Silbermond von Fiamma ================================================================================ Kapitel 4: ----------- Kapitel 4   Leise klopfte es an der Tür und müde richtete sich Mamoru in dem kleinen Bett auf. Irgendwann in der Nacht hatte er es doch irgendwie geschafft ein wenig Schlaf zu finden. Doch wie so oft in letzter Zeit, fühlte er sich nach dem Aufwachen nicht ausgeruht und fit sondern matt und niedergeschlagen. „Herein“, räusperte er sich und streckte sich erst mal ausgiebig. Langsam wurde die Tür ein Stück aufgeschoben und Rei streckte ihren Kopf hindurch. „Morgen. Wir frühstücken gerade. Möchtest du auch etwas?“ „Gern“, nickte Mamoru ihr zu und schob seine Beine dabei über die Bettkante, „Bin gleich bei euch.“ Rei schloss wieder die Tür und Mamoru zog sich schnell seine Hose wieder an. Nachdem er das Tagebuch wieder in seiner Tasche verstaut hatte, wagte er kurz einen Blick durchs Fenster. Der Sturm, der noch letzte Nacht schwer gewütet hatte, war zum Glück vorbei. Doch das Ausmaß der Verwüstung war noch nicht auszumachen, wenn er da allein über den Hof vom Tempel blickte. Überall lagen heruntergestürzte Äste herum. Er mochte sich gar nicht ausmalen, wie es nun in der gesamten Stadt aussah. Mit schnellen Schritten verließ er das Gästezimmer und ging in Richtung Küche. Er konnte schon von weiten Minako und Makoto über irgendetwas lauthals sprechen hören. „Warum hab ich denn nicht gemerkt, wie es ihr ging. Ich hätte es merken müssen. Warum hat sie denn auch nichts gesagt?“ „Minako. Wir haben doch alle nichts mitbekommen. Selbst Mamoru nicht. Mach dir keinen Vorwurf. Wir sind alle irgendwie schuld daran.“ Betrübt betrat Mamoru die Küche und seufzte laut, wodurch alle in Richtung der Tür sahen. „Da hast du recht Makoto“, betrat er die Küche. Mit hängenden Schultern setzte er sich zu den jungen Frauen an den Tisch und ließ verwundert seinen Blick durch die Küche wandern. „Wo sind denn Luna und Artemis?“ Minako biss einen riesigen Happen von ihrem Toast ab und wandte sich dann an Mamoru, um ihm zu antworten. „Mie verpuchen den Mann, von dem Usagi die Pette bekommen hat, zumpf finden.“ Genervt boxte Rei Minako in die Seite. „Minako. Also wirklich. Mit vollem Mund spricht man nicht.“ Verlegen schluckte Minako ihren Toast herunter und kratze sich an ihrem Kopf. „Entschuldigung … Also wir wissen nun, von wem Usagi die Kette bekommen hat. Allerdings war der Typ seit Tagen nicht mehr in seiner Wohnung. Luna und Artemis beschatten die Wohnung. Als Katzen schenkt ihnen keine Beachtung, wenn sie da vor dem Haus herumlungern.“ Aufgebracht legte Mamoru seine Hände auf ein Mal auf den Tisch. „Und das sagt ihr mir erst jetzt?“ Niemand sagte mehr etwas und betretene Stille beherrschte die Situation, bis Ami schließlich das Wort ergriff. „Wir wollten es dir sagen, aber nachdem du uns das über Usagi erzählt hast, haben wir es ehrlich gesagt vergessen gehabt. Und dann ging es dir ja auch plötzlich so schlecht“, entschuldigte sich Ami und die anderen nickten ihr zustimmend zu. „Verstehe“, senkte Mamoru wieder seinen Kopf. Ja, es musste ein großer Schock gewesen sein, dass zu erfahren. Niemand hatte geahnt, wie es ihr ging. Still saßen danach alle am Frühstückstisch und hingen in ihren eigenen Gedanken, als sich Mamoru ganz plötzlich gegen seine Brust fasste und sich keuchend zusammenkrümmte. „Mamoru“, schrien alle im Chor und eilten zu ihm. Ami griff unter seinen linken Arm und blickte schnell zu Makoto. „Bringen wir ihn ins Bett.