Being a musical boy von Erenya (Fragen die eine Frau schon immer hatte) ================================================================================ Kapitel 2: Head on Shoulders ---------------------------- Ich sah Tsukigami an mir vorbeigehen, als ich den Raum verließ, doch viel eher bemerkte ich meinen Freund Kousuke, der mit ernsten Blick zu mir sah. „Und?“, fragte er sogleich und ich überlegte, was ich da drinnen eigentlich getan hatte. Ich war ehrlich gewesen. Vielleicht zu ehrlich. Und wie sagte man so schön, manchmal konnte gnadenlose Ehrlichkeit einen das Genick brechen. Wie sollte ich Kousuke das also erklären. „Schon wieder? Wirklich Akechi? Du hast es echt versaut? Hast du ihnen etwa erzählt, dass du gar nicht interessiert bist?“ „Huh? Nein. Ich hab schon erwähnt welches Star-Team ich bevorzugen würde. Und ich habe mich äußerst vorbildlich verhalten. Aus meiner Sicht.“ „Aus deiner Sicht... oh je. Hoffen wir einfach, dass du überhaupt ein Team bilden kannst. Und Mom sagte du sollst auf mich aufpassen. Ich glaube, ich muss eher auf dich aufpassen.“ Kousuke seufzte verzweifelt und schüttelte mit dem Kopf. „Naja, was passiert ist, ist passiert. Wir sollten einfach abwarten. Vielleicht haben unsere Senpais Erbarmen und lassen Gnade vor Recht ergeben.“ Schmollend schob ich meine Unterlippe vor und sah ihn an. Dabei versuchte er doch immer so positiv sein und nun musste er den Pessimisten mit wenig Hoffnung mimen. „Wir sollten langsam ins Wohnheim und unsere Zimmer finden. Und hör auf zu schmollen. Wir wissen beide, dass du mich damit nicht weich kriegst.“ „Ja, ja... Schon verstanden. Dann suchen wir mal unsere Zimmer. Weise mir den Weg oh großer Führer.“ „Sei nicht so albern.“ Ich verdrehte die Augen, denn irgendwie nahm Kousuke das ganze wohl wirklich viel zu ernst. Wenn ich ehrlich war, es hätte mich schon gefreut, wenn ich in irgendein Star-Team käme. Allerdings waren für besondere Dinge nur besondere Menschen bestimmt. Und ich war alles andere als besonders. Selbst in meiner Realität, außerhalb dieses Traumes führte ich das Leben einer Komparse. Ich war einfach unbedeutend und nicht dazu bestimmt große Dinge zu leisten. „Du bist auch hier?“ „Cool, dann können wir wieder zusammen Musik machen.“ Um mich herum hörte ich noch andere Teilnehmer, die sich scheinbar, genau wie Kousuke und Akechi schon länger kannten und sich hier wieder trafen. Die Frage war nur, wie lange würde Kousuke noch so etwas wie ein Freund für mich bleiben, wenn er vielleicht talentierter war. Ich war mir sicher, dass ich irgendwo auf der Strecke bleiben würde. Das passierte mir immer mit meinen Freunden. Irgendwann blieb ich auf der Strecke und wurde irgendwie ausgeschlossen. Geistig wäre es also besser, wenn ich mich bereits darauf einstellte. Es würde passieren. Früher oder später. Weil ich niemand besonderes war. Ich war so in Gedanken versunken, dass ich nicht mehr wirklich auf meinen Weg achtete und einfach nur gerade aus lief, bis ich einen anderen Schüler über den Haufen rannte. Dieser schien ebenso in Gedanken versunken gewesen zu sein, wie ich. „Sorry“ „Es tut mir leid.“ Gleichzeitig entschuldigten wir uns bei dem anderen. Es war schon irgendwie witzig. „Du hast dich auch beworben für ein Star-Team?“ Auch wenn es witzig war, es war unangenehm und mein Unfallpartner schien es mehr zu fühlen als ich, weswegen er irgendwie das Eis brechen wollte. „Jap. Ich bezweifle aber dass ich in ein Star-Team komme. Die Konkurrenz ist doch schon sehr stark.