Hütte Nr. 7 von Jesna ================================================================================ Kapitel 4: Hütte Nr. 7 ---------------------- Am nächsten Tag war es soweit, nach dem Frühstück begab ich mich schließlich zur meiner Hütte und packte noch meine restlichen Sachen zusammen. Ein allerletztes Mal wanderte ich noch im Raum herum, um sicherzugehen, dass ich nichts vergaß. "Da muss ich mir wohl was einfallen lassen, um dein Verhalten ins Bessere zu lenken. Leider bist du nicht die Einzige!" hörte ich die Stimme vom Ausbilder in meinem Kopf. "Schließlich bin ich nicht hier, um Soldatin zu werden, sondern weil meine Eltern mich gezwungen haben!" redete ich mir ein. Ganz entschlossen packte ich meine restlichen Sachen und bewegte mich zur Hütte Nr. 7. Ich werde also mit Annie, Julia, Luna und der Schwarzhaarigen Joan in ein Zimmer verlegt. Ironie des Schicksals! In der Hütte angekommen, bekam ich erstmal einen strengen Blick von der Ausbilderin alias. Finja Sommer (Wie ich bald erfuhr) zugeworfen: "Sie sind zu spät Rekrutin Pechstein!" Ich legte mir ein Grinsen auf und blickte zu meinen neuen Zimmergenossinen: "Lieber spät, als garnicht!" "Also!" begann Finja. "Schön, dass ihr fast Alle pünktlich wart!" Beim"fast Alle", das sie mit Absicht stark betonte, blickte sie mich wieder streng an. Nach kurzer Pause setzte sie fort: "Also, ihr seid hier um euch zu bessern und nicht um Urlaub zu machen. Mehr dazu verrate ich jeden Einzelnen von euch in einem Einzelgespräch!" Mit diesen Worten wurden wir Fünf zurückgelassen. Für eine Weile standen wir wie angewurzelt nebeneinander und warfen uns verstohlene Blicke zu. Annie beendete diese Pause, indem sie ihre Sachen aufhob und sich zu einem der Etagenbetten bewegte, ihre Tasche auf das untere Bett legte und sie ausräumte. Nach kurzer Zeit waren die Bettbesitzer-Verhältnisse festgelegt: Annie schlief im ersten, unteren Etagebett. Ich schlief im Oberen über ihr. Julia schlief im zweiten Bett unten, Luna schlief oben und Joan schlief im Einzelbett. Ich ergriff als Erste das Wort: "Und? Aus welchen Gründen werdet ihr verlegt?" "Ich habe Schwierigkeiten mit Zusammenarbeit!" begann Annie mit stoischen Gesichtsausdruck. "Ich bin angeblich zu eigensinnig!" antwortete Julia mit einem arroganten Lächeln. "Ich bin viel zu laut, verrückt und viel zu eigenartig!" antwortete Luna fast kreischend. Ich wendete mich an Joan: "Und was ist mit dir?" "Ich habe freiwillig um die Verlegung gebeten, weil ich mit den Anderen nicht so gut zurechtkomme. Und Annie ist die Einzige mit der ich mich gut verstehe!" sagte Joan. "Aha!" antwortete ich nur und blickte zwischen ihr und Annie hin und her. In Annies Gesicht zeichnete sich nichts ab: Keine Wut, keine Trauer und keine Freude oder andere Gefühle. Sie blickte zu Boden und widmete sich wieder dem Aufräumen. Ein Klopfen ertönte von der Tür. "Wer ist denn das schon wieder!" stöhnte Julia genervt und öffnete die Tür. Zwei Jungs ein großer Dunkelhaariger und ein großer Blondhaariger standen vor unserer Hütte. "Verzeihung, dass wir euch Mädels stören!" entschuldigte sich der Blonde und lies seinen Blick durch den Raum schweifen, er wendete sich an meine Doppelgängerin: "Annie, wir bräuchten dich mal kurz!" "Wozu braucht ihr Annie?" fragte ich gereizt. "Wir müssen reden!" antwortete der Dunkelhaarige. Julia umklammerte ihn: "Na du, ich bin Julia und wie heißt du?" "Ich...Ich...Ich bin Bertholdt!" stotterte er verwirrt und schüchtern. "Bertholdt?" fragte sie. "Irgendwie ein komischer Name, für einen so hübschen, jungen Mann!" "Da...Danke!" stotterte er. "Bertholdt!" mischte sich der Blonde ein: "Wir haben jetzt keine Zeit für ein Date!" "Du hast Recht, Reiner!" antwortete er und befreite sich aus Julias Umklammerung. Annie ist inzwischen aus der Hütte gekommen und blickte Reiner erwartungsvoll an. "Also dann!" verabschiedete sich Reiner und blickte ein letztes Mal in unsere Hütte. "Keine Sorge, wir entführen sie nicht allzu lange!" Mit den