, was etwas mehr… Tiefe hat.“ Mit hochgezogener Augenbraue sah ich sie an. „Du machst mir Angst. Hast du Fieber?“, fragte ich und legte eine Hand an ihre Stirn, die sie sogleich wegschlug. „Lass den Unsinn! Schließ mal die Augen.“ „Was?“ „Schließ deine Augen. Und dann stell dir vor, was dein tiefster Herzenswunsch ist. Lass einfach mal deine Fantasie spielen.“ „So ein Quatsch.“ Mimi grummelte und schloss ihre Augen. Ein leichtes Lächeln trat auf ihre Lippen. „Also, in meiner Fantasie… verliebe ich mich unsterblich in jemanden. Und er verliebt sich unsterblich in mich.“ „Ach, wirklich?“, grinste ich. Mimi öffnete die Augen und sah mich ernst an. „Ja, wirklich. Gib mal her!“ Sie riss mir meinen Zettel aus der Hand und schrieb etwas darauf.   Tai: Ich werde mich unsterblich verlieben.   „Hey, das ist aber nicht mein Herzenswunsch“, beschwerte ich mich. „Doch, ist es. Du weißt es nur noch nicht“, grinste Mimi, schrieb dasselbe auf ihren Zettel und legte beide zu den anderen in die Keksdose. „Heute in einem Jahr, werden wir uns beide unsterblich verlieben, Taichi Yagami.“ Und somit wurde ihre Fantasie zu meiner Fantasie – auch wenn ich es nie wollte. Aber sie sollte recht behalten. Ich würde mich unsterblich verlieben. Ich wusste es nur noch nicht. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)