“ „Oh ja. Tsukigamis Bruder... Tengenji und ich hab da noch den ein oder anderen gesehen der einiges auf dem Kasten hatte.“ „Da gibt es einige. Dennoch... ich drück dir die Daumen.“ „Danke. Ich dir auch. Vielleicht sieht man sich wieder. So groß ist das Schule nicht.“ „Richtig.“ Es war zwar nur ein kurzes Gespräch, aber es brachte mich irgendwie von meinen negativen Gedanken ab. Und zurück in die Realität. Als mein Gesprächspartner an mir vorbei gegangen war, merkte ich, dass ich etwas oder besser jemanden, verloren hatte. Kousuke. Ich konnte es nicht glauben, denn eigentlich hatte ich ihn keinen Augenblick lang aus den Augen gelassen. Wobei halt, das war gelogen. Ich hatte nicht darauf geachtet, wohin er gegangen war, geschweige denn wohin ich selbst meine Schritte geführt hatte. „Das ist so ein Klischee... Und leider ist das meine traurige Wahrheit.“ Ja, ich nutzte dieses Klischee ungewollt sehr oft. Es geschah sehr oft, dass ich jemanden aus den Augen verlor, wenn meine Aufmerksamkeitsspanne nicht mehr bis zu meinen Begleiter reichte. Manchmal wollte ich etwas anderes sehen als mein Begleiter und dachte mir „Ach findest du wieder“. Meist war das der Moment in dem das Schicksal entschied, dass wir einander verlieren würde. Und hin und wieder ging ich sogar freiwillig verloren. Indem ich einfach stehen blieb oder mich wortlos von der Begleitung oder der Gruppe trennte. Das passierte mir besonders oft, in Gruppen, wenn ich einfach keine Lust mehr hatte zu viele Menschen um mich herum zu haben. Alles in allem bedeutete es, dass ich verdammt gut darin geworden war, verloren zu gehen. Ja, es war ein Klischee, machte es aber nicht weniger realistisch. Das schlimmste daran das man jemanden verlor, den man nicht verlieren wollte war, dass man hinterher nicht mehr wusste, wo man hin musste. Ich hatte damit nicht nur Akechis Freund verloren, sondern auch die einzige Person, die ich kannte, die mich kannte, und die mir wahrscheinlich helfen konnte zu den Schülerwohnheimen zu finden. Gleichzeitig ärgerte ich mich, dass ich mich von meinem Zusammenstoß so schnell verabschiedet hatte. Vielleicht hätte er gewusst, wie ich zum Wohnheim kam. Doch nun war ich auf mich allein gestellt und musste mich irgendwie zurecht finden. Hier im Gebäude zu bleiben würde mir auf jeden Fall nicht helfen. Soviel war klar. Immerhin wusste ich, wie ich dieses Gebäude verlassen konnte. Einige Wegweiser hatte ich mir gemerkt. Räume mit ihren Bezeichnungen. So etwas wie Tanzstudio eben. Sie dienten mir als meine Eckpunkte der Orientierung. In meiner Welt klappte das auch immer ganz gut, auch wenn ich letzten Endes nie jemanden helfen konnte, der mich nach irgendwelchen Straßen fragte. Das war das einzige Problem bei dieser Art er Wegführung. Doch auch hier stellte sie sich als sehr exakt heraus, denn ich hatte mich in Null Komma nichts aus den Hallen der erbarmungslosesten Prüfung gefunden. Die Sonne lächelte mir noch entgegen, so als wollte sie mich aufmuntern und ermutigen für all das, was mir noch bevorstand. Ich hoffte mittlerweile, dass es aber nicht mehr ganz so viel war. Vor dem Schülerrat zu stehen, hatte wahrscheinlich mein „Glück“ für das restliche Leben aufgebraucht. Auch wenn Otori noch fehlte. Aber man konnte ja nicht alles haben. Suchend sah ich mich auf dem Gelände um, während ich einen Fuß vor den anderen setzte und nach den nächsten