Worten waren alle Drei verschwunden. Julia legte noch zum Abschied einen damenhaften Knicks hin: "Wir sehen uns dann, Bertholdt!" "Muss das sein?" fragte ich gereizt. "Und mal raten!" begann sie. "Du wurdest verlegt, weil du ein kleines Arschloch bist!" "Das sagst gerade du!" fuhr ich sie an und schubste sie in die Ecke. "In deiner Heimat, warst du bestimmt als Dorfflittchen bekannt. Das erklärt dann auch warum du dir kiloweise Make up ins Gesicht donnerst!" Luna unterbrach den Streit: "Hat jemand von euch vielleicht einen Grill? Denn jetzt kommt eine Menge Beef!" Ich ignorierte Lunas Kommentar: "Wenn man mich wie ein Arschloch behandelt, braucht sich nicht wundern wenn ich mich wie eins benehme!" Nun mischte sich auch Joan ein: "Schluss jetzt und zwar alle Zwei. Es bringt wirklich garnichts, sich jetzt die Köpfe einzuhauen. Wir haben alle ein Manko, an dem wir arbeiten müssen. Anstatt zu streiten sollten wir lieber daran arbeiten, wie wir uns bessern können und nicht wie wir am Besten in den Knast wandern oder zu Titanenfutter werden!2 Wir hielten inne. "Na also!" sagte Joan. "Geht doch!" Joan wendete sich an Julia: "Musst du heute auch die Prüfung wiederholen oder irre ich mich?" "Ich muss sie wiederholen, weil ich verkackt habe!" antwortete Julia. "Ich habe zwar auch versagt!" begann Joan. "Aber ich kenne ein paar Tricks, die man anwenden kann!" "Möchtest du sie mir vielleicht verraten?" fragte Julia. Joan ließ sich mit ihrer Antwort Zeit, sie strich sich eine schwarze Haarsträhne hinter ihren Ohren und blickte sich im Raum um. Joan war mir von Anfangf an sympathisch gewesen. Ich wusste zwar nicht warum, aber sie hatte etwas interessantes an sich. Eigentlich ist sie ruhig und redete nur sehr selten, aber wenn sie sprach, dann haten es ihre Worte in sich. "Gerne!" antwortete sie und stand von ihrem Bett auf. Sie verschwand mit Julia nach draußen und so kam es, dass ich mit Luna in der Hütte zurückblieb. Ich wühlte in meinen Sachen, fand einen Haargummi, ging zum Spiegel und band mir die Haar zu einem Dutt. Luna beobachtete mich von ihrem Bett aus: "Ich möchte zwar nichts sagen, aber mit einem Dutt siehst du Annie erst recht zum Verwechseln ähnlich. Es macht zwar keinen Unterschied, weil ihr sowieso euch vom Äußeren identisch gleicht, aber der Dutt verstärkt den Effekt nur noch mehr!" Ich zog mir den Haargummi aus dem Haar: "Danke für die Info!" -------------------------------------------------------------------------------------------------------- "Menno, wieso klappt das bei dir so gut und bei mir nicht!" jammerte Julia, als sie schon zum sechsten Mal scheiterte. "Versuch es nocheinmal!" schlug Joan ruhig vor. "Wie oft denn noch?" meckerte Julia. "Ich habe noch zwei Stunden und dann muss ich beweisen, dass ich als Soldatin geeignet bin!" "Hmm!" Joan überlegte und ging langsam hin und her: "Sag mal, was sind deine Gedanken während du da hängst?" "Hoffentlich ist es gleich vorbei!" antwortete Julia während sie sich in eine aufrechte Haltung kämpfte. "Eben, das ist der Fehler!" bestätigte Joan. "Diese Gedanken nehmen Einfluss auf dich und sorgen eben dafür, dass du dein Gleichgewicht verlierst. Anfangs hatte ich auch Panik gehabt, doch dann habe ich daraus schöne Gedanke geformt!" Julia machte einen neugierigen Eindruck: "Wie hast du das geschafft?" Joan schloss ihre Augen: "Zuerst dachte ich, ich würde fallen und in die Tiefe stürzen, doch dann habe ich mir vorgestell, dass ich fliegen konnte und somit war meine Angst vergessen!" Julia blickte verlegen zu Boden: "Glaubst du, ichkann das schaffen?" "Also, ich habe immer zu meinem Bruder gesagt: Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg!" antwortete Joan. "Du hast einen Bruder?" fragte Julia neugierig. "Darf ich ihn vielleicht kennenlernen?" "Das geht leider nicht!" antwortete Joan mit glasigen Augen. "Er ist einer anderen Trainingseinheit beigetreten, wenn er noch lebt!" Sie legte ein Lächeln auf: "Stell dir es einfach vor, dass du ein Vogel