Follow your Heart von Linchen-86 ================================================================================ Kapitel 74: Folge deinem Herzen ------------------------------- 30.06.2012 Eine von unzähligen schlaflosen Nächten lag hinter Mimi. Gestern hatte es noch bis zum späten Nachmittag gedauert, bis Taichi die Brünette nach Hause gefahren hatte. Sie hatten bestimmt noch eine weitere Stunde im Auto gesessen und doch nur an ihren eigenen Gedanken fest gegangen. Es war zum verrückt werden. Endlich hatte Mimi die Gewissheit, dass Taichi sie noch liebte und sie nicht aufgegeben hatte und doch gab es einfach keine gemeinsame Zukunft für sie. Sie würde lügen, wenn sie nicht zugeben würde, dass sie in der Nacht nicht mit dem Gedanken gespielt hatte, ihr Studienfach in Orlando aufzugeben und stattdessen in Japan zu bleiben, aber das was sie am Vortag zu Taichi gesagt hatte, daran hielt sie fest. Die letzten zwei Jahren waren unendlich schwer für die Brünette gewesen. Es hatte lange gedauert, bis sie wieder einen Entschluss gefasst hatte, bis sie motiviert war, etwas zu studieren und sie wieder Freude am ausgehen und feiern hatte. All das Kämpfen hatte sie müde gemacht und sie hat viel Kraft und Energie aufbringen müssen, um ihr Leben neu zu sortieren. Sie hatte sich wieder ein Leben aufgebaut – ein Leben ohne Tai und jetzt sollte sie all das wieder aufgeben? Für Tai? Es kam ihr einfach nicht richtig vor nach allem was passiert war und auch wenn es erneut ihr Herz brach. Sie sah derzeit einfach keine Zukunft für sie beide gemeinsam. Vielleicht würde Taichi ja auch auf sie warten, auch wenn sie wusste, dass das viel verlangt war und wenn Mimi ehrlich zu sich selbst war, sehnte sie sich auch nach einer körperlichen Beziehung. Nach jemanden, der sie festhielt, ihr den Verstand raubte, wenn er sie küsste und für sie da war, wenn sie ihn brauchte. Daher stand auch für beide fest, dass eine Fernbeziehung sie auch nicht glücklich machen würde. Was blieb ihnen also anderes übrig als sich zu trennen, wenn keiner von Beiden breit war, seinen Wohnraum zu verlassen? Es war ja nicht so, dass sie Taichi nicht auch verstehen konnte. Taichi war im letzten Studienjahr. Er hatte seine Schwester und seine Mutter hier, für die er sich beide nach wie vor verantwortlich fühlte. Er würde seine Familie nicht einfach so verlassen. Traurig seufzte die Brünette aus. Warum gab es einfach keine Lösung für ihr Dilemma? Da Mimi wusste, dass ihr doch keine Lösung einfallen würde, raffte sie sich auf. Heute hatte sie noch eine wichtige Verabredung. Sie würde sich mit Sora treffen. Sie war wahnsinnig gespannt darauf zu erfahren, wie es wohl mit ihr und Yamato momentan lief und abends wollte sie sich noch mit Taichi treffen. Er wollte ihr schreiben, ab wann es bei ihm ginge. Mimi schlüpfte gerade in ihre hellblauen Ballerinas, verließ die Wohnung und begab sich zum verabredeten Ort. Auf dem Weg dorthin nahm sie ihre Umgebung ganz bewusst war. Heute wollte sie nicht mit der U-Bahn oder dem Bus fahren. Sie wollte alles nochmal sehen, da sie nicht wusste, wann sie das nächste Mal in Tokio sein würde. Nach einer halben Stunde kam sie leicht verspätet bei einer Eisdiele an. Soras roten Haarschopf erkannte sie gleich. Diese sah gerade auf ihre Armbanduhr. Mimi kicherte bei dem Gedanken, wie Sora sich wohl gerade wunderte wo Mimi wieder blieb. Sie stellte sich leise hinter die Rothaarige und hielt ihr die Augen zu. „Huch“, entfuhr es Sora, die sich gleich aufrichtete. „Mimi?