Blutige Leidenschaft Origins von Curin (Vorgeschichte zu Blutige Leidenschaft/ Neues Kapitel ist online) ================================================================================ Kapitel 1: Part 1: Ein Vampir mit Seele - Der Beginn einer Freundschaft ----------------------------------------------------------------------- Russland: 1865 Es war eine dunkle Nacht. Die Gestirne der Nacht waren hinter dicken Wolken verborgen und es herrschte Neumond. Nur schemenhaft ließen sich die Bäume und die Hänge des Waldes erahnen. Es wehte ein mäßiger Wind der die Blätter rascheln ließ und die Wolken über den Himmel zog. Kein Tier war zu hören, noch nicht einmal das Heulen der Wölfe oder das zirpen der Grillen. Die Nacht war nicht kalt, aber auch nicht warm. Es war Frühjahr und der Schnee war geschmolzen, aber tagsüber zeigte sich die Sonne noch nicht lange genug um die Erde anzuwärmen. In dieser rauen Nacht lag ein Junge von gerade mal 10 Jahren auf den Bauch und spähte durch ein Dickicht. Er lauerte hinter einen Gebüsch, zur besseren Tarnung hatte er sich Blätter über den Körper gelegt. Seine Kleidung war dunkel aber dick. Er musste schon eine Zeitlang hier aushaaren und mit der Zeit fing er doch an zu frieren. Auch wenn er auf weicher Erde lag taten seine Muskeln allmählich weh. Er lag schon lange und durfte die Position nicht ändern, sonst könnte er den richtigen Moment verpassen. Seine Hände umfassten eine Armbrust die er zur besseren Positionierung auf einen Holzbrett abgelegt hatte. Sie wog schwer und er konnte es nicht riskieren das sie in der Erde versank. Er war auf einen Hang und der Lauf der Armbrust war auf einen Weg etwas unterhalb gerichtet. Auch wenn es tiefe dunkle Nacht war konnte er etwas erkennen. Seine Augen waren schon von klein auf darauf geschult worden auch in der tiefsten Dunkelheit zu sehen. Aber auch heute hatte er damit so seine Mühe. Immer wieder korrigierte er den Lauf um auch auf den angegeben Pfad zu zielen. Vielleicht hatte er nur einen Versuch. Von der Seite war es sehr schwer das Herz zu treffen. Vielleicht würde es sein Cousin schaffen. Er war viel weiter als er, aber für heute Nacht sollte er die schwere Aufgabe übernehmen. Um dennoch genug Schaden anzurichten hatte er die Holzbolzen in Weihwasser getränkt. Selbst wenn der Schuss nicht das Herz traf würde es dem Feind zumindest verlangsamen. Vielleicht würde es reichen um einen zweiten besseren Schuss abzufeuern. Nun bewegte sich etwas auf den unteren Pfad. Sofort spannte er den Finger um den Abzug und war voll konzentriert. Die Person die er unten erkannte rannte zielstrebig über den Pfad. Kein Blick ging zu ihm hoch. Dann war die Person schon wieder zwischen den nächsten Bäumen verschwunden. Sein Herz schlug heftig. Bald müsste sein Ziel kommen. Und tatsächlich; im nächsten Moment brach eine weitere Person durch das Unterholz um der Ersten hinter her zu hechten. Er nahm Ziel und schoss. Und er traf auch, aber leider nicht das Herz. Die Person war zu schnell gewesen und er war zu seitlich. Er traf nur die Schulter, trotzdem geriet der Getroffene ins straucheln und gab ein Grollen von sich. Mit zitternden Händen zog er sich den Bolzen aus der Schulter und sah ihn an. Am aufsteigenden Dampf an der Schulter konnte man die Wirkung des Weihwassers erkennen. Er langte sofort neben sich und lud den nächsten Bolzen. Er wollte wieder Ziel nehmen als die Person sich plötzlich in seine Richtung drehte. Er sah die rotglühenden Augen die ihn in seinem Versteck entdeckt hatten. Er erschrak. Und das war genau die Sekunde Unachtsamkeit vor der er immer gewarnt worden war. Die Person hastete sofort auf ihn zu und ohne richtig zu zielen drückte er ein weiteres Mal den Abzug, aber dieses Mal traf er nicht mal die Person. Diese machte nun einen Sprang und stand auf einmal neben ihn. Er langte nach den nächsten Bolzen, drehte sich auf den Rücken und zielte ein weiteres Mal, aber vor lauter Hatz verfehlte er ein weiteres Mal das Herz und der Bolzen traf nur den Unterleib. Das Wesen, welches rotglühende Augen und lange Reißzähne hatte, zog sich den Bolzen heraus und schaute auf die dampfende Wunde. Das Fleisch darum war verbrannt und stank entsetzlich. „Du kleine Kröte“, zischte er und wollte nach ihm greifen. Doch er hatte blitzschnell seinen Dolch gezogen und stach auf die Hand ein, welche nach ihm langte. Das Wesen zog die Hand zurück, aber er war jetzt noch wütender. In den seelenlosen Augen konnte er den Hass erkennen, der sich gegen ihn und alles Lebende richtete. Er hatte nur noch den Dolch für seine Verteidigung, denn aus dieser kurzen Entfernung war er mit der Armbrust nicht mehr schnell genug. Dazu fehlte ihm die Kraft. Genauso wie die Kraft körperlich gegen dieses Wesen zu bestehen. Das war sein Ende. Doch bevor das Wesen ein weiteres Mal nach ihm langen konnte, sprang eine weitere Person in die Szene. Es war die erste, welche er hatte passieren lassen. Sofort entstand zwischen den zwei Erwachsenen ein harter Kampf. Die dazugekommene Person konnte sich gut mit Faustschlägen und Tritten gegen das Wesen verteidigen. Als dieser nach einigen Schlägen ins Straucheln geriet, zog der andere Mann einen Pflock aus der Manteltasche und stieß zu. Sofort traf er das Herz und nach einen kurzen Zucken durch den Körper, zerfiel das Wesen zu Staub, welcher durch den Wind sogleich weggeweht wurde. Der Junge saß noch etwas geschockt da, bevor der Mann ihm die Hand reichte und beim aufstehen half. „Das war knapp“, sagte er streng, aber es schwang auch Besorgnis in der Stimme. „Wo waren deine Fehler, Kai?