“ Nickend griff Makoto unter den anderen Arm. Doch Mamoru schüttelte nur schwer atmend seinen Kopf. „E-es geht sch-schon“, löste er sich von Ami und Makoto und schnappte nach Luft. „Ich denke, du solltest dich wirklich lieber hinlegen“, versuchte Ami ihn zu überreden, doch er schüttelte nur vehement seinen Kopf und versuchte sich wieder aufzurichten. Besorgt setzte sich jeder wieder an seinen Platz. Rei jedoch ging herüber zum Fenster und sah nachdenklich heraus. „Mamoru …“, begann sie, ohne sich herumzudrehen, „Du weißt genau so wie ich, was das zu bedeuten hat …“ Seufzend senkte Mamoru seinen Kopf und schloss seine Augen. Tief atmete er ein und wieder aus. Sie hatte recht, er konnte nicht mehr davon laufen. Die ganze Zeit hatte er sich immer wieder selber eingeredet, dass er bloß eine Erkältung bekommen würde. Aber Rei hatte recht, er durfte darüber nicht mehr hinwegsehen. „Ja, ich weiß … “, krallte er seine Finger in seine Hose, da ihm wieder schwindelig wurde. Verwirrt sahen sich die anderen an und verstanden nicht, worüber die beiden gerade sprachen. „Könnte uns bitte einer von euch mal aufklären, wovon ihr redet?“, verschränkte Minako die Arme vor ihrer Brust. Rei legte ihre Hände auf dem Fensterbrett ab und senkte ihren Kopf. „Denkt mal über die seltsamen Stürme auf der ganzen Welt nach … Mit der Erde passiert etwas … Ich habe nur noch keine Ahnung, was es ist. Aber an Mamoru sieht man, dass wirklich etwas Schlimmes sein könnte.“ Geschockt rissen alle ihre Augen auf und Minako sprang aufgeregt auf. „Meinst du ein neuer Feind Rei?“ Nachdenklich tippte Ami mit ihren Fingern auf dem Tisch herum und sah dabei zu Mamoru herüber. „Hast du vielleicht eine Ahnung?“, sah Ami Mamoru fragend an. Doch Mamoru schüttelte nur bedrückt seinen Kopf. „Ich finde, du solltest erst mal hier bleiben. Wir werden dich und die Erde beschützen. In deiner Verfassung kannst du nicht kämpfen …“, sah Rei weiterhin aus dem Fenster und atmete schwer ein, „Usagi … Wo bist du nur? Wir brauchen dich hier …“         Nach langem Hin und Her diskutieren, hatte sich Mamoru überreden lassen, für heute im Tempel zu bleiben. Nun saß er hier wieder in dem kleinen Gästezimmer und fragte sich, warum er sich nur darauf eingelassen hatte. Morgen würde er aber wieder zu sich nach Hause fahren, er musste seinen Alltag einfach weiter leben. Außerdem brauchte er niemanden, der auf ihn aufpasste. Das schaffte er noch alleine. Sie wussten ja auch noch gar nicht, was das alles zu bedeuten hatte. Standen sie wirklich bald einem neuen Feind gegenüber? War dieser Schuld, dass Usagi nicht nach Hause kam? Wenn nicht, was passierte dann mit der Erde? Dass irgendetwas mit dem blauen Planeten nicht stimmte, fühlte er traurigerweise ganz deutlich. Niedergeschlagen, da sie einfach nicht weiter kamen, und es immer noch keine Spur von Usagi gab, ließ sich Mamoru nach hinten auf das Bett kippen. Ab und wann drangen die Stimmen von Makoto oder Rei, von draußen zu ihm ins Zimmer. Sie räumten gerade mit Yuichiro den Hof wieder auf. Er hatte angeboten ihnen zu helfen, aber die anderen waren strickt dagegen gewesen. Er solle sich lieber ausruhen. Doch nun lag er hier nur nutzlos herum. Traurig starrte er die Decke an und krallte seine Finger, auf der Höhe seines Herzens, in den Stoff seines Shirts. Langsam lief ihm eine einzelne Träne die Wange herunter. „Usako …“ Schnell wischte er sich die Träne allerdings wieder aus dem Gesicht und richtete sich wieder auf. Mit einem Handgriff war das kleine rote Buch aus seiner Tasche herausgeholt. Er musste herausfinden, wo sie stecken könnte. Er musste einfach einen Anhaltspunkt finden, wo sie sein könnte. Aber was war, wenn er nichts dazu fand? Gedankenverloren drehte er das Tagebuch in seinen Händen herum. War sie wirklich von irgendeinem neuen Feind verschleppt worden, nachdem sie weggelaufen war? Was für einen Grund sollte sie sonst haben, nicht nach Hause zu kommen? Entschlossen schlug er wieder das Büchlein auf. Es brachte nichts hier nur zu spekulieren. Vielleicht fand er in ihrem Tagebuch keine Hinweise, aber vielleicht auch doch. Und genau dies musste er herausfinden. Seufzend strich er mit seinen Fingern über die geschriebenen Wörter. Außerdem hatte er, wenn er ihre Zeilen las, dass Gefühl, dass sie ganz nah bei ihm war. Verwundert blätterte er die Seite mit seinem Lesezeichen auf. Seit dem letzten Eintrag hatte sie wohl ein paar Tage nichts geschrieben. Angespannt rutschte er auf die Mitte des Bettes und begann wieder zu lesen.     … Das war wieder ein nerviger Tag heute. Es gibt doch auch noch was anderes. Aber nein, jeden Tag heißt es: Aufstehen zur Schule, nach der Schule zu Rei in den Tempel. Und dann lernen. Lernen, meine Güte kennen die nichts anderes mehr? Und diese Predigten jedes Mal auf ein Neues. Ich kann es einfach nicht mehr hören. Benutzte sie nicht. Du weißt nicht, was es mir die macht. Lass es. Ich versuche ihnen ja alles recht zu machen. Aber gleichzeitig spüre ich dieses Verlangen tief ihn mir. Als wäre da ein brodelnder Vulkan in mir, der versucht auszubrechen. Würde ich es nicht heimlich herauslassen, würde es glaub ich irgendwann einfach aus mir ausbrechen. Ich kann einfach nicht anders. Es ist fast so, als wäre da eine kleine Stimme in mir drinnen, die mir zuflüstert es zu tun, dass es schon in Ordnung wäre. Mich ermuntert weiter zu machen, es wieder zu tun. Und was ist auch schlimm daran? Es fühlt sich gut an. Ich fühle mich dadurch stark. Und was soll schlimm daran sein sich stark zu fühlen? Was ist schlimm daran, wenn man sich besser fühlt? Wenn sie wüssten, was ich schon alles damit machen kann. Heute habe ich auf dem Weg zum Tempel ein kleines Kätzchen mit einer Verletzung am Bein entdeckt. Mir tat das arme Ding einfach leid. Hätte ich sie einfach ihrem Schicksal überlassen sollen? Das konnte ich einfach nicht. Also habe ich ihr geholfen. Es hatte nur wenige Sekunden gedauert und das kleine Kätzchen ist freudig davon getapst. Aber anstatt, dass ich dieses schöne Erlebnis mit jemandem teilen kann, muss ich es für mich behalten …     Nachdenklich sah Mamoru auf und fuhr sich durch seine Haare. Es schien ja fast so, als hätte diese Kette mit ihr gesprochen und sie manipuliert. Hatte dieses Ding sie irgendwo hingelockt, wo sie hingehen sollte? Das konnte doch nichts Gutes verheißen. Schnell senkte er wieder seinen Blick und blätterte weiter.     … Jetzt muss ich gleich wieder zu den anderen in den Tempel. Ich habe gar keine Lust dazu. Enttäuschen möchte sie allerdings auch nicht. Aber … sie verstehen mich einfach nicht … Nun muss ich sogar am Wochenende mit ihnen üben. Hoffentlich entdecken sie meine neuen silbernen Strähnen nicht. Wobei … ich denke, sie wissen es sowieso. Sie wissen, dass ich es heimlich mache … Ich kann den Drang einfach nicht widerstehen … Ich musste es einfach ausprobieren und diese Kraft. Wahnsinn. Ich kann es langsam einfach nicht mehr unterdrücken. Und was heute passiert ist. Ich brauchte mich nur auf die Steine konzentrieren und sie haben einfach so angefangen in der Luft zu schweben. Wenn ich daran denke, ich hätte sie wegschleppen müssen, dann …   Zitternd rutschte Mamoru plötzlich das Tagebuch aus seinen Fingern und stöhnend kippte er zur Seite aufs Bett. Keuchend krampfte sich sein ganzer Körper zusammen. Es wurde schlimmer. Er musste den anderen Bescheid geben. Irgendetwas passierte. Langsam zog er sich zur Bettkante und schob die Beine herüber. Schwer atmend stellte er seine Füße auf dem Boden ab und drückte sich vom Bett weg, bis er wankend davor stand. Schweißperlen tropften ihm die Stirn herunter und immer noch zitternd ging er einen Schritt nach den anderen Richtung Tür. Doch weit kam er nicht. Ihm wurde schwarz vor Augen und er hatte das Gefühl den Boden unter den Füßen zu verlieren. Im gleichen Atemzug sackte er auch schon auf dem Boden zusammen und blieb regungslos liegen.     