More Than A Feeling von Zaje (28 Gefühle) ================================================================================ Kapitel 8: Reue --------------- Er hatte ein langes und erfülltes Leben gehabt. In den letzten paar Tagen hatte er gerne daran zurückgedacht. Er würde sterben. Der Krebs hatte gewonnen. Und er akzeptiertes es. So irgendwie zumindest. Nie hätte er gedacht, dass es jemals so weit kommen würde. Er hatte sich nie mit dem Tod auseinander gesetzt und plötzlich hatte ebenjener ihn so schnell eingeholt. Es war schwer gewesen sich von seinem Leben zu verabschieden, aber er hatte damit klar kommen müssen, dass er es nicht ändern konnte. Etwas Anderes blieb ihm schließlich auch nicht übrig. Wenn er an seine Kindheit und Jugend dachte, fiel es ihm schwer zu gehen. Er war glücklich gewesen. Unbeschwert. Er würde all diese Glücksgefühle vergessen, wenn er nicht mehr da war. Und irgendwann würde man auch ihn vergessen. In solchen Momenten hatte er Angst davor zu sterben. Er wusste nicht, wie es nach dem Tod mir ihm weitergehen würde. Was wartete da auf ihn? Ein schwarzes Nichts - zumindest stellte er sich das vor. Vielleicht - aber nur vielleicht - würde er aber auch seine verstorbenen Eltern wiedersehen. Es gab einiges, das er ihnen sagen wollte. Er saß auf der Veranda und blickte hinaus auf die Weiten des Ozeans. Da er ohnehin sterben würde, war es egal wo er es tat. Das hatte er auch seinem Arzt erklärt, als dieser ihn in der Klinik behalten wollte. Er zog die salzige Meerluft in und um sein Elternhaus dem strengen Krankenhausgeruch vor. Er war lange nicht mehr hier gewesen und bereute es zutiefst. Nach dem Tod seiner Mutter war er nicht mehr zurück gekommen. Das Verhältnis zu seinem Vater war schon lange Zeit angespannt gewesen. Seit damals … damals, als er die Liebe über seine Familie gestellt hatte. Sein Vater hatte ihm nie verziehen, dass er seine Eltern im Stich gelassen hatte. Das hatte er ihn oft genug spüren lassen, während den seltenen Besuchen, die seine Mutter immer so gefreut hatten. Mit der Zeit hatte sie vergessen was er getan hatte. Für sie zählte nur, dass er hier war. Die Enttäuschung war mit den Jahren aus ihren Augen verschwunden. Was man von seinem Vater nicht behaupten konnte. Sie hatten sich oft gestritten; sich regelrecht gehasst. Er hatte schlimme Dinge zu und über ihn gesagt. Kein einziges Mal hatte er sich bei seinem Vater entschuldigt. In den letzten Tagen hatte er oft darüber nachgedacht. Es hätte unzählige Möglichkeiten gegeben sich auszusprechen - zu versöhnen. Er hatte keine einzige genutzt. Vor zwanzig Jahren war sein Vater gestorben. Einsam und allein. Vermutlich war er auf demselben Platz gesessen, wie er im Moment, hatte auf den Ozean geblickt und über seine Vergangenheit nachgedacht. Ob sein Vater an ihn gedacht hatte? Ob er es ebenso bereut hatte, die vielen Möglichkeiten zur Versöhnung nicht zu nutzen? Er konnte es nicht sagen. Während er sein Leben gelebt hatte, starb sein Vater langsam und qualvoll vor sich hin. Den Tod seiner Frau hatte er nie so wirklich verkraftet und außer ihr hatte er nur seinen Sohn gehabt - sein Sohn, der ihn im Stich gelassen hatte. Ihn würde es nicht wundern, wenn sein Vater mit vollem Hass auf ihn gestorben war. Wenn er auf sein Leben zurückblickte, war er zeitgleich erfüllt mit Glück und Trauer. Er hatte so viel gesehen und erlebt, und doch wäre all das bald vorbei. Auch wenn er akzeptierte, dass seine Zeit hier zu Ende war, stimmte es ihn wehmütig. Es gab vieles, das er falsch gemacht hatte und das er gerne ändern würde, wenn er noch einmal die Chance dazu bekäme. Doch im Prinzip es gab nur eine Sache, die er aus tiefstem Herzen bereute: Seinen Vater alleine sterben zu lassen, in dem Glauben sein einziges Kind verachtete ihn. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)