Something just like this von Ayane88 ================================================================================ Kapitel 13: ------------ Kaum war er in der Wohnung, warf er sich aufs Bett, den Blick zur Decke gerichtet. „Du bist ein Monster“, gingen ihm Flos Worte durch den Kopf. Jules sollte sich nicht zu viel daraus machen. Flo war ein Idiot. Jemand, der ihn nicht mal ansatzweise kannte. Dennoch störte sich Jules daran, dass er Jay mit hinein gezogen hatte. Klar, er war weitaus zufriedener mit sich selbst und auf einem guten Weg sein altes Leben sowie die damit verbundenen Schmerzen hinter sich zu lassen. Jules wusste jedoch genau, dass er erst los lassen konnte, wenn er seinen Bachelor absolviert hatte und von hier weg zog. Am liebsten würde er diesen Schritt zusammen mit Jay wagen. Bis dahin würde noch einige Zeit ins Land ziehen. Somit war Jules gezwungen, Flo und seine Konsorten zu ertragen. „Ob mich Luan genauso sieht, wenn sie alles erfährt?“, raunte er. Jules wollte einfach von ihr als das wahrgenommen werden was er war. Ein Mann. Nicht mehr und nicht weniger. Eben aufgrund dessen durfte er ihr seine Identität nicht verschweigen. Jules hatte dies öfter durch gemacht. Im Endeffekt wusste er nur wie Luan zu ihm stehen würde, wenn er ihr reinen Wein einschenkte. Jules fasste sich ein Herz und beschloss ihr zu schreiben. „Hey, wenn wir uns morgen treffen muss ich unbedingt mit dir reden. Ich weiß, dass das zwar recht früh für dich kommen mag, andererseits brauche ich da einfach Klarheit.“ Ohne viele Umschweife verschickte er die Mail. Einige Minuten später folgte Luans Antwort. „Oha, du klingst ja so als ginge es dabei um Leben und Tod. Ich bin gespannt. Ab wann hast du Zeit?“ „Ich habe morgens nur ein Seminar und danach wäre ich vollkommen für dich da“, während er dies tippte, lächelte er. Innerlich bekam es Jules allerdings mit der Nervosität zu tun. Jene Art von Gespräch hatte er nie so vorzeitig führen müssen. Um sich den Kopf nicht völlig zu zerbrechen, entschied er sich, es Jays Methode gleichzutun und zockte eine Runde. Es gab Tage, da genoss er die Einsamkeit. Dieser war einer davon. Einzig Jay, nahm ihn in der Hinsicht wie er war. Er kam gut mit Jules introvertierter Art klar. Sie konnten stundenlang in einen Raum sitzen ohne auch nur ein Wort zu reden. Trotz allem wusste er, dass Jay für ihn da war. Wenigstens war sich Jules dieser Sache bewusst geworden, Dank der vergangenen Erlebnisse. Einzig und allein Flos Ansprache war ein Schlag ins Gesicht gewesen. Ja, Jules fürchtete sich davor wie Jay ihn genau sah. Es bestand etwas Außergewöhnliches zwischen ihnen, das konnte keineswegs verleugnet werden. Doch was genau dachte Jay, wenn er mit ihm schlief? Wenn sie sich nahe kamen und er jene Narben sah. Ebenso wie sein Genital, was eher einem Hybrid glich. Konnte er ihn tatsächlich lieben? Jays bisherige Partner waren stets Frauen gewesen. Und wie man letztens gesehen hatte, ziemlich Hübsche noch dazu. Wollte er ihm diesbezüglich wirklich im Weg stehen? Jules fühlte sich schlecht. Außerdem hatte Flo mit seiner Aussage, dass er niemals ein Mann sein könnte, einen Wund Punkt getroffen. In der Jugend hatte er sich oftmals wie ein Freak gefühlt. Nirgendwo passte er hinein. Weder zu den Mädchen noch zu den Jungs. Selbst seine Eltern, machten ihm Angst, dass mit ihm etwas nicht stimmte. Während alle um ihn herum normal funktionieren, degradierte Jules mehr und mehr zum Außenseiter. Selbstverständlich hatte er sich nie die Menstruation gewünscht, was ihm Dank einer genetischen Hormonstörung, sehr lange erspart blieb. Und selbst als er sie dennoch bekam, war sein Zyklus ausgesprochen selten. Höchstens drei Mal im Jahr besuchte ihn jene unliebsame Sache. Die Mädchen meinten, dass Jules wohl krank sei. Schon vor der Hormontherapie hatte er eine ungewöhnlich tiefe Stimme. Überdies glich sein Haarwuchs nicht dem einer cis Frau sondern eher dem eines Mannes. Um nicht zusätzlich aufzufallen, rasierte sich Jules. Wirklich zum Guten änderte sich dadurch jedoch nichts. Erst gegen Ende seiner Schulzeit wurde er in die Klasse integriert, insbesondere durch den Klassenlehrerwechsel. Plötzlich nahm man ihn, wie er war. Ein Outing ersparte er sich dennoch. Lange kämpfte Jules dagegen an, zu seiner männlichen Identität zu stehen. Ja, er wollte sogar seinen Eltern den Gefallen tun, seine vermeintliche Andersartigkeit