Wegweisern suchte. Am Haupteingang angekommen fand ich schließlich eine Schaukasten mit einer Karte. In dieser war genau verzeichnet, wo sich was in der Ayanagi befand. Die Schule war förmlich ein riesiger Campus und ich war mir sicher, dass hier massig Geld drin steckte. Scheinbar hatte ich aber doch nicht mein ganzes Glück aufgebraucht, denn auf dem Plan stand ebenfalls, wie ich zu den Unterkünften kam. Auch diese waren nicht weit von dem Gebäude entfernt. Höchstens einen halben Kilometer. Dennoch musste ich mir den Plan einprägen. Besser früher als später. Wie ich mich nämlich kannte, würde ich mich noch das ein oder andere Mal verlaufen. Und so stark blamieren wollte ich mich auch nicht, indem ich immer wieder nach dem Weg fragte.   Dank des Plans hatte ich es recht sicher zum Gebäude der Schülerunterkünfte geschafft. Die letzte Mission für diesen Tag würde also bedeuten, dass ich mein Zimmer fand. Ich griff in meine Tasche und kramte in dieser herum, während ich immer wieder einen Zettel nach dem anderen hervor zerrte und betrachtete. Irgendwo musste doch Akechi stehen haben, in welchem Zimmer er wohnte. Und schließlich, nach einer gefühlten Ewigkeit hatte ich ihn gefunden. Einen Zettel auf dem eine Etage und eine Nummer stand. Meine Odyssee war also noch nicht ganz vorbei. Aber ich war dem Ziel so nahe. Ich freute mich schon darauf. Dank Akechis Notiz, dauerte es auch wirklich nicht lange. Die Etage war schnell gefunden und meine Zimmernummer gehörte zu denen, die näher an der Treppe lagen. Es war damit ein Kinderspiel gewesen. Glücklicherweise. Erleichtert stand ich vor der Zimmertür und las das Schild an dem nicht nur Akechis Name hing. Ich wusste nun nicht, ob es Glück oder Pech war, aber mein Zimmergenosse war nicht Kousuke. Momentan war ich der festen Überzeugung, dass es Glück war. Dort stand er, der Name, der mir aus einigen Otome-Games bekannt war. Also, wirklich nur der Name, die Person war wahrscheinlich eine ganz andere. „Mirai Satokawa also. Bin gespannt wie er ist. Und wie lange dieser Traum noch geht. Wenn ich aufwache, bin ich reif für die Inseln.“ Ich schmunzelte bei dem Gedanken und öffnete die Tür, wobei sich vor mir eine Burg aus Kisten stapelte. Genauso wie ich es bei Hoshitani und Nayuki in Erinnerung hatte. Hier waren also die Habseligkeiten von mir und meinem Mitbewohner verpackt. Doch etwas passte nicht ins Bild. Hinter den Kisten bewegte sich etwas rotes... oder war es blond? Auf jedenfall sah ich einen Schopf der immer wieder hinter den Kisten verschwand nur um dann wieder aufzutauchen. „Klopf Klopf“, machte ich mich bemerkbar, denn scheinbar war die Person zu vertieft im Auspacken gewesen um bemerkt zu haben wie die Tür aufgegangen war. Und tatsächlich, der Schopf schoss in die Höhe und ich erkannte die langen Haare, die die femininen Gesichtszüge des oder derjenigen Umspielten, die hinter den Kisten verborgen gewesen war. Auch wenn mein Gegenüber doch sehr weiblich wirkte, ging ich nicht davon aus, dass ich es hier mit dem einzigen Mädchen in einer reinen Jungsschule zu tun hatte. Das hier war High School Star Musical nicht Hakuouki Sweet School Life. „Ich nehme an, du bist Satokawa-kun?“ Er nickte und ich war fast schon stolz auf meine Kombinationsgabe. Sherlock Holmes hätte mich dafür als Laien bezeichnet. „Sehr erfreut. Ich bin dein neuer Mitbewohner Meguro Akechi.