“ fragte sie und drehte sich schon leicht in die Richtung der Jüngeren um. Mimi nahm ihre Hände weg und lächelte ihre beste Freundin an. „Hi Sora, schön dass es noch geklappt hat.“ „Na hör mal, ist doch klar. Wer weiß, wann wir uns wiedersehen ...“ Mimi setzte sich auf einen Stuhl gegenüber von Sora und sah sie etwas traurig an. „Ja, erwachsen werden ist manchmal echt scheiße. Früher dachte ich immer, ich hätte voll den Plan wenn ich einmal die Schule beendet habe, aber ich habe nicht das Gefühl, dass ich jetzt soviel weiter bin.“ „Das sehe ich aber ganz anders. Ich finde, du hast dich in den letzten Jahren unheimlich gemacht. Du studierst in Orlando, wohnst in einer Studenten-WG und verfolgst ein klares Ziel. Und trotzdem hast du deine alten Freunde nicht vergessen und kommst sogar extra zur Hochzeit eines Freundes. Ich finde das toll.“ Sora legte ihre Hand auf Mimis und lächelte sie aufmunternd an. Sie strahlte sowieso schon die ganze Zeit wie ein Honigkuchenpferd. Sie schien glücklich zu sein. „Die Frage ist wahrscheinlich überflüssig, aber wie läuft es mit dir und Matt?“, fragte Mimi sofort nach und konnte ihre Neugierde auch nach den Jahren nicht abstellen. „Ähm ...“, murmelte Sora und wurde gleich ein wenig rot um die Nase. „Na ja … es läuft gut. Wir wollten es ja langsam angehen lassen und … ähm … was soll ich sagen? Wir haben vor zwei Tagen miteinander geschlafen.“ „Was? Nein. Erzähl, wie wars?“ „Haben Sie sich schon entschieden?“ „Was? Wofür?“, fragte Mimi völlig verdattert den Kellner der gerade neben ihr stand. „Für ein Eis?“ „Eis?“, wiederholte Mimi verwirrt und verstand gerade gar nichts. „,Mimi, wir sind in einer Eisdiele“, erinnerte Sora sie an ihren Aufenthaltsort. „Ah ja stimmt, zwei große Spaghetti-Eis, danke.“ Der Kellner notierte sich etwas perplex die Bestellung, zuckte aber schließlich mit den Schultern und verschwand hinter dem Tresen. „Nun, erzähl schon“, forderte Mimi ihre beste Freundin auf und konnte sich kaum auf ihrem Stuhl halten. „Wir hatten ein sehr schönes Date gehabt. Wir waren erst Minigolf spielen und haben etwas herumgealbert. Schließlich sind wir in einem total schicken Restaurant essen gewesen und anschließend ist er mit zu mir gekommen. Er … Na ja, hat mir ein seiner neuen Songs vorgespielt und ...“ Hach, der Klassiker ...“, redete Mimi dazwischen und quieckte aufgeregt. „So war das ja gar nicht ...“, versuchte sich Sora rauszureden und wurde doch wieder ein wenig verlegen. „Ach erzähl mir doch nichts. Matt hat früher schon dein Herz mit ein paar Songs erobert. Man muss ihm aber auch lassen, dass seine Musik echt toll ist.“ „Das stimmt. Es hatte an dem Abend aber auch einfach alles gepasst und es war wirklich schön. Ich habe ihn sehr vermisst.“ „Ja, das weiß ich. Ich freue mich sehr für euch. Also seid ihr wieder richtig fest zusammen?“ „Ja, sind wir.“ „Wow.“ Mimi war nicht wirklich überrascht, aber dennoch ein wenig baff. Wieso schafften diese beiden es? „Und wie ...“ „Hier bitte schön, ihr Eis.“ Erneut schreckte Mimi hoch. Schon wieder dieser Kellner. Etwas unfreundlich zog Mimi an ihrer Eisschüssel und begann ihr Eis zu löffeln. Der Kellner hatte aber auch ein Talent dafür, zum falschen Zeitpunkt aufzutauchen. „Danke“, bedankte sich Sora freundlich und nahm sich die Waffel in Form eines Herzens in die Hand. „Und wie?“, wiederholte sie Mimis Frage. „Und wie stellt ihr euch das jetzt alles vor? Matts Musik? Dein Studium, dein Job, deine Mode?“ Sora brach das Waffelherz in zwei Teile und sah sich die Stücke genau an. Sie steckte sie wieder zusammen und dann wieder auseinander. „So ist mein Herz, wenn Matt und ich getrennt sind, wenn wir uns nichts sehen können und wir nicht miteinander reden.