Unerwartet von Alaiya (Taichi X Koushiro) ================================================================================ Besuch ------ Eine Stimme klang durch Koushiros Bewusstsein. „Koushiro-han! Koushiro-han!“ Die Stimme war drängend, so als hätte er vielleicht etwas vergessen. Natürlich war es die Stimme seines Partners – Tentomon. Er sah von seinem Bildschirm auf und sah sich verwirrt in seinem Zimmer um. „Was?“, fragte er, verstand es jedoch im nächsten Moment schon. Jemand klopfte an der Tür. „Koushiro?“, hörte er die Stimme seiner Mutter von draußen. „Du hast Besuch.“ Noch immer war er gedanklich zu sehr in seine Arbeit vertieft, als dass er direkt verstand. Nur langsam drangen die Worte seiner Mutter in sein Bewusstsein. „Oh! Natürlich!“, rief er schließlich aus, als er endlich begriff. „Wer ist es?“ Er stand auf und ging zur Tür, um sie zu öffnen. Taichi lächelte ihn an und hob die Hand zum Gruß. Die Sporttasche, die er unter seinem Arm trug, verriet Koushiro, dass er wohl vom Fußballtraining kam. „Hey!“ Er hatte die Schuhe bereits ausgezogen und trug Pantoffeln. Agumon stand hinter ihm, eine Kralle ebenfalls erhoben. „Hey“, murmelte Koushiro und merkte, wie er etwas errötete. Er sah zu seiner Mutter, hoffend, dass sie nichts merkte. Kurz zögerte er, ehe er zur Seite trat. „Kommt rein“, meinte er zu Taichi und seinem Partner. „Soll ich euch eine Kleinigkeit bringen?“, fragte seine Mutter freundlich. Wieder zögerte Koushiro. „Äh, natürlich. Danke, O-kaa-san.“ Auch Taichi nickte und schenkte ihr ein Lächeln. „Ja, gerne. Vielen dank, Izumi-san.“ Koushiro nickte seiner Mutter zurückhaltend zu, ehe er die Tür schloss und sich zu Taichi umdrehte, der sich mittlerweile auf sein Bett gesetzt hatte, da es nicht viele andere Sitzmöglichkeiten in dem Raum gab. Koushiros Zimmer war noch immer eher steril eingerichtet. Unter dem Fenster stand sein Schreibtisch mit dem Computer. Direkt neben dem Fenster ein Bücherregel, vornehmlich gefüllt mit Büchern über Programmierung und mathematischen Theorien. Daneben, an der rechten Wand, wenn man in das Zimmer kam, stand sein Bett. Dem Bett gegenüber sein Kleiderschrank. Er hatte nie den Sinn darin gesehen, sich etwas an die Wand zu hängen. Die einzigen Fotos in seinem Zimmer waren jenes Bild, dass sie vor nun mehr fast zehn Jahren in der digitalen Welt aufgenommen hatten, sowie zwei andere Bilder: Eins zeigte ihn mit seinen Eltern, das andere ihn und die anderen auserwählten Kinder aus Japan, inklusive Daisuke, Miyako, Iori und Ken. Sie hatten es erst letztes Jahr im August aufgenommen. „Was ist?“, fragte Taichi, als er sein Zögern sah. Er lächelte sein übliches, breites Lächeln. „Nichts“, erwiderte Koushiro und setzte sich auf seinen Stuhl. Er sah zu Taichi hinüber. Das ganze erschien ihm immer noch als etwas unwirklich. Dennoch zog er seinen Stuhl so, dass er vor Taichi saß, der sich vorbeugte und ihn auf die Stirn küsste. „Koushiro-han“, meinte Tentomon, offenbar um ihn daran zu erinnern zu sprechen. Also riss sich Koushiro zusammen. „Ähm… Was machst du hier, Taichi?“, fragte er zögerlich. „Was soll ich hier machen?“, erwiderte der Ältere. „Ich dachte, ich komme vorbei und… Du weißt schon: Verbringe Zeit mit dir.