“ Kai schaute den Hang hinunter und dann wieder zu seinen Vater. „Er hat mich zu schnell gefunden“, antwortete er kleinlaut. „Genau. Bei einen besseren Versteck hättest du noch gut einen Schuss gehabt, bevor er dich erkannt hätte. Wenn dieser dann auch noch ins Herz getroffen hätte, dann wäre es sofort vorbei gewesen. Warum hast du nicht getroffen. Der erste, okay, aber der zweite.“ „Der zweite ging total daneben“, gestand Kai zerknirscht. „Beim dritten war ich zu ungelenk.“ Sein Vater seufzte schwer und legte ihm die Hand auf den Kopf. „So was kann entscheidend sein. Was wenn ich nicht schnell genug zurückgekehrt wäre. Ich hab mich darauf verlassen, dass du es ohne mich schaffst.“ Kai sah betrübt zum Boden und drehte sich dann weg und langte nach seiner Ausrüstung. Er war noch weit davon entfernt ein Jäger zu werden, auf den sein Vater stolz sein konnte. Selbst seine 14 jährige Schwester, so zierlich sie auch war, konnte schon im Nahkampf gut bestehen und sein Cousin der schon 18 war, war ein meisterlicher Schütze, der selbst einer Fliege das Auge wegschießen konnte. Seine Mutter war zwar keine Kämpferin aber eine Alchemistin, die mit ihren Tränken immer bessere Waffen und Medizin wirken konnte. Von seinen Vater musste er gar nicht erst anfangen. Der Spross der Voltair-Familie. Einer langen Reihe von Jägern, die schon alle Arten von Monstern erlegt hatte und sein Vater selbst hatte noch nie einen Zweikampf verloren. Er war groß gebaut, drahtig mit ebenmäßigen Muskeln und hatte dunkelblaues Haar das bis auf die Schulter fiel. Nur eine Narbe zierte seine rechte Wange. Angeblich von einem Gargoyle, dem er zu nah gekommen war. Aber auch da ging er wieder siegreich hervor. Alle hatten die Hoffnung er würde ebenso wie sein Vater ein großer starker Mann werden und eine weitere Generation der Jägerfamilie hervorbringen, doch an solchen Tagen fühlte er sich wie ein Versager. Er hatte alle seine Sachen in einen Rucksack gepackt, schulterte die Armbrust und wollte ohne eine weitere Unterredung gehen. Sein Vater ging neben ihn her und sah auf ihn herab. „Kein Jäger wird von Anfang an perfekt geboren“, sagte dieser um seinen Sohn aufzubauen. „Wenn man Großvater glaubt, dann du schon“, meinte er und wollte immer noch nicht zu seinen Vater hochsehen. „Er übertreibt. Ich war auch nicht von Anfang an perfekt. Und als Schütze bin ich mies, oder warum glaubst du, verlasse ich mich auf meinen Muskeln.“ Dabei posierte er so, dass selbst unter dem weiten Wildledermantel die Muskeln zu sehen waren. „Mit einer Armbrust wäre die Gefahr zu groß, dass ich mich am Ende noch ausversehen selbst erschieße.“ Kai musste unwillkürlich lächeln. Natürlich lag sein Versagen immer noch auf seinem Gemüt, aber sein Vater schaffte es doch ihn ein wenig aufzumuntern. Was nützte es auch ihn niederzumachen. Erst im Alter von 16 Jahren würde er den offenen Zweikampf mit den Monstern eingehen, bis dahin hatte er noch genug Zeit zu üben, sich im Hintergrund zu halten, oder mit den Älteren auf die Jagd zu gehen. So war es schon immer in seiner Familie gewesen. Zwar musste jeder an der Jagd teilnehmen, aber natürlich war niemand nur Kanonenfutter. Man wurde von Kindesbeinen an trainiert, mit 8 ging man dann mit auf die Jagd, aber nur im Hintergrund. Mit 12 war man an den Kämpfen beteiligt, die man im Vordergrund führte, aber immer in Begleitung der Erfahreneren und mit 16 musste man dann schon allein auf die Jagd gehen können. Dieses Prinzip hatte sich bewährt, schließlich gab es ihre Familie schon seit gut 200 Jahren. Im Grunde waren sie Russen und lebten auch in den tiefen Wäldern Russlands, doch seine Mutter war eine Japanerin, welche hierher eingewandert war um mit ihren Alchemistischen Wissen etwas zur Jagd beizutragen. Da der ältere Bruder von seinen Vater schon den Familiennamen weiter trug, hatte sich ihr Vater entschieden den Namen der Mutter, Hiwatari, zu übernehmen. Schließlich war auch diese Familie angesehen und wollte fortgeführt werden. Auch wenn er ein brillanter Jäger war und streng in der Ausbildung zum Jäger, war sein Vater ein ruhiger und besonnener Mensch der seine Frau und seine zwei Kinder über alles liebte. Auf dem Kampffeld war er aber gnadenlos und metzelte seine Gegner berserkergleich nieder. Sie gelangten nach einen langen Marsch auf ihren Hof. Sie hatten ein großes Haupthaus und eine noch größere Scheune. In dieser befanden sich die Waffenschmiede und das Laboratorium ihrer Mutter. Nach dem Haus folgte ein kleines Wäldchen und dahinter sah er die Dächer des Dorfes. Die Dorfbewohner wussten nichts von ihrem Handwerk. Oder besser gesagt, sie wollten nichts davon wissen. Für sie waren die Monsterjäger ganz normale Wildjäger. Als diese wurden sie nicht weniger