“ Wieder steckte Sora das Herz zusammen. „Wir sind nur komplett und vollständig, wenn wir zusammen sind. Natürlich ist noch ein Riss da. Es ist viel passiert und es auch noch lange nicht alles geklärt, aber so ein Eis schmeckt ohne Waffel doch echt nur halb so gut.“ „Schon aber … dieses Herz ist auch ganz schön angeschlagen und was wenn gerade kein Sommer ist und somit kein Eiszeit?“ „Matt ...“, Sora atmete schwer aus. Dieser Satz schien Sora schwer zu fallen. „Matt wird eine Pause einlegen. Er überlegt sogar den Job als Sänger aufzugeben.“ „Matt will aufhören Musik zu machen?“ Mimi konnte es nicht glauben. „Nein, er will aufhören zu singen. Er überlegt sich, ein eigenes Tonstudio zu kaufen und würde gerne junge Talente fördern. Er will keine kommerzielle Musik für die Masse mehr machen, sondern nur noch für sich. Er meint, dass touren wäre zwar eine unglaubliches Erlebnis gewesen, aber von der Musik selbst bleibt in dem Buisness nicht viel über.“ „Okay … Ich finde das unglaublich. Er muss total verschossen in dich sein, wenn er das singen und touren für dich aufgibt. Im ernst jetzt.“ Diese Erkenntnis machte Mimi irgendwie traurig. Yamato konnte für Sora so etwas wichtiges aufgeben und sie und Taichi bekamen es nicht mal hin, ein Ort zu finden in dem sie beide leben konnten. „Ihr seid füreinander bestimmt“, murmelte sie daher und kaute auf einer Erdbeere herum. „So wie du und Tai ...“, lächelte Sora. Mimi schüttelte ihren Kopf und kämpfte gegen die Tränen in ihren Augen an. „Nein, sind wir nicht.“ „Ihr habt doch die letzten Tage zusammen verbracht, oder? Erzähl mir davon.“ „Ja, haben wir und es war auch gut und schön. Wir haben viel geredet, uns ausgesprochen. Wir haben zusammen gekocht, gekuschelt und auch zusammen geschlafen.“ „Ahaaaa ...“ „Nein, wir hatten kein Sex, obwohl ich schon darüber nachgedacht habe, aber wahrscheinlich wäre dann jetzt alles nur noch schlimmer.“ „Und wie seid ihr jetzt verblieben?“, fragt Sora nach und steckte sich ein Löffel mit Vanilleeis in den Mund. „Dass wir Freunde blieben.“ Sora hustete gleich los und klopfte sich auf die Brust. „Wie Freunde? Jetzt wirklich? Aber du und er ... also ihr ... ihr liebt euch doch.“ Verständnislos sah Sora Mimi an und wartete auf eine Erklärung. „Ja, aber ich kehre zurück nach Orlando. Tai möchte, dass ich hier bei ihm bleibe, aber ich ... ich kann das jetzt nicht mehr. Ich mag mein Studium und meine Uni total gerne. Ich habe dort Nicole und andere Freunde gefunden. Es war nicht einfach, das alles so zu schaffen und hier, hier ja hab ich euch, aber sind wir mal ehrlich. Auch wenn ich hier bleiben würde, wir gehen doch alle unseren Weg. Du wirst schon wegen der Mode viel herum kommen. Wer weiß ob Matt nicht doch nochmal auf Tour geht. Joe ist verheiratet, Izzy wird nachher bestimmt auch von überall Jobangebote bekommen und Tai? Ich weiß nicht, ich denke dass ist einfach nicht mein Weg.“ „Ich verstehe dich schon und irgendwo hast du ja auch recht, aber für euch tut es mir aufrichtig leid.“ „Danke, mir auch.“ „Und du bist dir sicher, dass du diese Entscheidung nicht in ein paar Wochen bereust?“ Mimi zuckte mit ihren Schultern und steckte sich ihre Herzwaffel in den Mund. „Es ist möglich. Ich weiß, dass ich ihn immer noch ...“ Die Brünette schaffte es nicht, es auszusprechen. Es machte alles nur noch schmerzhafter. „Ach Sora, vielleicht. Ich wünschte es wäre alles anders.