bist und fliegen kannst!" "Oke, wie du meinst!" sagte Julia und lies sich von ihr hochziehen. "Vielleicht fällt es dir leichter, wenn du die Augen schließt!" schlug Joan vor. Ohne Widerrede schloss Julia ihre Augen und konzentrierte sich auf ihre Gedanken. Zuerst kämpfte sie um ihr Gleichgewicht, doch nach kurzer Zeit war ihr Kampf vorbei und sie ließ sich ganz entspannt hängen. Joans Augen funkelten: "Siehst du, du hast es geschafft!" Julia öffnete wieder ihre Augen und blickte Joan dankbar an: "Ich habe es endlich hinbekommen. Vielen Dank!" "Nichts zu danken!" antwortete Joan, während sie Julia auf dem Boden lies. ------------------------------------------------------------------------------------------------------------------- Zwei Stunden später: Um punkt elf fand die Nachprüfung statt, d.h. die Rekruten, die am vorherigen Tag nicht bestanden haben, hatten somit am nächsten Tag die Möglichkeit die Prüfung zu wiederholen. Von unserer Hütte waren Julia und Joan betroffen. Für Joan hoffte ich das Beste. Sie ist mir nämlich sympathisch und es wäre zu schade, wenn sie gehen müsste. Julia dagegen durfte ruhig durchfallen. Ein verzogenes Görr wie sie würde sowieso keiner vermissen. Obwohl sehr wenige Rekruten die Prüfung wiederholen mussten, bestand für uns alle Anwesenheitspflicht. Ich stand zur Abwechslung mal in den vorderen Reihen, damit ich das Geschehen genauer beobachten konnte. "Alle Prüflinge bitte vortreten!" befahl der Ausbilder. Kurz darauf waren alle Nachprüflinge vorgetreten. Der Ausbilder sprach weiter: "Die Ersten, die geprüft weden sind: Joan Rainwood, Belinda Hellway und Mina Carolina!" Alle Drei traten unter ihren Apparaten. Beim genauen Beobachten ist mir aufgefallen, dass von allen drei Rekruten, Joan mit Abstand die Entspannteste war. Trotzdem haben alle Drei bestanden. Nun wurden die nächsten Prüflinge angekündigt: "Die Nächsten sind: Steffen König, Samuel Freier und Julia Wagner!" Auch die Rekruten und auch Julia (leider) haben die Prüfung bestanden. Der Ausbilder kündigte den letzten Prüfling an: "Und zu guter Letzt: Eren Jäger!" Ein Junge, vielleicht im Teenageralter trat vor, er hatte dunkelbraune Augen und grüne Augen. "Hoffentlich fällt der durch!" dachte ich mir. "Wäre echt langweilig, wenn alle bestehen würden!" Weitere Ausbilder kamen und befestigten seinen Gurt an die Stahlseile. "Eren Jäger, bist du bereit?" fragte der Ausbilder. "Ja!" antwortete Eren. Der Ausbilder nichte und wendete sich an die anderen Aufseher: "Fangt an!" Er wurde hochgezogen. "Mal gucken wie er sich so anstellt!" dachte ich mir grinsend. Für einen Moment hatte es den Anschein, dass er mühelos bestehen würde. Doch dann passierete das Unerwartende: Schlagartig überschlug er sich und stieß sich den Kopf. Sofort brach ich in lautes Gelächter aus. "Hach, wie schön. Endlich hab ich was zum Lachen!" keuchte ich aus meinem Lachanfall heraus. Der Ausbilder war mir einen strengen Blick zu. Was bewirkte, dass mein Gelächter auf der Stelle stoppte und ich verlegen zu Boden blickte. Der Ausbilder wendete sich an einen anderen Rekrukten: "Wagner, tausche bitte deinen Gurt mit Jäger!" Die Gurte wurden getauscht, Eren durfte noch einen letzten Versuch starten. Es kam auf, dass seine Ausrüstung defekt war und er bestand schließlich den Test. "Ich wusste, du schaffst es!" jubbelte Joan Julia zu, als wir in unsere Hütten gehen durften. "Ja, ganz toll!" gratulierte ich ihr mit einem desinteressierten Gesichtsausdruck. Julia ignorierte meinen Kommentar: "Jetzt wo ich hierbleiben darf, kann ich endlich das tun, was ich meinem Bruder versprochen habe!" "Ich habe langsam das Gefühl, dass wir zur einer kleinen Familie heranwachsen werden!" schwärmte Joan. "Wo ist denn eigentlich Annie?" fragte Julia. "Gute Frage!" antwortete Joan und blickte sich suchend um. Familie? Nee, auf gar keinen Fall! dacht ich mir kopfschüttelnd. Aber ich konnte mir kein freundliches Lächeln verkneifen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)