geschätzt oder respektiert wie alle anderen Dorfbewohner. Dennoch hielt man sie für eigen und Kai bekam dies immer deutlich spüren, wenn er im Dorf war und andere Kinder vor ihm zurückwichen und Erwachsene mit den Finger auf sie zeigten und tuschelten. Manchmal fragte sich Kai, ob sie wirklich so naiv waren oder nur so taten, weil sie mit dem Ganzen einfach nichts zu tun haben wollten. Egal was es auch war. Seine Familie waren Außenseiter. Er träumte immer wieder von einem ganz normalen Leben. Freunde und ein Beruf welcher nicht sehr schnell zum Tod führen konnte, aber das war für ihn nicht möglich. Er war sowohl ein Voltair wie auch Hiwatari. Das Jägerhandwerk war ihm in die Wiege gelegt worden. Als sie auf das Gatter von der Pferdekoppel zukamen, erkannte Kai, dass sich dort ein Mann befand, der ihm nicht aus dem Dorf bekannt vorkam. Er wirkte allgemein nicht von hier. Er hatte dunklere Haut und helle grüne Augen. Seine Haare waren blond. Kai trat etwas näher an seinen Vater, der den Fremden auch erkannt hatte. „Howdy“, sagte der Fremde und grinste. Kai verzog das Gesicht aufgrund der komischen Begrüßung. „Ich denke mal sie sind Alexej Hiwatari?“ „Und wer will das wissen?“, fragte sein Vater. Er war angespannt, da der Mann mit eindeutigem Akzent sprach. Kai konnte ihn nicht zuordnen. Er war noch nie aus Russland rausgekommen und war auch nie Ausländern begegnet. „Mein Name ist James Maisfield. Ich komme aus Ohio in den USA.“ Ein Amerikaner also. Kai besah sich den Fremden mit Interesse. Es war für ihn doch aufregend einen Mann zu sehen, der von so weit weg kam. Aber was wollte er von seinem Vater. „Ich bin Alexej. Maisfield? Das sagt mir nichts.“ „Hier in der Gegend sicherlich nicht, aber im Westen sind wir sehr gut bekannt unter Jägern. Meine Familie hat Mitglieder in den USA, England und Deutschland. Uns kam zu Ohren, dass es hier ein etwas größeres Problem geben sollte und daher wollten wir unsere Hilfe anbieten.“ Alexejs Hand ballte sich zur Faust. Es war nicht Wut auf den Fremden, sondern auf die gesamte Situation. Der Amerikaner hatte recht. Vor ungefähr 2 Jahren war ein Vampir mit großem Gefolge in ihre Region gekommen. Er hatte das Schloss eines Adligen übernommen und jeden darin befindlichen getötet. Seitdem bedrohte er den Frieden in ihrem Gebiet. Schon zu viele Menschen waren dem Vampir zum Opfer gefallen und seine Gefolgschaft wuchs auch noch. Andere Vampirgruppen hatten sich ihm ergeben oder wurden gewaltsam übernommen. Der Vampir selbst soll zu den Ältesten seiner Art gehören. Also selbst wenn sie an ihn rankämen, wäre es ein harter Kampf, aber sie kamen nicht an ihn heran. Seine Tante, eine erfahrene Jägerin, war vor einem Jahr von einen der Hauptmänner des Vampirs getötet worden. Sein Onkel schwor Rache, doch bisher konnte ihm diese nicht gelingen. Andere Jäger oder Orden wurden schon um Beistand gebeten, aber nicht immer war jemand entbehrbar. Der Vampir und sein Gefolge waren wie ein Geschwür welches sich immer weiter ausbreitete und nicht wegzukriegen war. „Kai warum gehst du nicht rein und räumst schon deine Sachen weg“, stellte seine Vater seine Forderung an ihn. Er wollte mit dem Fremden alleine reden. Kai nickte, schulterte seine Armbrust und marschierte erhobenen Hauptes am Fremden vorbei. Er wolle dem Fremden zeigen, aus welchem Holz ein Hiwatari geschnitzt war. Er betrat die Scheune in welcher noch Licht brannte. Als er das Tor öffnete kam ihm sofort heiße Luft entgegen. Die Schmiede war befeuert und sein Großvater arbeitete gerade am Amboss. Er schlug auf ein Eisen ein, vom dem man schon erahnen konnte, dass es mal ein Krummschwert werden sollte. Er besah sich die Klinge von allen Seiten und warf sie dann wieder ins Feuer um sie erneuet zu erwärmen. „Wie war die Jagd? Erfolgreich?“, fragte er ohne Kai richtig anzusehen. „Ja“, sagte Kai nur kleinlaut, weil er nicht genauer auf seine Fehler eingehen wollte. Er räumte seine Armbrust in eine dafür vorgesehen Halterung und wollte auch seinen Dolch gründlich aufräumen, als ihm das Blut daran auffiel. Stimmt ja, er hatte dem Vampir ja verletzt. Erst musste der Dolch gereinigt werden, bevor er ihn aufräumen konnte. Gerade wollte er nach einen Lappen langen, welcher auf einer Anrichte lag, als ihm jemand plötzlich den Dolch aus der Hand zog. „Hei“, sagte er empört und schaute augenblicklich hoch zu seinen älteren Cousin Dorian. Dieser inspizierte den Dolch und grinste dann zu Kai hinab. Dieser schluckte schwer. „Soweit ich weiß solltest du nur aus der Ferne agieren. Wie kann dann das sein?“, fragte er feixend und hielt den Dolch aus Kais Reichweite, weil er danach langen wollte. Kai war mit seinen 10 Jahren kein Vergleich zu Dorian. Dieser war groß gebaut und ihm sonst auch körperlich weit überlegen. Er genoss es immer Kai aufzuziehen, da er der jüngste in der Familie war und bisher nicht groß durch Talent auffiel. „Haben wir etwa wieder daneben gezielt“, höhnte sein Cousin und war immer noch nicht bereit den Dolch zurückzugeben. „Mein Handwerk ist eben nicht der Kampf aus der Ferne“, gestand Kai. „Kann ja nicht jeder so ein Feigling sein wie du, der sich nicht in die Nähe von Feinden traut.