“ „Du musst machen, was immer dein Herz dir sagt. Ich weiß, das ist nicht immer so einfach und so viele andere Stimmen melden sich zu Wort. Dein Bauchgefühl oder dein Kopf der immer etwas dagegen findet, aber im Endeffekt sollten wir alle viel öfter auf unser Herz hören. Immerhin liegt es genau in der Mitte. Vertrau darauf und fange wieder an zuzuhören. Dein Herz wird dich nicht enttäuschen. Es will nur das beste für dich.“ „Ach Sora, ich werde unsere Gespräche vermissen. Wir müssen wieder öfter sykpen. Die Zeit müssen wir uns einfach nehmen.“ „Da hast du Recht. Ich werde dich auch bald mal besuchen kommen. Spätestens in den nächsten Semesterferien.“ „Ja, das wäre schön.“ Mimi konnte es kaum erwarten, Sora dort alles zu zeigen. Sie rührte gerade die letzten Reste ihrer Eiscreme zusammen und steckte sich den letzten Bissen in den Mund. Mimis Handy vibrierte und die Brünette holte es aus ihrer Handtasche, um nachzusehen. Taichi hatte ihr geschrieben. Lächelnd öffnete sie die Nachricht, doch das Lächeln erstarb als sie den Inhalt las. >Hey, schaffe es heute doch nicht mehr. Mir ist etwas dazwischen gekommen, sorry. Ich wünsche dir einen guten Flug. Meld dich mal.< „Meld dich mal??? Spinnt der jetzt völlig?“, giftete die Brünette und starrte immer noch fassungslos auf ihr Handy. „Was ist los?“, hakte Sora vorsichtig nach. „Tai hat mir gerade abgesagt. Er will wohl den letzten Abend nicht mehr mit mir verbringen, das sagt doch alles ...“ Traurig senkte Mimi ihren Kopf und verstaute ihr Handy wieder in ihrer Tasche. „Ach Mimi, das tut mir leid. Du kennst doch Tai, sicher ...“ „Ja und? Er … ach vergiss es. Vielleicht ist es auch besser so. Er will mir nicht leb wohl sagen, bitteschön. Dann eben nicht.“ Eingeschnappt verschränkte sie die Arme und wünschte Taichi in diesem Moment die Pest an den Hals. „Darf es noch etwas sein?“, fragte der Kellner erneut nach und tauchte wieder wie aus dem Nichts auf. „Ja, die Rechnung“, brummte Mimi, die sich den letzten Abend anders vorgestellt hatte. „Kommt sofort.“ Der Kellner tippte auf seinem Minicomputer herum und kassierte schließlich bei den beiden Frauen ab. Mimi versuchte sich wieder zu fangen und wollte Sora nicht mit einem miesgelaunten Gesicht gegenüber sitzen. Immerhin hatten sie ja wirklich einen schönen Nachmittag zusammen verbracht. „Hey, alles wird gut, okay?“ Sora versuchte immer noch, die Jüngere aufzumuntern. Schwach lächelte Mimi und nickte tapfer. „Glaub mir, es kann nur besser werden.“ „Dann ist jetzt wohl die Zeit gekommen, erst mal auf Wiedersehen zu sagen.“ „Ich hasse es“, nuschelte Mimi und hatte deswegen bewusst darauf verzichtet, die anderen Freunde nochmal zu treffen. Sie hatte sich von diesen schon auf der Hochzeit verabschiedet und wollte sie lieber nicht mehr wiedersehen. Mimi hasste Verabschiedungen immer noch und das würde sich wahrscheinlich auch nie ändern. Die jungen Frauen standen sich gegenüber, umarmten sich und kämpften beide mit den Tränen. „Ich werde dich vermissen, Sora“, schniefte Mimi und drückte Sora ganz fest. „Du wirst mir auch fehlen, aber wir werden ganz viel skypen, okay?“ „Fest versprochen.“ Mimi hielt Sora ihren kleinen Finger zum Schwur hin und diese hakte ihren kleinen Finger lächelnd ein. „Fest versprochen. Und Mimi?“ „Ja?