“ Ich lächelte und erneut nickte er, wobei ich ein zurückhaltendes „Ebenfalls sehr erfreut“ wahrnahm. Wirklich viel zu einem Gespräch trug er nicht bei und ich wusste ehrlich nicht, wie ich dieses Gespräch weiterführen sollte. „Uhm, es tut mir leid, dass ich etwas zu spät hier bin. Ich war noch bei dem Vorsprechen und kann mich noch nicht so gut auf dem Campus orientieren.“ „Ich bin auch noch nicht so lange hier. Das Vorsprechen ging doch schon einige Zeit.“ Innerlich jubelte ich, denn scheinbar hatte ich mit mehr Glück als Verstand ein gemeinsames Gesprächsthema gefunden. Das Vorsprechen. „Oh, du warst auch da? Wie lief es bei dir?“ „Es war in Ordnung.“ Innerlich murrte ich, denn es konnte doch nicht sein, dass er einfach nur mit einem „Es war in Ordnung“ antwortete. Hilfreich war das nicht gerade, denn er hatte es geschafft, damit die Unterhaltung die ich in Aussicht hatte, sofort wieder abwürgen. „Bei mir war es etwas naja. Ich glaube ich hab mich ins Aus katapuliert. Aber immerhin habe ich es versucht. Es wäre ein Wunder wenn ich in ein Star-Team käme. Dabei habe ich gar keine musikalische Ausbildung genossen. Abgesehen von der Mutter meines Freundes, die mich etwas unterrichtet hat. Wie sieht es bei dir aus?“ „Gehört das Keyboard dir?“ Ich war nicht sehr erfreut über diesen Themenwechsel, denn irgendwie hatte ich gehofft, mehr über ihn zu erfahren. Stattdessen verwies er auf ein verpacktes Keyboard, welches in der Ecke neben einem Karton stand. „Ja. Hin und wieder spiele ich etwas darauf. Wenn dich das stört sag es, ich hab sicher auch meine Kopfhörer eingepackt und kann diese einstecken.“ „Das ist schon okay. Es würde mich nicht stören.“ „Ah, okay. Sag mal, das Doppelstockbett... schläfst du lieber oben oder unten?“ „Ich würde es bevorzugen unten zu schlafen, wenn du nichts dagegen hast.“ „Nein, nein alles in Ordnung. Dann schlafe ich oben.“ Wieder kehrte Ruhe ein, aber es war nicht mehr ganz so unangenehm, immerhin hatten wir doch ein paar mehr Worte miteinander gewechselt. Mit Sicherheit würden wir noch warm miteinander werden, wenn wir länger hier zusammen hockten. Oder aber einer von uns beiden fand den anderen so unangenehm, dass wir lediglich hier schliefen. „Wir sollten unsere Kisten ausräumen.“ „Ah richtig. Wenn du Hilfe brauchst, sag Bescheid.“ Es würde schwer werden, aber immerhin konnte ich keine deutlich Abneigung gegen mich spüren. So schlimm konnte Mirai also nicht sein. Dennoch, er hatte Recht, es war besser, wenn wir unsere Kisten erst einmal ausräumten. Heute war noch genug Zeit, sobald die Schule begann, brauchten wir nicht einmal mehr daran denken. Noch dazu war ich gespannt, was Akechi alles mitgebracht hatte, und wie er so tickte. Das er kreativ war ahnte ich ja nun. Das Keyboard unterstrich das noch einmal. Ich war froh darüber, dass die Kisten mit Namen beschriftet waren. So war es einfach die Privatssphäre zu wahren. „Der rechte Schrank ist deiner“, erklärte Mirai, als ich den erste Karton öffnete und in diesem einige Kleidungsstücke zum Vorschein kamen. Einen schlechten Geschmack hatte Akechi nicht. Er war schlicht, aber dennoch modisch. Wahrscheinlich war das aber nicht gerade Trend gerichtete Mode, sondern eher welche die Akechi gefiel. „Danke“, murmelte ich und zog einen Stapel Kleidung hervor und ging zum rechten Schrank. Ich achtete dabei darauf, nicht über Mirai zu stolpern, wobei ich nun einen besseren Blick auf ihn bekam. Er war zierlich und die langen Haare waren nicht einfach nur zu einem Zopf gebunden, sondern geflochten. Offen hätte er sicher einige Wellen drin gehabt. Selbst nach dem kurzen Gespräch war der Gedanke nicht gewichen, dass er gut auch ein Mädchen hätte sein können. Seine Stimme war sanft, bedacht und ziemlich leise. Fast so wie eine Geisha. Zumindest stellte ich mir so Geishas vor.   