Gutenachtgeschichten von abgemeldet (Wichtelgeschichte für Erenya) ================================================================================ Epilog: Familiendrama --------------------- 20. Oktober 2016, 18:16 Uhr im Krankenhaus Ein nerviges Piepen erklingt in der Leere. Alles um ihr ist in ein tiefes Schwarz getaut, behindert sie beim Versuch sich zu orientieren. Ab und zu tauchen weiße Lichtfetzen auf. Anscheinend blinzelt Mikasa beim Erwachen aus der traumlosen Welt in die Realität, wobei die Beleuchtung des Krankenzimmers ihre Pupillen vergrößert. Auf dem Weg zum Bewusstsein bewegt sie ihren Kopf leicht nach rechts und ihre trüben Augen erblicken den Umriss einer Person. Diese lächelt Mikasa freundlich an. Als diese ihre Hand hält, spürt Mikasa eine bekannte Wärme. Zuerst entwickelt ihr Sehvermögen mehr Schärfe, dann folgt Tast- und Gehörsinn. Schwarzes Haar und hellgraue Augen meint Mikasa in Gedanken zu sehen, bis ein kalter Windhauch ihre Aufmerksamkeit nach links lenkt. Jemand hat das Fenster weit offen gelassen. Draußen regnet es in Strömen und graue Wolken sind in Sicht. "Mikasa! Bist du wach?", hört sie die ruhige Stimme ihres Vaters. Ein Nicken bestätigt ihr angenehmes Wohlbefinden. Zufrieden atmet Thomas tief durch und lächelt seine Tochter Mikasa fröhlich an. Nach der schrecklichen Nacht gleicht sein Lächeln einem wahren Wunder. Wie besinnungslos liegt die Patientin im Bett ohne ein Wort zu sagen, aber ihr zurück erlangtes Bewusstsein deutet auf ein gutes Zeichen hin. Fast eine ganze Woche lag das Mädchen im Koma. An ihrer Seite bangte Thomas um ihr Leben und gab zu ihrem Glück niemals die Hoffnung auf. Die Gesundheit seiner Tochter steht an erster Stelle. Neben den Schulden und den Tod seiner Frau ist Mikasa das Einzige, was er noch im Leben hat und mit allen Mitteln versucht er, seinen kleinen Engel zu beschützen. Dieser Entschluss liest Mikasa aus seinen himmelblauen Augen ab und schmunzelt gerührt. "Papa … was …", fängt sie an zu reden, als der blonde Mann bedrückt den Kopf schüttelt. Also weiß er über den Vorfall in der Nacht Bescheid. Eigentlich beruhigt diese Erkenntnis Mikasa. Immerhin will sie keine verrückte junge Frau werden. Auf der anderen Seite schmerzt es ihr sehr. Durch ihren Egoismus ließ sie ihre Mutter in Stich, obwohl sie damals zu klein war. Und nun sah ihr Vater seine geliebte Frau in diesen grauenvollen Zustand. Diese übernatürliche Begegnung hinterlässt eine große Wunde im Herzen. Ein Schluchzen holt sie aus der Gedankenwelt. In den Augen ihres Vaters füllen sich Tränen. Wie bei einer Ansteckungsgefahr beginnt sie auch zu weinen, dabei hält sie diesmal die Hand ihres Vaters. Eine Familie passt immer auf ihre Mitglieder auf. Die besonnenen Worte tauchen in Mikasas Herzen auf, welche ihren Schmerz etwas eindämmen. Glück im Unglück. "Es war bestimmt ein Schock für dich, deine Mutter so zu sehen. Seit ihrem Tod hast du dich so sehr verändert. Aus dem fröhlichen Mädchen wuchs langsam eine ernsthafte, sportliche Persönlichkeit heran. Ich dagegen fiel immer tiefer in das Loch. Während ich noch mit der Trauer kämpfte, hast du dich so sehr um mich gekümmert, was eigentlich meine Aufgabe war. Hätte ich dir damals geglaubt, dass ihr Geist wirklich da war, wäre das hier nie passiert. Es tut mir so leid, meine Kleine", beichtet der Arzt seine alten Wunden. Überrascht schaut sie ihren Vater an. Mit diesen ehrlichen Worten hat sie nicht gerechnet. Sie weiß, dass ihr Vater keine Schuld trägt. Niemand tut es. Dann sagt sie sanft: "Es ist nicht deine Schuld Vater. Was passiert ist, kann man nicht rückgängig machen. Stattdessen soll man nach vorne in die Zukunft schauen und die Gegenwart mit geliebten Menschen genießen“. Thomas beugt sich zu seiner Tochter und umarmt sie so fest, dass sie fast keine Luft mehr bekommt. "V-Vater ich bekomme kaum Luft …!" Sofort lässt er seine Tochter los und beide lachen herzhaft auf. Gerade will Mikasa aufstehen, als ihr Vater sie davon abrät. "Lieber nicht mein Schatz. Du …", meint er trocken, … du bist durch den Treppensturz von Fuß bis zur Hüfte gelähmt". Augenblicklich weiten sich sie ihre Augen. Zuerst muss sie diese Schocknachricht verdauen, da sie vielleicht oder auch nie wieder mehr laufen kann. Jedoch haben sie jetzt andere Probleme. Ihr Vater braucht sie jetzt, wie sie ihn dringend benötigt. Auf einmal kommen verdrängte Erinnerungen zum Vorschein. Vor 6 Jahren lag sie schon mal im Krankenhaus. Neben ihr der schuldbewusste Thomas und ohne die Anwesenheit ihrer Mutter. Kein Wunder! Davor verstarb ihre Mutter an diesen Abend. Niemals wird sie die blutige Szene vergessen, vor allem die Blutlache ihrer Mutter. Maskierte Männer überfielen damals die Bank, welche sie und ihre Mutter mit anderen Kunden besuchte. Es kam zu einem Schusswechsel zwischen Bankräuber und den Polizisten, wobei viele Menschen starben oder schwer verletzt wurden. Laute Schreie schallten durch den Empfangs- und Wartebereich. Einer der Bankräuber zielte mit einem Revolver auf die 6-jährige Mikasa. Zum Schutz stellte sich Misaki vor ihre Tochter und bekam den Schuss ab. In ihren Armen starb die mutige Mutter und war mit ihrem Blut verschmiert. Schnell schüttelt Mikasa den Kopf und sieht ihren Vater selbstbewusst an. "Lass uns neu anfangen … zusammen mit Mutter in unseren Herzen". Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)