“ „Meld dich mal, wenn du gelandet bist“, grinste Sora frech und streckte Mimi die Zunge raus. „Ach halt doch den Mund“, kicherte die Brünette und winkte ihr zum Abschied zu. --- Am nächsten Morgen klingelte der Wecker bereits um vier Uhr morgens. Mimi hatte gedacht, sie würde am Vortag noch mit Taichi essen gehen, aber daraus wurde bekanntlich nichts. Stattdessen kochte sie mit ihrer Großmutter gemeinsam etwas zu Abend und beschloss dann, früh schlafen zu gehen. Viele ihrer Freunde hatten ihr nochmal geschrieben, wollten sie umstimmen, doch noch mit ihnen feiern zu gehen, aber das hätte Mimi wohl nicht gepackt und irgendwie war sie auch nicht mehr in Stimmung gewesen. Auch wenn es ihr sehr leid für ihre anderen Freunde tat. Immerhin hatte sie alle doch unendlich lieb. Müde hatte sie sich ins Badezimmer gekämpft und irgendwie versucht, sich frisch zu machen. Die Haare hatte sie zu einem unordentlichen Dutt gebunden und auf Make-Up verzichtete sie ganz. Sie überprüfte nochmal ihr Handgepäck und ging schließlich ins Wohnzimmer. Auch Riku hatte sich extra einen Wecker gestellt, um ihre Enkelin zu verabschieden. Sie lächelte sie traurig an und hatte wohl insgeheim auch auf ein anderes Ende gehofft. „Ach Mimi, jetzt fährst du schon wieder.“ „Ja, die Zeit ist echt verflogen.“ „Du weißt, dass du jederzeit willkommen bist und wiederkommen darfst, oder?“ „Ja, das weiß ich, danke. Passe bitte gut auf dich auf.“ Auch der Abschied von Riku viel Mimi sehr schwer. Sie wünschte sich, dass sie ihre Großmutter einfach mitnehmen könnte, aber Riku wollte diese Wohnung nicht mehr hergeben. Der Ort, mit dem sie so viele schöne Erinnerungen verknüpfte und das konnte Mimi gut verstehen. Sie drückte ihrer Großmutter noch einen Kuss auf die Wange und versprach sich bei ihr zu melden, wenn sie in Orlando gelandet war. Dann schnappte sie sich ihren Koffer und verließ die Wohnung mit einem schweren Seufzer. Es war soviel schwerer, als sie gedachte hatte. Das Taxi brachte sie fast schon überpünktlich zum Flughafen und immer noch müde zog sie ihren Koffer hinter sich her. Sie wusste bereits, zu welchem Terminal sie musste. Um diesen Zeit war selbst am Flughafen noch nicht viel Betrieb. Sie konnte noch gar nicht glauben, dass sie in ein paar Stunden wieder in Amerika sein würde. Sie hatte sich gegen ein Leben in Japan und somit schweren Herzens auch gegen Taichi entschieden. Noch immer wusste sie nicht, ob diese Entscheidung richtig war. In ihrem Magen grummelte es schon die ganze Zeit und das hatte nichts mit Hunger zu tun. Sie reihte sich in die Reihe am Check-in-Schalter ein und war ziemlich zügig an der Reihe, um ihr Gepäck aufzugeben. Das war der letzte Schritt, ihr Koffer war weg. Nun musste Mimi nur noch durch die Sicherheitskontrollen gehen und warten, dass es an der Zeit war, die Maschine betreten zu dürfen. Sie sah auf ihr Handy, noch eine halbe Stunde würde es dauern. Sie holte sich in der Zwischenzeit noch einen viel zu teuren Kaffee und setzte sich wieder auf ihren Platz. Immerhin hatte sie sich dafür Zeit gelassen und musste nun nur noch 20 Minuten warten. War das alles wirklich richtig, was sie hier tat? Hatte Taichi ihr vielleicht nochmal geschrieben? Nein, seit gestern Nachmittag hatte sie keine weitere Nachricht mehr von ihm bekommen und Mimi war viel zu stolz gewesen, um auf die letzte zu antworten. Niedergeschlagen steckte sie ihr Handy zurück, als es in den Gängen plötzlich etwas lauter wurde. Neugierig sah sie zu den Sicherheitskontrollen als sie eine ziemlich vertraute stürmische Frisur wahrnahm. „Ist das???“ Sofort sprang Mimi von ihrem Stuhl auf und konnte kaum ihren Augen trauen. Taichi. Sie ging auf ihn zu und als der Sportstudent Mimi erkannte, grinste er und lief ihr entgegen. „Tai? Was? Du hier?