Mit jeden Karton den ich entleerte, wurde meine Habe immer deutlich. Klamotten hatte ich in allen Variationen. Sommeruniform, Winteruniform, Trainingsanzug, Badeanzug, Freizeitsachen, Handtücher... Dann noch ein paar Bücher, einen Laptop und andere Kleinigkeiten die man so mit sich führte, wenn man seine neue, temporäre Unterkunft etwas heimatlicher gestalten wollte. Doch etwas entscheidendes fehlte. Hygieneartikel. In keine der Kisten hatte ich auch nur so etwas wie einen Kulturbeutel entdeckt und ich musste innerlich verzweifelt lachen. Ja, das hätte mir wirklich passieren können. Sicher stand bei Akechi irgendwo Zuhause eine gepackte Kulturtasche und seine Mutter schüttelte den Kopf und würde meinen, dass er auch seinen Kopf vergessen würde, wenn dieser nicht festgewachsen wäre. „Sag mal, Satokawa-kun, du weißt nicht zufällig wo hier in der Nähe ein Kombini ist?“ „Es tut mir leid, aber ich bin mit dieser Gegend noch nicht so vertraut. Ich denke aber selbst wenn in der Nähe einer ist, stehen die Chance nicht gut, dass er um diese Uhrzeit noch offen ist.“ ich versuchte mir in Erinnerung zu rufen, ob ich auf der Campuskarte einen Kombini gesehen hatte. Sicher war hier einer in der Nähe, doch wenn ich es recht überdachte, hatte Mirai wohl Recht. Ein Shop der zu einer Schule gehörte würde keine 24 Stunden geöffnet haben. Ich hatte also keine andere Wahl als mir irgendwie Duschgel und Zahnbürste mit Zahnpasta zu organisieren. Eine Bürste würde ich nicht brauchen. Deswegen mochte ich kurze Haare, selbst wenn sie wild herum lagen, keiner würde es hinterfragen. „Ich frag besser mal herum, ob jemand etwas Duschgel und so entbehren kann.“ „Wenn du eine Bürste brauchst, kannst du meine benutzen.“ Verwundert sah ich zu Mirai. Dieses Angebot kam irgendwie unerwartet. Ich lächelte. „Schon okay. Ich finde Sturmfrisuren echt gut.“ Mit diesen Worten winkte ich ihm zu und verabschiedete mich temporär, bevor ich unser Zimmer verließ.   Meine Schüchternheit belehrte mich wohl eines besseren. Ich lief den Gang entlang und überlegte, wo ich klopfen sollte und was andere von mir denken würden. Andererseits, was war schon dabei? Es gab genug Menschen in dieser Welt, die ihren Kopf nur als hübschen Schmuck trugen. Und es war ja nicht so, dass ich, also Akechi, es mit Absicht vergessen hatte. Wahrscheinlich war er einfach nur zu nervös gewesen. Noch dazu hatte ich eine gute Ausrede, warum ich außerhalb meines Zimmers war und die verschiedene Schilder neben den Türen betrachtete. Ich suchte immerhin Kousuke, den ich irgendwann verloren hatte. Es dauerte auch einige Zeit, bis ich seinen Namen an einer Tür bemerkte. Wie auch ich, hatte er kein Einzelzimmer. Scheinbar stand dieses Privileg nur speziellen Leuten wie Tengenji zu. Mutig wie ich war und wissend, dass hier mein Freund untergekommen war, klopfte ich an die Tür, welche nur wenige Sekunden später geöffnet wurde. Doch es war nicht Kousuke, der mich begrüßte, sondern ein vollkommen unbekannter Typ. Wahrscheinlich sein Mitbewohner. „Hi, ist Kousuke da?“, fragte ich vorsichtig. „Nö, der ist mit ein paar Freunden weg. Er sagte irgendwas von 'Wer rastet der rostet'.