“ Sein Cousin erstarrte und wollte gerade zu seiner Erwiderung ansetzen, als Kai blitzschnell aufsprang den Dolch aus Dorians Hand riss und durch die Hintertür der Scheune nach draußen rannte. Trotzdem hörte er von hinten noch das bösartige Schimpfen seines Cousins. Kai rannte ein wenig und wurde dann langsamer. Es schmerzte ihn immer, dass er einfach nicht den Erwartungen entsprach, welche man in ihn steckte, aber während andere das noch mit Geduld übersahen, zog ihn sein Cousin immer zu damit auf und auch seinen Großvater sah man die Enttäuschung über den Stammhalter an. Wenn er sich nicht bald zum großen Jäger mauserte würde er als der größte Versager der Familie in den Stammbaum eingehen. Kai wurde langsamer und trottete jetzt nur noch vor sich hin, dabei rannen Tränen seine Wangen hinab. Seine Füße führten ihn von selbst zu seinem Lieblingsort. Eine kleine Lichtung im Wäldchen zwischen dem Dorf und ihrem Hof. Dort war es ruhig und wenn die Nacht klar war, konnte er immer den Mond und die Sterne sehen wie sie still am Himmel ihre Lichter spendeten. Er trat auf die Lichtung und hielt erschrocken an. Auf einem Baumstamm in der Mitte saß sein Junge, ungefähr in seinem Alter, mit orangenen Haar und grünen Augen. Er sah zum Himmel und beobachtete die Wolken wie sie über das Firmament zogen. Der Junge schien auf ihn aufmerksam geworden zu sein und drehte sich nun ganz zu ihm um. In seinen Augen stand nur eine milde Überraschung. „Warum weinst du?“, fragte der Junge mit schwachen Akzent und ruhigen Worten. Kai wurde sich der Tränen auf seiner Wange bewahr und wischte sie augenblicklich weg. „Nur der kalte Wind“, antwortete er. „Du solltest lieber nicht hier draußen sein. Es kann gefährlich werden.“ „Ich kann schon auf mich aufpassen“, antwortete der Junge und schaute wieder zum Himmel hoch. „Du ja anscheinend auch“, sagte er weiter und schielte auf den Dolch in Kais Hand. „Ähm, das ist nur… ähm…“ „Deine Mutter meinte, du und dein Vater seien auf Vampirjagd. Ich wollte nicht nur rumstehen und bin daher ein wenig herumgelaufen. Schöner Ort hier.“ Kai verstand erst gar nichts, doch dann fiel es ihm wieder ein. „Gehörst du zu dem Amerikaner? Maisfield war sein Name?“ Der Junge nickte nur. „Ich bin Brooklyn. Mein Vater ist hier um deiner Familie Hilfe anzubieten.“ „Nicht das wir sie wirklich gebrauchen könnten.“ Kai verschränkte die Arme vor der Brust und sah trotzig zu Brooklyn, welcher sich nun wieder zu ihm hindrehte. „Wir sind ungefähr im selben Alter, oder?“, fragte Brooklyn und musterte Kai genauer. „Also ich bin 10“, sagte Kai etwas verwundert. Der Junge hatte eine etwas unheimliche Art. So ruhig und apathisch. „Ich auch. Wie wär’s wenn wir Freunde werden.“ „Das klappt doch nicht einfach so“, sagte Kai und musterte ihn immer verwunderter. „Wieso nicht? Ich bin auch 10, ebenfalls ein Jäger und ich hatte noch nie einen Freund. Andere Kinder haben immer Angst vor mir, weil sie meine Familie unheimlich finden.“ Auf einmal verstand Kai. Dieser Junge war genau wie er. Sie waren beide Sprosse einer Familie von Jägern, und ihnen beiden war schon von Geburt an ein bestimmtes Schicksal auferlegt worden. „Ja, warum nicht“, antwortete Kai. „Lass uns Freunde sein.“ Kapitel 2: Part 2: Ein Vampir mit Seele - Eine besondere Freundschaft --------------------------------------------------------------------- „Anastasia aus dem Fleischerladen?“ „Nein.“ „Miriam von dem Tontöpfern?“ „Nein!“ „Magdalena von den Bauern?“ „Nein!!!“ „Langsam glaube ich wirklich du hast kein Interesse an Frauen.“ Gemeinsam schritten sie gemütlich durch den Wald. Es war dunkel, aber der Mond schien in dieser Nacht hell. Vollmond. Sie konnten nur hoffen, dass sie auf keine Werwölfe trafen. Sie waren ausgerüstet für die Jagd auf Vampire. In letzter Zeit hatten sich die Angriffe gehäuft und die Patrouillen mussten somit verdoppelt werden. Um Vampire zu jagen musste man leichte Waffen mit sich tragen, da sie sehr schnell waren. Für Werwölfe brauchte man große Geschütze. Aber sie hatten schon seit zwei Jahren keine Werwölfe mehr gehabt. Dafür hatte sich das Problem der Vampire in den letzten zehn Jahren verschlimmert. In den letzten zehn Jahren war allgemein viel passiert. Kai war nun kein kleiner Junge mehr, der ständig Angst hatte seiner Familie Schande zu machen. Er war zu einem stattlichen jungen Mann herangewachsen mit aristokratischen Zügen und starken Augen. Neben ihn lief Brooklyn. Er war ebenfalls nicht mehr der kleine apathische Junge von damals. Zwar hatte er immer noch manchmal diese ruhige beängstigende Art, aber er war viel geselliger und auch gewiefter geworden. Während sie anscheinend gelassen durch den Wald gingen, hatten sie immer Augen und Ohren offen. Es konnte jederzeit ein Angriff erfolgen. Der Vampirclan von damals hatte sich um einiges vergrößert. Auch mit Hilfe des Maisfields-Clan hatten sie ihm nicht Einhalt gebieten können. Inzwischen hatten sie herausgefunden, dass ihr Gegner zu den Vampiren der ersten Generation gehörte. Eine Information für die sein Cousin hatte sterben müssen. Ja, Dorian war gefallen. Sein Onkel, der nun nach dem Tod seiner Frau auch