“ Bildete Koushiro sich das nur ein oder war auch sein Lächeln etwas zurückhaltend? Er war nicht gut mit so etwas. Noch immer nicht. Er wusste einfach nicht ganz, wie er die Gesichtsausdrücke anderer Leute lesen sollte. Selbst bei Taichi, den er nun seit sieben Jahren kannte, war er sich manchmal unsicher. Das machte diese Sache nur nicht viel einfacher. Wie sollte er wissen, ob er etwas richtiges oder etwas falsches sagte? „Sei nicht so nervös“, meinte Taichi aufmunternd. Er schien für einen Moment zu zögern, legte dann aber eine Hand auf Koushiros Wange. Koushiro sah ihn unsicher an, beugte sich dann aber weit genug vor, um ihn zu küssen. Es war ein unschuldiger Kuss, doch Taichi lächelte. Schüchtern senkte Koushiro den Blick. Noch immer hatte Taichi seine Hand auf seiner Wange. Es fühlte sich gut an, auch wenn er das nicht laut sagen wollte. „Was macht ihr da?“, fragte Agumon, das sich nur auf den Boden gesetzt hatte und sie beobachtete. Es schien noch immer nicht ganz zu verstehen, was es mit dieser Bezeihungssache der Menschen so wirklich auf sich hatte. Mehr als einmal hatte es in den vergangenen eineinhalb Monaten schon solche Momente unterbrochen und Koushiro war sich nie ganz so sicher, ob er ihm böse oder dankbar sein sollte. „Das habe ich dir schon erklärt“, seufzte Taichi und sah es an, ehe er Koushiro entschuldigend ansah. „Tut mir leid.“ Koushiro schüttelte den Kopf. „Schon in Ordnung.“ Tentomon schien die Situation im Vergleich besser zu verstehen. Es war immer ruhig – beinahe so, als wäre es gar nicht da – und hatte auch schon mehr als einmal Agumon für eine Weile beschäftigt. Nun ließ es so etwas wie einen Seufzer hören und flatterte zu Agumon hinüber. „Lass ihnen einen Moment“, meinte es beschwichtigend. Agumon sah es an. „Aber wir könnten doch etwas zusammen machen“, erwiderte es. „Wir haben heute nichts mehr vor.“ Es schwieg kurz und fügte dann hinzu. „Außerdem habe ich Hunger und Taichi hat Essen dabei!“ „Ich habe dir schon gesagt, dass es nicht für dich ist“, meinte er scharf zu seinem Partner und schenkte ihm einen warnenden Blick. Koushiro sah ihn fragend an. „Essen?“ Taichi zögerte. „Ach, es ist nichts“, meinte er dann. Es klopfte an der Tür, was Koushiro aufschrecken ließ. Schnell rückte er etwas von Taichi fort, damit seine Mutter sie nicht so sah, ehe er rief: „Ja?“ Seine Mutter öffnete die Tür. Sie trug ein Tablett mit sich, auf dem eine Kanne mit kaltem Tee, vier Gläser und ein Teller mit Sandwiches stand. „Ich habe euch auch etwas zu Essen mitgebracht.“ „Super!“ Agumon strahlte. „Danke, Izumi-san!“ Zumindest ein wenig Manieren beherrschte es nach all den Jahren doch. Vor allem hatte es aufgehört sie als „Koushiros Mutter„ zu bezeichnen, was definitiv ein Fortschritt war. „Gerne“, erwiderte sie lächelnd und stellte das Tablett auf den kleinen Nachtschrank neben Koushiros Bett, auf dem aktuell nur sein Handy lag, um aufzuladen. „Kann ich sonst noch etwas für euch tun?“, fragte sie. Koushiro schüttelte den Kopf. „Nein, O-kaa-san“, erwiderte er rasch. „Danke.“ Sie lächelte nur und nickte. „Sagt mir, wenn ihr etwas braucht, ja?“ Daraufhin nickte auch er und lächelte bescheiden. „Ja. Danke.“ Sie war immer so nett zu ihm, was es noch schlimmer für ihn machte, dass er ihr noch nicht hiervon erzählt hatte. Als sie das Zimmer verlassen und die Tür hinter sich geschlossen hatte, seufzte er etwas erleichtert auf. Er goss sich ein Glas Tee ein und sah zu Taichi. „Für dich auch?“ „Ja, gern“, erwiderte er. Er sah zu, wie Koushiro ihm und dann auch den beiden Digimon etwas zu trinken eingoss. „Du hast deinen Eltern noch nichts von uns erzählt.“ Koushiro sah ihn nicht an, schüttelte aber den Kopf. „Nein.“ Er schwieg kurz, ehe er hinzufügte: „Tut mir leid.