“ Ich hob eine Augenbraue und fragte mich, was das wohl wieder heißen sollte. Akechi wusste mit Sicherheit was dieser meinte, ich konnte nur ahnen, dass er selbst jetzt nach dem Vorsprechen in irgendeiner Weise übte. Und mit Sicherheit hatte er den ein oder anderen Anhänger gefunden, der mit ihm gemeinsam trainieren wollte. „Achso. Danke. Wenn er wieder kommt, sag ihm bitte, dass Akechi da war.“ „Jo.“ Ich wandte mich von Kousukes Mitbewohner ab, den ich doch ziemlich merkwürdig fand. Irgendwie konnte ich mir nicht vorstellen, dass Kousuke mit ihm sonderlich dicke wurde. Es reichte doch schon, dass er so einen Sonderling wie mich ertrug. Die Tür schloss sich hinter mir wieder und meine Suche nach Kousuke hatte damit ein jähes Ende gefunden. Dennoch hatte ich immer noch kein Zahnputzwerkzeug und auch kein Duschgel oder sonstiges. Es gab also keine Ausreden mehr, ich musste andere Bewohner fragen. „Okay... ich les einfach nicht die Schilder, dann... dann ist es nur halb so peinlich.“   Gesagt getan, ich las wirklich keine Namen und starrte auf einen halb vertrauten Charakter aus der Serie, der mich mehr als nur desinteressiert ansah. Seine blauen Augen wirkten kühl und schnürten mir förmlich die Worte im Halse ab. Wartend sah er mich an und ich nahm all meinen Mut zusammen, um ihm zu sagen, weswegen ich ihn belästigte. „Hallo, ich habe meine Kulturtasche wohl vergessen und bräuchte da ein paar Hygie-“ Noch bevor ich meinen Satz beenden konnte, schlug er mir dir Tür vor der Nase zu. „H-Hey! Das ist nicht gerade höflich!“ Nun war mir egal wie peinlich diese Situation gerade war. Denn ich entschied, doch noch die Namen zu lesen. „Ageha... werd ich mir merken... arrogantes Gemüse...“, murmelte ich grummelig und ging zum nächsten Zimmer. Zum Glück las ich nun doch die Schilder, sonst hätte ich wahrscheinlich aus versehen an Tengenjis Tür geklopft. Wahrscheinlich ersparte ich mir damit die nächste Peinlichkeit. Ich klopfte nur noch bei Türen, deren Namen mir so gar nichts sagten. Zwar hatten nicht gerade viele Leute das Interesse mit mir zu reden, aber sie erklärten mir immerhin freundlich, dass sie mir leider nicht weiterhelfen konnte. Nach der gefühlten Hundertsten Tür, es wahr wahrscheinlich gerade mal die vierte, stand ich vor einem Mitschüler der verständnisvoll nickte, als ich ihm meine Situation erklärte. „Nervös gewesen huh? Kenne ich. Ich hab etwas für dich, warte.“ Er verschwand erneut in seinem Zimmer und kam wenige Sekunden später mit einer Flasche wieder, die unmännlich pink war. „Ist mir wohl vor Nervosität in die Tasche gerutscht. Das gehört eigentlich meiner kleinen Schwester und ehrlich, ich kann es eigentlich nicht nutzen, aber wenn du kein Problem damit hast, gehört es dir.“ Ich konnte es echt nicht glauben, dass ich doch noch etwas Glück besaß. Ein Duschgel. Es war wie der heilige Gral, weil ich nun immerhin nicht stinkend in die Schule gehen musste. War doch egal, dass ich wie eine süße Tropenlandschaft roch. „Danke. Du hast was gut bei mir. Wenn du mal Hilfe brauchst, ich bin Meguro Akechi. Sag einfach Bescheid.