seinen Sohn betrauern musste, war seitdem von Hass und Rache zerfressen. Sie hatten einen Großangriff auf den Anführer geplant. Vor drei Jahren hatten sie ihn in die Enge getrieben und allein zu fassen gekriegt. Kai war mit dabei gewesen und hatte eine kleinere Rolle gehabt, genau wie Brooklyn. Sie sollten aus Entfernung darauf achten, dass dem Anführer keiner der anderen Vampire zu Hilfe kam. So mussten sie aus einiger Entfernung mit ansehen, wie er mit Leichtigkeit Dorian den Kopf vom Hals schlug. Kais Onkel war mit schweren Wunden davon gekommen und nur seinem Vater war es zu verdanken, dass sie es überhaupt lebend aus der Sache raus geschafft hatten. Seitdem hatten sie keinen weiteren Angriff unternommen. Das wäre Wahnsinn gewesen. Einem so alten Vampir zu besiegen war eine Sache von taktischer Raffinesse. In einen Kampf Mann gegen Mann, oder Männer, konnte man nicht bestehen. Sie feilten seitdem an Plänen, aber bisher konnte keiner durchgreifen. Daher hatten sie sich in den letzten Jahren darauf konzentriert die Zahl seiner Anhänger zu reduzieren. Zumindest dieser Plan trug schon erste Früchte. Sie lauerten ihnen auf während sie auf Futterjagd gingen und lockten sie dann einzeln in Fallen, in denen sie ihnen dann den Gar ausmachten. Auch diese Patrouillen dienten diesem Zweck. Kaum ein Vampir konnte noch auf die Jagd gehen, ohne von ihnen dabei gefasst zu werden. So hatte sich die Zahl der einst 200 Vampire auf inzwischen 80 reduziert. Der Anführer wurde nervös. Sie hatten schon tote Tiere gefunden, denen man das Blut ausgesaugt hatte. Sie mussten also auf Tiere zurückgreifen um überleben zu können. Das war gut, denn Vampire hassten das Blut von Tieren und somit sprach diese Information, dass sie es sich nicht leisten konnten noch mehr Anhänger an die Jäger zu verlieren. „Du bist ein junger gutaussehender Mann in den besten Jahren“, bemerkte Brooklyn und sah ihn abschätzend an. „Du könntest jede haben und zeigst kein Interesse daran.“ „Ich habe momentan eben andere Dinge im Kopf als Frauen“, das letzte Wort sagte Kai mit Abfälligkeit in der Stimme. Nicht das er was gegen Frauen hätte, aber das Thema nervte. Seit Dorians Tod, lag es an ihm den Stammbaum fortzuführen. Eine Ehre auf die er gern verzichtet hätte. Sein Großvater, ein inzwischen so alter Mann, dass er nur noch im Hintergrund agierte, sprach ihn immer wieder darauf an wie wichtig es war, das die Linie fortbestehen musste. Sein Onkel triezte ihn fast täglich damit, dass er zwar nie an Dorian herankäme, aber trotzdem an die Familie denken müsste und auch sein Vater betonte, dass sie dafür sorgen musste, dass ihr erlerntes Jägerhandwerk weitergegeben werden musste. Brooklyn war da nicht viel besser dran, aber er hatte wenigsten schon eine Wahl getroffen. Auch wenn Kais Schwester Nadja älter war als Brooklyn, hatten sich die beiden ineinander verliebt. Der Altersunterschied der noch vor ein paar Jahren für Schmunzeln gesorgt hatte, war nun vergessen und die beiden flirteten offen miteinander rum. Es würde wohl nicht mehr lange dauern, bis die beiden eine feste Beziehung eingingen. Eine Heirat zwischen zwei großen Jägerfamilien war immer willkommen, aber das machte leider nicht Kais Rolle vergessen. Dabei hatte er für sowas wirklich keinen Kopf frei. „Übrigens könntest du es lassen, immer vor meinen Augen mit meiner Schwester zu flirten. Euer süßholzgeraspel bringt mich zum würgen.“ „Eifersüchtig?“ „Nein, genervt und angeekelt. Ich meine, sie ist meine Schwester.“ Brooklyn seufzte schwer und verdrehte die Augen. Was sollte er auch tun? Er war ein junger Mann, aber auch Kais bester Freund. Beides war wohl nicht gut verträglich. Auch ihre Freundschaft war in den letzten Jahren fester geworden. Anfangs hatte sich Kai noch des Öfteren über Brooklyns Art aufgeregt, weil dieser alles so locker nahm, aber mit der Zeit hatte er gelernt nicht immer alles so ernst zu nehmen und er schätzte nun Brooklyn als ruhigen Pol in ihrer Freundschaft. Er sah seine Rolle in der Familie bei weitem nicht als Ende jeder Freiheit und auch auf der Jagd war er weniger von Selbstzweifeln verfressen, wie er es noch vor einigen Jahren war. Er war aber auch nicht überheblich. Er hatte Vertrauen in seine Kräfte und ein gutes Gespür für Situationen. Während Kai manchmal an Angriff gedacht hatte, wusste Brooklyn dass Gefahr drohte und hatte ihn des manchen vor dem Tod bewahrt, aber gleichzeitig wusste er auch, wann man angreifen musste um dem Gegner den Rest zu geben. Kai hingegen hatte das Erbe seines Vaters in sich entdeckt. Er war wendiger und doch gleichzeitig kräftiger als Brooklyn. Wenn dem anderen die Kraft auszugehen drohte, war Kai schnell zur Stelle um ihn beizustehen. Zu zweit waren sie zu einem guten Team geworden. Ein Stolz für ihre beiden Väter. „Du bist so desinteressiert an diesen Thema“, bemerkte Brooklyn, „sag mal, kann es sein, dass du…“ Kai unterbrach seinen Freund indem er sofort ruckartig die Hand hob. Er hatte etwas gehört. Brooklyn verstummte sofort und lauschte in die Nacht hinein. Ganz schwach konnten sie ein Wimmern hören. „Rechte Seite“, flüsterte Kai und auf leisen Sohlen schlichen sie sich zwischen