“ Taichi zuckte mit den Schultern, ehe er ihn anlächelte und mit einer Hand durch Koushiros kurzes, borstiges Haar fuhr. „Schon okay. Ich… Ich gebe zu, dass ich meinen Eltern auch noch nichts gesagt habe. Wenngleich Hikari es weiß.“ „Natürlich“, murmelte Koushiro und sah zur Tür. „Ich würde es ihr ja gerne sagen. Aber ich habe Angst, dass sie enttäuscht ist.“ Er seufzte. „Ich meine, auf der anderen Seite… Vielleicht haben sie gar nicht damit gerechnet, dass ich… Na ja, generell… Du weißt schon…“ „Ich verstehe schon, ja“, erwiderte Taichi. „Lass dir Zeit…“ Koushiro nickte. „Danke.“ Da ließ ihn ein Klirren aufschauen. Natürlich war es, wie er sich hätte denken sollen. Agumon, ganz scharf darauf, endlich an das Essen zu kommen, hatte es sich vom Tablett genommen und prompt den ganzen Teller hinuntergeworfen. „Du bist zu gierig“, kommentierte Tentomon altklug und sammelte eins der Sandwiches auf, um es zu essen. „Echt, Partner“, murmelte Taichi, lachte dann aber und versetzte Agumon eine spielerische Kopfnuss. „Ich habe halt Hunger“, erwiderte das Digimon und steckte sich gleich zwei Sandwiches auf einmal in die flache Schnauze. Koushiro hob den Teller auf, der dankbarer Weise noch ganz war und lächelte das Digimon an. „Es ist ja nichts schlimmes passiert.“ Damit stellte er den Teller wieder auf den Schreibtisch. Für eine Weile herrschte Schweigen, während sie aßen. Irgendwie hatte Koushiro das Gefühl, dass Taichi ihm noch etwas sagen wollte, aber ganz sicher war er sich nicht. Vor allem wollte er ihn nicht bedrängen. Dennoch sah er immer wieder zu ihm, während Taichi scheinbar nachdenklich an seinem Sandwich kaute. Er sah auf, was Koushiro dazu brachte, rasch den Blick zu senken. Als Taichi fertig gegessen hatte, holte er schließlich tief Luft und öffnete seine Tasche, aus der er eine kleine Verpackung hervorholte. „Hier“, meinte er etwas verhalten und reichte es Koushiro, der gerade ein Glas Tee in der Hand hatte. „Was ist das?“, fragte er. Das Packet war flach und beinahe exakt quadratisch und in rotes Papier verpackt. Taichi seufzte. „Mimi hat gesagt, ich soll es dir geben“, murmelte er. Vorsichtig stellte Koushiro sein halbvolles Glas Oolongtee ab und öffnete das Papier, um eine Packung Pralinen zum Vorschein zu bringen. Die Pralinen waren in einer übertrieben verzierten Packung, mit der Aufschrift „Happy Valentine“. Eine Erinnerung regte sich in ihm und er sah zum Kalender. Natürlich, es war Samstag. Der 14te Februar. Valentinstag. Daran hatte er nicht gedacht – natürlich nicht, immerhin hatte er dem Tag nie besondere Aufmerksamkeit geschenkt. „Typisch Mimi“, murmelte er und seufzte. „Das ist das Essen, was Agumon wollte?“ Zu seiner Überraschung schien auch Taichi leicht errötet zu sein. „Ja. So in etwa.“ Er seufzte etwas nervös. „Na ja, fröhlichen Valentinstag.“ Koushiro schwieg. „Danke“, flüsterte er dann leise. Was sollte er auch sonst sagen? Er hatte noch nie ein richtiges Valentinsgeschenk bekommen. Taichi lächelte. Dann legte er erneut seine Hand auf Koushiros Wange und küsste ihn dieses Mal seinerseits. Er legte seine Stirn gegen die Koushiros und sah ihn an. „Was meinst du. Wollen wir etwas zusammen machen?“ Koushiro sah ihm in die Augen. „Wie meinst du?“ Auf diese Frage räusperte sich Taichi etwas verlegen. „Ein Date?“ So etwas hatte Koushiro schon geahnt. Dennoch brauchte er etwas, um die Worte für eine Antwort zustande zu bringen, die am Ende doch nur sehr kurz wurde: „Gern.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)