“ Ich lächelte, doch er winkte nur ab. Dennoch bedankte ich mich erneut mit einer Verbeugung, bevor ich meine Suche weiter fortsetzte. Leider stellte ich fest, dass alle unbekannten Namen abgeklappert waren. Ich musste es also riskieren und klopfte daher an der Tür von jemanden der mir einigermaßen aber im Endeffekt gar nichts sagte. Nach dem aufwachen müsste ich diesen Namen sicher erst einmal googlen, um ein Gesicht dazu bekommen. Natürlich nur, wenn er die Tür nicht öffnete. Mutig klopfte ich und bemerkte schnell, kaum dass die Tür aufgegangen war, dass dieses Gesicht gar nicht mal so unbekannt war. „Entschuldige die Störung. Ich habe eine kleine Herausforderung. Irgendwie habe ich wohl meine Kulturtasche vergessen. Ich hab jetzt zwar ein Duschgel, also ein halb volles, aber mir fehlt noch etwas Zahnpasta. Du kannst nicht zufällig welche entbehren?“ Er sah mich ernst an, aber immerhin schlug er mir nicht wie Ageha die Tür vor der Nase zu. Dennoch ich wollte nicht wissen, was er über mich dachte, nachdem ich nun vor seiner Tür stand. „Du brauchst sicher auch noch eine Zahnbürste, oder?“ Ich errötete, denn eigentlich wollte ich nicht so dreist sein und danach fragen. Doch ich nickte. „Ich hab immer Ersatz Zahnbürste und Zahnpasta dabei. Man weiß nie was passiert. Du kannst sie haben.“ „Wirklich?“ Er nickte und ich musste den Drang niederkämpfen, ihn um den Hals zu fallen. Es war wirklich unglaublich, wie freundlich er war. „Danke.“ Er verschwand noch einmal kurz in seinem Zimmer und kam mit einer Zahnbürste und einer kleinen Tube Zahnpasta wieder. „Danke nochmal. Du bist echt ein Lebensretter.“ „Schon in Ordnung. Ich wünsche dir noch eine gute Nacht.“ Die Tür schloss sich vor mir und ich konnte selbst noch mit einem „Gute Nacht“ antworten, bevor sie endgültig ins Schloss fiel. Mein Blick hingegen richtete sich auf das Türschild. Sawatari, so schnell würde ich sein Gesicht nicht wieder vergessen. Hoffte ich zumindest, denn ich hatte ein echt schlechtes Gesichtergedächtnis.   Ich war glücklich, als ich in einen Jogginganzug gehüllt, der als Schlafanzug diente, zurück in mein Zimmer kam. Meine Haare rochen nach Beeren, ebenso mein Körper. Ich machte da nicht große Probleme, ob man Duschgel als Shampoo nutzen konnte. Solange es schäumte, war es geeignet. Zumindest in meiner kleinen naiven Welt. Mirai hatte sich bereits, ins Bett gelegt und schien ruhig zu schlafen. Daher hatte ich es vermieden das Licht anzumachen, denn ich wollte ihn nicht wirklich wecken. Noch dazu musste ich mich bei ihm ja auch nicht unbeliebter machen, als ich es vielleicht schon war. Förmlich blind tastete ich mich zum Schrank vor und verstaute meine Errungenschaften, indem ich sie auf ein paar Handtücher legte. Es war nicht gerade leicht, da noch ein paar Kisten herum standen. Doch mit der Zeit gewöhnten sich auch meine Augen an die Dunkelheit, so dass ich mich einigermaßen sicher zwischen Kisten bewegen konnte. Ich spürte zwar, dass ich hin und wieder mal gegen eine Ecke stieß, aber dank Jogginganzug war ich gut genug geschützt, so dass ich nicht schmerzhafte Laute von mir gab. Erst vor dem Bett wurde mir bewusst, dass ich die obere Hälfte hatte. Und nur zu gut erinnerte ich mich noch an die Frankreichreise, bei der ich ebenfalls oben gelegen hatte. Gott was hatte ich mich immer abgemüht hoch und wieder runter zu kommen. Ich konnte nur hoffen, dass ich als Mann dann wesentlich eleganter aussah. Und nicht wie ein nasser Sack, der panisch mit den armen wedelnd aus dem Bett stürzte. Ebenso hoffte ich, dass ich nicht während der Nacht aus dem Bett fiel. Mirai war zu zierlich um mich zu tragen. Und ich glaube, für Mord konnte man von der Schule fliegen. Kousuke würde mir das nie verzeihen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)