Wo war er hier? Vorsichtig versuchte Mamoru vorwärtszugehen. Doch überall lagen Trümmer herum. War das Tokio? Was war hier passiert? Langsam ging er weiter und versuchte herauszufinden, was hier los war. Rasch lief er die lange Straße entlang und wich gekonnt den Gesteinsbrocken aus, als er eine leise Stimme, nicht weit von ihm flüstern hörte. Wer war das? „Hallo? Ist da jemand?“, rief er in alle Richtungen. Doch niemand antwortete. Ein eisiger Windhauch umwehte ihn und augenblicklich wurde ihm eiskalt. Wärmend schlang er seine Arme um seinen Oberkörper und ging weiter. „Mamo-chan …“ Ruckartig drehte er sich um. Das war doch … Sofort lief er in die Richtung, aus der die Stimme zu hören war. Schnell lief er die Straße zurück. Er war noch nicht lange gelaufen, da sah er sie auch schon. „Usako!“ Sie stand vor einem tiefen Abgrund und es sah fast so aus … Das konnte doch nicht ihr ernst sein. Wollte sie etwa herunterspringen? Mamoru beschleunigte seine Schritte und hatte sie fast erreicht, als sie einen großen Schritt nach vorne machte. Panisch sprang er den letzten Meter zum Abgrund und versuchte ihre Hand zu fassen zu bekommen …   „Usako!“, schrie er und saß senkrecht im Bett. Verwirrt wischte sich Mamoru den Schweiß von seiner Stirn und brauchte einen Moment, um wieder zu sich zu kommen. „Es war nur ein Traum“, murmelte er leise. Verwirrt sah er sich um. Wie kam er hier her ins Bett? Das letzte an das er sich erinnerte war, dass er zu den anderen wollte und dann, dann wurde alle schwarz. Das es dunkel in dem kleinen Raum war, konnte nur bedeuten, dass es mittlerweile Nacht geworden war. Wie lange hatte er geschlafen? Schwer ausatmend ließ er sich wieder zurück auf das Kissen fallen. Vermutlich hatte ihn Rei oder ein der anderen gefunden und ihn zurück ins Bett gebracht. Grübelnd verschränkte er seine Arme unter seinem Kopf und schloss für einen kurzen Moment die Augen. War das wirklich bloß ein Traum? Oder war sie in Gefahr? Räuspernd öffnete er wieder seine Augen. Er brauchte dringend einen Schluck Wasser. Langsam richtete er sich auf und sein Blick fiel dabei in Richtung Fenster. Die Vorhänge am Fenster waren nicht zu gezogen und so schien das Licht des Mondes herein. Doch irgendwie sah es anders aus. Verwundert zog Mamoru seine Augenbrauen zusammen und schlug die Bettdecke beiseite. „Wie ist das denn möglich?“, sprach er etwas lauter, als er wollte zu sich selber. Vorsichtig beugte er sich ein Stück über die Bettkante, damit er besser sehen konnte. Was hatte das zu bedeuten? „Du hast es also auch bemerkt?“ Erschrocken fuhr Mamoru zusammen, wodurch er vorwärts vom Bett rutschte. Laut polternd landete er mit dem Gesicht auf dem Boden. Stöhnend rappelte er sich wieder auf und hob seinen Kopf. „Himmel Rei. Erschreck mich doch nicht so. Was sitzt du denn hier leise im Dunkeln?“, zog sich Mamoru an der Matratze wieder hoch und setzte sich zurück auf das Bett. Rei saß nicht weit von ihm entfernt auf dem Schreibtischstuhl. „Entschuldige bitte. Ich wollte dich nicht erschrecken. Wir haben abwechselnd, nachdem wir dich bewusstlos auf den Boden gefunden haben, wache gehalten. Ich muss wohl eingeschlafen sein“, gähnte sie und rieb sich über die Augen. Mit ernster Miene stand sie jetzt jedoch auf, ging herüber zum Fenster und sah heraus. „Also bilde ich es mir nicht ein“, drehte sie sich nun abrupt zu Mamoru, „Es ist wirklich Silber.“ „Was hast das zu bedeuten?“, trat Mamoru nun neben sie. „Ich weiß es nicht, aber wir sollten es schnell herausfinden.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)