den Bäumen hindurch. Sie achteten immer darauf, hinter den Bäumen außer Sicht zu bleiben. Es galt der Vorteil der Überraschung wenn man es mit mehreren Vampiren zu tun hatte. Sie kamen schnell und lautlos voran, als sie etwas entdeckten. Auf einen Pfad sahen sie schließlich was vor sich ging. Neben einer Person lag ein Tragegestell mit Reisig beladen. Eine junge Frau lag auf den Boden und weinte leise, während eine andere Person sich an ihren Hals festgebissen hatte. Anscheinend war sie gerade auf Feuerholzsuche gewesen, als der Vampir sie angegriffen hatte. Verdammt, sie hatten gedacht, die Vampire hätten inzwischen gelernt, dass ein solch plumper Angriff keine Wirkung mehr hätte. Entweder waren sie tollkühner oder blöder als sie dachten. Auf jeden Fall mussten sie nun schnell handeln, bevor die Frau zu viel Blut verlor und womöglich nicht mehr zu retten war. Kai zog seinen Pflock aus der Tasche und sah zu Brooklyn herüber. Dieser gab mit einen Nicken zu verstehen das er ebenfalls bereit zum Angriff war. Zusammen stürmten sie aus der Deckung. Der Vampir war so beschäftigt mit seiner Mahlzeit gewesen, dass er sie erst bemerkte, als Brooklyn ihn ein Messer durch den Rücken bohrte. Der Vampir brüllte auf, ließ von der Frau ab und sprang zurück. Zu schnell als das Kai gleich mit dem Pflock die Sache beenden konnte. Daher zog er seinen Revolver und feuerte dem Vampir eine Kugel in den Kopf. Der Vampir brüllte auf, presste die Hand auf sein rechtes Auge aus welchen nun Blut schoss und torkelte zurück. Das war die Gelegenheit. Kai wollte vorstürmen doch. „Warte!“, schrie Brooklyn und hielt ihm am Arm zurück. Kai sah fragend zu ihm zurück. Sie hatten den Vampir doch. Wieso warten? Doch Brooklyn starrte nur auf dem Vampir, der sich immer noch das Gesicht hielt. Kai sah auch wieder zu diesen. Er konnte nichts Besonderes erkennen. Außer vielleicht eine Halskette die der Vampir trug. Es war ein Anhänger aus Bronze an welchen ein verschnörkeltes „S“ hing, welches von einen goldenen Pentagramm umgeben war. Was sollte daran besonders sein? Der Vampir erholte sich von seinen Schmerzen und starrte die beiden nun verhasst an. Das eine Auge war nur eine blutige Höhle. Er gab ein Knurren von sich, und stürzte nach vorn. Kai war schnell genug um auszuweichen, aber Brooklyn hatte anscheinend immer noch nicht seinen Schrecken überwunden und wurde umgeworfen. Der Vampir landete auf ihn und fing sofort an ihn zu bearbeiten, indem er ihn hart ins Gesicht schlug. Kai war aber gleich da um seinen Freund beizustehen. Mit einem harten Tritt in dessen Seite beförderte er den Vampir von Brooklyn runter. Der Orangehaarige spuckte etwas Blut zur Seite, rappelte sich aber schnell wieder auf. Der Vampir hatte sich ebenfalls wieder berappelt und starrte zwischen den Beiden hin und her, seine Chancen auslotend. Schließlich gab er ein Knurren von sich und sprintete davon. Kai setzte ihm sofort hinterher. Nach einem kurzen Sprint hatte er ihn eingeholt und brachte ihn mit einem Sprung ins Kreuz zu Boden. Der Vampir landete mit dem Gesicht im Dreck und begann sofort wild zu zappeln und zu fauchen. Kai zog einen spitzen langen Pflock der es ihm auch ermöglichen sollte dem Vampir von hinten ins Herz zu stechen, aber dieser bäumte sich auf einmal auf und Kai fiel von ihm runter. Er konnte zwar den Sturz abfedern indem er sich abrollte, aber trotzdem war der Vampir sofort über ihn. Er wollte sich soeben auf Kai stürzen, doch da raste schon ein Pflock in sein Herz, seine Züge versteiften sich und da zerfiel er auch schon zu Staub. Kai sah nach hinten und sah da Brooklyn mit gezogener Armbrust dastehen. Er hatte einen eiskalten Gesichtsausdruck. Er ließ die Armbrust wieder sinken und sah besorgt zu Kai. „Bist du in Ordnung?“ „Nichts passiert“, antwortete Kai und stand wieder auf. Dabei klopfte er sich den Staub von der Kleidung. „Verzeih“, sagte Brooklyn und sah beschämt zur Seite. „Hätte ich dich vorhin nicht aufgehalten…“ „Denk nicht drüber nach“, sagte Kai und ging zu seinen Freund und legte ihm die Hand auf die Schulter. Er hatte eine blutige Schramme an der Wange von dem Schlag des Vampirs schien aber ansonsten gesund. Die Armbrust in Brooklyns Hand war eine Sonderanfertigung seines Großvaters. Man konnte sie zusammenklappen und somit leicht unter der Kleidung versteckt transportieren. Sie gingen zu der Frau zurück. Sie war zum Glück nicht stark verletzt. Der Vampir hatte wohl geglaubt unbehelligt zu sein und hatte das Blut langsam aus ihr gesaugt. Sie versorgten ihre Wunde und begleiteten sie noch bis zum Rand des Waldes und den Beginn des Dorfes. Danach verschwand sie schnell ohne weitere Worte. Wie immer. Die Dorfbewohner mieden sie und schenkten ihnen keinen Dank. Sie machten sich weiter auf dem Weg zu ihren Hof. „Aber sag mal, warum hast du mich vorhin aufgehalten.“ Brooklyn kniff die Augen zusammen. „Ich erkannte das Zeichen an seinem Anhänger.“ „Sah für mich aus wie gewöhnlicher Schmuck“, meinte Kai. „Nein, nein. Ich habe es als kleines Kind schon mal gesehen. Bei einem anderen Vampir. Es ist das Zeichen eines Klans“, Brooklyn legte die Hand unters Kinn und dachte nach. „Wie nannten sie sich noch gleich. S… satrupen, nein, Satrapen! Genau sie nannten sich die Gemeinschaft der Satrapen.