“, stammelte die Brünette irritiert. Wie konnte das sein? Träumte sie? Kam er um sich zu verabschieden oder wollte er sie doch noch dazu bringen, bei ihm in Japan zu bleiben? „Ja, ich konnte dich so nicht einfach gehen lassen ...“ Also ersteres. Mimi nickte und lächelte schließlich. „Ich finde es auch schön, dass wir nochmal die Möglichkeit haben uns richtig Tschüss zu sagen. Ich dachte schon, du wolltest mich gar nicht mehr sehen ...“, murmelte die junge Japanerin unsicher. „Nein, so ein Unsinn. Es war wie ich es geschrieben hatte. Ich hatte gestern keine Zeit gehabt.“ „Verstehe ...“ Nein, tat sie nicht. Was konnte es denn wichtigeres geben, als sich noch einmal zu sehen? „Umso schöner dass du es jetzt geschafft hast.“ „Möchtest du denn gar nicht wissen, was ich gestern noch gemacht habe?!“, fragte Taichi und konnte dieses wissentliche Grinsen nicht abstellen. „Du wirst es mir sicher jetzt verraten“, konterte die Brünette und hob eine Augenbraue an. „Ich habe meine Sachen gepackt, mich an einer neuen Uni in Orlando eingeschrieben und meine Wohnung untervermietet!“, erklärte Taichi sachlich, ging an Mimi vorbei und überprüfte die Flugnummer auf seinem Flugschein und die Nummer vom Terminal. „Hier bin ich also richtig.“ „Wie richtig?“ Mimi verstand nur Bahnhof. Taichi drehte sich zu Mimi um und grinste nun von einem bis zum anderen Ohr. „Ich habe mich entschieden Mimi. Endgültig.“ „Soll heißen?“ „Soll heißen, dass du heute nicht alleine nach Orlando fliegen wirst. Es war zum Glück noch ein Platz frei.“ Ein paar Mal blinzelte Mimi mit ihren Augen und musste kurz überleben, ob sie schlief und das alles gerade träumte oder ob das alles wirklich wahr war. „Du kommst mit mir? Nach Orlando?“, fragte sie, um sich zu vergewissern. Taichi lachte kehlig auf, ließ sein Handgepäck auf dem Boden fallen und legte seine Hände auf Mimis Schultern ab. „Denkst du wirklich, dass ich dich nach allem, was passiert ist, einfach so gehen lasse?“ „Aber du hast doch gesagt ...“ „Ich weiß was ich gesagt habe, aber du hast auch Recht gehabt. Ich habe ziemlich viel von dir verlangt, ohne dich zu fragen, was du eigentlich willst und das war nicht fair“, erklärte Taichi ihr und sah ihr tief in die Augen. Diese schokoladenbraunen Augen, die Mimi so sehr liebte, besahen sie mit einem so intensiven Blick, dass ihre Knie ganz weich worden. „Aber deine Mutter und Kari und dein Studium?“ Mimi war so verwirrt. Wie konnte Taichi das alles einfach so hinter sich lassen? „Na ja, also meine Mutter ist total in love. Sie ist, wie du ja weißt, wieder frisch verliebt und auch wenn es am Anfang komisch für mich war. Sie wäre viel zu jung gewesen, um für immer alleine zu bleiben. Sie ist glücklich und möchte mit Hayato zusammen ziehen. Und Kari?“ Taichi grinste wieder breit und schüttelte belustigt seinen Kopf. „Wird mit T.K zusammen in meine Wohnung ziehen. Sie wollen es als Probe nutzen, um zu sehen, wie das Zusammenleben klappt und sich dann was größeres suchen. Deshalb hatte ich auch gestern einfach keine Zeit mehr gehabt. Ich musste ja noch meinen Vermieter anrufen und fragen, ob das alles so klar geht.“ „Und dein Studium?“, murmelte Mimi fragend. Sie brauchte gerade noch einen Moment, um all die neuen Informationen zu verarbeiten, aber sie konnte auch nicht umher, zu lächeln. Taichi wollte mit ihr gehen. Sie konnte es nicht glauben. „Ich mache ein Auslandssemester und danach sind nur noch Prüfungen. Ich werde dann im Frühjahr nochmal für ein paar Monate nach Tokio müssen, um meine Prüfungen zu schreiben, aber dann bin ich frei.“ „Und … und wo wirst du wohnen?