zu bekämpfen und unterzog sich für kürze Zeit einer Therapie mit Östrogenen. Diese vertrug Jules ganz und gar nicht. Er wurde zunehmend aggressiv. Erst waren es Gegenstände, schließlich richtete er seinen Zorn gegen selbst. Er hasste es anders zu sein, hasste es, dass seine Eltern dachten, er hätte wohl möglich eine Krankheit. Seine Arme versteckte er. Sogar im Sommer trug Jules langärmlige Sachen, was seine Eltern darin bestärkte, dass er anders tickte. Nach einer emotionalen und gefährlichen Beziehung, brach Jules diese Art von Zwangsfeminisierung ab. Entgegen seiner Erwartungen verstanden ihn seine Eltern. Die eigentliche Schockstarre verursachte letztlich sein Outing als transident. Auf einmal behaupteten sie, nie Zeichen dafür gesehen zu haben. So waren sie eben. Sie hatten genug eigene Probleme. Die Angst, dass ihr Kind für das Leben geprägt sein könnte, verfestigte sich zudem in ihren Köpfen. Ein transidenter Sohn, der auch noch in einer homosexuellen Beziehung war. Was würden nur die Leute denken? Jules sah auf seine Arme. Die schnitte waren nie wirklich tief gewesen und kaum sichtbar. Eine relativ längliche Narbe, war ein Überbleibsel aus dieser schlimmen Zeit und kurz vor der Trennung zu seiner Ex-Beziehung. Wenn er sich recht erinnerte, wollte Jules gar nicht weiter darüber nachdenken. Es war einer lieben Freundin zu verdanken, dass er sich zum ersten Mal outete, es beim Namen nannte. Sie half ihm, seinen Weg zu finden. Die zwei hatten eine ähnliche Situation und das vereinte sie. Leider war sie vor Jahren weg gezogen, aber sie war eine der wenigen Personen aus Jules Vergangenheit, zu der er Kontakt hielt und die ihm wirklich wichtig war. So etwas, verspürte er selten. Zum ersten mMal kam dieses Gefühl wieder bei Jay auf. Kurze Zeit vorher hatte sich Jules seine Identität vollkommen eingestanden und begonnen den steinigen Pfad zu gehen, der ihn zu seinem wahren Ich führte. Jay begleitete ihn durch etliche Etappen. Vom ersten Endokrinologentermin bis zum Vorgespräch für die Mastek, war er dabei gewesen. Da Jay zum Zeitpunkt der Operation eine Nachprüfung hatte, war er leider nicht anwesend. Doch das konnte Jules verstehen. Prüfungen gingen nun einmal vor. Wenn es darauf ankam, war Jay da. Immer. Selbst wenn er manchmal kaltherzig wirkte, bestätigten all diese Ereignisse, dass ihm Jules alles andere als egal war. „Genau deshalb tut es mir weh. Flo an sich ist mir egal. Als Hybrid bezeichnet zu werden im Angesicht unserer Beziehung jedoch nicht“, murmelte Jules, während er der Attacke eines Gegners auswich. Sein gesamtes Leben lang war er so bezeichnet wurden. Aber Jay hatte jene Wörter nie in den Mund genommen. Auch wenn er Jules Wohnung nach dem Sex fluchtartig verließ, sah er ihn stets als vollwertigen Mann an. Neben seiner Freundin aus Schulzeiten, war Jay der Einzige für den er nicht andersartig war. Zu Beginn ihrer Beziehung hatten sie mit einer Menge altem Ballast zu kämpfen. Jules aufgrund der Dämonen, die ihn heimsuchten und sich in seinen Gedanken verfestigten. Sein Partner wegen alter Wunden über die er schwieg. Ihm kam dieser eine Augenblick in den Sinn, wo ihn Jay heulend und auf dem Boden kauernd im Bad fand. Für gewöhnlich verbarg Jules seine Tränen lieber als sie offen zu zeigen. An diesem Tag kamen sie wie von selbst. Zu viele Erinnerungen waren empor gekommen. Dinge, die er verdrängen wollte. Noch jetzt spürte er die Umarmung von Jay. Er hatte ihn in seine Arme genommen ohne etwas zu sagen. Damit Jules wusste, dass er da war. Ja, Dank ihm hatte er überlebt. Seine Narben zeugten davon. Die Nacht war Jay bei ihm geblieben. Sie schliefen Arm in Arm ein. Jules strahlte bei diesem Bild. Einigermaßen zufrieden beendete er sein Spiel. Er war allein in der Wohnung. Sein Mitbewohner arbeitete um diese Uhrzeit. Also nutzte Jules dies auch und konnte sich in Ruhe sein Essen kochen. Wenn Jay nachher vorbei käme, hatte er bestimmt Hunger. Meistens kochte Jules unterbewusst für ihn mit. Als seien sie ein altes Ehepaar. Ping. Sein Whatsapp summte und er fischte das Handy aus seiner Tasche. „Ach, der Typ. Er ist ein hoffnungsloser Fall aber wenn wir mit dem Studium fertig sind, dann sind wir ihn los. Bis dahin heißt es Durchhalten.“ Jules Herz machte einen Sprung, denn Jay hatte ein Wort verwendet, dass er so gut wie nie gebrauchte „wir“. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)