“ „Von denen habe ich noch nie gehört“, bemerkte Kai. Es gab so manche Vampirclans mit Bezeichnungen, aber diese war ihm fremd und er kannte alle Klans in Russland. In Russland… „Moment mal“, sagte Kai und blieb auf einmal stehen, „du sagtest du kennst das Zeichen von früher. Du meinst damit vor Russland?“ Brooklyns Züge verhärteten sich und sein Mund wurde zu einem dünnen Strich während sich Kais Züge versteiften. „Er kommt von außerhalb. Ein Klan von außerhalb von Russland. Wie groß sind sie?“ Brooklyn schloss nur die Augen und schüttelte den Kopf. Kai verstand. **^^^** „Die Gemeinschaft der Satrapen? Bist du sicher?“ Sie standen alle gemeinsam in der Scheune um einen großen Tisch herum. Es war eine Versammlung der ganzen Familie Hiwatari, Voltair und Maisfield. Insgesamt 23 Personen. Der Tisch war eine sehr genaue Nachbildung des Waldes in dem sie lebten mit den umliegenden Dörfern, dem Schloss der Vampire und ihren Hof. Von hier aus planten sie immer ihre Angriffe und Verteidigungen. Die Nachbildung war maßstabsgetreu. Jede Lichtung und jeder Weg war darauf zu erkennen. „Ein Pentagramm in Gold und ein bronzenes S. Hier ist eine Zeichnung“, erklärte Brooklyn und reichte seinen Vater eine Zeichnung die er angefertigt hatte. „Ich habe von ihnen gehört, aber noch nie einen von ihnen gesehen“, ergriff Alexej das Wort. „Stimmt es, dass sie zu den größten Truppen gehören?“ „Bei uns erzählt man sich, sie seien nur wenige und dafür alt“, sagte Kais Mutter. Sie kam aus Japan und hatte daher auch schon von anderen Gemeinschaften gehört. „Das trifft es schon eher“, antworte James. „Es ist kein Klan im eigentlichen Sinne. Es ist eher eine Bezeichnung der Ältesten der Vampirherrscher. Sie befehlen ein paar mächtige Vampire.“ „Der den wir getroffen haben, war aber nicht besonders mächtig“, sagte Kai. Der Vampir war schnell besiegt und dumm genug gewesen auf offener Straße anzugreifen. Ein Anfängerfehler. „Vielleicht nur ein Bote oder Auskundschafter“, mutmaßte Shane. Ein Cousin von Brooklyn. Guter Taktiker, eher schlechter Kämpfer. „Dafür nehmen sie meist nur Kanonenfutter. Sie müssen schnell sein, aber nicht besonders stark.“ „Aber was kundschaftet er aus?“, ergriff wieder Alexej das Wort. „Wollen die sich auch noch hier niederlassen!?“ „Ich befürchte etwas viel schlimmeres“, meinte Shane und seine Stirn legte sich in Falten. „Wenn unser Klanchef einer der ältesten ist, dann gehört er womöglich zu den Satrapen oder hat zumindest Verbindungen zu ihnen.“ Es ging ein Raunen durch die Runde. „Das heißt, wir haben die womöglich mächtigste Vampirgruppe gegen uns aufgebracht“, schloss Kai die Lage der Situation ab. Es ging ein Schauder durch seinen Körper und er blickte zu Brooklyn. Auch er sah sehr verkniffen drein. Wenn schon einer der Älteren ihnen so lange das Leben schwer machte, wie sah es dann erst aus wenn sich andere dazu gesellten. Die gesamte Familie Voltair und Maisfield schwieg. Jedem war bewusst, was auf sie zukam. Durch diese Stille ging der laute Knall einer Faust die auf den Tisch schlug. Alle sahen zu Alexej auf, der mit entschlossenen Augen in die Runde blickte. „Wir werden auf der Stelle handeln!“, sagte er mit Nachdruck. „Wir können nicht länger warten bis die Sache sich geklärt und wir womöglich mit mehr als nur einem mächtigen Vampir zu bekämpfen haben.“ „Wir versuchen es nun schon seit über 10 Jahren ohne größeren Erfolg. Wie sollen wir es dann in so kurzer Zeit schaffen.“ Auf die Einwände gab es zustimmendes Gemurmel. Kai sah zu seinen Vater. Dieser hatte Recht. Wenn sie jetzt nicht handelten konnte es nur schlimmer werden, aber was sollten sie tun, was sie bisher noch nicht getan haben. Alexej spürte den Blick seines Sohnes auf sich und ihre Blicke trafen sich. Kai versuchte in den Augen seines Vaters zu lesen was diesen durch den Kopf ging, aber bevor er das tiefe Rot erkunden konnte, lächelte sein Vater und wandte sich wieder an die gesamte Gruppe. „Wir werden das tun, was er am wenigstens von uns erwartet?“ „Kapitulieren?“, fragte James Maisfield spöttisch. „Ein Frontalangriff!“ Sofort herrschte wieder Stille. Dann brach das Chaos aus. „Bist du verrückt?“ „Das ist Selbstmord?“ „Wir können es unmöglich mit allen aufnehmen!“ „Schon allein der Oberste wird die Hälfte von uns mit in den Tod reißen.“ Wieder der Faustschlag auf den Tisch der für Ruhe sorgte. Dieses Mal hatte er aber so stark zugeschlagen, dass der Tisch leicht geborsten war. Alexejs Blick war nun fest und er fixierte jeden Zweifler in der Gruppe. „Mir ist das Risiko bekannt, aber es ist unsere einzige Chance. Wenn wir jetzt nicht handeln, werden wir von einer der mächtigsten Vampirgruppen überrollt. Die Satrapen werden sich nicht einmischen, wenn es niemanden mehr gibt, den sie unterstützen können. Ich denke wir sind uns alle einig, dass Vampire nicht viel übrig haben für Rache.