“ Jetzt wurde Taichi etwas wortkarg und schmunzelte unsicher. „Weiß ich ehrlich gesagt auch noch nicht genau, aber es sind ja noch zwei Wochen bis zu den ersten Vorlesungen und ich hoffe vor Ort dann etwas zu finden. Am Anfang wird es auch sicher eine Jungendherberge tun. Ich hatte noch keine Zeit, aber vielleicht weißt du ja auch etwas.“ „Wow ...“, stammelte Mimi und wollte am liebsten einen Freudentanz aufführen. „Aber Tai, das kann ich doch alles gar nicht von dir verlangen.“ „Tust du ja auch gar nicht. Ich bin 23 Jahre alt und ich war noch nie wirklich weg von zuhause. Jetzt ist die Zeit einfach gekommen. Unsere letzten paar Tage, die letzten zwei einsamen Jahre. Meine Familie und meine Freunde, das Leben all dieser Leute geht stetig voran, nur bei mir änderte sich einfach nicht viel. Ich habe dich vermisst, so sehr und ich will mit dir zusammen sein. Nur mit dir und wenn das bedeutet, dass ich einen Ozean überqueren und mein englisch verbessern muss, dann werde ich das eben machen.“ Mimi schüttelte belustigt ihren Kopf. Es würde sowieso nichts bringen Taichi das auszureden, wenn er sich einmal etwas in den Kopf gesetzt hatte, dann würde er das auch durchziehen. „Du bist verrückt.“ „Stimmt, verrückt nach dir.“ Mimi legte ihre Arme um Taichis Nacken und kam seinem Gesicht ein wenig näher. „Und du bist dir sicher?“, flüsterte sie an seinem Mund. „Ich könnte mir gar nicht sicherer sein ...“ Taichi beugte sich zu der Brünetten runter und legte seinen Mund auf ihren. Sie küssten sich stürmisch und vergassen völlig, wo sie waren. Erst als ihr Flug aufgerufen wurden, lösten sie sich voneinander. „Ist Matt nicht völlig enttäuscht, dass du gehst, jetzt wo er wieder da ist?“, fragte Mimi grinsend nach. „Ach der, er hat mich sogar dazu ermutigt, das hier zu tun. Vielleicht wollte er mich aber nur loswerden. Wer weiß ...“ „Mir soll es recht sein, solange du nur bei mir bist.“ „Bin ich, war ich immer und werde ich von nun auch immer sein. Du wirst mich nicht mehr los, Prinzessin.“ „Ich liebe dich, Tai.“ Endlich konnte sie es sagen. Ohne bitteren Beigeschmack, ohne Angst zu haben, dass danach alles noch schwerer werden würde. Sie hatten eine Chance, weil Taichi bereit war alles für sie zu geben und Mimi würde alles dafür tun, dass Taichi diese Entscheidung niemals in Frage stellen würde. „Ich liebe dich auch, Mimi. Du warst immer die eine und wirst es bleiben.“ Sie lächelten einander an, ehe Taichi sein Handgepäck wieder aufhob und beide ihre Tickets vorzeigten um das Flugzeug betreten zu dürfen. „Wir fliegen nach Oralando, Baby ...“, quickte die Brünette aufgeregt. „Jap und ich habe keine Ahnung was mich dort erwartet“, grinste Taichi. „Also bereit für ein weiteres Abenteuer?“ Mimi nickte wie wild mit ihrem Kopf. „Mit dir immer.“ Händchenhaltend betraten sie das Flugzeug und flogen bald einer neuen Zukunft entgegen. Eine Zeit, die für beide vollkommen neu sein würde. Sie würden andere Hürden überwinden müssen, aber sie hatten einander und waren bereit für diese Liebe alles zu geben. Sie hatten genug Kämpfe ausfechten müssen, um an diesen Punkt zu kommen. Jetzt durften sie glücklich werden. Jetzt konnte sie alles schaffen, weil sie bereits alles hinter sich gelassen hatten. >Wer sich entschieden hat, etwas zu verändern, der überwindet alle Hindernisse. Er wird Menschen treffen, die mit ihm gehen und er wird auch andere zurücklassen müssen. Denn das Leben heißt, nicht die Erwartungen anderer zu erfüllen, sondern seinem Herzen zu folgen.< Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)