“ Zustimmendes Nicken von jedem. Zwar respektierten sich Vampire untereinander und in den einzelnen Klans herrschte immer eine gewisse familiäre Beziehung, aber die Klans untereinander waren immer für sich. Es wurden sogar andere übernommen um den eigenen zu stärken, oder ein beliebtes Territorium zu übernehmen. Die Satrapen waren mehr eine Organisation von den Höheren, die so viel Respekt untereinander hatten, dass sie sich aushalfen, aber sie würden keinen ihrer Mitglieder nachtrauern. „Wir haben den Klan in den letzten Monaten sehr geschwächt“, begann sich Shane auf die Seite von Alexej zu schlagen, „wenn wir die ganze Sache gut durchplanen, müssten wir es schaffen.“ „Aber sie sind uns immer noch Zahlenmäßig überlegen“, mischte sich Kais Schwester ein. Sie war zu einer strahlenden erwachsenen Schönheit geworden. Dunkel Blaue Haare und die dunklen Augen ihrer Mutter. Trotz des vielen Trainings hatte sie keinen mit Muskeln überzogenen Körper, sondern lediglich definiertere Körperpartien. Ihr Vorteil lag in ihrer Wendigkeit, Schnelligkeit und dem geschickten Umgang mit ihren Waffen. „Wir müssten zuerst ihre Gesamtzahl reduzieren. Eine Falle oder zwei Frontalangriffe vielleicht.“ „Vielleicht müssen wir nicht mal den Ältesten ausschalten“, stimmten nun andere mit ein. „Es würde reichen ihn zu schwächen. Dann wäre Unterstützung für ihn zu viel verlangt. Die Satrapen wollen schließlich ihre Macht sichern und nicht auch noch riskieren.“ „Ich bin für die Idee mit der Falle. Wir müssen sie auf jeden Fall reduzieren.“ Brooklyn und Kai sahen sich an und Brooklyn schenkte Kai ein aufmunterndes Lächeln während dieser nur zustimmend nickte. Es war Einigkeit in der Gruppe gefunden worden. Jetzt musste noch ein Plan ausgearbeitet werden und dann waren sie diese Plage vielleicht endlich los. Auch wenn es nicht das Ende der Vampire bedeutete, so würden sie doch endlich diesen Alptraum los sein, der ihre Gegend so lange terrorisiert hatte. Kai sah wieder zu seinen Vater, der aber nun schon ordentlich bei der Planung mitmischte. Kai bewunderte ihn. Es war sein Einsatz, der den Stein ins Rollen brachte. Er würde nie so stark und führend sein wie sein Vater, aber wenn er es zumindest schaffte, dass er stolz auf ihn war, würde es ihm schon genug sein. **^^** Es waren zwei Tage voller Planen und Streitigkeiten gewesen. Nun stand der Plan und morgen würde es losgehen. Normalerweise würden sie an einer solchen Aktion Wochen an Planung investieren, aber sie wollten keinen Tag mehr vergeuden. Der Plan war riskant und Kai wusste selbst, dass es wahrscheinlich nicht alle überleben würden. Sich selbst gab er eine 50 zu 50 Chance. Er war inzwischen zu einem guten Jäger geworden. Stark, schnell und überlegt. Außerdem würde er keine unnötigen Risiken eingehen. Schließlich würden sie sich auch nach dieser Aktion weiter mit Monstern in der Gegend herumschlagen müssen. Sterben war da nur eine andere Form von feigem Abhauen. Er stand in seinem Zimmer am Fenster und schaute zu den Sternen hinauf. Die Nacht hatte für ihn schon immer etwas Schönes an sich gehabt, aber im Grunde war der Tag ihr Freund. Vielleicht war dies seine letzte Nacht auf Erden und er würde die Sterne zum letzten Mal sehen. „Wirst du nun auch noch melancholisch.“ Kai musste sich vor der Stimme hinter sich nicht erschrecken. Es war für Brooklyn normal sich lautlos in andere Zimmer zu schleichen. Anfangs hatte er immer einen Herzinfarkt bekommen, wenn er diese Stimme auf einmal hinter sich hörte, doch inzwischen war sie zur Normalität geworden. Brooklyn gesellte sich zu ihm ans Fenster und schaute ebenfalls zu den Sternen empor. Kais größte Angst vor dem nächsten Tag war unter anderem Brooklyn zu verlieren. Er traute ihm genauso viel zu wie sich selbst, aber allein der Gedanke, der andere wäre nicht mehr da, bereitete ihn ein flaues Gefühl. „Du wirst morgen gut auf dich aufpassen, oder?“, fragte Kai nach und sah ihn eindringlich in die Augen. „Ich will Nadja nicht zum Weinen bringen, nur weil du als Mittagssnack geendet hast.“ Brooklyn gab ein Lachen von sich und sah Kai mit einem spitzbübischen Lächeln an. „Ich weiß doch, dass du das nie zulassen würdest. Wer sollte dich sonst in Zukunft immer retten.“ „Hm“, machte Kai nur und sie wandten sich wieder nach draußen. „Jetzt mal ehrlich“, sagte Brooklyn und jede Scherzhaftigkeit war aus seiner Stimme gewichen. „Wie schätzt du unsere Chancen für morgen ein?“ „Es wird morgen auf jeden Fall enden und ich werde alles geben, damit es für die Vampire nicht gut ausgeht.“ „Kai… ich…“ Kai sah zu Brooklyn, aber dieser sah nur nach draußen und mied den Blick des anderen. „Ich kann mir nicht vorstellen… das nur einer von uns …“ Kai wusste was er meinte und ihm ging es genauso. Sie waren mehr als Freunde. Sie waren wie Brüder. Immer für einander da. Immer bereit für den anderen alles zu geben. Familie war das eine, aber immer zu wissen, dass der andere für einen da war. Sich seiner sicher zu sein. Zu wissen, dass man seine Unterstützung bei allen hatte. Das war eine Freundschaft die jedes andere Band überwand. „Kai“, sagte Brooklyn und drehte sich doch noch zu ihm um und sah ihn fest entschlossen in die Augen. „Egal was morgen passiert. Ich werde dafür sorgen, dass wir beide es schaffen.“ Kai erwiderte das Lächeln. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)